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Verkehrslösungen Blees Untere Mühlstraße 31 – 64291 Darmstadt Tel. 06151 99282-10 E-Mail [email protected] Konto 635 103 – Volksbank Darmstadt eG – BLZ 508 900 00 erstellt 28. Februar 2011 Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern Bearbeitung: Dr.-Ing. Volker Blees Dipl.-Geogr. Greta Wieskotten Studie für ivm GmbH (Integriertes Verkehrs- und Mobilitätsmanagement Region Frankfurt RheinMain) Lyoner Straße 22 60528 Frankfurt am Main und UKH – Unfallkasse Hessen Leonardo-da-Vinci-Allee 20 60486 Frankfurt am Main Endbericht Dr. Volker Blees Verkehrslösungen

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Verkehrslösungen Blees

Untere Mühlstraße 31 – 64291 Darmstadt

Tel. 06151 99282-10 – E-Mail [email protected]

Konto 635 103 – Volksbank Darmstadt eG – BLZ 508 900 00 erstellt 28. Februar 2011

Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Bearbeitung:

Dr.-Ing. Volker Blees

Dipl.-Geogr. Greta Wieskotten

Studie für

ivm GmbH (Integriertes Verkehrs- und Mobilitätsmanagement Region Frankfurt RheinMain)

Lyoner Straße 22

60528 Frankfurt am Main

und

UKH – Unfallkasse Hessen

Leonardo-da-Vinci-Allee 20

60486 Frankfurt am Main

Endbericht

Dr. Volker Blees

Verkehrslösungen

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

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Inhalt

1 Ausgangslage und Anlass ................................................................................................................ 3

2 Zielsetzung und Inhalt ..................................................................................................................... 3

3 Methodische Hinweise .................................................................................................................... 4

3.1 Die Studie „Mobilität in Deutschland“ ................................................................................... 4

3.2 Abgrenzung Schüler ............................................................................................................... 6

3.3 Unfallstatistik der Unfallkasse Hessen (UKH) ........................................................................ 8

4 Mobilitätsverhalten von Schülern in Hessen................................................................................. 13

4.1 Mit welchen Verkehrsmitteln sind Schüler in Hessen unterwegs? ..................................... 14

4.2 Regionale Unterschiede in der Mobilität der Schüler.......................................................... 20

4.3 Fahrradbesitz ....................................................................................................................... 22

4.4 Wegezwecke - warum sind Schüler unterwegs? ................................................................. 23

4.5 Der Weg zur Schule .............................................................................................................. 26

5 Mobilität und Schulwegunfälle im Bezug zueinander: Wo und wann sind die Risiken hoch? ..... 37

5.1 Verkehrsmittelnutzung und Unfallgeschehen ..................................................................... 38

5.2 Alter, Geschlecht und Unfallgeschehen ............................................................................... 41

5.3 Unfallgeschehen im Jahresverlauf ....................................................................................... 45

5.4 Unfallgeschehen nach Regionen .......................................................................................... 47

6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für die Unfallprävention .......................................... 48

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1 Ausgangslage und Anlass

Die Verringerung des Unfallrisikos und des Unfallaufkommens von Kindern ist eine wichtige Aufgabe

der Verkehrssicherheitsarbeit, wie sie von Schulen, Polizei und kommunalen Verkehrsverwaltungen

mit Unterstützung der Unfallkassen, der Verkehrswacht und weiteren Akteuren durchgeführt wird.

Für wirksame Präventionsstrategien ist es von großer Bedeutung, die Ursachenkontexte von Gefähr-

dungen und Unfällen zu kennen.

Die Unfallkasse Hessen (UKH) verfügt aus Unfallmeldungen über eine umfassende Datenlage zum

Unfallaufkommen auf Schulwegen. Eine Interpretation dieser Daten ist jedoch insofern nur einge-

schränkt möglich, als ein Bezug zur gesamten Mobilität von Kindern bzw. von Schülerinnen und Schü-

lern fehlt. Es können daher aus dem Unfallgeschehen keine Rückschlüsse auf das Unfallrisiko und re-

lative Unfallhäufigkeiten bspw. in bestimmten Regionen oder mit den einzelnen Verkehrsmitteln ge-

zogen werden.

Mit den Ergebnissen der bundesweiten Studie „Mobilität in Deutschland 2008“ (MiD) liegt seit Januar

2010 ein umfassender Datenbestand zum Mobilitätsverhalten vor. Dank Stichprobenaufstockungen

durch verschiedene Akteure wie der ivm – Gesellschaft für integriertes Mobilitäts- und Verkehrsma-

nagement, dem Rhein-Main-Verkehrsbund (RMV), dem Planungsverband Frankfurt Rhein-Main

(PVFRM) und dem Nordhessischen Verkehrsverbund (NVV) sind Befragungsdaten zum Mobilitätsver-

halten aus über 9.000 Haushalten und von knapp 21.000 Personen in Hessen verfügbar.

Die Verfügbarkeit aktueller Mobilitätsdaten aus der MiD war Anlass für die vorliegende, eingehende

Betrachtung des Mobilitätsverhaltens und des Unfallgeschehens von Schülerinnen und Schülern.

2 Zielsetzung und Inhalt

Ziel der vorliegenden Studie ist es, zunächst an Hand einer Auswertung der MiD-Daten ein differen-

ziertes Bild von Art und Umfang der Mobilität von Schülerinnen und Schülern zu erhalten (Kapitel 4).

Das ermittelte Mobilitätsverhalten wird anschließend mit den Unfalldaten der UKH in Beziehung ge-

setzt, um auf diese Weise das Unfallgeschehen auf Schulwegen besser einschätzen und bewerten zu

können (Kapitel 5). Abschließend werden aus den Erkenntnissen Empfehlungen zu Schwerpunkten

bei der Verkehrssicherheitsarbeit abgeleitet (Kapitel 5.5).

In einem ersten Schritt wurde eine Analyse der Rahmenbedingungen von Mobilität sowie des reali-

sierten Mobilitätsverhaltens der Schülerinnen und Schüler1 in Hessen durchgeführt. Grundlage war

der Hessen-Datensatz der Untersuchung „Mobilität in Deutschland 2008“, wie er der ivm zur Verfü-

gung steht.

Mit Hilfe des Programms SPSS wurden die haushalts-, personen- und wegebezogenen Daten der be-

fragten Schüler mittels deskriptiver Statistiken ausgewertet und analysiert. An Hand verschiedener

Variablen konnte ein umfassendes und differenziertes Bild der Mobilität von Schülerinnen und Schü-

lern in Hessen erzeugt werden.

Die Ergebnisse der Analyse der Mobilität wurden mit den von der UKH zur Verfügung gestellten Un-

falldaten verknüpft. Im Vordergrund stand dabei, die Unfalldaten zu dem tatsächlichen Mobilitäts-

aufkommen der Schüler differenziert in Beziehung zu setzen. Für einen zeitlichen Vergleich wurden

relevante Daten für 2008 in Bezug zum Jahr 2002 gesetzt.

1 Aus Gründen der Lesbarkeit wird für allgemeine Personen- und Berufsbezeichnungen im weiteren Verlauf das generische

Maskulinum verwendet.

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3 Methodische Hinweise

3.1 Die Studie „Mobilität in Deutschland“

Die Studie „Mobilität in Deutschland“ ist eine bundesweite Befragung zur Alltagsmobilität, die im

Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) in rund 50.000

Haushalten durchgeführt wird. Die MiD ist Nachfolgerin der bekannten „Kontinuierlichen Erhebung

zum Verkehrsverhalten“ (KONTIV) und wurde erstmals 2002 durchgeführt.

Bei der MiD 2008 hat das BMVBS Ländern, Kommunen und anderen Körperschaften die Möglichkeit

eingeräumt, die Stichprobe in ihrem Territorium aufzustocken und auf diese Weise fundierte regio-

nale bzw. lokale Daten zum Mobilitätsverhalten zu bekommen. Unter Federführung der ivm GmbH

und des Planungsverbands Frankfurt RheinMain wurde für Hessen eine Stichprobenaufstockung

durch mehrere Institutionen2 koordiniert. Auf diese Weise konnte in Hessen der Stichprobenumfang

von ca. 2.200 Haushalten, die aus der bundesweiten Erhebung auf Hessen entfallen, auf über 9.000

Haushalte erhöht werden.

Die Erhebungen wurden in zwei Phasen durchgeführt. In der ersten Phase wurden bei einem Haus-

haltsmitglied stellvertretend alle haushaltsbezogenen Angaben zu Haushaltsgröße, einzelnen Haus-

haltsmitgliedern und den im Haushalt vorhandenen Verkehrsmitteln erhoben. Dabei kamen die Be-

fragungsinstrumente PAPI (paper and pencil interview), CATI (computer assisted telephone inter-

view) und CAWI (computer assisted web interview) zum Einsatz. Die zweite Phase umfasste eine aus-

schließlich telefonische Einzelbefragung aller Haushaltsmitglieder nach persönlichen Merkmalen und

nach ihren Wegen an einem vorgegebenen Stichtag.

Insgesamt gab es neun Fallgruppen mit unterschiedlichen Befragungsverfahren und zum Teil vonei-

nander abweichenden Befragungsinhalten:

1. Erwachsener >13 Jahre, Interview selbst geführt, mit Wegeprotokoll

2. Erwachsener >13 Jahre, Proxy-Interview, mit Wegeprotokoll

3. Kind 10-13 Jahre, Interview selbst geführt, mit Wegeprotokoll

4. Kind 10-13 Jahre, Proxy-Interview, mit Wegeprotokoll

5. Kind <10 Jahre, Proxy-Interview, mit Wegeprotokoll

6. Erwachsener >13 Jahre, Interview selbst geführt, ohne Wegeprotokoll, Stichtag <= 3 Tage

7. Kind 10-13 Jahre, Interview selbst geführt, ohne Wegeprotokoll, Stichtag <= 3 Tage

8. Erwachsener >13 Jahre, Interview selbst geführt, ohne Wegeprotokoll, Stichtag > 3 Tage

9. Kind 10-13 Jahre, Interview selbst geführt, ohne Wegeprotokoll, Stichtag >3 Tage

Auf Grund der unterschiedlichen Fallgruppen ergeben sich für die Antworten der Schüler verschiede-

ne Fallzahlen. Von Kindern unter 10 Jahren gibt es keine eigenen Angaben, da für sie Stellvertreterin-

terviews (Proxy-Interview) mit erwachsenen Haushaltsmitgliedern geführt wurden. Die jeweilige ge-

wichtete Fallzahl wird nachfolgend jeweils in der Grafikbeschreibung ausgewiesen.

2 Projektpartner waren das Hessische Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen, die ivm GmbH (Integriertes Mobilitäts-

und Verkehrsmanagement Region Frankfurt RheinMain), die Rhein-Main-Verkehrsverbund GmbH (RMV), die Verkehrsver-

bund und Fördergesellschaft Nordhessen mbH (NVV), der Planungsverband Ballungsraum Frankfurt/Rhein-Main (PVFRM),

die Lokale Nahverkehrsgesellschaft Frankfurt am Main mbH (traffiQ), die Stadt Offenbach am Main und die Wissenschafts-

stadt Darmstadt.

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Grundgesamtheit der Studie ist die bundesdeutsche Wohnbevölkerung ab null Jahren einschließlich

der nicht-deutschen Staatsangehörigen. Die Stichprobenziehung für Hessen erfolgte durch eine zu-

fallsgesteuerte Adressziehung von Personen ab 14 Jahren aus dem Einwohnermelderegister. Zur

Stichprobenkontrolle der bundesweiten Studie wurden Selektivitätsanalysen und eine Non-

Response-Studie durchgeführt.

Abbildung 1 gibt einen Überblick über die Befragungsinhalte. Einige Fragen wurden bei der Daten-

satzaufstockung für Hessen nicht erhoben, so zum Beispiel die Nutzung von Fahrradhelmen.

Abbildung 1: Befragungsinhalte der MiD 2008 (Quelle: infas, DLR: Mobilität in Deutschland 2008, Kurzbericht,

Struktur – Aufkommen – Emissionen – Trends; Bonn, Berlin 2010)

Bei der Aufbereitung der Daten wurden komplexe Gewichtungs- und Hochrechnungsverfahren ein-

gesetzt. Die Hessischen Datensätze wurden unter Berücksichtigung der Haushaltsgrößen- sowie der

Altersverteilung in der Hessischen Bevölkerung gewichtet und hochgerechnet.

Weitere methodische Details der Untersuchung sind im Methodenbericht3 eingehend dokumentiert.

3 infas, DLR: Mobilität in Deutschland 2008 – Methodenbericht; Bonn, Berlin 2010 (http://mobilitaet-in-

deutschland.de/pdf/MiD2008_Methodenbericht_I.pdf)

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Zur Nutzung und Verwendung der MiD 2008-Ergebnisse sei auf folgenden Passus aus dem Werkver-

trag der hessischen Aufstockungspartner hingewiesen:

§5 Nutzungsrechte

(1) Jeder Projektpartner erhält für sich und unabhängig von allen anderen Projektpartnern ein zeitlich und inhaltlich uneingeschränktes Nutzungsrecht für alle Nutzungsarten und ein Veröffentlichungsrecht an den im Rahmen dieses Vertrages erhobenen und von in-fas bereitgestellten Daten.

(2) Sofern bei Veröffentlichungen Daten dieser gemeinsam beauftragten MiD-Aufstockung in Hessen veröffentlicht werden, sind die Projektpartner zu informieren und dieselben als Auftraggeber der hessischen Aufstockungsstichprobe zu nennen.

[…]

Die für einzelne Parameter für einen zeitlichen Vergleich ebenfalls herangezogene MiD Hessen 2002

wurde über die ivm GmbH vom Hessischen Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen zur Verfü-

gung gestellt. Sie ist methodisch in allen hier wesentlichen Aspekten mit der MiD 2008 vergleichbar.

3.2 Abgrenzung Schüler

Im Datensatz sind verschiedene Variablen zur Identifikation von Schülern vorhanden, die jedoch je-

weils für sich genommen nicht die gewünschte Abgrenzung liefern. Daher wurde eine eigene Variab-

le Schüler nach Alter gebildet, die sich aus der Angabe der Tätigkeit „Schüler“ und der Alterseintei-

lung in die Kategorien 6 bis 9, 10 bis 16 und 17 bis 20 Jahren ergibt. Durch diese Kategorien können

differenzierte Angaben zu den Kindern im Grundschulalter, in weiterführenden Schulen sowie den

„jungen Erwachsenen“ gemacht werden. In den Daten für 2008 befinden sich im Hinblick auf die ge-

bildete Kategorie 3.096 Schüler mit 6418 Wegen. Diese Werte wurden mit Gewichtungsfaktoren ver-

sehen, welche die Stichprobenungleichheiten bereinigen und die tatsächlichen Anteile an der hessi-

schen Bevölkerung hinsichtlich Haushaltsgröße, Altersgruppen und Geschlecht, differenziertem Regi-

onstyp, Wochentag, Stichtagsmonat widerspiegeln. Dadurch ergibt sich in der Stichprobe eine ge-

wichtete Anzahl von 2.680 Schülern mit 8.088 Wegen.

Die Verteilung der Stichprobe auf die Altersgruppen gibt Abbildung 2 wieder.

572; 21%

1624; 61%

484; 18%

6-9 Jahre

10-16 Jahre

17-20 Jahre

Abbildung 2: Verteilung der Schüler nach Alterskategorie in 2008 (gewichtet)

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In der Stichprobe für 2002 findet sich nach gleicher Variablen Bildung wie für 2008 eine gewichtete

Anzahl von 3.048 Schülern mit 8.016 Wegen. Die Altersverteilung der Schüler ist für das Jahr 2002

etwas gleichmäßiger als in 2008 (vgl. Abbildung 3).

2002

840; 28%

1456; 47%

752; 25%

6-9 Jahre

10-16 Jahre

17-20 Jahre

Abbildung 3: Verteilung der Schüler nach Alterskategorie in 2002 (gewichtet)

Der Vergleich der Verteilung der Schüler auf die Schultypen in der Stichprobe mit der tatsächlichen

Verteilung entsprechend den offiziellen Zahlen des Hessischen Kultusministeriums in Abbildung 4

zeigt, dass die Stichprobe die reale Verteilung gut wiedergibt.

43%40%

14%17%

26% 28%

15% 12%

2% 3%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Stichprobe offizielle Zahlen

andere Schule oderEinrichtung

Gesamtschule

Gymnasium

Haupt- und Realschule

Vorschule | Grundschule

Abbildung 4: Verteilung der Schüler nach Schultyp bei der MiD-Stichprobe und offiziellen Zahlen des Hessi-

schen Kultusministeriums4

4 vgl. Hessisches Kultusministerium: Pressinformation Nr. 40, 12 August 2010

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3.3 Unfallstatistik der Unfallkasse Hessen (UKH)

Die Daten zum Unfallaufkommen auf Schulwegen in Hessen geben Aufschluss darüber, wie sich die

Unfälle auf die Altersgruppen, das Geschlecht und die Analyseregionen verteilen. Die von der UKH

zur Verfügung gestellten Daten liefern für 2002 eine Anzahl von 6.976 und für 2008 von 6.595 Schul-

wegeunfällen. Dies entspricht nicht unbedingt den veröffentlichten Zahlen, da für die folgende Aus-

wertung nur solche Fälle ausgewertet wurden, die eine hinreichende Datenvollständigkeit im Sinne

des Untersuchungsgegenstandes aufweisen.

In Tabelle 1 ist die Anzahl der verunfallten Schüler aufgeführt, differenziert nach Jahr und nach

Schwere des Unfalls. Die Abgrenzung der Leicht- von den Schwerverletzten in der vorliegenden Un-

tersuchung orientiert sich nicht an der des Straßenverkehrsunfallstatistikgesetzes – StVUnfStatG5,

sondern an den Belangen der UKH. Als leicht verletzt gelten demnach Schüler, die bis zu zwei Tage im

Krankenhaus stationär behandelt wurden. Besonders auf Grund des Verdachts einer Gehirnerschüt-

terung bleiben Schüler häufig über Nacht zur Beobachtung im Krankenhaus. Da sich der Verdacht in

vielen Fällen jedoch nicht bestätigt, sind solche Fälle als „leicht verletzt“ anzusehen. Im StVUnfStatG

gilt schon als schwerverletzt, wer überhaupt zur stationären Behandlung in einem Krankenhaus auf-

genommen wurde. Schüler, die drei Tage (zwei Nächte) oder länger stationär im Krankenhaus be-

handelt werden mussten, gelten in der vorliegenden Untersuchung als schwer verletzt. Auf eine zu-

sätzliche Unterscheidung an Hand von Behandlungskosten wurde verzichtet; diese schwanken auf

Grund von Unterschieden des Unfallgeschehens zu stark, als dass sie eine klare Abgrenzung zulassen.

2002 2008

Anzahl der Schülerunfälle 6976 6595

mit stationären Tagen kleiner 3 (leicht verletzt) 6752 6294

mit stationären Tagen größer/gleich 3 (schwer verletzt) 224 301

Tabelle 1: Anzahl der Schülerunfälle

Als unzureichend im Hinblick auf den Untersuchungsgegenstand haben sich die zunächst verwende-

ten Unfalldaten hinsichtlich der besuchten Schulform, des genutzten (Unfall-) Verkehrsmittels und

des Unfallzeitpunktes erwiesen. Hinsichtlich der Schulform wird lediglich zwischen allgemeinbilden-

den und berufsbildenden Schulen differenziert, eine Zuordnung zum Schultyp (Gymnasium, Haupt-

/Realschule etc.) ist hingegen nicht möglich. Mit welchem Verkehrsmittel der Unfall geschah und

welche weiteren darin beteiligt waren, ist ebenso wenig dokumentiert, wie die Tageszeit, zu der der

Unfall stattfand. Es können mit den Unfalldaten aus 2002 und 2008 mithin keine Aussagen über risi-

koreiche Verkehrsmittel oder Zeiten (eher Hin- oder Rückweg zur Schule) getroffen werden.

Ab 2009 sind nun Unfalldaten mit Angaben zu Unfallverkehrsmittel und Unfallgegner verfügbar. Trotz

der eingeschränkten Vergleichbarkeit bezüglich des Erhebungszeitraums wurden diese für weitere

Analysen herangezogen.

Die Unfalldaten für das Jahr 2009 wurden mittels der so genannten TUS-Verschlüsselung kodiert. TUS

steht für die Unfallstatistik des technischen Aufsichtsdienst (TAD). Hinterlegt sind typisierte Angaben

zu Unfallort und Unfallablauf.

Die folgende Tabelle 2 gibt eine Übersicht der für diese Untersuchung relevanten Orts- und Ver-

kehrsmittel-Schlüssel. Als Unfallorte wurden in der vorliegenden Analyse lediglich Unfälle betrachtet,

die sich auf Wegen, Straßen und Flächen außerhalb von Gebäuden ereignet haben. Der übergeord-

5 „Verletzte sind Personen, die bei dem Unfall Körperschäden erlitten haben. Werden sie deshalb zur stationären Behand-

lung in ein Krankenhaus aufgenommen, so gelten sie als Schwerverletzte.“ (§ 2 (4) StVUnfStatG idF 31.10.2006)

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neten Kategorie ist eine zweistellige Zahl zugeordnet, der detaillierten Angabe eine dreistellige Zahl.

Bei dem Unfallablauf kommen alle verfügbaren Schlüssel in Betracht. Allerdings sind in einigen Kate-

gorien die Fallzahlen so niedrig, dass nur die übergeordnete Kategorie betrachtet wurde.

0 Unfälle auf Wegen, Strassen und Flächen außerhalb von Gebäuden

00 Auf dem Gehweg

000 Zu Fuß

001 Mit dem Fahrrad

002 Mit einem Skateboard

003 Mit Inlinern

004 Mit einem (City-)Roller

009 Ohne nähere Angabe

01 Auf der Strasse

010 Zu Fuß

011 Mit dem Auto

012 Mit dem Schulbus

013 Mit dem Fahrrad

014 Mit dem Zweirad (Motorrad, Motorroller, Mofa)

015 Mit öffentlichen Verkehrsmitteln

016 Mit Einsatzfahrzeugen

017 Mit LKW/Transportfahrzeug

018 Mit sonstigen Fahrzeugen

019 Ohne nähere Angabe

02 An der Haltestelle

03 Auf dem Hinweg ohne nähere Angabe

04 Auf dem Rückweg ohne nähere Angabe

05 Im Eingangsbereich

050 Bei Überfällen

06 Personaleingang bei Überfällen

07 Zebrastreifen, Fußgängerüberweg

08 Treppe außerhalb von Gebäuden, Außentreppen

Tabelle 2: TUS-Schlüssel: Unfallort und Unfallverkehrsmittel

Für eine anschaulichere Betrachtung wurden die Angaben den einzelnen Verkehrsmitteln zugeordnet

und zusammengefasst. Die Daten wurden den Verkehrsmitteln wie in Tabelle 3 dargestellt zugeord-

net:

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Unfallort/ Unfallverkehrsmittel Anzahl Fälle

Auf dem Gehweg 3

Zu Fuß 434

Mit dem Fahrrad 179

Mit einem Skateboard 7

Mit Inlinern 2

Mit einem (City-)Roller 47

Ohne nähere Angabe 2

Auf der Straße 70

Zu Fuß 369

Mit dem Auto 811

Mit dem Schulbus 280

Mit dem Fahrrad 810

Mit dem Zweirad (Motorrad, Motorroller, Mofa) 372

Mit öffentlichen Verkehrsmitteln 154

Mit sonstigen Fahrzeugen 5

Ohne nähere Angabe 7

An der Haltestelle 604

Auf dem Hinweg ohne nähere Angabe 565

Auf dem Rückweg ohne nähere Angabe 584

Im Eingangsbereich 16

Bei Überfällen 3

Zebrastreifen, Fußgängerüberweg 33

Treppe außerhalb von Gebäuden, Außentreppen 54

Summe 5411

Unfallverkehrsmittel Anzahl Fälle

zu Fuß 909

Fahrrad 989

ÖPNV 1038

Motorroller, Moped, Motorrad 372

Pkw 811

Sonstige 1292

Summe 5411

Tabelle 3: Zuordnung der Unfälle zu Unfallorten und Unfallverkehrsmitteln

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Die Liste der möglichen Unfallabläufe ist umfangreich. Auf Grund teilweise geringer Fallzahlen, be-

schränken sich auch hier die Betrachtungen auf die am häufigsten genannten Gründe für den Unfall.

Die für diese Analyse relevantesten Kennungen sind gelb hervorgehoben (vgl. Tabelle 4).

0

Ve

rle

tzu

nge

n d

urc

h S

tür-

ze

00 Stürzen, stolpern,

01 Herausfallen

02 Herunterfallen

03 Missglückter Ein-, Auf-/ Aus-, Abstieg

04 Missglückte Drehbewegung

05 Umknicken

06 Ab-, ausrutschen

07 Durchbrechen

1

Ve

rle

tzu

nge

n d

urc

h S

töß

e u

nd

Sch

läge

10 Zusammenstoßen mit

100 Mitschüler/-in

101 Kollege / Kollegin

102 Kita-Kind

103 Patient/-in

104 Fluggast

105 Andere Personen

106 Tier

107 Fahrzeug

109 Ohne nähere Angabe

11 Umgeschubst, umge-rempelt, umgestoßen werden von

110 Mitschüler/-in

111 Kollege / Kollegin

112 Kita-Kind

113 Patient/-in

114 Fluggast

115 Andere Personen

116 Tier

119 Ohne nähere Angabe

12 Geschlagen, getreten, geboxt, umfasst, ge-kratzt werden von

120 Mitschüler/-in

121 Kollege / Kollegin

122 Kita-Kind

123 Patient/-in

124 Fluggast

125 Badegast

126 Kunde

127 Überfalltäter

128 Personen ohne nähere Angaben

129 Tier

13 Anstoßen an

130 Mobiliar

131 Maschine, Ausrüstung

132 Exponat

133 Gebäudeteil, Tür

134 Spiel- und Sportgerät

135 Autoinnenraum

136 Inneneinrichtungen ÖPNV

139 Sonstiges / Ohne nähere Angabe

14 Hineinlaufen in

15 Getroffen werden von

150 Maschinenteil

151 Werkzeug

152 Ast, Baum, Stein, Sand

153 Ball

154 sonstiger Gegenstand, der mit Absicht geworfen wurde

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155 sonstiger Gegenstand, der ohne Absicht geworfen wurde

156 Schlauch

157 Gegenstände (Späne, Teile, Mobiliar)

158 Flüssigkeiten (Wasser, Blut)

16 Überschlagen

160 mit dem Auto

161 mit dem Fahrrad

162 mit dem Motorrad, mit dem Motorroller

169 mit einem sonstigen Fortbewegungsmittel

17 Erfasst werden von

170 Auto, LKW

171 Motorrad, Motorroller

172 Fahrrad

173 Bus, Bahn, Straßenbahn

179 Sonstiges / ohne nähere Angaben

2 Verletzungen durch mechanische Einwirkungen

3 Verletzungen durch phys. / chem. / bio. Einwirkungen

4 Verletzungen durch Fehlbelastungen, psy. Überlastung

5 Sonstige Abläufe

9 Verletzung unbekannt

Tabelle 4: Zuordnung Unfallabläufe

Soweit nicht anders ausgewiesen, beziehen sich alle dargestellten Daten auf das Jahr 2009 und die

Altersgruppe der 6-20-jährigen Schüler.

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4 Mobilitätsverhalten von Schülern in Hessen

Verschiedene Faktoren haben Einfluss darauf, warum Kinder und Jugendliche auf dem Weg zur Schu-

le verunglücken. Neben Sicherheitsmängeln im Straßenraum oder ungünstigen Wegeverbindungen

ist die Wahl des Verkehrsmittels eine wesentliche Einflussgröße. Dabei ist nicht ein Verkehrsmittel

per se risikoreicher als ein anderes, auch die Erfahrung und Übung der Fortbewegung mit einem Ver-

kehrsmittel haben Einfluss darauf, wie sicher der Einzelne sich mit diesem fortbewegt. Um das Un-

fallrisiko der Kinder und Jugendlichen zu verringern, ist es somit notwendig zu wissen, wie deren

Mobilitätsverhalten aussieht. Welche Wege haben Kinder und Jugendliche? Welche Entfernungen le-

gen sie zurück und welche Verkehrsmittel nutzen sie? Diese und weitere Fragen liefern die Grundlage

zum Verständnis des Mobilitätsverhaltens von Schulkindern.

Das Verkehrsverhalten von Schülern unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von den Mobilitätskenn-

größen der restlichen Bevölkerung. Sie sind einerseits eine hoch mobile Gruppe: 92,3% der befragten

Schüler war am Stichtag (dem Tag der Befragung) außer Haus mobil; sie liegen damit nur knapp hin-

ter der Gruppe der Berufstätigen, die zu rund 94% mobil sind. Andererseits legen Schüler mit 3,1

Wegen pro Tag leicht unterdurchschnittlich viele Wege zurück (vgl. Abbildung 5).

Gegenüber 2002 ist die durchschnittliche Anzahl der Wege pro Tag um 0,2 Wege gesunken (2002:

3,3 Wege pro Tag). Eine mögliche Erklärung ist der steigende Anteil von Ganztagsschulen, welche die

Zeitfenster für nicht-schulbezogene Aktivitäten einschränken. In 2002 war dagegen der Anteil mobi-

ler Schüler mit 90,5% um 1,8%-Punkte geringer als 2008.

93,6% 93,5% 92,3% 90,6%86,5%

82,1%

90,2%

3,8

4,1

3,13,2

3,3

2,9

3,4

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Vollzeitb

eschäf

tigte

Teilzeitb

eschäf

tigte

Schüle

r

Studie

rende

Hausfr

auen/-m

änner

Rentner/

Pensionäre

Durchsc

hnitt H

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An

teil

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bil

er

Pe

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ne

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0

1

2

3

4

5

An

zah

l We

ge p

ro T

ag

Abbildung 5: Mobilitätsquote und durchschnittliche Wegeanzahl von Personen in Hessen

Wie Abbildung 6 zeigt, legen die Schüler in Hessen am Tag– basierend auf den Angaben der Befrag-

ten – insgesamt knapp 27 Kilometer zurück, wofür sie 70 Minuten unterwegs sind. Daraus folgt, dass

jeder ihrer Wege im Durchschnitt 8,6 Kilometer lang ist und 23 Minuten dauert. Nur die Wege von

Rentnern sind noch kürzer als die der Schüler. Im hessischen Durchschnitt ist die Länge der täglichen

Wege mehr als 40% höher als die der Schüler, Vollzeitbeschäftigte legen sogar pro Tag mehr als dop-

pelt so große Entfernungen zurück.

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 14 von 59

Auffällig ist dagegen, dass sich die täglichen Unterwegszeiten der verschiedenen Gruppen weniger

stark unterscheiden. Daraus wird deutlich, dass die verschiedenen Gruppen – abhängig von den ge-

nutzten Verkehrsmitteln – mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten unterwegs sind: Schüler bewe-

gen sich mit durchschnittlich 22,8 km/h eher langsam fort, während beispielsweise Berufstätige im

Durchschnitt mit 41,2 km/h unterwegs sind.

Gegenüber 2002 haben sich die Werte leicht verschoben. Damals legten die Schüler mit 23,7 Kilome-

ter etwas kürzere Strecken zurück als in 2008, brauchten dafür aber mit 75,5 Minuten etwas länger.

Das heißt, das durchschnittliche Tempo ist gestiegen. Leichte Änderungen sind auch für gesamt Hes-

sen festzustellen. 2002 waren hier die Wege im Durchschnitt mit 39,6 Kilometer etwas länger als in

2008 (37,9 Kilometer). Außerdem waren die Hessen am Tag mit 84,5 Minuten etwas länger unter-

wegs als 2008 (76 Minuten).

57,0

36,1

26,6

42,5

27,4

24,1

37,9

83 81

70

88

69 7076

0

10

20

30

40

50

60

Vollzeitb

eschäf

tigte

Teilzeitb

eschäf

tigte

Schüle

r

Studie

rende

Hausf

rauen/-m

änner

Rentner/

Pensionär

e

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hnitt H

essen

We

gest

reck

e p

ro T

ag

[km

]

0

20

40

60

80

100

120

140

160

180

200

Un

terw

egs

zeit

pro

Ta

g [m

in]

Abbildung 6: Durchschnittliche gesamt Wegelängen und Wegedauer pro Tag von Personen in Hessen

4.1 Mit welchen Verkehrsmitteln sind Schüler in Hessen unterwegs?

In Abbildung 7 ist der Modal Split, also die Aufteilung der täglichen Wege der Schüler auf die genutz-

ten Verkehrsmittel, dargestellt. Er zeigt auf, mit welchem Verkehrsmittel sich die Schüler in Hessen

auf ihren Wegen fortbewegen. Da von der Mobilität der Schüler später Ableitungen hinsichtlich des

Unfallrisikos auf dem Weg zur Schule getroffen werden sollen, wird ausschließlich die Verkehrsmit-

telwahl an Werktagen betrachtet. Der vor allem der Freizeit geschuldete Wochenendverkehr und die

dafür genutzten Verkehrsmittel würden die Verkehrsmittelwahl unter der Woche in der Gesamtdar-

stellung verzerren.

Nicht zuletzt, weil das selbstständige Auto und Mofa/ Moped/ Motorrad fahren bis zu einem Alter

von 17/18 bzw. 16 Jahren ausgeschlossen ist, bewegen sich Schüler viel zu Fuß, mit dem Fahrrad und

dem Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) fort. Der Umweltverbund aus Fuß, Fahrrad und ÖPNV

hat einen Anteil von 65% an allen Wegen. Ein erheblicher Anteil der Schüler erreicht seine täglichen

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 15 von 59

Ziele von Montag bis Freitag jedoch auch dadurch, dass sie von Erwachsenen im Pkw mitgenommen

werden (29%).

29%

13%

23%

2%

29%

4%

zu Fuß

Fahrrad

ÖPNV

Mofa/Moped/Motorrad

Pkw (Mitfahrer)

Pkw (Fahrer)

Abbildung 7: Modal Split der Schüler in Hessen an Werktagen nach Hauptverkehrsmittel (n=6.191 Wege)

Wie sehr sich die Verkehrsmittelwahl der Schüler von der der Durchschnittsbürger in Hessen (an al-

len Wochentagen) unterscheidet, zeigt Abbildung 8. Trotz hoher Mitfahrquote fahren die Schüler

deutlich weniger Auto als der Bevölkerungsdurchschnitt. Der Fahrradanteil liegt fast doppelt so hoch

wie der des Durchschnittsbürgers in Hessen, der ÖPNV-Anteil sogar fast drei Mal so hoch.

29% 26%

13%

7%

23%

8%

2%

1%

29%

16%

4%

42%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Schüler Hessen insgesamt

Pkw (Fahrer)

Pkw (Mitfahrer)

Mofa/Moped/Motorrad

ÖPNV

Fahrrad

zu Fuß

Abbildung 8: Modal Split der Schüler in Hessen (Werktage) und gesamt Hessen (alle Tage) nach Hauptver-

kehrsmittel (n=6.191, n=64.400)

Im Jahresvergleich ist eine leichte Zunahme bei den Verkehrsmitteln des Umweltverbunds in 2008 zu

sehen. In 2002 machte er insgesamt 60%, 2008 65% aus. Zugewinne haben – zuungunsten eigener

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Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 16 von 59

Automobilität - insbesondere ÖPNV und Fahrrad mit jeweils 3%-Punkten zu verzeichnen (vgl. Abbil-

dung 7 und Abbildung 9). Der Rückgang des Pkw-Selbstfahrer-Anteils korrespondiert mit einem bun-

desweit beobachtbaren Trend, demzufolge Jugendliche und junge Erwachsene dem Auto immer ge-

ringere Bedeutung beimessen. So kommt auch der Abschlussbericht der bundesweiten MiD zu dem

Ergebnis: „[Die Vertreter der jungen Bevölkerung] verlassen sich noch mehr als früher auf den Öf-

fentlichen Verkehr oder das eigene Fahrrad. Dies geht mit erstmalig sinkenden Führerscheinquoten

in dieser Gruppe einher.“6

2002

30%

10%

20%

1%

29%

10%

zu Fuß

Fahrrad

ÖPNV

Mofa/Moped/Motorrad

Pkw (Mitfahrer)

Pkw (Fahrer)

Abbildung 9: Modal Split der Schüler in Hessen an Werktagen nach Hauptverkehrsmittel 2002 (n=5.851)

Es gilt jedoch auch, zwischen Hauptverkehrsmittel und genutztem Verkehrsmittel zu unterscheiden.

Pro Weg werden in der MiD alle genutzten Verkehrsmittel erfasst. Als Hauptverkehrsmittel wird das-

jenige Verkehrsmittel definiert, mit dem die längste Teilstrecke des Weges zurückgelegt wurde7. Bei

den genutzten Verkehrsmitteln ist der Anteil der Fußwege um einiges größer, da vor allem viele ÖV-

Wege einen Fußweg – zum Beispiel zur Bushaltestelle – beinhalten (vgl. Abbildung 10). Dies zeigt,

dass die eigenen Füße das zentrale Fortbewegungsmittel sind und Zu-Fuß-Geh-Kompetenz bereits im

Kindesalter unersetzlich ist.

6 siehe infas, DLR: Mobilität in Deutschland 2008, Ergebnisbericht, Struktur – Aufkommen – Emissionen – Trends; Bonn, Ber-

lin 2010, S. 1

7 vgl. infas, DLR, a.a.O, S.16

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 17 von 59

29%

39%

13%

11%

23%

21%

2%

1%

33%28%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Hauptverkehrsmittel genutztes Verkehrsmittel

Pkw

Mofa/ Mopped/ Motorrad

ÖPNV

Fahrrad

zu Fuß

Abbildung 10: Hauptverkehrsmittel (Werktage) und genutztes Verkehrsmittel (Werktage) im Vergleich

(n=6.191, n=7.712)

Zwischen den verschiedenen Altersgruppen, die grob der Einteilung in Grundschule (6-9 Jahre) und

weiterführende Schulen (10-16 Jahre) sowie „junge Erwachsene“ (17-20 Jahre) entsprechen, sind

hinsichtlich der Verkehrsmittelwahl deutliche Unterschiede zu erkennen(Abbildung 11):

• Grundschüler gehen überwiegend zu Fuß (46%) und fahren häufig in Autos mit (40%). Nur wenige

fahren Fahrrad oder mit dem ÖPNV. Der hohe Fußwegeanteil spricht dafür, dass viele Wege der

Grundschüler im Nahbereich liegen.

• Schüler auf weiterführenden Schulen im Alter von 10 bis 16 Jahren sind etwa gleich häufig mit den

verschiedenen Verkehrsmitteln unterwegs. Ihr Fuß-, ÖPNV- und Pkw-Wegeanteil liegt jeweils zwi-

schen 26% und 29%. Diese Altersgruppe fährt außerdem im Vergleich zu den anderen Altersgrup-

pen am meisten Fahrrad (16% der Wege), weit überproportional zum hessischen Durchschnitt von

7%.

• Der Anteil an Fuß und Radwegen nimmt mit dem Alter sukzessive ab. Bei den 17 bis 20-jährigen

macht sich der Führerscheinbesitz bemerkbar, 22% der Schüler fährt nun selbst Auto, weitere

19% sind Mitfahrer im Auto. Der ÖPNV-Anteil an den Wegen reduziert sich auf 21%.

Während die Schüler im Alter von 6 bis 9 Jahren noch auf 40% der Wege von Erwachsenen im Auto

mitgenommen werden, sind es bei den Schülern zwischen 10 und 16 Jahren nur knapp 30%. Schüler

in diesem Alter bewegen sich somit selbstständiger und sind nicht mehr so oft Mitfahrer in einem

Auto. In der Gruppe der 17 bis 20-jährigen steigt die Nutzung des motorisierten Individualverkehrs

(MIV) auf die Hälfte aller Wege an. Laufen, Fahrradfahren und ÖPNV nehmen in ihrer Bedeutung ab.

Der Vergleich der Altersklassen zeigt deutlich die heutigen Mobilitätsbiografien, in denen mit zu-

nehmendem Alter sowohl Selbständigkeit und Aktionsradius als auch Motorisierung ansteigen.

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 18 von 59

46%

26%20%

6%

16%

12%

8% 28%

21%

6%

40%

29%

19%

22%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

6-9 Jahre 10-16 Jahre 17-20 Jahre

Pkw (Fahrer)

Pkw (Mitfahrer)

Mofa / Moped /Motorrad

ÖPNV

Fahrrad

zu Fuß

Abbildung 11: Hauptverkehrsmittel der Schüler an Werktagen für verschiedene Alterskategorien (n=6.312)

Die Unterschiede zwischen den Altersgruppen hinsichtlich der Anzahl der Wege sind gering (durch-

schnittlich 3,1 Wege pro Tag), dafür jedoch bezüglich der Wegelängen und -dauern. Schüler im Alter

von 6 bis 9 Jahren legen auf einem Weg im Durchschnitt 5,6 Kilometer zurück und brauchen dafür

durchschnittlich 18 Minuten. Die Wege der 10 bis 16-jährigen sind auf die Entfernung bezogen nicht

nennenswert weiter (6,6 km), sie dauern aber mit 23 Minuten deutlich länger. Einen deutlichen An-

stieg gibt es hinsichtlich der Wegelängen der 17bis 20-jährigen (10 km), die für ihre Wege jedoch

kaum länger als die 10 bis 16-jährigen brauchen (24 Minuten). Wie schon der niedrigere Fuß- und

Radwegeanteil vermuten lassen, muss diese Altersgruppe weitere Wege zurück legen. Die gestiegene

Motorisierung führt dabei zu vergleichsweise geringen Fahrtzeiten (vgl. Abbildung 12).

5,6

6,6

10,0

18

2324

0

2

4

6

8

10

12

6-9 Jahre 10-16 Jahre 17-20 Jahre

We

gelä

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pro

We

g [k

m]

0

10

20

30

40

50

60

We

ged

au

er

pro

We

g [m

in]

Abbildung 12: Wegemerkmale von Schülern an Werktagen für verschiedene Alterskategorien (n=6.252,

n=6.308)

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 19 von 59

Der Vergleich der Verkehrsmittelwahl nach Geschlecht in Abbildung 13 verdeutlicht, dass Mädchen

auf ihren Wegen häufiger mit dem Auto mitgenommen werden. Jungen sind selbständiger unterwegs

und fahren mehr Fahrrad oder gehen zu Fuß.

32%28%

14%

11%

22%

23%

1%

2%

27%32%

4% 4%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

männlich weiblich

Pkw (Fahrer)

Pkw (Mitfahrer)

Mofa/Moped/Motorrad

ÖPNV

Fahrrad

zu Fuß

Abbildung 13: Hauptverkehrsmittel der Schüler an Werktagen nach Geschlecht (n=6.313)

Abbildung 14 zeigt zum Vergleich die Verkehrsmittelwahl der Schülerinnen und Schüler in 2002. Da-

mals gingen vor allem die Mädchen deutlich öfter zu Fuß (33% gegenüber 28% in 2008). Der Anteil

der Fahrradnutzung auf den Wegen an Werktagen stieg bei den Jungen um 16,7% (von 12% auf 14%),

bei den Mädchen sogar 57,1% (von 7% auf 11%).

2002

30% 33%

12% 7%

19% 20%

1% 0%

28% 31%

10% 9%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

männlich weiblich

Pkw (Fahrer)

Pkw (Mitfahrer)

Mofa/Moped/Motorrad

ÖPNV

Fahrrad

zu Fuß

Abbildung 14: Hauptverkehrsmittel der Schüler an Werktagen nach Geschlecht 2002 (n=5.851)

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Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 20 von 59

4.2 Regionale Unterschiede in der Mobilität der Schüler

Für die räumliche Analyse des Mobilitätsverhaltens von Schülern werden die hessischen Analyseregi-

onen herangezogen, wie sie in der MiD definiert wurden (vgl. Abbildung 15). Die Region Rhein-Main

entspricht dabei dem Gebiet des Planungsverbands Frankfurt Rhein-Main. Bei der Betrachtung der

Verteilung der Schüler auf die Analyseregionen muss bedacht werden, dass nicht aus jedem Land-

kreis Schüler befragt wurden. Dadurch ist eine Ungenauigkeit auf Grund von Klumpenstichproben

möglich.

Abbildung 15: Analyseregionen in Hessen

Die Wahl des Hauptverkehrsmittels der Schüler an den Wochentagen ist von Region zu Region recht

unterschiedlich und wird in Abbildung 16 veranschaulicht.

• In Südhessen werden die verschiedenen Möglichkeiten der Fortbewegung von den Schülern recht

gleichmäßig genutzt. Hier ist auch der höchste Radverkehrsanteil von 24% auf allen Wegen zu

verzeichnen. Dafür wird im Vergleich weniger zu Fuß gegangen. Mit 2% werden nur sehr wenige

Wege von den Schülern selbst mit dem Auto zurückgelegt.

• Im Rhein-Main Gebiet dominiert der muskelbetriebene Nahverkehr. Rund ein Drittel aller Wege

werden zu Fuß gegangen, der höchste Anteil im Vergleich zu den anderen Regionen. Weitere 16%

der Wege werden mit dem Fahrrad gefahren. Vergleichsweise gering ist trotz hoher Angebots-

dichte mit nur 19% der Anteil der ÖPNV Wege.

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Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 21 von 59

• In Westhessen wird knapp ein Drittel der Wege von Schülern gelaufen. Mit 29% hat der ÖPNV hier

gegenüber den anderen Regionen seinen höchsten Wegeanteil. Bereits 6% der Wege werden

selbst mit dem Auto gefahren.

• In Mittelhessen werden die Schüler besonders viel im Auto mitgenommen (39%). Nur 5% der We-

ge werden mit dem Fahrrad zurückgelegt, fast so viele wie selbst mit dem Auto gefahren werden

(4%).

• In Osthessen werden 28% der Wege von Schülern mit den ÖPNV zurückgelegt. Der Rad- und Fuß-

wegeanteil fällt jedoch unterdurchschnittlich aus.

• In Nordhessen werden überdurchschnittlich viele Wege mit dem MIV gefahren. Hier befindet sich

der höchste Anteil an Pkw- und Mofa-, Moped- und Motorrad-Fahrern. Auf einem Drittel der We-

ge sind Schüler in Nordhessen Mitfahrer im Pkw.

23%

35%32%

28%25% 26%

24%

16%

9%

5% 10% 8%

24%19%

29%

23%

28%

19%

1% 1% 0%

0%

2%

5%

24% 24%23%

39%

30%

34%

2% 4% 6% 4% 4% 7%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Südhessen

(n=926)

Rhein-Main

(n=2086)

Westhessen

(n=408)

Mittelhessen

(n=1240)

Osthessen

(n=654)

Nordhessen

(n=957)

sonstiges

Pkw (Fahrer)

Pkw(Mitfahrer)

Mofa/Moped/Motorrad

ÖPNV

Fahrrad

zu Fuß

Abbildung 16: Hauptverkehrsmittel der Schüler an Werktagen nach Analyseregion

Der Vergleich zwischen den Regionen zeigt: Schüler in Südhessen und Rhein-Main heben den durch-

schnittlichen Radverkehrsanteil an allen Wegen der Schüler stark an, die anderen Regionen fallen da-

gegen zurück und liegen eher im Bereich des Durchschnitts der Bevölkerung in Hessen.

Der Anteil des Umweltverbunds aus Fuß, Fahrrad und ÖV liegt in Südhessen, im Rhein-Main Gebiet

und in Westhessen um die 70%, in Mittel-, Ost- und Nordhessen fällt er dagegen hinter den anderen

Regionen zurück.

Erklärungsansätze für die Unterschiede zwischen den Regionen finden sich sowohl bei der Topogra-

phie und der Raumstruktur als auch beim Verkehrsmittelangebot. Die Anteile des Zu-Fuß-Gehens

stehen erfahrungsgemäß in unmittelbarem Zusammenhang zur nahräumlichen Erreichbarkeit tägli-

cher Wegeziele. Insofern erscheint der hohe Fußwegeanteil in der hochverdichteten Rhein-Main-

Region nur folgerichtig. Das Fahrrad hat vor allem in den eher flachen Teilen Hessens eine große Be-

deutung, während es in den Mittelgebirgsregionen rasch an seine Einsatzgrenzen stößt. Die ver-

gleichsweise geringen ÖPNV-Anteile in der Rhein-Main-Region zeigen, dass ein dichtes ÖPNV-

Angebot nicht zwangsläufig zu einer hohen ÖPNV-Nutzung bei Schülern führt. Hier stellt offenbar das

Fahrrad eine ernstzunehmende Konkurrenz zum ÖPNV dar. Dennoch sind ÖPNV, Fuß und Rad ge-

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 22 von 59

meinsam gegenüber dem Auto die klar dominierenden Verkehrsmittel. Anders ist die Situation in den

eher ländlich strukturierten Regionen in der Mitte, im Osten und im Norden Hessens. Hier erreicht

das Auto Anteile von nahezu der Hälfte des Wegeaufkommens der Kinder und Jugendlichen.

4.3 Fahrradbesitz

Abbildung 17 veranschaulicht den Besitz von funktionstüchtigen Fahrrädern bei Schülern. Jungen be-

sitzen in etwa gleich häufig Fahrräder wie Mädchen (95% bzw. 94%). Größere Unterschiede ergeben

sich zwischen den Alterskategorien. Während die Abdeckung mit funktionstüchtigen Fahrrädern bei

den 6 bis 16-jährigen über 90% liegt, fällt sie bei den 17 bis 20-jährigen ab, liegt jedoch immer noch

über 80%. In Hessen verfügen im Vergleich dazu hingegen durchschnittlich nur 76% der Bevölkerung

über ein funktionstüchtiges Fahrrad.

99%

93%96%

94%

85% 84%

95% 94%

0%

50%

100%

m w m w m w m w

6-9 Jahre 10-16 Jahre 17-20 Jahre Gesamt

Abbildung 17: Besitz eines funktionstüchtigen Fahrrads bei Schülern nach Alterskategorie und Geschlecht

(n=2.120)

In 2002 verfügten nur 86% der Jungen und 87% der Mädchen über ein funktionstüchtiges Fahrrad,

damals waren die Mädchen sogar etwas besser mit Rädern ausgestattet. Die Verfügbarkeit von funk-

tionstüchtigen Fahrrädern bei den 17-20-jährigen war in 2002 deutlich niedriger und lag bei nur 71%

der Jungen und 73% der Mädchen. Die im Vergleich 2002 – 2008 ablesbare Entwicklung zu einem

insgesamt höheren Fahrradbesitz bei Kindern und Jugendlichen stimmt mit dem bundesweit erkenn-

baren Trend zum Fahrrad – auch und gerade bei jungen Menschen – überein.

Über den Besitz von Führerscheinen kann auf Grund zu geringer Fallzahlen bei der Beantwortung der

Frage keine Angabe gemacht werden.

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Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 23 von 59

4.4 Wegezwecke - warum sind Schüler unterwegs?

Nachdem Aussagen über die Wege und die Wahl der Hauptverkehrsmittel der Schüler getroffen

wurden, ist es von Interesse zu wissen, zu welchem Zweck Schüler überhaupt ihr Zuhause verlassen.

Die in nachfolgender Abbildung 18 beschriebenen Wegezwecke beziehen sich auf den Hauptwege-

zweck, das heißt die Wege mit dem Zweck „nach Hause“ sind dem jeweiligen vorher gegangenen

Wegezweck zugeordnet. Der Wegezweck Ausbildung steht somit für den Hin- und Rückweg zur Aus-

bildung etc. Da sich die folgenden Werte auf Personen mit der eigenen Angabe „Schüler“ und einem

maximalen Altern von 20 Jahren beziehen, kann für den Wegezweck Ausbildung überwiegend der

Weg zur Schule unterstellt werden und wird im Weiteren auch so benannt.

Unter der Woche ist das Erreichen der Schule Hauptgrund für Schüler mobil zu sein. 44% ihrer Wege

sind Schulwege. Zweithäufigster Wegezweck ist mit etwas mehr als einem Drittel aller Wege von

Schülern unter der Woche die Freizeit. An den Werktagen ist vor allem das Treffen mit Freunden,

Verwandten und Bekannten mit 26% der am häufigsten genannte Freizeitgrund innerhalb der 35%

Freizeitwege. Daneben ist auch Sport ein häufig genanntes Freizeitziel (17%).

Am Wochenende dominiert der Freizeitverkehr, so dass er bei Betrachtung der gesamten Woche mit

43% der häufigste Wegezweck ist. Schulwege treten mit einem Anteil von 34% an zweite Stell zurück.

Ferner spielen Einkäufe und Erledigungen mit je 7% eine nennenswerte Rolle. Wege zur Arbeit und

dienstliche Wege fallen bei Schülern vernachlässigbar selten an.

Bei der Betrachtung der gesamten hessischen Bevölkerung sind die Wegezwecke erwartungsgemäß

differenzierter, vor allem Einkaufen und Erledigen nehmen einen größeren Stellenwert ein. Unter Er-

ledigungen fallen neben Arztbesuchen beispielsweise das Besuchen von Bekannten und Verwandten,

mit dem Hund spazieren gehen etc.

13%

5%

44%

34%7%

7%

7%20%

7%

7%

12%

35%

43%33%

6% 8% 9%

1%1%0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Wegezwecke von Schülern Werktags Wegezwecke von Schülern an allen

Tagen

Wegezwecke Hessen an allen Tagen

Begleitung

Freizeit

Erledigung

Einkauf

Ausbildung

Dienstlich

Arbeit

Abbildung 18: Wegezwecke von Schülern an Werktagen und an allen Tagen im Vergleich zu Personen in Hes-

sen an allen Wochentagen (n=6.311, n= 8.087, n=65.567)

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Im Zeitvergleich ist abzulesen, dass der prozentuale Anteil der Schulwege an allen Wegen 2002 von

2002 bis 2008 deutlich von 27% auf 34% angestiegen ist. Eine Erklärung für die relative Zunahme der

Schulwege kann unter Umständen in vermehrten Ganztagsschulangeboten bzw. in der Einführung

von G8 gesucht werden. 2002 waren Einkaufen, Erledigungen und Arbeiten noch etwas häufiger ge-

nannte Gründe für Schüler, um unterwegs zu sein (vgl. Abbildung 19).

27% 34%

10%7%

8% 7%

43% 43%

8% 8%

1%4%0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

2002 2008

Begleitung

Freizeit

Erledigung

Einkauf

Ausbildung

Dienstlich

Arbeit

Abbildung 19: Wegezwecke von Schülern an allen Wochentage im Zeitvergleich (n=8.016, n= 8.087)

Abbildung 20 zeigt, dass sich die Verkehrsmittelwahl der Schüler je nach Wegezweck deutlich unter-

scheidet. Dabei lassen sich drei Gruppen von Wegezwecken bilden:

• Auf dem Schulweg ist der ÖPNV mit über 41,1% das dominierende Verkehrsmittel. Zu Fuß wer-

den immerhin 28,8% und mit dem Rad 10,6% der Schulwege zurückgelegt. Immerhin 15,2% der

Schüler, also mehr als jeder Siebente, werden mit dem Auto zur Schule gefahren!

• Bei Einkauf, Erledigung und Freizeit halten sich die Verkehrsmittel des Umweltverbundes – Fuß –

Fahrrad und ÖPNV – mit dem Auto etwa die Waage. Dabei liegen der Anteil des Zu-Fuß-Gehens

um 30% und der des Fahrrades zwischen 8,4% (Einkaufen) und etwa 14,5% (Erledigung und Frei-

zeit). Die Rolle des ÖPNV ist mit Werten um 6% bis 8% eher gering. In den Pkw-Mitfahrer-

Anteilen um 40% spiegelt sich wieder, wie viele Eltern ihre Kinder zu deren Zielen bringen. So er-

reichen Kinder 38,7% ihrer Freizeitaktivitäten mit Hilfe des „Elterntaxis“.

• Bei Begleitungswegen – dies sind in erster Linie Wege, bei denen Kinder von ihren Eltern oder

anderen Erwachsenen auf deren Wegen mitgenommen werden – dominiert mit über zwei Drit-

teln das Mitfahren im Pkw. Die Anteile des Fahrrades (4,3%) und des ÖPNV (1,9%) sind demge-

genüber vernachlässigbar.

Zwei Aspekte erscheinen bei der dargestellten wegezweckspezifischen Verkehrsmittelwahl beson-

ders bemerkenswert:

• Der ÖPNV ist nahezu ausschließlich ein Schulweg-Verkehrsmittel und spielt bei der übrigen Mobi-

lität von Kindern und Jugendlichen nur eine sehr untergeordnete Rolle.

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Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 25 von 59

• Es ist nach den vorliegenden Erkenntnissen der Mobilitätsforschung wie auch der allgemeinen

Pädagogik davon auszugehen, dass das Mobilitätsverhalten der Eltern besonders prägend für die

Mobilitätsentwicklung ihrer Kinder ist. Wenn nun ausgerechnet auf den gemeinsam von Kindern

und Eltern zurückgelegten Wegen, den Begleitungswegen, das Auto als Verkehrsmittel domi-

niert, so wird dadurch vermutlich auch die generelle Mobilitätswahrnehmung Heranwachsender

bestimmt: Erwachsensein bedeutet aus dieser Perspektive Autofahren.

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Ausbildung

Einkauf

Erledigung

Freizeit

Begleitung

zu Fuß

Fahrrad

ÖPNV

Mofa/Moped/Motorrad

Pkw (Mitfahrer)

Pkw (Fahrer)

Abbildung 20: Modal Split der Schüler nach Wegezweck (n=7.944)

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Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 26 von 59

4.5 Der Weg zur Schule

Wie die vorigen Ausführungen gezeigt haben, weist der regelmäßig zurückgelegte Schulweg Beson-

derheiten bzw. Abweichungen zum allgemeinen Mobilitätsverhalten der Schüler auf, die im Folgen-

den näher beleuchtet werden.

Über ein Drittel aller Schulwege in Hessen (41%) werden mit dem ÖPNV zurückgelegt. Ein großer An-

teil wird gelaufen (29%) und auf 15% der Schulwege werden die Schüler mit dem Auto zur Schule ge-

bracht. Nur 11% der Schulwege werden mit dem Fahrrad zurückgelegt (vgl. Abbildung 21).

29%

11%

41%

2%

15%

2%

zu Fuß

Fahrrad

ÖPNV

Mofa/Moped/Motorrad

Pkw (Mitfahrer)

Pkw (Fahrer)

Abbildung 21: Modal Split der Schüler auf dem Weg zur Schule (n=2.724)

Wie Abbildung 22 veranschaulicht, legen fast zwei Drittel Grundschülern ihre Schulwege zu Fuß zu-

rück, immerhin ein knappes Fünftel der Grundschüler wird mit dem Auto zur Schule gefahren. Nur

wenige von ihnen fahren mit dem ÖPNV zur Schule (14%). Das Fahrrad spielt in dieser Altersgruppe

noch keine Rolle (1%). In dieser Verkehrsmittelverteilung bilden sich einerseits die kleinräumigen

Schulbezirke von Grundschulen ab, die vielen Kindern einen kurzen Schulweg ermöglichen. Anderer-

seits ist der vergleichsweise hohe Anteil der Auto-Mitfahrer ein Indiz dafür, dass viele Eltern ihren

Kindern einen eigenständig zurückgelegten Schulweg nicht zutrauen.

Kinder und Jugendliche in weiterführenden Schulen fahren hingegen auf über der Hälfte aller Schul-

wege mit dem ÖPNV. Die Anteile der zu Fuß Gehenden (18%), der Fahrrad Fahrenden (13%) und der

Mitfahrer im Auto (13%) liegt etwa in gleicher Größenordnung. Die Verkehrsmittelwahl zeigt deut-

lich, dass zu weiterführenden Schulen meist größere Entfernungen zurückgelegt werden müssen, die

die Nutzung eines Fahrzeugs erfordern. Ferner ist erkennbar, dass im Übergang von der Grundschule

zur Sekundarstufe auch die Fahrradfahr-Kompetenzen erworben werden, welche die tägliche Nut-

zung dieses Verkehrsmittels ermöglichen.

In der nächsthöheren Altersgruppe der 17- bis 20-jährigen steigt die Nutzung eigener motorisierter

Gefährte auf dem Schul-/Ausbildungsweg sprunghaft auf 20% an (12% Auto, 8% Kraftrad). Auch der

Mitfahrer-Anteil ist höher als bei den 10- bis 16-jährigen, möglicherweise weil Schüler von ihren Mit-

schülern zur Schule mitgenommen werden. Bemerkenswerter Weise steigt die Nutzung von Auto

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Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 27 von 59

und Motorrad nahezu ausschließlich zu Lasten des ÖPNV an: dessen Anteil geht gegenüber der

Gruppe der 10- bis 16-jährigen von 53% auf 35% deutlich zurück, während die Fahrrad- und Fuß-

wegeanteile mit zusammen 29% nahezu konstant (10- bis 16-jährige: 31%) sind.

64%

18% 16%

13%13%

14%

53%

35%

8%

19%13%

16%

12%

1%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

6-9 Jahre 10-16 Jahre 17-20 Jahre

Pkw (Fahrer)

Pkw (Mitfahrer)

Mofa/Moped/Motorrad

ÖPNV

Fahrrad

zu Fuß

Abbildung 22: Modal Split der Schüler auf dem Weg zur Schule nach Alterskategorie (n=2.724)

Im Vergleich zu 2002 ist der Radverkehrsanteil an den Schulwegen von 6% auf 11% im Jahr 2008 ge-

stiegen, der Fußwegeanteil ist um die gleiche Differenz von 5% gesunken, so dass der nichtmotori-

sierte Verkehr seine Anteile konstant gehalten hat. Anstatt Auto zu fahren oder mit zu fahren, wur-

den in 2008 mehr Wege mit dem ÖPNV zurückgelegt als noch 2002 (vgl. Abbildung 23). Damit bestä-

tigen sich auch für das spezielle Segment der Schulwege die generell zu beobachtenden Trends weg

vom Auto und hin zum Fahrrad.

33,2%28,2%

6,1%10,6%

39,1% 41,1%

16,5%15,1%

4,2% 2,2%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

2002 2008

Pkw (Fahrer)

Pkw (Mitfahrer)

Mofa/Moped/Motorrad

ÖPNV

Fahrrad

zu Fuß

Abbildung 23: Modal Split der Schüler auf dem Weg zur Schule im Zeitvergleich (n=2.130, n=2.724)

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Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 28 von 59

Die Betrachtung der bundesweiten Anteile der Verkehrsmittel an Schulwegeunfällen8 zeigt, dass rund

die Hälfte aller Schulwegeunfälle mit dem Fahrrad geschieht. Es ist daher von Interesse, die Fahr-

radnutzung von Schülern genauer unter die Lupe zu nehmen, um Ursachen für Unfälle zu erkennen

und sie zu vermeiden.

Ein Ansatz ist es zu untersuchen, inwieweit es jahreszeitliche Unfallhäufungen gibt, ob also bei-

spielsweise das Fahrradfahren im Winter besonders gefährlich ist. Wie die Verteilung der Schulwe-

gunfälle über das Jahr auf Basis der Daten der UKH zeigt (Abschnitt 5.3), treten im August und Sep-

tember relative Unfallhäufungen auf. Ein in Bezug setzen der Verkehrsleistung, also der mit einem

Verkehrsmittel zurückgelegten Kilometer, mit den Unfallhäufigkeiten im jahreszeitlichen Vergleich ist

jedoch auf Grund der Datenlage nicht möglich. Mit Hilfe der MiD Hessen 2008 ist zwar eine Aussage

über die Verkehrsmittelwahl der Schüler im jahreszeitlichen Vergleich möglich. Diese Daten lassen

sich jedoch nicht in Bezug zu den Schulwegunfällen und den Unfall-Verkehrsmitteln setzen, da kor-

respondierende Daten für Hessen nicht vorliegen. Die ähnlichsten verfügbaren Daten9 beziehen sich

auf bei Straßenverkehrsunfällen 2008 verunglückte Radfahrer im Alter von 6 bis unter 15 Jahren auf

allen Wegen im gesamten Bundesgebiet. Ein Vergleich mit den vorliegenden Daten empfiehlt sich

daher nicht.

Dennoch liefert die Analyse des Modal Split von Schülern auf ihrem Weg zur Schule einen Eindruck

über die Unterschiedliche Verkehrsmittelnutzung in den vier Jahreszeiten. Wie Abbildung 24 zeigt, ist

die Pkw Nutzung in der kalten Jahreszeit am höchsten(19%) während die Anteile des Fahrrads im

Winter (Dezember, Januar und Februar) auf 7% absinken. Im Frühjahr (März bis Mai) ist knapp die

Hälfte der Schüler mit dem Fahrrad oder zu Fuß zur Schule unterwegs. Im Sommer (Juni bis August)

steigt die Fahrradnutzung auf 17% erheblich an. Mit 7% gewinnen auch Mofa, Moped und Motorrad

Nutzeranteile, sie scheinen in der Stichprobe reine Sommerverkehrsmittel zu sein. Im Herbst (Sep-

tember bis November) steigen viele Schüler auf den ÖPNV um (47%).

29%

38%

22%27%

7%

10%

17% 10%

42%

36%

40% 47%

7%

19%14% 12% 14%

2% 2%2%3%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Winter Frühjahr Sommer Herbst

Pkw (Fahrer)

Pkw (Mitfahrer)

Mofa/ Moped/Motorrad

ÖPNV

Fahrrad

zu Fuß

Abbildung 24: Modal Split der Schüler auf dem Weg zur Schule im jahreszeitlichen Vergleich (n=2.724)

8 Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV): Statistik – Makrodaten, Schülerunfälle. München 2009. 9 Statistisches Bundesamt: Kinderunfälle im Straßenverkehr 2008. Wiesbaden 2009

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 29 von 59

Die MiD unterscheidet die befragten Haushalte an Hand von Haushaltseinkommen sowie Anzahl und

Alter der Haushaltsmitglieder in fünf verschiedene ökonomische Statusgruppen10. Im Vergleich dieser

Gruppen untereinander fallen einige Unterschiede hinsichtlich der Wahl des Verkehrsmittels auf, die

in Abbildung 25 abzulesen sind.

Schüler aus Haushalten mit sehr niedrigem ökonomischen Haushaltsstatus legen mehr Schulwege zu

Fuß zurück als ihre Mitschüler. Bemerkenswert ist, dass die Nutzung des Fahrrads bei höherem öko-

nomischen Haushaltstatus steigt. Ein Blick auf Abbildung 26 zeigt, dass dies nicht unbedingt mit dem

Besitz eines Fahrrads zusammenhängt. Dieser steigt zwar mit Zunahme des ökonomischen Haus-

haltsstatus insgesamt an, doch besitzen auch immerhin 86% Schüler aus Haushalten mit sehr niedri-

gem ökonomischem Status ein funktionstüchtiges Fahrrad.

In Haushalten mit sehr niedrigem ökonomischen Haushaltsstatus spielt der ÖPNV eine größere Rolle,

hier werden auch am seltensten Schüler im Auto zur Schule gebracht. Auffallend ist der hohe Anteil

von motorisierten Zweirädern bei den Schülern aus Haushalten mit niedrigem ökonomischem Haus-

haltsstatus, welcher mit einem niedrigeren Anteil an Autofahrern einhergeht. Bereits zwischen den

Haushalten mit sehr niedrigem und niedrigem ökonomischen Haushaltsstatus sind deutliche Unter-

schiede fest zu stellen, die sich gegenüber den anderen ökonomischen Haushaltsklassen weiter diffe-

renzieren.

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

sehr niedrig (n=199)

niedrig (n=498)

mittel (n=875)

hoch (n=839)

sehr hoch (n=311)

zu Fuß

Fahrrad

ÖPNV

Mofa/Moped/Motorrad

Pkw (Mitfahrer)

Pkw (Fahrer)

Abbildung 25: Modal Split der Schüler auf dem Weg zur Schule nach ökonomischen Status des Haushalts

10„Der ökonomische Status eines Haushalts wird nach dem Prinzip des Äquivalenzeinkommens bestimmt, das sich in der So-

zial- und Armutsforschung für Analysen der Einkommensverteilung etabliert hat. Das Äquivalenzeinkommen ist ein Pro-

Kopf-Einkommen, bei dessen Berechnung das Haushaltseinkommen nicht wie häufig üblich durch die Anzahl, sondern durch

eine nach Alter und Haushaltsgröße gewichtete Summe der Haushaltsmitglieder geteilt wird. […] In Anlehnung an die neue

Berechnungsskala der OECD gehen Kinder bis zu 14 Jahren mit dem Faktor 0,3 ein. Von den Personen ab 15 Jahren im

Haushalt erhält eine Person den Gewichtungsfaktor 1; alle weiteren Personen ab 15 Jahren werden mit 0,5 gewichtet. […]

Anhand einer Matrix aus Haushaltsnettoeinkommen und gewichteter Haushaltsgröße wird jeder Haushalt einer von fünf

Kategorien des ökonomischen Status zugeordnet, die von sehr niedrig bis sehr hoch reichen.“ (aus: infas, DLR: Mobilität in

Deutschland 2008, Ergebnisband, Struktur – Aufkommen – Emissionen – Trends; Bonn, Berlin 2010)

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 30 von 59

85,6%

92,7% 92,6%

97,1% 97,6%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

sehr niedrig (n=153) niedrig (n=328) mittel (n=743) hoch (n=646) sehr hoch (n=247)

Abbildung 26: Besitz eines funktionstüchtigen Fahrrads bei Schülern nach ökonomischen Status des Haus-

halts

Ein weiterer Punkt bei der Analyse der Schulwege sind Dauer und Länge des Weges. Die Angaben be-

ziehen sich auf die eigene Einschätzung der Befragten, korrigiert um die subjektive Überschätzung.

Das heißt, Wegedauern und -längen, die mit dem jeweiligen Verkehrsmittel als unplausibel aufgefal-

len sind, wurden entfernt. Dennoch befinden sich einzelne unplausible Angaben im Datensatz, die

nicht in jedem Fall eliminiert werden konnten. Für die Wegelängen ist die Aussagekraft eingeschränkt

da nur ein Drittel der Schüler auf die Fragen der Länge und Dauer des Schulwegs geantwortet hat11.

Die Ergebnisse werden in Abbildung 27 und Abbildung 28 dargestellt, um daraus zumindest Tenden-

zen und qualitative Zusammenhänge abzulesen.

Abbildung 27 und Abbildung 28 veranschaulichen, dass etwa zwei Drittel der Schulwege von Grund-

schülern nicht länger als 15 Minuten dauern und die Hälfte maximal einen Kilometer lang sind. Knapp

15% brauchen allerdings bis zu 30 Minuten für einen Weg. 90% der Schulen befinden sich in einem

Umkreis von maximal 5 Kilometer zum Wohnort der Grundschüler. Die 10 bis 16-jährigen haben et-

was weitere Wege, bei ihnen liegen nur 60% der Schulen in einer Entfernung von 5 km. 85% müssen

allerdings maximal 10 km Schulweg zurücklegen. Diese Altersgruppe braucht am längsten für ihren

Schulweg: über die Hälfte bis zu 20 Minuten, 77% sind nach einer halben Stunde am Ziel. Für die 17

bis 20-jährigen verkürzt sich die Dauer der Schulwege wieder etwas, dabei müssen auch hier über die

Hälfte mindestens 5 Kilometer zurücklegen. Insgesamt brauchen nur 6% der Schüler länger als 45

Minuten für ihren Schulweg.

11 Aufgrund des Erhebungsdesigns (vgl. 3.1) fehlen einige Angaben von Schülern.

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

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0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0-5 Minuten 5-10 Minuten 10-15

Minuten

15-20

Minuten

20-30

Minuten

30-45

Minuten

45-60

Minuten

60-90

Minuten

90-120

Minuten

6-9 Jahre

10-16 Jahre

17-20 Jahre

Schülerinsgesamt

Abbildung 27: Wegedauern für den Schulweg kumuliert (n=2.768)

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

< 1 km 1 bis 2 km 2 bis 3 km 3 bis 5 km 5 bis 10 km 10 bis 20 km 20 bis 50 km über 50 km

6-9 Jahre

10-16 Jahre

17-20 Jahre

Schülerinsgesamt

Abbildung 28: Wegelänge für den Schulweg kumuliert (n=2.750)

Aufsummiert zeigt sich, dass es zwischen den Jahren 2002 und 2008 kaum Unterschiede hinsichtlich

der Dauer für den Schulweg gibt. Die Wege dauern in 2008 ein klein wenig länger (vgl. Abbildung 29).

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 32 von 59

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

0-5 Minuten 6-10

Minuten

11-15

Minuten

16-20

Minuten

21-30

Minuten

31-45

Minuten

46-60

Minuten

61-90

Minuten

91-120

Minuten

121-360

Minuten

2008

2002

Abbildung 29: Wegedauer für den Schulweg kumuliert (n=2.771, n=2.183)

Der Vergleich der kilometerbezogenen Wegelänge zeigt ein etwas differenzierteres Bild. Für 2008 ist

ein leichter Anstieg von etwa 6% bei den kurzen Schulwegen von 2 Kilometer Länge zu verzeichnen.

Dafür waren in 2002 etwas mehr Schulwege bereits nach 3 bis 5 Kilometern zu Ende. Insgesamt ha-

ben sich die Schulwege jedoch etwas verkürzt (vgl. Abbildung 30).

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

2 km 3-5 km 5-10 km 15-20 km

2008

2002

Abbildung 30: Wegelänge auf dem Schulweg kumuliert (n=2.771, n=2.183)

Nicht nur die Verkehrsmittelwahl, auch die Wegelänge und -dauer von Schulwegen hängen mit der

Region und der dortigen Schuldichte zusammen. In allen Regionen braucht die Hälfte der Schüler

nicht länger als 20 Minuten für ihren Weg zur Schule. In Rhein-Main, Mittel- und Nordhessen etwa

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 33 von 59

ein Drittel sogar nur 10 Minuten. In allen Kreisen findet sich jedoch auch ein Anteil von rund 20% der

Schüler, die länger als 30 Minuten brauchen. In Südhessen sind das etwas mehr, in Rhein-Main etwas

weniger (vgl. Abbildung 31).

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

Südhessen

Rhein-Main

Westhessen

Mittelhessen

Osthessen

Nordhessen

bis 10 Minuten

10 bis 20 Minuten

20 bis 30 Minuten

über 30 Minuten

Abbildung 31: Wegedauern für den Schulweg nach Analyseregion (n=2.766)

Welches Verkehrsmittel für die jeweilige Wegestrecke genutzt wurde zeigt Abbildung 32. Rund zwei

Drittel der mit dem Rad zur Schule fahrenden Schüler legen bis zu 5 km auf einem Weg zurück, im-

merhin 20% fahren zwischen 5 km und 20 km. ÖPNV Wege sind zu 40% bis zu 5 Kilometer lang, etwa

drei Viertel der Wege sind nicht länger als 10 Kilometer. Das Auto wird für bereits sehr kurze Stre-

cken eingesetzt, 11% der Wege sind unter einem Kilometer lang. Mit dem Auto werden demnach

mehr kurze Distanzen zurückgelegt als mit dem ÖPNV.

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

zu Fuß

Fahrrad

ÖPNV

Kfz

< 1 km

1-5 km

5-10 km

10-20 km

über 20 km

Abbildung 32: Wegelängen für den Schulweg nach Verkehrsmittel (n=2.664)

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 34 von 59

Der Vergleich der Startzeiten in den Altersgruppen in Abbildung 33 zeigt, dass die Schulwege mor-

gens fast alle zur gleichen Stunde, zwischen 7 und 8 Uhr starten. Bei älteren Schülern fängt die Schule

gelegentlich etwas später an und hört zu unterschiedlich Zeiten auf. Die 6 bis 9-jährigen haben oft

schon zwischen 11 und 13 Uhr Schulschluss, einige jedoch auch erst um 15 Uhr, was mit der Nach-

mittagsbetreuung zusammenhängen dürfte. Die 10 bis 16-jährigen starten ihren Weg nach Hause

überwiegend um 13 Uhr.

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

Stunde

6-9 Jahre

10-16 Jahre

17-20 Jahre

Schülerinsgesamt

Abbildung 33: Startzeiten von Schulwegen (n=2.771)

Im Vergleich zu 2002 sind 2008 deutliche Veränderungen der Startzeiten festzustellen (vgl. Abbildung

34). Bereits die Morgenspitze ist 2008 ausgeprägter als noch 2002, was darauf hin weist, dass der Un-

terricht seltener erst zur zweiten oder dritten Schulstunde beginnt. Am Mittag ist die Konzentration

der Schulendzeiten noch ausgeprägter. Ursächlich hierfür dürfte die Einführung von G8 sein, die in

den betroffenen Schulen und Klassen zu einer stärkeren Ausschöpfung der sechs vormittäglichen

Schulstunden geführt hat. Mit fortschreitender Verbreitung von G8 in allen Jahrgangsstufen dürfte

dieses Phänomen noch ausgeprägter werden. 2008 tritt erstmals im Vergleich zu 2002 auch in der

Stunde zwischen 15 und 16 Uhr eine kleine Spitze auf. Es bleibt jedoch offen, inwieweit diese auf ei-

ne Zunahme des Nachmittagsunterrichts infolge G8 und auf vermehrte Betreuungsangebote zurück-

zuführen ist.

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 35 von 59

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21

Stunde

2008

2002

Abbildung 34: Startzeiten von Schulwegen im Zeitvergleich (n=2.771, n=2.183)

Wie die Schüler die Erreichbarkeit ihrer Schule mit einem Verkehrsmittel einschätzen, hat großen

Einfluss auf die Wahl des Verkehrsmittels, muss aber nicht immer der realen Qualität der Erreichbar-

keit entsprechen. Trotz der relativ kurzen Distanzen von 2 Kilometern auf 50% der Schulwege (vgl.

Abbildung 30), wird die Erreichbarkeit der Schule zu Fuß nur von 20% der Schüler als sehr gut einge-

schätzt. Über die Hälfte schätzen dafür die Erreichbarkeit mit dem Fahrrad als mindestens gut ein,

davon jedoch nur 30% als sehr gut. Die Erreichbar mit dem ÖPNV schätzt die Mehrheit der Schüler als

mindestens gut ein. Die Erreichbarkeit der Schule mit dem Auto wird als am besten bewertet. Kaum

ein Schüler empfindet sie als schlecht (vgl. Abbildung 35).

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100%

zu Fuß (n=440)

mit dem Fahrrad (n=440)

mit ÖV (n=440)

mit Auto (n=111)

sehr gut

gut

einigermaßen

schlecht

sehr schlecht

gar nicht

Abbildung 35: Einschätzung der Erreichbarkeit der Schule mit verschiedenen Verkehrsmitteln

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Wie die Erreichbarkeit mit dem ÖPNV bewertet wird, hängt eng mit der Nähe des Wohnorts zur

nächstgelegenen Bushaltestelle zusammen. Angaben auf diese Frage liegen nur für Schüler zwischen

10 bis 20 Jahren vor. Die Aussagekraft ist auf Grund der geringen Fallzahl beschränkt.

Aus Abbildung 36 geht hervor, dass eine gute Erreichbarkeit von maximal 400 Metern für rund zwei

Drittel der Schüler gegeben ist. 91% der Schüler wohnen in einer Entfernung von einem Kilometer zur

nächsten Bushaltestelle.

28%

15%

23%

25%

6%1% 2%

unter 100 Meter

100 bis unter 200 Meter

200 bis unter 400 Meter

400 Meter bis unter 1 Kilometer

1 bis unter 2 Kilometer

2 bis unter 5 Kilometer

weiß nicht

Abbildung 36: Erreichbarkeit der nächstgelegenen Bushaltestelle für Schüler (n=429)

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5 Mobilität und Schulwegunfälle im Bezug zueinander:

Wo und wann sind die Risiken hoch?

In den von der UKH zur Verfügung gestellten Daten befinden sich für das Jahr 2002 6.976 auf dem

Weg zur Schule verunglückte Schüler. In 2008 sind es 6.595 verunfallte Schüler. Der Vergleich zeigt,

dass sich die absolute Unfallzahl um 381 Schüler verringert hat, der Anteil der Schwerverletzten ist

jedoch um 77 Fälle gestiegen (vgl. Abbildung 37).

224 301

67526294

0

1000

2000

3000

4000

5000

6000

7000

2002 2008

Leichtverletzt(stationäre Tage kleiner3 Tage)

Schwerverletzt(stationäre Tage größeroder gleich 3 Tage)

Abbildung 37: Entwicklung Schulwegeunfälle in Hessen (Absolut)

Bezogen auf die Unfallzahlen des Jahrs 2002 bedeutet das einen Anstieg der Schwerverletzten um

34% im Jahr 2008. Der Anteil der Leichtverletzten beträgt 2008 93,2% der Anzahl in 2002 (vgl. Abbil-

dung 28).

134,4%

100,0%

93,2%

94,5%

80%

90%

100%

110%

120%

130%

140%

2002 2008

Schwerverletzt(stationäre Tagegrößer oder gleich3 Tage)

Leichtverletzt(stationäre Tagekleiner 3 Tage)

Insgesamt

Abbildung 38: Entwicklung der Schulwegeunfälle in Hessen (Prozentual)

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Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 38 von 59

5.1 Verkehrsmittelnutzung und Unfallgeschehen

Um die Unfallursachen zu verstehen, ist es wichtig, die Verkehrsmittel zu kennen, mit denen die Un-

fälle passiert sind. Aufgrund der Erhebungssystematik der Unfallkassen liegen für das Jahr 2008 nur

bundesweite Werte der DGUV12 vor. Ab 2009 wurden in Hessen Unfallverkehrsmittel mittels des

TUS-Schlüssels erhoben, die als Vergleichswerte dienen sollen.

Abbildung 39 ermöglicht den Vergleich der Verkehrsmittelbeteiligung bei Unfällen im Strassenver-

kehr im Bundesdurchschnitt und für Hessen, dem Modal Split für Hessen, der Verkehrsleistung der

einzelnen Verkehrsträger und der Aufenthaltsdauer im Verkehr, alles bezogen auf Schulwege. Die

Darstellung setzt die einzelnen Wert in Bezug zueinander und Vergleiche erleichtern.

Der Vergleich der Daten der UKH aus 2009 und der bundesweiten Werte der DGUV aus 2008 bezo-

gen auf die Schulwegeunfälle nach Art der Verkehrsbeteiligung präsentiert ein sehr unterschiedliches

Bild. Während im Bundesdurchschnitt die Hälfte aller Schulwegunfälle mit dem Fahrrad passieren,

sind es in Hessen im Jahr 2009 „nur“ 19%. Die Unfälle zu Fuß und mit dem ÖPNV haben in Hessen

hingegen höhere Anteile als im Bundesdurchschnitt. Die hohe Anzahl von einem Viertel aller

Wegeunfälle, die keinem Verkehrsmittel zugeordnet werden können, lässt jedoch offen, in wie weit

diese „Sonstige“-Fälle anderen Verkehrsmitteln zuzuordnen wären. Grund für die Unterschiede zwi-

schen bundes- und hessenweiten Daten liegen vermutlich nicht zuletzt in den unterschiedlichen Ver-

fahren zur Unfallkodierung. Der weiteren Analyse werden die Werte der UKH zu Grunde gelegt.

Die Verkehrsleistung ergibt sich aus den mit einem Verkehrsmittel zurückgelegten Kilometer im Ver-

gleich zueinander, die Aufenthaltsdauer im Verkehr aus den Anteilen der Verkehrsmittel an allen

Schulwegen und den durchschnittlichen Wegedauern mit dem entsprechenden Verkehrsmittel.

Vergleicht man die Anteile der einzelnen Verkehrsmittel an den Schulwegunfällen mit ihren Nut-

zungs-Anteilen an der Anzahl der Verkehrsleistung sowie an der Expositionszeit auf Schulwegen, so

fallen deutliche Unterschiede auf. Motorisierte und nichtmotorisierte Zweiräder sind, gemessen am

wegebezogenen, verkehrsleistungsbezogenen und wegedauerbezogenen Modal Split, überproporti-

onal häufig am Unfallgeschehen beteiligt. Die gegenteilige Aussage gilt für den ÖPNV: seine Anteile

am Unfallgeschehen liegen deutlich unter denen an allen Schulwegen bzw. an der für die Schulwege

aufgewendeten Zeiten. Etwas differenzierter ist das Bild beim Auto und beim Zu-Fuß-Gehen: der An-

teil des Autos am Unfallgeschehen entspricht etwa der Expositionszeit, liegt aber deutlich unter sei-

nem Verkehrsleistungsanteil. Der Anteil der Fußwege an den Schulwegunfällen entspricht ebenfalls

in etwa dem Anteil an der Wegedauer, liegt deutlich unter den Wegeanteilen, ist aber mehr als vier-

mal so hoch wie der Verkehrsleistungsanteil.

Bei all diesen Werten ist zu beachten, dass es sich beim angegebenen Verkehrsmittel um dasjenige

handelt, das der Schüler genutzt hat, als er verunfallt ist. Eine Aussage über die Ursachen oder gar

das Verschulden ist damit nicht möglich.

Bei der Pkw-Beteiligung ist davon auszugehen, dass die Unfallbeteiligung deutlich höher liegt als die

Verletzung durch einen Unfall im Pkw. So verletzten sich bei einem Zusammenstoß von Fußgänger

oder Radfahrer mit einem Auto diejenigen im Fahrzeug oftmals nicht und gehen somit auch nicht mit

in die Statistik ein, wohingegen die Verletzungen der Fußgänger und Radfahrer oft schwer sind.

12 Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV): Statistik – Makrodaten, Schülerunfälle; München 2009

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Abbildung 39: Analyse der Schulwegeunfälle und der Verkehrsmittelnutzung

Auf Grund der stark abweichenden Unfallverkehrsmittelverteilung zwischen den bundesweiten Da-

ten und den Daten mit der TUS-Verschlüsselung für Hessen aus dem Jahr 2009, sind letztere in Abbil-

dung 40 noch einmal differenzierter dargestellt.

Eine genauere Betrachtung der zu Fuß-Unfälle zeigt: Schulwegeunfälle zu Fuß geschehen zu etwa

gleichen Anteilen auf dem Gehweg (8%) und auf der Straße (7%), und das obwohl Fußgänger - in der

Regel - vorwiegend auf dem Gehweg laufen. Bei der Nutzung des ÖPNV verletzen sich Schüler vor-

wiegend an der Haltestelle und nicht im Verkehrsmittel. Hier lassen sich wichtige Informationen für

die Unfallprävention ableiten.

Abbildung 40: Unfall Modal Split in Hessen 2009 – differenziert (n=5.075)

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Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 40 von 59

Abbildung 41 zeigt ergänzend die Verteilung der am Unfall beteiligten Verkehrsmittel mit und ohne

die 25% der Unfälle die nicht zuzuordnen sind.

Abbildung 41: Unfall Modal Split in Hessen 2009 mit (n=5.075) und ohne (n=3.815) „Sonstiges“

Die Verteilung der Leicht- und Schwerverletzten nach Unfallverkehrsmittel ist in Abbildung 42

dagestellt. Vor allem im ÖPNV sind es vorwiegend leichte Verletzungen die durch Raufereien, Stürzen

und Stolpern passieren. Zu Fuß geschehen vergleichsweise die meisten Unfälle mit schwerer

Verletzung (8% aller Fußwegeunfälle). Eine Ursache dafür kann bei der hohen Anzahl an Unfällen

gesehen werden, bei denen der zu Fuß gehende Schüler von einem Auto erfasst wird (siehe

Abschnitt 5.5).

Abbildung 42: Anteil der leicht- und schwerverletzten Schüler auf Schulwegen nach Unfallverkehrsmittel in

Hessen 2009

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Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 41 von 59

5.2 Alter, Geschlecht und Unfallgeschehen

Um zu erkennen, wie sich die Unfälle auf die Jahrgänge verteilen, müssen sie auch in Bezug zu den

Schülerzahlen bzw. den Schulwegeanteilen gesetzt werden. Bezogen auf die Alterskategorien ergibt

sich dabei eine Verteilung, die den Anteilen an den Schulwegen recht nahe kommt (vgl. Abbildung

43). Der Anteil der 6- bis 9-jährigen am Schulunfallgeschehen ist mit 19% geringer als ihr Anteil an

den in der MiD erfassten Schulwege (23%). Umgekehrt verhält es sich bei den 17 bis 20 Jahre alten

Schülern: ihr Anteil an allen Schulwegunfällen beträgt 21%, ihr Anteil an den Schulwegen dagegen

nur 17%. Bei den Schülern im Alter von 10 bis 16 Jahren sind die Anteile an den Unfällen und an den

Schulwegen nahezu gleich (59% bzw. 60%).

23%

60%

19%

59%

21%17%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

6-9 Jahre 10-16 Jahre 17-20 Jahre

Schulwege

Unfälle aufdem Schulweg

Abbildung 43: Anteile der Alterskategorien am Wege- und am Unfallaufkommen

Die Darstellung nach den einzelnen Jahrgängen in Abbildung 44 zeigt noch einmal ein genaueres Bild.

Während sich die Anzahl der Schüler in Hessen auf alle Altersjahrgänge relativ gleich verteilt, gibt es

bei den Anteilen der einzelnen Altersjahrgänge an der Anzahl der verunfallten Schüler starke Unter-

schiede.

Wie sich schon aus Abbildung 43 ergibt, sind die Grundschüler im Alter von 6 bis 9 Jahren beim Un-

fallgeschehen unterrepräsentiert. Bemerkenswert ist jedoch, dass die Anteile der Siebenjährigen am

Unfallgeschehen etwa doppelt so hoch sind wie die der Sechsjährigen. In den beiden folgenden Jahr-

gängen bleibt das Anteilsniveau nahezu konstant, um dann bei den Zehnjährigen erneut sprunghaft

anzusteigen. Im folgenden Jahrgang ist dann ein weiterer Anstieg zu verzeichnen: 10% aller verunfall-

ten Schüler sind 11 Jahre alt, dies ist zugleich der höchste Anteil eines Altersjahrgangs. In den folgen-

den Altersjahrgängen nehmen die Anteile um Schulunfallgeschehen kontinuierlich ab und steigen im

Alter von 16 Jahren, wenn Mofa, Moped und kleinere Motorräder gefahren werden dürfen, wieder

etwas an.

Bemerkenswert erscheinen an diesen Daten vor allem zwei Punkte:

• im Altersjahrgang 10, wenn in der Regel der Übergang zur weiterführenden Schule vollzogen

wird, steigt der Anteil an den Schulunfällen deutlich an. Ein Zusammenhang mit diesem Über-

gang, der häufig mit weiteren Schulwegen, einem bis dato unbekannten Schulwegumfeld und ei-

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Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 42 von 59

nem Wechsel des Verkehrsmittels einher geht, liegt auf der Hand. Überraschend erscheint dage-

gen, dass im folgenden Altersjahrgang 11 ein weiterer Anstieg der Unfälle zu verzeichnen.

• Eine vergleichbare Entwicklung ist auch in der Grundschule festzustellen: der Anteil der Sechsjäh-

rigen am Unfallgeschehen ist vergleichsweise gering, erst im siebenten Lebensjahr steigt die Un-

fallbeteiligung deutlich an.

Die Anteilsverläufe sowohl in der Primar- als auch in der Sekundarstufe weisen darauf hin, dass das

Unfallrisiko nicht unmittelbar in den ersten Wochen und Monaten des Eintritts in die jeweilige Stufe

am höchsten ist, sondern erst in der Folgezeit. Umgekehrt als These formuliert: während Schüler und

Eltern bei Schulstart im ersten Schuljahr und zu Beginn der weiterführenden Schule noch besonders

viel Vorsicht walten lassen, lässt diese in der Folgezeit nach und begünstigt ein stärkeres Unfallge-

schehen.

0%

2%

4%

6%

8%

10%

12%

6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Alter

Anteil an allenSchulwegunfällen

Anteil an allenSchülern in Hessen

Abbildung 44: Alter der verunglückten Schüler im Vergleich zur Altersverteilung der Schüler in Hessen (Hessi-

sches Kultusministerium)

Der Jahresvergleich in Abbildung 45 zeigt, dass sich die Altersschwerpunkte bei den verunfallten

Schülern etwas verschoben haben. Während der Anteil der siebenjährigen leicht gestiegen ist, ist der

der Acht- bis Neunjährigen leicht gesunken. Stärkere Veränderungen gibt es bei den dreizehnjähri-

gen, deren Verunfallung gesunken ist, und den siebzehnjährigen, deren Anteil stark gestiegen ist. Die

Gesamtverläufe haben sich jedoch im Jahresvergleich 2002/08 erhalten.

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 43 von 59

0%

2%

4%

6%

8%

10%

12%

6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Alter

2002

2008

Abbildung 45: Alter der verunglückten Schüler im Jahresvergleich

In Abbildung 46 sind der Anteil der Verkehrsmittelnutzung und die Verkehrsmittel-Anteile am Unfall-

geschehen nach Altersgruppen dargestellt. Bei Schülern zwischen sechs und neun Jahren ist der An-

teil der Fußunfälle deutlich unterproportional zum Wegeanteil, ähnlich wie beim Auto. Umgekehrt

verhält es sich bei ÖPNV und Fahrrad: gemessen am Wegeanteil haben sie einen höheren Anteil an

den Wegeunfällen. Die hohe Anzahl nicht zuordenbarer Wegeunfälle von fast 40% macht eine ge-

naue Aussage jedoch schwierig und zeigt, dass gerade in dieser Altersgruppe Unfälle im öffentlichen

Raum sehr diffuse Ursachen – auch außerhalb des eigentlichen Verkehrsgeschehens – haben.

In der Gruppe der zehn- bis sechzehnjährigen lässt sich rund ein Viertel der Wegeunfälle nicht zuord-

nen. Es kann jedoch festgehalten werden, dass Unfälle mit ÖPNV und Pkw mit Blick auf den Anteil

der Verkehrsmittelnutzung unterproportional vertreten sind, Zweiräder dafür überproportional. Der

Anteil der Unfälle die zu Fuß geschehen und der Fußwegeanteil am Modal Split sind ähnlich.

Bei den 17-20-jährigen verlagert sich der Unfallschwerpunkt auf die motorisierten Verkehrsmittel.

Der Anteil an Fußwegeunfällen ist niedriger als der Anteil am Modal Split, ebenso wie der ÖPNV An-

teil. Der Anteil an Fahrradunfällen ist ausgeglichen.

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Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 44 von 59

Abbildung 46: Vergleich des Modal Split auf Schulwegen (n=2.724) mit dem Unfall-Modal Split (n=5.075)

Wie in Abbildung 47 abzulesen ist, gibt es hinsichtlich der Verteilung der Schulwegeunfälle auf die

Anzahl der Schulwege keine nennenswerten Unterschiede zwischen den Geschlechtern.

53,1% 53,0%

46,9% 47,0%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

männlich weiblich

Schulwege

Unfälle auf demSchulweg

Abbildung 47: Anteile der Geschlechter am Wege- und am Unfallaufkommen

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Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 45 von 59

5.3 Unfallgeschehen im Jahresverlauf

Unfallmonate sind vor allem die Monate nach den Sommerferien, wenn der Jahrgangswechsel erfolgt

ist und eine lange Schulpause zurück liegt. Knapp ein Viertel aller Unfälle auf Schulwegen passieren

im August und September. Da im Oktober zwei Wochen Herbstferien sind, in denen nicht zur Schule

gegangen wird, liegt der prozentuale Anteil der Unfälle hier unter dem eigentlichen Durchschnitt, da

sich die Unfälle, die in zwei Wochen passieren, in der Darstellung auf den ganzen Monat verteilen.

Gleiches gilt für Dezember/Januar (Weihnachtsferien) und März (Osterferien). Eine Häufung von Un-

fällen in den dunklen Wintermonaten ist ungeachtet der ferienbedingten Verzerrungen nicht er-

kennbar.

0%

2%

4%

6%

8%

10%

12%

14%

Januar

Febru

ar

März

AprilM

aiJu

niJu

li

August

Septe

mber

Oktober

Novem

ber

Dezem

ber

Abbildung 48: Verteilung der Schülerunfälle auf die Monate

Grundschüler zwischen 6 und 9 Jahren verunfallen überdurchschnittlich häufig im ersten Schulhalb-

jahr in den Monaten September und November. Bei den 10 bis 16-jährigen fallen überdurchschnittli-

che Anteile vor allem im Frühjahr auf. Ein Zusammenhang zur dann beginnenden Fahrradsaison kann

vermutet werden. Die 17 bis 20-jährigen haben einen Unfallschwerpunkt im Februar (vgl. Abbildung

49).

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0%

2%

4%

6%

8%

10%

12%

14%

16%

18%

20%

Januar

Febru

ar

Mär

zApril

Mai

Juni

Juli

August

Septe

mber

Oktober

Novem

ber

Dezem

ber

6-9 Jahre

10-16 Jahre

17-20 Jahre

Abbildung 49: Verteilung der Schülerunfälle auf die Monate nach Alterskategorie

Abbildung 50 zeigt die Anzahl der leicht- und schwerverletzten Schüler im jahreszeitlichen Vergleich

bezogen auf die Anzahl der Schultage im jeweiligen Monat. Auch hier, in der relativen Darstellung, ist

ein Anstieg der Verletzungen bei Schülern in der zweiten Jahreshälfte, zum Schuljahreswechsel zu er-

kennen. Die Anzahl der Verletzungen nimmt in den Monaten November und Dezember noch einmal

zu. Im Frühjahr und zweiten Schulhalbjahr geschehen weniger Unfälle. Die Schwankungen der Anzahl

der Leichtverletzten im Jahresverlauf lassen allerdings viel Spielraum für Interpretationen.

Abbildung 50: Leicht- und Schwerverletzte im jahreszeitlichen Vergleich in Abhängigkeit von der Anzahl der

Schultage im jeweiligen Monat (n=6.595)

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 47 von 59

5.4 Unfallgeschehen nach Regionen

Da eine zahlenmäßige Verteilung der Schüler in Hessen auf die Analyseregionen nicht vorliegt, sind

Werte, die auf den Schülerzahlen in den Regionen basieren, nicht verfügbar. Daher wird auf die An-

zahl der in der MiD erfassten Schulwege je Region zurückgegriffen, um mit den Schulwegeunfällen

der UKH einen räumlich differenzierten Vergleich anzustellen. Das heißt der Vergleich weist die glei-

chen Probleme auf, wie sie sich generelle durch die Zuordnung zu einer Analyseregion ergeben (vgl.

4.2).

In Nordhessen und im Rhein-Main Gebiet liegt der Anteil der Schulwegeunfälle höher als der Anteil

an den Schulwegen, was darauf schließen lässt, dass hier überdurchschnittlich viele Unfälle gesche-

hen. Am besten schneidet die Region Mittelhessen ab, wo knapp 20% der Schulwege anfallen, jedoch

nur 16% der Schulwegeunfälle passieren (vgl. Abbildung 51). Auch in den übrigen Regionen Osthes-

sen, Westhessen und Südhessen ist jeweils der Anteil am gesamten Schul-Unfallgeschehen geringer

als der an den Schulwegen. Augenfällige Erklärungsansätze für diese regionalen Unterschiede im Un-

fallgeschehen lassen sich aus den regional differenzierten Mobilitätsverhaltens-Kenngrößen (vgl. Ka-

pitel 4, insbesondere Abschnitt 4.2) nicht ableiten. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass Regionen

mit besonders hohen Anteilen an Zweiradverkehren (hohes Unfallrisiko) oder an ÖPNV (geringes Un-

fallrisikos) die Unfallanteile in die eine oder andere Richtung auffällig wären. Es erscheint daher

wahrscheinlich, dass zufällige regionale Häufungen lokaler Spezifika ursächlich für die Differenzen

zwischen den Regionen sind.

15,4%

10,4%

19,7%

6,5%

33,2%

14,7%

18,2%

9,7%

16,1%

5,2%

36,6%

14,2%

0%

10%

20%

30%

40%

50%

Nordhessen Osthessen Mittelhessen Westhessen Rhein-Main Südhessen

Schulwege

Unfälle auf demSchulweg

Abbildung 51: Anteil der Analyseregionen am Wege- und Unfallaufkommen

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5.5 Strukturen der Unfälle zu Fuß

Da bei den Unfalldaten für 2009 auch die Unfallgegner abgefragt wurden, ist es möglich, Aussagen

darüber zu treffen, aufgrund welcher Umstände die Schüler im Straßenverkehr verunfallen.

Mit Blick auf die Ursache von Unfällen wird noch einmal deutlich, dass das Auto zwar nur eine gerin-

ge Gefahr für die Insassen darstellt, jedoch für Unfälle zu Fuß oder mit dem Fahrrad eine gewichtige

Rolle spielt (vgl. Abbildung 52 und Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.). Bei den

Fußgängern sind immerhin 59% aller Unfälle Eigenunfälle durch Stürzen oder Stolpern (27%), Ab- und

Ausrutschen (19%) sowie Umknicken (13%). Lediglich 17% der Unfälle passieren, weil der Fußgänger

von etwas oder jemanden erfasst wurde. Hiervon ist mit 86% die überwiegende Mehrzahl dem Pkw

zu zuschreiben. Mit deutlichem Abstand kommt auch dem Fahrrad eine Rolle (8%) zu.

Abbildung 52: Gründe für Schulwegunfälle zu Fuß in Hessen 2009 (n=877)

Abbildung 53: Wovon wurden zu Fuß gehende Schüler bei Schulwegunfällen in Hessen 2009 erfasst? (n=152)

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Mit Blick auf die Unfallprävention kommt offenbar der Schulung und dem Training der Motorik eine

besondere Rolle zu, da sie besonders geeignet erscheint, Eigenunfälle zu vermeiden oder ihre Folgen

zu verringern. Inwieweit Umfeldumständen wie Schlaglöchern oder Stolperkanten bei den Eigenun-

fällen eine Bedeutung zukommt, bleibt vertiefenden Unfallanalysen vorbehalten.

5.6 Strukturen der Unfälle mit dem Fahrrad

Der Hauptgrund (62%) für Verletzungen mit dem Fahrrad sind Stürze (Abbildung 54). Dabei bleiben

die Ursache und die unfallmaßgeblichen Einflüsse offen: sie können im Fahrweg, im Fahrzeug oder im

Fahrverhalten begründet liegen.

Immerhin etwas über ein Drittel (35%) der Fahrrad-Unfälle passieren, weil der Fahrradfahrer mit et-

was im weitesten Sinne zusammenstößt – sei es aktiv als eigener Aufprall auf einen anderen Ver-

kehrsteilnehmer oder Gegenstand oder passiv als Erfasstwerden durch einen anderen Verkehrsteil-

nehmer.

Abbildung 54: Gründe für Verletzungen auf Schulwegen mit dem Fahrrad in Hessen 2009 (n=972)

Die Verletzungen durch Stöße und Schläge, also die Zusammenstoß-Unfälle, werden nachfolgend dif-

ferenzierter betrachtet.

In 43% der Fälle wurden die Schüler von einem anderen Verkehrsmittel erfasst, 41% der Schüler sind

mit anderen Verkehrsteilnehmern zusammengestoßen (Abbildung 55). Weitere 10% entfallen auf

Anstöße an Gegenstände wie Laternenmasten, Hauswände usw.

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Abbildung 55: Gründe für Verletzungen durch Stöße und Schläge auf Schulwegen mit dem Fahrrad in Hessen

2009 (n=342)

Das Verkehrsmittel, von dem fahrradfahrende Schüler erfasst wurden, war in 88% der Fälle ein Auto

und nur in 10% der Fälle ein Fahrrad (Abbildung 56).

Abbildung 56: Wovon wurden fahrradfahrende Schüler auf Schulwegunfällen in Hessen 2009 erfasst? (n=147)

Bei 74% der Zusammenstöße geschah der Zusammenstoß mit einem Fahrzeug. Dabei bleibt leider

unklar, mit welchem Fahrzeug der Schüler hier zusammengestoßen ist. In 20% der Fälle waren es

Personen (Mitschüler oder Andere) mit denen die fahrradfahrenden Schüler zusammengestoßen

sind.

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Analyse des Mobilitätsverhalten und des Unfallgeschehens bei Schülern

Analyse-Mobilität-und-Unfallgeschehen-bei-Schülern_Endbericht_11-02-28.doc Seite 51 von 59

Abbildung 57: Gründe für Zusammenstöße auf Schulwegunfällen mit dem Fahrrad in Hessen 2009 (n=139)

Für die Unfallprävention ergeben sich hieraus wichtige Hinweise. Schüler müssen vorrangig in ihrer

eigenen Motorik und Fahrsicherheit geschult werden, um Sturzunfälle, die nahezu zwei Drittel aller

Unfälle mit dem Fahrrad ausmachen, zu reduzieren. Wichtig sind dabei Gleichgewichtsinn, der Um-

gang mit Geschwindigkeiten, das Ausweichen von Hindernissen, Kenntnisse über Untergrundbeschaf-

fenheit, richtiges Bremsen etc. Jenseits dieser evidenten Forderungen erscheint es aber auch not-

wendig, die Ursachen und Umstände der Sturzunfälle differenzierter zu untersuchen, um den Einfluss

äußerer Umstände wie der Gestaltung von Straßen und Radverkehrsanlagen sowie des Zustandes

und der Beladung des Fahrrades spezifizieren und hier Verbesserungsansätze entwickeln zu können.

Ferner müssen die Möglichkeiten bzw. die Risiken von Zusammenstößen mit Autos und Mitschülern

verringert werden. Fahrradschulwegepläne mit einer Routenführung auf weniger befahrenen Stra-

ßen, Verbesserung der Einsehbarkeit von Aus- und Einfahrten und an Kreuzungen, Tempo-

Reduzierung im Bereich von Schulen etc. können hier geeignete Mittel sein.

5.7 Helmquote und Fahrradunfälle

Im Hinblick auf die Fahrradunfälle ist es von Bedeutung zu wissen, welche Auswirkung das Tragen ei-

nes Fahrradhelms auf die Schwere der Verletzungen hat. Dafür ist es zunächst erforderlich den Anteil

der Schüler zu kennen, der überhaupt einen Fahrradhelm trägt. Da hierfür keine Daten für Hessen

vorliegen, dienen bundesweite Hochrechnungen der MiD13 2008 als Vergleichswert.

Abbildung 58 zeigt: etwa 60% der Schüler trägt fast immer einen Fahrradhelm, ein Viertel jedoch nie.

Die Werte unterscheiden sich stark in den verschiedenen Altersgruppen. Bei den 6-9-jährigen sind es

fast 90% der Schüler, die fast immer einen Helm tragen. Der Wert sinkt schon bei den 10-13-jährigen

auf 63%, wobei hier 19% zumindest noch manchmal einen Fahrradhelm tragen. Der Anteil derjeni-

gen, die nie einen Helm tragen, kehrt sich mit zunehmendem Alter nahezu um: 67% der 14-17-

jährigen und knapp 80% der 18-24-jährighen Schüler tragen nie einen Helm.

13 Quelle: MiT Tabellenabfrage [www.mobilitaet-in-deutschland.de/02_MiD2008/mit2008.htm.].

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Abbildung 58: Helmquote (bundesweite Werte)

Ein genaueres Bild liefert der Vergleich mit der Nutzungshäufigkeit des Fahrrads (vgl. Abbildung 59).

Auf Grund geringer Fallzahlen in den unteren Altersgruppen bei der Beantwortung der Helmfrage,

sind hier nur die Altersgruppen 14-17 und 18-24 Jahre dargestellt. Es zeigt sich, dass Schüler, die fast

täglich Fahrrad fahren, seltener einen Fahrradhelm tragen, als solche, die nur ab und zu Fahrrad fah-

ren. Offenbar korrelieren hier selbst wahrgenommene bzw. eingeschätzte Übung und Erfahrung mit

dem Radfahren positiv mit der Sicherheitswahrnehmung. Anders formuliert: wer seltener Rad fährt

hat eher das Bedürfnis, sich mit Helm zu schützen. Offen bleibt, aus welchen Gründen Schüler nur

manchmal einen Helm tragen. Möglich wäre, dass sie z.B. nur einen Helm tragen, wenn Erziehungs-

personen dabei sind.

Abbildung 59: Helmquote nach Alterskategorie und Fahrradnutzung (bundesweite Werte)

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Der Anteil der Kopfverletzungen an allen Schulweg-Fahrradunfällen in Hessen 2009 liegt insgesamt

bei 9% (vgl. Abbildung 60). Bei den 6-9-jährigen liegt sie deutlich höher und ist bei den 14-17-jährigen

am geringsten. Die Aussagekraft der Differenzierung nach Alter ist jedoch auf Grund sehr geringer

Fallzahlen in den Altersgruppen 6-9 Jahre und 18-24 Jahre stark eingeschränkt. Der Anteil Schwerver-

letzter an allen Kopfverletzungen bei Fahrradunfällen von Schülern im Alter zwischen 6-20 Jahre liegt

bei 22% (19 Personen).

Abbildung 60: Anteil Kopfverletzungen an allen Fahrradunfällen in Hessen 2009 (n=87)

Abbildung 61 verdeutlicht zum Vergleich noch einmal die Verteilung der Verkehrsmittelnutzung in

der gleichen Altersgruppierung. Die 6-9-jährigen nutzen demnach nur zu 2% das Fahrrad für den Weg

zur Schule, trotzdem haben sich mit Abstand die höchsten Anteile an Kopfverletzungen an allen Fahr-

radunfällen in Hessen 2009. Folgt man den Anteilen, so sind die 14-17-jährigen die sichersten Fahr-

radfahrer mit dem geringsten Anteil an Kopfverletzungen.

Abbildung 61: Modal Split auf dem Schulweg (n=3.533)

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Mit Blick auf die Unfallprävention muss dem Helmtragen in den Altersgruppen ab 10 Jahren beson-

dere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Ein Zusammenhang zwischen Helmquote und Risiko für

Kopfverletzungen ist dagegen aus den vorliegenden Daten nicht herstellbar.

5.8 Strukturen der Unfälle mit dem ÖPNV

Bei Schülern, die mit dem ÖPNV zur Schule fahren, ist die Hälfte der Unfälle auf Stöße und Schläge

zurückzuführen (Abbildung 62). 37% der Unfälle passieren, weil der Schüler stürzt, stolpert, umknickt

oder ab- und ausrutscht. 9% der Unfälle sind auf mechanische Einwirkungen zurückzuführen, dabei

vor allem Verletzungen durch klemmen oder quetschen.

Rund 30% der Unfälle infolge von Stößen oder Schlägen passieren im Kontakt mit Mitschülern und

anderen Personen, bspw. durch Prügeleien (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden.).

27% der Unfälle geschehen, weil sich die Schüler im ÖPNV irgendwo anstoßen. In 16% der Fälle wur-

den die Schüler umgeschubst, -gerempelt oder gestoßen und zwar zu 79% von Mitschülern und nur

zu 11% von anderen Personen (Abbildung 64). In 13% der Fälle ist der Unfall durch einen Zusammen-

stoß passiert. Dabei sind die verunfallten Schüler rund zur Hälfte mit anderen Mitschülern oder Per-

sonen zusammengestoßen, zu 44% mit anderen Fahrzeugen.

Abbildung 62: Gründe für Verletzungen auf Schulwegen bei Nutzung des ÖPNV in Hessen 2009 (n=1.020)

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Abbildung 63: Gründe für Verletzungen durch Stöße und Schläge auf Schulwegen bei Nutzung des ÖPNV in

Hessen 2009 (n=506)

Abbildung 64: Nähere Gründe für Verletzungen durch Stöße und Schläge auf Schulwegen bei Nutzung des

ÖPNV in Hessen 2009 (n=305)

Schüler, die den ÖPNV nutzen, verletzen sich demnach vor allem, weil sie mit Mitschülern aneinan-

der geraten. Offen bleibt, ob sich Schüler im ÖPNV rücksichtsloser und aggressiver benehmen, weil

keine Eltern oder Erziehungspersonen anwesend sind, oder ob sie durch fehlende Begleitung eines

Erwachsenen nie richtig gelernt haben, wie man sich in Bus, Bahn und öffentlichem Raum benimmt.

Der hohe Anteil an Verletzungen durch Prügeleien und Unfälle an Haltestellen, kann vermutlich

durch eine bessere Beaufsichtigung verringert werden. Ferner bestätigen die Unfallursachen deutlich

die bereits verfolgte Präventionsstrategie durch den Einsatz von BusScouts und Busbegleitern.

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6 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für die Unfallprävention

Mit Hilfe der Mobilitätsdaten der MiD Hessen, der Schulwegunfalldaten der UKH aus den Jahren

2002 und 2008 sowie den TUS-Daten der UKH aus 2009 konnte ein breites und umfassendes Bild des

generellen Mobilitätsverhaltens von Schülern, der Schulweg-Mobilität sowie der Bezüge zum Unfall-

geschehen auf Schulwegen gezeichnet werden. Nachfolgend werden die wichtigsten Erkenntnisse

zusammengefasst und thesenhafte Schlussfolgerungen für die Unfallprävention bzw. für Mobilitäts-

bildung und Verkehrserziehung in der Schule formuliert.

Die Analysen haben gezeigt, dass Schüler in ähnlichem Maße mobil sind wie der Bevölkerungsdurch-

schnitt. Zwar legen sie kürzere Strecken zurück und sind im rechnerischen Durchschnitt langsamer

unterwegs als Erwachsene, doch ist der Anteil mobiler Personen und die Anzahl der Wege pro Tag

mit dem vieler Erwachsener vergleichbar. Schüler sind mithin hochmobil und fügen sich so nahtlos in

die heutige mobile Gesellschaft ein.

These: Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung kommt vor diesem Hintergrund eine beson-

dere Bedeutung zu: sie befähigt bereits im Kindesalter zur notwendigen gesellschaftlichen

Teilhabe und vermittelt bedeutende Grundqualifikationen des Unterwegsseins, wie sie von

Kindern und Jugendlichen und erst recht im Erwachsenenalter verlangt werden.

Neben den Schulwegen spielen Freizeitwege für Kinder und Jugendliche eine sehr große Rolle. Schul-

und Freizeitwege machen zusammen knapp vier Fünftel aller Wegezwecke von Schülern aus.

These: Verkehrssicherheitsarbeit sowie Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung in der

Schule dürfen sich nicht allein auf die Schulwege beschränken, sondern müssen auch die üb-

rige Mobilität einschließen. Die sichere Gestaltung von Wegen und Straßenräumen muss das

gesamte Lebensumfeld von Kindern umfassen.

Die eigenen Füße sind vor allem für die unteren Altersgruppen trotz insgesamt steigender Motorisie-

rung weiterhin ein wichtiges Verkehrsmittel. Sie eignen sich besonders für den typischen kleinräumi-

gen Lebensbereich von Kindern. Zu-Fuß-Gehen unterstützt auf einfache Weise die motorische Ent-

wicklung und den Prozess zunehmender Selbständigkeit und Eigenverantwortung. Im Vergleich der

Verkehrsmittel unter dem Aspekt der Verkehrsunfallgefährdung erscheint das Zu-Fuß-Gehen als be-

sonders sicher: zwar ist die Zahl der Zu-Fuß-Unfälle durchaus erheblich, mehr als zwei Drittel sind

aber Eigenunfälle und insofern nicht als Verkehrsunfälle im eigentlichen Sinn zu werten.

These: Mit Blick auf die Unfallprävention kommt offenbar der Schulung und dem Training der

Motorik eine besondere Rolle zu, da sie besonders geeignet erscheint, Eigenunfälle zu ver-

meiden oder ihre Folgen zu verringern. Inwieweit Umfeldumständen wie Schlaglöchern oder

Stolperkanten bei den Eigenunfällen eine Bedeutung zukommt, sollte in vertiefenden Unfall-

analysen untersucht werden.

Bezüglich der Rolle des Autos und anderer motorisierter Individualverkehrsmittel (MIV) für Schüler

sind die Befunde ambivalent. Einerseits hat die Affinität der Schüler zum MIV offenbar abgenommen,

was sich besonders in den höheren Altersgruppen durch eine geringere eigene Autonutzung aus-

drückt. Dieser Sachverhalt stimmt auch mit der bundesweiten Beobachtung überein, dass junge Er-

wachsene – vor allem in urbanen Regionen – seltener oder erst später den Autoführerschein erwer-

ben. Andererseits erreichen gerade jüngere Schüler viele ihrer Ziele – auch über kurze Distanzen – als

Mitfahrer im Auto ihrer Eltern: nahezu jedes fünfte Grundschulkind wird mit dem Auto zur Schule ge-

fahren, gemeinsame Wege mit Eltern werden gar zu mehr als zwei Dritteln mit dem Auto zurückge-

legt.

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These: die hohe Bedeutung des „Elterntaxis“ für die Mobilität von Kindern und Jugendlichen

steht im Widerspruch zu dem Ziel, selbständige Mobilitätskompetenz zu erwerben: jeder im

elterlichen Auto zurückgelegte Weg ist ein Weg, auf dem keine eigenen Erfahrungen im Stra-

ßenverkehr gemacht werden, auf dem also weder Kompetenzen erworben noch motorische

und Wahrnehmungsfähigkeiten geübt werden. Auch eine höhere Sicherheit von Auto-Wegen

ist im Vergleich zu den Alternativen Zu-Fuß-Gehen sowie Bus und Bahn nicht gegeben. Mobi-

litätsbildung und Verkehrserziehung müssen verstärkt eigenständige Mobilitätsweisen von

Kindern fördern und zugleich gezielt gegenüber Eltern vermitteln, welche Lern- und Entwick-

lungsdefizite durch wohlmeinende Bring- und Holfahrten mit dem Auto entstehen können.

Innerhalb von nur sechs Jahren hat das Fahrrad zwischen 2002 und 2008 sowohl in der Alltagsmobili-

tät von Schülern insgesamt, als auch speziell auf Schulwegen erheblich an Bedeutung gewonnen.

Dies korrespondiert mit einem allgemeinen, bundesweit beobachtbaren Trend zum Fahrrad. Die Tat-

sache, dass bei den hessischen Schülern nicht allein die Fahrradnutzung, sondern auch der Fahrrad-

besitz zugenommen hat, ist ein Indiz für die langfristige Manifestation dieses Trends. Die Gegenüber-

stellung von Schulweg-Unfalldaten mit der Verkehrsmittelwahl der hessischen Schüler lässt aber da-

rauf schließen, dass Fahrradfahrer deutlich überproportional am Unfallgeschehen beteiligt und somit

einem höheren Unfallrisiko ausgesetzt sind als Nutzer anderer Verkehrsmittel. Der Trend zum Fahr-

rad lässt sich aus dieser Perspektive auch als Trend zu höheren Verunfallungsrisiken interpretieren.

Zugleich ist aber aus internationalen Vergleichen bekannt, dass mit zunehmendem Radfahreranteil

am Verkehrsgeschehen das individuelle Unfallrisiko sinkt, das der Verkehrsablauf insgesamt sich

stärker an den Möglichkeiten und Bedürfnissen der Radfahrer orientiert. Auffällig ist, dass von vielen

Schülern die Fahrrad-Erreichbarkeit ihrer Schulen nur als mäßig beurteilt wird – ein möglicher Hin-

weis auf (Sicherheits-) Defizite auf den Fahrrad-Schulwegen.

These: Es erscheint weder erfolgversprechend noch sinnvoll, den Trend hin zum Fahrrad aus

Sicht der Unfallprävention zu hinterfragen oder gar ihn aufhalten zu wollen. Vielmehr müs-

sen Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung auf den Trend reagieren und ihn positiv im Sin-

ne eines sicheren Verkehrs aufgreifen.

Schüler müssen vorrangig in ihrer eigenen Motorik und Fahrsicherheit geschult werden, um

Sturzunfälle, die nahezu zwei Drittel aller Unfälle mit dem Fahrrad ausmachen, zu reduzieren.

Wichtig sind dabei Gleichgewichtsinn, der Umgang mit Geschwindigkeiten, das Ausweichen

von Hindernissen, Kenntnisse über Untergrundbeschaffenheit, richtiges Bremsen etc. Jenseits

dieser evidenten Forderungen erscheint es aber auch notwendig, die Ursachen und Umstän-

de der Sturzunfälle differenzierter zu untersuchen, um den Einfluss äußerer Umstände wie

der Gestaltung von Straßen und Radverkehrsanlagen sowie des Zustandes und der Beladung

des Fahrrades spezifizieren und hier Verbesserungsansätze entwickeln zu können.

Ferner müssen die Möglichkeiten bzw. die Risiken von Zusammenstößen mit Autos und Mit-

schülern verringert werden. Radverkehrsangebote und -anlagen im Straßennetz sollten

überprüft und erforderlichenfalls sicher ausgebaut werden. Sichere Radrouten können mit

Hilfe von Rad-Schulwegplänen gerade in weiterführenden Schulen an Kinder und Eltern ver-

mittelt werde. Auch die Fahrrad- und Zubehörindustrie sowie der Fahrradhandel sollten in

die schulische Verkehrssicherheitsarbeit besser integriert werden; so fehlen auf dem Markt

beispielsweise attraktive Schultaschen für den Gepäckträger, die das Radfahren für Schüler

erleichtern und sicherer machen.

Generell erscheint es zwingend erforderlich, die Ursachen von Schulwegunfällen mit dem

Fahrrad – insbesondere von Stürzen – differenzierter zu analysieren und daraus geeignete,

gezielte Präventionsmaßnahmen abzuleiten.

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Busse und Bahnen spielen für die Mobilität der Schüler eine große Rolle. Sie werden von den Schü-

lern dreimal so häufig genutzt wie vom Durchschnitt der hessischen Bevölkerung. Allerdings kon-

zentriert sich die ÖV-Nutzung stark auf die Schulwege. In der Freizeit und zu anderen Verkehrszwe-

cken ist der Anteil von Bussen und Bahnen nur gering. Auffällig ist auch, dass bei jungen Erwachse-

nen nach Erwerb des Führerscheins die neu gewonnene eigene motorisierte Mobilität mit Autos und

Motorrädern praktisch ausschließlich zu Lasten des ÖV geht, während die Fuß- und Fahrradnutzung

konstant bleiben. Angesichts der Tatsache, dass der ÖV als besonders sicheres Verkehrsmittel gilt,

erscheint seine stärkere Nutzung dagegen wünschenswert.

These: Im Rahmen der Unfallpräventionsarbeit sollten ÖV-Aufgabenträger und Verkehrsun-

ternehmen motiviert werden, Kinder und Jugendliche verstärkt als Zielgruppe und als lang-

fristig wichtiges Marktsegment zu verstehen und entsprechende Angebote zu schaffen. An-

sätze dazu können in den Bereichen Fahrtenangebot, Marketing und Tarife liegen. Der ÖV

muss zugleich verstärkt in der schulischen Mobilitätsbildung und Verkehrserziehung als All-

zweck- und Alltagsverkehrsmittel vermittelt werden.

Innerhalb der vergleichsweise geringen Unfallzahlen im Zusammenhang mit dem ÖPNV ragen Unfälle

an den Haltestellen heraus.

These: Der Gestaltung von Bushaltestellen sowie dem Verhalten an Haltestellen muss in der

Unfallprävention besondere Aufmerksamkeit zuteilwerden.

Bei der Betrachtung des Unfallgeschehens fällt im Vergleich der Altersstufen auf, dass eine Häufung

des Unfallaufkommens offenbar mit Zeitverzug nach dem Übergang Kita � Grundschule und vor al-

lem Grundschule � Weiterführende Schule auftritt: sowohl bei den Siebenjährigen (korrespondie-

rend mit Klassenstufe 2) als auch bei den elfjährigen (korrespondierend mit Klassenstufe 6) ist der

Anteil am Unfallgeschehen auffällig höher als in den jeweils benachbarten Altersjahrgängen. Eine Zu-

nahme der Unfallbeteiligung ist ferner auch beim Übergang vom neunten zum zehnten Altersjahr-

gang, also unmittelbar bei Eintritt in die weiterführende Schule festzustellen. Hier machen sich nahe-

liegender Weise weitere Schulwege und neue Verkehrsmittel negativ beim Unfallrisiko bemerkbar.

Dagegen sind die Sechsjährigen mit Abstand der am wenigsten am Schulweg-Unfallgeschehen betei-

ligte Altersjahrgang, was u.a. für eine funktionierende Verkehrssicherheitsarbeit für diese Zielgruppe

spricht.

Im Jahresgang finden sich relative Häufungen von Schulwegunfällen jeweils im ersten Schulhalbjahr

in den Monaten August/September und November/Dezember. Eine auffällige Häufung in der dunk-

len Jahreszeit insgesamt ist dagegen nicht feststellbar: im Januar und Februar liegen die Unfallzahlen

unter dem Jahresdurchschnitt.

These: Die Verkehrssicherheitsarbeit muss stärker als bisher jene Zeiträume in den Blick

nehmen, in denen der Schulweg nach Schuleintritt scheinbar zur Gewohnheit geworden ist.

Während zu Schulbeginn dem Thema Verkehrssicherheit kurzzeitig sehr hohe Aufmerksam-

keit geschenkt wird, tritt es in den Folgemonaten und im Folgejahr eher in den Hintergrund.

Ferner muss auch dem Übergang zur weiterführenden Schule mit den damit verbundenen

Mobilitäts-Herausforderungen ein höheres Augenmerk geschenkt werden. Im Jahresverlauf

sollte sich die Verkehrssicherheitsarbeit auf das erste Schulhalbjahr und den Beginn der

dunklen Jahreszeit fokussieren.

Schüler sind morgens beinahe alle gleichzeitig in der Rushhour um 7 Uhr unterwegs. Ein großer Teil

tritt seinen Rückweg zeitgleich um 13 Uhr an. Im Zeitvergleich zu 2002 zeigt sich eine zunehmende

Konzentration auf die Spitzen, aber auch die Bildung einer neuen Spitze bei den um 15 Uhr starten-

den Wegen. Diese Veränderungen dürften mit dem Ausbau der Nachmittagsbetreuung und der Ein-

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führung von G8 zusammen hängen. Angaben zur tageszeitlichen Verteilung der Schulwegunfälle lie-

gen leider nicht vor.

These: Strukturelle Veränderungen im Schulangebot, z.B. die Einführung von G8 und von Be-

treuungs- und Ganztagsangeboten, haben offenbar direkten Einfluss auf das Mobilitätsge-

schehen. Es erscheint sinnvoll, diese Auswirkungen in ihrer gesamten Breite zu prüfen bzw.

zu prognostizieren und im Hinblick auf mögliche Konsequenzen für die schulische Mobilitäts-

bildung und Verkehrserziehung sowie die generelle Unfallprävention zu beleuchten.

Das Unfallaufkommen auf Schulwegen weist regionale Häufungen auf. Diese lassen sich aber nicht

mit plausibel regionalen Varianzen des Mobilitätsverhaltens erklären. Es erscheint vielmehr wahr-

scheinlich, dass zufällige regionale Häufungen lokaler Spezifika – z.B. besonders lange Schulwege, un-

günstige ÖV-Verbindungen, verbesserungsfähige Verkehrserziehung und Straßenraumgestaltung –

ursächlich für die Differenzen zwischen den Regionen sind.

These: Vertiefende regionale Analysen bzw. Ursachenanalysen zum Unfallgeschehen er-

scheinen notwendig, um räumlich differenziert Schwerpunkte der Verkehrssicherheitsarbeit

erkennen und umsetzen zu können. Dabei wird insbesondere bei den unfallstatistischen An-

gaben Ergänzungs- und Entwicklungsbedarf gesehen (z.B. vollständige Erfassung des Unfall-

verkehrsmittels).

Die Untersuchung des Mobilitätsverhaltens von Schülern einerseits und des Schulweg-Unfallgesche-

hens andererseits liefert, wie oben dargelegt, eine ganze Reihe von Hinweisen zum Erfolg der bishe-

rigen Unfallprävention und zu sinnvollen Schwerpunkten bei der Weiterentwicklung der Verkehrssi-

cherheitsarbeit.

Das vorliegende Datenmaterial hat zugleich einige Fragen offen lassen müssen. Wünschenswert wä-

ren in der Unfallstatistik insbesondere Angaben zur besuchten Schule (Schulform) und zum Unfall-

zeitpunkt. Weiterer, über die rein statistischen Kenngrößen hinaus gehender Erkenntnisbedarf be-

steht ferner hinsichtlich der Ursachen und Entstehungskontexte von Schulwegunfällen. Hier sind an-

gesichts der steigenden Bedeutung des Fahrrades vor allem das Fahrradunfallgeschehen und seine

Kausalitäten von großem Interesse.