35
6. Duvchbohmmg vom Glas rnJt elektWchm Bmkm zund Strahlem; VON 0. Qulmcke. (IHerzm Tarel 1-111.) 1. Glm von elektrischen F u n h n ohne Leidener Flaschen durchbohrt, zeigt in der Niihe des eigentlichen Funkenkanals Spriinge w n denselben Formen wie diinne Schichten kleb- riger Flussigkeit, ehe sie unter dem EinfluB der Oberfllichen- spannung - langsam bei g r o h r Viskositiit, schnell bei kleiner Viskositlit - einen Gleichgewichtszustand annehmen, welcher in den diinnen Wlinden von gewohnlichem Seifenschaum lange bekannt ist. Ich habe daher die abergangsformen SchaumwSinde I. Art, die Gleichgewichtsformen Schaumwhnde 11. Art genannt. Erstarren diinne Fliissigkeitsschichten, ehe der Gleichgewichtszustand erreicht ist, so sieht man Schaum- wiinde I. Art. Erstarren sie, nachdem der Gleichgewichts- zustand erreicht ist, so sieht man Schaumwiinde 11. Art. Ich habe friiherl) angenommen, daS die elektrische Durch- bohrung von Glas und anderen Substanzen die Folge ist von ungleicher Dilatation an den verschiedenen Stellen des Iso- lators, indem die Spriinge an Stellen auftreten, wo schon eine Diskontinuitat der Substanz und Spannung vorhanden ist. Im Glase also an den Stellen, wo sich unsichtbare diinne ol- artige Schichten von KieselsSiure oder kieselsiiurereichen Sili- katen ausgeschieden hatten. Fiir diese Annahme sprach anch die Erfahrung, da13 auf erstsrrten Pechkuchen in der roten negativ elektrischen Staubfigur Schaumwlinde von Fremd- stoffen als gelbe Linien hervortraBn2) und nach einiger Zeit der Pechkuchen freiwillig oder durch StoS liings diesen Schaum- wanden gesprungen war. Meine spiiteren Arbeiten iiber elektrische Staubfiguren und die Brechung elektrischer Strahlen durch isolierende uml 1) G. Quinoke, Wied. Ann:lO. p. 662. 1880. 2) GI Quinoke, Ann. d. Fhys. 83. p. 108. Taf. 11. Fig. 10 b. 1010. Annden der Phydk. IV. Folge. 48. 8

Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

6. Duvchbohmmg vom Glas rnJt e l e k t W c h m B m k m zund Strahlem;

VON 0. Qulmcke . (IHerzm Tarel 1-111.)

1. Glm von elektrischen F u n h n ohne Leidener Flaschen durchbohrt, zeigt in der Niihe des eigentlichen Funkenkanals Spriinge w n denselben Formen wie diinne Schichten kleb- riger Flussigkeit, ehe sie unter dem EinfluB der Oberfllichen- spannung - langsam bei grohr Viskositiit, schnell bei kleiner Viskositlit - einen Gleichgewichtszustand annehmen, welcher in den diinnen Wlinden von gewohnlichem Seifenschaum lange bekannt ist. Ich habe daher die abergangsformen SchaumwSinde I. Art, die Gleichgewichtsformen Schaumwhnde 11. Art genannt. Erstarren diinne Fliissigkeitsschichten, ehe der Gleichgewichtszustand erreicht ist, so sieht man Schaum- wiinde I. Art. Erstarren sie, nachdem der Gleichgewichts- zustand erreicht ist, so sieht man Schaumwiinde 11. Art.

Ich habe friiherl) angenommen, daS die elektrische Durch- bohrung von Glas und anderen Substanzen die Folge ist von ungleicher Dilatation an den verschiedenen Stellen des Iso- lators, indem die Spriinge an Stellen auftreten, wo schon eine Diskontinuitat der Substanz und Spannung vorhanden ist. Im Glase also an den Stellen, wo sich unsichtbare diinne ol- artige Schichten von KieselsSiure oder kieselsiiurereichen Sili- katen ausgeschieden hatten. Fiir diese Annahme sprach anch die Erfahrung, da13 auf erstsrrten Pechkuchen in der roten negativ elektrischen Staubfigur Schaumwlinde von Fremd- stoffen als gelbe Linien hervortraBn2) und nach einiger Zeit der Pechkuchen freiwillig oder durch StoS liings diesen Schaum- wanden gesprungen war.

Meine spiiteren Arbeiten iiber elektrische Staubfiguren und die Brechung elektrischer Strahlen durch isolierende uml

1) G. Quinoke, Wied. Ann:lO. p. 662. 1880. 2) GI Quinoke, Ann. d. Fhys. 83. p. 108. Taf. 11. Fig. 10 b. 1010.

Annden der Phydk. IV. Folge. 48. 8

Page 2: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

114 G. Quincke.

me tallische Prismenl) beweisen, dal3 f -elektrische Emana- tionen eines Radiators in Glas und andere feste Korper eindringen und mit, der festen Substanz elektrische Fremd- stoffe, Schaumwlinde I. und 11. Art bilden.2) Es ist also auch zu erwarten, daB bei der Durchbohrung von Glas durch die elektrischen Emanationen einer Drahtspitze oder Metall- kugel zuerst im Innern des Glases unsichtbare Lamellen ol- artiger Fliissigkeit entstehen, von anderer Dielektrizitiits- konstante, anderem elektrischen Leitungsvermogen und mit Oberfliichenspannung gegen die Umgebung, und da13 diese Lamellen spliter zu Schaumwanden I. und 11. Art erstarren, unter h d e r u n g des Volumens und Abscheidung absorbierter Gase .

Ich werde im folgenden zejgen, dal3 Glas von elektrischen Funken und den Emanationen elektrischer Strahlenbiischel durchbohrt und geschmolzen wird, dal3 in der Tat die elek- trischen Emanationen mit und in dem geschmolzenen Glas olartige Flbsiglceit und diinne Luftschichten bilden, deren Oberfliiche verschieden schnell erstarrt und unter dem Ein- flu13 der Oberfliichenspannung Schaumwiinde I. und 11. Art bilde t .

Am besten wiihlt man fiir die elektrische Durchbohrung des Glases die von Holtzs) angegebene Methode. Eine dick- wandige Glasrohre von 40 mm Durchmesser und einem Hohl- raum von 2 mm Durchmesser wird mit der eben geschliffenen Basis auf die Spiegelglasplatte gekittet, welche durchbohrt werden soll. Man benutzt einen gut isolierenden Kitt aus Schellack und Kanadabalsam und sargt dafiir, dal3 die Kitt- schicht moglichst diinn jst und keine Luftblasen enthllt. Durch den engen Hohlraum der Glasrohre wird ein zugespitzter Stahl- draht in die noch weiche Kittmasse gedriickt, so dal3 die Spitze die Glasplatte beriihrt. Der Draht und die freie Glasflache gegeniiber der Drahtspitze werden zwisohen die Polkugeln einer Influenemaschine mi6 rotierender Glasscheibe von 40 cm Durchmesser gebracht. Man sieht den elektrischen Funken s tol3weise von der isolierten positiven Elektrode der Influenz- maschine ausgehen, im Innern des Glases auf kiirzeren Strecken

1) G. Quincke, Ann. d. Phys. 48. p. 337460. 1914. 2) G. Quincke, Ann. d. Phys. 43. p. 414. 1914. 3) W. Roltz, Pogg. Ann. 180. p. 118. 1867.

Page 3: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durehbohrung von Glas rnit elektrischen Funken usw. 115

aufleuchten und wieder verschwinden, ehe die ganze Platte durchbohrt wird. Es gelingt leicht, Glasplatten von 10-20 mm Dicke zu durchbohren mit einem Funkenkanal von 0,005 bis 0,Ol mm Breite, der in der Niihe der kiirzesten elektrischen Kraftlinie liegt, niemals geradlinig ist, gewohnlich Schrauben- windungen zeigt und zuweilen sich im Innern des Glases in zwei oder mehr Aste gabelt.

Statt der Polkugeln der Influenzmaschine kann man auch die Enden der sekundkiren Spirale eines kriiftigen Induktoriums benutzen.

Du Moncel l), welcher Glasplatten rnit dem elektrischen Funken eines Induktoriums durchbohrte, sah den Funken am negativen Pol, welcher nach und nach in das Glas sich Bahn bricht. Das Glas zeigte in der Umgebung des Loches Eigenschaften der Polarisation, iihnlich denen, welche es durch Pressung oder Hiirtung erlangt.

Im allgemeinen kommt in der Niihe der Funkenbahn bald positive, bald negative Doppelbrechung vor, rnit optischer Achse senkrecht zur Funkenbahn oder zur kiiriesten elek- trisohen Kraftlinie, deren GroDe und Vorzeichen rnit dem Abstand von der Glasoberfliiche perjodjsch wechselt. Es ist ahnlich wie in einer Leimgallerte, in welcher bei schnellem Aufquellen in Wasser Stellen rnit positiver und negativer Dilatation nebeneinander liegen und aufeinanderfolgen.

Auch ohne die Funkenbahn erscheinen dicke Gliiser meistens doppeltbrechend, wenn man von der Seite parallel den polierten FlLchen hindurchsieht . Wegen schlechter Kiih- lung zeigen die Glasplatten negative Doppelbrechung in der Mitte und positive Doppelbrechung nahe den polierten Fliichen fiir ein Drittel der Dicke, mit optischer Achse normal zu diesen Fliichen. Das Glas hat sich in der Mitte noch zusammen- gezogen, als es a u h n schon erstarrt war. Es ist parallel der OberflLchennormalen auI3en bleibend gsdehnt, innei bleibencl kompr j mier t .

Man kann d&ne Spiegelglasstrejfen, welche gut gekiihlt und einfachbrechend sind, parallel den polierten Fliichen rnit dem elektrischen Funken durchbohren, wenn 20 Streifen Spiegelglas von 12 mm Breite und 2 mm Dicke rnit den

1) Du Moncel, Dingler Journ. 149. p. 362. 1858; Fortschr. d. Phys. 14. p. 488. 1868.

8+

Page 4: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

116 G . Quincke.

polierten Fliichen zusammengekittet sind, und der dicke Glas- zylinder mit der Stahlspitze auf die schmalen nebeneinander- liegenden Seitenfliichen der Glasstreifen aufgekittet wird. Man h n n denselben Glasstreifen an verschiedeneu Stellen mit dem elektrischen Funken durchbohren. Die Funkenbahn lilI3t sich dann unter dem Mikroskop Init den stiirbten T'ergrofkrungen untersuchen.

Von Holtz 1862 durchbohrte Glasstreifen von 2-8 mm Dicke (vgl. folgende Tab. I) zeigen zwischen gekreuzten Nicol- schen Prismen mit einer gleichzeitig eingeschalteten Gipsplatte von A zu beiden Seiten der 12 mm langen Funkenbahn bald positive, bald negative Doppelbrechung mit optischer Achse senkrecht zur Funkenbahn. Fur verschiedene Glasstreifen konnte ich neben demselben Funkenhnal 16-30 Wechsel der Doppelbrechung beobachten.

hihnliche Wechsel positiver und negativer Doppelbrechung zeigte die Umgebung der Funlienbahn in 3,2 mm dicken Streifen aus Griinenplaner Spiegelglas, welche Hr. Dr. Angen- heis ter im Heidelberger Physikalischen Institut 1904 mit einer Doppelinfluenzmaschine ohne Leidener Flaschen durch- bohrt hat.

Tabel le I. Amahl der Wechsel von positiver und negativer Doppelbrechung

neben der Bahn elektrisoher Funken in Glasplatten palallel oder normal

Nr. Unge Breite Dicke Funke*- Weohsel der - I m m I mm I mm I '&m9uBe lDoppelbrechung . -

zur Oberfliche.

5 30 7u.8* 30

9 50 10 53

13 13 13 50 51

16 bis 29 I la 20 bis 30 I. lb 16 3 bis 13

11*

10 13 7 5 5 52 I 52

Eki den dicken Glasplatten Nr. 9-11 lag die Funken- bahn senkrecht zu den pol ie rh Fliichen. Mit 8 cm Schlag-

Page 5: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durehbohrung 2,012 Mas rnit elektrischen Funken usw., 117

weite war sie ein g e m d e n e s weiSliches Band. Die Glasplatten Nr. 7, 8, 11 wurden rnit einem groBen Induktorium durch- bohrt. Im allgemeinen findet man um so hliufigeren Wechsel von positiver und negativer Doppelbrechung langs einer Funken- bahn, je diinner die Glasplatten sind.

Die 8 mm dicke Glasplatte Nr. 4a war von H o l t z an 20 verschiedenen Stellen senkrecht zu den polierten Fllichen durchbohrt wordep. Die polierte Glasflliche zeigte in der Nlihe der Funkenbahn die Polarisationsfarben eines ne'gativen Spharokristalles, also Kompregsion des Glases senkrecht zur Funkenbahn. Durch die schmale Seitenflliche der Glasplatte betrachtet, erschien die Umgebung des schraubenformig ge- wundenen Funkenkanals auf grol3eren Strecken positiv, auf kleineren Strecken negativ doppelbrechend, rnit optischer Achse senkrecht zur Funkenbahn.

In der Mitte einer Funkenbahn liegen mit Luft gefiillte Rohren oder eine Reihe langlicher oder runder Blasen von 0,005-0,007 mm Durchmesser, einzeln neben- einander, oder durch kurm diinnere Rohrenstiicke vcrbunden, welche &us liingeren Rohren durch Oberfliichenspannung ent- standen sind. Die Photographien Fig. 1 a , b (Taf. I) zeigen die Funkenbahn in den Glasplatten Nr. 1 und 2 der Tab. I in 147facher und 74facher Vergr6Berung. Die meisten Blasen haben diEke dunkle Umrisse. An einzelnen Stellen fehlen die Luftblasen; oder die Funkenbahn verzweigt sich, und es liegen ewei oder drei Reihen kleinerer Luftblasen nebenehander. Zuweilen zeigen nebeneinander liegende Luftblasen die ver- schiedenen Formen eines schwingenden Wassertropfens, wie sie Lena rd l ) photographiert hat.

Sphiirokristalle. In der Nahe der Glasoberfliiche habe ich in der Funkenbahu helle Kugeln von 0,005 mm Durch- messer beobachtet; welche zwischen gekreuzten N ic olschen Prismen ein dunkles Kreuz und rnit einer gleichzeitig ein- geschalteten Gipsplatte von 1 die Polarisationsfarben eines positiven Spharokristalles 11. Klasse2) geben, als ob das Glas der Kugeln in radialer Richtung gedehnt wiire. Diese Kugeln sind ahnlich den negativen Spharokristallen in den elektrischen

Luftblasen.

1) P..Lenerd, Wied. Ann. 80. p. 232. 1887. 2) G. Quincke, Ann. d. Phys. 7. p. 739. 1902.

Page 6: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

118 G . Quincke.

Kittfiguren von Ho l t z , welche ich fruher l) beschrieben habe, zeigen aber entgegengesetste Doppelbrechung, obwohl der Kitst aus Schellack und Kanadabalsam durch Druck negativ Doppel- brechend wird, wie Glas, mit optischer Ache parallel der Druckrichtung.

Diese positiven Sphiirokristalle in Glas und negativen Sphiirokristalle in Kitt, welche durch elektrische Emanationen in der Nahe der Funkenstrecke auftreten, entsprechen den positiven und negativen Spharokristallen in wasserhaltigen Gallerten von alkalihaltiger Kieselsaure 2, oder von Leim- chromat 9, bei einem bestimmten Wassergehalt und bei einer bestimmten Geschwindigkeit, rnit welcher der Wassergehalt sich iindert. Beide Arten Spharokristalle bestehen aus radialen Schaumkammern (Rohren) rnit unsichtbaren Wanden aus sehr klebriger Flussigkeit, einer Losung von Wasser und Silikat oder Leim bsw. von elektxischen Emanationen und Glas. welche bei einer bestimmten Konzentration der geliisten Sub- stanz auftritt. Form und optische Eigenschaften der Schaum- mande hangen auI3er von der Konzentration von der Ge- schwindigkeit ab, rnit der die unsichtbaren Schaumwande entstehen, rnit der das Wasser aus der Gallerte heraus- bzw. die elektrischen Emanationen in das Glas oder den Kitt hinein- dif f undieren.

Lufthaltige Spriinge. Z u beiden Seiten der Reihe Luft- blasen Iiegen im Glase breite, gekriimmte oder gewundene Ireilfdrmige Sprunge, auBen, an der dunnsten Stelle, von neben- einander liegenden Iireisbogen begrenzt. Funkenkanal und Sprunge enthalten Luft und von hoher Temyeratur gebraunten Kitt, ohne den sich die Glasplatten nicht rnit elektrischen Funken durchbohren lassen. Der Druck der Dampfe und elektrische Fortfuhrung haben den Kitt auch in die feinsten Spalten getxieben. In diesen erkennt man wieder viele Reihen runder und langgestreckter Blasen nebeneinander, welche unter dem Einflul3 der Oberflachenspannung parallel und senkrecht zur Funkenbahn entstanden sind. Die Blasen der auf3ersten Reihe sind am kleinsten, die der innersten am grd3ten.

1) G. Quincke, Ann. d. Phys. 48. p. 435. 1914. 2) G. Quincke, Ann. d. Phys. 9. p. 82-20. Fig. 06. 1902. 3) G. Quincke, Ann. d. Wys. 18. p. 92-94. 1904.

Page 7: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durchbohrung won Glas mit elektrischen Funken usw. 119

Der Druck der heiBen Gase hat die in weichen Kitt ein- gebettete Glasplatte gespalten zwischen beiden polierten Seiten- flhchen, wo er den grol3ten Widerstand fand, wo die unsicht- baren Schaumwande der Glasgallerte von geringerer Dicke d s 0,12 p am starksten gequetscht wurden, und ihre Dicke und Oberfliichenspannung dadurch am kleinsten war. An diesen dunnsten Stellen mit kleinster Oberflachenspannung wurden die SchaumwLnde von der grol3eren Oberflachen- spannung der dickeren Schaumwande zu beiden Seiten der gquetschten Stelle auseinandergerissen. Der Druck der Gase spaltet das Glas ahnlich wie der Druck des Diamantkeiles, mit welchem Glasplatten geschnitten werden.') Die Kreis- bogen am auI3ersten Rande der Spalten deuten auf einen Wechsel des Gasdruckes bei dem stoBweise eindringenden elektrischen Funken.

Die eingeschnurten Rohren und Rlasen im Funkenkanal beweisen durch ihre Form, daB hier das Glas durch den elek- trischen Funken kurze Zeit geschmolzen war und durch die elektrischen Krafte elektrol'ysiert, wurde.3

Der Wechsel der positiven und negativen Doppelbrechung des Glases in der Nahe der Funkenbahn ist ahnlich wie in einer Leimgallerte, in welcher auch beim Aufquellen in Wasser Stellen mit positiver und negativer Dilatation nebeneinander auftreten und aufeinander folgen.s) Negative und positive Doppelbrechung oder negative und posit.ive Dilatation werden um so starker sein und um so langsamer verschwinden, je schneller die elektrischen dilatierenden Krafte auftreten und je klebriger das flussige Glas ist, welches bei schnellem Wechsel der elektrischen Krafte im Inneren des Glases dilatiert wird - durch thermische Ausdehnung, elektrolytische Gasentwick- lung und elektrischen Querdruck. Erkaltet das Glas wieder schnell, so bleibt der dilatierte Zustand ; die negative und positive Doppelbrechung bleiben dauernd , wie in schnell gekuhltem Glas oder in schnell erstarrter Leimgallerte.4) Die Dimensionen der von den elektrischen Funken durchbohrten Glasstucke modifiziercn Dilatation und Doppelbrechung be-

1) G. Quincke, Ann. d. Phys. 46. p. 1030. 1915. 2) E. Warburg, Ann. d. Phys. 91. p. 642. 1884. 3) G. Quincke, Ann. d. Phye. 14. p. 857-885. 1904. 4) G. Quincke, Ann. d. Phys. 15. p. 31. 1904.

Page 8: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

120 G . Quincke.

nachbarter S tellen, wie bei schnell aufquellender Leimgallerte. Dadurch erkliirt sich die Mannigfaltigkeit der positiven und negativen Doppelbrechung des Glases in der Niihe der Funken- bahn.

AuSerdem quillt das Glas, wie ich im folgenden Para- graphen nachweisen werde, durch elektrische Emanationen (besonders Gasionen), wehhe von den Polen der Influenz- maschine ausgeschleudert werden, in das Glas eindringen, das- selbe erhitzen und schmelzen und sich im Glase durch Dif- fusion ausbreiten, wie Wasser in aufquellender Leimgallerte.

such die durch Wellenbewegungen der Interferenzstreifen nachgewiesenen Schwankungen der Lichtbrechung isolierender Flussigkeiten in einem starken elektrischen Felde zwischen parallelen Kondensatorplatten ') deuten auf eine periodische Diffusion und Losung elektrischer Emanationen in der iso- lierenden Plussigkeit.

Elektrischer Queidtuck. Nimmt man die elektrische Kraft oder die elektrische Potentialdifferenz P fur die Lange a= 1 cm der elektrischen Kraftlinie zu 100 C.G.S. elektrostatischen Ein- heit<en und die Uielektrizitiitskonstante des Glases I< == 10 an, so ware normal zur kurzesten elektrischen Kraftlinie der elek- trische Querdruck p im Clase in Atmosphiiren2)

P' - - = 0,004 Atm. K P' an-1034.981 a9

Dieser Querdruck ist vie1 zu schwach, um die beobachtete bleibende elektrische Doppelbrechung des Glases zu erkliiren.

Nach meiner Meinung wird bei sehr schiellem Auftreten der elektrischen Kraft oder des elektrischen Funkens die elek- trische Spannung P nicht Iiings der ganzen Strecke D der D mm dicken Glasplatte swischen beiden Polen langsam auf Kull fallen, sondern schon auf einer Ideinen Strecke im Ab- stand a = D / n von der Polkugel den Wert Null erreichen. Dann wurde, n = 40 angenommen, der elektxische Querdruck 1600mal groSer sein, als oben ausgerechnet wurde, oder rund

1) G. Quincke, Wied. Ann. 18. p. 774. 1883. 1) G. Qnincke, Wied. Ann. 19. p. 776. 1883.

Page 9: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durchbohrung won Glas mit elektrischen Funken usw. 121

6,4 Atm. betragen. Der elektrische Querdruck ware propor- t,ional n2 P2/ D2 und urn so griiRer, je schneller die elektrische Spannung oder elektrische h a f t an der elektrisierten >letall- spitze aultritt.

Diese Auffassung wird dadiirch unterstutzt, da5 man den elektrischen Funken stol3weise im lnnerii des Glases auf kurzeren Strecken aufleuchten und wieder verschwinden sieht,, ehe die ganze Platte durchbohrt ist.

fi 2. Glas con elektrischen Flaschenfunkeit durchbohrt. Die keilformigen mit Luft gefullten Sprunge, welche von der Funkenbahn ausgehen , wer- den groDer, wenn man die einzelnen Entladungen zwischen den Polen der In- fluenzmaschine vergroBert, indem man an die Pole der Influenzmaschine die Fig. 2. inneren Belsgungen zweier kleiner Leidener Flaschen von 0,0003 Mikrofarad Kepazitat anlegt, deren LuRere Belegungen meta!lisch verbunden sind (vgl. Fig. 2).

Tabelle 11. Dicke quadratisohe Spiegelglesplatten durch elektdsche Funken

von Leidener Flaschen durohbohrt.

12 13 14 15 16 17

49 51 42 48 66 62

50 51 37 49 58 56

14 14 18 11 14 14

3 a b 3 c d g h 3cf; 4ab 5 a b 6

Tab. I1 gibt die Dimensionen, Figg. 3--6 (Taf. I) die Photo- paphien dicker quadratischer Glasplatten, welche in dieser Weise von clektrischen Flaschenfunken normal ZUP polierten Oberfllche durchbohrt waren. Fig. 3 a , c zeiqt die Glnsplaften Nr. 12 und 14 in der Richtung der Normalen gesehen, Fig. 3b.f von der Seite gesehen. Die Springe liegen oft in derselben Ebene zu beiden Seiten der weiDlichen Fnnkenbahn, oder

Page 10: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

122 G. Quincke.

drei Sprunge stol3en in der Funkenbahn rnit 1200 Neigung zusammen, wie drei Schaumwiinde von Seifenschatnm in einer Schaumkante. Die Sprunge sind eben, schwach gewolbt oder windschief, mie die Flugel einer Schiffsschraube, und am ZiuWeren Rande von Kreisbogon begrenzt.

Fig. 3 c (Taf. I) ist kurz nach elektrischer Durchbohrung der Glasplatte Nr. I Y , Fig. 3 d zehn Jahre spiiter photo- graphiert. Ein- und Xustrittsstelle der Flaschenfunken liegen nicht auf derselhen Oberflachennormrtle und sind sei tlich eegeneinander um 7 mm verschoben. JAe Funkenbahn bildet a. eine gewundene Schraubeiilinie, in welcher drei Spriinge rnit 120 O Neigung ZusammenstoBen. Die van Kreisbogen begrenzten Sprunge waren kurz nach der Durchbohrung 6 mm lang (Fig. 3 c ) . Nach zehn Jahren ist das Glas an den dunnsten Stellen der Sprunge wieder zusammengeflossen (Fig. 3 d ) und die Funkenbahn ist jetzt rnit 3 mm langen, schwach gewolbten und von kleinen Kreisbogen begrenzten Spriingen besetzt, von clenen je vier oder fimf in den drei gewundenen Schrauben- flachen liegen, welche in der Funkenbahn rnit 120° Neigung zusammenstoBeii. Es ist, als ob ein Baumzweig in drei gleich gegenoinander geneigten Ebenen niit Bliittern besetzt und das obere gegen das untere Zweigende um 90° verdreht wiire.

In der Glasplatte Nr. 13 geht von der Eintrittsstelle der weiBlichen Funkenbahn mit den grol3en Spriingen noch eine feine dunkle (in der Photographie Fig. S d nicht sichtbare) Funkenbahn nach oben, die sich wieder in zwci 0,003 mm

breite xste gabelt., mit starken Schraubenwin- dungen. An clieser feinen Funkenbahn hangen, rnit Neigungswinkeln von 120°, drei von Kreis-

% 4 bogen begrcnzte Sprunge, welche wie eino Wendel- treppe gewunden und am iiuI3ersten Rande mit dunklem Kitt gefullt sind (Fig. 3 9, h).

Die Lage dieser unter 120 O gegeneinander geneigteri Sprunge ist durch die Bahn der ersten elektrischen Funken orientiert, und nicht bestimmt durch schon vorher im Glase yorhandene unsichtbare Schaumwiinde aus heterogener Substana mit anderer Dielektrizitatskonstante als die ubrige Glasmasse.

Mi t passend reflektiertem Licht zeigen in allen quadra- tischen Glasplatten Kr. 12, 13 und 14 die grol3en Spriinge

Fig. 3.

Page 11: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durchbohrung won G1u.s mit elektrischen Funken usw. 123

zwei bis drei N ewtonsche Farbenringe parallel dem BuReren Rande. Die Spriinge sind also keilformig. Die griiBte Luft- dicke nahe der Funkenbahn betrigt etwa 0,l /A. Der schwarze Ring liegt nicht am Rande des Sprunges, sondern bei den verschiedenen Spriingen 0,2-1 mm vom Rande entfernt. Die Oberfliichenspannung des fliissigen Glases hat die Schneide des Spaltes gerundet und hier die keilformige Luftschicht verdickt.

Fiicher oder Brocken mit konkaver Oberflache. Eine matte vertiefte Stelle auf der polierten Oberflache der quadratischen Glasplatte Nr. 14, neben der Eintrittsstelle der elektrischen Funken, zeigt unter dem Mikroskop rnit Opakilluminator Spriinge, welche sich meist rechtwinklig schneiden und Flcher oder Brocken rnit konkaver Oberflache begrenzen. Beim Heben des Mikroskoprohres aua deutlicher Einstellung zeigt jedes Fach ein Bild der Beleuchtungslampe. Die rechtwinkligen Spriinge zwischen den Fachern sind nahe der Oberflache breiter, als im Innern des Glases und haben die oberen Rander der Flcher hochgebogen. Fig. 4a, b (Taf. I ) geben Photographien derselben matten Stelle des Glases rnit reflektiertem oder dbrchgehendem Licht in 63 facher VergroBerung. Viele Facher erscheinen im reflektierten Licht dunkel, im durchgehenden hell und zeigen spiralformige Gruben. Die starken Flaschen- funken haben unter der Oberflache dieser Facher spiralformige mit Luft gefiillte Spriinge gebildet und die Kuppen der Facher abgeschleudert .

Die Kittmenge in den lufthaltigen Spriingen neben der Funkenbahn wird geringer, wenn man zuerst die Glasstiicke Nr. 15, 16 und 17 mit aufgekitteter Glasrohre und Stahl- spitze zwischen die Polkugeln der Influenzmaschine ohne Leidener Flasche rnit dem elektrischen Funken durchbohrt, den Stahldraht rnit aufgekitteter Glasrohre und den Kitt von der Glasoberflache entfernt und dann die Enden des engen Funkenkanales zwischen die mit den Leidener Fhschen verbundenen Polkugeln der Influenzmaschine bringt.

Grope wellenfomige Bruchflichn. Die quadratischen, dicken Glasplatten Nr. 15, 16 und 17 wurden von den Flaschenfunken durch groBe Spriinge normal zur polierten Oberflache in zwei oder drei Teile gespalten. Die Bruchflachen waren bei Glas Nr. 15 nahezu eben, bei Nr. 16 windschiefe Fliichen, bei

Page 12: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

124 G. Quincke.

Nr. 17 eine Zylinderflache und eine darauf senkrechte ebene Flache. Figg. 5a und 6 (Taf. I) zeigen die Bruchflachen von Glas Nr. 15 und 16, deren beide Halften so ubereinander gelegt sind, daB die unteren Enden der Funkenbahn sich be- ruhren. In jeder Figur liegen also unter den Erhebungen der oberen Bruchflache die Vertiefungen der unteren Bruchflache. Bei der Durchbohrung von Glas Nr. 15 hatten die beiden Leidener Flaschen achtmal groBere Kapazitat als bei den anderen quadratischen Platten.

Auf den Bruchflachen von Glas Nr. 15 und 16 sieht man von der Funkenbah nach beiden Seiten Wellenberge und Wellentiiler ausgehen, welche allmahlich flacher und breiter werden.

Spriinge in Form ron Halbkugeln, Zylindern, . Kegeln, Schruuben, SpiraEen und S,piralbandern. Mit dem Mikroskop erkennt man auf den gropen Bruchfliichen, senkrecht xur Funken- bahn, kegelformige Spriinge und Spiralsprunge, wie eine ge- wundene Schraubenflache, oder wie die Oberflache einer kegel- formigen Schraube oder wie ein Spiralband (wie eine in die Liinge gezogene schmale Papierrolle).

Auf den mit groBen Flaschenfunken gespaltenen Bruch- fliichen von Glas Nr. 15 liegen zwei Spiralbander von 7 mm Lange mit 16 Windungen von 3,3-0,4 mm Durchmesser ; auf den mit kleinen’ Flaschenfunken gespaltenen kruchflachen von Glas Nr. 16 liegen drei und f-unf Spiralen von 3,l mm Lange und zwiilf Windungen, ddren Durchmesser von 1,3 und 1,6 mm mit Entfernung von der Funkenhahn abnimmt. Die Bruchflachen von grol3en Flaschenfunken zeigen weniger, aber groBere Spiralsprunge als die Bruchflachen von kleineren Plaschenfunken.

Zahlreiche ahnliche Spriinge sieht. man mit Mikroskop und Opakilluminator im durchgehenden und reflektierten Licht im Innern des Glases aui und neben den weiplichen Funkenbahnen von Glas Nr. 15, 16 und 17. Die Sprunge haben die Form von Halbkugeln, geraden und gewundenen Kegelflachen, Schraubenfliichen oder Schrauben; die Form von Papierstreifen, welche an zwei gegenuberliegenden Seiten am Rande aufgebogen oder zu Zglindern, offenen oder spitzen, Kegeln zusctmmengerollt sind, oder welche ein Spiralband bilden, wie ein aufgerolltes und dann in die Liinge gezogenes

Page 13: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durchbohrung von Glas mit eleklrisciien Funken usw. 126

Papierband mit, drei, vier und mehr Windungen. Die Spiral- biinder liegen auf Zylinder- oder Kegelflachen, auf Halbkugeln oder auf einzelnen oder aneinander hiingenden Kugelfliichen.

In Textfig. 7a--r habe ich verschiedene Formen von Spiralbandern und luftgefullten Spriingen abgebildet und die Lage der Funkenbahn durch punktierte Linien angedeutet.

Fig. 7.

Man findet dieselben Spiralbander und Sprunge wieder in den Photographien von Glasplatten mit elektrisch zerstbubtem PlatindTaht unten 9 S (Taf. 11, Fig. 11, I-VI).

Zuweilen ist die Achse des Kegels, der Schraube oder des Spiralbandes wieder eine gewundene Schraube, deren An- fang senkrecht zur Funkenbahn steht, oder die Schraube ist durch einen ebenen Sprung parallel der Schraubenachse ge- spalten, und man sieht auf der Spaltflache die Querschnitte der einzelnen Schraubenwindungen, wie bei einem Gewinde- bohrer.

In der Mitte rler Funkenbahn von Glm A'r. 15 sieht man niit Opskilluminator viele weiflliche, mit Schaummassen ge- fullte Sprimge, welche sich rechtwinklig 'schneiden, unter 45O gegen die Funkenbahn geneigt 'sirid und Brocken von 0,06 bis 0,OS mm Breite mit konkaver Oberflache begrenzen, ahnlich wie bei Glas Nr. 14 (Taf. I, Fig. 4 a b) . In dcn einzelnen Brocken

Page 14: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

126 G . Quincke.

liegen Spiralspriinge oder kegelformige Spriinge rnit vier oder fiinf Newt onschen Farbenringen. Ahnliche Sprunge liegen auch unter der grol3en Bruchflache im Inneren des Glases und laufen in verschiedenen Richtungen durcheinander, oft rnit normal gekreuzten Achsen der Kegel, Spiralen und Spiral- bander.

Fig. 5 b zeigt unter der grol3en Bruchflache von Glas Nr. 15 in 68facher VergroBerung die Photographie von zwei zylinderformigen Spriingen rnit feinen Falten oder Spalten parallel der Zylinderachse; rechts zwei kegelformige Spiral- sprunge iibereinander, rnit der Achse parallel der Glasober- flache. In der Mitte eine Kugelschsle rnit keilformigen Spnlten senkrecht zur Kugeloberflache.

$ 8. Qlasspriinge in der Nahe elektrisch zersfaubter Metall- druhte mit kittfreien Spa2t.cn. Schon M. v a n Marum') hat 1786 die leuchtenden Strahlen beschrieben und abgebildet, welche von einem elektrisierten, 0,25 mm dicken und 68 m langen Eisendraht rund herum auf allen Seiten normal zu seiner Oberflache ausgehen, in 25 mm Lange und 0,635 mni Abstand voneinander.

Ahnliche Strahlen entstehen, wenn dunne Metalldrahte auf oder unter Glasplatten durch den Entladungsstrom einer groBen Leidener Batterie geschmolzen, verdampft und zer- stiiubt werden. Diese Strahlen durchdringen und spalten das Glas. Das Metall lagert sich nahe der Beruhrungslinie des Drahtes in dunnen, undurchsichtigen Schichten auf das Glas und bildet unter giinstigen Bedingungen die schon von M. T o e p - ler2) beschriebenen und von F. Brauns) in h e n optischen Eigenschaften untersuchten Zerstaubungsgitter mit parallelen, spitz auslaufenden Metallstreifen senkrecht zur Drahtachse.

Hr. Dr. Angenheis ter und ich haben 1904 diese Ver- suche von F. B r a u n wiederholt. Eine sehr grol3e Leidener Batterie von 0,05 Mikrofarad Kapazitat wurde bis zu Schlag- weiten von 5-10 mm geladen, durch einen geraden Platin- draht von 0,04 mm Dicke und 20-80 mm Lhnge zwischen

1) M. van Marum, Beschreibung einer ungemein groSen Elektrisier-

2) M. Toepler, Wied. Ann. 66. p. 874. 1898. 3) F. Braun, BerLAkad. Sitzungsber. 1904. p. 158; Ann. d. Phys.

maschine. Leipzig 1786. 4O. I. p. 9. Taf. 111.

16. p. 238. 1905.

Page 15: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durchbohrung von Glas rnit elektrischen Funken usw. 127

dicken Metallklemmen auf einem Objekttrager von 1 -1,5 mm Dicke entladen und der Draht zerstaubt. Ein Kupferstreifen verband die innere Belegung der Leidener Batterie mit der Funkenstrecke und dem dahinter geschalteten Platindraht , von dessen Ende ein zweiter Kupferstreiien zur auBeren ge- erdeten Belegung der Ratterie fuhrte. Beim Abklingen der elektrischen Schwingungen des Ent ladungsstromes wechselt periodisch an derselben Stelle des Platindrahtes die f-elek- trische Spannung und die elektrische Strahlung seiner Ober- flache wahrend der Zerstaubung.

Die auf dem Glas abgelagerte Platinschicht war am Rande durchsichtig, nahe dem Draht undurchsichtig, auf der Glas- seite glanzend, auf der Luftseite an vielen Stellen rauh oder von schwareem Platinmohr bedeckt. Die optischen Eigen- schaften der Platinschicht wechselten bei den verschiedenen Praparaten, auch an verschiedenen Stellen derselben Platin- schicht. Manche Platinschichten zeigten Zerstaubungsgitter mit parallelen, spitzen Metallstreifen in 0,014-0,022 mm Abstand voneinander, absorbierten durchgehendes Licht, wel- ches senkrecht zu den Metallstreifen polarisiert war, Wie die Zerstaubungsgitter von F. B r a u n , oder zeigten negative Doppelbrechung und iinderten zwischen gekreuzten Nicol- schen Prismen die Farbe einer gleichzeitig eingeschalteten Gipsplatte von 3, wie eine diinne, optisch negative Kristall- platte mit optischer hchse parallel den Gitterstreifen.

Wurde ein Deckglas oder eine dickere Glasplatte uber den Platindraht auf den Objekttrager gelegt, so setzte sich das zerstaubte Platin an den Glasflachen uber und unter dem Draht in ahnlicher Weise als diinne Platinschicht an. Das Deckglas muI3te dabei am Rande durch einen gummierten Papierstreifen auf dem Objekttrager befestigt sein, um nicht bei der Batterieentladung fortgeschleudert zu werden.

Die mit dem Platin bedeckte Glasoberflache ist nahe dem Draht von vielen feinen Sprungen durchzogen, welche sich unter rechten Winkeln treffen und meist senkrecht zur Oberflache und I oder + zum Draht liegen. Das Glas zeigt in der Nahe der Spriinge bald schwache, bald starkere nega- tive Doppelbrechung mit optischer Achse senkrecht zur Sprung richtung, ist also in dieser Richtung bald schwach, bald starker komprimiert .

Page 16: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

128 G. Quincke.

Die rechten Winkel der Sprunge fehlen, und die Spriinge liegen weiter auseinander, nnhe den Enden des dunnen Drahtes, wenn die normale elektrische Ausstrahlung seiner Oberflgche durch die benachbarten dicken Metallklemmen gestort war, oder wenn sich auf dem wegen der Selbstinduktion an der Oberfliiche geschmolzenen Drahte vor der S trahlung durch die Wirkung der Oberflachenspannung einzelne runde Tropfen nebeneinander gebildet hatten.

Die Spriinge enthalten Luft oder weibliche Schaummassen. Bei stiirkeren Ladungen der Leidener Batterie durchbrach

und spaltete ein langer, gerader oder wellenformiger Sprung unter dem Platindraht die Glasplatte. Dieser Sprung fehlte, wenn der U-formig gebogene Draht die obere und untere E'lache des Objekttragers in zwei parallelen, ubereinander liegenden Halften beruhrte.

Legt man den Objekttrager oder das Deckglas mit der Platinschicht nach obeii unter ein Mikroskop mit Opak- illuminator, so sieht man in senkrecht reflektiertem Licht auf den von feinen Spalten begrenzten Fachern kleine Xugeln von 0,0001 mm Durchmesser. Beim Heben des Mikroskopes erscheint uber jedem Fach ein Bjld der Beleuchtungslampe. Die Oberflache der einzelnen Facher ist also konkav; die Spalten sind keilformig, oben dicker als unten.

Mit der Platinschicht nach unten mu13 man concau das Mikroskop nach Einstellung auf die Platin-

schicht senken, um umgekehrte Bilder der Be- C ~ I X X T leuchtungslampe uber den einzelnen Fiichern zu

Die Oberflache der Facher ist nach Fig' *' der Glasseite konvex (Fig. 8). Einzelne Sprunge liegen nicht senkrecht zur Glasober-

flache und zeigen dann funf Newtonsche Farbenstreifen mit gro13ter Luftdicke nahe der Platinschicht.

Fig. 9 (Taf. I) zeigt die Spriinge in einem Deckglas von 0,116 mm Dicke, mit der Platinschicht nach unten, im Mikroskop mit reflektiertem Licht in 63 facher VergroRerung. Am unteren Rande der Photographie ist das Deckglas uber dem Platindraht durch einen langen, nahezu ebenen Sprung gespalten worden. In jedem einzelnen der von feinen recht- winkligen Spriingen I und + dem Platindraht begrenzten Fachern liegen spiralformige oder kegelformige Sprunge von

- - erhalten.

Page 17: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durchbohrung uon Glas mit ebktrischen Funken usw. 129

der Form eines zusammengerollten Papierblattes (oder einer Halbkugel) rnit vier bis sieben Newt onschen Farbenringen, deren Abstand nach dem spitzen Ende des Kegels kleiner wird. Der schwarze Newtonsche Ring oder die diimste Stelle der Luftschicht ist, wie bei den Spriingen in den dicken quadratischen Glasplatten (Fig. 3 a c), etwas entfernt vom Rande der Sprunge. Das spitze geschlossene oder offene Ende des geschlossenen oder an der Seite offenen Kegelmantels liegt an der Platinschicht. Hier hat die Luftschicht in dem Sprung die groBte Dicke bis zu 0,002 mm. Die Achse des Kegels ist senkrecht oder schief zur unteren Flache der Glas- platte. In einzelnen Fachern schneidet der offene Kegelmantel die obere Flache des Deckglases in einem Halbkreis von 0,04 bis 0,08 mm Durchmesser.

Die Facher rnit Spiralspriingen in Fig. 9 gleichen den Fachern rnit Spiralsprungen an der Oberflache dicker, von Flaschenfunken durchbohrter Glasplatten (Fig. 4 a b). Ahn- liche Spiralspriinge als Kerne von einzelnen mit rechtwink- ligen Spriingen begrenzten Fachern in diinnen auf Glas ein- getrockneten Schichten vou EiweiB, Kieselsaure oder Eisen- oxydhydrat, habe ich fruher beschrieben und durch Ober- flachenspannung erk1art.l)

Dickere Glasplatten zeigen gerade, rechtwinklige Spriinge senkrecht zur Oberflache und rnit Luft gefiillte, kugel- oder kegelformige Spriinge von ahnlicher .Form wie das diinne Deckglas.

Ein Objekttrager von 1,4 mm Dicke, auf welchem ein 29 mm langer Platindraht zerstaubt worden war, zeigte unter der Platinschicht, besonders nahe den beiden Drahtenden, parallele gerade Spriinge in 0,08-0,04 mm Abstand von- einander, * und I zur Drahtrichtung. Diese Spriinge be- grenzten Facher rnit konkaver Oberfliiche, wie die recht- winkligen Facher in dem dunnen Deckglas (Fig. 9). Im Mikroskop mit Opakilluminator von der Glasseite aus be- trachtet, zeigte jedes Fach im reflektierten Licht eine kon- vexe Oberflache und im Innern Sprunge mit drei bis sieben Newt onschen Farbenringen auf Kugel-, Zylinder- oder Kegel-

1) G. Quinoke, Ann. d. Phye. 10. p. 601. E’ig. 126. 1903; 9. p. 828. Fig. 99;.p. 971. Fig. 103. 1902.

Annalen der Physik. IV. Folge. 48. 9

Page 18: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

180 G. Quincke.

fllichen, oder gewundene Spiralbilnder, wie ein Hobelspan mit einer bis drei Windungen. Die Achsen der lufthaltigen Spriinge und Spiralbander lagen + oder I oder schief zur Glasober- flache, zuweilen senkrecht zueinander. Der hbstand der L I '1- e w - tonschen Farbenringe nahm ab und die Luftdicke zu nach der Seite der Platinschicht. In einzelnen Fachern war iiber dem Sprung oder dem Spiralband die Kuppe ganz oder teil- weise abgeschleudert und erschien an dieser Stelle dunkel.

In Fig. 10a-e habe n b c 4 d e ich einige Facher ge-

zeichnet. In Fig. loace liegen Newt on sche

Farbenringe auf einer Kugelflache und einem kegelformigen Spiral- band mit anderthalb und vier Windungen. Fig. 10 b zeigt einen Halbzylinder mit kugel-

formigen Enden und Querwanden. In Fig. 1 0 d hat die innerste von drei Spiralwindungen eine Zylinderfliiche mit einer Einschniirung gebildet.

Mit durchgehendem Licht sind nur Spuren von Newton- schen Ringen oder einzelne lichte Halbkreise in der dunklen Platinschicht zu sehen.

Auf Taf. I1 (Fig. 11, I-VI) sind in 63-'74facher T'er- groflerung mit senkrecht reflektiertem Licht die Spriinge photo- graphiert, welche ein horizontaler Platindraht von 19 mm Liinge und 0,04 mm Durchmesser bei der Zerstiiubung auf einer 1,364 mm dicken Glasplatte liings einer 6 mm lahgen Strecke gebildet hatte im Innern des Glases uber der Platin- schicht auf der unteren Seite der Glasplatte. Die Verschieden- heit der sechs Photographien beweist die Verschiedenheit der elektrischen Strahlung an sechs nahe beieinander liegenden Stellen des Platindrahtes, welcher durch die abklingenden elektrischen Schwingungen des Entladungsstromes der groBen, bis zu 1 cm Schlagweite geladenen Leidener Batterie zer- staubt wurde. In Fig. 11 I war das Ende des Platindrahtes duroh die benachbarte dicke Metallklemme stark abgekuhlt.

In Fig. 11, I und 11, begrenzen wie in Fig. 9 Taf. I feine,

Fig. 10.

Page 19: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durchbohrung von Glas mil elektrischen Funken usw. 181

keilformige und nahezu geradlinige Spriinge senkrecht zur Glas- oberfltiche und I oder + zum Platindraht langgestreckte oder rechtwinklige Facher. Dieae Fiicher bilden eine 0,5 mm breite Zone neben dem Platindreht, auf einer Strecke von 1,4 mm Lange. Aber statt des kegelformigen Sprunges mit Newt o nsohen Farbenringen im Innern der einzelnen Facher bei dem diinnen Deckglas sind jetzt bei der dickeren Ghs- platte in der konkaven Oberflache der einzelnen Facher vide Platinkugeln von 0,006-0,008 mm Durchmesser oder schwarze Kornchen von 0,0005 mm eingeschmolzen.

Daneben, in Fig. 11 111, sind geradlinige Sprunge unter & 45O gegen den Platindraht geneigt und begrenzen Facher mit lufthaltigen, kegelformigen Sprungen und Newt onschen Farbenringen, oder mit Spiralbandern ohne Farbenringe im unteren oder mit eingeschmolzenen Platinkugeln im oberen Teile der Photographie. Die lufthaltigen Sprunge waren an einzelnen Stellen 0,013 mm tief in das Glas eingedrungen.

Die Achse grol3er kegelformiger Spiralsprunge mit Newton- schen Farbenringen ist senkrecht oder unter 45O geneigt zur Plathschicht (Fig. 11, I1 A, I A). In Fig. 11, V A B kreuzen sich kegelformige Spriinge mit schief, in Fig. 11, IVA 23, mit senkrecht gegeneinander geneigten Achsen. Auf gewolbten Sprungflachen, wie Fig. 11, IV A , liegen feine Furchen oder Falten senkrecht zu den Farbenringen. Fig. 11, V D, zeigt N e w t on sche Farbenringe auf einem Kugelsprung.

Schone gewundene Spiralbiinder ohne Newt o nsche Farben- ringe liegen auf einem Kegelmantel in Fig. 11, I11 13 B,; VI B. Zwei iihnliche Spiralbander mit gekreuzten Achsen in Fig. 11, VI c.

An einzehen Stellen liegen die Achsen mehrerer kegel- fiirmiger Spriinge mit Farbenringen parallel (Fig. 11, I B ; I1 E ) oder in einem Kranse auf einem Kegelmantel m d gehen radial von einem Strahlungsmntrum aus (Fig. 11, IV C C; V C). In Fig. 11, VIA, zeigen kegelformige Spiralbander ohne Farbenringe dieselbe Anordnung.

Diese durch die Strahlung elelttrischer Emanationen des zerstaubten Platindrehtes entstandenen und radial angeord- neten kegelformigen SpriiDge oder Spiralbander haben die- aelbe Struktur wie die Spharokristalle I., 11. und 111. Klasse,

9*

Page 20: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

1 82 G . Quincke.

bei denen kegelfiirmige Schaumwande strahlenformig von einer Kernblase ausgehen. l)

Die Spiralbander der Photographie Fig. 11, V I C, haben sich 6 Monate nach dem Photogrsphieren in kegelformigc Sprunge mit Newt onschen Farbenringen verwandelt.

Glasplatten mit elektrisch zerstaubten diinnen Drahten aus verschiedenen Metallen, welche Hr. Prof. Ferd, Braun in StraBburg bei seinen oben erwahnten Arbeiten uber Zer- staubungsgitter benutzt und mir gutigst Feliehen hat, zeigen ahnliche Kugel- und Kegelsprunge mit drei bis funf N e w t on - schen Farbenringen wie meine Photographien Figg. 9 Taf. I und 11, Taf. 11.

In allen von mir und Hm. Prof. F. B r a u n untersuchten Glasplat.ten mit elektrisch zerstaubtem Metalldraht hatten die von rechtwinkligen Sprungen begrenzten Facher oder Brocken eine nach der Metallschicht konkave Oberflache und in den kugeligen, zylindrischen und kegelformigen Sprungen mit Newt onschen Farbenringen war das dickere Ende der keilformigen Luftschicht und das spitze Ende des Kegels der Metallschicht zugewandt.

Ausnahmsweise nahm einmal bei einem zylindrischen Sprunge die Luftdicke nach der Seite der Platinschicht ab, und bei einer anderen Glasplatte war die Oberflache der recht- winkligen Facher konvex. Diese Ausnahmen mogen von ruck- laufigen Strahlen herruhren, welche ich mit elektrischen Staub- figuren und isolierenden Zwischenplatten nachgewiesen babe. 2)

3 4. Leidener Flaschen con Telefunken durchbohd Pas Glas von Leidener Flaschen, durch deren Seitenwand und Boden bei den schnellen Sdhwingungen der draht.losen Tele- graphie elektrische Funken geschlagen sind, zeigt glatte und wellenformige oder verastel te, mit weaen Schaummassen ge- fullte Sprunge, Schaumkammern I. und 11. Art, von ahn- lichen Formen, wie sie in 9 2 und 8 beschrieben wurden. Die feinen Spriinge in der Ykhe einer Durchbohrung oder eines Funkenkanales sind aber durch das stark erhitzte Klebe- mittel der Stanniolbelcgung braun gefarbt oder mit. Lnft gefiillt.

1). Q. Quinoke, AM. d. Phye. 7. p. 737. 1902; 26. p. 688. 1908, 2) G. Quinoke, Ann. d. Pbys. 83. p. 893ff. Taf. m. F'q. 20ab.

23. 1910;

Page 21: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken usw. 139

Figg. 12-18 (Taf. 111) zeigen die Sprunge in Seiten- wand und Boden einer Leidener Elasche, welche im Juni 1904 auf dem Dampfer Meteor der Hamburg-Amerika-Lie von den elektrischen F.unken der drahtlosen Telegraphie mit einer Wellenliinge von 350 m und 857000 Schwingungen in der Sekunde durchbohrt war und mir von Hm. von Lepel giitigst zur Verfiigung gestellt wurde. Die teilweise geschmol- zene Stanniolbelegung wurde entfernt, die Glasoberflache an einzelnen Stellen mit konzentrierter Schwefelsiiure, Salpeter- saure und Salzsiiure gereinigt, mit Wasser abgewaschen und getrocknet.

GroBe luftgefullte Spriinge durchbrechen die Glaswand senkrecht zur Oberflache, gehen aus von den Funkenstrecken in der Seitenwand (Fig. 12, Taf. 111) und in dem Boden (Fig. 13, Taf. 111) der Leidener Flasche und begrenzen groSe Glasstiicke mit glatten, zickzack- und wellenformigen Bruch- flachen. Nahe der Funkenstrecke in der Seitenwand und im Boden der Leidener Flasche erscheinen die Spriinge weifilich, in groSerer Entfernung von der Funkenstrecke blank. Die Bruchflachen haben nahe der Funkenstrecke faserigen Bruch, mit Fasern senkrecht zur Glasoberflache. Die Breite der Fasern oder der Abstand der Fasern voneinander wiichst mit. der Entfernung von der Funkenstrecke von 0,Ol-0,04 mm am Boden und von 0,15-0,25 mm an der Seitenwand der Leidener Flasche. Senkrecht zu diesen Fasern liegen sehr feine Spdten nahe der Oberflache der Bruchfllichen mit 0,02 bis 0,04 mm Abstand voneinander. Fasern und feine Spalten fehlen auf den glatten Bruchfliichen in groBer Entfernung vom Funkenkanal.

Das Glas der Seitenwand zeigte haufig schwache negative Doppelbrechung zu beiden Seiten der Spriinge, nahe der Funkenstrecke, mit optischer Achse I zur Sprungrichtung, war also dauernd komprimiert. Der Boden der Leidener Flasche dagegen hatte neben den Spriingen in der Niihe der Durchbohrung positive Doppelbrechung, war gedehnt I rmr Sprungrichtung.

Ein Hauptsprung durchbricht die 2,2 mm dicke z y h - drische Seitenwand nahem normal zur Zylinderachse, zeigt in grofierer Entfernung von der Funkenstrecke eine glatte Oberflache mit flachen Wellenbergen und Wellentiilern,

Page 22: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

184 G. Quincke.

welche mit wachsender Entfernung breiter und niedriger, schlieRlich unmerklich werden, ahnlich wie bei den groBen Bruchfliichen der mit Flaschenfunken gespaltenen quadra- tischen Glasstiicke Fig. 5 a und 6 Taf. I. Die anderen Spriinge in der Seitenwand treffen oft unter 120° oder 90° msammen, zeigen gewundene Bander, Schraubenwindungen und Wellen-

linien. Mit dem Mikroskop erkennt man trichterformige oder kegelformige Bruchflachen mit Wellenhien oder feinen Schraubenflachen (Fig. 19) von 0,Ol mm Abstand, und senk-

recht zu diesen wieder fbine Sprunge oder Falten von gleichem Abstand.

Die grol3en Spriinge, welche den Boden der Leidener Flasche durchbrechen, zeigen nahe der Funkenstrecke weiB liche Schaumwande auf Kreisen von 0,07-0,18 mm; auf Schrauben-, Zylinder-, Kegel- und Kugelflachen oder Bruch- fliichen in Form von Kegeln, Kugeln, Rohren mit Anschwel- lungen und Querwanden, von parallelen Zylinderflachen mit 2-0,9 mm Durchmesser, auf denen wieder senkrecht zur Zylinderachse parallele feine Rippen oder Spalten liegen, deren Abstand (0,02-0,04 mm) in der Nachbarschaft des Funkenkanals am kleinsten ist.

Der Glasboden der Leidener Flasche ist an der dunnsten Stelle in der Mitte 5 mm, am Rande 7,5 mm dick. Die elek- trischen Funken haben das Glas an der dunnsten Stelle durch- bohrt und von hier aus auf der inneren Glasoberflache sich radial ausgebreitet (Fig. 13, Taf. III), oberflachlich Glas- stiickchen herausgerissen und tiefe radiale Hohlungen ge- bildet, deren Wiinde die Glasoberflache nahezu senkrecht treffen. Die Hohlungen erscheinen dem blol3en Auge begrenzt von halben kegelformigen Rohren mit abgerundeten Kopfen oder radial aneinander gereihten hohlenHalbkugeln rnit schmalen Zwischenstiicken. Mit dem Mikroskop sieht man an einzelnen Stellen Spriinge in Form von offenen oder geschlossenen Zylin- dern 'und zylindrische oder kegelformige Spiralbander, wie in Fig. 11, I11 B (Taf. 11). Die von den Spiralbandern begrenzten Glasbrocken sind bei den elektrischen Entladungen fort- gesohleudert worden und trichterformige Hohlungen mit der Form der Spiralbander zuriickgeblieben. Nahe der Ober- flache des Bodens der Leidener Flasche haben sich Spiral.

Fig. 19.

Page 23: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken usw. 186

bander rnit gekreuzten Achsen gebildet. In grol3en zylindrischen Spiralbandern von 0,5-0,6 mm Durchmesser, welche radial von der Funkenstrecke ausgehen, liegen kleinere kegelformige Spiralbander mit drei bis fiinf m;indungen oder drei bis f d zylindrische Ringe in trichterformigen Hbhlungen von 0,2 bis 0,4 mm Durcbmesser und 0,25-0,l mm Tiefe in gleichen Abstanden nebeneinander senkrecht zur Achse des groBen Spiralbandes. Fig. 14 (Taf. III) zeigt solche gekreuzte Spiral- bander in 12facher VergroBerung; Fig. 15 die kleine Spirale A von Fig. 14 in 6Sfacher VergroBerung. In Fig. 16 (Taf. 111) liegen m e i groBe kegelformige Spiralbander nebeneinander und in ihnen kleinere Spiralbander mit gekreuzten Achsen. Figg. 14 und 16 zeigen dieselben Formen, wie ich sie in Tropfen dickflussiger Kieselsaure bei Eintrocknen der wiiBrigen Losupg beobachtet habe.l)

Senkrecht zur Oberflache dieser hohlen Spiralbander liegen wieder sehr feine Spalten von 0,OS--0,005 mm Abstand.

Das Buljere Randgebiet der radialen Hohlungen ist um- geben von drei bis vier matten, 2 mm breiten Ringen korro- dierten Glases. Senkrecht zum inneren Rande der Ringe liegen viele feine parallele Spriinge rnit 0,012-0,056 mm Ab- stand voneinander. Auf den Ringen sieht man verwaschen Newtonsche Farben. Der LuBere Rand der Ringe erscheint im reflektierten Licht we& Die Schicht korrodierten Glases hat also einen Brechungsexponenten zwischen den Brechungs- exponenten von Glas und Luft, besteht aus Glas mit unsicht- baren, luftgefullten Schaumkammern, wie bei der von Ka- thodenstrahlen getroffenen Glaswand der Vakuumrohren. 2,

Neben den tiefen Hohlungen (Fig. 1 3 A ) erkennt man im Mikroskop mit Opakilluminator und reflektiertem Licht auf der Glasoberflache Reihen feiner paralleler Spriinge von hochstens 0,002 mm Breite und 0,075-0,025 mm Abstand voneinander, die sich oft rechtwinklig kreuzen, die Glasober- flache rechtwinklig treffen und einzelne Facher oder Brocken mit konkaver Oberflache begrenzen, da beim Heben des ein- gestellten Mikroskoprohres uber jedem einzelnen Fach ein Bild der Beleuchtungslampe erscheint. Die feinen Spalten

1) G. Quinoke, Ann. d. Php. 9. p. 824. Fig. 96 m p ; p. 806. Fig. 87e

2) G. Qnincke, Ann. d. Php. 48. p. 439. 1914. 1902.

Page 24: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

186 G. Quincke.

sind also keilformig, oben dicker wie unten. In den einzelnen rechtwinkligen Fachern liegen luftgefullte Sprunge mit drei bis vier Newt onschen Farbenringen auf Kugel- oder Kegelflachen, und an einzelnen Stellen Spiralen von 0,028-0,056 mm Durch- messer rnit Rotationsachse senkrecht zur Glasoberflache. In einigen Fachern sind die Glasbrocken uber den Sprungen parallel der Oberflache von den elektrischen Entladungen ab- geworfen. Diese rechtwinkligen Facher rnit Kugel- und Kegel- spriingen und Newt onschen Farbenringen, welche in Figg. 17 und 18 (Taf. III) in 63facher VergroBerung abgebildet sind, gleichen den iihnlichen Sprungen und FBchern rnit konkaver Oberfliiche, welche von elektrischen Flaschenfunken und den elektrischen Emanationen von elektrisch zerstgubtem Platin- draht herruhren, und welche oben in 0 2 und 3 (Fig. 4 a b und 9 Taf. I) beschrieben und abgebildet sind. In Fig. 17 ist die Dicke der Luftschichten in den Kugelsprungen rnit Newton- schen Ringen am Rande groBer als in der Mitte. Bei B liegt eine kleinere Spirale auf einem groberen horizontalen Spiral- band mit gekreuzter Achse, ahnlich wie in Fig. 14. In Fig. 18 stehen die Achsen der Spiralbander und kegelformigen Sprunge, ebenso wie die langen Spriinge, schrag zur Glasoberflache.

Auf der Glasoberflache sind viele Metallkugeln von 0,Ol mm (Fig. 17, links oben) oder kleinere Kornchen .von 0,0001 mm (Fig. 17, rechts oben) eingeschmolzen. An anderen Stellen iieht man runde Locher, einzeln oder durch kurze lichte Strecken verbunden. Hier sind kleine Tropfen und Faden von der verdampf ten S tanniolbelegung eingeschmolzen ge- wesen und bei der Reinigung der Glasoberfliiche losgesprungen.

Die Oberfliichenspannungng ebktrischer Schuumwande bestimmt die Gestalt der Spriinge in dem von elektrischen Strahlen durchbohrten Glase.

Alle in $0 1-4 beschriebenen, rnit Luft oder hetero- genen Stoffen gefiillten Spalten, Sprunge, Spiralen und Spiral- bander im Glase haben die Formen von Schaumwanden I. und 11. Art rnit verschieden schnell erstarrter Oberflache und konnen entstanden sein:

a) Durch verschiedenen elektrischeri Querdruck im Glase und in schon vorhendenen, unsicht,baren Schaumwanden gleicher Form mit anderer Dielektrizitatskonstante und anderer elektrischer Leitfahigkeit.

Q 5.

Page 25: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durchbohrung von G h mit elektrischen Funken usw. 187

b) Durch elektrische Emanationen verschiedener Qualitiit und verschiedener Geschwindigkeit, welche sich in diesen schon vorher im Glase vorhandenen unsichtbaren Schaum- wanden aufgespeichert und gelost haben, unter hindermg des Volumens und der Spannung.

c) Durch diinne Schichten Luft und Gasionen, welche in das Glas mit den elektrischen Emanationen eingedrungen sind mit verschiedener Geschwindigkeit, das Gles geschmolzen und verschieden stark erwiirmt haben.

d) Durch elektrihhe Emanationen gleicher oder ver- schiedener Qualitlt, welche mit verschiedener Geschwindig- keit in das Glas eingedrungen sind, die Umgebung verschieden stark erwarmt und geschmolzen und sich in dem geschmolzenen Glase zu olartiger Flussigkeit mit Oberfliichenspannung gelost haben.

Fur die Annahme a) und b) spricht, daB freiwillige oder durch Atzen mit kochendem Wasser erzeugta Spriinge im Glasel) dieselben oder ahnliche Formen zeigen wie die Spriinge von elektrisch durchbohrtem Glas. Die Annahmen a) und b) geniigen aber nicht mehr, wenn die Spriinge unter 120° gegen- einander geneigt in der Funkenstrecke zusammentreffen, also durch die elektrischen Kraftlinien oder die Richtung der elek- trischen Strahlen im Glase orientiert sind (Figg. S a b e f , 4 a b, 5, 6, 9, 11 I u. 11). Fiir diese orientierten Spriinge wiirden nur die Erklarungen c) und d) genugen.

Mit Luft gefiillte Sprunge. Die mit den elektrischen Ema- nationen in das Glas eindringende Luft schmilzt und spaltet das Glas in lihnlicher Weise, wio eine Knallgesflsmme eine Eisenplatte schmilzt und durchschneidet.

Diinne Schichten Luft in klebriger Fliissigkeit bilden die- selben Fomten w@ dunne Schichten klebriger Fliissigkeit in Luft oder in einer anderen olartigen Fliissigkeit. Infolge der Ober- flachenspannung der Grenzflachen rollen die diinnen Schichten zusammen zu offenen oder geschlossenen Zylindern oder Kegeln, zu Spiralen und Schraubenbandern (Sohaumwiinden I. Art), welche allmiihlich Kugelgestalt annehmen, in kugelformige Blasen (Scheumwande 11. Art) ubergehen.

1) a. Quincke, Ann. d. Php. 48 p. 1032ff. 1916.

Page 26: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

188 G . Quincke.

Diinne Luftschichten in Wasser sind lange bekannt an Wassertropfen, welche auf einer Wasseroberflache schwimmen und deren Boden (eke Schamwand 11. Art) das Licht total reflek tiert .

Die lufthaltigen Spriinge neben dem elektrisch gerstaubten Platindraht (9 3) entstehen durch dunne Luftschichten in flussigem Glase, deren Wande verschieden stark erwarmt und verschieden schnell erstarrt sind.

Der Entladungsstrom der Leidener Batterie klingt in einzelnen Partialentladungen ab. Bei jeder Partialentladung strahlt der zerstaubte Platindraht in einer Partialstrahlung elektrische Emanationen aus, normal zu seiner Oberflache. Es dringen dunne keilformige Schichten von Luft und Gas- ionen in das Glas ein, verlieren ihre Geschwindigkeit, erwarmen und schmelzen das benachbarte Glas, rollen sich durch Wir- kung der Oberflachenspannung um so schneller und um so mehr zusammen, je weniger klebrig das Glas ist, je langer es flussig bleibt, je mehr es von den eindringenden Luft- teilchen erwarmt wurde. An der Eintrittsstelle der Luft- teilchen mu13 das Glas am starksten erwarmt werden und am langsamsten erkalten, die Luftschicht am starksten zu- sammenrollen, die Dicke der Luftschicht am groBten sein und hier die offene oder geschlossene Spit'ze des mit Luft ge- fiillten Kegelmantels liegen - wie es tatsachlich der Fall ist.

Bei genugender Erwarmung geht der Kegelmantel in eine oder mehrere Kugelflachen uber, oder der Kopf des Kegel- mantels wird eine Halbkugel, ehe das Glas erstarrt, wie in einzelnen Fachern von Figg. 9 oder 11, V D (Taf. I u . 11). Diinne Luftschichten mit flussigen Wanden setzen sich an dunne Luftschichten mit festen Wanden rechtwinklig an. Die Wlnde der Spriinge zwischen den rechtwinkligen Fachern (Figg. 9, 11 I u. 11) sind durch schwache Partialst,rahlungen friiher entstanden und schneller erstarrt als die Wande der Kegel- und Spiralspriinge im Innern der Facher.

Die Luftschicht in diesen rechtwinkligen Spriingen isf wieder keilfonnig und an der Platinschicht am dicksten, hat hier das am starksten emarmte und emeichte Glas in die Hohe gedrangt und die ebene Oberflache, der einzelnen Facher in eine konkave Oberflache verwandelt.

Die radial von einzelnen Stellen uber der Platinschicht

Page 27: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken usw. 189

auslaufenden kegelformigen Sprunge sind von Stellen sttirkerer Partialstrahlung, von der Kuppe runder Tropfen auf der Draht- oberfliiche (oder vielleicht eher anderen Stelle), ausgegangen und aus Luftschichten entstanden, welche sich rechtwinklig an eine iiltere runde Kernblase angesetzt und dann eingerollt haben, ahnlich den Spharokristallen 2. Klasse (vgl. $ 1).

Die elektrischen Emanationen, welche von einem Radiator, von den Elektroden einer Influenemaschine oder eines In- duktoriums, den Belegungen einer Leidener Flasche oder einer Funkenstrecke im Glase ausgehen, sind von gleicher oder iihnlicher Qualitat, haben ahnliche Wirkungen, erzeugen ahnliche Schaumwande I. und 11. Art im Glase, wie ein elektrisch zerstiiubter Plat'indraht.

Diinne Schichten heterogener Substanz in Form uon Kegeln, Zylindem, Spiralen und Iizigelfliichen. Die Spiralbander in Fig. 11 11, V, VI (Taf. 11) und die W-Knde der weiBlichen Schaurnmassen in den rechtwinkligen Spriingen bestehen aus diinnen Suhichten erstnrrter bhrtiger Flussigkeit, welche in fliissigem Glas durch eingestrahlte elektrische Emanationen gebildet worden ist und sich durch Oberfliichenspannung ein- gerollt hat. Beim Erstarren andert rliese olartige Fliissigkeit ihr Yolumen nnd scheidet gleichzeitig etwa in ihr absorbierte Gase aus, wodurch die von mir beobachtete Umwandlung der Spirelbiinder in luftgefullte Spriinge mit Newtonschen Farbenringen ( 0 3) erklart wird.

Weitere Versuche miissen entscheiden, ob auf den Spiral- biindern im (;lase noch eine Luftschicht liegt und ob viel- leicht alle lufthaltigen Spriinge mit Newtonschen Farben- ringen aus olartiger Fliissigkeit entstanden sind, die in Form von Kegeln, Zylindern, Kugdflilchen, Spiralen oder Spiral- bandern in fliissigem Glase mit diesem erstarrt ist, und nicht direkt aus Luft und Gasionen, welche mit den elektrischen Emanationen in das Mas eingedrungen sind, wie ich es oben als das Wahrscheinlichste angenommen habe.

Die groljen wellenformigen Bruchflkchen und die feinen Furchen oder Falten auf den kegelformigen oder gewdbtm Sprungflachen deuteii euf diinne unsichtbare Fremdsfoff- schichten olartiger Fliissigkeit, welche bei der Diffusion der elektrischen Emanationen entstehen und deren obere und untere Grenzflache durch 'spater in ihrem Innern neu auftretende

Page 28: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

140 G. Quhcke.

Schaumwande gegeneinander gezogen wnrden. Die diinne Fremdstoffschicht wird dadurch dunner und breiter, d. h. wellenformig, . wie ich fruher gezeigt habel), und erstarrt unter Volumen- und Druckanderung zu einer heterogenen festen Fremdschicht mit anderem elektrischen Leitungsver- mogen und anderer IXelektrizit&tskonstante als die Umgebung. Bei einer folgenden Partialentladung der Leidener Batterie entstoht durch den elektrischen Querdruck ein Sprung langs der wellenformigen Fremdschicht, deren Wellonberge um so hoher sind und um so naher aneinander liegen, je mehr elek- trische Emanationen von der Fmkenstrecke aus in das Mas diffundiert sind, sich in der diinnen Fremdstoffschicht gelost und je mehr neue Schaumwande sich in ihrem Innern ge- bildet haben. Die Verbreiterung der duiinen E’remdstoff- schicht, Hohe und anzahl der Wellenberge miisson also nahe der Quelle der elektrischen Emanatmionen, nnhe der Funken- strecke, am groBten sein und niit der Entfernung von der Funkenstrecke abnehmen, \vie die Yhotographien der Bruch- flkchen von Was Nr. 15 und 16 (9 2, Figg. 5 a u. 6 Taf. I) und die Spriinge der von Telefunken durchbohrten Seitenwand und Boden der Leidener Flasche (Eigg. 12 u. 13, Taf. III) zeigen.

An einzelnen Stellen zeigen die erstarrten Fremdschichten auf einer groSeren Bruchflache stat,t der feinen parallelen Falten parallele Spalten, wo die Substanz der Fremdschicht beim Erstarren ihr Volumen vermindert hat.

Treten nahe der Funkenstrecke wiederholt oder periodisch grooere Mengen elektrischer Emanationen anf, und bilden in dem erhitzten und geschmolzenen Glase viele diinne unsicht- bare Fremdschichten olartiger elektrischer li’lussigkeit, so rollen diese zusammen zu zylindrischen oder kegelformigen Rohren, senkrecht zur festen Glasoherflache, welche Schaum- kammern I. Art umschliefien, beim Erstarren absorbierte Luft abscheiden und als parallele Fasern senkrecht zur ‘310s- wand auf dem weiBen faserigen Bruch liegen. Sie aind iihn- lich und entstehen ahnlich wie die Fasern, welche sich heim Gefrieren von Wasser mit Spuren von Salz oder Fremdstoff

1) G. Quinoke, Ann. d. Phys. ?. p. 663. 1902; 18.’~ 77, 236. 1904.

Page 29: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durchbohrung w n Glas mit ekktrischen Fwnken usw. 141

senkrecht zur zuerst gefrorenen Oberflliche bilden l), oder den Fasern auf den Bruchflachen von HartguB aus GuBeisen.2)

Bei starker andauernder Strahlung mit grol3en Mengen elektrischer Emanationen von groBer Geschwindigkeit ent- stehen im Glase viele unsichtbare Schaumwande, welche kleine unsichtbare Schaumkammern umschliefien, eine elektriache Gallerte. Wlinde und Inhalt der Schaumkammern kijnnen dieselben wagbaren Substanzen und elektrischen Emanationen, aber in verschiedener Konzentration, enthalten. Die elek- trischen Eplanationen verbreiten sich oder diffmdieren im Glase wie Wasser in einer Leimgallerte; das Glas quillt a d , zeigt dabei periodisch + - oder - -0ptische Doppelbrechung, wie ich in 8 1 gezeigt habe, deren Vorzeichen und GroBe von der Diffusionsgeachwindigkeit der elektrischen Emanationen abhiingt, wie bei quellender Leimgallerte von der Diffusions- geschwindigkeit des Wassers.

Besteht der Inhalt der unsichtbaren Schaumkammern aus Luft oder Gasionen, so 'entstehen Schaummassen rnit kleinerer Iichtbrechung als Glas, wie die diinnen Schichten mit Newtonschen Farbenringen auf der Glaswand von Vai- kuumrohren durch Kathodenstrahlen oder auf dem Boden der von Telefunken durchbohrten Leidener Flasche ( 5 4).

In der Nahe lufthaltiger Sprimge ist das Glas gewohn- lich komprimiert und zeigt negative Doppelbrechung mit optischer Achse senkrecht zur Sprungrichtung.

Die diinnen durchsichtigen Stellen von ZerstBubungs- gittern auf Glas, welche wie eine Kristallplatte mit negativer Doppelbrechung wirken (8 4), bestehen wahrscheinlich aucb aus kleinen unsichtbaren Schaummassen mit elektrisch orien tierten Schaumwanden.

0 6. Zusammenfassung. 1. Die Emanationen von elektrischen Funken und vop

Metalldrahten, welche durch den Entladungsstrom einer groBen Leidener Batterie geschmolzen, verdampft uncl zerstaubt merden, dringen stoBweise in Glas ein, schmdzen das Glas, verbreiten sich im Glase wie Wasser in aufquellender Leim- gallerte und bilden mit dem Glase periodisch olartige Flussig

1) a. Quinoke, Ann. d. Phys. 18. p. 32. 38. 42. 1906. 2) G. Quincke, Intern. Zeiteohr. f. Metallurgie 8. p. 92. Fig. 1. 1912.

Page 30: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

142 G. Quincke.

keiten, welche verschieden schnell zu Schaumwanden J. oder 11. Art erstarren.

'2. An der Oberfliiche dieser Schaumwande entstehen Bruchflachen oder luftgefiillte Spriinge mit New tonschen Farbenringen, wenn sich die Schaumwande und der Kern der von ihnen umschlossenen Schaumkammern beim -4 b- kuhlen und Erstarren verschieden stark zusammenziehen.

3. AuBerdem bildon die von den elektrischen Emanationen mitgerissenen Luftteilchen und Gasionen in dem fliissigen klebrigen Glase diinne Luftschichten mit New tonschen Farben- ringen, welche unter dem EinfluB der 0 berflachenspannung dieselben Formen annehmen wie dunne Schichten ldobriger E'lussigkeiten in Luft oder in einer anderen olartigen Fliissigkeit.

4. In diinnen Spiegelglasplatten bilden schwache elek- trische Funkea, welche in der von H o 1 t z angegebenen Weise von einer auf die hohe Kante aufgekitteten Metallspitze aus- gehen, in dem geschmolzenen &lase in der %he der kurzesten elektrischen Kraftlinie nahezu gerade, gewundene oder ver- zweigte, mit Luft gefullte Rohren, welche durch Oberfliichen- spannung in eine Reihe einzelner Luftblasen zerfallen. Die Lufthlasen haben die Gestalt von kugelfiirmigen oder schwin- genden Wassertropfen.

Die Glasplatte wird dabei von dem Druck der erhitzten Luft im Funkenkanal wie von einem Schneidediamanten in der Hichtung des groBten Riderstandes gespalten durch zwei diinne breite Spriinge, welche von dem Funkenkanal ausgehen, parallel den polierten Seitenflachen der Glasplatte liegen und am iiuBeren Rande von Kreisbogen begrenzt sind.

Zu beiden Seiten der Funkenbahn zeigt das Glas ab- wechselnd positive und negative Doppelbrechung niit optischer Achse senkrecht zur Funkenbahn. Zuweilen entstehen Kugeln im Glase, mit den Polarisationsfarben ehes positiven Spharo- kristalles 2. Klasse, als ob die Kugeln in radialer Richtung gedehnt waren, wie Leimkugeln, welche in Wasser eufquellen.

6 . Entladet man eine groBe Leidener Plasche durch den Funkenkanal eines schwachen elektrischen Funkens in einer dicken Glasplatte, so entstehen drei keilfiirmige Spriinge niit Newt onschen Farbenringen, welcho in dem Funkenkanal mit Neigungswinkeln von 1.20 O eusammensto8en, auDen von

Page 31: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

Durchbobriilzg von Glas mit elektkchen Funken mw. 148

Kreisbogen begrenet sind und auf einer Schraubenflliche liegen oder wie die Pliigel einer Schiffsschraube gebogen sind.

6. Nit starkeren Flaschenfunken entstehen in der Nahe der kiirzesten elektrischen Kraftlinien im Glase weiSe luft- gefiillte Schaummassen mit Schpmwanden I. und 11. Art. Die olartigen Schaumwande, die dariiber liegenden Bruch- flachen utid die luftgefullten Sprunge in dem verschieden schnell erstarrten Glase sind begrenxt von ebenen, gekrummten oder wellenformigen Flachen, von Zylindern, offenen oder ge- schlossenen Kegeln, Kugel- oder Schraubenflachen, von Spiralen oder Spiralblindern.

Sie bilden sioh in iihnlicher Weise und mit ahiilichen Formen wie die positiv und negativ elektrischen Staubfiguren auf Rarzkuchen, durch die Oberfliichenspannung dunner Bchichten verschieden schnell erstarrender olartig&r Flusgig- keit, einer Losung elek trischer Emanationen in geschmol- zenem Glas oder Hrtrz.

7. Ahnliche Schaumwande I. und 11. Art, Bruchflachen und liiftgefiillte Spriinge, vvie id der Nilhe einer Funkenbahn, entstehen in Glasplatten, an deren Oberflache ein dunner Platindraht von dem Ent,ladungsstrom einer grol3en Leidener Batterie zerstaubt worden ist.

8. Bn einzelnen Stellen sieht man an der Oberflache der von Flaschenfunken durchbohrten Glasstiicke oder in den Glasplatten uber dem zerstaubten Platin unter dem Mikro- skop mit normal reflektierteni Licht geradlinige Spalten, senk- recht zur Glasoberflache, in nahezu gleichen Absta.nden von- einander , + und I zur Drahtrichtung, welche rechtwinklige Facher mit konvexer Oberflliche begrenzen. Jn der 9litte der einzelnen Plicher liegen Schaumwande oder luftgefiillte Spriinge mit Newt on schen Farbenringen in Form von Kegeln, Spiralen, Spiralblindern oder Kugelflachen. In einzelnen Fachern ist das an die Platinschicht grenzende Stuck uber der Spirale sbgeschleudert.

9. Ahnliche Schaummassen, Schaumwiinde, Bruchfliichen, luftgefullte Sprunge imd Spiralbander im Glase oder spiral- formige Vertiefungen und Trichter an der Glasoberfliiche wie in Nr. 7 und 8, aber in groSeren Dimensionen, zeigt der Bodon einer Leidener Plesche, die von Telefunken der draht- losen Telegraphie durchbohrt worden ist.

Page 32: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen

144 G. Quincke. Durchbohrung zlon Glas usw.

Hiiufig liegen zwei Kegel oder Spiralbander mit ge- kreuzten Achsen neben-, uber- oder ineinander.

Sind die luftgefiillten Spriingo irnd die von h e n um- schlossenen Schaumkammern sehr klein und unsichtbar, so bedeckt eine diinne Schicht von veriindertem Glase mit kleinerer Lichtbrechung und Newt olischen Interferendsrben die Glas- o berflgche.

10. IMenge, Qualitat und Geschwindigkeit der elek- trischen Emanationen - welche von der Funkenstrecke oder dem elektrisch zerstaubten Metalldraht ausgehen, in das Glas eindringen) in diesem sich verbreiten, das Glas schmelzen, verschieden stark erwarmen und sich in dem geschmolzenen Glase lbsen - bestimmen die Menge, 0 berflachenspannung und Gestalt der erstarrenden elektrischen Schaumwande und luftgefflten Spriinge in dem elektrisch durchbohrten Clase.

Heidelberg, den 18. Juli 1915.

(Eingegsngen 24. Juli 1916.)

Druclt von Meager & Wittig in Leiprig:

Page 33: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen
Page 34: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen
Page 35: Durchbohrung von Glas mit elektrischen Funken und Strahlen