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Zeitschrift für die Praxis der politischen Bildung POLITIK & UNTERRICHT E 4542 ISSN 0344-3531 Kinder in Deutschland: Familie – Freizeit – Konsum Kinder und Familie Kinder in der Freizeit- und Erlebnisgesellschaft Kinder und Konsum 3/2004

E 4542 3/2004 POLITIK & der politischen BildungUNTERRICHT · 2006-11-08 · Zeitschrift für die Praxis POLITIK & der politischen BildungUNTERRICHT E 4542 ISSN 0344-3531 Kinder in

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Zeitschrift für die Praxisder politischen Bildung

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ISSN 0344-3531

Kinder in Deutschland:Familie – Freizeit –Konsum

Kinder und Familie

Kinder in der Freizeit- und Erlebnisgesellschaft

Kinder und Konsum

3/2004

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3/20043. Quartal 30. Jahrgang

POLITIK & UNTERRICHT wird von der Landeszentrale fürpolitische Bildung Baden-Württemberg herausgegeben.

Herausgeber und Chefredakteur:Dr. h. c. Siegfried Schiele, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg

Redaktionsteam:Geschäftsführender Redakteur: Dr. des. Reinhold Weber, Landeszentrale für politische Bildung, Stuttgart

Ernst-Reinhard Beck, MdB, Oberstudiendirektor a. D., PfullingenJudith Ernst-Schmidt, Studienrätin, Werner-Siemens-Schule(Gewerbliche Schule für Elektrotechnik), StuttgartUlrich Manz, Rektor der Schiller-Schule Esslingen(Grund- und Hauptschule mit Werkrealschule)Horst Neumann, Ministerialrat, Ministerium für Umwelt undVerkehr Baden-Württemberg, StuttgartAngelika Schober-Penz, Studienassessorin, Ministerium fürUmwelt und Verkehr Baden-Württemberg, StuttgartKarin Schröer, Reallehrerin, Eichendorff-RealschuleReutlingen

Anschrift der Redaktion:70184 Stuttgart, Stafflenbergstraße 38Tel. (0711) 16 40 99-42/45, Fax (0711) 16 40 99-77

E-Mails an die Redaktion:[email protected]@lpb.bwl.de

POLITIK & UNTERRICHT erscheint vierteljährlich

Preis dieser Nummer: € 2,80

Jahresbezugspreis € 11,20.Unregelmäßig erscheinende Sonderhefte werden zusätzlichmit je € 2,80 in Rechnung gestellt.

Verlag: Neckar-Verlag GmbH, 78050 Villingen-Schwenningen, Klosterring 1, www.neckar-verlag.de

Druck: PFITZER DRUCK GMBH, Benzstr. 39,71272 Renningen

Namentlich gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt dieMeinung des Herausgebers und der Redaktion wieder.

Nachdruck oder Vervielfältigung aufelektronischen Datenträgern sowie Einspeisung in Datennetzenur mit Genehmigung der Redaktion.Auflage dieses Heftes: 18.000 Exemplare

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Kinder in Deutschland:Familie – Freizeit – Konsum

Vorwort des Herausgebers __________________ 1

Geleitwort des Ministeriumsfür Kultus, Jugend und Sport ________________ 2

Autorin dieses Heftes ________________________ 2

Unterrichtsvorschläge

Einleitung ________________________________ 3

Baustein AKinder und Familie ________________________ 4

Baustein BKinder in der Freizeit-und Erlebnisgesellschaft __________________ 10

Baustein CKinder und Konsum ______________________ 14

Literaturauswahl __________________________ 18

Politik & Unterricht im Internethttp://www.lpb.bwue.de/PuU/

Texte und Materialienfür Schülerinnen und Schüler ________ 19–46

Internetseiten zum Thema __________________ 47

Schülerwettbewerb 2004 __________________ U3

(Alle Bausteine und Internetseiten Angelika Schober-Penz)

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StatteinesVorworts

Der Abschied fällt mir schwer!

Nach über achtundzwanzig Jahren trete ich am 1. Oktober als Leiter der Landeszentrale inden Ruhestand. Die Aufgabe hat mir insgesamt viel Freude gemacht. Ganz besonders ansHerz gewachsen aber ist mir die Zeitschrift »Politik & Unterricht«. In der gesamten Zeit bin ichChefredakteur der Zeitschrift gewesen. Es sind viele, viele Hefte gewesen, die wir von 1976

bis 2004 in die Schulen und andere Bildungseinrichtungen geschickt haben, um die politische Bildung zu bele-ben. In keinem Fach verändern sich Sachverhalte und Daten so stark und schnell wie in Gemeinschaftskunde.Die Lehrerinnen und Lehrer sind für einen qualifizierten Unterricht auf Hilfe angewiesen. Diese Hilfe möchte dieZeitschrift anbieten. Sie greift deshalb wichtige Themen auf, die in den Lehrplänen ausgewiesen sind. Bei Ver-änderungen im schulischen Bereich versucht sie die Prozesse zu erleichtern, indem sie gangbare Wege aufzeigt.Immer wieder hat die Zeitschrift aber auch ganz bewusst Fragen aufgegriffen, die nicht in den Lehrplänen stan-den, die aber die Fantasie beflügeln konnten, die in unseren Schulen ja nicht zu kurz kommen soll. Auch kreati-ve Methoden hatten immer Platz in »Politik & Unterricht«. Unsere Zeitschrift hatte immer die Absicht, für alleSchularten Angebote zu machen. Dieser Spagat ist nur selten gelungen. Die Hauptschulen und das beruflicheSchulwesen kamen zu kurz. Hier sind weitere Anstrengungen notwendig.Zum Gelingen einer Zeitschrift gehören viele. Die geschäftsführende Redaktion hat alle Fäden in der Hand. Da-rum ist es wichtig, wer diese Position inne hat. Hier haben wir Glück gehabt mit Wolfgang Pohl, Otto Bauschertund Reinhold Weber, der diese Aufgabe erst vor kurzem übernommen hat.Ein richtiger Segen ist die Redaktion der Zeitschrift, die kompetent und streng, aber immer fröhlich und in gutemGeist den Kurs festlegt und viel zur Qualität der Zeitschrift beiträgt. Zu den Gründungsvätern gehören – nebendem unvergessenen Ernst Jung – die noch aktiven Ernst-Reinhard Beck und Horst Neumann, zu denen bald Ulrich Manz stieß. Später kamen Karin Schröer, Jutta Ernst-Schmidt und Angelika Schober-Penz hinzu. Nicht ver-gessen dürfen wir die vielen Autorinnen und Autoren, die der Zeitschrift Gesicht und Profil geben. Wir hatten fastimmer Glück, qualifizierte Leute zu finden, die auch bereit und willens waren, auf die Bedürfnisse der Zeitschriftund der Schulen einzugehen. Auch der Verlag verdient Erwähnung. Die ganze Zeit über konnten wir mit demNeckar-Verlag zusammenarbeiten. Das war eine feine Sache, weil das nicht nur eine ökonomische oder büro-kratische Liaison war. Immer hatten wir den angenehmen Eindruck, dass der Verlag die Zeitschrift auch als seinKind betrachtete. Auch das Kultusministerium hat die Zeitschrift stets mit Wohlwollen begleitet und hat das durchdie Vorworte immer unterstrichen.Alle Mühen richten sich schließlich auf die Leserinnen und Leser, die das Heft bzw. einzelne Bausteine und Ma-terialien in den Unterricht hineintragen. Wir haben immer wieder versucht, durch Leser-Seminare und Umfragendie Meinung der Nutzer zu erfahren und die Anliegen aufzunehmen. Wir haben den Eindruck, dass uns das imGroßen und Ganzen gelungen ist. Auch die starke Nachfrage zeigt, dass die Leserschaft zufrieden ist.Auch in Zukunft benötigen wir »Politik & Unterricht« – noch mehr als in der Vergangenheit. Ich danke von Herzenallen, die mit der Zeitschrift verbunden waren und sind. Ich hoffe und wünsche, dass es »Politik & Unterricht«auch künftig gelingt, am Puls der Zeit und der Bedürfnisse zu bleiben und den so wichtigen politischen Unterrichtin den Schulen wirksam zu unterstützen.

Dr. h. c. Siegfried SchieleDirektor der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg

Dank an Dr. h. c. Siegfried Schiele»Schlager – Traumwelt und Wirklichkeit« – so hieß das erste Heft von »Politik & Un-terricht«, das 1976 von Siegfried Schiele als Chefredakteur verantwortet wurde. Fürdie damals noch junge Zeitschrift erwies sich der neue Chef als Glücksfall. Als vor-maligem Gemeinschaftskundelehrer und Fachleiter in der Referendarausbildung wa-ren ihm Fragen der Didaktik und Methodik der politischen Bildung ebenso vertraut wiedie Realitäten der praktischen Politik, mit denen er es als parlamentarischer Beraterdes Landtags zu tun hatte.Unter seiner Ägide ist das »rot-weiße Heft« in Baden-Württemberg und weit darüberhinaus im gesamten Bundesgebiet zu einem Markenartikel – oder besser gesagt zueinem »Schlager« – der politischen Bildung geworden. Nicht anfällig für Modetrends, aber stets offen für neueThemen und Arbeitsformen, bedacht auf Qualität und Praxisnähe hat Siegfried Schiele die Redaktion auf ei-nem klaren Kurs gehalten. Dabei war sicher auch ein freundschaftliches Klima in der Redaktion hilfreich, ohnedas die nahezu drei Jahrzehnte dauernde personelle Kontinuität nicht möglich gewesen wäre.Unvergesslich bleiben so manche Redaktionssitzungen und vor allem die jährlichen Redaktionsklausuren mitharter Arbeit und fröhlichem Ausklang, bei denen der »Chef« seine beachtlichen künstlerischen und humoris-tischen Qualitäten unter Beweis stellte. Die Redaktion verabschiedet Dr. h. c. Siegfried Schiele in den wohlver-dienten Ruhestand mit einem herzlichen Dank und den besten Wünschen: »ad multos annos!«

Ernst-Reinhard Beck für die Mitglieder der Redaktion

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Kinder wachsen heute in einer offenen Gesellschaft auf. Ihre Lebenswelt ist wiedie der Erwachsenen geprägt durch eine Vielfalt von Möglichkeiten. Ganz un-terschiedlichen Lebensformen begegnen Kinder heute. Sie erleben ihre eige-ne Familie und beobachten ganz andere Formen des Zusammenlebens. Wasist da »normal«? Welche der vielen Möglichkeiten ist die »richtige«? Gibt esdas überhaupt? Nicht anders sieht es in vielen anderen Bereichen der Gesell-schaft aus. Im vorliegenden Heft der Landeszentrale für Politik und Unterrichtwerden beispielhaft Freizeitgestaltung, Medien und Konsum vorgestellt.

Die Gesellschaft macht es Kindern oft einfach. Sie offeriert leicht konsumier-bare Freizeit- und Medienangebote, die ohne Anstrengung aufgenommen wer-den können. Warum lesen, wenn Fernsehen doch so viel bequemer ist? Wa-rum in die Natur gehen, wenn bunte und laute Kunstlandschaften ein Vielfachesan attraktiven Reizen bieten? Ein Erlebnis muss das andere jagen. Selbst derKindergeburtstag muss zum Event werden. Da muss es oft schon ein profes-sioneller Partyorganisator sein, damit die kleinen Gäste zufrieden und erleb-nisgesättigt nach Hause gehen. »Schneller, höher, weiter«, scheint der Wahl-spruch zu sein. Freizeitgestaltung verkommt da oft zur Animation.

Die Gesellschaft macht es Kindern aber gleichzeitig auch schwer. Denn wennvieles möglich ist, dann muss sich jeder immer wieder von Neuem für eine dervielen Möglichkeiten entscheiden. Das erfordert Kraft, aktives Handeln und Ent-scheidungskompetenz. In einem Alter, in dem sich erst langsam die Hand-lungsspielräume in den Bereichen Freizeit und Konsum erweitern, in dem sichdie Kinder erst langsam von ihrer Familie ablösen und stärker Kontakte zuGleichaltrigen suchen, brauchen Kinder dafür Orientierungshilfen.

Welchen Beitrag kann nun Schule dazu leisten, dass Jugendliche ihre Freizeitsinnvoll und aktiv nutzen? Dass sie selbstbewusst auswählen, reflektierte Ent-scheidungen treffen und aktiv gestalten? Das vorliegende Heft macht die Le-benswelt der Kinder und Jugendlichen selbst zum Thema. Es bietet alters-gemäße Bausteine, die fruchtbar im Fachunterricht, aber auch in Klassen-lehrerstunden eingesetzt werden können. Die Unterschiedlichkeit der Arbeits-formen und die vielen kreativen Anregungen ermöglichen eine abwechslungs-reiche Unterrichtsgestaltung. Auch die Praxisnähe fehlt nicht: So wird angeregt,die eigene Freizeitgestaltung zu erforschen. Und eine Erkundung im Super-markt ermöglicht erste Einblicke in die Waren- und Werbewelt. Das Besonderedieses Heftes ist, dass es dabei nicht nur Wissen, sondern Kompetenzen ver-mittelt. Es kann Kindern ihre alltägliche Lebenswelt vertrauter machen und gibtdamit Orientierung – sich selbst zu verstehen und die eigene Familie – und da-mit ein bisschen die Welt.

Johanna SeebacherMinisterium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg

Geleitwortdes Ministeriumsfür Kultus, Jugendund Sport

Autorin dieses Heftes Angelika Schober-Penz,Studienassessorin, lebt in Lauffen a. Neckar und ist seit 1997 Mitglied in derRedaktion von »Politik & Unterricht«

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die Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit gefördertsowie Arbeitstugenden und Schlüsselqualifikationen(Kooperationsfähigkeit, Verantwortungsfähigkeit,Kommunikations- und Teamfähigkeit, selbstständigesArbeiten usw.) vermittelt werden. Sozialisationsdefizi-te können auch von der Schule kaum überwundenwerden. Denn Lernen in größeren Gruppen ist nurmöglich, wenn die einzelnen Gruppenmitglieder dieMindeststandards des menschlichen Zusammenle-bens und bestimmte soziale Spielregeln beherrschen.

Die Wertevermittlung wird auch heute als wichtigeAufgabe der Schule gesehen, wobei auch sie von dengesellschaftlichen Prozessen wie wachsende Indivi-dualisierung und Pluralisierung geprägt ist. Auch De-fizite der Gesellschaft wie der Mangel an glaubwür-dig vorgelebten Werten können nicht in der Schule»ausgebügelt« werden.

Das vorliegende Heft ist in drei Bausteine nach denAspekten Familie, Freizeit und Konsum gegliedert,

Nach wie vor ist es die Hauptaufgabe der Erziehung,den Kindern und Jugendlichen zu helfen, ihre Indivi-dualität und Identität auszubilden, zu festigen sowiedie Werte für das Zusammenleben in der Gemein-schaft zu vermitteln.Wichtige Sozialisationsinstanzensind die Familie, Kindergarten, Schule und die Grup-pe der Gleichaltrigen. Trotz unterschiedlicher Er-scheinungsformen der Sozialisationsinstanz Familieist für diese umfassende Lebens- und Wirtschaftsge-meinschaft von Eltern und Kindern kennzeichnend,dass die Eltern vor allem Recht und Pflicht zur Pfle-ge und Erziehung der Kinder haben. Im Vordergrunddieser besonderen Fürsorge- und Verantwortungsbe-ziehung steht die Schutzbedürftigkeit des heran-wachsenden Kindes. Die orientierende und stabilisie-

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Kinder

Einleitung

Foto: picture alliance/OKAPIA KG, Germany

rende Bedeutung der Fa-milie bei der Vermittlungpersonaler und sozialerKompetenz bleibt unbe-stritten, obwohl sich ins-gesamt die gesellschaftli-chen Vorstellungen vonKindererziehung verän-dert haben.

Der schulische Erzie-hungs- und Bildungsauf-trag umfasst neben derWissensvermittlung diezentrale Aufgabe, Heran-wachsende zur Übernah-me von Verantwortung fürdie Gemeinschaft zu be-fähigen und junge Men-schen zu unterstützen, ihrLeben selbstständig undbewusst zu gestalten.

Das Recht der Eltern zurErziehung des Kindes istauf die Ergänzung durchdie schulische Bildung undErziehung angewiesen.Die Leistung der Schulefür die Entwicklung desKindes ist durch Elternund Familie nicht ersetz-bar. So können nur ge-meinsam mit den Eltern

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BAUSTEIN A

Kinder und Familie

Was ist eine Familie?

Kaum ein anderes Thema ruft so emotionsgeladeneDiskussionen und kontroverse Standpunkte hervorwie die Frage, was heute unter Familie zu verstehenist. Da Ehe und Familie gleichermaßen unter demSchutz des Gesetzes stehen, werden im alltäglichenSprachgebrauch oft, vor allem in Statistiken, sowohlPaare mit als auch ohne Kinder als Familie bezeich-net.

Dem Verfassungsbegriff der Familie wird jedoch deut-lich eine auf Abstammung oder entsprechende Für-sorge- und Erziehungsverantwortung (Adoptiv-, Stief-und Pflegekinder) beruhende Lebensgemeinschaftvon Eltern und Kindern zugrunde gelegt. Die aner-kannte besondere Schutzbedürftigkeit der Kinder giltunabhängig davon, ob Eltern und Kinder in einer

Art. 6 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland:

Ehe und Familie; nichteheliche Kinder

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderenSchutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürlicheRecht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegendePflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Ge-meinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfenKinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie ge-trennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versa-gen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu ver-wahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und dieFürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzge-bung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche undseelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesell-schaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

Art. 12 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg

(1) Die Jugend ist in Ehrfurcht vor Gott, im Geiste derchristlichen Nächstenliebe, zur Brüderlichkeit aller Men-schen und zur Friedensliebe, in der Liebe zu Volk undHeimat, zu sittlicher und politischer Verantwortlichkeit, zuberuflicher und sozialer Bewährung und zu freiheitlicherdemokratischer Gesinnung zu erziehen.

(2) Verantwortliche Träger der Erziehung sind in ihrenBereichen die Eltern, der Staat, die Religionsgemein-schaften, die Gemeinden und die in ihren Bünden ge-gliederte Jugend.

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wobei fächerübergreifende Bezüge und persönlich-keitsstärkende Maßnahmen zu ganzheitlichen Be-trachtungsweisen und vernetztem Denken führen sol-len. Ausgangspunkt für Themen, Methoden undMedien sind der Erfahrungs- und Interessenshorizontder Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe I.Aber auch für ältere Schülerinnen und Schüler sindsowohl einzelne Themenbereiche als auch zahlreicheMaterialien geeignet.

Schwerpunktmäßig geht es in diesem Heft umMädchen und Jungen bis 14 Jahre, die nach dem Ju-gendschutzgesetz (JuSchG) als Kinder betrachtetwerden. Dies kann allerdings nicht als strikte Alters-abgrenzung gesehen werden, da in amtlichen Statis-tiken und anderen Datenquellen 15-Jährige noch hinzugenommen werden. Bei einigen Aspekten er-scheint es durchaus sinnvoll, die Gruppe der Ju-gendlichen im Alter von 15 bis 18 Jahren ebenfalls zubetrachten.

Kriterien für die Auswahl der inhaltlichen Schwer-punkte sind die Fragen:

• Was können Schülerinnen und Schüler dieser Al-tersgruppe reflektieren?

• Welche Aspekte bringen Zugewinn für die Ent-wicklung der Persönlichkeit?

• Worüber sprechen Schülerinnen und Schüler imUnterricht?

Bei der Auswahl der Materialien wurde darauf ge-achtet, dass mit unterschiedlichen Methoden undhandlungsorientierten Aufgabenstellungen sowohlHintergrundwissen erarbeitet als auch gesellschaftli-che Fragen und Probleme an lebensnahen Fallbei-spielen betrachtet werden können. Dadurch sollenSchülerinnen und Schüler die notwendigen Kenntnis-se, Fähigkeiten und Fertigkeiten erwerben, die es ihnen ermöglichen, Stellung zu nehmen und Pers-pektiven zur Alltagsbewältigung und zur verantwor-tungsbewussten Lebensgestaltung zu erkennen. ImZusammenleben entwickeln sie die Bereitschaft, dieRechte anderer zu achten, und verstehen die dafürnotwendigen Regeln. Sie lernen andere Meinungenund Einstellungen zu respektieren.

Die Schülerinnen und Schüler sollen erkennen, dassEinstellungen und Verhaltensweisen zum einen starkvon den Menschen und Gruppen ihrer Umwelt ge-prägt werden. Zum anderen ist die individuelle Be-reitschaft und Fähigkeit, Selbst-Bewusstheit zu ent-wickeln, eine wesentliche Grundlage für das Gelingeneines gesellschaftlichen Lebens.

Im Bildungsplan 2004 des Landes Baden-Württem-berg sind für alle Schularten die im Heft thematisier-ten Inhalte und Kompetenzen unter anderem in denFächerverbünden Wirtschaft – Arbeit – Gesundheitund Welt – Zeit – Gesellschaft (Hauptschule), Erd-kunde – Wirtschaftskunde – Gemeinschaftskunde(Realschule), Geographie – Wirtschaft – Gemein-schaftskunde (Gymnasium) sowie in den FächernDeutsch, Religion und Ethik in den Standards aufge-führt.

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Foto: picture-alliance/dpa

»häuslichen Gemeinschaft« leben und ob die fami-liäre Lebensgemeinschaft auf einer Ehe basiert (nachMaunz/Dürig/Herzog: Kommentar zum Grundgesetz,Artikel 6, S. 5f. und 39f.).

In den heutigen Industriegesellschaften ist die Fami-lie die bedeutendste Einheit der sozialen Lebensform.Die Familie hat – mehr oder weniger ausgeprägt –wichtige Funktionen wie die quantitative und qualita-tive Nachwuchssicherung (Recht und Pflicht der El-tern zur Pflege und Erziehung der Kinder) sowiewechselseitige Rechte und Pflichten (Beistand undRücksicht, Solidarität). Sie bietet dem Individuum beipersönlichen oder gesellschaftlich bedingten Um-brüchen oder Krisen Rückhalt und Schutz. »Wir sindeine Familie« – dieses Gefühl schweißt zusammen,stärkt das Selbstwertgefühl und trägt so manchesKind durch das Leben. Die Familie ist der erste undwichtigste Ort, an dem die natürlichen Grundlagen fürdie Entwicklung des Kindes zu einer eigenverant-wortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeitgeschaffen werden. Unbestritten ist zum einen diezentrale Bedeutung der Familie in der frühkindlichenPhase bis zu vier Jahren (»primäre Sozialisation«oder »soziokulturelle Geburt«) und zum anderen dieandauernde Wirksamkeit der Erziehung und Verant-wortung auch bei wachsender Überlagerung durch

hinzukommende Sozialisationsinstanzen wie Kinder-garten, Schule, Gruppe der Gleichaltrigen und Mas-senmedien.

Bedingt durch die gesellschaftlichen Entwicklungenwie bessere Ausbildung, gestiegene Erwerbstätigkeitund die veränderte soziale Stellung der Frau sowieaufgrund der beruflich geforderten Mobilität existierteine Vielfalt von Erscheinungsformen der Familie.

• Als häufigster Familientyp hat sich die Kern- oderKleinfamilie herausgebildet. Sie bezeichnet heu-te das Zusammenleben von Mann und Frau in ehe-licher oder eheähnlicher Gemeinschaft mit Kindern.

• Die Ein-Eltern-Familie bildet einen weiteren Fa-milientyp, bei dem die Kinder mit einem unverhei-rateten, geschiedenen oder verwitweten Elternteilzusammenleben.

• Als weitere veränderte Form der klassischen Klein-familie ist die Stieffamilie zu nennen, die durchWiederverheiratung eines Partners entsteht. EinSonderfall der Stieffamilie ist die Patchwork-Fa-milie, bei der noch zusätzlich gemeinsame Kinderaus der neuen Ehe die Familie erweitern.

• Hingegen bezeichnet man als Großfamilie oderMehrgenerationenfamilie das Zusammenlebenvon mindestens drei vollständigen Generationen ineinem Haushalt.

• Seit 2001 haben gleichgeschlechtliche Paare dieMöglichkeit, einen familienrechtlichen Status als»eingetragene Lebenspartnerschaft« einzuge-hen. Dadurch gilt der eine Lebenspartner als Fa-milienangehöriger des andern, das Paar erhält inweiten Bereichen dem Eherecht nachgebildeteRechte und Pflichten. Jedoch ist eine gemeinsameElternschaft ausgeschlossen. Den Lebenspartnernist die volle gemeinsame Sorge über Kinder, einegemeinsame Adoption und Stiefkindadoption ver-wehrt. Lebt in der Gemeinschaft das Kind eines derLebenspartner, so erhält der andere Lebenspart-ner allerdings die Befugnisse zur Mitentscheidung(»kleines Sorgerecht«) insbesondere in Alltagsan-gelegenheiten des Kindes, u.a. bei Schul- und Arzt-besuchen.

Angesichts der vielfältigen Erscheinungsformen vonFamilie stellt sich die Frage nach ihrer aktuellen Be-deutung und ihrer Zukunftsfähigkeit. Während die ei-nen die Familie als Auslaufmodell sehen, steht für dieanderen Ehe und Familie an erster Stelle der Wün-sche und Lebensziele. Betrachtet man nun einigeAspekte des gesellschaftlichen Wandels – beispiels-weise die sinkenden Eheschließungs- und Geburten-zahlen, die steigende Scheidungsrate und die zu-nehmende Zahl allein lebender Menschen –, sokönnte man leicht die Familie vor dem Aus sehen. Esist jedoch fraglich, ob diese Entwicklungen tatsäch-lich eine Abkehr von Ehe und Familie zur Folge ha-ben oder ob mehr Zwischen-, Neben-, Vor- oderNachformen die »postfamiliale Familie« konturieren(Elisabeth Beck-Gernsheim, Auf dem Weg in die post-familiale Familie, 1998, S. 135). Auf jeden Fall ist of-

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Kommunikation

Für die Sozialisation des Kindes ist die Kommunika-tion in der Familie von großer Bedeutung, indem essich von Anfang an als einen wichtigen Teil einer Ge-meinschaft erlebt, in der täglich Bedürfnisse aufein-ander abgestimmt und Entscheidungen ausgehandeltund getroffen werden müssen. Hier lernt das Kind Fra-gen zu stellen, Antworten zu geben, seinen Stand-punkt zu artikulieren und Konflikte auszutragen. Zwarsind Erwachsene in bestimmten Phasen der Erzie-hung regelrecht genervt über ständiges Streiten oderendlose Diskussionen, zugleich sind sie aber auchdas Vorbild im Äußern von respektvoller Kritik und beider sachlichen und friedlichen Lösung von Konflikten.

Um zu selbstbewussten Menschen heranzuwachsen,müssen Kinder auch lernen, sich ihrer Gefühle wieTrauer, Wut, Angst oder Zuneigung bewusst zu wer-den, diese zu verarbeiten und kompetent mit ihnenumzugehen. Genauso wichtig ist es, die Gefühle an-derer zu erkennen und so auf sie einzugehen, dassauch Auseinandersetzungen fair und konstruktiv ver-laufen. Kinder mit stabilem Selbstwertgefühl, die sichselbst akzeptieren, müssen sich nicht durch Gewaltbeweisen oder durchsetzen. In der Familie lernt dasKind die Schlüsselqualifikationen sich auszudrückenund sich einzufühlen, was eine wichtige Grundlagezur Gewaltvorbeugung und Suchtprävention ist.

Selbstbewusstsein

Indem das Kind bei der Entdeckung seiner eigenenPersönlichkeit unterstützt wird, wird es auf seine Ta-lente und unverwechselbaren Eigenschaften auf-merksam gemacht. Es erfährt, wie aufregend die Weltdadurch wird, dass kein Mensch dem anderen gleicht.So kann es seine Identität und ein gesundes Selbst-wertgefühl entwickeln.

Ein stabiles Selbstbewusstsein, ein positives Bild vomeigenen Ich und ein gesundes Vertrauen in die eige-nen Fähigkeiten stärken Kinder und lässt sie Opti-mismus und Lebensfreude entwickeln. Da sie Halt undStärke in sich selbst finden, sind sie weniger anfälligfür negative Einflussnahme durch andere Menschenoder Gefährdungen wie Sucht oder Missbrauch. Er-

Soziale Normen und Ich-Identität

Der lebenslange Prozess des Hineinwachsens eines Indi-viduums in die Gesellschaft wird als Sozialisation definiert.Bei Kindern und Jugendlichen sind dies insbesondere dieLernprozesse, die sowohl unbewusst als auch bewusst dieÜbernahme von Rollen und Normen in den Gruppen unddie Entwicklung der Ich-Identität einschließen. Es geht da-bei gleichzeitig um die Prozesse der Individualisierung alsauch der Vergesellschaftung. Die Entwicklung der Identitäthängt von den Sozialisationsbedingungen und von einerkritischen Auseinandersetzung mit der sozialen Umwelt abund entscheidet mit darüber, ob eine individuelle Persön-lichkeit entsteht, die ihren Teil zur Gemeinschaft beitragenkann.

(Vgl. »Politik & Unterricht« Heft 3/1998, Seite 6.)

fensichtlich, dass die Familie nicht isoliert von ihremgesellschaftspolitischen Umfeld betrachtet werdenkann und dass sie sich als »kleinste Einheit« sowohlin der Erscheinungsform als auch in ihren Funktionenje nach gesellschaftlicher und historischer Situationverändert.

Allein der Blick in die neueste Statistik zeigt, dassnach wie vor die Familie die populärste Lebensformin Deutschland ist. Vier von fünf Kindern wachsendemnach bei ihren verheirateten Eltern auf, drei Vier-tel aller Kinder werden gemeinsam mit Geschwisterngroß. Obwohl die Zahl der Single-Haushalte auf 18Prozent gestiegen ist, leben mehr als die Hälfte derMenschen in Deutschland in einer Familie mit Kin-dern.

Die Bedeutung der Familie für Heranwachsende

Aufgrund ihrer Struktur sind Familien dynamische so-ziale Gebilde und aufgrund der Orientierung an denindividuellen Bedürfnissen der unterschiedlichen Fa-milienmitglieder äußerst vielfältig. Die Familie, in diedas Kind hineingeboren wird, hat Einfluss auf seinepersönliche und seine intellektuelle Entfaltung. VieleCharaktereigenschaften werden den Kindern mitge-geben, doch ob und wie sie ihre Fähigkeiten und ei-gene Wertvorstellungen entwickeln, hängt von ihremUmfeld, besonders von den Eltern ab.

Da heute oft eine Familie bewusst gegründet wird,wird die Stellung des Kindes in der Familie enorm auf-gewertet. Diese »Kindzentrierung« führt dazu, dassdas Augenmerk stärker auf das Wohlergehen des Kin-des gerichtet wird und die Eltern-Kind-Beziehungenstärker emotionalisiert sind. Dies hat den Übergangvom autoritär-patriarchalischen zum partizipativenModell der Familie zur Folge, in dem der bedin-gungslose Gehorsam der Kinder eher durch partner-schaftliche Verständigung und durch ein kamerad-schaftliches Verhältnis von Eltern und Kindern ersetztwird. Der individuelle Wert einer Familie wird durch dieQualität der persönlichen Beziehungen, Geborgen-heit, Liebe, Kommunikation, Verständnis, gegenseiti-ge Hilfe und Unterstützung sowie die Wertschätzungder Familienmitglieder untereinander bestimmt.

Gerade weil die Familie hauptsächliche, wenn nichtalleinige Erfüllungsinstanz für emotionale und exis-tenzielle Bedürfnisse und Sehnsüchte ist, bestehtauch die Gefahr, dass hohe Erwartungen nicht erfülltwerden können und Enttäuschungen oder nicht ge-lingende Abstimmungsleistungen der Individuenschnell zu Krisen oder gar zum Scheitern führen kön-nen. Als Folge von Überforderung oder als Versagender Familie als Erziehungsinstanz ist die wachsendeZahl an Kindern mit Sozialisationsdefiziten, unange-messenen Normvorstellungen (wie hohe Ansprücheund wenig Leistungsbereitschaft), psychosomati-schen und psychischen Störungen und einem hohenautoaggressiven Potenzial anzunehmen.

Im Folgenden werden exemplarisch drei Bereiche ausdem alltäglichen Zusammenleben in der Familie be-trachtet, die heute von besonderer Bedeutung für dieHeranwachsenden sind.

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Quelle: Globus Infografik GmbH

fahren Kinder im Alltag Respektund entwickeln sie Selbstver-trauen, so können sie auch ihreAblehnung deutlich machen,wenn Erwachsene ihnen etwasaufzwingen wollen.

Wie selbstbewusst ein Kind ist,hängt davon ab, welches Selbst-bild es von sich und seinenFähigkeiten entwickelt hat.Selbstbewusst auftretende Kin-der werden von den anderen glei-chermaßen als stark empfundenund auch so behandelt. Dies be-stätigt sie wiederum in ihremSelbstbild.Wenn Kinder an die ei-genen Fähigkeiten glauben, be-trachten sie neue Aufgaben undSituationen als Herausforderung,sie »trauen sich was« und lassensich von Misserfolgen nicht soschnell entmutigen. Erfolge erfül-len sie mit Stolz und Befriedigungund stärken das Vertrauen in dieeigene Person. Selbstbewusst-sein und Selbstständigkeit sindeng miteinander verbunden.Wenn dem Kind etwas zugetrautwird, wenn es seine Stärken nut-zen kann, um bestimmte Situa-tionen eigenverantwortlich erfolgreich zu meistern,dann entwickelt es schrittweise mehr Selbstvertrauen.

Indirekt spielt die Familie so eine große Rolle für dieberufliche Orientierung, weil sie die Grundlage für das»Selbstkonzept« der jungen Menschen legt, für dasBild, das der junge Mensch sich von seinen eigenenFähigkeiten aufbaut und für das Selbstvertrauen, mitdem persönliche Potenziale wahrgenommen und ent-wickelt werden.

Regeln und Rituale

In jeder Familie gelten Regeln, die das Miteinanderder Familienmitglieder bestimmen. Das Kind lernt sichin eine Gemeinschaft einzufügen, die Bedürfnisse an-derer gelten zu lassen und die Grenzen seiner Frei-heit anzuerkennen, während es sich als Persönlich-keit entwickelt. Regeln, klare Grenzen, eine bestimmteOrdnung und berechenbares Verhalten geben Kin-dern dabei Sicherheit und Geborgenheit.

Die Familie ist der erste Ort, wo junge Menschen Ver-trauensbereitschaft, Solidarität, Rücksicht, Flexibilitätund Kreativität, aber auch Pflichterfüllung und Fleißsowie die notwendige Anpassung an gegebene Rah-menbedingungen einüben können. Sich aufeinanderverlassen können, Achtung voreinander haben, einfreundlicher Umgangston, gegenseitige Hilfestellungbei der Erledigung von Aufgaben nach Fähigkeitenund Möglichkeiten sind dabei nur einige wichtige Re-geln, die den Erwerb von Sozialkompetenzen wie Mo-tivation, Leistungsbereitschaft und guten Umgang mitanderen positiv beeinflussen.

Rituale und Spielregeln sind sozial notwendig. Sie be-grenzen zwar einerseits die Entwicklung der kindli-chen Persönlichkeit, andererseits braucht jederMensch die Gruppe auch dafür, um seine Individua-lität zu entwickeln. Indem das Kind lernt, sich mit denRitualen der sozialen Gruppe, in der es aufwächst,auseinanderzusetzen und damit zu leben, gliedert essich in das gesellschaftliche Leben ein und lernt »gu-tes Benehmen«.

Dennoch entspricht das Benehmen vieler Kinder undJugendlichen nicht mehr dem, was man unter ge-wöhnlichem Anstand und höflichen Umgangsformenversteht. Unzählige Beispiele lassen sich dafür findenund vielfältig sind die Klagen darüber. Es ist die Redevom Versagen der elterlichen Erziehung. Benimm-Kurse werden als Schulfach gefordert oder mancher-orts sogar eingeführt. Betrachtet man beispielsweisedie Gepflogenheiten beim Grüßen, so lässt sich un-schwer feststellen, dass das, was man unter gutemBenehmen bzw. Anstand versteht, zwar einem zeitli-chen Wandel unterliegt, situativ bestimmt ist undauch durchaus hinterfragbar ist, gewisse Grund-merkmale jedoch zum sozialen Verhalten gehören.

Wird unsere Gesellschaft als kinder- und familienfreundlich erlebt?

Die zeitliche Organisation und die Gestaltung des Fa-milienlebens hängen wesentlich von der Berufstätig-keit der Eltern und der Betreuungssituation der Kin-der ab. Deshalb ist die Frage der Vereinbarkeit von

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Familie und Beruf nicht nur ein Thema für Erwachse-ne, insbesondere für Frauen bzw. Mütter. Sie prägt vorallem auch die Kinder in ihrer Einschätzung der Kin-der- und Familienfreundlichkeit der Gesellschaft undwirkt sich auf ihre eigene Lebensplanung aus.

Von herausragender Bedeutung für die Entwicklungvon Kindern und für das Erleben von Kinder- und Fa-milienfreundlichkeit sind außerdem die Wohnung unddas Wohnumfeld. Generell sind die Lebensräume fürKinder ungünstiger geworden, weil durch die zuneh-

Zeichnung: Mester

Quelle: Globus Infografik GmbH

aus dem öffentlichen Raum in denprivaten Bereich und in institutio-nelle Freizeit- und Betreuungsein-richtungen »verdrängt«. Ihre Akti-vitäten finden an isoliert von-einander liegenden Orten statt, wo-durch die Mobilitätserfordernissesteigen. Oft bietet der öffentlicheRaum in einer Wohngegend keinesicheren Orte, an denen Kinder al-ler Alterstufen zusammenkommen,reden und spielen können. Beson-ders Kinder in städtebaulichen undsozialen Problemgebieten leidenoft gleichzeitig unter ungünstigenWohnverhältnissen und schlechtenSpiel- und Lebensbedingungenaußerhalb der Wohnung. Als wei-tere Erscheinung ist die Flucht derFamilien aus den Innenbereichender Städte in Randgebiete oder inden ländlichen Raum mit familien-gerechten und bezahlbaren Woh-nungen zu beobachten.

Welche Vorstellungen von Familie haben Jugendliche?

Die Gefühlsbindungen und Machtbeziehungen in derFamilie beeinflussen das Entstehen von Vertrauenund wechselseitiger Anerkennung sowie die Bereit-schaft, von Vater und Mutter zu lernen und sich anihren Verhaltensweisen und Einstellungen zu orien-tieren. Mit zunehmendem Alter beobachten die He-ranwachsenden ihre Eltern bewusst. Sie imitieren ge-zielt, lehnen sich auf, versuchen sich abzugrenzen

mende Bebauung dieMöglichkeiten zum sponta-nen, unbeaufsichtigten undgefahrfreien Spielen imFreien immer geringer wer-den. Die Wohnquartierebieten wegen ihrer mono-funktionalen Nutzung we-niger Anregungen, der Verkehr schränkt den Be-wegungsraum stark ein,und die Verkehrssicherheitist nicht immer vorhanden.

Diese Einschränkungenkindlicher Aktionsräumehaben nicht nur veränder-te Möglichkeiten der Be-wegung, des Naturerle-bens und des Spielens zurFolge. Auch der für das Er-wachsenwerden wichtigeKontakt mit dem städti-schen oder dörflichen All-tagsleben kann nicht mehruneingeschränkt stattfin-den. So werden Kinder

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Quelle: Globus Infografik GmbH

felhaft als Ressource für soziale Geborgenheit ver-standen. Partnerschaft und Familie scheinen in derWahrnehmung der jungen Generation heute frei vonjeglicher materieller Motivation zu sein und aus-schließlich auf emotionaler Zuneigung und demWunsch nach persönlichem Glück und sozialem Haltzu beruhen.

Unterrichtspraktische Hinweise

Sicherlich ist es am sinnvollsten, wenn die Familie imUnterricht nicht zur Idylle verklärt wird, aber auch nichttrocken als »Sozialisationsagentur« abgehandelt wird.So soll hier die Familie als Lebensform, als »Zusam-menleben« betrachtet werden.

Ausgehend von der Frage »Was ist eine Familie heu-te, wer gehört dazu?« wird die Vielfalt der Lebensfor-men und deren zahlenmäßige Bedeutung sowie dieVeränderung der Familie in Bezug auf die Größe unddie Rollenverteilung deutlich (A 1 – A 5). Einleitend zudem Aspekt »Deine Familie und du« können als Impulszu den Buchstaben des Wortes »Familie« dazu-gehörende Begriffe gebildet werden (bspw. Freude, All-tag, Miteinander usw.). In einem weiteren Schritt wer-den die konkrete Bedeutung, die Aufgaben und dieFunktion der Lebensform Familie für die Heranwach-senden in unserer Zeit erarbeitet (A 6 – A 12). Dabeisoll vor allem erkennbar werden, dass nicht nur dieäußere Erscheinungsform unterschiedlich sein kann,sondern dass das alltägliche Zusammenleben in jederFamilie einzigartig ist.Verständlich wird dadurch, dass

die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, der Fer-tigkeiten und Kompetenzen durch diese unterschiedli-chen Erfahrungen und Erlebnisse geprägt werden, zu-gleich aber auch ein »Grundmuster« für den Umgangmit anderen erworben wird.

Die Funktionen der Familie sollen an drei Bereichen,die den Erwerb von kommunikativen, personalen undsozialen Kompetenzen betreffen, vertieft werden. Die-se Beispiele wurden deshalb ausgewählt, weil sie zumeinen von den Schülerinnen und Schülern reflektiertwerden können. Zum andern aber sind sie von ent-scheidender Bedeutung für alle Lebensbereiche undzwischenmenschliche Beziehungen. Sie dienen somitauch als Grundlage für die Bausteine B und C. Das Zielist eine Stärkung der Schülerinnen und Schüler sowieeine positive Auswirkung auf das schulische Miteinan-der.

Einführend in das Thema Kommunikation können an-hand der Fotos A 13 die Grundmerkmale des Ge-sprächs erarbeitet werden. Das Fallbeispiel A 14 solljeder Schülerin bzw. jedem Schüler ermöglichen, un-abhängig von der konkreten familiären Kommunikati-onssituation durch Empathie einen »neutralen Fall« zuanalysieren und zu bewerten.

Das Thema »Selbstbewusstsein macht stark« ist einBereich, in dem Schule und Eltern unterstützend zu-sammenwirken müssen, spielt er doch eine immergrößere Rolle beispielsweise in Bezug auf Gewaltvor-beugung, Suchtprävention sowie Konsum- und Me-dienerziehung. Wie notwendig die Thematisierung inder Schule ist, zeigen auch zahlreiche Projekte über-all im Land. An dem Beispiel A 15 wird deutlich, wieSelbstbewusstsein entwickelt werden kann. Praktischgeübt werden kann in Rollenspielen:

und machen dabei Erfah-rungen, die ihr sozialesVerhalten, ihre beruflicheOrientierung und ihr spä-teres Verhältnis zu Eheund Familie, aber auchihre Fähigkeit, es selbstanders zu machen, prä-gen. Sie beobachten El-tern, wie sie alltägliche Belastungen bewältigen:Auseinandersetzungenmit dem Partner, Doppel-belastung durch Familieund Beruf, finanzielle Not-lagen.

Der Stellenwert der Fami-lie im persönlichen Werte-kosmos der Jugendlichenzeigt zweierlei. Erstensmuss es sich bei demKonzept von Familie nichtnotwendig um das traditio-nelle Familienbild vom(leiblichen) Vater-Mutter-Kind-Ideal handeln. Zwei-tens wird Familie unzwei-

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• Du bist allein zu Hause, es klingelt und ein Fremderwill ein Paket abliefern.

• Auf dem Schulweg fragt dich eine fremde Autofahre-rin nach dem Gemeindezentrum und bietet dir an,dich dafür in die Schule zu fahren.

• Deine neuen »Freunde« verlangen von dir als Mut-probe, dass du im Supermarkt Süßigkeiten klaust.

Der dritte Themenbereich »Regeln und Rituale« wirdhier nicht nur wegen seiner aktuellen Medienpräsenzaufgegriffen. Hier steht stärker die gesellschaftliche Ori-entierung (Sozialisation) im Vordergrund – als Ergän-zung zu dem vorherigen, mehr auf die Stärkung des ein-zelnen Individuums ausgerichteten Themenbereichs.Der Einstieg (A 16) soll zu der Erkenntnis führen, dasssich gutes Benehmen nicht nur auf Begrüßungsritualeund auf perfekt trainierte Tischmanieren nach Kniggebeschränkt, sondern dass darunter vor allem auch einfreundlicher und situationsgerechter Umgang mit denMitmenschen zu verstehen ist. Konkretisiert wird dies anden Beispielen A 17–A 19, die aus dem Alltag der He-ranwachsenden gegriffen sind. Abschließend ist die eigene Meinung (A 20 und A 21) gefordert.

Als nächster Schwerpunkt wird die Frage »Wird unsereGesellschaft als kinder- und familienfreundlich erlebt?«an aktuellen Beispielen diskutiert und durch eigene Er-fahrungen bereichert, um schließlich die eigene Ur-teilsbildung zu fördern. Als Impuls dient das Ergebnis ei-ner repräsentativen Allensbach-Umfrage aus dem Jahr2003. Danach sagten 72 Prozent der befragten Kinderzwischen sechs und zwölf Jahren, sie hätten nur seltenden Eindruck, dass Erwachsene sich durch sie gestörtfühlten. Die meisten genießen ihre Kindheit und fühlensich von den Erwachsenen gemocht. Danach werdendie Aspekte der Familienförderung durch den Staat (A 22) und die Aspekte der Vereinbarkeit von Berufs-tätigkeit und Familie (A 23 und A 24) erarbeitet und mitder Situation in Frankreich verglichen (A 25).

Das konkrete Lebensumfeld wird unter dem Motto »kin-derfreundliche Stadt« (A 26) näher betrachtet. Hier sol-len vor allem die unterschiedlichen Interessen der Be-völkerung und die besonderen Bedürfnisse von Kindernund Jugendlichen deutlich werden. Abschließend wirddie eigene Meinung durch ein Statement begründet»Wenn ich Bürgermeister/in von … wäre ...«

Sicherlich ist es reizvoll, das Fallbeispiel »Wie familien-und kinderfreundlich ist mein Wohnort?« zu vertiefen.Unter anderem sind die Aspekte aufzugreifen: Warumwerden bestimmte Gegenden von Familien bevorzugt?Wo können Kinder im Freien spielen? Wie sind die Be-dingungen für Fußgänger und Radfahrer? Ein von derKlasse erarbeiteter, an die örtliche Situation angepass-ter Fragenkatalog kann dazu mithilfe von Karten und an-deren Daten, Expertenbefragungen und Vor-Ort-Erkun-dungen beantwortet werden. Zusätzlich können Mög-lichkeiten ausfindig gemacht werden, wie und wo Kin-der ihr Anliegen und ihre Ausführungen vorbringen kön-nen.

Die Diskussion der Frage »Welche Vorstellungen vonFamilie haben Jugendliche?« (A 27 – A 29) rundet denBaustein A ab.

BAUSTEIN B

Kinder in der Freizeit- undErlebnisgesellschaft

Wie verbringen Kinder ihre Freizeit?

Was Kinder in ihrer Freizeit tun, ist sehr vielfältig undvielschichtig. Nach Abzug der Zeiten für Schulunter-richt, Lernen, Hausaufgaben, häusliche Pflichten undWege sowie Routinetätigkeiten wie Essen und Kör-perpflege verfügen Kinder je nach Alter, Geschlechtund Schulart über ein unterschiedliches Maß an »frei-er« Zeit. Persönliche Interessen und Neigungen, Le-bensumstände und die bestehenden Angebote be-stimmen das Spektrum und den zeitlichen Umfangder Freizeitaktivitäten. Bis zu einem gewissen Gradwerden sie aber auch von den Erwartungen und An-sprüchen der Eltern an eine »sinnvolle« Freizeitge-staltung geprägt.

Schwerpunktmäßig wird die »Freizeit« mit unter-schiedlicher Gewichtung für folgende Bereiche ver-wendet:• Spielen, etwa in der Wohnung, im Wohnumfeld

oder bei Freunden• Nichtstun, Entspannen, Ausruhen• Teilnahme an institutionalisierten Freizeitangebo-

ten (Vereine, Kindergruppen, musische oder sport-liche Bildungsangebote)

• Nutzung von Büchern, Computern und anderenMedien

Jüngere Kinder verbringen häufiger ihre Freizeit mitkreativen Tätigkeiten, mit Sport und mit der Familie.Mehrere Umfragen haben ergeben, dass sich Kindervor allem »richtig Zeit mit ihren Eltern im Alltag, umgemeinsam etwas Schönes zu machen« wünschen.Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes(2003) widmen sich Männer knapp 75 Minuten undFrauen 165 Minuten pro Tag ausschließlich ihren Kin-dern!

Die 13- bis 16-Jährigen haben kein Interesse mehr anvon Eltern organisierter Freizeit. Vielen fehlt jedochdie notwendige Kompetenz und Fähigkeit, ihre freieZeit für eine selbst bestimmte, aktive Gestaltung desLebens zu nutzen; Fernsehen, Video, Computer undTelefon übernehmen die Animation. Etwa ab zehnJahren wird der Freundeskreis immer wichtiger, beiden 12- bis 19-Jährigen steht »sich mit Freunden bzw.anderen Leuten treffen« an erster Stelle.

Die Gruppe der Gleichaltrigen spielt neben Familieund Schule eine wichtige Rolle im Sozialisationspro-zess der Jugendlichen. Mit zunehmendem Alter undin manchen Bereichen macht die Clique oder Peer-group der Familie den Rang streitig oder dominiert so-gar. Heranwachsende orientieren sich in ihren Ein-

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Zeichnung: Mester

stellungen und in ihrer Selbsteinschätzung an ihr undversuchen sich gegenüber der Erwachsenenwelt ab-zugrenzen, was sich sowohl im Verhalten als auch inder Sprache äußert. Zusammengehörigkeitsgefühlund Erfolg werden durch gemeinsames Handeln inder Gruppe erlebt.

In dieser Zeit nehmen auch viele Jugendliche am Ver-einsleben teil, indem sie entweder in Jugendverbän-den oder in den Jugendabteilungen der Vereine aktivsind oder sich selbst ehrenamtlich in der Jugendar-beit engagieren. Besonders groß ist das Interesse derJugendlichen an den Sportvereinen; 70 Prozent trei-ben mehrmals pro Woche Sport. Wenn Jugendlichesich engagieren und sich für etwas einsetzen, dannwollen sie etwas bewegen und Ergebnisse sehen. Da-mit begründet Klaus Hurrelmann die besondere An-ziehungskraft von Non-Profit-Organisationen wie etwa

der ständigen Anleitung Erwachsener unterliegen. Siebrauchen »Leerzeiten« für das freie, selbst bestimm-te Spielen oder Tun, um ihre Erlebnisfähigkeit, Krea-tivität, Fantasie, Ausdauer und Stabilität zu ent-wickeln.

Auch Medienvielfalt, Motorisierung und Verhäusli-chung verändern das Freizeitverhalten von Kindern,indem das sich bewegende Spielkind zum Sitzkindwird. Im schlimmsten Fall sind die Folgen körperlicheSymptome wie Übergewicht, Herz-Kreislauf- und Hal-tungsschwächen einerseits und Verhaltensauffällig-keiten im sozial-affektiven Bereich andererseits. Daauch die Bedeutung der Konsum- und Freizeitwelt zu-genommen hat, wird Freizeit gerade für Kinder undJugendliche immer mehr zum organisierten »Event«.Mit spektakulären Ereignissen wird das Kind bei Lau-ne gehalten und animiert, immer neue »Abenteuer«

Elternhaus Freizeit als »sinnlose, leereZeit«, gepaart mit übermäßigem Medien-konsum. Mangelnde Freizeitkompetenzund Langeweile können so zu Krimina-lität, Aggressivität und Gewalt führen. Aufder anderen Seite stehen diejenigen, diegestresst von Termin zu Termin hetzen,um die von den Eltern oder sich selbstauferlegten Aktivitätspflichten nicht zuverpassen. Ist das Kind Träger unerfüllterElternträume, Statussymbol und bedientdie eigene Profilierung – hauptsächlich inden Bereichen Sport und Musik –, so un-terliegt der Wochenablauf einem strengenZeitplan. Sich spontan einfach nur so zumSpielen zu verabreden, bedarf einiger Te-lefonate, um die gegenseitigen Verpflich-tungen abzuklären.

Unbestritten ist, dass Kinder und Ju-gendliche auch Zeit brauchen, in der sienicht dem strengen Diktat der Uhr oder

Greenpeace oder amnesty international. Mög-lichkeiten zur Partizipation werden in der Schu-le (Schülermitverantwortung) oder in der Ge-meinde (Jugendgemeinderäte) wahrgenom-men. Hier können Jugendliche Chancen, Prob-leme und den Erfolg des politischen Engage-ments selbst erleben (vgl. Internetadressen).Sonstiges politisches Engagement zeigt nureine kleine Minderheit.

61 Prozent der Jugendlichen geben als Frei-zeitbeschäftigung Ausruhen und »einfach garnichts tun« an. Danach folgen mit Abstand andere Aktivitäten wie Musizieren, Malen undBasteln oder Unternehmungen mit der Familie.Zunehmend relevant werden für ältere Ju-gendliche abendliche Außer-Haus-Aktivitätenwie der Besuch von Partys oder Discotheken.

Auffallend sind beim Freizeitverhalten der Kin-der und Jugendlichen zwei gegenläufige Ten-denzen. Den einen Pol bilden diejenigen, diemit ihrer frei verfügbaren Zeit nur wenig odernichts anzufangen wissen. Meist erleben sie im Foto: picture-alliance/ZB

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werden bereitgestellt, die Freizeit »fin-det statt«. Von klein an gewöhnen sichdie Kinder daran, dass alle Anregungenvon außen kommen, so dass sie nichtsmehr mit sich anfangen können, be-sonders wenn zwischen den vielen An-geboten keine Zeit mehr gefunden wird,um eigene Möglichkeiten zu entdecken.

Medien und Freizeit

Ein Blick auf die modernen Medienzeigt, dass insbesondere Fernsehen,Video und Computer für Kinder zuneh-mend verfügbar und attraktiv sind. Ak-tuell verfügt jeder zweite Jugendlicheüber einen eigenen Computer, ein Vier-tel kann auf einen eigenen Internet-Zu-gang zugreifen. Das Fernsehen ist auchheute noch das Medium, das die meis-ten Jugendlichen unabhängig von Ge-schlecht, Alter und besuchter Schularterreicht. 94 Prozent sehen mehrmals

Foto: picture-alliance/dpa

fonieren hat vor allem das Versenden und Empfangenvon SMS eine hohe Attraktivität.

Unterschiede von gleichaltrigen Mädchen und Jungenzeigen sich bei der Nutzung der einzelnen Medien.Mädchen nutzen stärker auditive Medien, Jungen lie-gen bei der Nutzung von Computern mit 77 Prozentgegenüber 62 Prozent vor den Mädchen. Die Nutzungder einzelnen Medien orientiert sich an den Bedürf-nissen in bestimmten Situationen. Dem Wunsch Mu-sik zu hören wurde 2002 meist mit der Nutzung vonTonträgern wie CDs und Kassetten (46 Prozent) so-wie dem Radio (42 Prozent) entsprochen. Bei Lan-geweile oder um Sorgen und Probleme des Alltags zuvergessen, sind Fernsehen, Computer, Radio, Bücherund Tonträger sowie das Handy gefragt.Trost bei Trau-rigkeit spenden in erster Linie die Tonträger (32 Pro-zent) und das Radio (17 Prozent) sowie Fernsehenund Telefon/Handy (je 14 Prozent). Für die schnelleSuche nach Informationen zu einem bestimmten The-ma nutzen drei Viertel der 12- bis 19-Jährigen denComputer. Unterhaltung und Spaß wird von 46 Pro-zent der Jugendlichen beim Fernsehen gefunden.

Die intensive Nutzung von Computer und Internet inder Freizeit führt auch zu einer stärkeren emotiona-len Bindung an diese Medien, wie sie seit langem zumFernsehen besteht. Medien gehören heute zum Le-ben. Wer sie verbietet, schaltet zwar die Geräte aus,nicht aber ihren Einfluss. Unterstützung durch Er-wachsene – seien es klare inhaltliche und zeitlicheRegeln oder Gespräche – brauchen Kinder möglichstfrühzeitig, um einen kompetenten und eigenverant-wortlichen Umgang mit den Medien zu erlernen.

Bedenkt man, dass »drei Viertel aller Eltern Augenund Ohren vor den Computerspielen ihrer Kinder ver-schlossen haben«, so wird deutlich, dass Kinderdurch besondere, für alle geltende Schutzmaßnah-men vor gefährdenden Inhalten des Internet ge-schützt werden müssen.Will man »die Computerkids

die Woche fern. Dicht dahinter folgt die Nutzung vonTonträgern (93 Prozent), den dritten Platz nimmt dasRadio mit 86 Prozent ein. Mehr als zwei Drittel nutzenmehrmals wöchentlich den Computer, 56 Prozentspielen täglich oder mehrmals pro Woche Computer-spiele, 45 Prozent nutzen ihn als Lernhilfe oder für dieTextverarbeitung, wobei bildungsspezifische Unter-schiede festzustellen sind.

Die steilste Karriere im Bereich der Medien weist dasHandy auf, dessen neue Kommunikationsmöglichkei-ten ein Stück Kinder- und Jugendkultur gewordensind. Jedes zweite Kind zwischen elf und zwölf Jah-ren hat ein eigenes Handy, bei den 13- bis 22-Jähri-gen liegt die Quote bei 84 Prozent. Neben dem Tele-

Zeichnung: Thomas Plaßmann

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von heute nicht zu den Krankenversicherungsfällenvon morgen« (Christoph Zehendner) werden lassen,muss von allen Verantwortlichen einer sehr intensivenMediennutzung entgegengewirkt werden. Kinder ver-armen sonst in ihren sozialen Kompetenzen, der Be-wegungsdrang kommt zu kurz und das Verschwim-men der realen und virtuellen Welt bis zur völligenIdentifikation kann, insbesondere im Zusammenhangmit schwer zu verarbeitenden Eindrücken und Ge-waltdarstellungen, katastrophale Folgen haben.

Welche Rolle spielen heute die Printmedien? Für dieOECD-Begleitbefragung zur PISA-Studie gaben 42Prozent der 15-Jährigen an, nicht »zum Vergnügen«zu lesen. Aber das ist nur die halbe Wahrheit: Bei denMädchen sind es 26, bei den Jungen dagegen 52 Pro-zent. Auch andere Umfragen bestätigen, dass Mäd-chen am Lesen interessierter sind und mehr Lese-kompetenz besitzen.Während jedes zweite Mädchentäglich bis mehrmals pro Woche zu einem Buch greift,nimmt nur jeder vierte Junge ebenso häufig ein Buchin die Hand. Sehr unterschiedlich ausgeprägt ist dasLeseverhalten in den einzelnen Altersstufen. Insge-samt lesen 12- bis 13-Jährige im gleichen Zeitraumdoppelt so viele Bücher wie Jugendliche im Alter von18 bis19 Jahren.Tageszeitungen werden von 56 Pro-zent der Jugendlichen mehrmals die Woche gelesen,es folgen Zeitschriften (43 Prozent) und Bücher (37Prozent), wobei Gymnasiasten diese stärker nutzenals andere Schülergruppen.

Immer stärker werden die Klagen der Eltern und Leh-rer, dass Kinder heute kaum mehr lesen und wenn,dann kein »gutes Buch«. So werden die Kinder zumLesen gedrängt. Dabei haben gerade die Eltern dielesefreudigsten Kinder, die die Lektüre nicht zensie-ren, jedoch selbst gerne und oft zum Buch greifen. Si-cherlich kann die Schule mit kindgerechter, kreativerFörderung der Lesefreude und -kompetenz Anregun-gen geben und einiges bewirken. Zugleich wirkt sichdies dann auch auf den vernünftigen Umgang mit denanderen Medien aus. Neben dem Denken wird dieVorstellungskraft, neben der sprachlichen und geisti-gen Entwicklung wird die Fähigkeit zur Empathiedurch das Lesen besonders gefördert.

Unterrichtspraktische Hinweise

Das Unterrichtsthema Freizeit soll den Schülern undSchülerinnen helfen, ihr eigenes Freizeitverhalten zureflektieren, den Umgang mit »freier« Zeit zu lernenund sich im Dschungel der Freizeitangebote zu ori-entieren. In einem ersten Schritt soll die eigene Frei-zeitgestaltung erforscht und beleuchtet werden. ZuBeginn kann die Aufgabe lauten: »Wenn ich an Frei-zeit denke, dann…« Beende den Satz mit den drei fürdich wichtigsten Assoziationen! Als Nächstes erstelltjeder einen »Stundenplan« für die Zeit, die nicht in derSchule und mit schulischen Aufgaben verbracht wird.Daraus wird ersichtlich, welche und wie viel Zeit dasFreizeitbudget umfasst.

Die Fotos in B 1 zeigen, auf welche Art und Weise dieFreizeit verbracht werden kann. Sie sollen in ein Ras-ter mit den unterschiedlichen Bereichen eingeteiltwerden. Dieses wird ergänzt durch die Freizeitakti-vitäten der Schülerinnen und Schüler. Diese Ergeb-nisse werden in einer Hitliste der Freizeitaktivitätenzusammengefasst und mit B 2 verglichen.

Die Frage nach den Motiven und dem persönlichenGewinn der Freizeitgestaltung wird mit Hilfe des Such-rätsels B 3 angeregt. Für die Diskussion der Motiva-tion und des persönlichen Gewinns im Sport sind dieBeispiele B 4–B 6 gedacht. Da sich der Sport großerBeliebtheit erfreut, sollen anhand der Grafik »Sportli-che Jugend« (B 7) die Gründe dafür sowie die ge-schlechts- und altersbedingten Unterschiede erläutertwerden. Das Beispiel Musik (B 8) führt zu der Frage,welche Voraussetzungen und Ziele wichtig sind, da-mit sich Jugendliche im Verein engagieren. AmSchluss dieser Einheit kann die Erkundung der Frei-zeitangebote am Schul- bzw. Wohnort stehen. Ge-meinsam wird überlegt, wo Informationen eingeholtwerden können, die in kleineren Gruppen gesammeltund dann übersichtlich für alle dargestellt werden.

Ein weiterer Schwerpunkt bildet die Freizeitgestaltungmit den Medien Fernsehen, Computer und Buch. Dieemotionale Bindung an die einzelnen Medien kann mitHilfe von B 9 diskutiert werden, wobei die Nutzung inbestimmten Situationen und zu bestimmten Zweckeneine Rolle spielt. B 10 regt zur Thematisierung derProbleme beim Fernsehkonsum an. Anschließendwird die Entwicklung der Nutzung des Buches unddes Computer gegenübergestellt (B 11). Zur Ausein-andersetzung mit dem Internet regt die Befragungüber die eigenen Vorstellungen an (B 12).

In die Lesewelt wird mit Harry Potter (B 13) einge-stiegen, der seine Autorin Joanne K. Rowling reicherals die englische Königin gemacht hat. Trotz des Er-folgs von Harry Potter lesen Jugendliche weniger (B 14). Interessant sind sicherlich das Leseverhaltender Schülerinnen und Schüler und die persönlichen»Bestseller-Listen« der Schülerinnen und Schüler, diezum Vergleich aufgehängt werden. Die kurze Vorstel-lung eines selbst ausgewählten Buches, evtl. mit»Steckbrief« für die Pinwand, trägt dazu bei, die Freu-de am Lesen zu verstärken. Auch die Verbindung vonBuch und Film erhöht die Motivation (B 15).

Zahlreiche weitere Aktivitäten zur Leseförderung wieAutorenlesung, Bibliotheks- oder Verlagsbesuch, li-terarische Ausflüge zu bestimmten Schauplätzen, Le-senacht, Frederick-Tag, Lesestaffellauf von Ort zu Ort,Lesepatenschaften, Buchausstellungen, Lesewettbe-werbe und die Gestaltung eines eigenen Buches bie-ten sich an. In diesem Zusammenhang wird auf dieVeröffentlichungen des Landesinstituts für Erziehungund Unterricht Baden-Württemberg (LEU), der Stif-tung Lesen und der ZEIT hingewiesen (vgl. Literatur-verzeichnis und Internetadressen.) Auch die Be-schäftigung mit der Tageszeitung wird vielerorts vonden Zeitungsverlagen durch Projekte (z.B. Zeitung inder Schule), Schulungen und Materialien gefördertund kann in allen Klassenstufen durchgeführt werden.

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BAUSTEIN C

Kinder und Konsum

Seit Jahren berichten die Medien über das angeblichproblematische Konsumverhalten der Kinder, vonKonsumrausch und von Konsumabhängigkeit. In meh-reren Studien hat jedoch der Soziologe Elmar Langevon der Universität Bielefeld herausgefunden, dass82 Prozent der Kinder und Jugendlichen sich so nor-mal wie die erwachsenen Konsumenten und Konsu-mentinnen verhalten. Nur bei 18 Prozent der Bevöl-kerung aller Altersgruppen ist das Kaufverhaltenauffällig bzw. problematisch.

Wie entsteht das Konsumverhalten?

An erster Stelle steht dabei das Vorbild der Erwach-senen. Kinder identifizieren sich stark mit der Kon-summentalität der Gesellschaft und den Konsumge-wohnheiten des Elternhauses. Orientieren sie sichstark an dem Wert »Hast du was, so bist du was!« und

Foto: picture-alliance/dpa

bedeutet für sie »dazugehören« den Besitz von be-stimmten Dingen als Statussymbol oder hat man sichgar daran gewöhnt, selbstverständlich Konsumschul-den zu machen, so ist das ein wirkungsvolles Signalfür heranwachsende Konsumenten.

Wenn Kinder gefragt werden, worüber sich ihre Elternstreiten, wird an erster Stelle das Thema »Geld« ge-nannt. Im Elternhaus lernen die Kinder mit Geld undKonsum umzugehen. In jeder Familie entwickelt sichdazu eine spezifische Identität. Durch Offenheit imUmgang mit Geld und durch Eigenverantwortung fürein Budget lernen Kinder den vernünftigen Umgangmit Geld frühzeitig, um später nicht Klienten derSchuldnerberatung zu werden. Sie müssen selbst er-fahren, dass Geld nicht unbegrenzt zur Verfügungsteht und eine bewusste Einteilung nötig ist. Um dieWertigkeit des Wunsches richtig zu schätzen, brau-chen sie die Erfahrung, dass auf manches verzichtetwerden oder mancher Wunsch aufgeschoben werdenmuss, bis die eigenen Ersparnisse dafür reichen.

Die Wünsche der Kinder sollten ernst genommen wer-den, indem über die Beweggründe und die eigentli-chen Ziele geredet wird. Werden die Bedürfnisse be-wusst gemacht sowie die eigene Meinung sachlichbegründet und durch glaubwürdiges Verhalten be-stärkt, so zeigt dies positive Auswirkungen. Da sichKinder mit den Gleichaltrigen vergleichen und sich amBesitz ihrer Freunde orientieren, müssen sie erken-nen, dass sie weder Akzeptanz noch Freundschaftenerkaufen können.

Kinder und Jugendliche haben regelmäßig größereGeldbeträge zur Verfügung, sie besitzen mehr Geldals je zuvor und können sich heute große Wünscheerfüllen. Nach der Mitte 2003 veröffentlichten Kids-Verbraucher-Analyse verfügen die 6- bis 19-Jährigenim Schnitt über 73 Euro pro Monat.

Zum Zweiten sind Kinder ein wichtiger Wirtschafts-faktor und werden als attraktive Zielgruppe stark um-worben. Wenn sie mit diesen Einflüssen nicht kritisch

Stichwort: Geschäftsfähigkeit

Kinder und Jugendliche zwischen sieben und 18 Jahrensind nach § 106 BGB »beschränkt geschäftsfähig«. Siekönnen also ohne Einwilligung ihrer Eltern keine wirksa-men Rechtsgeschäfte eingehen. Ausnahme: Kinder undJugendliche haben den Kauf mit Mitteln finanziert, die ih-nen zur freien Verfügung überlassen waren (das kann dasTaschengeld, die Ausbildungsvergütung oder das erarbei-tete Geld bei Ferienjobs sein).

(Weitere zentrale Regelungen zur Geschäftsfähigkeit vonKindern und Jugendlichen werden in den §§ 104–111 desBGB getroffen.)

Aus: Aktion Jugendschutz (ajs), Landesarbeitsstelle Ba-den-Württemberg Stuttgart: ajs-Kompaktwissen: Kinderund Konsum.

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umgehen können, entwickeln sie ein Übermaß an ma-teriellen Ansprüchen. So nimmt die Verschuldung jun-ger Menschen in der Konsumgesellschaft immer mehrzu. Das Leben auf Pump hat den Makel aus der Ver-gangenheit abgelegt. An die Stelle der alten Werte»Spare in der Zeit – so hast du in der Not«, tretenSprüche wie »Kaufe jetzt. Zahle in einem halbenJahr«. Laut Statistik stecken 65 Prozent der Jugend-lichen in den Miesen und für 83 Prozent ist das eige-ne Handy zur Schuldenfalle geworden. Im Extremfallführt die Unfähigkeit, mit Wünschen und Geld richtigumzugehen, zu Kriminalität. So wurde laut Statisti-schem Landesamt Baden-Württemberg im Jahr 2000rund jeder vierte Schuldspruch gegen einen Jugend-lichen oder Heranwachsenden wegen Diebstahls ver-hängt, wobei der einfache Diebstahl rund 75 Prozentaller Diebstahldelikte ausmachte. In der Altergruppevon 14 bis 18 Jahren erging sogar jeder dritte Schuld-spruch wegen dieser Straftat.

Die Einkaufsmacht der Kinder reicht jedoch weit überdas eigene Geld hinaus. Der Einfluss der Kinder aufdie Kaufentscheidungen ihrer Eltern reicht von derWahl von Lebensmitteln und anderen Produkten destäglichen Bedarfs bis zur Wahl des Urlaubsorts, desFreizeitparks und teilweise auch des Autos. Nebendem gestiegenen Wohlstand sind dafür die demokra-tischeren Familienstrukturen und permanente Schuld-gefühle der Eltern ursächlich, die die fehlende Zeitund Zuwendung für Kinder über Geld und Konsumauszugleichen versuchen.

Quelle: Globus Infografik GmbH

Als dritter Faktor für die Entwicklung des Konsumver-haltens sind psychische und soziale Ursachen zunennen. Manche Menschen kaufen ständig und är-gern sich dann über die Tatsache, dass sie gekaufthaben, als auch über das, was sie gekauft haben. DerKauf dient nicht dazu, sich einen Wunsch zu erfüllenoder Notwendiges anzuschaffen. Vielmehr soll mitdem momentanen Kaufakt eine innere Leere ausge-füllt werden, ein ständiger Frust, eine seelische Man-gelerscheinung. Dies wird als kompensatorischerKonsum bezeichnet, der im Extremfall zur Kaufsuchtwerden kann.

Zurückzuführen ist dieses Konsumverhalten auf eineausgeprägte Selbstwertschwäche oder auf Minder-wertigkeitsgefühle, die aus einer gestörten Entwick-lung der Selbstständigkeit u.a. durch Zwang, Ein-grenzung und Leistungsdruck entstehen. Eine Reak-tion ist dann die Suche nach Auswegen, zum Beispiel»Tu dir was Gutes – Kaufe! Willst du wer sein – Kau-fe!« Als beste Konsumerziehung gilt deshalb nachdem Grundsatz »Das Sein hängt nicht vom Habenab« die Förderung der Selbstständigkeit von Kindernund Jugendlichen und die Stärkung der persönlichenEntwicklung.

Marken und Werbung

Der Wunsch nach Produkten oder ihr Besitz und diedazugehörende Werbung sind Teil der kindlichen Le-benswelten und Lebensstile geworden. Im Zeitalterder Medien sind heute schon viele Kinderzimmer ver-

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kabelt, die Informationsflut ist ra-send schnell. Kinder stoßen überallauf Werbung, sie sind bestens überdie Neuigkeiten auf dem Markt in-formiert. Werbebotschaften stellenmaterielle Güter als Glücksbringerheraus und vermitteln den Ein-druck, dass die Produkte frei ver-fügbar sind und ihr Besitz nicht vonGeld oder Arbeit abhängt.

Durch vielfältige Strategien werdendie Werbebotschaften an die Kinderherangetragen, um sie für be-stimmte Produkte zu interessieren.Gezielt werden dabei psychologi-sche Mechanismen genutzt:

• Vertrauen gewinnen durch früheund ständige Bindung an be-kannte Kreditinstitute (Schulspa-ren, Kinder- und Jugendzeit-schriften, Kinder- und Jugend-

Zeichnung: Mester

Foto: picture-alliance/ZB

clubs, Erlebniskarten, Wettbewerbe der Sparkas-sen und Banken)

• Der Wunsch nach Zugehörigkeit (Koppelung vonRepräsentanten der Kinder- und Jugendkultur mitbestimmten Produkten)

• Vorbildfunktion von Sportlern (Spitzensportler als»wandelnde Litfasssäulen« und als Sympathieträ-ger für Trendmarken)

• Sammelleidenschaft von Kindern (Stickers, Figu-ren als Beilage usw.)

• Begeisterung für Comic-Zeitschriften (mit einer An-zeige werden über 1,6 Mio. Kinder erreicht)

• Spontaneität der Kinder (geschickte Produktprä-sentation an der Kasse, Verpackung)

• Verbindung mit Lieblingsmedien (Werbespots imFernsehen, Anzeigen in Kinder- und Jugendzeit-schriften).

Bereits ab dem dritten Lebensjahr werden Werbungund Markendarstellung aufgrund der bunten Farben,lustigen Formen und Wiederholungen von Kindernbildhaft wahrgenommen und prägen sich komplex ein.Im Kindergarten verstärkt sich das »Markenlernen«und später wird vom »Schulhof als Markeninforma-tionsbörse« und von »Schulen als Markentribunale«gesprochen. Regeln und Vorgaben des Freundes-

kreises werden zunehmend wich-tiger. Es bereitet Kindern teilweisegroßen Stress, wenn sie mit be-stimmten Markenartikeln oder mitder sofortigen »Bedürfniserfül-lung« nicht mithalten können. Ge-speichert werden vor allem dieemotionale Ausstrahlung und diesoziale Bedeutung einer Marke.

Markentreue wird vor allem zwi-schen dem 8. und 10. Lebensjahrgeprägt und bleibt dann stabil. Sosehen viele Unternehmen dieWerbung um den Nachwuchs alsInvestition für die Zukunft und nut-zen auch ein Informationsdefizitder Eltern. Beispielsweise erken-nen Eltern die Kompetenz der Kin-der bei Sportartikeln an. Wählendie Firmen dann prominente Ath-leten als Werbeträger, wollen dieKinder das gleiche sportliche Out-fit wie ihre Idole tragen. Sie ent-wickeln »Markenbindung« – unddie Eltern entscheiden sich dannauch für diese.

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Unterrichtspraktische Hinweise

Im Unterricht sollen die Schülerinnen und Schüler inihrer Entwicklung zu selbstbewussten und kritischenKonsumenten praxisnah unterstützt werden. Die Ver-brauchererziehung in der Schule soll zum einen dasZiel haben, eine kritische Haltung gegenüber der Be-einflussung durch Werbe- und Marketingstrategien zuentwickeln. Zum anderen soll das eigene Konsum-verhalten reflektiert werden und zu einem verant-wortlichen, selbst bestimmten Umgang mit Geld undWarenangebot führen.

Zuerst wird die Herkunft und die Verfügbarkeit des»eigenen Geldes« erläutert (C 1 und C 2). Ergänzenddazu bietet sich die Klärung der Geschäftsfähigkeitvon Kindern und Jugendlichen an.

In einem nächsten Schritt geht es um die Verwendungdes Geldes, um Kaufverhalten und Konsum. Dabeiwird an den Beispielen C 4–C 7 erarbeitet, wie Wün-sche und Bedürfnisse entstehen. Schwerpunktmäßigsollen die Rolle der Statussymbole und der Einflussvon Marketing, Sponsoring und Werbung näher be-trachtet werden. Um die Werbestrategien zu durch-schauen und mehr Medienkompetenz zu erlangen,lernen die Schülerinnen und Schüler, die Anbieter-und Nachfrageinteressen voneinander zu unterschei-den. Sie untersuchen dabei, mit welchen Methodenund Techniken die Werbung arbeitet.

Die Materialien C 3 und C 8 werden dazu unter fol-genden Aspekten analysiert:• direkte Ansprache der Kinder als Käufer oder als

»Mitentscheidende«• attraktive Kinder und Jugendliche als bezahlte

Trendsetter und Sympathieträger für Trendmarken• Stars, Models, Sportler als Werbeträger für alle Le-

bensbereiche• Vermischung von Realität und Fantasie• Welche Gefühle, Wünsche und Träume werden

hervorgerufen?• Welche sprachliche und grafische Mittel werden

eingesetzt?

Die Werbeanalyse kann vertieft werden, indem dieSchülerinnen und Schüler über zwei bis drei Wochenhinweg aus Zeitschriften Anzeigen sammeln, die be-sonders ihre Altersgruppe ansprechen. Gemeinsamwerden dann die am häufigsten vertretenen Themen-bereiche (Sport, Ernährung, Freizeit, Zeitschriftenusw.) notiert, die Anzeigen entsprechend zugeordnetund jeweils von einer Gruppe unter den oben ge-nannten Aspekten untersucht. Alternativ kann in derKlasse eine Hitliste der bekannten Werbesprüche er-stellt und untersucht werden.

Ein weiterer Schwerpunkt hat die Stärkung der Selbst-bestimmtheit und die Immunisierung gegen Grup-pendruck zum Ziel. Anhand der Materialien C 9 undC 10 wird die Bedeutung des äußeren Erschei-nungsbildes bei Jugendlichen auf der Suche nach ih-rer Identität thematisiert. Dabei werden die Orientie-

rung an prominenten Vorbildern, die gängigen Schön-heitsidealen entsprechen, sowie der Einfluss der ei-genen Peergroup diskutiert: Warum werden be-stimmte Fabrikate von den Gleichaltrigen bevorzugt?Wer entscheidet, was »in« oder »cool« ist? WelcheFolgen ergeben sich daraus für die Gruppe wie Fa-milie, Freunde, Klasse? Weiterführend kann an spe-ziellen Produkten für Kinder und Jugendliche be-wusst gemacht werden, welche Vorteile gerade dieseProdukte für die Zielgruppe versprechen und was rea-listisch betrachtet dahinter steht. Durch Hinterfragender Verpackung, der Marke und der suggerierten(Schönheits-)Ideale sowie durch eigene Erfahrungenwerden die Produkte »entkleidet« und auf den Grund-nutzen reduziert.

Der Erfahrungsbericht in C 11 soll dazu anregen, zu-sammenfassend Prestige und Outfit in Beziehung zurPersönlichkeit und zu charakterlichen Qualifikationenzu setzen. Abschließend werden am Beispiel derSchuluniform (C 12 – C 14) die Pro- und Contra-Ar-gumente aus diesen Materialien erarbeitet und in derKlasse diskutiert.

Zeichnung: Thomas Plaßmann

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Literaturauswahl

Aktion Jugendschutz (ajs), Landesarbeitsstelle Baden-Würt-temberg, Stuttgart (Hrsg.):

ajs-Kompaktwissen: Kinder und Konsum

ajs-Kompaktwissen: Konflikte lösen – Gewalt vermeiden

ajs-Kompaktwissen: Computerspiele

ajs-Kompaktwissen: Internet – aber sicher!

ajs-Kompaktwissen: Multimedia

Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle Baden-Württem-berg (Hrsg.): Jung, lässig & pleite?, Stuttgart 2002.

Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Baden-Württem-berg e.V./Landesjugendring Baden-Württemberg e.V.(Hrsg): »Mitreden – mitgestalten – mitbestimmen« – Par-tizipation von Mädchen und Jungen, männlichen undweiblichen Jugendlichen an Entscheidungsprozessen vorOrt, Projektbericht, Stuttgart 1999.

Ariès, Philippe: Geschichte der Kindheit, München (dtv) 1992.

Baum, Heike: Starke Kinder haben’s leichter – Spielerischdas Vertrauen in die eigene Kraft stärken, Freiburg (Her-der) 2002.

Beck, Ulrich/Beck-Gernsheim, Elisabeth (Hrsg.): RiskanteFreiheiten – Individualisierung in modernen Gesellschaf-ten, Frankfurt/M. (Suhrkamp) 1998.

Biddulph, Steve: Das Geheimnis glücklicher Kinder, 11. Aufl.,München (Heyne) 2001.

Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V. (Hrsg.):Kinder 2000 – Jahresheft von Kinderschutz aktuell, Han-nover 2000.

Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V. (Hrsg.):Starke Eltern – Starke Kinder, Jahresheft 2003, Hannover2003.

Deutsche Shell (Hrsg.): Jugend 2000, Opladen (Leske + Bu-drich) 2000.

Ebbert, Birgit/Lilienfein, Klaus-Peter (Hrsg.): Schöne neueWelt? Multimedia – ein Thema für Jugendschutz undPädagogik, Stuttgart (Aktion Jugendschutz Landesarbeit-stelle Baden-Württemberg) 1996.

Eggen, Bernd: Ehe und Familie – ein Auslaufmodell? in: Sta-tistisches Landesamt Baden-Württemberg (Hrsg.): Sta-tistisches Monatsheft Baden-Württemberg, Heft 11/2003,Stuttgart 2003.

Eggen, Bernd/Leschhorn, Harald: Kinderreiche Familien undihre Haushaltsformen, in: Statistisches Landesamt Ba-den-Württemberg (Hrsg.): Statistisches Monatsheft Ba-den-Württemberg, Heft 5/2004, Stuttgart 2004.

Gerster, Petra/Nürnberger, Christian: Der Erziehungsnot-stand, Reinbek (Rowohlt), 2003.

Gestrich, Andreas/Krause, Jens-Uwe/Mitterauer, Michael:Geschichte der Familie, Stuttgart (Kröner) 2003.

Gordon, Thomas: Familienkonferenz in der Praxis, München(Heyne) 1990.

Gruner + Jahr Verlag: GEO Wissen Kindheit und Jugend,(Nachdruck 23/95), Hamburg.

Hareven,Tamara K.: Familiengeschichte, Lebenslauf und so-zialer Wandel, Frankfurt/M. (Campus) 1999.

Horn, Ulrike: Neue Mütter hat das Land, Stuttgart (Kreuz Ver-lag) 2000.

Hurrelmann, Klaus/Unverzagt, Gerlinde: Kinder stark machenfür das Leben, Freiburg, (Herder) 2000.

Illies, Florian: Generation Golf, Frankfurt/M. (Fischer) 2001.

Kaniak-Urban, Christine: Jedes Kind hat seine Stärken, Mün-chen (dtv) 2004.

Landesinstitut für Erziehung und Unterricht (LEU), Stuttgart:Lehren und Lernen, Heft 5/1998, Heft 6/1999, Heft11/2000, Heft 5/2001, Heft 1/2002, Heft 5/2004, Heft6/2004.

Landtag von Baden-Württemberg: Bericht und Empfehlungender Enquetekommission »Jugend – Arbeit – Zukunft«,Drucksache 12/3570 vom 3. März 1999, Stuttgart 1999.

Lange, Elmar: Jugendkonsum im Wandel – Konsummuster,Freizeitverhalten, Soziale Milieus und Kaufsucht 1990und 1996, Opladen (Leske + Budrich) 1997.

Machill, Marcel/Peter, Felicitas von (Hrsg.): Internet-Verant-wortung an Schulen, Gütersloh (Bertelsmann) 2001.

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.):JIM – Jugend, Information, (Multi-)Media, Baden-Baden2003.

Medienpädagogischer Forschungsverbund Südwest (Hrsg.):KIM-Studie 2003 – Kinder und Medien, Computer und In-ternet. Basisuntersuchung zum Medienumgang 6- bis 13-Jähriger, Baden-Baden 2003.

Molcho, Samy: Körpersprache der Kinder. Sonderausgabe,München (Mosaik) 1996.

Osberghaus, Monika: Was soll ich lesen? 50 beste Kinder-bücher, München (dtv) 2003.

Postman, Neil: Das Verschwinden der Kindheit, Frankfurt (Fi-scher) 1993.

Rogge, Jan-Uwe: Kinder brauchen Grenzen, 20. Aufl., Rein-bek (Rowohlt) 2001.

Sozialministerium Baden-Württemberg (Hrsg.): Landesju-gendbericht Baden-Württemberg 2000, Stuttgart 2000.

Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Datenreport 2002, Bonn(Bundeszentrale für politische Bildung) 2002.

Suer, Paul: Jedes Kind ist ein Genie – Selbstbewusstseinstärken und Wissen fördern, Rastatt (Paul-Moewig) 2002.

Unverzagt Gerlinde/Hurrelmann, Klaus: Konsum-Kinder. Wasfehlt, wenn es an gar nichts fehlt, Freiburg (Herder) 2001.

Zehendner, Christoph/Filker, Claudia: Surfen, chatten, spie-len, zappen, Wuppertal (Oncken) 2001.

Zeltner, Eva: Kinder schlagen zurück. Jugendgewalt und ihreUrsachen, München 1996.

Zink, Heidi/Zink, Jörg: Kriegt ein Hund im Himmel Flügel? 16. Aufl., Offenbach/M. (Burckhardthaus-Laetare) 1991.

Anforderungen aus anderen Bundesländern oderWünsche nach einem Privat-Abonnement von P&Uerfüllen wir nur gegen Bezahlung. Bitte wenden Siesich in diesen Fällen direkt an den

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Texte und Materialienfür Schülerinnen und Schüler124Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg

Neckar-Verlag GmbH aus: POLITIK & UNTERRICHT

78050 Villingen-Schwenningen Zeitschrift für die Praxis derKlosterring 1 politischen BildungPostfach 1820 Heft 3/2004

Kinder in Deutschland:Familie – Freizeit – Konsum

BAUSTEIN A Kinder und Familie

A 1 bis A 5 Was ist eine Familie?A 6 bis A 21 Die Bedeutung der Familie für Heranwachsende:

Kommunikation – Selbstbewusstsein – Regeln und Rituale

A 22 bis A 26 Wird unsere Gesellschaft als kinder- und familienfreundlich erlebt?

A 27 bis A 29 Welche Vorstellungen von Familie haben Jugendliche?

BAUSTEIN B Kinder in der Freizeit- und Erlebnisgesellschaft

B 1 bis B 8 Wie verbringen Kinder ihre Freizeit?B 9 bis B 15 Medien und Freizeit

BAUSTEIN C Kinder und Konsum

C 1 bis C 7 Wie entsteht das Konsumverhalten? C 8 bis C 14 Marken und Werbung

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20 Was ist eine Familie?

A

A 1 – A 29 Kinder und Familie

A 1 Familienbilder

Foto: picture-alliance/dpa Foto: Thomas & Thomas

Foto: picture-alliance/dpa

Foto: picture-alliance/dpa

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Was ist eine Familie? 21

A

A 2

A 3

Quelle: Globus Infografik GmbH

Quelle: Globus Infografik GmbH

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22 Was ist eine Familie?

A

Fragen zu A 1–A 5:

zu A 1:

Was ist eine Familie? Wer gehört dazu?

zu A 2 und A 3:

1. Große Familien – kleine Familien! Wie hat sichdie Personenzahl in den Familien in den letztenhundert Jahren verändert? Beschreibe die Ent-wicklung.

2. Beschreibe die zahlenmäßige Entwicklung derEhepaare mit und ohne Kinder von 1991 bis2002!

Zu A 4 und A 5:

1. In welchen unterschiedlichen Lebensformen le-ben Kinder in Deutschland? Wie ist die Vertei-lung?

2. Beschreibe die Familien hinsichtlich der Zahlder Geschwister!

3. Wie ist die Situation in Baden-Württemberg?Setze den Text in A 5 in ein Schaubild um!

A 5 Trend zu Geschwistern

Trotz des Trends zu kleineren Familien wachsen der-zeit noch fast drei von vier Kindern (74 Prozent) in Ba-den-Württemberg mit Geschwistern auf. Kinder vonEhepaaren haben zu gut 78 Prozent einen Bruderoder eine Schwester, teilte das Statistische Landes-amt in Stuttgart mit. In den Familien allein erziehen-der Eltern hatten 2003 nur gut 50 Prozent der KinderGeschwister. Im Schnitt des vergangenen Jahres hat-te eine baden-württembergische Familie 1,7 Kinder.

Von den 2,1 Millionen Minderjährigen in Baden-Würt-temberg leben 84 Prozent mit verheirateten Eltern zu-sammen. Im Jahr 1972 lag der Anteil nach Angabender Statistiker bei 94 Prozent.

Heilbronner Stimme vom 15. April 2004

A 4

Quelle: Globus Infografik GmbH

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Die Bedeutung der Familie für Heranwachsende 23

A

trifft zu trifft nicht zu

Der Zusammenhalt in unse-rer Familie ist viel stärker alsin anderen Familien.

Für mich kommen meine El-tern an erster Stelle. Sie sindmeine Vorbilder.

Von meinen Eltern fühle ichmich am besten verstanden.Sie helfen mir bei wichtigenEntscheidungen.

Meine Eltern hören mir fastimmer zu und versuchen,sich in meine Probleme hi-neinzudenken und Problemegemeinsam mit mir zu lösen.

Meine Eltern nehmen sichgenügend Zeit für mich undwir verbringen viel Zeit ge-meinsam in der Familie.

Was bedeuten dir deine Familie und deine Eltern?

Verändert nach: Deutsche Shell (Hrsg.): Jugend 2000.13. Shell Jugendstudie, Bd. 1, Opladen (Leske + Budrich)2000, S. 73, 87, 458.

A 6 Deine Familie und du

sehrwichtig

wenigerwichtig

gar nichtwichtig

habe ichnicht

Vater

Mutter

Bruder/Brüder

Schwester(n)

Großeltern

Tante/Onkel

gleichaltrige Verwandte

gute Freundin/guter Freund

Freundesgruppe

Mitschülerinnen/Mitschüler

Lehrerinnen/Lehrer

Wie wichtig sind diese Personen zurzeit für deinLeben?

A 7 Meine Familie

Manchmal frage ich mich, ob wir nicht ein bisschenkompliziert sind, meine Eltern und ich. Komplizierterals Wengers zum Beispiel. Wengers sind unsereNachbarn. Bruno Wenger geht mit mir zur Schule. Erist mein Freund.

Wenn Bruno fragt, warum die Katzen ihre Haare ver-lieren und die Mäuse nicht, sagt sein Vater: Das isteinfach so. Damit meint er, dass er im Moment keineZeit hat. Die Wengers sind anders als wir. Ich meinenicht, dass sie anders heißen oder anders aussehenoder einfach andere Möbel haben, andere Bücher, an-dere Pflanzen. Eher ist es der Geruch in ihrem Korri-dor oder die Art, wie Frau Wenger mit der Post he-reinkommt und sie ablegt um die Jacke auszuziehen,oder wie sie nach dem Abwaschen ihre Hände mitCreme einschmiert. Eigentlich weiß ich nicht, was esist. Das heißt, ich weiß es schon, aber ich kann esnicht sagen. Es ist, als hätten sich die Wengers aufetwas verabredet, das sie keinem verraten. Manch-mal bin ich mitten unter ihnen ziemlich verloren. Wiein einem Aquarium unter Südseefischen.

Für andere Leute sind auch wir andere Leute.Wir ha-ben uns ein Leben angewöhnt, unser eigenes, dasnur uns normal vorkommt. Bei uns riecht es vermut-lich auch irgendwie anders als anderswo. Es istschwer sich das vorzustellen.

Mutter legt das Buch, in dem sie zwischendurch im-mer liest, mit den offenen Seiten nach unten auf denTisch oder den Fenstersims oder die Gartenmauer,und sie wird wütend, wenn Anna es anrührt. Aber sielegt das Buch weiterhin irgendwo ab und Anna nimmtes weiterhin irgendwo weg, trägt es herum, blättertdarin und tut so, als lese sie. Bei Wengers passiertdas nicht. Das ist nur ein Beispiel und vielleicht einschlechtes.

Beim Nachtessen haben wir darüber geredet, überdas Anderssein. Über die Art, wie Vater die Naseputzt, wie Mutter einen lästigen Gedanken mit derHand verscheucht, wie ich rascher zu reden anfange,wenn niemand mir zuhört, wie Anna dreinschaut,wenn sie klebrige Finger hat.

Wir wissen nur sehr wenig über unser eigenes Leben.Es ist leichter über den Dampfkochtopf oder über dieWengers zu reden als über uns selber. Wir könnenunsere eigene Nase eben nicht riechen, hat Vater ge-sagt.

Wie wir sind, wenn wir anders sind, müssten andereeigentlich wissen, zum Beispiel gerade die Wen-gers…

Jürg Schubiger: Mutter, Vater, ich und sie, Weinheim (Beltz &Gelberg) 1997, S. 74f.

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24 Die Bedeutung der Familie für Heranwachsende

A

A 10 Ein wichtigerGeschichtenerzähler

Für den achtjährigen Leon (…) ist der Großvater einwichtiger Mann. »Mein Opa kommt gleich nach Mamaund Papa«, sagt der Kleine.

Der Großvater hat Leon gezeigt, wie man ein Bau-ernfrühstück zubereitet und lehrte ihn, mit einemSchnitzmesser umzugehen. Bei ihm kann sich Leonauch mal aussprechen, wenn daheim nicht alles zumBesten steht. (…) Besonders wichtig sei der Großva-ter als Geschichtenerzähler. Er mache Geschichteüber seine Person anfassbar und stelle einen Zu-sammenhang zum Heute her. Nicht nur Enkel, auchviele Großväter wissen diesen Austausch zu schät-zen. (…)

Heilbronner Stimme vom 1. September 2003 (Monika Hope)

A 8 Einmal im Monat

Einmal im Monat kommt Marcels Vater und holt ihnfür einen ganzen Tag zu sich. Marcel ist immer nochVatis Junge, auch jetzt noch, wo die Eltern geschie-den sind. Marcel hat ihn sehr lieb. Er hat ihn jetzt so-gar lieber als früher. (…)

Marcel und Mama haben zusammen eine dickeFreundschaft. Marcel braucht Frieden und Freund-schaft, damit er in Ruhe spielen, lesen, malen und ler-nen kann. Er zieht sich gern zurück und beschäftigtsich mit Oskar, dem Meerschweinchen, und mit allseinen Spielsachen und Büchern über Flugzeuge.

Marcels Vater ist technischer Zeichner. Er hat Marcelgezeigt, wie man ein Flugzeug zeichnen muss. Mar-cel möchte auch gern technischer Zeichner werden,in einer Fabrik, wo Flugzeuge gebaut werden.

Heute ist Samstag, schon zehn Uhr vorbei. Marcel istum zehn Uhr mit seinem Vater verabredet. (…) »Wasjetzt?«, fragt Marcels Vater, als sie draußen auf derStraße stehen. »Mein Herr Sohn, wohin soll die Fahrtgehen?« »Hast du dir schon was überlegt?«, will Mar-cel wissen. »Ich mach dir einen Vorschlag: Wir fahren(…) zum Flughafen und gucken uns alles an, was eszu sehen gibt.« »Wau«, seufzt Marcel. Er ist begeis-tert. Auf so eine Idee kann nur sein Vater kommen.»Los, fahr ab!«

Otti Pfeiffer: Papa nur für mich, Bindlach (Loewe) 1992, S. 30–33.

A 9 Spiel mit Grenzen

Es ist ein Morgen wie jeder andere, Viertel nach sie-ben. Vincent, dreieinhalb Jahre alt, sitzt am Früh-stückstisch, fuchtelt mit einem Messer in der Luft he-rum und blitzt mich unternehmungslustig an.

»Leg das sofort hin!« ermahne ich meinen jüngstenSohn. Er grinst verschmitzt, dann senkt er das Be-steck. Doch schon leuchtet in seinem Gesicht eineneue Idee auf. »Säge, säge, säge«, singt er und ras-selt dabei mit dem Messer an der Tischkante. Ichspringe auf, um ihm das Werkzeug zu entreißen. Da-rauf hat er nur gewartet, hüpft mit einem Juchzer vomStuhl und rennt davon. An der Tür erwische ich ihn,entwinde ihm das Messer und bin froh, dass er sichdabei nicht schneidet.

Inzwischen ist Jo, mit zehn Jahren unser Ältester, zumFrühstück erschienen – schlaftrunken und mit un-gekämmten Haaren. »Guten Morgen!« begrüßt ihnBärbel, meine Frau. Statt einer Antwort grapscht ernach einer Scheibe Brot und beschmiert sie mit Mar-garine. »Milch!« kommandiert er. »Wie heißt das?«fragt seine Mutter. »Gib mir die Milch – BITTE!« »Daswar nicht der richtige Tonfall«, sagt sie und rührt kei-nen Finger. Genervt erhebt er sich und holt die Milchselber.

Dann ertönt ein Verzweiflungsschrei aus der oberenEtage: »Wo ist meine Hose?« ruft Ingmar, der Acht-jährige. Jetzt wühlt er wieder in der Schublade: Dieeine Buxe ist zu groß, die andere zu klein, die drittezu kratzig und die vierte zu doof. Gleich wird er dieWand anstarren, warten, bis wir nach ihm rufen, unddann klagen: »Aber ich hab’ keine Hose!« Bis erschließlich doch eines der ungeliebten Kleidungs-stücke übergestreift hat, ist es nach halb acht, und wirmüssen die Kinder antreiben, damit sie noch recht-zeitig zur Schule kommen.

Ein ganz normaler Morgen in einer ganz normalen Fa-milie: drei Söhne, drei Methoden, ein harmonischesFamilienfrühstück zu verhindern.

Quelle: Henning Engeln: Spiel ohne Grenzen, in: GEO Wissen:Kindheit und Jugend. Nachdruck 23/1995, Hamburg (Gruner+ Jahr), S. 58–61.

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A 12

Zeit für uns

A 11

Schule vereint Eltern und Kinder

Foto: VISUM

Zeichnung: Pit Grove

Fragen zu A 7–A 12:zu A 7: Was unterscheidet die beiden Familien in dem Text. Was ist kennzeichnend?

zu A 8: Warum sind die beiden Eltern so wichtig für Marcel?

zu A 9: Gibt es den ganz normalen Alltag? Was ist typisch, was kennst du nicht? Warum verläuft diegleiche Situation in jeder Familie anders? Überlegt euch Alternativen und versucht die Szenezu spielen!

zu A 10: Was bedeutet die gemeinsame Zeit mit den Großeltern für die Enkel?

zu A 11 und A 12: Was machst du am häufigsten mit deiner Mutter bzw. deinem Vater? Was machst du am liebs-ten mit deiner Mutter bzw. deinem Vater?

Die Bedeutung der Familie für Heranwachsende 25

A

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26 Die Bedeutung der Familie für Heranwachsende

A

A 14 »Wie war’s denn heute?« »Nicht so doll.« …

1. … »Ach du armes Ding. Komm’ her und erzähl’ mir al-les.«»Wir haben ’nen neuen Mathe-Lehrer. Ich hab’ kein Wortverstanden.«»Das ist aber schlimm. Soll ich dir nachher mit den Schul-aufgaben helfen?«»Die hab’ ich liegen lassen.«»Soll ich morgen in der Schule anrufen und mit dem Di-rektor sprechen?«»Also, ich weiß nicht…«»Glaubst du nicht auch, dass es besser ist, den Anfän-gen zu wehren, bevor alles noch schlimmer kommt?«»Na ja …«»Ich will doch nicht, dass du in der Schule durchfällst.«»Fffffhhhh …«

2. … »Du hast gut reden! Ich würde mir auch gerne maleinen schönen Tag machen, lernen und bequem in derSchule rumsitzen.«»Na ja, heute haben sie uns ganz schön rangenommen.Der neue Mathe-Lehrer ist ganz schön bescheuert…«»Rede bitte nicht in diesem Tonfall über deine Lehrer!Wenn du ein bisschen besser aufpassen würdest, wür-dest du alles mitbekommen. Du glaubst wohl, dir muss al-les auf dem Servierteller präsentiert werden!«»Fffffhhhh …«

3. … »Na Kopf hoch, so schlimm wird’s schon nicht ge-wesen sein oder? Willst du ein Brot?«»Danke. Ich mach’ mir ein paar Sorgen wegen Mathe …«»Dein Vater und deine Mutter sind auch keine Einsteins,und du auch nicht. Komm’, schau dir was im Fernsehenan, lass dich davon nicht unterkriegen.«»Fffffhhhh …«

4. … »So schaust du auch aus. Was ist denn schief ge-laufen?«»Ach, wir haben einen neuen Mathe-Lehrer. Der ist zuschnell.«»Machst du dir Gedanken, dass du da nicht mithaltenkannst?«»Ja, schon. Ich habe ihn gefragt, ob er mir eine Sache er-klären könnte, und er sagte bloß, ich sollte besser auf-passen.«»Hmmm … und wie hast du dich dabei gefühlt?«»Ich war ganz schön wütend – und die anderen habenmich auch noch aufgezogen …, obwohl sie selber Prob-leme haben.«»Also ärgerst du dich darüber, dass du in Schwierigkei-ten geraten bist, weil du dich als Erster gemeldet hast.«»Ja, so von den anderen vorgeführt zu werden, das magich gar nicht.«»Was willst du denn jetzt machen?«»Ich bin mir nicht sicher; vielleicht frage ich ihn noch mal,wenn der Unterricht vorbei ist.«»Glaubst du, dass es dann besser läuft?«»Ja schon, dann wäre mir das Fragen nicht so peinlich.Außerdem ist er wahrscheinlich auch ein bisschen unsi-cher. Vielleicht legt er deshalb so ein Tempo vor.«»Du meinst, dass er selber Probleme hat?«»Ja, ich glaube, dass wir ihn einfach nervös machen.«»Kein Wunder, wenn er sich mit so schlauen Schülern wiedir rumschlagen muss!«

Aus: Steve Biddulph: Das Geheimnis glücklicher Kinder, 11. Aufl., München (Heyne) 2001, S. 71ff.

Fotos: Nomi Baumgart l (keine Online-Rechte)

A 13 Miteinander sprechen

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Die Bedeutung der Familie für Heranwachsende 27

A

A 15 Starke Schüler brauchenStark-Macher

(…) Stark ist nicht, wer seine Muskeln fleißig trainiertund effektvoll einzusetzen weiß. Starke Schülerinnenund Schüler sind: selbstbewusst und rücksichtsvoll.Sie wissen, mit ihren Gefühlen umzugehen. Sie kön-nen Konflikte bewältigen. Sie müssen nicht rauchen,weil das in ihrem Alter gerade »hipp« ist. Und sie den-ken nicht immer zuerst an sich. Sie wissen, was esheißt, für sich selbst Verantwortung zu übernehmen.

Solche starken Schüler gibt es (…). Das Robert-Mayer-Gymnasium Heilbronn integriert die Persön-lichkeitsentwicklung jedes einzelnen Kindes in denStundenplan: als Arbeitsgemeinschaft oder Workshop,auch eingeflochten in den »gewöhnlichen« Lehrplan.

In der 5. Klasse fängt es an. Eine Verfügungsstundeist jede Woche fest im Stundenplan verankert. Da ma-chen die Kinder Bekanntschaft mit ALF, sie lernen all-gemeine Lebenskompetenzen und Fertigkeiten. Wasist das? Ein Beispiel: Jedes Kind erkundet seine ei-genen Stärken und wird dadurch seiner selbst be-wusster. Nicht nur die soziale Kompetenz der jüngs-ten Gymnasiasten wird aufgebaut, sie lernen auchArbeitstechniken, die ihnen den neuen Schulalltag er-leichtern.

In der Klasse 6 gibt es »stups«, ein Selbstbehaup-tungstraining für Kinder, ein freiwilliges Angebot. Pflichtist die Teilnahme am Kurs »Herausforderung Gewalt«der Polizei. Be smart don’t start – die Verpflichtungnicht zu rauchen, ist auch in Klasse 6 verankert. Sucht-und Drogenprävention prägt das Projekt in Klasse 7.Die Achtklässler besuchen Schulteamseminare, dieDrogenkonsum verhindern sollen.

»Flugzeuge im Bauch« kommt mit Pro Familia in dieSchule und macht die Pubertät in allen Schattierun-gen zum Thema. In der 9. Klasse ist ein Aktionstag imHochseilgarten oder das Projekt »freiraum« Highlightder Selbsterfahrung. Ein Streitschlichterprogrammwird für die 10.-Klässler aufgelegt. (…)

Heilbronner Stimme vom 19. November 2003 (Gertrud Schubert)

A 16 Gutes Benehmen

Ja Nein

Du gehst durch die Tür und lässt der nachfol-genden Person die Türe vor der Nase zufallen.

Du bietest älteren Menschen in öffentlichenVerkehrsmitteln deinen Platz an.

Du antwortest auf die Begrüßungsformel »Wiegeht’s?« mit »Danke, schlecht.«

Du begrüßt deine Tante aus Hamburg mit ei-nem Knicks oder einem Diener.

Du grüßt freundlich in die Runde, wenn du ei-nen Raum betrittst, in dem sich bereits meh-rere, dir nicht näher bekannte Personen be-finden.

Du fällst deinem Mitschüler ständig ins Wort.

Du meldest dich am Telefon nur mit »Ja« oder»Hallo«, obwohl du nicht weißt, wer anruft.

Du bedankst dich, wenn du von der Mutterdeiner Mitschülerin oder deines Mitschülersim Auto nach Hause gebracht wirst.

Gutes Benehmen und Umgangsformen – was gehörtfür dich dazu?

Die beste Freundin bekommt zur Begrüßung einedicke Umarmung, die Omi ein Küsschen, der Lehrerein einfaches Hallo und der Arzt einen festen Hände-druck. Die Begrüßung – sie gehört zum Alltag dazu.Wer denkt da noch ernsthaft darüber nach, wen er wiebegrüßt und vor allem warum? Festgefahren in ihrenRitualen, hat so ziemlich jeder Freundeskreis seine ei-gene Art der Begrüßung. Bei der Mädchenclique gibt’s Küsschen, die 13- bis 14-jährigen Jungs klat-schen sich ab und andere geben sich einfach nur dieHand.

Weder die Begrüßung der Mädchenclique, noch dieder Jungs kommt ihrem ursprünglichen Sinn nach.

A 17 Wo ist die Höflichkeit?

Das Küsschen steht nur noch selten für wahre Wie-dersehensfreude und das Abklatschen wirkt meistnicht wie gewollt cool, sondern eher peinlich. Zerstörtwurde die Bedeutung dieser Grüße, indem sie zurRoutine wurden und somit von ihrer wertvollen Be-deutung immer mehr verloren haben.

Immerhin. Diese Cliquen machen sich noch die Mühe,sich zu begrüßen und diese Begrüßung zumindestfreundlich wirken zu lassen. Denn schon beim Gangin den Supermarkt vergessen die meisten Menschendiese Tugend plötzlich. Falls es eine Begrüßung gibt,fällt diese oft mürrisch aus. Ein nettes Lächeln oderein freundlicher Blick in die Augen ist zu viel verlangt.Die Höflichkeit bleibt auf der Strecke. Genauso ist esbei den zahlreichen Jugendlichen, die, wenn sie ihrenMathelehrer sehen, an plötzlicher Blindheit erkranken,um nicht grüßen zu müssen. Doch nicht nur Jugend-lichen ist diese Anstrengung zu groß. Vielen Erwach-senen mangelt es oftmals auch an Respekt und Höf-lichkeit gegenüber Jugendlichen und vor allemKindern. Warum sich auch unnötig bemühen wegeneines Grußes?

Ehrliche und zugleich freundliche Begrüßungen sindzur Seltenheit geworden. An ihre Stelle sind Un-freundlichkeit, Feigheit, Falschheit und Routinegerückt.Traurig für alle, die ihre Begrüßung ernst mei-nen. Doch sicher ist eins: Jeder mit ein bisschen Men-schenverstand merkt den Unterschied zwischen einem ehrlich gemeinten und aus falscher Freund-lichkeit ausgesprochenen Gruß.

Heilbronner Stimme vom 5. Februar 2004 (Jana Müller)

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28 Die Bedeutung der Familie für Heranwachsende

A

A 18 So oder so?

A 19

Tischmanieren

Zeichnung: Pit Grove

Foto: Nomi Baumgart l (keine Online-Rechte )

Foto: DIAGENTUR

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Die Bedeutung der Familie für Heranwachsende / Wie wird unsere Gesellschaft erlebt? 29

A 21 Benehmen ist angesagtA 20 Benimmkurse bei schlechter Kinderstube?

Pünktlichkeit, Ausreden lassen, Sauberkeit undGrüßen: Sollen diese Benimmregeln in der Schule un-terrichtet werden? Anstand und Benehmen gehörenzu einer guten Bildung. Gehören Benimmkurse aufden Lehrplan? Dazu zwei Meinungen:Oliver Haas (24), Sozialversicherungsfachangestell-ter aus BrettenSo etwas dürfte es eigentlich nicht geben. Es müsstendie Benimmregeln von Haus aus vorhanden sein. Ichdenke aber, heutzutage müssten solche Benimmkur-se stattfinden. Der ein oder andere hätte es bestimmtnötig.Gabriele Wilke (51), Hausfrau aus WüstenrotIch fände es sehr sinnvoll. Die Jugendlichen grüßenkaum noch ältere Menschen. In der Stadt ist es garnicht mehr üblich, auf dem Land noch eher.Wenn dieKinder nicht im Elternhaus angehalten werden, sichzum Beispiel bei Tisch zu benehmen oder älterenMenschen zu helfen, sollte dies die Schule, zumin-dest teilweise, übernehmen.

Heilbronner Stimme vom 6. September 2003 (Lina Scheu)

Schlechte Manieren kommen auch bei Kindern un-tereinander nicht an: Bitte, Danke und Entschuldigungsagen halten 95 Prozent der Schüler zwischen sechsund 13 Jahren für eine ganz wichtige Benimmregel,wie eine Umfrage ergab. Das Gleiche gilt für grüßenund andere ausreden lassen. Jedes sechste Kindkann es partout nicht ausstehen, wenn neben ihmgerülpst wird. Häufig genannt wurden auch schlech-te Eigenschaften wie Angeben, Schreien oder Zicken.

Heilbronner Stimme vom 19. März 2004

A 22 Mehr tun bei der Kinderbetreuung

Renate Schmidt (SPD), Ministerin für Familie, Frau-en, Senioren und Jugend, will bundesweit für besse-re Betreuungsangebote für Kinder sorgen und so dieFamilien entlasten. »Hier sind wir das Schlusslicht inEuropa«.

Frage: Die rot-grüne Koalition ist mit dem Verspre-chen angetreten, Deutschland kinder- und familien-freundlicher zu machen. Tatsächlich aber haben vie-le Eltern heute das Gefühl, dass der Staat ihnen mehroder weniger dreist in die Tasche greift.

Schmidt: In der letzten Legislaturperiode haben wirmateriell für die Familien eine Menge getan. Ingesamtwurden auf den unterschiedlichsten Wegen, überSteuererleichterungen, höheres Kindergeld, Wohn-geld, Bafög und die höheren Einkommensgrenzenbeim Erziehungsgeld 13 Milliarden Euro zusätzlich fürdie Familien ausgegeben.Wir sind in der Zwischenzeitnach Luxemburg das Land mit dem zweithöchstenKindergeld, auf der anderen Seite sind wir bei der Kin-derbetreuung das Schlusslicht in Europa und zwar inallen Altersgruppen.

Das macht es Frauen nicht nur schwer, Beruf und Fa-milie unter einen Hut zu bringen, sondern wirkt sichauch negativ auf die Bildungschancen unserer Kinderaus.

Deshalb werden wir in dieser Legislaturperiode vierMilliarden Euro in den Ausbau der Ganztagsschuleninvestieren und ab Ende 2004 werden (…) rund 1,5Milliarden Euro jährlich für die Betreuung der unterDreijährigen zur Verfügung stehen, sei es für Kinder-krippen, neue Tagesmutter-Modelle oder andere An-gebote. Natürlich ist es nach wie vor notwendig, Fa-milien auch materiell zu entlasten. 75 Prozent derKosten, die durch ein Kind entstehen, werden nochimmer von den Eltern getragen. Aber der Schwer-punkt in den nächsten vier Jahren liegt bei der Be-treuung, weil wir da die größten Defizite haben. (…)

Heilbronner Stimme vom 8. November 2002

Fragen zu A 13–A 21:zu A 13: Betrachte die beiden Gesprächssituationen!Was fällt dir auf? Was könnten die Personen sprechen?Schreibe dies in Sprechblasen!

zu A 14: Bildet nach dem Lesen der Texte Gruppen undüberlegt euch die unterschiedlichen Gesprächssitua-tionen. Charakterisiert das Gespräch und achtet dabeibesonders auf folgende Aspekte:1. Wie viel redet der Erwachsene, wie viel das Kind?2. Kann das Kind im Laufe des Gesprächs zum Kern

der Sache vordringen und wie entwickeln sich sei-ne Gefühle im Laufe des Gesprächs?

3. Wer löst das Problem?Vergleicht die vier Gespräche und begründet, welcheseuch am besten gefällt!

zu A 15: Du hast den Artikel in einer nicht ortsüblichenZeitung gelesen und möchtest das Projekt auch in eu-rer Schule anregen. Was berichtest du überzeugenddarüber?

zu A 17–A 20: Wo ist die Höflichkeit? (A 17) Was zählt!Gibt es richtiges und falsches Verhalten? Begründe!Vergleiche die beiden Fotos in A 18 unter Berücksich-tigung der unterschiedlichen Umgebung! Was sagst duzu der Karikatur A 19?Was ist deine Meinung zum Thema Benimmkurse inder Schule bei schlechter Kinderstube?

zu A 21: Was meinst du zu den Umfrageergebnissen?Ergänze mit weiteren Beispielen, die für dich beson-ders wichtig sind.

A

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A 24 Viele Unternehmen unterstützen Eltern

In deutschen Unternehmen ist es in den vergangenenJahren offenbar etwas leichter geworden, Familie undBeruf zu verbinden. (…) In einer Befragung (...) ga-ben 76,8 Prozent von 878 Unternehmen an, sie bö-ten Eltern flexible Tages- und Wochenarbeitszeiten,Teilzeit oder Telearbeit an. Rund 42 Prozent der Fir-men erklärten, sie unterstützten Eltern bei der Kin-derbetreuung.

Die Familienministerin Renate Schmidt (SPD) beton-te, dass der Anteil von Betriebskindergärten in denvergangenen Jahren von 0,8 auf 1,9 Prozent gestie-gen sei. 1,8 Prozent der befragten Firmen haben eineKinderkrippe; 1,4 Prozent haben Belegplätze in öf-fentlichen Kindergärten; ein Prozent bietet einen Ta-gesmütterservice.

Bei den übrigen Unternehmen besteht die Hilfe da-rin, die zum Teil gesetzlich vorgeschriebene Freistel-

A 25 Frankreich lässt Familiennicht im Stich

Glückliches Frankreich: Selten schimpft ein Erwach-sener, wenn Kinder lärmend vor der Haustür spielen.Zufrieden lächeln Passanten, wenn der berühmte Pa-riser Stadtpark Jardin du Luxembourg Karussells fürdie Kleinen aufbaut. Die Großfamilie hat in FrankreichZukunft.

Im Durchschnitt hat die Französin 1,9 Kinder. Die Mit-te-Rechts-Regierung beabsichtigt, zusätzlich 20.000Kinderkrippen und eine Geburtsprämie von 800 Euroeinzurichten. Vorbildliches Kinderparadies Frank-reich? Es sieht ganz danach aus.

Ein dichtes Netz von Beihilfen und Zuschüssen durch-zieht das Sozialsystem. Familienpolitik hat Priorität beijeder Familie. Der Staat fühlt sich gegenüber der ar-beitenden Französin »verpflichtet«: 72,3 Prozent mitzwei Kindern und 51 Prozent der Mütter mit drei Kin-dern sind schließlich berufstätig. Kinderreichtum istkein Makel.

(…) In den letzten fünfzig Jahren wuchs die französi-sche Gesamtbevölkerung um 44 Prozent. Natürlichauch durch zugewanderte Familien aus Algerien, Ma-rokko, Portugal und Spanien. (…) Möglich wurde dasWachstum vor allem durch die beispiellose materiel-le Hilfe für berufstätige Frauen. (…) Zum Beispieldurch das Kindergeld für Millionen Haushalte. Es warschon immer umfangreicher als im europäischen Aus-land. (…) Einkommensschwache Frauen erhalten dreiJahre lang 500 Euro Erziehungshilfe. Hinzu kommenWohngeld, familiäre Zuwendungen und Zuschüsse fürallein Erziehende.

Der Kindersegen ist möglich, weil Frankreich die Kin-dertagesstätten ausgebaut hat. Da die Mehrheit derFrauen berufstätig ist, funktioniert das Ganztags-schulsystem recht gut. Dreijährige kommen in die»Ecole Maternelle« (Kindergarten). Sie und dieSchüler werden von morgens 8.30 Uhr bis 17 Uhr ver-sorgt. Die meisten Etablissements betreuen die Kin-der berufstätiger Familien über 17 Uhr hinaus. (…)

Heilbronner Stimme vom 16. September 2003 (Lutz Hermann)

30 Wie wird unsere Gesellschaft erlebt?

A 23 Kernfamilie verliert

Die Lebensverhältnisse der Familien verändern sichmit rasantem Tempo: Die klassische »Kernfamilie«,also Eltern mit Kindern, ist in Baden-Württembergerstmals gegenüber den kinderlosen Ehepaaren undden allein Erziehenden ins Hintertreffen geraten. Inder Kernfamilie gehen immer öfter sowohl Vater wieMutter arbeiten.

(...) Bei nahezu zwei Drittel aller Ehepaare mit min-derjährigen Kindern gingen 2003 beide Elternteile ar-beiten. Der Rückblick auf 1990 verdeutlicht die Ver-änderung. In diesen 13 Jahren stieg der Anteil von 51auf exakt 64 Prozent. Bei den Paaren, wo ein Eltern-teil aus familiären Gründen zu Hause bleibt, stimmtdas traditionelle Rollenbild noch. Zu 95 Prozent sindes Frauen, die nicht arbeiten. Nur in jedem zwanzigs-ten Fall ist der Mann für Kinder und Küche zuständig.

Der klassische Familientyp der »Kernfamilie« trifft nurnoch auf 47 Prozent zu – eine deutliche Reduzierunggegenüber den 58 Prozent von 1990. Der Anteil derPaare ohne Kinder ist in diesem Zeitraum von 22 auf40 Prozent gestiegen. Stark gestiegen ist der Anteilder allein Erziehenden von neun auf 13 Prozent. (…)Dabei steigt der Anteil der betroffenen Männer, die al-lein erziehen, nur langsam: 15 Prozent waren es 1990und 2003 nur 21 Prozent.

Erhebliche Unterschiede zeigt die Auswertung bei derfinanziellen Lage. 53 Prozent der Ehepaare mit Kin-dern hatten im Jahr 2003 ein Nettoeinkommen vonmindestens 2.600 Euro. Bei den allein Erziehendengehören nur 8,3 Prozent zu den Gutverdienern.

Heilbronner Stimme vom 16. April 2004

lung zur Kinderbetreuung im Krankheitsfall sicherzu-stellen oder darüber hinaus zu gehen. Vor allem sehrkleine Firmen zeigten sich hier häufig sehr großzügig,sagte Schmidt. Sie wünscht sich betriebliche Kinder-betreuung in fünf bis zehn Prozent der Unternehmen.

Allerdings zeigte die Befragung auch, dass 70,1 Pro-zent der Personalleiter die Bedeutung der Familien-freundlichkeit als gering einschätzen.

Heilbronner Stimme vom 15. Dezember 2003

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Wie wird unsere Gesellschaft erlebt? 31

A 26 Stuttgarts Ziel heißt kinderfreundlichsteGroßstadt

Wenn »kinderfreundlich« bedeutet, dass gerade jun-ge Familien in die Landeshauptstadt ziehen oder dortbleiben, dann könnte Stuttgart noch zulegen. Denndie Statistik zeigt, dass die Landeshauptstadt dieseKlientel bisher nicht gerade anlockt wie der Honig dieAmeisen. Stattdessen überaltern immer mehr Stadt-teile, junge Familien ziehen weg, aufs Land, wo Woh-nen grüner und billiger ist. Selbst die Neubaugebietekönnen diesen gesamtstädtischen Trend nicht aus-gleichen. Die allgemeine demografische Entwicklungverstärkt ihn noch. Und: statt 2,1 Kinder produzierenStuttgarter Familien im Schnitt nur 1,3 Kinder – zu we-nig. (…)

Neben dem zentralen Thema Kinderbetreuung wolle,nein müsse man auch die Generationen besser mit-einander vernetzen. »Es muss sich ein kinderfreund-liches Klima entwickeln, und zwar in den Köpfen allerBürger«, so Roswitha Wenzel von der Stadt Stuttgart.Auch wenn dies auf Grund gegenläufiger Interessen-blöcke eine Gratwanderung sei. (…) Studien darüber,was einen kinderfreundlichen Wohnort ausmacht, hatder Freiburger Soziologe Baldo Blinkert erstellt. Er be-hauptet: »Kinderfreundlichkeit ist sichtbar.« Doch ander Betreuungsfrage allein könne man die Kinder-freundlichkeit einer Stadt nicht festmachen. »Mansieht es daran, wie der öffentliche Raum der Stadt vonKindern genutzt werden kann und genutzt wird«, sagtBlinkert. Konkret: wie der Verkehr geregelt ist, wie derStraßenraum von Kindern genutzt werden kann, auchdaran, ob die Aufenthaltsfunktion des öffentlichenRaums der Verkehrsfunktion untergeordnet werde.(…)

In den Wohnquartieren wäre es, so Blinkert, »wichtig,dass es Spielstraßen gibt«. Und dass das Parken re-glementiert werde, etwa über Anliegerparkzonen –damit der Parksuchverkehr in den Wohnvierteln ver-ringert wird. Auch die Einrichtung so genannter Quar-tiersgaragen hält der Soziologe für sinnvoll: »Damüssten die Leute ein bisschen laufen – aber dafürwäre das Wohnquartier frei.« Spielplatz sei nichtgleich Spielplatz. »Kinder wollen kein Wackeltier, son-dern Holz, Steine, interessante Oberflächen, Matsch,Wasser, Pflanzen, die man abreißen darf: Holunder,Weiden.« (…)

Nicht nur die Gestaltung von Spielplätzen, auch dieganzer Wohnviertel entscheide darüber, ob sich Kin-der dort wohl fühlten – mal vorausgesetzt, ihre Elternkönnen die vier Wände dort überhaupt bezahlen. Sosei eine Mischnutzung mit Bistros, kleinen Händlernund Gewerbebetrieben auch für die kleinen Bewoh-ner interessanter als ein reines Wohngebiet. Aucheine soziale Mischung wäre wichtig, findet Blinkert.Wie dies in Stuttgart mit seinen krassen Unterschie-den zwischen exklusiven Halbhöhenlagen und ver-

armten Vorstadtghettos und Talachsen verwirklichtwerden könnte, weiß der Freiburger Soziologe freilichnicht. (…)

Hinzu kommt: nicht alles, was eine kinderfreundlicheStadt ausmacht, kann eine Kommune planen. Ein kin-derfreundliches Bewusstsein etwa. Dies sei kein ein-faches Ziel für eine Stadt wie Stuttgart, in der geradeeinmal 18,9 Prozent der Haushalte mit Kindern leben– nicht mal jeder fünfte Haushalt. (…) »Eine Stadt, dieKinderfreundlichkeit zu ihrer Politik macht, wird mitKonflikten leben müssen«, sagt Blinkert. Ruhebe-dürfnis contra Kindergeschrei könnte einer heißen.Oder Autoverkehr contra Spielflächen. Ungeklärt ist:Wie laut sollen Kinder im öffentlichen Raum über-haupt vernehmbar sein? (…)

Stuttgarter Zeitung vom 30. Oktober 2003 (Inge Jacobs)

Fragen zu A 22–A 26:

zu A 22:

Welche Rahmenbedingungen können die Ent-scheidung für Kinder fördern? Was kann deinerMeinung nach seitens der Politik getan werden?

zu A 23:

Beschreibe die Lebensverhältnisse der Familienund veranschauliche dies mit einer grafischen Dar-stellung!

zu A 24:

Wodurch können Arbeitgeber die Vereinbarkeit vonBeruf und Familie fördern?

zu A 25:

Was unternimmt die französische Regierung, umdie Geburtenrate zu erhöhen?

zu A 26:

Stuttgarts Ziel heißt kinderfreundliche Großstadt.Was macht deine Stadt zur kinderfreundlichenStadt – was nicht?

A

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32 Welche Vorstellungen von Familie haben Jugendliche?

A

A 27

Quelle: Globus Infografik GmbH

A 28 Fragen zur Zukunft

Frage: Gehört Familie auch zu eurer Zukunftspla-nung? Oder ist das spießig?

Oliver: Nein gar nicht. Familie, das ist voll cool. Heu-te gibt es viel zu viel allein Erziehende.Verena: Ich finde es schlimm, dass Familie inzwi-schen schon fast als Luxus gesehen wird. So nachdem Motto: Kann ich mir das leisten?Graziella: Irgendwann hört der Spaß auf. Dannkommt die Familie.Verena: Na hör mal, das heißt ja, mit Familie hast dukeinen Spaß mehr.Graziella: Nein, so meine ich das nicht. Aber ich über-leg mir schon, dass es mehr Spaß macht, einen Mer-cedes SL zu fahren, als einen Kombi. Aber das heißtnicht, dass ich keine Kinder will. Mit 28 dann oder so.

Heilbronner Stimme vom 9. Oktober 2002

A 29 Statements

»Familie ist mir wichtiger als materieller Erfolg.«

»Im Kontakt mit Menschen ist mir Vertrauen am wich-tigsten.«»Es gibt wichtigere Dinge im Leben als Geld, zum Bei-spiel Freundschaft und Liebe.«»Treue ist ein hoher Wert.«

Fragen zu A 27–A 29:

1. Welche Werte sind für Jugendliche heute be-sonders wichtig? Was hat sich zwischen 1987und 2002 geändert?

2. Gehört eine Familie zu deiner Zukunftsplanung?Begründe!

3. Welche positiven und welche negativen Ein-schätzungen prägen die Vorstellungen übereine eigene Familie? Überlege weitere Argu-mente zu A 29!

»Familie und Kinder sind in meinem zukünftigen Le-ben das Wichtigste.«»Für mich gehört mein Bausparvertrag zur Absiche-rung meines späteren Lebens.«»Ich wünsche mir ein ganz normales Leben mit Job,Familie und einem eigenen Haus.«»Ich möchte nicht heiraten, weil ich dann nicht mehrso viel mit meinen Freunden unternehmen kann.«»Für mich gehört zum Sinn des Lebens, Familie undKinder zu haben.«»Ich möchte nicht heiraten, das ist mir ein zu ruhigesLeben.«»Ich würde es gerne wegen der vielen Scheidungenvermeiden zu heiraten.«

Aus: Deutsche Shell (Hrsg.): Jugend 2000. 13. Shell Jugend-studie, Bd. 1, Opladen (Leske + Budrich) 2000, S. 104.

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Wie verbringen Kinder ihre Freizeit? 33

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Foto: picture-alliance/OKAPIA KG, Germany

Foto: picture-alliance/KPA/Theisen

Foto: picture alliance/ZB

Foto: picture alliance/ZBFoto: picture alliance/dpa

B 1 – B 15 Kinder in der Freizeit- und Erlebnisgesellschaft

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34 Wie verbringen Kinder ihre Freizeit?

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Quelle: Globus Infografik GmbH

V D L S O E S K N C Ö Ä S D L H T RJ H K X R F P O L R J L D L T V L ZD U O M A B A R Z E U O C N U S O MI M N Ü I H S F E T N G Ü M E V B AI N T E R E S S E D T X O R U H E CL B A I X C R T O F E J Q Z E V A SU R K O V K M X Ü A R F B A H W F KH I T Ü E C B W G U H T Z J E S Z UN M E L A T H J K B A T F R E U D EX V H M Z U G T E C L U S A Z K T LS O L I D A R I T Ä T D T R W V A TR R B N T Z X J E M U F U Ü L T W EP T C F E L U A U R N E A T Ü Z M RU G T O W R B I L M G G F S V B K NZ A T R D V Ü H E Z L I R L B V E WF R X M R U T M C Ü O J E Z K M V UU T L A N G E WE I L E R R I F Z NT L B T Z X U C S A Ü L H F R O E SJ V A I D A T B O D X I C B K L U CF R M O T B Z L G M E U R J N I R HV H L N E U G I E R O K P Ü R F Z X

B 3 Suchrätsel

Welche Gründe oder Motive hast du für deineArt, die Freizeit zu verbringen? In dem Such-rätsel findest du zehn Lösungen!

B 4 Manchmal leidet leider die Note

Bastian Schütz spielt Tennis. Das Stadion ist gefüllt, auf demPlatz hetzen zwei weiße Gestalten hin und her.Tennis ist einbeliebter Sport. Auch für Bastian Schütz (…), der bei den Ju-nioren des TC Bad Friedrichshall spielt. (…)

Seit wann spielst du Tennis?Bastian: Ich habe schon ziemlich früh, im Kindergartenal-ter, damit angefangen.Wie oft trainierst du und wo?Bastian: Ich trainiere fünfmal in der Woche jeweils zwei bisdrei Stunden, habe zweimal Kadertraining beim württem-bergischen Tennisbund in Stuttgart, einmal Mann-schaftstraining in Bad Friedrichshall und zusätzlich Einzel-training bei meinem Heimtrainer (…).An welchen Turnieren hast du schon teilgenommen?Bastian: Ich war an mehreren nationalen und internationa-len Turnieren dabei und habe davon über 20 gewonnen, un-ter anderem bin ich siebenmaliger Jugendbezirksmeister.Musst du dich aufgrund des Sports an Regeln halten?Bastian: Ja, ich muss auf mein Gewicht achten und michgesund ernähren, zum Beispiel sollte ich viele Kohlenhydratezu mir nehmen.Lassen sich Sport und Schule in Einklang bringen?Bastian: Manchmal kommt die Schule schon etwas zu kurz,ich merke es vor allem an meinen Französischnoten. (…)

Heilbronner Stimme vom 2. Februar 2004 (Interview von Ramona Mo-ravcsics, Irina Golikow, Antje Nikolaus und Alexandra Latsinoglou)

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Wie verbringen Kinder ihre Freizeit? 35

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B 5 Ein besonderes Hobby B 6 Ein Spiel ohne Schiedsrichter

Das einzige Mädchen in der D-Jugend des TSV Weins-berg: So erging es mir. Ich heiße Isabelle Baumann, bin13 Jahre alt und habe ein eher ungewöhnliches Hobbyfür ein Mädchen meines Alters: Ich spiele leidenschaft-lich gerne Fußball. Wie ich zum Fußball kam? Eines Ta-ges fragte mich ein Nachbarjunge, ob ich auch Fußballspielen möchte. Zum nächsten Training nahm er michdann mit.

Die Jungs haben zuerst ein wenig irritiert geschaut. Aberals sie merkten, dass ich ganz gut mithalten konnte, warich schnell akzeptiert. Ich merkte gleich: Fußball machtmir großen Spaß. Meine Eltern waren nicht gerade be-geistert, als sie hörten, dass ich jetzt immer zum Traininggehen und auch bei den Spielen mitmischen wollte. Aberschließlich durfte ich mich doch anmelden.

Nach einigen Wochen Training war es dann soweit: MeinTrainer setzte mich in einem Spiel ein. Ich war damals ge-rade mal sechs Jahre alt. (…) Vor dem Spiel war ichfurchtbar aufgeregt. Aber es ging schließlich doch allesgut. Ich war glücklich und stolz, dass ich als Mädchen beiden Jungs mitspielen durfte. (…)

Heilbronner Stimme vom 14. Januar 2004 (Isabelle Baumann)

Seit vier Jahren spielt Florian Böhler (14) Ultima-te Frisbee. Seine Mannschaft, die Bad Raps, spieltin der dritten Liga. Für die Spiele muss das Teamweit reisen: In München, Hamburg, Kiel und Wol-fenbüttel hat Florian schon gespielt. Er hat sogarschon am Trainingslager der Deutschen Junioren-nationalmannschaft (…) teilgenommen.

Frisbee ist hier zu Lande eine seltene Sportart. Siewurde aus Amerika nach Deutschland eingeführt.Die Regeln sind einfach und werden von den teil-nehmenden Spielern selbst kontrolliert. Manbraucht tatsächlich keinen Schiedsrichter bei die-sem fairsten Mannschaftssport der Welt. Im Win-ter wird in der Halle und im Sommer auf dem Fuß-ballfeld gespielt. Es gibt zwei Endzonen, darinmüssen die Spieler die Scheibe fangen, um Punk-te zu machen.

Heilbronner Stimme vom 14. Januar 2003 (Felix Milde undFlorian Böhler)

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Quelle: Globus Infografik GmbH

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36 Wie verbringen Kinder ihre Freizeit?

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B 8 Singen und Musizieren

Acht Millionen in (Deutschland) haben ihre Sachenoch immer auf Klang gestellt, in Orchestern, Rock-und Jazzgruppen, in Chören. 3,2 Millionen Menschensind Mitglied in einem der 60.000 deutschen Chöre.Das entspricht einem Anteil von immerhin vier Prozentder Gesamtbevölkerung. 1,8 Millionen unter ihnen sin-gen aktiv in ihrer Freizeit. Sie beschäftigen sich täg-lich im Durchschnitt etwa 65 Minuten mit Musik. (…)

Der hymnische Ton bedarf freilich der Einschränkung.Denn bei allem Zahlenjubel sollte man nicht verges-sen, dass das Singen in der Schule und noch mehrim Elternhaus stetig abnimmt. Das Durchschnittsaltervon Männerchören etwa steigt kontinuierlich, ihre Zahldagegen schrumpft im gleichen Maß. Die Statistik desDeutschen Sängerbundes (…) weist für das Jahr1999 360.000 Männer als Mitglieder aus, 240.000Frauen, aber nur noch 100.000 Kinder und Jugendli-che. Aus soziologischer Sicht wundert dies nicht. DerTrend zur gesellschaftlichen Individualisierung hinter-lässt auch hier Spuren. Die Bereitschaft junger Men-schen, sich für Jahre oder Jahrzehnte an einen Chorzu binden, wird geringer. Immer häufiger trifft man ein-ander nur zu bestimmten Projekten, die zeitlich befris-tet sind.

(…) Verglichen mit dem Freizeitsektor Spiel und Sportspielen Musik und Kultur hier zu Lande noch immereine untergeordnete Rolle. In den Vereinigten Staa-ten etwa musizieren zwölf Prozent der Gesamtbevöl-kerung aktiv. 51 Prozent aller Deutschen betätigensich täglich 66 Minuten in Spiel und Sport, währendgerade mal zwanzig Prozent dieselbe Zeit für Musikaufwenden. (…)

Wer selbst musiziert, weiß den Wert der Musik ein-zuordnen. So erfreulich es ist, dass acht MillionenMenschen in diesem Land Musik machen: AchtzigMillionen müssten es sein, um vieler Probleme willen,die dann vielleicht gar nicht erst auftauchen würden.

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 10. März 2001 (HeribertKlein)

Foto: picture-alliance/dpa

Fragen zu B 1–B 8:

zu B 1 und B 2:

1. Betrachtet die Fotos und fertigt eine Liste derFreizeitbeschäftigungen an, geordnet nach un-terschiedlichen Bereichen. Ergänzt diese Listedurch eure eigenen Freizeitaktivitäten, die ihrin Partnerarbeit erfragt.

2. Vergleicht die Grafik in B 2 mit euren Ergeb-nissen. Was stellt ihr fest?

zu B 4 – B 6:

1. Was ist das Faszinierende daran, so viel Sportzu treiben? Suche Erklärungen in B 4 sowieeigene Ideen.

2. Formuliere drei Fragen, auf die du in Text B 5Antworten findest!

3. Entwirf einen Werbetext, um Jungen undMädchen für den in B 6 beschriebenen Sportzu interessieren!

zu B 7:

1. Warum erfreut sich der Sport so großer Be-liebtheit?

2. Vergleiche die Vorlieben von Mädchen undJungen!

3. Vergleiche auch die Unterschiede bei den je-weiligen Altergruppen. Versuche, diese zu er-klären.

zu B 8:

Warum scheinen Musik- und Gesangvereine eineSache der älteren Generation zu sein, obwohl vie-le Kinder ein Instrument lernen?Welche Probleme könnten im letzten Satz desTextes gemeint sein?

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Medien und Freizeit 37

B

B 9

B 10 Moin!

Zeichnung: Thomas Plaßmann

Am wenigstenverzichtenkann ich…

Verändert nach: KIM-Studie 2003. Kinderund Medien. Computerund Internet. Basis-untersuchung zum Me-dienumgang 6- bis 13-Jähriger in Deutsch-land, hrsg. v. Medien-pädagogischen For-schungsverband Süd-west, Baden-Baden2003, S. 16.

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38 Medien und Freizeit

B

B 12 Das Internet

B 14 Jugendliche lesen weniger

B 13

B 11

voll undganz

weitgehend weniger gar

nicht

neue Dinge erfahren

für die Schule nützlich

gehört heute einfachdazu

wenn weniger Kosten,dann häufigere Nut-zung

Freunde beschäftigensich auch damit

neue Leute kennenlernen

ein Muss, wenn mandazugehören will

mit Jugendlichen überPolitik diskutieren

Quelle: Globus Infografik GmbH

Welche Vorstellungen oder Erfahrungen hast du imZusammenhang mit dem Internet?

Verändert nach: JIM-Studie 2002. Jugend, Information, (Multi-)Media, hrsg. vom Medienpädagogischen ForschungsverbundSüdwest, Baden-Baden 2003, S. 51.

Quelle: Globus Infografik GmbH

Trotz der enormen Erfolge der »Harry-Potter«-Bücher verlieren Jugendliche laut einer Studiedie Lust am Lesen. In der jüngsten Verbraucher-analyse (…) gaben nur noch 47 Prozent der 14-bis 19-Jährigen an, gern oder besonders gernBücher zu lesen.

1995 hatten in dieser Altersgruppe noch 60 Pro-zent Lesen zu den liebsten Freizeitbeschäfti-gungen gezählt. (…) Schlechter als das Bücher-lesen schnitten bei den bis 19-Jährigenallerdings noch die Tageszeitungen ab – nur 30 Prozent lesen sie gern oder besonders gern.Alle anderen Medien – Musik, Fernsehen, Zeit-schriften, Videos, Kino und Internet – sind für Ju-gendliche wichtiger.

Im Bevölkerungsdurchschnitt ist die Leselust je-doch immerhin konstant geblieben. Bei der Hälf-te der Deutschen gehören Bücher seit Jahren zuden beliebtesten Freizeitbeschäftigungen. Lesenliegt auf Platz 10 von 41 abgefragten Hobbys(…).

Heilbronner Stimme vom 7. Oktober 2003

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Medien und Freizeit 39

B

Fragen zu B 9–B 15:

zu B 9:

1. Wie kannst du dir die Rangfolge der Medienerklären? Berücksichtige dabei: warum, mitwelchem Ziel und in welcher Situation wird einbestimmtes Medium genutzt?

2. Vergleiche die Angaben der Jungen mit denAntworten der Mädchen und beschreibe dieUnterschiede!

zu B 10:

Welche Probleme werden in der Karikatur the-matisiert?

zu B 11:

Welche Entwicklungen kannst du aus der Grafikherauslesen?

zu B 13:

Wie ist der Erfolg der Harry-Potter-Bücher zu er-klären? Wer liest Harry Potter?

zu B 14:

Wie beliebt ist in eurer Klasse das Lesen vonBüchern? Schreibe einen kurzen Steckbrief: MeinFreund das Buch!

zu B 15:

1. Welche bekannten Verfilmungen von Jugend-büchern kennst du?

2. Wenn du ein Buch gelesen hast, siehst du dirdann noch den Film an? Oder gehst du in denFilm, bevor du das Buch liest?

Diese spannende Umsetzung eines brisanten The-mas haben die Stiftung Lesen und die 20th CenturyFox of Germany zum Anlass genommen, an diesemBeispiel anschaulich zu erörtern, wie Actionkino ge-macht ist oder wie Hollywood und die Filmbranchefunktionieren. Und warum beschäftigt sich eine Ein-richtung, die Stiftung Lesen heißt, überhaupt mit demKino? Ganz simpel: Sie schlägt einfach eine Brückezwischen Leinwand und Buch, indem durch Unter-richtsprojekte der Spaß am Lesen geweckt wird. Dennwenn nach einem gemeinsamen Kinobesuch mit derKlasse der Film mit der literarischen Vorlage oderFachliteratur verglichen wird, hat sich schon so man-cher Büchermuffel dabei ertappt, wie er plötzlich in ei-ner Bibliothek steht und nach weiterführender Litera-tur stöbert. Übrigens hat sich auch Roland Emmerichfür »The Day after Tomorrow« von einem Buch inspi-rieren lassen: In »The Coming Global Superstorm«hatten die Autoren auf der Grundlage aktueller Kli-madaten das Schreckensbild einer gigantischen Kli-makatastrophe entwickelt.

Quelle: Stiftung Lesen, Mainz

B 15 The Day after Tomorrow

Leseförderung via Kino: Die Stiftung Lesen in Mainzhat zu Roland Emmerichs neuestem Film »The Dayafter Tomorrow« gemeinsam mit der 20th Century Foxof Germany eine bundesweite Schulkampagne ge-startet.

Klimakollaps, Umweltzerstörung, Überlebenskampf,Endzeitszenario... Mit diesen Problemen müssen sichin »The Day after Tomorrow« nicht etwa nur Spitzen-politiker oder gar Manga-Helden herumschlagen.Stattdessen sieht sich in dem Hollywood-Streifenplötzlich jeder einzelne Mensch auf der Erde mit dergrausamsten Klimakatastrophe konfrontiert, die mansich ausmalen kann.

Roland Emmerichs neueste Hollywood-Produktion istkein Fantasy-Schocker à la »Godzilla« und kein Welt-raum-Thriller wie »Apollo 13«. Sonst würde er wohlauch kaum für so viel Gesprächsstoff sorgen. Dennin »The Day after Tomorrow« treiben keine Böse-wichte, Monster oder unfähige Wissenschaftler ihr Un-heil, sondern die Menschheit selbst ist Auslöser einerriesigen Katastrophe – vom Fabrikboss, der seine Ab-gase in die Atmosphäre schleudert bis zum 18-Jähri-gen, der, seitdem er den Führerschein hat, auf keinenFall mehr mit dem Fahrrad zur Schule fahren kann.

Foto: foxfilm medianetworx

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40 Wie entsteht das Konsumverhalten?

C

C 1 – C 14 Kinder und Konsum

C 1

Quelle: Globus Infografik GmbH

C 2 »Taschengeld bei Bedarf«

Die Kinder und Jugendlichen in Deutschland habenimmer mehr Geld zur Verfügung (…). Wichtigste Ein-nahmequelle der Sechs- bis Vierzehnjährigen ist dasTaschengeld (…). Bei den Einnahmen der Sechs- bisNeunjährigen sei eine Verlagerung vom regelmäßi-gen Taschengeld hin zum »Taschengeld bei Bedarf«und zu unregelmäßigen Geldzuwendungen zu beob-achten, heißt es in einer Studie. »Es scheint, als obdie Eltern mit einem regelmäßigen Taschengeld bei

dieser Altergruppe eher negative Erfahrungen ge-macht hätten, dass das Geld sinnlos für Dinge aus-gegeben wurde, ohne dass die Eltern Einfluss auf dieKaufentscheidung gehabt hätten«, so die Projektlei-terin (…). Da bei Kindern aber weiterhin ein »erhebli-cher Mehrbedarf« an Produkten und Markenproduk-ten bestehe, bekämen sie das Geld bei Bedarf.»Damit riskieren die Eltern nicht, dass ihre Kinder alsAußenseiter dastehen, behalten aber trotzdem dieKontrolle über die Ausgaben« (…).

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 24. Juli 2000

Fragen zu C 1und C 2:

1. Wofür bekommst du das Geld, über das du verfügen kannst? Und wofür gibst du dein Geld aus? 2. Welche Vor- und Nachteile hat ein regelmäßiges Taschengeld gegenüber dem »Taschengeld bei

Bedarf« für dich?

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Marken und Werbung / Wie entsteht das Konsumverhalten? 41

C

C 3 Werbestrategien

Fotos: picture-alliance/dpa

Fragen zu C 3:

Betrachte die drei Fotos genau. Welche Werbestrategien werden genutzt, um das Interesse für ein be-stimmtes Produkt zu wecken? Kennst du andere Werbestrategien und wo begegnen dir diese?

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42 Wie entsteht das Konsumverhalten?

C

C 6

Foto: Baumann

C 5 Statussymbole

nicht wenig sehr

Besitz (Spielzeug, Bücher,Comics, Kleider, Sportaus-rüstung usw.)

Familienbesitz (Haus, Garten, Spielzimmer, Autousw.)

Beliebtheit bei Altersgenossen

Erfolg bei Sport und Spiel

Erfolg in der Schule

Berufe der Eltern

Reisen(Häufigkeit und Ziele)

Statussymbole machen auch bei Kindern Eindruckund verschaffen Prestige. Wie stark erhöhen welcheStatussymbole deiner Meinung nach das Ansehen beiden anderen?

C 4

Hab ich doch schon alles!

Zeichnung: Mester

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Wie entsteht das Konsumverhalten? / Marken und Werbung 43

C

C 7 Handy-Besitzer

Foto: picture alliance/ZB

Kinder im Alter zwischen sechs und neun Jahren ha-ben ein Lieblingseis und einen Lieblings-Schokorie-gel (…). Sie haben auch einen Lieblingsbrotaufstrich(…) und sogar ein Lieblingsshampoo (…). Das ist al-les nicht verwunderlich, sind doch schon die Kinderim Grundschulalter beliebte Opfer der Werbeindustrie,und viele Eltern geben den Konsumwünschen derKleinen nach, damit der Haussegen nicht schiefhängt. Dass aber diese Kinder, die gerade erst dasFahrrad fahren gelernt haben und noch viele Jahremit ihrer Mutter zum Zahnarzt gehen werden, schoneine eindeutige Markenvorliebe bei Mobiltelefonen ha-ben, ja sogar einen Netzanbieter vorziehen, gibt Kul-turpessimisten Futter (…).

Nach jeder Fahrt in einem Regionalexpress weißman, dass Mobiltelefone eine unglaubliche Faszina-tion auf Kinder und Jugendliche ausüben. (…) DasHandy, so folgern die Autoren der Studie, gehöre in-zwischen zum Alltag der Kinder und Jugendlichen wiedas Fahrrad, die Inline-Skates oder der Fotoapparat.Wer kein Handy als Kommunikationsmittel oder Pres-tigeobjekt besitzt, ist bald »out«. Die meisten jungenHandy-Besitzer benutzen Telefonkarten mit einemdarauf geladenen Betrag. Wie viel Taschengeld fürdas Telefonieren und für Botschaften verschicken aus-gegeben werden, erfasst die Studie nicht. (…)

Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21. Juli 2001

C 8 Limonade von tropischenInseln in der Schatzkiste

Die Eltern von Jonas haben alles versucht. Kaumkonnte der Kleine seinen Blick fokussieren, wurde derFernseher in den Keller verbannt und auch von denEltern nur noch für eine Stippvisite bei der Tages-schau in Betrieb genommen. Als Jonas Treppenstei-gen gelernt hatte, wurde die Tür zum Fernsehzimmerverschlossen. Geöffnet wird sie lediglich sonntags um11.30 Uhr, wenn die Sendung mit der Maus anfängtsowie für eine weitere Kindersendung pro Woche, dieer sich – weit gehend – selbst aussuchen darf. Völligtabu ist für Jonas das Fernsehen während der Wer-bepausen. Jonas weiß nicht, dass colahaltige Ge-tränke- und Schokoladenhersteller seit Monaten ver-suchen, über den Umweg der (…) Fußball-Europameisterschaft (Teilnahme! Sammelbildchen!)junge Kunden zu werben. Er weiß nicht, welche Li-monade in der Schatzkiste auf Kinder wartet, wennsie auf einer tropischen Insel stranden. Er kennt denallerneusten Hula-Hoop-Reifen mit Gelfüllung nicht.Und er soll auch nichts davon erfahren. Ihr Sohn, dashaben seine Eltern fest vereinbart, soll nicht von mor-gens bis abends von Werbestrategen manipuliert wer-den.

Nun steht der achte Geburtstag von Jonas an, und esvergeht kein Abendessen, an dem er nicht auf seineWünsche zu sprechen kommt.Was er alles noch nichthat! Und was seine Freunde, der Pit, der Lukas undder Nick alles hätten! Dabei sei doch er, Jonas, derKlassensprecher!!! Dummerweise gehört zu den Din-gen, von denen Jonas sagt, dass er sie nicht hat, keineinziges, von dem seine Eltern glauben, dass ein Sie-benjähriger sie braucht. Ganz oben auf der Wunsch-liste: das Handy, dicht gefolgt von der Playstation,dicht gefolgt vom, wen wundert’s – eigenen Fernse-her. Und auch wenn seine Eltern fest vereinbart ha-ben, standhaft zu bleiben, haben sie spätestens seitder Einschulung gelernt, dass ihr Sohn der Welt desKonsums ebenso wenig fern bleibt wie alle anderen.Wenn Mami oder Papi mit ihrem Sohn im Supermarktstehen, will dieser nicht irgendetwas Süßes, sonderndie längste Praline der Welt, die Extraportion Milchoder die zarteste Versuchung. (…)

Erste Kompromisse wurden übrigens längst gemacht.»Scout« und »Puma«, »Nutella« und »Capri-Sonne«sind auch aus seinem Leben nicht mehr wegzuden-ken. Ohnehin sollten die Eltern ihre Kräfte schonen.Denn auch Tochter Thekla kommt mit Riesenschrittenins konsumfähige Alter. Letzte Woche hat sie sich zumersten Mal eine Barbie ausgeliehen. Und im Herbststeht ihr vierter Geburtstag an.

Das Parlament vom 14. Juni 2004 (Jeannette Goddar)

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44 Marken und Werbung

C

C 9

Quelle: Globus Infografik GmbH

zu C 4:

»Weniger ist manchmal mehr!« Erläutere dies an-hand der Karikatur!

zu C 6:

1. Warum sind besonders Fanartikel aus dem Sportso begehrt?

2. Kennst du weitere Beispiele beliebter Fanartikelaus anderen Bereichen?

zu C 7:

1. Formuliere drei Fragen zur Bedeutung des Han-dys, die im Text beantwortet werden.

2. Finde eine passende Überschrift zum Foto!

zu C 8:

1. Wie entstehen Wünsche? Welche Bedürfnissestehen dahinter?

2. Was ist das »Besondere« an der Werbung imFernsehen?

3. Diskutiert Möglichkeiten, wie Jonas’ Eltern ver-hindern können, dass ihre Kinder der ständigenBeeinflussung durch Werbung schonungslosausgeliefert sind.

Fragen zu C 4–C 8 :

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Marken und Werbung 45

C

C 11 Anzug oder Schlabberhose?

Kleider machen Leute. Ist das wirklich so? WelcheRolle spielt Kleidung wirklich für Jugendliche und fürdie Erwachsenen? Um diesen Fragen auf den Grundzu gehen, schickten wir zwei Lockvögel in verschie-denen Outfits durch die Güglinger und BrackenheimerInnenstadt. Die Reaktionen der befragten Testperso-nen waren verblüffend.

Fazit: Kleidung ist nicht alles. Viel wichtiger sind of-fenbar Freundlichkeit und gutes Benehmen. Schadenur, dass von den Gleichaltrigen (…) keine Hilfe zuerwarten war.

Heilbronner Stimme vom 28. Januar 2004 (Carolin Schneider)

1. Für unseren ersten Anlauf steckten wir Carolin(15) ins typische Karrierefrau-Outfit: In schwarzerNadelstreifenhose und weißer Bluse, die Haarestreng nach hinten gebunden, nahm sie die ersteTestperson in Angriff. Unter dem Vorwand, ihreHandtasche mitsamt Handy und Geldbeutel im Busliegen gelassen zu haben, bat sie die erste Pas-santin (…), Mutter eines Kindes, um 30 Cent für einwichtiges Telefonat. Ohne zu zögern zückte die ver-ständnisvoll lächelnde Frau ihren Geldbeutel undbot unserem Lockvogel sogar ihr Handy an. Auf dieFrage hin, warum sie Carolin das Geld gegebenhätte und ob die Kleidung sie in ihrer Entscheidungbeeinflusst habe, argumentierte die junge Mutter,das Mädchen habe vertrauenswürdig ausgesehenund sehr freundlich gefragt. (…)

2. Nächster Testlauf: Neues Outfit, neues Glück! InXXL-Trainingsjacke, verwaschener, viel zu kurzerJogginghose, Wollsocken und schmutzigen, altenTurnschuhen zog (…) Carolin erneut los. Mit hän-genden Schultern, gesenktem Kopf, den Händentief in den Taschen, die fettigen Haare ins Gesichthängend und mit dunklen Ringen unter den Augenschlurfte sie durch die Brackenheimer Innenstadt.Trotz der vielen abschätzigen Blicke hatten wirauch bei unserem ersten Opfer wieder Glück.Bernd Kühner, ein 45-jähriger Betriebswirt, be-dauerte, kein Kleingeld dabei zu haben, bot Caro-lin aber sofort an, sein Handy aus dem Auto zu ho-len. Er beurteile Menschen nicht nach demAussehen, so Kühner. Auf die Frage hin, ob Caro-lin nicht ein wenig verwahrlost und herunterge-kommen aussähe, meinte er nur grinsend: »War-um denn? Ich sah früher viel schlimmer aus.«

3. Lockvogel Nummer 2 ist männlich, Sebastian,15 Jahre alt: (…) In violetter Jogginghose, gelbemXXL-Sweat-Shirt, einer ausgewaschenen Strick-jacke und roten Strümpfen in ausgelatschten Bir-kenstock versucht (er) sein Glück. Doch gleich dererste Versuch entpuppte sich als Enttäuschung:Die angesprochene 60-jährige Passantin ging kei-neswegs auf Sebastians Frage ein. Als er sie an-sprach, zeigte sie keinerlei Reaktion, sondern gingohne ihn zu beachten weiter. (…)

4. An einer Bushaltestelle sprach Sebastianschließlich noch eine Gruppe Jugendlicher an.Doch statt der erfragten 30 Cent erntete er ledig-lich herablassende Blicke und spöttische Bemer-kungen wie beispielsweise »Ich hab nur zehn Eurodabei, kannst du wechseln?«

C 10 »So kann ich doch nicht rumlaufen!«

Das reduzierte Sweat-Shirt guckt der elfjährige Marcnicht einmal an. »Das ist assi, so kann ich doch nichtrumlaufen«, raunzt er seine Mutter an. Form und Far-be sind zwar in Ordnung, nur das richtige Label fehlt.Und auf die Marke kommt es an.

Zum Leidwesen der Eltern, denn diese Produkte kos-ten oft das Vielfache von No-Name-Artikeln.

»Der Wert der Ware definiert sich über den Preis. Re-duzierte Sachen oder Fälschungen riechen die Ju-gendlichen sieben Meter gegen den Wind«, sagt derSoziologe Professor Klaus Hurrelmann von der Uni-versität Bielefeld. Teure Handys oder Turnschuhe er-höhen den Wert der eigenen Person, glauben vieleHeranwachsende. (…) »Die junge Generation ist soscharf auf Marken, weil es für sie so schwer ist, eineeigene Identität zu entwickeln«, sagt Arthur Fischer,Geschäftsführer des PSYDA Instituts für Marktanaly-sen in Frankfurt (…). Die Biografien der Eltern taug-ten nicht mehr als Vorbild, die Zukunft sei kaum nochplanbar. »Da sind Kleidung und teure Accessoiresidentitätsstiftend.« Mütter und Väter seien gefordert,das Selbstbewusstsein der Kinder zu stärken und ih-nen ein Gefühl für den Wert des Geldes zu vermitteln,sagt Pädagoge Struck. »Sie sollten den Kindern nichtjeden Wunsch und schon gar nicht sofort erfüllen.«Von Zeit zu Zeit sollte es ein Markenartikel sein, dannwieder ein No-Name-Produkt. Noch wichtiger ist al-lerdings, die Kinder zu überzeugen, dass nicht nur dasÄußere zählt. »Man kann auch einem Fünfjährigenschon erklären, dass man sich die teuren Adidas-Schuhe gerade nicht leisten kann.« (…)

Die Psychotherapeutin Anna Schoch aus Münchengeht vor allem mit den Eltern ins Gericht. »Die meis-ten Erwachsenen sollten erst einmal ihre eigenenMaßstäbe überprüfen«, sagt sie. Oftmals schieltenauch sie nach teuren Marken. Eltern sollten Kindernverdeutlichen, dass sie auch mit guten Leistungen inder Schule, sportlichen Erfolgen oder sozialem En-gagement sich selbst darstellen können. »Kindermüssen lernen, Massentrends zu widerstehen undNein zu sagen. (…) Oft herrscht (aber) in den Schul-klassen ein enormer Druck, und nur wer die richtigenKlamotten trägt, gehört dazu«, sagt Schoch. (…)

dpa (Britta Schmeis) vom 27. August 2003

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46 Marken und Werbung

C

C 12 Wer kein Geld für Miss Sixtyhat, ist out

C 13 Schuluniform: ja oder nein?

C 14 Lehrer zum Uniformzwang

Was ziehe ich heute an? Miss Sixty, Pepe, Puma oderTommy Hilfiger? Für die meisten Teenager ist das dasThema Nummer eins am frühen Morgen. Aber was,wenn diese Klamotten einfach zu teuer sind? VieleSchüler, die nicht das Geld für teure Markenklamot-ten haben, leiden darunter, dass sie nicht »in« sind.Sie haben deshalb Angst, nicht dazuzugehören.

Um diesen Markenzwang zu verbannen, wird in man-chen Schulen über die Einführung von Schuluniformendiskutiert. Die Schulen wollen damit bezwecken, dasseinzelne Schüler nicht mehr wegen ihrer Kleidung ge-mobbt, gehänselt oder ausgegrenzt werden, nur, weilsie nicht genügend Geld für Markenklamotten haben.

Eine Umfrage (…) ergab, dass mehr als die Hälfte derDeutschen für die Einführung der Schuluniform ist. AlsBegründung gaben zwei Drittel der Befürworter an,dass die Schüler dann frei von modischen Zwängenseien. Für 48 Prozent spielt der Aspekt eine Rolle,dass Schuluniformen das Gemeinschaftsgefühl stär-ken. 91 Prozent aller Befragten sind der Meinung,dass Jugendliche zu viel Geld für Markenkleidungausgeben, Schuluniformen seien doch viel billiger. Invielen Ländern kennen die meisten Schüler das garnicht anders. Ob in England, Japan oder Australien –die meisten tragen dort eine Schuluniform.

Und der eigene Geschmack? Die eigene Persönlich-keit? Die drückt sich durch den eigenen Kleidungsstilaus. Außerdem würde durch die Uniform die Zuord-nung zu den jeweiligen Schularten unterstrichen, wasdann doch wieder zu einer Heraushebung bestimm-ter Schülergruppen führen würde.

Heilbronner Stimme vom 3. Februar 2004 (Corinna Kleinhans,Ariane Köglmeier und Stephanie Hutt)

So reagieren Schüler auf die Idee, Uniform zu tragen:

Sonja Rechkemmer, 10 Jahre: Schuluniform? Jaklar, warum auch nicht? Mädchen tragen Röcke undJungs Hosen.

Victoria Mayer, 13 Jahre: Nein, eine Schuluniformmöchte ich nicht haben. Ganz normale Kleidung fin-de ich besser! Uniformen machen alle Schüler gleichund man kann seinen eigenen Stil nicht mehr zeigen.

Otto Bohr, 11 Jahre: Meine Traumschuluniform wäreeine ganz normale Jeanshose und ein blauer Pull-over. Nicht so wie in England, aber doch einheitlich.

David Ritschel, 16 Jahre: Mir ist das egal. Wenn wirSchuluniformen hätten, würde ich sie aber schon tra-gen. Sie müsste schon zeitgerecht sein und jedeSchule sollte eine eigene haben. Auch wenn das zuKonflikten zwischen Schülern führen kann.

Heilbronner Stimme vom 3. Februar 2004

Was sagen Lehrer der Helene-Lange-Realschule inHeilbronn zur Schuluniform?

Victoria von Bernus: Prinzipiell bin ich dafür, dochnicht so wie in England. Meiner Meinung nach solltedie Schuluniform leger, bequem und sportlich sein.

Ingrid Rufflar: Persönlich würde ich keine Schuluni-form tragen, doch bei diesem Markenzwang hätte dasfür einige Schüler Vorteile, die kein Geld für Marken-klamotten haben.

Björn Schwarz: Meine Traumuniform sollte einSweatshirt, Jeanshose, aber keine Schlabberhosesein, schüleransprechend und optisch einheitlich.

Michael Scheurer: Ich bin sehr zwiegespalten. Per-sönlich halte ich gar nichts von der Einführung derSchuluniform. Doch ein Vorteil ist, man muss keinGeld für jeden »Markenumschwung« ausgeben.

Rektor Norbert Jung: Schwieriger Fall. Es wäre ge-schickt, da dann keine großen sozialen Unterschiedeentstehen. Doch die Individualität würde durch die Be-stimmung der Kleider verloren gehen.

Heilbronner Stimme vom 3. Februar 2004 (Corinna Kleinhans,Ariane Köglmeier und Stephanie Hutt)

Fragen zu C 9–C 14:

zu C 9:

»So bin ich – so möchte ich sein!« Welche Dingesind besonders wichtig, um die Idealvorstellungdes eigenen Erscheinungsbildes zu erreichen?

zu C 10:

Erkläre den Zusammenhang zwischen der »rich-tigen Marke« und der Suche nach der individuel-len Persönlichkeit!

zu C 11:

1. Was zeigen diese Beispiele?

2. Nehmt einmal an, ihr wollt das Projekt an eu-rem Schulort durchführen. Welche typischenErscheinungsbilder koppelt ihr mit bestimmtenVerhaltensmustern?

zu C 12–C 14:

Sucht aus den Materialien C 12–C 14 alle Argu-mente, die für und die gegen eine Schuluniformsprechen und diskutiert darüber!

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Internetseiten zum ThemaZusammengestellt von Angelika Schober-Penz

Für den Inhalt und die Aktualität der aufgelisteten Seiten ist weder derHerausgeber noch die Autorin verantwortlich.

www.ajs-bw.deDie Aktion Jugendschutz Landesarbeitsstelle Ba-den-Württemberg bietet Informationsmateriali-en u.a. zu den Themen Medien, Jugendschutz,Konsum; konzeptionelle Beratung und Vermitt-lung von Referentinnen und Referenten; Falt-blätter zu Medienthemen aus der Reihe »ajs-Kompaktwissen«.www.bmfsfj.de/Politikbereiche/familieDas Bundesfamilienministerium informiert überFamilienverbände und stellt aktuelle Daten zu Fa-milie, Kinder und Jugendliche zur Verfügung.www.bpb.deDie Bundeszentrale für politische Bildung(Bonn), Referat Medienpädagogik und Neue Me-dien mit Materialien z.B. zu Neue Medien und Fa-milien, Handbuch Medien.www.deutscher-familienverband.deVertretung der Interessen von Familien und Un-terstützung der Familien durch Bildungs-, Erho-lungs- und Beratungsangebote.www.dji.deDas Deutsche Jugendinstitut e.V. München stelltInformationen und Daten über Studien und Pro-jekte zu verschiedenen Themen über Kinder undJugendliche zur Verfügung, so beispielsweiseüber das Projekt »Modelle gesellschaftlicher Be-teiligung von Kindern und Jugendlichen« oder»Wie entdecken Kinder das Internet?«.www.familienfreundliche-kommune.deDie familienwissenschaftliche Forschungsstelledes Statistischen Landesamtes Baden-Württem-berg betreut das neue Internetangebot des So-zialministeriums zu allen Fragen rund um die Fa-milie. Es bietet einen thematischen Überblick überdie kommunale Familienpolitik im Südwesten, einOnline-Adressverzeichnis mit Fachleuten, Datenund Fakten, weiterführendes Informationsmate-rial, regelmäßig erscheinende Infobriefe sowie ei-nen landesweiten Veranstaltungskalender zur Fa-milienpolitik. Abrufbar ist auch das neue On-line-Angebot »Familien in Zahlen« der Familien-wissenschaftlichen Forschungsstelle, das Datenund Fakten zur Lage von Familien und Kindern inBaden-Württemberg bereitstellt.www.jugendgemeinderat.deDer Dachverband der Jugendgemeinderäte Ba-den-Württemberg berichtet über Treffen und Ak-tionen, informiert über sich und die Jugendge-meinderatsarbeit in den Städten und Gemeinden.Durch eine umfangreiche Linksammlung kommtman direkt zu den meisten Jugendgremien imLand. Downloadseiten und eine Datenbank ent-halten Dokumente und Berichte als Anregungenfür die eigene Arbeit im Jugendgemeinderat.Weitere Informationen auch bei der Landeszen-trale für politische Bildung Baden-Württemberg,

Fachreferat Jugend und Politik ([email protected]).www.jugendschutz.de/service.htmDie Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Ju-gendschutz gibt Informationen zur Jugend-schutzgesetzgebung.www.kinderschutzbund.deInformationen über politisches Engagement zurbesseren finanziellen Ausstattung der Familienund über Angebote vor Ort für sozial benachtei-ligte Kinder.www.kreidestriche.deDas Online-Forum Medienpädagogik enthält vie-le Anregungen und Aufsätze zu den Themen In-ternet, Jugendschutz und Pädagogik.www.kultusministerium.baden-wuerttemberg.de([email protected])Hier gibt es Informationen und Broschüren zumInitiativprogramm Jugend »Politik mit der – fürdie Jugend«, in den Bereichen »Wirken im Le-bensraum«, »Nutzung neuer Medien«, »Vorbeu-gung von Gefährdungen«, »Beteiligung und Dia-log Regionale Jugendinitiativen«, z.B. Leitfaden»Kooperation Jugendarbeit-Schule«, »Jugendund Medien – Leben in einer von Medien be-stimmten Welt«, Sonderheft »Partizipation vonKindern und Jugendlichen«.www.lbs.bw.schule.de/online-forumDie Schriftenreihe »Medienzeit« besteht aus ei-nem Sammelwerk von Heften zur Medienerzie-hung im Unterricht. In Basisbausteinen wird Hin-tergrundwissen aus allen für die Schule be-deutsamen Bereichen der Medienerziehung undMedienforschung vermittelt. Die Praxisbaustei-ne enthalten konkrete Vorschläge und Anregun-gen für die medienerzieherische Arbeit im Un-terricht.www.lesefoerderung-BW.deTipps und Hinweise zur praktischen und theore-tischen Leseförderung sowie Projektvorschlägeund Links zum Thema.www.leu.bw.schule.deInformationen zu allen Bildungsthemen.www.leu.bw.schule.de/allg/gewaltKontaktbüro Gewaltprävention im Ministeriumfür Kultus, Jugend und Sport Baden-Württem-berg.www.liga-kind.deEngagement für eine größere Bedeutung der Fa-milien in der Gesellschaft durch eine bessereVertretung der Interessen der Kinder.www.mpfs.deMedienpädagogischer Forschungsverbund Süd-west, Baden-Baden mit dem Infoset »Medien-kompetenz und Medienpädagogik in einer sichwandelnden Welt« sowie zu Fragen zu den The-

men Lesen, Hören, Werbung, Medien und Wirk-lichkeit, Gewalt und Fernsehen.www.radelrutsch.deInformationen über das Theaterstück »Nils Nie-genug« über das »UNBEDINGT-HABEN-WOL-LEN« für Kinder im Grundschulalter. Zu den The-men Konsumsucht und verantwortlicher Um-gang mit Geld werden Vorschläge zur Nach-bereitung und zur Elternarbeit angeboten.www.sm.baden-wuerttemberg.deDas Sozialministerium Baden-Württemberg gibtInformationen zur Jugendschutzgesetzgebung,Kinderbetreuung, Daten zur Situation der Fami-lien und der Kinder in Baden-Württemberg.www.statistik.baden-wuerttemberg.deAktuelle Daten für Baden-Württemberg aus demStatistischen Landesamt.www.stiftungLesen.de/lehrerIm Mittelpunkt des breiten Informationsangebo-tes der Stiftung Lesen für Lehrerinnen und Leh-rer aller Schularten stehen Anregungen zu krea-tiven Projekten im Unterricht rund um dasThema Lesen. www.wir-lesen-vor.deInformationen über die Initiative »Wir lesen vor– überall und jederzeit« von der ZEIT und derStiftung Lesen. Vgl. auch Sonderheft Zeitchan-cen zur Kampagne vom April 2004.

Angebote für Kinder und Jugendliche:

www.kinderparlamente.deKinderforen, Kinderparlamente, Jugend-parlamente und Jugendräte mit einemreichhaltigen Angebot zu allen Fragen derRechte von Kindern und Jugendlichen.www.kinderpolitik.deDie vom Bundesministerium für Familie,Senioren, Frauen und Jugend geförderteSeite vom Deutschen Kinderhilfswerk bie-tet ein umfassendes Angebot, auch direktfür Kinder (www.kindersache.de).www.kindersache.de»Kindersache-Internet Guide für Kids« isteine Broschüre des Kinderhilfswerks undenthält Tipps, wie Kinder mit dem Internetsinnvoll umgehen können.www.youngnet.deInternet-Service der Bundesregierung: Po-litik für Kinder und Jugendliche.http://home.t-online.de/home/harosenthal/knigge1.htmKnigge für Schülerinnen und Schüler im In-ternet zum Nachschlagen.

Suchmaschinen für Kinder:www.blinde-kuh.dewww.milkmoon.dewww.multikids.dewww.trampeltier.de

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StifterlandBaden-Württembergwerben und zum Stiften, Zustiften,Spenden und zur ehrenamtlichen Mit-arbeit anregen soll. Sie wird gefördertvon: Landesstiftung Baden-Württemberg,Robert Bosch Stiftung, Energie Baden-Württemberg AG, Wüstenrot Stiftung,Stifterverband für die Deutsche Wissen-schaft, Sparkassen-Finanzgruppe Baden-Württemberg, Stiftung Würth.

Der Katalog zur Ausstellung erscheintin Zusammenarbeit mit der Landeszen-trale für politische Bildung Baden-Würt-temberg. Er stellt auf 320 Seiten erst-malig rund 140 baden-württembergischeStiftungen vor, bietet hilfreiche Infor-mationen zur Stiftungserrichtung (inkl.Serviceadressen) und widmet sich derStiftungskultur.

Orte und Termine der Ausstellung:Stuttgart, Haus der Geschichte Baden-Württemberg, 16. Okt. bis 21. Nov.2004; Karlsruhe, Industrie- und Han-delskammer, 8. Dez. 2004 bis 28. Jan.2005; Tübingen, Stadtmuseum,5. Feb. bis 10. Apr. 2005; Freiburg,SWR-Studio, 15. Apr. bis 28. Mai 2005.www.stifterland-bw.de

Der Katalog zur Ausstellung „Stifter-land Baden-Württemberg“ ist zumPreis von 14.90 EUR zzgl. Versand-kosten erhältlich bei:Landeszentrale für politische Bildung,Marketing, Stafflenbergstr. 38,70184 Stuttgart, Fax: 0711 164099-77e -Mail: [email protected]: www.lpb.bwue.de

Baden-Württemberg gehört mit über1700 Stiftungen zu den stiftungs-reichsten Ländern in Deutschland. Umdie Leistungen der Stiftungen bekannterzu machen, veranstaltet der Bundes-verband Deutscher Stiftungen die Aus-stellungsreihe „Stifterland Baden-Württemberg“, die einen Überblickvermitteln, für den Stiftungsgedanken

So wird Politik anschaulich und ver-ständlich: 26 Bild-Text-Karten zuBegriffen aus der Politik:Abgeordnete, Bundesregierung,Charta der UNO, Demokratie,Engagement, Freiheit, Gleichheit,Humanität, Massenmedien,Rechtsstaat, Toleranz, Umwelt-schutz, Verfassung, Wahlen,Extremismus, Zivilcourage, etc.

Pol i t ik-ABCPolitik von A wie Abgeordnetebis Z wie Zivilcourage

NEU

Die neue Unterrichtshilfe derLandeszentrale für politische Bildungbietet vielfältige Einsätze –Gruppenarbeit, Memory, Quiz – undAnsätze: Welcher Begriff ist wie dar-gestellt, wie sind Text und Bild zuge-ordnet, was wäre anders vorstellbar,welche Ergänzung notwendig, wieinhaltliche Zusammenhänge herstellbar?

Das Politik-ABC kann für eine Schutz-gebühr von 5 EUR (außerhalbBaden-Württemberg 10 EUR) zzgl.Versandkosten bestellt werden bei:

Landeszentrale für politische Bildung,Marketing, Stafflenbergstr. 38,70184 Stuttgart, Fax: 0711 164099-77e -Mail: [email protected]: www.lpb.bwue.de

Landeszentralefür politische BildungBaden-Württemberg

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Was gibt es beim 47. Schülerwettbewerb des Landtags zurFörderung der politischen Bildung zu tun? Welche Themensind gestellt, welche Arbeitsformen können gewählt werden?

Plakat. Einzelarbeit oder Partnerarbeit.1. Gestalte ein Plakat, das sich für eine kinderfreundliche Ge-sellschaft einsetzt oder Kinderfeindlichkeit ablehnt.

Umfrage. Einzelarbeit oder Gruppenarbeit.2. Jugendliche und ihre Berufsaussichten – Zwischen Traum-beruf und Arbeitsrealität?

Erörterung, Facharbeit, Reportage (auch Ton- oder Video-Reportagen). Einzelarbeit oder Gruppenarbeit.3. Wie leben Muslime hier?4. Terrorismus und Gewalt – Kann es noch ein Leben ohneAngst geben?5.Was kann ich konkret für den Umweltschutz in meiner Um-gebung tun? Dieses Thema kann auch als Website gestaltetwerden (siehe rechte Spalte).

Eine selbst gestellte Frage in einer der vorgeschriebenenArbeitsformen:Auswertung einer Vorlage zu einem politischen Problem.Einzelarbeit oder Gruppenarbeit.6. Suche eine Karikatur, ein Bild, eine Bildgeschichte, einenkurzen Text, ein Zitat aus dem Bereich des Politischen aus.Werte die Vorlage aus. Stelle das dort angesprochene politi-sche Problem vor. Nimm Stellung zur Aussage der Vorlage.Lege deine Vorlage der Arbeit bei.

Erörterung, Facharbeit, Reportage. Einzelarbeit oder Grup-penarbeit.7. Welche politische Frage stellst du dir selbst? Einzelarbeitoder Gruppenarbeit. Begrenze deine Frage. Formuliere dei-ne Frage. Suche Antwort darauf.

Gedicht, Kurzgeschichte, Brief, Rede, Flugblatt,Kommentar. Einzelarbeit oder Partnerarbeit.8. Welches aktuelle Problem brennt dir am meisten auf denNägeln?

Begrenze das Problem. Formuliere deine Frage dazu. SucheAntwort darauf.

AusführungSchriftliche Arbeiten: DIN A 4, 1,5- zeilig, Schrift Arial, Schrift-größe 12. Der Umfang soll zehn Seiten nicht überschreiten.Eine Hörfunk- oder Videoreportage darf höchstens zehn Mi-nuten dauern. Bitte VHS-Kassetten verwenden.

Plakate dürfen das Format 50 x 70 cm keinesfalls über-schreiten.

Wegen der Vergleichbarkeit sollen sie dieses Format auchnicht wesentlich unterschreiten. Zum Transport bitte nicht rol-len oder gar falten!

Arbeitsgruppen dürfen nicht mehr als drei Mitglieder haben,bei Thema 1 und 8 nur zwei. Altersgrenze 25 Jahre. Es darfnur eine Arbeit zum Wettbewerb eingereicht werden. Angabeder Herkunft eurer Informationen oder Illustrationen (das giltauch für Informationen aus dem Internet und für Bildvorlagenzu Plakaten) ist erforderlich; ebenso Datum und Unterschriftauf dem Formblatt 2004.Das Formblatt steht auch als PDF zum Ausfüllen am PC zurVerfügung. Bitte ausdrucken, unterschreiben und an die Ar-beit heften.

InternetbeitragThema 5 »Was kann ich konkret für den Umweltschutz in mei-ner Umgebung tun?« kann auch als Website gestaltet wer-den. Internetbeiträge müssen mit dem Formblatt angemeldetwerden. Ihr bekommt dann die Zugangsdaten zum Webser-ver, wo die Seiten eingestellt werden müssen. Andere For-men wie Mail oder CD-ROM nehmen wir nicht an.

Einsendeschluss ist der 15. November 2004.

Die PreiseAlle Schularten sind bei der Preisverteilung dabei! Daraufachten die Prüferinnen und Prüfer besonders. Der Landtagwill die Auseinandersetzung mit politischen FragesteIlungenbelohnen. Er vergibt deswegen großzügig zweite und drittePreise. Er will aber auch zu besonderer Anstrengung reizen,indem er für einige wenige herausragende Leistungen einenFörderpreis auslobt. Dieser besteht aus einem Geldpreis undaus Angeboten zur Förderung der politischen Bildung.

Die Zahl der ersten Preise ist begrenzt: etwa 50 sind es, dieden Anforderungen gerecht werden. Es winkt eine Studien-fahrt für die Ersten aus verschiedenen Schularten nach Wienund Bratislava (20.–26. Juli). Für die Ersten aus den Förder-und Sonderschulen wird eine Begegnungsreise angeboten.Außerdem ist aus jeder Schule eine Lehrerin oder ein Lehrerdabei. 2005 geht es nach Dresden (04.–07. Juli).

Es findet stets ein Empfang durch den Landtagspräsidentenfür alle Spitzenpreisträgerinnen und Spitzenpreisträger statt.

Tipps und InfosLehrerinnen und Lehrer der Fächer Gemeinschaftskunde,Deutsch, Ethik, Religion und Bildende Kunst sollten ihreSchülerinnen und Schüler auf diesen Wettbewerb aufmerk-sam machen. Die Broschüre »Erfahrungen und Empfehlun-gen« stellt den Wettbewerb und seine Aufgaben vor. Ab Sep-tember 2004 wird eine CD-ROM an alle Schulen versandt.Die Lehrer, die mit vielen Beiträgen zum 47. Schülerwettbe-werb vertreten sind, können an einer Studienreise nach Dan-zig im Mai 2005 teilnehmen.Wenden Sie sich mit allen Fragen zum Wettbewerb an:Landeszentrale für politische BildungSchülerwettbewerbPaulinenstraße 44-4670178 StuttgartE-Mail: [email protected] Internet: http://www.schuelerwettbewerb-bw.de

Aktueller Wettbewerb 2004Für Schülerinnen und Schüler aller Schularten von Klasse 9 an

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NECKAR-VERLAG GmbH · 78008 VILLINGEN-SCHWENNINGEN

Anschriften

Hauptsitz in Stuttgart s. links

* 70178 Stuttgart, Paulinenstraße 44–46, Fax 0711/164099-55

Abteilung/Tagungsstätte Haus auf der Alb, Hanner Steige 1, 72574 Bad Urach, Tel. 07125/152-0, Fax -100

Außenstelle Freiburg, Friedrichring 29, 79098 Freiburg, Tel. 0761/20773-0, Fax -99

Außenstelle Heidelberg, Plöck 22, 69117 Heidelberg, Tel. 06221/6078-0, Fax -22

Außenstelle Stuttgart, Paulinenstraße 44–46, 70178 Stuttgart, Tel. 0711/164099-51, Fax -55

Außenstelle Tübingen, Herrenberger Straße 36, 72070 Tübingen, Tel. 07071/200-2996, Fax -2993

LpB-Shops/Publikationsausgaben

Bad Urach Tagungsstätte Haus auf der Alb, Hanner Steige 1, (Tel. 07125/152-0)Montag bis Freitag 8–16.30 UhrFreiburg Friedrichring 29(Martina Plajer, Tel. 0761/20773-10)Dienstag und Donnerstag 9–15 UhrHeidelberg Plöck 22(Maria Melnik, Tel. 06221/6078-11)Dienstag 9–15 Uhr, Mittwoch und Donnerstag 13–17 UhrStuttgart Stafflenbergstr. 38(Ulrike Weber, Tel. 0711/164099-66)Montag und Donnerstag 9–12, 14–17 Uhr, Dienstag 9–12 UhrTübingen Herrenberger Straße 36 (Claudia Häbich/Sonja Danner, Tel. 07071/2002996)Mittwoch und Donnerstag 9.15–11.45 Uhr, Dienstag 9.15–15 Uhr

Nachfragen

Publikationen (außer Zeitschriften) Ulrike Weber, Telefon 0711/[email protected]

Der Bürger im StaatBarbara Bollinger, Telefon 0711/164099-21 [email protected]

Deutschland & Europa und Politik & UnterrichtSylvia Rösch, Telefon 0711/[email protected]

Bestellungenbitte schriftlich an die zuständigen Sachbearbeiterinnen (s.o.): Stafflenbergstr. 38, 70184 Stuttgart, Fax 0711/164099-77,E-Mail: [email protected] Webshop: www.lpb.bwue.de

Thema des nächsten Heftes:

Der Landtag von Baden-Württemberg

Stafflenbergstraße 38, 70184 Stuttgart Telefax 0711/16 40 [email protected]://www.lpb.bwue.de

Telefon Stuttgart: 0711/16 40 99-0

DurchwahlnummernDirektor: Dr. h. c. Siegfried Schiele, ab 1.10. Lothar Frick ........ -60Referat des Direktors: Dr. Jeannette Behringer, Sabine Keitel .... -62Controlling: Gudrun Gebauer ................................................ -11Frauenvertreterin: Gordana Schumann .............. 07125/152-121

1 Querschnittsabteilung Zentraler Service11 Grundsatzfragen: Günter Georgi (Abteilungsleiter) ........ -1012 Haushalt und Organisation: Jörg Harms ...................... -1213 Personal: Ulrike Hess ................................................ -1314 Information und Kommunikation: Wolfgang Herterich .... -14

2 Querschnittsabteilung Marketing21 Marketing: Werner Fichter (Abteilungsleiter) ................ -6322 Öffentlichkeitsarbeit: Joachim Lauk .............................. -64

3 Abteilung Demokratisches Engagement31* Geschichte und Verantwortung:

Konrad Pflug (Abteilungsleiter) .................................... -3132 Frauen und Politik: Christine Herfel ... -32, Beate Dörr.... -7533* Freiwilliges Ökologisches Jahr: Steffen Vogel ................ -3534 Jugend und Politik: Wolfgang Berger .......................... -2235* Schülerwettbewerb des Landtags: Monika Greiner ........ -26

4 Abteilung Medien41 Neue Medien: Karl-Ulrich Templ (stv. Dir., Abt.leiter) .... -2042 Redaktionen Der Bürger im Staat/Didaktische Reihe:

Siegfried Frech .......................................................... -4443 Redaktion Deutschland und Europa:

N. N. ...................................................................... -4344 Redaktion Politik und Unterricht/Landeskundliche Reihe:

Dr. des. Reinhold Weber ............................................ -42

5 Abteilung Regionale Arbeit51 Außenstelle Freiburg:

Dr. Michael Wehner, Tel. 0761/207737752 Außenstelle Heidelberg:

Dr. Ernst Lüdemann (Abteilungsleiter), Tel. 06221/6078-1453* Außenstelle Stuttgart:

Dr. Iris Häuser, Tel. 0711/164099-52, Peter Trummer -5054 Außenstelle Tübingen:

Rolf Müller, Tel. 07071/2002996

6 Abteilung Haus auf der Alb Tel. 07125/152-061 Natur und Kultur: Dr. Markus Hug (Abteilungsleiter) .... -14662 Zukunft und Bildung: Robert Feil ................................ -139 63 Europa – Einheit und Vielfalt: Dr. Karlheinz Dürr ........ -147 64 Frieden und Entwicklung: Wolfgang Hesse ................ -14066 Modernisierung in Staat und Wirtschaft:

Eugen Baacke ........................................................ -136 67 Bibliothek/Mediothek: Gordana Schumann ............ .... -12168 Hausmanagement: Erika Höhne ................................ -109