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4 K 288 Im Mai 1998 wird entschieden, welche Länder am Euro beteiligt sein werden. Bald darauf werden die Wechselkurse der jeweiligen Währungen zum Euro festge- legt. Ab Januar 1999 soll er neben den bisherigen Währungen und ab 2002 allei- niges gesetzliches Zahlungsmittel werden und die nationalen Währungen der betei- ligten Länder sollen völlig verschwinden. Was verbirgt sich hinter dem Euro, der gemeinsamen Währung Europas? Welche gesellschaftlichen Kräfte Deutschlands und auch innerhalb Europas zwingen ih- rem Umfeld dieselbe Währung auf? Öffnen sich nicht langersehnte Per- spektiven für eine Völkergemeinschaft, in der alle gleich sind?, fragt sich der Welt- bürger. Muß ich Lohneinbußen in Kauf neh- men?, fragt sich der Arbeiter. Wird es uns schlechter gehen?, fragt sich das Volk. Nein, verspricht die Regierung, es han- dele sich nicht um eine Währungsreform, sondern lediglich um eine Währungsum- stellung, bei der es keinerlei Einbußen gebe. Abgesehen davon, daß natürlich die Umstellungskosten in Milliardenhöhe auf die arbeitenden Klassen abgewälzt werden, liegt das Geheimnis des Täuschungsmanö- vers ganz woanders. Lange bevor die Werktätigen auch nur einen Fetzen des neuen Geldes in der Ta- sche haben, ist es ihnen schon herausge- zogen worden. Wer nicht im Namen von Globalisierung und Standort Deutsch- landauf die Straße gesetzt wurde, zu Ar- beitszeitflexibilisierung und -verlängerung, zu Lohneinbußen gepreßt wurde, der wur- de für den Eurozur Kasse gebeten. An- geblich für sogenannte Konvergenzkriteri- en des Maastrichter Vertrages wurde eine Kampagne losgetreten, die alles, was in diesem Land unter der Rubrik sozialgeführt wird, als schädlich für den Euro brandmarkt. Plünderung der Sozialkassen durch versicherungsfremdeLeistungen, durch Verschlechterung der Renten, der Leistungen der Krankenkassen, der Er- werbslosenunterstützungen - und das bei gleichzeitiger Erhöhung der Beiträge; Ver- schlechterung bei allen Sozialleistungen und das bei ständiger Erhöhung der Steu- ern für die Werktätigen (z.B. in Form der Mehrwertsteuererhöhung, die indirekt ei- nen Prozent Lohnraub bedeutet) und noch weiterer Entlastung für die Reichen. Dabei geht es ja nicht nur um die Steuersätze oder Beitragssätze, sondern auch um Ver- schlechterung der Anspruchsgrundlagen (z.B. die Anrechnung von Schul- und Aus- bildungszeiten für die Rente oder die An- rechnung von Abfindungen auf die Er- werbslosenunterstützung) und um ver- schärfte Praktiken der jeweiligen Ämter, die angehalten sind, Ermessensspielräume gegen den Antragssteller zu interpretieren (z.B. bei der Zwangsarbeit von Sozialhil- feempfängern oder der Anerkennung von Werbungskosten). Während die Mark hartgeblieben ist, sind wir weichgeklopft worden mit dem FaszinosumEuropa. Fünf Millionen of- fizielle Erwerbslose und blühende Land- schaftenin der DDR, beschleunigte Ver- armung breiter Bevölkerungsschichten bei gleichzeitig ungehemmter Bereicherung ei- ner kleinen Minderheit sprechen eine deutliche Sprache. Wenn die Herrschenden von höheren Zielen reden, ist es allemal angeraten, die Taschen dicht zu machen. Wenn sie uns vor der Einführung des Euro geplündert haben, werden sie es nach seiner Einfüh- rung nicht unterlassen. Jede Schweinerei, die angeblich im Zuge des Euro gemacht wird, war schon mit der DM möglich: Von der Plünderung der Sozialkassen bis zur Entwertung von Ansprüchen der Werktätigen gegen den Staat (z.B. mit der Währungsreform in der DDR, wo mal eben die Hälfte der Spargut- haben geklaut wurden). Ob wir es uns mit dem Euro noch schlechter gehen lassen, wird von uns genauso viel abhängen, wie bei der DM. Oder anders ausgedrückt: Der Akt der Einführung des Euro im Jahr 1999 selbst wird in ihrer ökonomischen Wirkung die Lage der Werktätigen nicht verschlim- mern, die Weichenstellung für den Euro ist schlimm genug. Verheerend sind seine politischen Auswirkungen. Nicht nur, daß es den Herrschenden in der BRD erleich- tert wird, die Schuld für eine Verschlech- terung auf die anderenzu schieben. Der Euro gibt dem politischen Streben des deutschen Imperialismus nach Vorherr- schaft in Europa den Schein ökonomi- scher Notwendigkeit: Wie es Strauß ein- mal auf die Formel gebracht hat: Ökono- mischer Riese - politischer Zwerg. Wider- stand der Werktätigen in anderen Ländern gegen das Diktat aus Berlin wird dann nicht als gegen die Anmaßung des deut- schen Imperialismus verständlich, sondern als europafeindlichund als Rückfall in Nationalismus abqualifiziert werden. Dann werden die Ultrarechten und Faschi- sten in Gernegroßdeutschland weiter Zu- lauf erhalten, die in den europäischen Nachbarstaaten der BRD immer schon den Feind gesehen haben, der das Vater- landerdrosseln will. Das Konvergenz- spi elchen... Konvergenz heißt, sich auf einen ge- meinsamen Zustand oder ein gemeinsa- mes Ziel hinbewegen. Ob man sich schließlich auf ein gemeinsames Ziel hin- bewegt, wird an Kriterien, sprich Maßstä- ben gemessen, wie sie im Vertrag von Maastricht festgelegt wurden. Da werden folgende Größen angegeben. Die Neuver- schuldung eines Landes darf 3% des Brut- toinlandsprodukts nicht überschreiten oder der Schuldenstand soll nicht mehr als 60% des Bruttoinlandsprodukts betragen. Sind diese Prozentzahlen schon aus dem Hut gezaubert und wissenschaftlich durch nichts belegt (warum nicht 0% Neuver- schuldung oder 10%?), ist auch die Be- zugsgröße Bruttoinlandsprodukt - trotz ihrer weltweiten Akzeptanz - ziemlich abenteuerlich. Darin wird alles, was nur ir- gendwie verkauft wird, gezählt und trägt zur Steigerung bei. Also z.B. je mehr Un- Eur opa: Unmögli ch oder r eakt i or Konver Konver Konver Konver Konvergenzs p i e l c hen genzs p i e l c hen genzs p i e l c hen genzs p i e l c hen genzs p i e l c hen „Maa stri c ht-Kri teri en“: „Maa stri c ht-Kri teri en“: „Maa stri c ht-Kri teri en“: „Maa stri c ht-Kri teri en“: „Maa stri c ht-Kri teri en“: I n f l at i on I n f l at i on I n f l at i on I n f l at i on I n f l at i on Inf l at i onsrate hö c hstens 1, 5% über dem Durc hsc hn i tt der dre i stab il sten Länder Sc hu l den Sc hu l den Sc hu l den Sc hu l den Sc hu l den Hausha l ts de f i zi t hö c hstens 3% G e samt- s c hu l d , c hs tens 60% de s Brutto i n- l and s produ k t s We c hs e l k urs e We c hs e l k urs e We c hs e l k urs e We c hs e l k urs e We c hs e l k urs e Te il nahme am EWS-We c hs e l k ursver- bund s e i t zwe i Jahren ohne große Kurs- sc hwan k ungen Z i ns en Z i ns en Z i ns en Z i ns en Z i ns en Lang fri st i ge Z i ns en hö c hstens 2% über dem Dur c hs c hn i tt der dre i s tab il s ten Länder Anmerk ung: Das We c hs e l k urskri teri um wurde na ch der Pl e i te des EWS 1992/93 f a ll enge l ass en . Se i ther si nd e s d i e ge- nannten 4 Kri teri en. Euro

E u ro Europa: U nm glich oder reaktion rW e rb u n gs k o s te n ). W h re n d d ie M a rk ã h a rtÓ ge b lie b e n is t, s in d w ir w e ic h ge k lo p ft w o rd e n m it d e m

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Page 1: E u ro Europa: U nm glich oder reaktion rW e rb u n gs k o s te n ). W h re n d d ie M a rk ã h a rtÓ ge b lie b e n is t, s in d w ir w e ic h ge k lo p ft w o rd e n m it d e m

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Im Mai 1998 wird entschieden, welcheLänder am Euro beteiligt sein werden.Bald darauf werden die Wechselkurse derjeweiligen Währungen zum Euro festge-legt. Ab Januar 1999 soll er neben denbisherigen Währungen und ab 2002 allei-niges gesetzliches Zahlungsmittel werdenund die nationalen Währungen der betei-ligten Länder sollen völlig verschwinden.

Was verbirgt sich hinter dem Euro, dergemeinsamen Währung Europas? Welchegesellschaftlichen Kräfte Deutschlandsund auch innerhalb Europas zwingen ih-rem Umfeld dieselbe Währung auf?

„Öffnen sich nicht langersehnte Per-spektiven für eine Völkergemeinschaft, inder alle gleich sind?”, fragt sich der Welt-bürger.

„Muß ich Lohneinbußen in Kauf neh-men?”, fragt sich der Arbeiter.

„Wird es uns schlechter gehen?”, fragtsich das Volk.

Nein, verspricht die Regierung, es han-dele sich nicht um eine Währungsreform,sondern lediglich um eine Währungsum-stellung, bei der es keinerlei Einbußengebe.

Abgesehen davon, daß natürlich dieUmstellungskosten in Milliardenhöhe aufdie arbeitenden Klassen abgewälzt werden,liegt das Geheimnis des Täuschungsmanö-vers ganz woanders.

Lange bevor die Werktätigen auch nureinen Fetzen des neuen Geldes in der Ta-sche haben, ist es ihnen schon herausge-zogen worden. Wer nicht im Namen vonGlobalisierung und „Standort Deutsch-land” auf die Straße gesetzt wurde, zu Ar-beitszeitflexibilisierung und -verlängerung,zu Lohneinbußen gepreßt wurde, der wur-de für den „Euro” zur Kasse gebeten. An-geblich für sogenannte Konvergenzkriteri-en des Maastrichter Vertrages wurde eineKampagne losgetreten, die alles, was indiesem Land unter der Rubrik „sozial”geführt wird, als schädlich für den Eurobrandmarkt. Plünderung der Sozialkassendurch „versicherungsfremde” Leistungen,durch Verschlechterung der Renten, derLeistungen der Krankenkassen, der Er-werbslosenunterstützungen - und das beigleichzeitiger Erhöhung der Beiträge; Ver-schlechterung bei allen Sozialleistungenund das bei ständiger Erhöhung der Steu-ern für die Werktätigen (z.B. in Form derMehrwertsteuererhöhung, die indirekt ei-nen Prozent Lohnraub bedeutet) und nochweiterer Entlastung für die Reichen. Dabeigeht es ja nicht nur um die Steuersätzeoder Beitragssätze, sondern auch um Ver-

schlechterung der Anspruchsgrundlagen(z.B. die Anrechnung von Schul- und Aus-bildungszeiten für die Rente oder die An-rechnung von Abfindungen auf die Er-werbslosenunterstützung) und um ver-schärfte Praktiken der jeweiligen Ämter,die angehalten sind, Ermessensspielräumegegen den Antragssteller zu interpretieren(z.B. bei der Zwangsarbeit von Sozialhil-feempfängern oder der Anerkennung vonWerbungskosten).

Während die Mark „hart” geblieben ist,sind wir weichgeklopft worden mit dem„Faszinosum” Europa. Fünf Millionen of-fizielle Erwerbslose und „blühende Land-schaften” in der DDR, beschleunigte Ver-armung breiter Bevölkerungsschichten beigleichzeitig ungehemmter Bereicherung ei-ner kleinen Minderheit sprechen einedeutliche Sprache.

Wenn die Herrschenden von höherenZielen reden, ist es allemal angeraten, dieTaschen dicht zu machen. Wenn sie unsvor der Einführung des Euro geplünderthaben, werden sie es nach seiner Einfüh-rung nicht unterlassen.

Jede Schweinerei, die angeblich imZuge des Euro gemacht wird, war schonmit der DM möglich: Von der Plünderungder Sozialkassen bis zur Entwertung vonAnsprüchen der Werktätigen gegen denStaat (z.B. mit der Währungsreform in derDDR, wo mal eben die Hälfte der Spargut-haben geklaut wurden). Ob wir es uns mitdem Euro noch schlechter gehen lassen,wird von uns genauso viel abhängen, wiebei der DM.

Oder anders ausgedrückt: Der Akt derEinführung des Euro im Jahr 1999 selbstwird in ihrer ökonomischen Wirkung dieLage der Werktätigen nicht verschlim-mern, die Weichenstellung für den Euro istschlimm genug. Verheerend sind seinepolitischen Auswirkungen. Nicht nur, daßes den Herrschenden in der BRD erleich-tert wird, die Schuld für eine Verschlech-terung auf „die anderen” zu schieben. DerEuro gibt dem politischen Streben desdeutschen Imperialismus nach Vorherr-schaft in Europa den Schein ökonomi-scher Notwendigkeit: Wie es Strauß ein-mal auf die Formel gebracht hat: Ökono-mischer Riese - politischer Zwerg. Wider-stand der Werktätigen in anderen Länderngegen das Diktat aus Berlin wird dannnicht als gegen die Anmaßung des deut-schen Imperialismus verständlich, sondernals „europafeindlich” und als Rückfall inNationalismus abqualifiziert werden.Dann werden die Ultrarechten und Faschi-

sten in Gernegroßdeutschland weiter Zu-lauf erhalten, die in den europäischenNachbarstaaten der BRD immer schonden Feind gesehen haben, der das „Vater-land” erdrosseln will.

Das Konvergenz-spielchen...

Konvergenz heißt, sich auf einen ge-meinsamen Zustand oder ein gemeinsa-mes Ziel hinbewegen. Ob man sichschließlich auf ein gemeinsames Ziel hin-bewegt, wird an Kriterien, sprich Maßstä-ben gemessen, wie sie im Vertrag vonMaastricht festgelegt wurden. Da werdenfolgende Größen angegeben. Die Neuver-schuldung eines Landes darf 3% des Brut-toinlandsprodukts nicht überschreitenoder der Schuldenstand soll nicht mehr als60% des Bruttoinlandsprodukts betragen.Sind diese Prozentzahlen schon aus demHut gezaubert und wissenschaftlich durchnichts belegt (warum nicht 0% Neuver-schuldung oder 10%?), ist auch die Be-zugsgröße Bruttoinlandsprodukt - trotzihrer weltweiten Akzeptanz - ziemlichabenteuerlich. Darin wird alles, was nur ir-gendwie verkauft wird, gezählt und trägtzur Steigerung bei. Also z.B. je mehr Un-

Europa: Unmöglich oder reaktionär

KonverKonverKonverKonverKonvergenzsp ie lchengenzsp ie lchengenzsp ie lchengenzsp ie lchengenzsp ie lchen„Maastricht-Kriterien“:„Maastricht-Kriterien“:„Maastricht-Kriterien“:„Maastricht-Kriterien“:„Maastricht-Kriterien“:InflationInflationInflationInflationInflationInflationsrate höchstens 1,5% über demDurchschnitt der dre i stab ilsten Länder

SchuldenSchuldenSchuldenSchuldenSchuldenHaushaltsde fizit höchstens 3% G esamt-schu ld , höchstens 60% d es Brutto in-landsprodukts

Wechse lkurseWechse lkurseWechse lkurseWechse lkurseWechse lkurseTe ilnahme am EWS-W echse lkursver-bund se it zwe i Jahren ohne große Kurs-schwankungen

ZinsenZinsenZinsenZinsenZinsenLang fristige Zinsen höchstens 2% überd em Durchschn itt d er dre i stab ilstenLänd er

Anmerkung: Das Wechse lkurskriteriumwurde nach der Ple ite des EWS 1992/93fallenge lassen. Se ither sind es d ie ge-nannten 4 Kriterien.

Euro

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fälle passieren, desto mehr Leistungen wieErste Hilfe, Bestattungen, Abschleppenusw. werden verkauft, also steigt das Brut-toinlandsprodukt (BIP) an. Und wie manSchulden „bereinigt”, wie man Vermögenin Schulden und umgekehrt verwandelt,weiß der bekennende Katholik Waigelspätestens seit der Einverleibung der DDRund der Treuhandabwicklung.

Die Konvergenzkriterien sind selbstschon Ausdruck von ökonomischem undpolitischem Abenteurertum und ein Ergeb-nis weniger von Würfeln als von Pokern:Ausrichten und Abrichten der europäi-schen Nationen nach dem Modell BRD,nach ihrem Verschuldungsgebaren, nachihren Preissteigerungsraten (letztlich nachihren Ausbeutungsbedingungen) in derErwartung dadurch einen Euro zu bekom-men, der so „stabil” wird wie die DM.1

Ausrichten an der BRD mit ein bißchenSpielraum, damit das Ziel für andere nichtzu hoch gesteckt erscheint. Europa alsAbziehbild von DM-Deutschland.

Ungleichmäßigkeit der Entwicklung -so wird dekretiert - darf es in Europa nichtmehr geben. Gibt es sie doch - und sie istim Kapitalismus unvermeidlich -, dannwird das Land vor die Alternative gestellt:Unterordnen oder es wird gebrandmarktund hinausgebissen. So geschehen mitEngland 1992, als die Bundesbank gegendas Pfund spekulierte und eine Abwertungum rd. 10% erzwungen wurde. Und dasimmerhin gegen England, das Mutterlanddes Kapitalismus, ein imperialistischesLand, das so mächtige Monopole hat wieBP, Shell, ICI, Rio Tinto usw. und mitLondon den umsatzstärksten FinanzplatzEuropas beherbergt. So zählt heute Eng-land mit Schweden und Dänemark (Grie-chenland wurde wegen grober Verfehlungder Kriterien ausgeschlossen) nicht zu denLändern, die den Euro einführen wollen.

...mit „Taugenichtsen”Wie sich hierbei Wirtschaft und Politik

der BRD harmonisch die Bälle zuspielen,soll an einem Beispiel erläutert werden,das nicht einer gewissen Lächerlichkeitentbehrt.

„Sollen wegen einigen noch bestehen-den Unabwägbarkeiten alle die Vorteilegeopfert werden, die mit einer gemeinsa-men Währung verbunden sind? Das wäredoch so, als wenn ein Paar nur deshalb aufKinder verzichten würde, weil sich nieausschließen läßt, daß die einst hoffnungs-vollen Sprößlinge sich als Erwachsene zu,Taugenichtsen’ entwickeln könnten.”2

Wenn also alle Kinderchen brav mitma-chen, winkt zur Belohnung ein Gefühl derZusammengehörigkeit in Europa, welchesdas durch den Führerschein oder gemein-samen Paß geschaffene noch übersteigt.3

Die Kampagne zur Beschwichtigung derSorgen der Menschen über die Einführungdes Euro gleicht ungefähr dem Niveau , alswolle man den Arbeitern bunte Schrau-

benzieher aushändigen, um die Arbeitsbe-dingungen zu verbessern.

Viel mehr haben die Werbestrategen derSparkassenorganisation für den Euro nichtaus dem Zylinder zaubern können.

Wen wundert’s? War doch Horst Köh-ler, Vorsitzender des Sparkassen- und Gi-roverbandes, von 1990-1993 Kohls Wäh-rungsberater in Sachen Europäische Wirt-schafts- und Währungsunion (EWU). Zuseiner Amtseinführung wünschte sichKohl die Sparkassen als „wirkliche Weg-genossen.”4 Die haben er und seinesglei-chen wohl offensichtlich nötig.

Lenin: Die VereinigtenStaaten von Europa -unmöglich oder reaktionär

„Vom Standpunkt der ökonomischenBedingungen des Imperialismus, d.h. desKapitalexports und der Neuaufteilungder Welt durch die ,fortgeschrittenen’und ,zivilisierten’ Kolonialmächte, sinddie Vereinigten Staaten von Europa un-ter kapitalistischen Verhältnissen entwe-der unmöglich oder reaktionär.”5 (Her-vorhbg. nicht i.Orig.)

Soweit Lenins Feststellung aus demJahre 1915. Doch was veranlaßt uns dazu,ein über 80jähriges Zitat zur Rahmenaus-sage bezüglich der Europafrage zu erhe-ben?

Unsere These ist: Im Kern markiert dieEinführung des Euro ein zeitweiligesBündnis der herrschenden Klasse, derMonopolbourgeoisien Frankreichs undder BRD. Ein Bündnis wozu?

Éco le d e guerre é conom iqueÉco le d e guerre é conom iqueÉco le d e guerre é conom iqueÉco le d e guerre é conom iqueÉco le d e guerre é conom ique

W ir wo llen euch e in besonderes „Schmankerl“ der neuesten zivilisatorischen Errungen-schaften nicht vorentha lten. Daß wir sog le ich wieder be im Thema sind - wer hätte dasgedacht. A lso hier e in Ausschnitt aus der W irtschaftswoche Nr. 32 vom 31.7.97:

1. Zur gemeinsamen Unterdrückungdes Widerstands der Arbeiterklasse undder Völker in Europa,

2. Zum Ausbau der Stellung gegen dieUSA und Japan,

3. Zur gemeinsamen Aufteilung desOstens nach der Zerschlagung der UdSSRund der Friedensordnung von Jalta (Manerinnere sich des verzerrten Gesichts vonRühe, als er im Bundestag den Gegnern derNato-Osterweiterung zurief, sie würdendie „Stalinsche Nachkriegsordnung” ver-teidigen),

4. Zur Unterdrückung der kleinerenkapitalistischen Länder in Westeuropaund zur Unterordnung der beiden imperia-listischen Länder England und Italien.

Das Bündnis bezeichnen wir als reak-tionär, also rückwärtsgewandt und feind-lich jeglichem gesellschaftlichen Fort-schritt gegenüber, als Versuch, den Kapi-

1 Dabei ist „Stabilität” schon so etwas wie ein Fetischgeworden, vor dem die meisten auf den Knien rut-schen. Die DM hat gegenüber z.B. dem US-Dollarseit 1995 rd. 22% verloren, gegenüber der italieni-schen Lira 12%, gewonnen dagegen gegenüber demjapanischen Yen: 9%. Ist das „stabil”? Ist es sta-bil, wenn die BRD eine offizielle Preissteigerungs-rate (als ein Index für Geldentwertung) von 5,1%(1992) und 1,8% (1997) meldet und das bei riesi-gen Produktivitäsfortschritten. Stabilität an einerStelle im Kapitalismus setzt die Instabilität bei an-deren Stellen voraus: bei Ländern mit „schwäche-rer” Währung und immer im Geldbeutel der Werk-tätigen.

2 Der Euro – Chancen und Risiken einer gemeinsa-men Währung in Europa. Ein Informationsserviceder Sparkassen-Finanzgruppe.

3 Vgl.: ebd., S. 8

4 Spiegel, 1.4.96

5 W.I. Lenin: Über die Losung der Vereinigten Staa-ten von Europa. Bd.21, S.342

Euro

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talismus, eine überlebte, volks- und men-schenfeindliche Gesellschaftsform am Le-ben zu erhalten, sie zu verteidigen und zufestigen.

Und kaum ist das Bündnis besiegelt,sind die feierlichen Worte zur Euro-Ein-führung verhallt, ist zu hören, wozu deut-sche Chauvinisten ihre Partner zu nutzengedenken.

„Die jetzt bestehende Vorherrschaft derDeutschen über die vorherrschende Geld-politik reiche nicht mehr aus; Deutschlandmüsse auch nach außen genügend Machthaben, um die Position Europas in einerzusammenwachsenden Welt zu behaup-ten”*, stellt Hans-Jürgen Krupp, Mitglieddes Zentralrats der Bundesbank, fest.

Und je möglicher dieVereinigten Staaten vonEuropa sind,...

Doch wird diese Äußerung noch deut-licher, wenn man sie auch im Zusammen-hang mit Kohls Regierungserklärung vom30. Januar 1991 sieht: „Deutschland hatmit seiner Geschichte abgeschlossen, eskann sich künftig offen zu seiner Welt-machtrolle bekennen und diese auswei-ten.”

Dies wird zu der Zeit geäußert, in derdie Einverleibung der DDR vollzogen istund die Auflösung der Sowjetunion in vol-lem Gange ist. An dieser Stelle wird dann

D er Fahrp lan der BRD zu den „Vere inigtenStaaten von Europa” we ist e ine bestimmte ,log ische Kontinuität auf. Bere its im Grund-gesetz der BRD wird ja zu d iesem Zie l auf-gerufen, wobe i hier schon beachtenswert ist,daß das Grundgesetz den Anspruch erhebt,außerstaatliche , ja sogar gesamtkontinenta-le Be d eutung zu hab en: „ Im Bewußtse inse iner Verantwortung vor G ott und d enMenschen , von dem W illen besee lt, se inenationa le und staatliche E inhe it zu wahrenund a ls g le ichberechtigtes G lied in e inemvere inten Europa dem Frieden der We lt zud ienen, hat das D eutsche Vo lk [...] kraft se i-ner verfassungsmäß ig en G ewa lt1 d iesesGrund g esetz d er BRD b esch lossen . ” 2

(Hervorhbg .v.Verf.)D er Gründungskern d er EU b estand ausFrankre ich , d en Be N eLux-Staaten , Ita l ienund D eutschland (Europä ische W irtschafts-geme inschaft - EW G - auf der Grund lage der„Röm ischen Verträge ” von 1957). Danachwar man bemüht, nach und nach a lle Staa-ten Westeuropas zu integrieren. Jetzt, nachder Atom isierung O steuropas, so ll der N or-den mob ilisiert werden, um sich Unterstüt-zung für d ie O sterwe iterung zu verschaffen.H ierzu war es jedoch zuvor notwend ig , d ieEFTA (m it den Staaten Ö sterre ich, Schwe iz,Liechtenste in, Schweden, F innland , N orwe-gen und Island) zu liquid ieren, was mehr be-deutete als nur d ie Bese itigung e ines nebend er EU para lle l b estehend en Bündn isses.N e in, es waren b lockneutra le Staaten Euro-pas, denen im Zusammenhang m it der EUe in strateg isches Programm zur Durchset-zung deutscher Po litik auferlegt wurde .So K inke l 1989/90: „Zwe i Aufgaben g ilt espara lle l zu me istern: Im Innern müssen wirwieder zu e inem Vo lk werden, nach außeng ilt es etwas zu vo llbringen, woran wir zwe i-ma l zuvor gesche itert sind (!): Im E inklangm it unseren N achbarn zu e iner Ro lle zu fin-den , d ie unseren Wünschen und unseremPotentia l entspricht. W ir sind aufgrund un-serer M itte llage , unserer Größe und unse-rer trad itione llen Beziehungen (!) zu M itte l-und O steuropa dazu präd est in iert , d enHauptvorte il aus der Rückkehr d ieser Staa-ten nach Europa zu ziehen.” 3

A bgesehen davon, daß d iese Länder Euro-pa nie verlassen haben (wie auch?) und K in-ke l m it Rückkehr nach Europa wohl den Zer-fa l l d es RG W (Rat für g e g ense it ig e W irt-schaftshilfe), und des Warschauer Vertragesme int, lassen jedoch auch d ie anderen For-mulierungen und das aggressive Auftretender BRD gegenüber europä ischen Partnernaufhorchen: Kinke l hatte gedroht, d ie F inan-zierung der Union p latzen zu lassen, wennd ie EU-Po litik sich nicht auf Erwe iterung aus-richten würd e . Was d ie N ord erwe iterunganbetrifft, hatte Spanien E inwände bezüg-lich der F ischere irechte gegenüber N orwe-gen. Doch K inke l drohte während der Ver-

hand lungen, „den Spaniern das Rückgrat zubrechen” , wenn sie in d iesem Punkte nichtnachgeben würden. Som it ist es nicht mehrverwunderlich, daß gerade d ie Vertreter dersüdeuropä ischen Länder der Probeabstim-mung üb er d ie N ord erwe iterung fernb lie-ben. Auch der niederländ ische A bgeordne-te de Vries fühlte sich unter Druck gesetzt.D och m it d er Aufnahme Schwe d ens undF inn lands sow ie Ö sterre ichs, Länd er, d ieaufgrund ihrer g eograph ischen Lag e undihrer auch den „Ka lten Krieg ” überdauern-den Beziehungen e in Interesse an den ost-euro pä ischen Länd ern hab en , versprichtman sich eben d ie gewo llte Unterstützungb e i d er N euaufte i lung d es O stens. D a fürwurd e d ie N ord erwe iterung von d er BRDdurchgepe itscht.4

Auch für d ie F AZ ist d ies sonnenk lar undüberhaupt nicht prob lematisch. „ Wenn d ieEU nicht in der Lage gewesen wäre , d ie imVerg le ich mit O steuropa e infachen Be itritts-prozeduren der skand inavischen Länder undÖ sterre ichs zu me istern, hätten sich auch inD eutsch land Zwe ife l an d er G e ltung d esGrundsatzes geäußert, daß d ie Europapo-litik deutschen Be langen d iene .”5

Warum lassen sich „ d ie anderen” das b ie-ten?We il sich d ie Monopo lbourgeo isien der an-deren Länder durch Te ilung der Macht mitdem deutschen Imperialismus vorläufig e inegrößere Beute erhoffen als in anderen Kon-ste llationen. Insofern ist der Euro nichts an-deres als e in Wechse l auf zukünftige Beute .Doch nicht alle Länder sehen das so le icht.Hartnäckig b lieb b is jetzt d ie Reg ierungGroßbritanniens. „M it jedem neuen Durch-bruch im Prozeß der Europä ischen Wäh-rungsunion wird deutlicher, warum Britanni-en sich nicht nur von der e inhe itlichen Wäh-rung d istanzieren sollte , sondern ebenso ver-suchen so llte , se ine Nachbarn davon abzu-bringen, d iesen Wahnsinn voranzutre iben.”(Times, 14.12.1996 - e ig . Übersetzung)Um zu verhindern, daß noch andere Länderdem deutschen Imperia lismus d ie Stirn b ie-ten, sieht Ex-Bundeskanzler Schm idt gera-de d ie Währungsunion a ls M itte l, zu verhin-dern, daß es in Europa zum dritten Ma l zue iner antideutschen Koalition kommt, denn:“ Im Laufe wen ig er Jahrzehnte würd e d ieD M , würden d ie deutschen F inanzinstitute ,d ie Bundesbank, private Großbanken, Ver-sicherungskonzerne ganz Euro pa b eherr-schen . ” 6 Um d ie H errscha ft D eutsch landsüber Europa zu tarnen, ist der Euro e in nütz-liches M itte l. A lso ist Schm idt der Me inung ,Deutschland so lle Europa zwar beherrschen,aber b itte so , daß d ie anderen es nicht mer-ken? Be fä llt Schm idt d ie g le iche Angst wiewe iland B ismarck, der „ A lptraum der Koa li-t ionen” , a lso d ie Angst , d en d eutschenGroßmachtträumen könne sich e ine inner-europäische Koalition gegenüberste llen.7

Norderweiterung für Ostlandritt

1 Hier muß festgestellt werden, daß das Grundgesetzin zweifacher Weise die Geschichte verfälscht: Er-stens wurde gerade mit Verabschiedung des Grund-gesetzes die Spaltung Deutschlands manifestiert,wonach sich der Osten Deutschlands gezwungensah, ebenfalls einen Staat, die DDR, zu gründen,allerdings mit Erfüllung der Forderungen, dieKriegsanstifter zu enteignen. Zur Erinnerung: dieBRD wurde am 23. Mai 1949 ausgerufen, die DDRam 7. Oktober 1949. Die Formulierung „seine na-tionale und staatliche Einheit wahren”, besagt be-reits, daß die von den Schreibern des Grundgeset-zes selbst vollzogene Spaltung dauerhaft nicht an-erkannt und Grundlage für den westdeutschen Re-vanchismus wird. In diesem Sinne erdreisten siesich hinzuzufügen: „Es hat auch für jene Deutschegehandelt, denen mitzuwirken versagt war.” Diezweite Lüge besteht darin, daß das Volk niemalsüber das Grundgesetz abgestimmt hat, somit hat essich auch keine Ordnung gegeben.

2 Präambel des Grundgesetzes der BRD

3 Zitiert nach FAZ vom 19.3.93

4 Vgl. Stefan Eggerdinger: Maastricht II und die Eu-ropastrategien des dt. Kapitals in: Streitbarer Ma-terialismus Nr. 21, S.34 f.

5 FAZ, 3.3.94

6 DZ, 29.9.95

7 Auch Schäuble ist der Ansicht, daß die dreißigerJahre noch nicht so weit zurücklägen, wie mancherdenken mag. So fährt er fort, daß das Europa der Al-lianzen und Gegenallianzen, der Kombinationenund konkurrierenden Bündnisse wiederkehrenkönne! Deutschland könne in eine Zwangslagegeraten. In diesem Zusammenhang warnt er diePartner, Deutschland könne die Probleme, die Eu-ropa nicht in Angriff genommen hat, allein bewäl-tigen. (Vgl. Junge Welt vom 13.3.96)

Fußnoten zu nebenstehendem Kasten:

* Junge Welt, 30./31.3.96

Euro

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auch nachvollziehbar, was der Cheföko-nom der Deutschen Bank, Norbert Walter,unter der „Entfesselung der Marktwirt-schaft” (SZ, 21.8.96) versteht. Und zwarsind es eben alle Fesseln, die der deutschenÖkonomie angelegt waren.1

...desto reaktionärer sindsie.

Die Fesseln der Marktwirtschaft? Da-mit sind die Fesseln gemeint, die den deut-schen Monopolen durch die Friedensord-nung von Jalta (4.-11. Februar 1945, Teil-nehmer Churchill, Roosevelt, Stalin) ange-legt waren. Sie legte nicht nur dem Expan-sionsstreben des deutschen Imperialismusnach Osten einen Damm. Im Westen wa-ren die deutschen Monopole auf das Ge-biet von Westdeutschland beschränkt unddie BRD wurde ein Staat von US-Imperia-lismus Gnaden mit der Aufgabe, im west-europäischen Verbund ein antikommuni-stisches Bollwerk gegen die Ausbreitungdes Sozialismus in Europa zu bilden. Ent-sprechend unternahmen die deutsche Mo-nopolbourgeoisie und ihre politischenVertreter in Westdeutschland alles, um dieVergesellschaftung der Produktionsmittelzu verhindern, was durch die Spaltung derArbeiterklasse und die brutale Unterdrük-kung der Kommunisten in Westdeutsch-land gelang.

Doch für die deutsche Monopolbour-geoisie ist Sozialismus mehr als die Exi-stenz von sozialistischen Staaten und vonParteien, die sich auf sozialistische Zieleverpflichtet haben. Für sie ist jede Formdes Zusammenschlusses der Arbeiter, je-des kollektive Handeln der Werktätigen,jede Form der organisierten Solidarität undjedes demokratische Recht, jede gesetzli-che Grundlage, die für diese Bestrebungengenutzt werden kann, eine potentielle Be-schränkung ihres Handelns und ihres Stre-bens nach unumschränkter Herrschaft.

Der Niederlage des Sozialismus in Eu-ropa, 1989 mit der Einverleibung der DDRbegonnen, und der Sieg der europäischenKonterrevolution suchen sie durch Zerstö-rung der elementaren Organisation derArbeiterklasse, der Gewerkschaft, die Kro-ne aufzusetzen. Und so hätten sie es ger-ne mit der Einführung des Euro:

„Die Einführung einer einheitlichenWährung erhöht jedoch gleichzeitig dieLohntransparenz und den Wettbewerbzwischen den Arbeitskräften. Damit wirddie Bildung von unionsweiten Lohnkartel-len erschwert und die Lohndisziplin ge-stärkt.”2

So pflegen sich die Herrschenden aus-zudrücken, wenn sie beabsichtigen, dieGewerkschaften völlig auszuhebeln. Undman erinnere sich des Geiferns der politi-schen Sprachrohre des deutschen Mono-polkapitals angesichts der Blockadendurch die französischen Transportarbeiter,die durch ein „unionsweites Lohnkartell”,

also konkret Unterstützung stattStreikbruch durch die ÖTV, in ihremKampf um Löhne und Arbeitsbedin-gungen erheblich gestärkt wordenwären.

Ob aber die Einführung des Euro„unionsweite Lohnkartelle” erschwertoder vielleicht sogar erleichtert, wäreziemlich einfach zu überprüfen. Wiewäre es denn, wenn die Gewerkschaf-ten der EU - statt dem Rumgeeier mit„sozialem” Europa - die Einführungdes Euro mit der Forderung einläutenwürden: ein Euro mehr Lohn?!...

Wenn Imperialisten sich einigen,einigen sich die am meisten traditi-onsbehafteten und reaktionärstenRäuber überhaupt.

Ist denn eine Vereinigung der eu-ropäischen Imperialisten, die doch je-weils voneinander abgegrenzte Zielehaben, überhaupt zu realisieren?

„Natürlich sind zeitweilige Ab-kommen zwischen den Kapitalistenund zwischen den Mächten möglich.In diesem Sinne sind auch die Verei-nigten Staaten von Europa möglichals Abkommen der europäischen Ka-pitalisten ... worüber? Lediglich dar-über, wie man gemeinsam den Sozia-lismus in Europa unterdrücken, ge-meinsam die geraubten Kolonien ge-gen Japan und Amerika verteidigenkönnte... .”3 (Hervorhbg.i.Orig.)

Begreift man die von Lenin ge-nannten Kolonien heute als strategi-sche Absatzmärkte und Rohstoffge-biete sowie Produktionsstandorte,sind wir dem Zweck der EU auf derSpur.

Wer die Treiber und Nutznießer indiesem zeitweiligen, durch die Exi-stenz von sozialistischen Ländern in-stitutionalisiertem Abkommen heutesind, möge folgendes veranschauli-chen:

Einer der einflußreichsten Indu-strievereinigungen mit maßgeblichemEinfluß auf die EU-Politik dürfte der„European Roundtable of Industria-lists” (ERT) sein, der 1983 gegründetwurde. Ihm gehören 45 Vorstandsvorsit-zende von europäischen Konzernen an,welche zusammen einen Jahresumsatz vonüber einer Billion DM machen. Der deut-sche Imperialismus wird durch die Kon-zerne Bayer, VEBA, Bosch, Daimler Benz,Siemens, Bertelsmann und Krupp vertre-ten. Der sogenannte ERT besitzt einen pri-viligierten Zugang zu den Entscheidungs-trägern auf europäischer und nationalerEbene. Bei regelmäßigen Treffen mit Po-litikern werden politische Rahmenbedin-gungen und Strategiepapiere diskutiert.Unter anderem greift der für Industriefra-gen zuständige EU-Kommissar MartinBangemann immer wieder Vorschläge desERT auf. Als die größten bisherigen Erfol-ge des ERT sind die Schaffung eines ge-meinsamen europäischen Marktes, der

1 Immerhin brauchte die Deutsche Bank, die jetzt dieMarktwirtschaft entfesseln will, den Zweiten Welt-krieg dazu, um Osteuropa mit einem dichten Zweig-stellennetz zu überziehen, um so die dortige Wirt-schaft kontrollieren und ausplündern zu können. Essei auf die schmerzhaften Fesseln hingewiesen, dieeinmal (1946) auf Empfehlung des OMGUS (Officeof Military Government for Germany), Sektion fürfinanzielle Nachforschungen, dieser Schaltstelledes deutschen Monopolkapitals angelegt werdensollten.“Es wird empfohlen, daß1. die Deutsche Bank liquidiert wird,2. die verantwortlichen Mitarbeiter der DeutschenBank angeklagt und als Kriegsverbrecher vor Ge-richt gestellt werden,3. die leitenden Mitarbeiter der Deutschen Bankvon der Übernahme wichtiger oder verantwortlicherPositionen im wirtschaftlichen und politischenLeben Deutschlands ausgeschlossen werden.”

2 Dt. Bank Research zitiert nach ISW-Report Nr. 29S.26

3 W.I. Lenin: Über die Losung der Vereinigten Staa-ten von Europa. Bd.21, S.345

Unsere Antwort auf das Rumgeeiere mit„sozialem“ Europa.

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„Manche bürgerliche Schriftsteller ...gaben der Meinung Ausdruck, daß die in-ternationalen Kartelle, als eine der amklarsten ausgeprägten Erscheinungsfor-men der Internationalisierung des Kapi-tals, die Erhaltung des Friedens zwischenden Völkern im Kapitalismus erhoffen las-sen. ... Die internationalen Kartelle zeigen,bis zu welchem Grade die kapitalistischenMonopole jetzt angewachsen sind undworum der Kampf zwischen den Kapita-listenverbänden geht. Dieser letzte Um-stand ist der wichtigste; nur er allein machtuns den historisch-ökonomischen Sinndes Geschehens klar, denn die Form desKampfes kann wechseln und wechselt be-ständig aus verschiedenen, verhältnismä-ßig untergeordneten und zeitweiligenGründen, aber das Wesen des Kampfes,sein Klasseninhalt kann sich durchausnicht ändern, solange es Klassen gibt.Selbstverständlich liegt es im Interesse z.B.der deutschen Bourgeoisie ... den Inhaltdes heutigen ökonomischen Kampfes (Tei-lung der Welt) zu vertuschen und bald die-se, bald jene Form des Kampfes hervorzu-kehren.... Die Kapitalisten teilen die Weltnicht etwa aus besonderer Bosheit untersich auf, sondern weil die erreichte Stufeder Konzentration sie zwingt, diesen Wegzu beschreiten, um Profite zu erzielen;dabei wird die Teilung ,nach dem Kapital’,,nach der Macht’ vorgenommen - eineandere Methode der Teilung kann es imSystem der Warenproduktion und desKapitalismus nicht geben. Die Machtwechselt aber mit der ökonomischen undpolitischen Entwicklung; um zu begreifen,was vor sich geht, muß man wissen, wel-che Fragen durch Machtverschiebungenentschieden werden; ob diese Verschie-bungen nun ,rein’ ökonomischer Naturoder außerökonomischer (z.B. militäri-scher) Art sind, ist eine nebensächlicheFrage, die an den grundlegenden Anschau-ungen über die jüngste Epoche des Kapi-talismus nichts zu ändern vermag. Die Fra-ge nach dem Inhalt des Kampfes und derVereinbarungen zwischen den Kapitali-stenverbänden durch die Frage nach derForm des Kampfes und der Vereinbarun-gen (heute friedlich, morgen nicht fried-lich, übermorgen wieder nicht friedlich)ersetzen, heißt, zum Sophisten herabsin-ken.” (Hervorhbg.v.Verf.)*

Wie die Macht mit der ökonomischenund politischen Entwicklung wechselt,deuten die Verschiebungen in der Rang-skala der größten europäischen Konzernean:

Konnten unter den hundert größteneuropäischen Industrie- und Dienstlei-stungskonzernen deutsche Firmen 1990 31Ränge erobern, so waren es 1995 34. Dasfranzösische Kapital konnte 4 Plätze dazu-gewinnen und ist jetzt in der Europa-Rang-liste mit 27 Konzernen vertreten; der erste

stimmung zum Schutz gegen andere (unddas sind vor allem Japan und USA; wobeigerade hier die Probleme am deutlichstenwerden, sind doch viele europäische Mo-nopole mit amerikanischen und japani-schen Monopolen in Kartellen und ande-ren monopolistischen Vereinigungen undAbsprachen verquickt und nutzen dieseBeziehungen durchaus in der Auseinan-dersetzung mit ihren europäischen„Freunden”).

Vereinigung sichert Frieden?Wir müssen der Illusion entgegenwir-

ken, daß ein Vorteil der Währungsuniondarin bestehen könnte, wenigstens eineGarantie für Frieden in Europa darzustel-len. Ein Argument, das gerne auch von derWirtschaft und Politik angeführt wird, umsich die berechtigten Sorgen und Ängsteder Völker untertan zu machen. Dochauch mancher ehrliche Demokrat erliegtdieser Täuschung:

Hat man erst e inmal d ie e inhe itliche Wäh-rung für Europa durchgesetzt, was bere itse inen massiven E inschnitt für d ie bete ilig-ten N ationen darste llt, steht bere its d ienächste Ford erung d eutscher Po lit ikergegenüber d iesen Staaten an: „ Auf lan-ge Sicht b le ibt aber d ie Erarbe itung e i-nes systematischen Verfassungsentwurfse ine d er w icht igsten Anford erung en and ie Europä ische Union ...” 1

Wer da wem e ine Verfassung unterjube lnw ill , erg ibt sich aus d er Tatsache , daßDeutschland d ie E inigung aggressiver an-zustreben gedenkt, a ls d ie anderen N a-tionen der EU .Großbritann ien stre bt e ine große Fre i-hand e lszone m it schwacher po lit ischerStruktur an. Aus Sorge vor e inem erstar-kend en D eutsch land und e ig enem E in-flußverlust lehnt es e ine e ig enständ ig eM ilitärmacht EWU ab und p läd iert imG egensatz zum deutschen Imperia lismusfür e ine Stärkung des ,europä ischen Pfe i-lers’ d er N AT O unter Führung d er USAund Großbritann iens.2

Frankre ich strebt e ine etwas lockere G e-me inscha ft d er N at ionen an . A lle inD eutsch land erzw ingt e inen föd era lenStaatenverbund , erhebt d ie europä ischeFrag e , w ie d er Kanzler 1996 verlautenließ , zudem zu e iner Frage von Krieg undFrieden im 21 . Jahrhundert. D iese de fi-nierten deutschen Lebensinteressen, d ien icht das g eringste m it d en Interessender Arbe iterklasse zu tun haben, sind alson ichts and eres, a ls d ie vom d eutschenMonopo lkap ita l vertretenen Interessen ,d ie sich aber auch gegen d ie Interessender Monopo listen der anderen europä i-

Und willst Du nicht mein Bruder sein...Über d ie militärische und andere Drohungen

schen Staaten richten . D enn wenn esKrie g g e b e - so Tory Parlamentarier Ri-chard Body -, dann wegen Kohls „Beses-senhe it von e inem europä ischen Super-staat m it D eutsch land a ls M e ister unddem Rest a ls se ine Marionetten”3

Um ihrem po litischen Zie l, m ilitärisch e in-satzfähig zu werden, näher zu kommen,hat d ie Bund esre g ierung b ere its e ineM eng e Vorarb e it g e le iste t . Von d erSchaffung der Eurocorps abgesehen, so l-len d ie jewe iligen Länder nicht mehr dasRecht hab en , m ilitärische E ingriffe zub lock ieren . „Um d ie , G eme insame Au-ßen- und Sicherhe itspo litik’ hand lungsfä-higer zu machen, bedarf es e ines Ausbausd er M ehrhe itsentsche idung im Rat undd er E inführung e iner , posit iven Entha l-tung ’. Danach könnte auch dann geme in-sam gehande lt werden, wenn sich e inze l-ne M itg lie d er an b est immten A kt ionenzwar n icht akt iv b ete ilig en , d iese ab erauch nicht behindern wo llen.”4

Und gegen wen?„Was passiert, wenn e in Land aus der Eu-Was passiert, wenn e in Land aus der Eu-Was passiert, wenn e in Land aus der Eu-Was passiert, wenn e in Land aus der Eu-Was passiert, wenn e in Land aus der Eu-ropä ischen Währungsun ion aussche id enropä ischen Währungsun ion aussche id enropä ischen Währungsun ion aussche id enropä ischen Währungsun ion aussche id enropä ischen Währungsun ion aussche id enw ill?w ill?w ill?w ill?w ill? Würde das von den anderen Ländern- wenn unerwünscht - vie lle icht gewaltsamverhindert?” (Hervorhbg . i. Orig .)5

1 In „Forschungsgruppe Europa” . Auf dem Weg nachAmsterdam – Europapo litische Essentia ls für d ieRe form der Europä ischen Union. Positionspap ierder Forschungsgruppe Europa , C entrum für ange-wandte Po litikforschung . München , Ma i 1997

2 vg l. ISW-Report Nr. 29 , S.2f.

3 Z itiert nach Konkret 3/96

4 Forschungsgrupp e Europa , S. 11

5 Trend letter We ltwirtschaft 1/98

Vertrag von Maastricht mit der Währungs-union zu nennen. Auf dem Wunschzettelfür die nächsten Jahre stehen abge-schwächte Umwelt- und Sozialgesetze,weitere Deregulierungsmaßnahmen undPrivatisierungen in den Bereichen Energie,Telekommunikation und Transport, Steu-erabbau sowie die Osterweiterung der EU.Im Arbeitsrecht wird eine maximale Fle-xibilisierung bezüglich Löhnen, Arbeits-zeiten und Kündigungsschutz angestrebt.Häufig werden Vorschläge des ERT Wortfür Wort in EU-Programme übernommen,bestes Beispiel hierfür ist das „Entwick-lungs-, Wettbewerbs- und Beschäftigungs-programm” des damaligen EU-Kommissi-onspräsidenten Jacques Delors aus demJahr 1993, in welchem u.a. flexible Arbeits-zeiten gefordert werden und das bis hin zueinzelnen Formulierungen einem zur sel-ben Zeit vorgelegten ERT-Papier gleicht.

Abstimmung zum Angriff auf Errungen-schaften der Arbeiterbewegung, Abstim-mung bei Neuaufteilung im Osten, Ab-

* W.I. Lenin, Imperialismus als höchstes Stadium desKapitalismus, Bd.22, S.257f.

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rangiert allerdings erst auf Platz 13: ,ElfAquitaine’, ein Mineralölkonzern. Diedeutschen Großunternehmen konnten ihrePosition aber vor allem umsatzmäßig aus-bauen: Sie haben 1995 einen Umsatzanteilvon 38% unter den Top 100, sieben Punk-te mehr als 1990. Der Zugewinn Frank-reichs beträgt 3% gegenüber 1990, was 23% des Gesamtumsatzes bedeutet. Konntendie französischen Konzerne mit dem Ex-pansionstempo des deutschen Kapitalsnoch einigermaßen mithalten, so sind diebritischen und italienischen Firmen weitzurückgefallen. Großbritannien ist jetzt nurnoch 12 Mal im Spitzenklub vertreten, sie-ben Konzerne sind ausgeschieden. DerUmsatzanteil ging dadurch von 21 auf13,5% zurück. Italien ist zwar noch mit dergleichen Anzahl – 7 – präsent, mußte aberbeim Umsatzanteil eine Verringerung von10,4 auf 7,6 % hinnehmen.1

Im Handel mit den EU-Ländern ergibtsich seit Jahren die Masse des Handelsbi-lanzüberschusses der BRD, der zwischen1994 und 1997 pro Jahr rund 60 Mrd. DMausmacht (vgl. Bundesbank, Monatsbe-richte, lfd.). Im gleichen Zeitraum habenBRD-Monopole im Ausland (alle Länder)pro Jahr im Schnitt 35 Mrd. DM angelegt(Direktinvestitionen), ausländische Mo-nopole in der BRD aber im Schnitt nur 5Mrd. pro Jahr (ebd.).

Zeigen diese Angaben die Tendenz auf,daß die deutschen Monopole die größtenNutznießer der EU sind, wird auch deut-lich, daß die Konkurrenten auf Dauer einesolche Entwicklung nicht widerstandslosakzeptieren werden und können, zumalder letzte rationale Grund für vornehmeZurückhaltung – die Existenz von War-schauer Vertrag und Rat für gegenseitigeWirtschaftshilfe (RGW) der sozialistischenLänder – weggefallen ist. Insofern werdendie Versuche, die Vereinigung voranzutrei-

ben und ihr mitdem Euro einKorsett anzule-gen, verständ-lich. Steht dochdie Alternative,die Konkurrenzuntereinander zuverschärfen. Undman stelle sichdas Geschrei inder BRD vor,wenn französi-sche oder engli-sche Monopoleihren Staatsap-parat veranlas-sen würden,deutsche Warennicht mehr soeinfach in ihreMärkte zu lassenoder sich an dieÜbernahme vonHerzstücken desdeutschen Fi-nanzkapitals be-geben würden (man erinnere sich viel-leicht noch an den Versuch von Pirelli, daswestdeutsche Reifenmonopol Continentalzu übernehmen). Entweder gegeneinanderden Wettbewerb verschärfen oder sich ge-meinsam gegen dritte zu wenden - und dassind nach Lage der Dinge immer USA undJapan, mit denen um die Aufteilung desOstens und die Neuaufteilung Asiens, Afri-kas und Lateinamerikas gekämpft werdenmuß. Dabei kann sich schnell herausstel-len, daß „Europa” bestenfalls ein geogra-phischer Begriff (über den selbst gestrittenwird - was ist Mitteleuropa, was Osteuro-pa, hört’s am Ural auf usw.) und eine Fik-tion und der Erdteil ist, auf dem sich dieältesten bürgerlichen Nationen mit eige-

nem Territorium, eigener Wirtschaft, eige-ner Sprache und Kultur gebildet haben,aus denen imperialistische Länder hervor-gegangen sind, die mit Zähnen und Klau-en ihre Märkte, Rohstoffquellen und Ein-flußgebiete verteidigen. Und warum soll-ten sie sich dem deutschen Emporkömm-ling, der die Welt zweimal mit Krieg über-zogen hat, unterordnen? Und so wird dieFrage ohne Zweifel gestellt werden. Dannwerden wieder ganz andere Konstellatio-nen und Kombinationen denkbar, wie siein der Geschichte des 19. und 20. Jahrhun-derts nachzulesen sind. Und dann wirdman die Konstellationen im Jugoslawien-Krieg (England mit Frankreich gegen BRDmit USA) oder jüngst in der Stellung zumIrak-Konflikt (USA mit England gegenFrankreich, Rußland und China) als Ver-suche erkennen, die Karten in der Weltneu zu mischen, Karten in denen „Euro-pa” und der Zusammenschluß der euro-päischen Imperialisten nur eine untermehreren Varianten ist.

„Die Kapitalisten wollenkeinen Krieg, sie müssenihn wollen” (B.Brecht)2

Die deutschen Imperialisten habenzwei Möglichkeiten:„1. Sie verraten Deutschland und liefernes an die USA aus. (...)2. Sie betrügen die USA und setzen sichan die Spitze.“3

„ Das Bund esm in isterium für W irtscha ft(BMW i) hat kürzlich in e iner Stud ie se ineBesorgn is üb er d ie Zurückha ltung d erd eutschen W irtschaft im Auslandsb erg-bau zum Ausdruck gebracht und daraufhingewiesen, daß nicht davon ausgegan-g en werd en kann , daß d er W e ltmarktauch in Zukunft automat isch e ine re i-bungslose Versorgung m it den erforder-lichen Rohstoffen zu wettbewerbsfähigenKond itionen ermög lichen werde , nur we ild ies in den vergangenen zwe i Jahrzehn-ten der Fa ll gewesen se i.

D erze it sind nur 24 deutsche Unterneh-men an Rohsto ffpro jekten im Auslandbete iligt. Das Schwergewicht liegt be i derFörd erung von Koh le , E isenerz , Uran ,G o ld , Chrom it, F lußspat, Bauxit, Magne-sium , Bentonit, Ste ine und Erden sowieIndustriem inera lien .

D ie geographische Verte ilung des deut-schen Auslandsengagements im Bergbauerstreckt sich vor a llem auf Europa , Ka-nada und USA . In Südamerika sind d ieBete iligung en d erze it auf Brasilien undVenezue la b e grenzt . A frika und N ahostsind mit fünf Ländern vertreten. In Austra-lien bestehen dre i Bete iligungen an Ener-g ierohsto ffen . “

Aus Erzmeta ll 51 , 1998 , Nr.2 , S.121

D er Autor C laus N .A . Siebe l stud ierte Maschinenbauund ansch ließend W irtschaftsw issenschaften an d erTU München . 1963 b is 1974 war er in d er Thyssen-Gruppe tätig , se it 1970 in le itender Position . Im Jah-re 1975 wurd e er zum Vorsitzend en d er G eschäfts-führung der Exp loration und Bergbau GmbH beste llt,e inem G eme inscha ftsunternehmen d er d eutschenStahlindustrie , das d ie Rohstoffinteressen in Überseewahrnimmt. Se it 1991 ist er zug le ich Vorsitzender desVorstandes der Fachvere inigung Auslandsbergbau inBonn.We lch’ e ine Karriere!

N euverte ilung von Absatzmärkten,N euverte ilung von Absatzmärkten,N euverte ilung von Absatzmärkten,N euverte ilung von Absatzmärkten,N euverte ilung von Absatzmärkten,RohstofRohstofRohstofRohstofRohstoffque llen und E influßsphärfque llen und E influßsphärfque llen und E influßsphärfque llen und E influßsphärfque llen und E influßsphärenenenenen

1 Vgl. ISW-report Nr 29, S.12

2 Bertolt Brecht: Gesammelte Werke, Bd.20, S.324

3 ebd.

„... und morgen die ganze Welt.“

Euro

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Konkurrenten wieder auf die Beine zu hel-fen. Die deutsche Monopolbourgeoisiehatte schon während des Krieges Überle-gungen erarbeitet, wie Deutschland aufBasis eines Separatfriedens zusammen mitden Westmächten gegen die Sowjetunionziehen könnte (auch Kreise um Goerdeler,einem Opfer der Nazis nach dem 20. Juli1944, hingen solchen Vorstellungen an).Diese Versuche wurden nach Kapitulati-on und Befreiung Deutschlands von füh-renden Leuten des deutschen Monopolka-pitals fortgesetzt (siehe Kasten: Stellung-nahme des Parteivorstandes der SED zumMarshall-Plan)

Die deutschen Imperialistenbetrügen die USA undsetzen sich an die Spitze.

Die deutschen Kapitalisten betriebenmit den USA ab 1947 (Marshall-Plan undseine Vorbereitungen) die SpaltungDeutschlands. Darin fand ihr landesverrä-terisches Handeln seine Vollendung, dasim 1. Weltkrieg mit dem Überfall auf an-dere Länder begonnen, mit der Ausliefe-rung des Landes an die Nazis fortgesetztund mit der Eroberung und ZerstörungEuropas seinen Höhepunkt erreicht hat-te. Deutschland lieber gespalten und we-nigstens einen Teil der alten Ausbeuter-ordnung unterworfen, lieber mit den “Erb-feinden” von gestern die Herrschaft übereinen Teil Deutschlands teilen als ein frei-es, einiges, sozialistisches Deutschland,das sich in die Reihe der friedliebendenVölker eingereiht hätte. Die deutschenMonopolherren entschlossen sich, lieberJu- niorpartner der USA zu

sein. Sie beka-men dafür

als Hand-geld

In e iner Ste llungnahme des Zentralsekretariats des Parte ivorstan-In e iner Ste llungnahme des Zentralsekretariats des Parte ivorstan-In e iner Ste llungnahme des Zentralsekretariats des Parte ivorstan-In e iner Ste llungnahme des Zentralsekretariats des Parte ivorstan-In e iner Ste llungnahme des Zentralsekretariats des Parte ivorstan-d es d er SE D zum Marsha ll-Plan vom 23 .7 .1947 he ißt es:d es d er SE D zum Marsha ll-Plan vom 23 .7 .1947 he ißt es:d es d er SE D zum Marsha ll-Plan vom 23 .7 .1947 he ißt es:d es d er SE D zum Marsha ll-Plan vom 23 .7 .1947 he ißt es:d es d er SE D zum Marsha ll-Plan vom 23 .7 .1947 he ißt es:

I. ... D er amerikanische Monopo lkap ita lismus, der gestärkt aus dem Kriege hervor-g ing , ist heute bestrebt, d ie ihm drohende W irtschaftskrise durch d ie Erschließungneuer Märkte und durch d ie Festigung a lter Märkte m itte ls der G ewährung staatli-cher Anle ihen zu verhindern. D iese Anle ihen führen aber erfahrungsgemäß zur E in-m ischung in d ie Souveränität der d ie Anle ihen nehmenden Länder und zu e iner Un-terordnung ihrer W irtschaft und Po litik unter d ie Interessen amerikanischer Monopo-le .II. . . . Das Ruhrg e b iet so ll d ie Hauptbasis d er amerikan ischen W irtscha ftspo lit ik inEuropa werden und dem deutschen und sogar dem britischen und französischen E in-fluß entzogen werden. ... E ine Anle ihe für den Aufbau des Ruhrgeb ietes wird an d ieBed ingung geknüp ft, daß ke ine Verstaatlichung stattfindet.III. ... N ach dem Ersten We ltkrieg d ienten d ie amerikanischen Staatsanle ihen dazu,den Sozia lisierungsgedanken in der deutschen Arbe iterschaft zu ersticken, d ie Machtder deutschen Schwerindustrie und Kohlenbarone zu stärken und d ie Industrie wie-der unter ihre Herrschaft zu bringen. D ieser Anle ihepo litik endete in Krise , Faschis-mus und Krieg .IV. ... D ie Macht der deutschen Konzernherren b le ibt erha lten. Statt e iner deutschenFriedenswirtschaft entsteht e in neues Herrschaftszentrum reaktionärer und kriegslü-sterner E lemente . An d ie Ste lle d es M itb est immungsrechts d er Arb e iterschaft amAufbau der W irtschaft tritt d ie Lohnsklavere i zugunsten ausländ ischer und deutscherMonopo lkap ita listen .V. D er Aufbau der deutschen Industrie m it H ilfe amerikanischer Anle ihen darf nichtdazu d ienen , d eutschen Monopo lherren d ie G e le g enhe it zu g e b en , d ie Industrieerneut zu Kriegszwecken zu m ißbrauchen. Das deutsche Vo lk muß se lbst se ine e ige-nen Kräfte anspannen, um d ie fried lichen Zwecken d ienende W irtschaft aufzubauen,um den Lebensbedarf des deutschen Vo lkes zu decken ... und d ie Erfüllung der W ie-dergutmachungsverp flichtungen zu erfüllen.

In: G esch ichte der deutschen Arbe iterbewegung , Bd .6 , S.448f.

Sie verraten Deutschland undliefern es an die USA aus.

Kurz nach dem Zweiten Weltkriegschätzte die Sowjetunion das Verhältniszum besiegten faschistischen Deutschlandbezüglich seines imperialistischen Aufbe-gehrens folgendermaßen ein:

„Nach dem ersten Weltkrieg hat man ...angenommen, Deutschland sei endgültigerledigt ....Damals wurde auch davon ge-redet und in der Presse darüber geschrie-ben, daß die Vereinigten Staaten vonAmerika Europa auf Ration gesetzt haben,daß Deutschland nicht wieder auf die Bei-ne kommen könne, daß es von nun anzwischen den kapitalistischen Ländernkeine Kriege mehr geben könne. Doch hatsich Deutschland nach seiner Niederlagein etwa 15-20 Jahren wieder aufgerichtetund ist als Großmacht wieder auf die Bei-ne gekommen, nachdem es aus derKnechtschaft ausgebrochen war und denWeg einer selbständigen Entwicklung be-stritten hatte. Dabei ist es charakteristisch,daß niemand anderes als England und dieVereinigten Staaten von Amerika geholfenhaben, sich ökonomisch aufzurichten undsein kriegswirtschaftliches Potential zu er-höhen. Natürlich verfolgten die USA undEngland, als sie Deutschland halfen, sichökonomisch aufzurichten, die Absicht,Deutschland, nachdem es sich aufgerich-

tet hat, gegen die Sowjetunion zu lenken,es gegen das Land des Sozialismus auszu-spielen. Es fragt sich, welche Garantiengibt es, daß Deutschland und Japan nichterneut auf die Beine kommen, daß sienicht versuchen werden, aus der amerika-nischen Knechtschaft auszubrechen undein selbständiges Leben zu führen? Ichdenke, solche Garantien gibt esnicht.”*

Wie schließlich sollten dieUSA auf Dauer das Problemlösen, erstens den Sozialis-mus zu verhindern, zwei-tens dem Wiedererstar-ken des deutschen Impe-rialismus zuvorzukom-men, ohne gegenDeutschland Krieg zuführen, das man ja imKampf gegen den Sozia-lismus benötigte?

Die USA, aus dem 2.Weltkrieg als Führungs-macht des imperialisti-schen Lagers hervorge-gangen, entschieden sichdafür, Westdeutschlandals antikommunistischesBollwerk auszubauenund nahmen dafür inKauf, einem vernichteten

* Stalin: Über die Unvermeid-lichkeit von Kriegen zwischenden imp. Ländern, Bd.15, S.285

Euro

DieHerr-

schaft desDollars und wer daran kratzt. (siehe S.16)

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den weitgehenden Verzicht auf Reparatio-nen, sie bekamen Kredite, eine neue Wäh-rung, die gleichzeitig mit einer Streichungder Schulden aus dem Krieg verbundenwar (auch deswegen hat die BRD heute ei-nen vergleichsweise zu z.B. Italien gerin-geren Schuldenstand!), Exportmöglichkei-ten in die USA, die ab 1950 wieder Kriegführten - in Korea.

Das ist die Konstellation nach 1950:BRD als Juniorpartner der USA, immermit allen imperialistischen Ländern gegendie sozialistischen Länder und mit denUSA auf Kosten der anderen imperialisti-schen Länder in Europa. So profitiertendie westdeutschen Monopole in den 50erund 60er Jahren von der Auflösung derenglischen und französischen Kolonialrei-che, die so gegen den wachsenden Wider-stand der Völker nicht mehr zu haltenwaren. Seit Ende der 60er und 70er Jahreprofitieren sie von der Schwächung desUS-Imperialismus im Vietnam-Krieg. Undsie profitieren in den 80er Jahren von derbrutalen Aufrüstungspolitik der Reagan-Administration, die die USA zum erstenMal in der Geschichte nach dem 2. Welt-krieg zu einem Nettokapitalimporteur,also Schuldnerland machte und so dazubeitrug, die Sowjetunion in die Knie zuzwingen. Das ist zu berücksichtigen, wennso gerne von deutscher Wertarbeit unddeutschem Fleiß die Rede ist (und damitja schließlich auch nur mit hervorragen-den Ausbeutungsbedingungen in der BRDgeprahlt wird):

Als Komplize und Schmarotzer derKämpfe, die andere führten, und als Aas-geier über den Schlachtfeldern ist der deut-sche Imperialismus wieder so groß gewor-den, daß die reaktionärsten Kreise heutewieder daran gehen, Deutschland zumSchlächter zu machen - zur Sicherung desFriedens, zum Schutz der Minderheiten,zur Verteidigung (man wird ja auch dau-ernd angegriffen) elementarer Lebensin-teressen, humanitär eben.

Um gerade in den ehemalig sozialisti-schen Ländern außenpolitisch aktiv wer-den zu können, wurde eine eigene Orga-nisation aus dem Boden gestampft. Dieseheißt GASP, „Gemeinsame Außen- undSicherheitspolitik”, in deren Rahmen dieWesteuropäische Union (WEU) als militä-rische Komponente fester Bestandteil wer-den soll. Diese etwaigen Militäreinsätzesollen nicht in Abstimmung mit der NATOerfolgen, sondern unabhängig von ihr.Dies stellt eindeutig einen Interessenskon-flikt mit den USA dar, die bekannterma-ßen ihre militärischen Interessen über dieNATO steuern. Der deutsche Imperialis-mus hingegen verfolgt, getarnt unter dem

1 Weltwirtschaft. Trendletter 1/98

2 Die EU im Wandel. Wirtschaftsanalysen der Dresd-ner Bank. 12.2.1997

3 Eine stabile Währung für Europa. Dt. Bank Rese-arch. Jan.1996. S.30

„... allein und auf traditionelle Weise ... ” (Schäuble)Plakat auf der Friedensdemo am 9.11.91 in München

„... allein und auf traditio-nelle Weise ... ” (siehe Kasten)

Gegen die USA und sich auf ihre Kostenzu einigen, diesen Stempel trägt der Euro.Und die Betreiber spekulieren dabei auchauf Zustimmung aus dem demokratischenKleinbürgertum und aus der Arbeiterbewe-gung, die in der BRD traditionell und mithistorisch guten Gründen gegen den US-Imperialismus eingestellt sind. Gegen denUS-Imperialismus, der sich nach dem2.Weltkrieg in der Rolle des Weltpolizistenbei allen Völkern verhaßt gemacht hat, in-dem er die Bestrebungen der Völker undNationen nach Unabhängigkeit, Befreiungund Revolution versuchte, mit brutalstenMitteln zu unterdrücken. Diese Haltung je-doch wird immer problematischer, je mehrsich der Kampf gegen den US-Imperialismusmit den imperialistischen Interessen derdeutschen Monopolbourgeoisie deckt.Dann wird aus diesem Kampf gegen den US-Imperialismus schnell ein Eintreten für dieInteressen des deutschen Imperialismus,und damit blanker Chauvinismus. Deutlichwurde diese offene Flanke der Linken schonin der Friedensbewegung der 80er Jahre, alsdie BRD zur Bananenrepublik herunterge-spielt wurde und Oskar Lafontaine z.B. fürden zweiten Schlüssel in deutscher Hand zu

„ O hne e ine so lche We iterentwicklungd er (west-)europä ischen Inte grat ion[. . .könnte ] D eutsch land aufg e ford ertwerden oder aus e igenen Sicherhe its-zwäng en versucht se in , d ie Stab ilisie-rung des östlichen Europas a lle in undin der trad itione llen We ise zu bewerk-ste lligen . “Kanzlerkronprinz Schäub le , Kerneu-ropa-Pap ier d er C DU/ CSU-Bund es-tagsfraktion, 1.9.1994

Mäntelchen der Europapolitik, eigeneKriegsziele. „Seit Ende der Sowjetunionwerden die von den USA unterschiedli-chen Interessen der europäischen Länderdeutlicher. Das wird die Rolle der NATOverändern und europäische Alleingänge -nach mühsamen Abstimmungen - häufigermachen. Konfrontationen mit den USAsind umso wahrscheinlicher, je mehr dieEU zu einer echten politischen Einheitwird.” (Hervorhbg.i.Org.)1

So sehen die Chancen für eine „friedli-che” Europapolitik aus!

Doch auch außerhalb militärischerOptionen, also in „rein” wirtschaftlicherHinsicht, stellt die EU eine Kampfansagean die USA dar.

Darin liegt eine wesentliche Funktiondes Euro.

„Dank der strikten Stabilitätsorientie-rung der Europäischen Zentralbank (EZB)dürfte der Euro neben dem US-Dollar diezweite bedeutende Reservewährung wer-den.... Längerfristig könnte sich der Anteildes Euro an den globalen Devisenmärktenallerdings deutlich erhöhen.”2

Auch der Vorstandssprecher der Deut-schen Bank, Hilmar Kopper, erwartet, daßder Euro der Welt zu einer zweiten Reser-vewährung verhelfe. Man erhofft sich eineErhöhung von derzeit 15% der DM auf30% des Euro. Als Folge davon versprichtsich die Deutsche Bank: „Im internationa-len Währungssystem dürfte sich das Ge-wicht Europas im Vergleich zu den USAund Japan und damit die Verantwortungfür die Stabilität erhöhen.”3 Damit ist z.B.gemeint, daß man sich bei bankrottenStaaten wie z.B. Mexiko oder jüngst Süd-korea einen höheren Kreditanteil und da-mit einen größeren Happen von den Filet-stücken erhofft, die über den IWF verteiltwerden. Bisher wurden Waigels Vorschlä-ge in dieser Richtung von den USA abge-schmettert.

Euro

Page 9: E u ro Europa: U nm glich oder reaktion rW e rb u n gs k o s te n ). W h re n d d ie M a rk ã h a rtÓ ge b lie b e n is t, s in d w ir w e ic h ge k lo p ft w o rd e n m it d e m

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den Pershing-Atomraketen eintrat (damalsdurchaus in Opposition zu Helmut Schmidt,der das Heraustreten aus dem Windschat-ten des US-Imperialismus für verfrüht hielt),und ein Alfred Mechtersheimer weitgehendunerkannt seinen Chauvinismus einbringenkonnte, um Souveränität für die BRD zufordern.

Mit der Einverleibung der DDR und derZerschlagung der Sowjetunion ist aucheine Umwertung traditioneller linkerGrundsätze möglich. Wir stehen verstärktin der Gefahr, daß früher eindeutig linkePositionen auf die Mühlen des deutschenImperialismus gelenkt werden.

Und Anzeichen, daß Antiimperialismusin deutschen Chauvinismus umschlagenkann, zeigen sich, wenn tausende Deut-scher gegen französische Atomversuchedemonstrieren (denn wir sind ja schließ-lich für die Beseitigung von Atomwaffen)und Deutsche den Boykott gegen den nie-derländisch-englischen Konzern Shell be-folgen (denn wir sind schließlich gegen die

Schweinereien der Monopole und allemalder Ölkonzerne), während gegen den Ein-satz deutscher Soldaten in Jugoslawienund Albanien kaum organisierter Protestzustandekommt. Nicht zufällig sind derBRD-Regierung eben auch der französi-sche Atomwaffenbesitz und die französi-schen Hades-Raketen ein Dorn im Augeund nicht zufällig befinden sich deutscheÖl- und Gaskonzerne bei der Aufteilungim Osten auch in heftiger Konkurrenz zuShell (vgl. KAZ 287).

Scheinbar natürlich und berechtigtfreuen sich westdeutsche Linke über dieAblösung der Tory-Regierung in Englanddurch Tony Blair. Schließlich sind dieRechten in der ganzen Welt unsere Geg-ner. Nur haben auch Regierungskreise inder BRD den Regierungswechsel in Eng-land begrüßt, erwarten sie doch durch eineLabour-Regierung geringeren Widerstandgegen die Europapläne des deutschen Im-perialismus.

Scheinbar natürlich und berechtigt

rümpft die westdeutsche Linke die Naseüber tschechische Nationalisten mit ihrenz.T. antisemitischen Parolen. Aber was solldie Kritik an diesen Kräften, wenn nicht dieVerantwortung für ihre Existenz und Aus-breitung deutlich auf den deutschen Impe-rialismus zurückgeführt wird, der sich dar-angemacht hat, dieses Land zu demütigen,in Abhängigkeit zu bringen, auszukaufenund auszuplündern. Solange wir dem deut-schen Imperialismus keine Fesseln anlegenund ihn schließlich ins Museum stellen, istNationalismus in anderen Ländern unver-meidlich und es ist gleichermaßen eineÜberlebensfrage der Linken in der BRD,seine Ausbreitung in Gernegroßdeutsch-land zu bekämpfen. Zugespitzt: Es ist eineÜberlebensfrage der westdeutschen Lin-ken, ob sie nationalistische Bewegungen inanderen Ländern gegen die Vormachtstel-lung des deutschen Imperialismus als Un-terstützung und Bündnispartner begreiftoder aus abstrakt-allgemeiner Abneigunggegen jeglichen Nationalismus faktisch inden Chor der deutschen Imperialisten ein-stimmt, denen die Verteidigung nationalerSouveränität ein Hindernis für die politi-sche Vormachtstellung der BRD ist.

Ob die anderen Völker sich vor denKarren ihrer jeweiligen Herren spannenlassen, um den Preis für die „Einheit” inEuropa (sprich die Anerkennung der Vor-herrschaft des deutschen Imperialismus)höher zu schrauben oder sie den Nationa-lismus in ihrem Land bekämpfen (waswiederum ihre Monopolherren schwächtund damit den “Preis” drückt), ist eineKarte, mit der die Linke in der BRD nichtspielen darf. Wir haben einseitig die Bedin-gungen zu schaffen, die den deutschenImperialismus schwächen. Jede Schwä-chung hier ist auch ein Schlag gegen denNationalismus in den anderen Ländernnicht nur Europas.

Und das ist auch der Unterschied zuden Rechten und Faschisten hier: Sie leh-nen den Euro ab, weil er die BRD nichtgenug stärke, weil der „Preis” für die an-deren zu niedrig sei - wir sind gegen denEuro, weil er den deutschen Imperialismusnicht schwächt, sondern gerade weil er ihnstärkt und damit alle Kräfte des Chauvi-nismus und des Größenwahns.

Im Verhalten der Rechten wird auchdie letzte Variante deutscher Großmacht-politik sichtbar, nennen wir sie „Sieg-fried”-Lösung: Deutschland zuerst undalleine, auf die eigene Stärke setzen unddie Länder in Europa einsammeln, die sich„freiwillig” dem Diktat aus Berlin unter-ordnen. Und dabei darauf spekulieren,sich im Osten freiwillig oder gewaltsam dieRückendeckung und die Ressourcen zuholen, die die Mächte im Westen in dieKnie zwingen sollen.

Das meint Schäuble mit „allein und auftraditionelle Weise.”

Arbeitsgruppe „Euro“

renzierung ist im Grunde e ine N euaufla-g e d es “ Europa d er variab len G eome-trie ”3 od er das d er „untersch ie d lichenG eschw ind igke iten” , insb esond ere wasd ie E inführung des Euro betrifft. Läßt derBe griff „untersch ie d liche G eschw ind ig-ke iten” bere its erkennen, daß nicht a llesharmon isch , sond ern konfliktg e lad envonstatten geht, so ll der Begriff der D if-ferenzierung bere its e ine A bschwächungder G egensätze herbe ireden. Doch obeng enannte Ausführung en we isen b ere itsdarauf h in , daß m it d er A bschwächungder Begrifflichke iten e in Anwachsen derW idersprüche e inhergeht.An and erer Ste lle he ißt es noch d eut li-cher: „So llte auch d iese Mög lichke it (d ieder D ifferenzierung , d .V.) an der B locka-de e inze lner M itg liedsstaaten sche itern,müssen Inte grat ionsformen erwog enwerd en , d ie außerha lb d er b isherig enRechtsgrund lagen angesiede lt sind ... .”4

(Hervhbg . v.Verf.)Welche Gesetze müssen geändert werden,damit fo lgende Vorste llungen JürgenStarks, Staatssekretär im Bonner F inanzmi-nisterium, realisiert werden? „W ir werdenunsere deutschen Polizeibeamten nur dannin Euro bezahlen, wenn sie in der EU auchgrenzüberschre itend tätig se in dürfen.”5

Um d ieses Prinzip zu forc ieren , ist g e-p lant, d ie Stimmen im EU-Rat künftig ent-sprechend Bevö lkerungszah l und W irt-schaftskraft neu zu gewichten, vor a llem ,um nach vo llzogener O sterwe iterung d ieInteressen d er Länd er m it n ie drig eremBrutto in landsprodukt noch wen ig er b e-achten zu können.1

Um nicht alle gep lanten Maßnahmen auf-zuzählen, d ie im Strateg iepap ier für Am-sterdam vorge legt wurden, so ll led ig lichkurz darauf hingewiesen werden, daß d ieE instimm igke it weg fa llen so ll, um Ent-sche idungen nicht zu „b lockieren” . Auchwird d ie Abgeordnetenzahl der kle inerenStaaten als zu hoch bewertet. Abgesehendavon, daß davon ausgegangen wird , daßd ie EU bald 26 M itg liedsstaaten hat, d ieO sterwe iterung also bere its als beschlos-sene Sache gehande lt wird , sehen d ie Eu-ropastrategen e ine we itere Spa ltung in-nerha lb der EU vor, jedoch nicht, ohneden e igenen E influß auf d ie Entsche i-dungsfindungen zu vermehren. „M it derZahl der M itg lieder wird zudem d ie Hete-rogenität der Interessen noch zunehmen.N eue Verte ilungskonflikte , Ause inander-setzungen um d ie Durchsetzung konkur-rierender po litischer Mode lle sowie e inetendenzie lle Schwächung der Entsche i-dungsfähigke it würden unter den jetzigenBed ingungen d ie Fo lge se in. D ie Vorste l-lung ist illusorisch, man könne in e iner Uni-on von mehr als 20 Staaten d ie heutige in-stitutione lle und po litische G eschlossen-he it be ibehalten. Je größer und je hete-rogener a lso der Raum der Integration ,desto notwend iger wird e in Konzept derD ifferenzierung .”2 (Hvhbg . v. Verf.)Das hier propag ierte Konzept der D iffe-

Abbau der Demokratie in EurAbbau der Demokratie in EurAbbau der Demokratie in EurAbbau der Demokratie in EurAbbau der Demokratie in Europaopaopaopaopa

1 Vg l.: ISW-Re port Nr. 27 , S. 28

2 Forschungsgrupp e Europa , S.11f.

Über den Zweck der Forschungsgruppe siehe auchSe ite 13

3 Vg l. h ierzu d ie Ausführung en d er Hans-Be im ler-G ese llschaft: Der deutsche Imperialismus vom Kai-serre ich b is heute . . .und morg en d ie ganze W e lt .G öttingen 1997

4 Ebd . S. 16

5 Z itiert in Junge We lt , 30 . /31 .3 .1996

Euro