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Abtei Hagia Maria Sion, J erusalem 22. Rundbrief 14. September 2002 - Kreuzerhöhung w ·Wo ebNo..s wo.Wer liebe da.. ist loJ..ui.!. So sagte einmal Johannes Bours. Dürfen wir dann fiir das Heilige Land noch hoffen? In der Tat gibt es im Heiligen Land zahllose kleine und große Beispiele dafiir, dass trotz allem noch etwas ,,in wahrer Liebe geschieht": in vielen Krankenhäusem, in Waisen- und Altenheimen... Politisch und gesellschaftlich erlebe ich indes anderes. Und je mehr sich die Atmosphäre in diesem Land verdunkelt, umso deutlicher wird mir, dass wir die Politik und ihre Macher nicht länger ernster nehmen dürfen als den Gott der wahren Liebe: Es gilt, ein wachsames Herz zu entwickeln, damit die sogenannten ,,Realitäten" nicht Glaube, Hoffuung und Liebe ersticken! Ich glaube an die Liebe und hoffe auf ihre verwandelnde Kraft, weil Gott die wahre Liebe ist. Ich glaube an die Versöh- nung' weil Christus sie uns als Auftrag gab. Ich glaube an den Frieden, weil er die Gabe des Aufer- standenen ist. Ich glaube an die All- macht Gottes, in der Licht und Finsternis aufgehoben sind. Ich glaube, dass wir Seine Kinder sind, berufen zur Anbetung und zu Unsere Gemeinschaft am Hochfest des HZ. Benedikt am 21. März 2002. Mittlerweile haben wir Nachwuchs bekommen... ,I I :.. Seinem Lobpreis durch die Nächstenliebe. Das Heilige Land ist heilig wegen der heilbringen- den Geschichte Gottes mit den Menschen. Blutige Schuhe dürfen heiligen Boden nicht betreten. - Heili- gen Boden darf man nur mit nackten Füßen betreten, mit leeren Händen und in anbetender Gesinnung. Wenn sich das Herz demütig beugt, dann darf sich das Haupt zum Himmel erheben. Diese Haltung ge- lingt keinem von uns, aber einüben sollten wir sie. Das ist unsere Berufung! Ich glaube an die Kraft des Gebetes, das nicht mü- de wird, um Versöhnung, Frieden und Liebe zu bit- ten. Ich glaube, auch wenn es äußerlich nutzlos er- scheint. Ich glaube, dass Gott der immer Größere ist, auch und gerade im Heiligen Land, in dem Er Mensch wurde. - Und ich möchte Sie alle herzlich einladen, mit uns zu beten! Mit dieser Einladung grüße ich Sie alle wieder herzlich im Namen unserer benediktinischen Gemein- schaft vom Zion und in Tabgha! Unser Sommer- Rundbrief kommt die- ses Jahr recht spät, aber die Ereignisse hier lie- ßen es einfach nicht anders zu. BEGEGNUNGEN UND EREIGNISSE AUF DEM llON UND DARÜBER HINAUS Lassen Sie uns des- halb einen kurzen Rückblick auf die seit dem letzten Rundbrief vergangenen Monate werfen: Im Januar begingen die Christen Jerusalerns die Gebets-

ebNo..s wo.Wer liebe da.. ist loJ..ui.!. › fix › doc › Rundbrief 22 (September 2002).pdfAbtei Hagia Maria Sion, Jerusalem 22. Rundbrief 14. September 2002 - Kreuzerhöhung w

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Abtei Hagia Maria Sion, Jerusalem 22. Rundbrief

14. September 2002 - Kreuzerhöhung

w ·Wo ebNo..s ~ wo.Wer liebe f)e.sc.h~tJ

da.. ist ~es loJ..ui.!.

So sagte einmal Johannes Bours. Dürfen wir dann fiir das Heilige Land noch hoffen? In der Tat gibt es im Heiligen Land zahllose kleine und große Beispiele dafiir, dass trotz allem noch etwas ,,in wahrer Liebe geschieht": in vielen Krankenhäusem, in Waisen- und Altenheimen... Politisch und gesellschaftlich erlebe ich indes anderes. Und je mehr sich die Atmosphäre in diesem Land verdunkelt, umso deutlicher wird mir, dass wir die Politik und ihre Macher nicht länger ernster nehmen dürfen als den Gott der wahren Liebe: Es gilt, ein wachsames Herz zu entwickeln, damit die sogenannten ,,Realitäten" nicht Glaube, Hoffuung und Liebe ersticken!

Ich glaube an die Liebe und hoffe auf ihre verwandelnde Kraft, weil Gott die wahre Liebe ist. Ich glaube an die Versöh­nung' weil Christus sie uns als Auftrag gab. Ich glaube an den Frieden, weil er die Gabe des Aufer­standenen ist. Ich glaube an die All­macht Gottes, in der Licht und Finsternis aufgehoben sind. Ich glaube, dass wir Seine Kinder sind, berufen zur Anbetung und zu

Unsere Gemeinschaft am Hochfest des HZ. Benedikt am 21. März 2002. Mittlerweile haben wir Nachwuchs bekommen...

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Seinem Lobpreis durch die Nächstenliebe. Das Heilige Land ist heilig wegen der heilbringen­

den Geschichte Gottes mit den Menschen. Blutige Schuhe dürfen heiligen Boden nicht betreten. - Heili­gen Boden darf man nur mit nackten Füßen betreten, mit leeren Händen und in anbetender Gesinnung. Wenn sich das Herz demütig beugt, dann darf sich das Haupt zum Himmel erheben. Diese Haltung ge­lingt keinem von uns, aber einüben sollten wir sie. Das ist unsere Berufung!

Ich glaube an die Kraft des Gebetes, das nicht mü­de wird, um Versöhnung, Frieden und Liebe zu bit­ten. Ich glaube, auch wenn es äußerlich nutzlos er­scheint. Ich glaube, dass Gott der immer Größere ist, auch und gerade im Heiligen Land, in dem Er Mensch wurde. - Und ich möchte Sie alle herzlich einladen, mit uns zu beten!

Mit dieser Einladung grüße ich Sie alle wieder herzlich im Namen unserer benediktinischen Gemein­schaft vom Zion und in Tabgha! Unser Sommer­

Rundbrief kommt die­ses Jahr recht spät, aber die Ereignisse hier lie­ßen es einfach nicht anders zu.

BEGEGNUNGEN UND EREIGNISSE AUF DEM llON UND DARÜBER

HINAUS

Lassen Sie uns des­halb einen kurzen Rückblick auf die seit dem letzten Rundbrief vergangenen Monate werfen: Im Januar begingen die Christen Jerusalerns die Gebets­

u~ Jut. ~ AI R~..

woche um die Einheit der Christen. An kaum einem anderen Ort kann man so dicht den großen Reichtum und die Vielfalt der Liturgien der einen großen Kirche Got­tes erleben und zugleich die Sehnsucht nach der einen Christenheit und die vielen kleinen und großen Barrieren auf diesem Weg spüren wie hier in Jerusalem.

Im Februar ging auf Ein­ladung von Altabt Pankraz aus Disentis/CH eine erste Gruppe unserer jungen Brüder auf eine Reise nach Ägypten, eine zweite folgte im Mai. Darüber berich­tet etwas ausfiihrlicher in diesem Rundbrief Br. Basi­lius.

Eine Dokwnentation mit dem Titel ,,Der Abt von Jerusalern" brachte mich im Februar zehn Tage mit einem jungen Filmteam von der Deutschen Welle zusammen. Es war fiir mich eine besondere Erfah­rung, eine Mischung aus Freude über die Zusammen­arbeit mit den Journalisten und aus staunendem Inte­resse über ihre Arbeitsweise und ihre Perspektiven.

Ende Februar/Anfang März 2002 war ich in Deutschland, um an der Generalversammlung unseres Freundeskreises teilzunehmen. Prof. Dr. Klaus Schol­tissek, der Dekan unseres Theologischen Studienjah­res, hielt einen Vortrag mit dem Titel Von Galiläa nach Jerusalem. Zur theologischen Topographie im Markusevangelium". - Im Vorstand gab es einige personelle Veränderungen: Ausgeschieden sind Frau Dr. Berghofer-Weichner und Frau Inge Breitsarneter, die viele Jahre die Belange, Sorgen und Freuden un­serer Gemeinschaft geteilt und unterstützt haben. Da­filr danke ich ihnen im Namen un­serer benediktinischen Gemein­schaft mit einem herzlichen Ver­gelfs Gott! Neu in den Vorstand wurden nun gewählt: Herr Dr. Matthias Volkenandt und Herr Georg Röwekamp.

Ich freue mich auf die Zusam­menarbeit mit den alten und den neuen Mitgliedern im Vorstand unseres Freundeskreises! Allen, die unseren Freundeskreis mittragen und fördern, danke ich von Herzen, denn ohne ihre Spenden wie natür-

Abt Benedikt und Kardinal Meißner

lich auch ohne die Hilfe zahlreicher

Ordensgemein­schaften und Diöze­sen in DeutscWand könnten wir unsere Arbeit und unser Leben hier im Land kaum aufrechterhal­ten. Auch unsere christlichen Ange­stellten und so manche verarmte Familie hier im Land danken Ihnen

fiir Ihre Unterstützung! Am 10. März 2002 wurde von Herrn Erzbischof

Joachim Kardinal Meißner aus Köln das neue Pilger­hospiz des Deutschen Vereins vom Heiligen Land in Tabgha eingeweiht in Anwesenheit zahlreicher Gäste aus nah und fem. Unsere Gemeinschaft in Jerusalem freute sich über den privaten und recht fröhlichen Besuch von Kardinal Meißner und Herrn Prälat Mi­chel.

Das 29. Theologische Studienjahr verabschiedete sich am 22. März von uns. Die Zeit hier war fiir die Studierenden keine einfache gewesen.

Nach der Tagung der Salzburger Äbtekonferenz im April reiste ich wegen der politisch sich zuspitzenden Lage im Land (die ersten Tage der' Besetzung Betle­herns und der Geburtskirche... ) nicht wie geplant nach Tanzania, wo ich in der Abtei Ndanda Exerzi­tien geben wollte, sondern kehrte direkt nach Jerusa­lern zurück.

Noch auf dem Rückweg ins Heilige Land erreichte mich die Nachricht vom plötzlichen Tod unseres P. Bargil Pixner. Unter großer Anteilnahme christlicher

und jüdischer Freunde haben wir P. Bargil auf unserem Friedhof auf dem Zion beigesetzt und feierten das Requiem fiir ihn. Möge Gott ihm a1l das Gute vergelten, das P. Bargil in seinem Leben vielen Menschen, dem Heiligen Land und an unserer Gemeinschaft getan hat!

Wie jedes Jahr kamen am Pfingstfest einheimische Christen (wenn auch weniger als sonst) und einheirriische Priester mit dem Lateinischen Patriarchen von Jeru-

P. Bargil Pixner (1921-2002)

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salem Michel Sabbah an ihrer Spitze, um mit uns in festlichem Rahmen die Eucharistie zu feiern.

Der diesjährige Ökumenische Kirchentag, der in den Tagen vor Pfingsten zum 13. Mal stattfand, stand unter dem Leitwort: "Gesegnet in Abraham". Es wa­ren intensive und geistlich gesegnete Tage fiir alle Teilnehmer. Aber es waren weniger Teilnehmer als in den Jahren zuvor, und man spürte die ständig abneh­mende Zahl ausländischer - hier insbesondere deut­scher - Christen im Land: Immer weniger Volontä­rinnen und Volontäre, ganz zu schweigen von den wenigen Pilgern, die noch ins Land kommen. Reisen­de, die es wagen, das unfriedliche Heilige Land zu besuchen, kennen allerdings den Vorteil, dass die Ruhe an den heiligen Stätten ein Segen fiir ihr geistli­ches Leben ist!

Mit Erzbischof Johannes Joachim Kardinal De­genhardt (Paderborn) und Altabt Laurentius Klein OSB sind in den vergangenen Monaten zwei Männer verstorben, die unsrer Abtei auf je ihre Weise verbunden waren und

und beten weiterhin um Frieden in den Herzen der Menschen! - Lesen Sie dazu auch den Bericht von Prof. Scholtissek.

GESICHTER AUF DEM ZION UND IN TABGHA

Es ist schön, dass bei allem Unfrieden im Land wn uns herum unser Kloster ein Ort vielfiiltiger Begeg­nungen sein darf: Dazu gehören unsere Gäste - Pil­ger, Touristen oder Verwandte und Freunde der Brü­der genauso wie prominentere Besucher wie der La­teinische Patriarch von Jerusalem Michel Sabbah oder der frühere Bundeskanzler Helmut Kohl - genauso wie unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. All die­se Menschen tragen auf ihre Weise unser klösterli­ches Leben gerade in diesen schwierigen Zeiten mit. Erwähnt sei Sr. Bemadette Schwarz als große Stütze in der Verwaltung sowie unsere Volontärinnen und Volontäre (aktuell: Isa Lamiani, Rosemarie Grote,

Hans Mohr) und unser gerade nach Deutschland zurückgekehr­

zu deren Beerdigung ich nach ter Zivi Daniel Höwer, deren Deutschland reiste. - Kardinal De­ helfende Hände rur uns Brüder genhardt, der mir am 28. Mai 1988 kaum aus unserem Alltag weg­die Priesterweihe gespendet hatte, zudenken sind. verstarb am 25. Juli 2002 und wur­ Eine Stütze ganz besonderer de am 3. August im Dom zu Pa­ Art war uns Altabt Pankraz Wi­derborn beigesetzt. Im Namen un­ niker OSB aus Disentis, der von serer Gemeinschaft danke ich dem Oktober 2001 bis April dieses Erzbischof fiir seine Verbundenheit Jahres in unserer Gemeinschaft mit uns. Er möge ruhen in Frieden! mitgelebt, mitgebetet und mitge­

arbeitet hat. Wie liebevoll er sich Am darauffolgenden Montag in unsere Gemeinschaft eingelebt

fuhr ich zur Beerdigung von P. hat und genauso selbstverständ­Laurentius nach Trief. Er legte als lich beim Abwasch half wie er Abtadministrator ab 1969 die Fun­ Novizenunterricht erteilte, wie damente fiir das Weiterbestehen . offen er auf alle Menschen und

Die Abschiedstortefür Abt Pankraz machte .. . unserer Abtei auf dem Zion und Zwischenstation aufP. Jonas' Skapulier SItuatIonen verschiedener Kultu­gründete das Theologische Stu­dienjahr, das seither ein fester Be­standteil der Abtei ist. Möge Gott auch ihm alles Gute vergelten! - Zusammen mit der Ecumenical Fraterru­ty werden im November fiir P. Laurentius und fiir P. Bargil einen Gedenkgottesdienst in unserer Dormitio­Basilika feiern.

Gerade in diesen Tagen des Monats September spüren wir Brüder den Verlust des Studienjahres, das "because of the situation" leider ein Jahr aussetzen muss. Doch wir hoffen zuversichtlich, dass die Reihe nächstes Jahr fortgesetzt werden kann, und wir hoffen

ren und Religionen hier im Ori­ent zuging, das hat nicht nur un­

seren jüngeren Brüdern Orientierung rur ihr begin­nendes Leben als Mönch gegeben... Deshalb sei auch an dieser Stelle ein herzlicher Dank-und Segensgruß vom Berg Zion in die Schweizer Berge geschickt!

Gerne möchte ich Ihnen auch noch erzählen, wie es den Brüdern in Jerusalern und in Tabgha geht: Br. Eduard ist nun schon 93 Jahre alt. Er wird versorgt von unserem Volontär Hans Mohr und unserem Kan­didaten Jürgen Stapf, der zu Anfang dieses Monats zu uns auf den Zion kam. P, Hieronymus ist in Tabgha

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im Kreis seiner jungen Brüder - P. Jeremias, Br. Jo­seph, P. Elias und P. Stefan - nach wie vor der Patri­arch und mit seinem Wissen ein wertvoller Berater. P. Stefan verstärkt die Gemeinschaft am See, nachdem er an unserem Hochfest Mariä Himmelfahrt die Zeit­liehe Profess abgelegt hat. Das wichtigste Projekt in Tabgha ist derzeit der Bau von Beit Noah, worüber die Brüder in diesem Rundbrief noch gesondert be­richten werden.

Maria Himmelfahrt: Zeitliche Profess von P. Stefan

P. Vincent beeindruckt mich immer wieder, wie er als 80-Jähriger die Geheimnisse des Computers be­herrscht und in Treue seine Dienste verrichtet. P. Pri­or Thomas erholte sich gut bei einem Kuraufenthalt bei den Zisterzienserinnen von Marienkron in Öster­reich. P. Bernhard arbeitet in seinem Ikonenatelier und ist zusammen mit unserem zweiten Kandidaten Franz Gröner in der Weihrauchwerkstatt tätig. Br. Johannes, der sein Theologiestudium in San!'AnselmolRom absolviert, ist in diesen Wochen auf Heimaturlaub bei uns. Br. Samuel ist seit Septem­ber fiir ein Jahr in der Abtei ScheyernlBayem, wo er in Gemeinde und Schule sein praktisches Jahr als Gemeindereferent absolviert.

Unser Noviziat im engeren Sinne besteht derzeit aus drei Brüdern, die ich alle im Laufe dieses Jahres ins Noviziat aufgenommen habe: Br. Basilius arbeitet schwerpunktmäßig im Archiv unserer Abte~ wo un­endlich viele Fotos und Berichte (u.a. von P. Benedikt Stolz) der Wiederentdeckung harren. P. Jonas hat das Amt des Gastpaters inne und kümmert sich auch um manche andere Belange im Haus. Br. Ralph arbeitet mit viel Fleiß und Geduld in unserer Bibliothek und

wurde als Sakristan von unserem dritten Kandidaten Markus Wenzel abgelöst.

Liebe Freundinnen und Freunde! Soweit auch diesmal in Kürze ein kleiner Überblick über unsere Gemeinschaft. Ich möchte Ihnen noch einmal danken fiir Ihre Verbundenheit und Treue, deren wir in diesen schwierigen Zeiten besonders bedürfen.

Ich hoffe, dass Sie auch an diesem Rundbrief Ih­re Freude haben werden und verbleibe mit Gottes Segen vom Berg Zion her

/~~tJrß

~:Doku~~:

E RKLÄRUNG DER RELlGI-

ÖSEN FÜHRER DES HEILIGEN

LANDES

Alexandrien, den 21. Januar 2002

Im Namen des allmächtigen, gnädigen und mitfiih­lenden Gottes.

Wir, die wir uns als religiöse Führer der muslimi­schen, christlichen und jüdischen Glaubensgemein­schaft versammelt haben, beten fiir einen wahrhafti­gen Frieden in Jerusalem und im Heiligen Land. Wir erklären unsere Verpflichtung, dafiir einzutreten, dass die Gewalttaten und das Blutvergießen ein Ende fin­den, durch die das Recht auf ein Leben in Würde ge­leugnet wird.

Entsprechend unserer Glaubensüberlieferungen ist es eine Entweihung des heiligen Namens Gottes, wenn unschuldige Menschen in Seinem Namen getö­tet werden. Dies bringt die Religion weltweit in Misskredit. Die Gewalt im Heiligen Land ist gottlos und muss von allen Menschen guten Willens be­kämpft werden. Wir möchten als Nachbarn zusam­menleben in gegenseitiger Achtung der Unversehrt­heit unseres jeweiligen geschichtlichen und religiösen Erbes. Wir rufen alle auf, Hetze, Hass, Gewalt und falsche Darstellung des Anderen zu bekämpfen.

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... F-WJ.t~V~

1. Das Heilige Land ist allen drei Religionen heilig. Deshalb müssen die Gläubigen dieser göttlichen Religionen die Heiligkeit anerkennen, und Blut­wrgießen darf das Land nicht beflecken. Die Hei­ligkeit und Unantastbarkeit der Heiligen Stätten muss gewahrt werden, und die Freiheit zur Feier des Gottesdienstes muss rur alle uneingeschränkt gewährleistet sein.

2. Palästinenser und Israelis müssen anerkennen, dass sie durch den Willen Gottes und durch die Gnade des Schöpfers in demselben Land leben, das das Heilige genannt wird.

3. Wir rufen die Politiker beider Völker auf, sich ilir eine gerechte, sichere und dauerhafte Lösung im Geiste der Worte des Allmächtigen und der Pro­pheten einzusetzen.

4. Als ersten Schritt fordern wir jetzt einen religiös sanktionierten Waffenstillstand, der von allen Seiten beachtet und eingehalten wird, und wir fordern, dass die Empfehlungen des Mitchell- und des Tenet-Plans umgesetzt werden einschließlich der Aufhebung der Restriktionen und der Rück­kehr an den Verhandlungstisch.

5. Wir möchten dazu beitragen, eine Atmosphäre zu schaffen, in der gegenwärtige und zukünftige Ge­nerationen in gegenseitiger Achtung und im Ver­trauen beieinander leben können. Wir rufen alle auf, gegenseitiger Hetze und Dämonisierungen Einhalt zu gebieten und die kommenden Genera­tionen entsprechend zu erziehen.

6. Als religiöse Führer verpflichten wir uns, die ge­meinsame Suche nach einem gerechten Frieden fortzusetzen, der zur Aussöhnung in Jerusalem und im Heiligen Land ilihrt, zum Wohl aller un­serer Völker.

7. Wir erklären die Einrichtung einer ständigen ge­meinsamen Kommission, um die Empfehlungen dieser Erklärung umzusetzen, und suchen dem­entsprechend das Gespräch mit unserer jeweiligen politischen Führung.

Dr. George Carey, Erzbischofvon Canterbury Sheik Mohamed Sayed Tantawy Rabbi Sakshi Doron Rabbi Michael Melchior, Vertreter des Au­ßenministeriums Rabbi David Rosen, Präsident des WCRP Sheik Taisir Tamimik, Direktor des Gerichts­hofes für die Sharia Sheik Tal EI Sider, Staatsminister der palästi­nensischen Behörde

Sheik Taweel, Mufti von Bellehem Erzbischof Arislarchos, Vertreter des grie­chisch-orthodoxen Patriarchen in Jerusalem Michel Sabbah, Lateinischer Patriarch in Je­rusalem Erzbischof Boutrous Mualem, Vertreter der melkitischen Kirche Erzbischof Chinchinian, Vertreter des armeni­schen Patriarchen in Jerusalem Riah Abu EI Assal, Bischofder anglikanischen Kirche in Jerusalem

~P~~2002:

H SCHEN PATRIARCHEN IN

JERUSAlEM, MICHEL SABBAH

PFINGSTSONNTAG, 19. MAI 2002, DOR­MITIO-KIRCHE DER HAGIA MARIA SION ABBEY, JERUSALEM

Wie damals die Apostel sind wir heute morgen hier versammelt, um betend den Heiligen Geist zu erflehen, damit er "unserer Schwachheit aufhelfe". Feiern wir doch das Pfingstfest und haben uns noch immer nicht erholt von den Leiden des Krieges in diesem Heiligen Land! Dieses Gottes-Land hätte eine bessere Behandlung von seiten der Menschen ver­dient, die es regieren, denn es ist heiliger Bo­den: Gott hat es auser­wählt, um dort im Ge­heimnis der Erlösung des Menschen von der Sünde Patriarch Sabbah Seine Herrlichkeit zu er­weisen. Zahlreich sind hier die Heiligen Stätten, der bevorzugte Tempel Gottes aber ist der Mensch, Sein erwählter heiliger Ort. Und es ist um seines Heiles willen, dass diese Stätten durch das Geheimnis Gottes geheiligt worden sind. Jeder Mensch trägt Gottes Bildnis und die Würde seines Schöpfers in sich. Die­ses Bildnis müssten die Regierenden dieses Landes, die hier Krieg fiihren, in sich selbst und in allen Men­schen erkennen!

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LI~ Ju,.. ZtA.J.t". JI4 R~ ...

Während der vergangenen Wochen ist die Ge­burtskirche in BetWehem zu einem Zentrum des Krieges geworden. Doch diejenigen, die diesen Krieg führten, sprachen von Schändung und vom Respekt vor den Heiligen Stätten, aber sie vergessen ganz, dass die Heiligkeit des Menschen wichtiger ist als jene von Orten! Es ist unnötig, heilige Stätten zu ver­ehren und Rechte und Privilegien fiir sie zu verlangen und abzusichern, solange Menschen verachtet und umgebracht werden.

Gott. Hat Gott die Erde denn nur fiir ein Volle er­schaffen? Es ist nicht Gott, der die Häuser Seiner Ge­schöpfe zerstört und sie ihres Landes und ihrer Frei­heit beraubt! Die Verheißung dieses Landes muss in Übereinstimmung stehen mit der Achtung vor allen Geschöpfen Gottes, und nur in Gott sind Gerechtig­keit und Versöhnung überhaupt möglich. Vor Gott wird dann jeder Einzelne in sich selbst den Drang verspüren, Gott selber wie auch seine Menschen­Brüder und -Schwestern um Vergebung zu bitten, in

denen er der Heiligkeit dieses Got­tes Gewalt angetan hat.

Der Heilige Geist kommt herab Gerechtigkeit und Frieden wol­auf die Apostel, damit sie Ihn auf len wir: Diese müssen aber in Gott die ganze Erde und in alle Welt bescWossen sein! Sowohl die Pa-tragen sollen. Jesus sagt zu Seinen lästinenser müssen das wissen und Aposteln: ,,Ihr werdet meine Zeu- es leben, wie es die Israelis wissen gen sein in Jerusalem, in ganz Ju- und leben müssen. Ihre Führer däa und Samarien und bis an die tragen die Verantwortung fiir dieI

Enden der Erde!" (Apg 1,8). Das Gewalt, die so vielen Menschen heißt: Ihr werdet meine Zeugen widerfährt und die unter politi­und die Träger des Heiligen Geis- ~ _. sehern Vorwand in diesem Land tes sein, um die Seelen der Men- ~_ weiterhin geschieht, die aber nichts sehen wie auch den Menschen weiter hervorbringt als Angst- und selbst und damit das Angesicht der Rachegefiihle. Und sowohl zu den Erde zu erneuern. Palästinensern als auch zu den

. Deshalb müssten es die Großen L - Israelis sage~ wi~ nun: Dies~s. Bild dieser Erde überall bedenken, dass Gottes tragt ihr m euch, wel1 Jeder sie es mit Gott zu tun haben, wenn Pfingsten 2002 aufdem Zion Mensch Gottes heiliger Tempel ist es um den Menschen geht; dass es Gott ist, mit dem sie zu tun haben. Wenn die Würde des Menschen verletzt wird, schreit sie zu Gott um Vergeltung. Poli­tische Interessen und Bestrebungen, die sich erlauben, die Würde oder das Leben des Menschen anzutasten, sind eine Verletzung der Heiligkeit des Menschen und der Heiligkeit Gottes, seines Schöpfers und Erlö­sers.

Ein jeder sieht nur seine eigenen Rechte und sieht Gott nicht - wenn er Ihn überhaupt sieht -, sondern er sieht Ihn nur in seinen eigenen Interessen und nicht in der Würde des Menschen. Daher verurteilt er sich selbst dazu, Gott nicht zu erkennen, und er wird gleichzeitig auch unfähig, wahrzunehmen, dass ihm der Mitmensch an Heiligkeit und Würde in allem ab­solut gleich ist. Palästinenser und Israelis, Juden, Muslime und Christen müssen sich bewusst sein, was sie vor Gott sind, um dabei dann ihr eigenes Spiegel­bild in allen Menschen, in Freund und in Feind zu erblicken.

Gewalt wider den Menschen ist Gewalt wider

- er ist der Ort der Heiligkeit schlechthin! Aber heili­ge Stätten haben absolut keinen Sinn, wenn sie nicht gesehen werden im Zusammenhang mit Gottes Ge­genwart und in ihrem Bezug zur Person des Men­schen. Doch wir, die wir glauben und beten und uns mit der einen oder anderen Seite solidarisieren: Rei­nigen auch wir uns, indem wir den Menschen und das Geheimnis Gottes annehmen, das in diesem Lande offenbart worden ist!

,,Alle, die den Namen Gottes anrufen, werden ge­rettet!" heißt es beim Propheten Joel (Joel 3,5). Den Namen Gottes anzurufen, bedeutet, ihn anzurufen in der Heiligkeit und durch die Heiligkeit des Nächsten. Ein jeder wird gerettet im Maß der Achtung und Lie­be, die er fiir seine Brüder und Schwestern zeigt, denn der Weg zu meiner Rettung, das ist mein Nächsterl

Weiter sagt der Prophet: ,,Danach aber wird es ge­schehen, dass ich meinen Geist ausgieße über alles Fleisch: Eure Söhne und Töchter werden weissagen; eure Alten werden Träume haben, und eure jungen Männer werden Visionen haben. Auch über eure

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Sklaven, eure Knechte und Mägde, werde ich meinen Geist ausgießen in jenen Tagen" (Joel 3,1-3). "Selbst über eure Sklaven...": Die Sklaven von heute sind jene, welche uns fiir ihre Feinde halten, welcher Seite sie auch angehören mögen, seien sie nun Israelis oder Palästinenser. Jeder ist fähig, den Heiligen Geist zu empfangen!

,,Eure Jungen werden Gesichte haben": Gestärkt durch den Heiligen Geist, werden sie Visionen haben, werden sie eine neue Wirklichkeit schauen, die sie fiir ihr Leben brauchen, nämlich die der Gerechtigkeit, der Vergebung und der Versöhnung. In Israel und in Palästina muss eine neue Wirklichkeit geschaffen werden: Sie müssen Gottes Geist empfangen, damit Er die Verantwortlichen hinfiihre zur Schöpfung der Neuen Erde und des Neuen Menschen!

Jenes Neuen Menschen, von dem es in der Schrift heißt: ,,Denn alle, die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Söhne Gottes. Denn ihr habt nicht einen Geist empfangen, der euch zu Sklaven macht, so dass ihr euch immer noch fiirchten müsstet, sondern ihr habt den Geist empfangen, der euch zu Söhnen macht, den Geist, in dem wir rufen: «Abba., Vater!»" (Röm 8,14-15).

Brüder und Schwestern! Lasst uns an Gott unser flehentliches Gebet richten, dass Er uns würdig ma­che, Seinen Heiligen Geist zu empfangen, damit wir mit Seiner Hilfe unsere Herzen und das Angesicht dieser Welt zu erneuern vermögen!

Amen.

'..

ZWISCHEN HOFFNUNG UND HOFFNUNGSLOSIGKEIT

- MOMENTAUFNAHMEN ­

Montag, 19. August 2002: Die Belagerung Betle­hems hat nach fast fiinf Monaten ein Ende gefunden. Wir planen im Konvent, in dieser Woche dorthin zu fahren, um einige Besuche zu machen und unsere Solidarität mit den Menschen zu bekunden, die in den vergangenen Monaten manche Not und Ängste

durchstehen mussten. Am Samstagmorgen, dem 24. August, machen sich Schwester Bemadette, P. Jonas, Br. Ralph, Claudius und ich um 9.00 Uhr auf den Weg. Eine Fahrt nach Betlehem hat den Charakter einer schnellen Besorgung oder eines Pilgerbesuches verloren. Sie ist zu einer Fahrt in eine andere Welt geworden, die man zwar nicht als Dritte Welt, aber auch nicht als normal bezeichnen kann, eine Welt zwischen Hofihung und Hoffuungslosigkeit. Aus der Feme können wir schon erkennen, dass einige Last­wagen an der Grenze stehen und so die Abfertigung nur schleppend vorangehen wird. Bei glühender Hitze stehen wir in der Warteschlange und richten uns auf eine längere Wartezeit ein. Da uns die Zeit davonzu­laufen droht und wir ein größeres Programm in Betle­hem absolvieren wollen, ergreifen Schwester Bema­dette und P. Jonas die Initiative, gehen bis zur Abfer­tigung vor und erklären den Soldaten, dass wir es eilig haben. Dabei zeigt das Ordensgewand Wirkung. Wir werden aus der Warteschlange herausgewunken, fahren an den anderen wartenden Autos vorbei bis zum Checkpoint vor. Auf die Frage, ob wir alle Or­densleute seien, werden wir durch gewunken. - Als ausländische Ordensleute genießen wir nach wie vor Privilegien, die es uns gleich zu Beginn unseres Soli­daritätsbesuchs ermöglichten, die Warteschlange ganz unsolidarisch zu verlassen...

BEGEGNUNGEN IN CHRISTLICHEN EINRICHTUNGEN:

IM CARITAS-BABY-HOSPITAl

Am Caritas-Baby-Hospital wartet schon Issa, un­ser Olivenholzschnitzer. Schwester Bernadette nimmt die bei ihm bestellten Olivenholzartikcl hier entge­gen, da er selbst nicht nach Jerusalem kommen darf. Währenddessen machen wir einen Kurzbesuch im Krankenhaus und erfahren dort von Frau Dr. Mecht­bild Ehling, wie schwierig ihre Arbeit im Hospital geworden ist. Eine Abteilung fiir Babys musste ge­schlossen werden, da die Kinder aus den übrigen pa­lästinensischen Gebieten wegen der militärischen Abriegelung nicht mehr nach Betlehem gebracht wer­den können. Demgegenüber ist die Sozialarbeit im Krankenhaus um ein Vielfaches angewachsen. Arbei­ter und Arbeiterinnen können nicht mehr nach Jerusa­lern, um dort ihrer Arbeit nachzugehen. Die Folge davon ist, dass seit mehr als einem Jahr in vielen Fa­milien die Verdienstmöglichkeiten ausgefallen und viele von ihnen unter die Armutsgrenze gesunken sind. Um überleben zu können, verkaufen Frauen

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u~ J.ut.. ~ 1.4 f?~ ...

ihren Goldschmuck., den sie bei ihrer Hochzeit als ,,Lebensversicherung" mit in die Ehe gebracht haben. Den Goldschmuck der Frau zu verkaufen, bedeutet fiir arabische Verhältnisse, die letzte Chance zwn Überleben zu vergeben. Und was kommt danach? Die Statistik benennt zur Zeit 65% Arbeitslose in Betle­hem gegenüber 24% im Jahre 1999/2000.

Diese Notlage hat das "Christliche Laienkomitee des Heiligen Landes" veranlasst, am 20. August 2002 einen dringenden Aufruf an Papst Jobannes Paul 11. zu richten. In ihm heißt es: ,,Es ist dies die schwie­rigste Periode, die wir in diesem Land je gekannt ha­ben, und die Ursache dafiir ist sehr bekannt: die an­haltende Besatzung." Weiterhin wird die Sorge über den Exodus der Christen aus dem Heiligen Land zwn Ausdruck gebracht, und dass die Sorge des Papstes mehr als berechtigt sei: ,,Die Menschen hier verlassen ihre Häuser, ihr Land und ihre Gemeinschaft, weil sie kein Brot mehr haben". Die Christen des Heiligen Landes ersuchen den Papst, angesichts der verzwei­felten Situation einen weltweiten Aufruf zu erlassen, damit ein Nothilfe-Fond gegründet werden kann.

BEI DEN FRANZISKANERINNEN IN DER MI LCHGROTTENSTRASSE

Der Weg fUhrt uns nun vom Baby-Hospital zu den Franziskanerinnen in der Milchgrottenstraße. Ihr Konvent befindet sich direkt hinter der Geburtskirche. Schwester Maria begrüßt uns herzlich und freut sich, dass wir sie nach der langen Abgeschiedenheit besu­chen kommen. Sie erzählt uns mit ihrer 93jährigen Mitschwester von den 40 Besatzungstagen der Ge­burtskirche vom 4. April bis 10. Mai und von der üb­rigen Besatzungszeit bis zum 19. August. Sie erzäh­len uns von den großen Entbehrungen, die sie auf sich nehmen mussten. Da der Strom vom Militär gekappt worden war, verdarben die Vorräte im Kühlschrank, die Wasserzufuhr war zeitweilig abgestellt. Die schlimmste Zeit waren fiir sie die 40 Belagerungstage der Geburtskirche. Israelisches Militär hatte das große Eisentor zu ihrem Grundstück aufgebrochen und die Soldaten "baten" mit vorgehaltenen Waffen um Ein­lass in den Konvent. Schwester Maria hatte vom Nun­tius aus Jerusalem, Erzbischof Pietro Samb~ die An­weisung erhalten, kein Militär ins Kloster einzulas­sen. Aber angesichts Schwerbewaffueter wagte sie nicht, sich zu widersetzen. Darauf durchsuchten die Soldaten alle Räume und verschonten dabei auch kei­nen Wäscheschrank der Schwestern. Anschließend wurde das Klostergelände zwn militärischen Gebiet

erklärt, da es vom Garten aus einen freien Blick auf die Rückseite der Geburtskirche und der danebenlie­genden Katharinenkirche der Franziskaner gibt. Scharfschützen hatten sich nun fiir die kommenden Wochen im Garten postiert, während die Schwestern

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Die Schwesternfreuen sich über unseren Besuch

ihren Konvent nicht mehr verlassen durften. Vom Garten aus machten uns die Schwestern auf eine lan­ge und breite, dunkle Spur auf der hellen Wand der Katharinenkirche au:finerksam: ,,Das ist die Blutspur eines Palästinensers, der von hier aus angeschossen wurde und in einem offenen Zugang zur Kirche ver­blutet war. Erst nach Tagen konnte man den Toten von dort bergen." Zutiefst hat mich dieser Anblick erschreckt.

IM KINDERHEIM (RECHE DER FRANZÖ­SISCHEN SCHWESTERN VON DER HEILI­

GEN FAMI LI E

Unser Weg fUhrt uns nun nach Betlehem hinein zur Creche. Sie ist eine Einrichtung französischer Schwestern von der Heiligen Familie fiir Findelkin­der, Waisen, außerehelich Geborene und Kinder aus sozial zerrütteten Familien. P. Jonas und Br. Ralph hatten jeweils eine Spende aus Deutschland, die sie den Schwestern übergeben wollten. Eine Volontärin aus Paris, eine Physiotherapeutin, kommt uns mit einem kleinen Mädchen namens Salam (Friede) auf dem Ann entgegen. Sie erzählt uns auf dem Weg zu Schwester Elisabeth, der Leiterin der Einrichtung, dass Salam ein Findelkind sei, das vor der Creche vor einem Jahr aufgefunden wurde. Schwester Elisabeth empfangt uns sehr freundlich. Sie begleitet uns zum Kinderhaus und berichtet uns von Salam, dass sie herzkrank sei. Ihre Geschichte ist ein hoffuungsvolles Zeichen israelisch-palästinensischer Zusammenarbeit.

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... F~4J.V~

Um dem Kind medizinische Hilfe zukommen lassen zu können, baten die Schwestern das Hadassa­Krankenhaus in Jerusalern um Behandlung. Unbüro­kratisch wurde sofort grünes Licht gegeben, und eine der Schwestern konnte Salam nach Jerusalem ins Krankenhaus begleiten. Nach der Herzoperation er­möglichten deutsche Spender Salam eine Rehabilita­tion in DeutscWand. Dieses Hotmungszeichen hatte auch die Aufmerksamkeit des deutschen Fernsehens geweckt, das die Geschichte Salams in einer Sendung ausstrahlte. Neben dieser Geschichte erzählte uns Schwester Elisabeth, wie sie während der Besatzung

können kein Lachen und keine Fröhlichkeit in ihren Gesichtern erkennen, eher Trotz und Stolz. Was mag in ihnen alles vorgehen? Steckt in ihnen nicht ein Potential an Gewalt und Frust, da sie in der Enge der Stadt eingesperrt sind, die sie nicht verlassen dürfen? Eine Jugend, die zur Zeit kaum eine Chance hat, eine vernünftige Ausbildung zu erhalten oder einen Ar­beitsplatz zu finden.

Mit diesen Eindrücken kommen wir im internatio­nalen Begegnungszentrum an. Bauarbeiter sind eifrig dabei, am neu entstehenden Kulturzentrum weiterzu­

zwischen die Fronten geraten waren, dass einige Panzerschüsse die Entbindungsstation trafen und Schäden im sich anschlie­ßenden Krankenhaus angerichtet hatten. Zum AbscWuss fiihrt sie uns in die Hauskapelle und zeigt uns eine abgeschossene Hand der Marienfigur, die auf der Spitze der Kirche steht. Bei einem Schusswechsel wurde die Hand der Statue abgeschossen und wird jetzt gleich einer Reliquie in der Kirche aufbewahrt. "Sie hat uns in den schweren Tagen be­schützt und gerettet", stellt sie zwn AbscWuss unseres Besuches fest.

Dieser Besuch hat auch in uns einen Schimmer von Hoffuung geweckt. Hier werden "verlore­ne" Kinder mit Hingabe ge flegt

d d"~ fr h d befr . p.un W len 0 un elt spie­len, als gäbe es außerhalb ihrer Mauem keine Probleme.

TREFFEN MIT PFARRER DR. MITRI RAHEB IM INTERNATIO­

NALEN BEGEGNUNGSZENTRUM

Wir fahren im Schritttempo durch die von Menschen über­fiillte Innenstadt Betlehems, um Pfarrer Dr. Mitri Raheb im Inter­nationalen Begegnungszentrum zu besuchen. Auffallend sind die

Den Frieden in den Händen: P. Jonas und die kleine Salam

... Den Kneg zn den GlIedern:

Die als Zielscheibe missbrauchte Marienfigur

bauen. Dieses war zum Heili­gen Jahr von der finnischen Regierung gestiftet worden. Damals, im Jahre 2000, hatte der finnische Staatspräsident persönlich den Grundstein da­zu gelegt. Der Einweihungs­termin sollte im Herbst 2001 sein. Doch militärische Sankti­onen über Betlehem hatten den Einweihungstermin immer wieder verzögert. In diesem Jahr hatte man Pfingsten 2002 als endgültigen Termin der Einweihungsfeier geplant nicht geplant dagegen war die Besetzung Betlehems und der Geburtskirche Anfang April 2002. Statt der Arbeiter hatten sich vor der evangelischen Weihnachtskirehe und dem Begegnungszentrum israeli­sche Panzer postiert. Die Bau­stelle selbst wurde von israeli­schen Scharfschützen besetzt. Zuvor hatten sie die Gebäude nach Terroristen durchsucht, neue sanitäre Einrichtungen zertrümmert, waren in das Bü­ro der finnischen Architekten eingedrungen, hatten dort Computer zerschlagen und Akten der Architekten vernich­tet. Zeitweilig wurde die Bau­stelle vom Militär als Gefäng­nis genutzt.

Beim Betreten des Zent­rums begrüßte uns Baulärm. Es

vielen jungen Männer, die uns entgegenströmen. Wir geht also weiter mit dem Bauen. Und das ist gut so!

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lJ~ J.ut., ~ J.4 ~~ ...

Im Zentrum begegnen wir Viola Raheb, Schulrätin bei der palästinensischen Verwaltung. Sie ist dabe4 ihre Sachen zusammenzupacken, um notgedrungen das Land zu verlassen. Im Juli hat sie einen Palästi­nenser geheiratet, der in Österreich lebt und nicht nach Betlehem einreisen darf. Sie erzählt uns, dass sie nur schweren Herzens ihre Heimatstadt verlässt, um nach Wien überzusiedeln. Doch sie hat die Absicht, öfter im Jahr nach Betlehem zurückzukommen.

Nach einiger Zeit gesellt sich Pfarrer Dr. Mitri Ra­heb zu uns. Er verliert nur wenige Worte über die zurückliegenden Tage der Besatzung, gleichsam als wolle er das Schwere der vergangenen Wochen als Ballast hinter sich lassen. Nach unserem letzten Tref­fen im Mai wirkte er auf mich jetzt wieder energie­voller, wieder voller Tatendrang. Er berichtete uns, dass sie zur Zeit Leute aus der Stadt zu Kuhurveran- . staltungen einladen, um sie aus ihrer Lethargie her­auszuholen und ihre Augen auf positive Werte anstatt auf Krieg und Terror zu richten. Von höchstem Inte­resse war fiir uns, dass die Planungen fiir die Einrich­tung eines Berufsbildungszentrums in Zusammenar­beit mit dem "Verein fiir Fortbildung von Jugendli­chen aus Betlehem und Umgebung" und der Hand­werkskammer Trier erfreulicherweise konkrete For­men annehmen. (Der Verein mit Sitz in Trier wurde im vergangenen Jahr unter Beteiligung unserer Abtei ins Leben gerufen.) So ist im September u.a ein Tref­fen mit dem Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz in Mainz vorgesehen, der an der Arbeit des Vereins mit dem Internationalen Begegnungszentrum in Bet­lehem interessiert ist. Alle diese Perspektiven haben Mitri Raheb wieder zum engagierten Weiterarbeiten in seinem Zentrum und über die Grenzen hinaus er­mutigt. Ein Zeichen der Hoffuung aus christlichem Engagement, das ansteckend wirkt.

BEI DEN SALESIANERN IN CREMISAN

Bevor wir wieder nach Jerusalem zurückkehren, wollen wir noch nach Cremisan. Monatelang war Cremisan sowohl von Betlehem als auch von Jerusa­lern abgeschnitten. Da Cremisan direkt gegenüber der jüdischen Siedlung Gilo liegt, deren Gelände früher einmal zum arabischen Dorf Beit Jala gehörte, wurde Cremisan ein wichtiger strategjscher Punkt fiir das israelische Militär. Daher wurde die Zufahrtsstraße nach Cremisan aufgerissen und mit einem hohen Erdwall versperrt. Die Zufahrt in Richtung Jerusalem war schon länger mit Betonblöcken versperrt worden.

So war Cremisan zwangsweise zu einer Enklave ge­worden, die nur auf Schleichwegen zu erreichen war. Die Folge daraus wurde fiir die Salesianer schmerz­lich und schicksalbestimmend.

Seit Jahrzehnten besteht in Cremisan eine theolo­gische Hochschule, in der zwischen 40 und 50 Theo­logiestudenten des Ordens aus aller Welt vier Semes­ter lang ihren theologischen Studien nachgehen konn­ten. Neben den Studenten leben in Cremisan 52 Sale­sianerpatres und -brüder, die als Professoren an der Hochschule unterrichten oder im Weingut und in den Olivenhainen arbeiten. Wein- und Ölverkauf hatte zum Teil zum Unterhalt der Salesianer und ihrer Hochschule beigetragen. Beigetragen zum wirtschaft­lichen Ruin hat ihrerseits die nun schon zweijährige Intifada. Die Keller sind mit Wein und Olivenöl voll gefiillt. Durch die politische Situation sind die Kun­den mehr und mehr ausgeblieben. Die Studenten aus aller Weh konnten sich nur noch im Compound be­wegen oder mussten mühsame Umwege in Kauf nehmen, um Jerusalem oder Betlehem zu erreichen. So mussten wir mit Erstaunen erfahren, dass das Ge­neralkapitel der Salesianer in Rom beschlossen hat, in Anbetracht der Situation die theologische Hochschule ab 2004 zu schließen. Weinkellerei und Olivenpro­duktion werden vorerst weiterbestehen. Der Markt wird über ihre Zukunft entscheiden. Unsere Abtei hatte immer gute Kontakte nach Cremisan. Oftmals wurde unsere Abteikirche von den Salesianern fiir Diakonen- und Priesterweihen ausgewählt, das letzte Mal an Pfingsten 2001. So beginnen neben Christen aus Betlehem, Beit Jala und Beit Sahour - seit 200 I mehr als tausend Christen - jetzt auch christliche In­stitutionen abzuwandern.

In diesem Zusammenhang bleibt zu erwähnen, dass auch das lateinische Priesterseminar, in dem ein Jahrzehnt lang (1921-1932) Mönche unserer Abtei unterrichtet hatten und das von ihnen geleitet worden war, in Schwierigkeiten gekommen ist. Zur Zeit be­kommen Seminaristen aus Jordanien, die einen Groß­teil des Priesternachwuchses rur das lateinische Patri­archat stellen, nur unter großen Schwierigkeiten ein Visum zur Einreise nach Israel und zum Aufenthalt. Damit ist die Aufuahme eines Vorlesungsbetriebes fiir das Studienjahr 200212003 in Frage gestellt.

Eine ernsthafte Frage bleibt bei der Beobachtung aller dieser Fakten: Ist der schleichende Ausverkauf der Christen im Heiligen Land nun doch in vollem Gange, ohne dass die christliche Welt Notiz davon

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... F~4,J.V~H

nimmt? Wird die Vision Wirklichkeit, dass das Heili­ge Land zum Disney-Land ohne Christen filr christli­che Pilger wird?

Auf einem Schleichweg durch das Gelände von Cremisan wollten wir nach JerusaIem zurück, in der Hoffuung, damit eine lange Wartezeit am offiziellen Checkpoint in Betlehem zu umfahren. Nachdem wir gut durchgeschüttelt und eingestaubt worden waren, sahen wir uns in unseren Erwartungen enttäuscht, denn jetzt gab es auch hier einen Checkpoint mit Warteschlange. Es blieb uns nichts anderes übrig, als uns in Geduld zu üben. Ermüdet zurückgekehrt auf den Zion habe ich den Eindruck, aus einer anderen Welt auf eine Insel des Friedens zurückzukommen, obwohl kaum fiinf Kilometer Luftlinie zwischen dem Zion und Betlehem liegen.

Das ist die Welt, in der sich unser Leben zur Zeit im Heiligen Land abspielt: zwischen Hoffuung und Hoffuungslosigkeit. Dass unser benediktinisches Le­ben dennoch friedvoll gestaltet werden kann und wir keine materielle Not zu leiden haben, haben wir groß­zügigen Spenden und Spendern aus Deutschland und Österreich zu verdanken. Die Möglichkeit, unseren Lebensunterhalt zum großen Teil aus unserem Laden und unserer Cafeteria bestreiten zu können, ist durch den Mangel an Besuchern und Pilgern fast vollständig ausgefallen.

br. thomas w. geyer osb

~ N~ <WS ~ No\fi.2i.Qi:

V UND GROSSEN MÖNCHEN

Wenn aus kleinen Novizen einmal richtige Mön­che werden sollen, dann müssen sie auch einiges ler­nen, eben von den richtigen, den großen Mönchen. \ Dazu gibt es zum einen den Noviziatsunterricht. Den haben in den vergangenen Monaten Abt Benedikt, unser Gast-Alt-Abt Pankraz Winiker aus Disentis (mit dem wir vor allem die Geschichte des Mönchtums behandeh haben), P. Jeremias und P. Bemhard (unser Lehrer filr alles, was mit Ostkirche oder Judentum zu tun hat) übernommen. Als bewährter Gastdozent war im April Dom Denis Huerre aus La-Pierre-qui-Vire

bei uns auf dem Zion und hat unter der fachkundigen und nicht minder liebevollen Übersetzung von P. Vincent zwei Wochen den Unterricht mit uns bestrit­ten und uns weiter in die benediktinische Spiritualität eingefiihrt. Diese Unterrichtseinheit haben wir mit einem monastischen Einkehr- und Studientag mit Dom Dennis beschlossen, zu dem wir uns mit unseren Brüdern aus Tabgha, den Schwestern und Brüdern aus Abu Gosh (Olivetaner), den Brüdern aus Latroun (Trappisten) und einigen Grand Champ-Schwestern in unserer Abtei trafen. Merke: Auch so lernt der No­vize, was ein Mönch ist: Beim gemeinsamen Beten,

...Begegnung: Abt Jean Baptiste (Abu Gosh) und Dom Denis Huerre

... und Gespräch: P. Jeremias und Sr. Mincke (Grand-Champ)

Studieren, in der Begegnung und auch beim Essen. ­Womit denn auch schon das zweite große Standbein unserer Mönchsausbildung gerade hier im Heiligen Land erwähnt ist: das ganz praktische Kennenlernen der verschiedenen monastischen Traditionen vor Ort.

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u~ J.t.... ~ 14 ~~..

Am Gedenktag der heiligen Maurus und Placidus, der ersten Schüler des heiligen Benedikt, nutzten wir nämlich die Gelegenheit und haben Abuna Ya'akov Willebrands in seiner Eremitenkolonie Lavra Netofa in den Galiläischen Bergen besucht. Unsere Brüder in Tabgha haben diesen Tag vorbereitet und uns Kandi­daten, Postulanten, Novizen, Jungprofessen mit unse­rem Lehrer Abt Pankraz an den See eingeladen. Nach der Eucharistiefeier am Morgen sind wir zu Abuna Ya'akov gefahren, der uns in einem kurzen Vortrag über die Mönchstraditionen Palästinas informiert hat (wieder klassischer Unter­richt) und uns dann seine Mönchssiedlung mit Kapel­le, Gemeinschaftsraum, Feldern... gezeigt hat (und auch wieder Mönchsein zum Anfassen). Nach einer ausgedehnten Mittagspause im Kloster in Tabgha haben wir die Vesper open air in der Nähe von Hippos ge­sungen und haben den Tag im Thermalbad in Hammat Gader beschlossen.

Kennenlernen durften wir auch die ägyptischen, sprich koptischen Mönche. Zuerst haben wir mit Abt Pankraz im Unterricht die Lebensbeschreibung des heiligen Antonius gelesen und so unser aller monastischen Ur-Vater kennenge­lernt. Dank der Vermittlung Abt Pankraz' fand sich ein Sponsor (beiden sei von dieser Stelle aus noch einmal ganz herzlich gedankt: Vergelt's Gott!) und wir jüngeren Brüder konnten in zwei Gruppen nach Ägypten reisen und dort in der Wüste den Spuren des christlichen Mönchtums an seiner Wiege nachfolgen. Eine erste Gruppe machte sich im Januar auf den Weg, eine zweite im Mai. Schwerpunkt beider Reisen waren die Wüstenklöster im Wadi Natrun nordwest­lich Kairos und in der Thebäisclien Wüste im Süden, stichprobenweise haben wir aber auch im klassischen Ägypten der Pharaonen und Pyramiden und dem mo­demen muslimischen Ägypten schnuppern dürfen.

Ich selbst durfte bei beiden Reisen dabei sein und möchte aus dieser Perspektive von einer Erfahrung berichten: Zur Zeit der ersten Fahrt waren gerade Fe­rien an den Schulen und Universitäten und die Klöster

Mönche aus drei Kontinenten: Br. Jos! (Fabgha), Abuna Ruis (Ägypten) und Abt

Pankraz (Schweiz) vor dem Antoniuskloster

waren geradezu Schauplätze von Volksfesten: Mit Kind und Kegel waren ganze Großfamilien unter­wegs, um die Mönche in den Klöstern zu besuchen. ,,Die Menschen umarmen die Klöster!" sagte einer der koptischen Mönche zu uns. Selbst an der Höhle, die seinerzeit dem heiligen Antonius als Einsiedelei gedient hatte, musste man anstehen, um hineinzu­kommen. - Als wir im Mai wieder in aller Frühe zur

Höhle des Antonius hinaufstie­gen, waren wir allein... Am Fuß des Berges das Antoniuskloster, der Blick in ein weites, weites Wüstental, das die aufgehende Sonne langsam ausfiillte - und wir saßen in der Höhle des An­tonius, dem Mutterschoß aller christlichen Mönche. Auch An­tonius kannte beides: die Ein­samkeit der Wüste und die Men­schenmassen, die ihm dorthin nachfolgten. Wenn kleine Novi­zen richtige Mönche werden wollen, dann müssen sie wohl auch das lernen und erleben.

Und wenn wir Kandidaten, Postulanten, Novizen und Jungprofessen auf dem Zion und in Tabgha nicht andere Mönche besuchen, dann findet man uns in allen Ecken und Winkeln un­serer beiden Klöster: in den Bü­ros und Küchen, den Sakristeien und Läden, in Archiv und Bib­

liothek, in der Infirmerie und in den Werkstätten. Denn auch das gehört dazu, wenn aus kleinen Novi­zen richtige Mönche werden wollen...

Br. Basilius OSB

G LOCKENLÄUTEN UND

BETEN FÜR DEN FRIEDEN

Nach der Wiederbesetzung Betlehems durch das israelische Militär und die Besetzung der Geburtskir­che durch eine Gruppe von 198 Palästinensern am 3. April hatten die Franziskaner zu einem Friedens­marsch der Kirchen zum Büro des Ministerpräsiden­ten Ariel Scharon aufgerufen. Ihm hatten sich Patriar­

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... f~ J,w,J. V~

chen, Bischöfe der verschiedenen Kirchen und viele Ordenleute, darunter auch wir, bei strömendem Regen angescWossen.

Die Betroffenheit über die Neubesetzung Betle­hems hatte bei unseren jungen Brüdern in der Abtei das Bewusstsein geweckt, wir sollten ebenfalls eine Initiative zum Frieden ergreifen. Spontan kam der VorscWag, von unserer Abtei aus alle christlichen Kirchen einzuladen, ab 4. April täglich zur Todes­stunde Jesu von 14.45 Uhr bis 15.00 Uhr die Glocken zu läuten und die Christen während dieser Zeit zum stillen Friedensgebet einzuladen. Am Nachmittag wurde unser Aufruf durch Fax an alle christliche Kir­chen in Jerusalem versandt. Viele Kirchen scWossen sich unserem Aufruf an. 40 Tage läuteten während der Besetzung der Geburtskirche in Betlehem die Glocken der Kirchen in Jerusalem und mahnten zum

AKTUELLE PLANUNGEN FÜR DAS 30. THEOLOGISCHE STUDIENJAHR IN JERUSALEM 2003/2004

In Reaktion auf die Eskalation der Gewalt im Na­hen Osten und der Sorge um das Theologische Stu­dienjahr in Jerusalem haben Verantwortliche, ehema­lige Studienjährler vom Forum Studienjahr. Lehrende und Freunde beraten, welche Schritte in naher Zu­kunft gegangen und verantwortet werden können. Alle Verantwortlichen haben den Wunsch, die 29jährige Tradition fortzusetzen und die vielfiiltigen Erfahrungen des Studienjahres auch künftigen Gene­rationen zu vermitteln. Die Lage im Nahen Osten hatte sich zuletzt derart zugespitzt, dass das Studien­

Frieden. jahr 2002/2003 ausge­

Im AnscWuss daran hat setzt werden musste.

sich der Custos des Heili­gen Landes, P. Giovanni In der Hoffuung auf

Battistelli, in einem Brief eine Eindämmung der

ausdrücklich bei uns Bene­ Gewalt im Heiligen Land

diktinern fiir diese Initiative planen wir die Durchfiih­

bedankt. rung eines regulären Stu­dienjahres 2003/2004.

Vom 15. bis 28. August Falls sich die Sicherheits­

haben die Patriarchen und lage erkennbar entspannt,

Bischöfe der christlichen Kirchen in Jerusalern alle

Studiendelcan Klaus Scholtissek, der evangelische Bischof und Neutestamentler Eduard Lohse und Abt Benedikt

findet vom August 2003 bis April 2004 ein Stu­

Christen eingeladen, sich abends jeweils in einer anderen Kirche zum Friedens­gebet zu treffen. So trafen sich in diesen vierzehn Tagen täglich zwischen 50 und 100 Christen zum Friedensgebet, überwiegend ausländische Ordensleute und viele junge Christen, die als Volontäre oder Zivis im Lande arbeiten. Im AnscWuss an die Gebetsstun­den waren die Teilnehmer jeweils zu einem kleinen Empfang eingeladen. Es war eine gute Gelegenheit, über alle Konfessionsgrenzen hinweg zu Gesprächen und Gedankenaustausch zu kommen.

Christen in ihrer Minderheit leben hier im Lande von der Solidarität des gemeinsamen Betens und Handelns. Und das macht wieder ihre Stärke aus! Die gemeinsame Not zwingt die Christen zu einer prakti­zierten Ökumene.

br. thomas w. geyer osb

dienjahr in Jerusalem statt. Bewerbungsfrist dafiir ist der 6. Januar 2003. Bei einer eventuellen Absage aus Sicherheitsbeden­ken wird geprüft, ob die Durchfiihrung eines Studien­kurses fiir 6 - 8 Wochen in den Wintersemesterferien (Februar - April 2004) an einem sicheren Ort in Israel (evtl. Galiläa) möglich ist.

Wir möchten alles in unseren Kräften Stehende tun, das bewährte ökumenische Studium in Israel fortzusetzen, um die bislang gesammelten Erfahrun­gen auch weiterhin an katholische und evangelische Theologiestudierende weitergeben zu können.

Weitere aktuelle Informationen zum Theologi­schen Studienjahr finden Sie unter:

www.bagia-maria-sion.net/studienj.btml und www.studienjabr.de.

Prof. Dr. Klaus Scholtissek, Studiendekan

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lJ~ I.ut. ~ J4 ~~...

an notwendiger Aufinerksamkeit und Unterstützung: Ich meine die körperlich und geistig behinderten

HILFE FÜR BEIT NOAH: Menschen unter uns, die seit ihrer Geburt oder infolge von kriegerischen Auseinandersetzungen ein schwe­

~ Haus f\Är isrnelisc.he Ul'\O.. wuhisc.he 'Behi.d.erie. Ul'\O.. ~verlel:zf:e ~Th'BGl-IA ~ See. G~/

Isrne.l ~ss ~&ul eMeUett werti.&\.

res Leben fUhren. Nach Tabgha, dem Ort des Sie­

benquells im Garten unseres Be­nediktinerklosters, kamen vor über zwanzig Jahren erstmals Kinder aus einem SOS-Kinderdorf in Bet­

,,Als Jesus die vielen Menschen sah, ward Ihm weh um sie ..."

So übersetzt der frühere Bibelwissenschaftler aus Tübingen, Fridolin Stier, den Beginn des Berichtes von der Speisung der Fünftausend, den wir im Mar­kus- und Matthäus-Evangeliurn vorfinden. Hier in

lehern im Rahmen eines recht im­provisierten Aufenthalts. Die Kinder kehrten wie aus­gewechselt aus Tabgha wieder nach Hause zurück. Das war der Beginn der Jugend- und Behinderten­Begegnungsstätte.

Im Rahmen der Grundsteinlegung zur 1982 vom Deutschen Verein vom Heiligen Land fertiggestellten neuen Brotvermehrungskirche wurde betont, dass die

Erinnerung dieanTabgha gedenken Brotvermehrung Zei­wir dieses Ereignis­chen und Aufruf zurses aus dem Leben Barmherzigkeit wer­Jesu in Seiner Be­den sollte. gegnung mit den

Die PalästinenserinMenschen. ,,Als Dr. Sumaya Farhat­Jesus die vielen Nasar - sie erhielt die Menschen sah, ward Ehrendoktorwürde der Ihm weh um sie..." theologischen Univer­- so könnte auch sität Münster - schriebder Blick Jesu auf über die Arbeit indie heutige Situati­Tabgha nach der ers­on im Land be­ten Intifada: ,,Einschrieben werden. kleiner Beitrag zurDie einen leiden

unter den unberechenbaren Terroranschlägen, die anderen unter der unterdrückenden Besatzung. Beide, Israelis und Palästinenser, fiiWen sich verunsichert wie noch nie. Unterdessen dreht sich der blutige Rei­gen der Gewalt weiter.

In solchen Zeiten verlieren die Menschen, die eh schon am Rande der Gesellschaft stehen, noch mehr

Verständigung war 1988 in Tabgha möglich gewor­den. Dort gab es ein Erholungszentrum fiir behinderte Kinder. Es gelang mir, mit dem Prior des Klosters und mit dem deutschen Leiterpaar ein Projekt fiir in­valide und verwundete palästinensische Jugendliche zu verwirklichen, die an den Folgen von Schussver­letzungen litten. Oft habe ich selber Gruppen von

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... FwA~V~

Mittlerweile kommen seit 22 Jahren regelmäßig körperlich und geistig behinderte Jugendliche und Erwachsene, Israelis und Palästinenser, Juden, Chris­ten und Muslime ins sogenannte ,,Beit Noah" (Haus Noah), wn in ihrem belasteten Lebensalltag Erholung zu finden an Körper, Geist und Seele. Sie bringen ihre Begleiter und Betreuer mit, und wir stellen ihnen gra­tis die Unterkunft zur Verrugung an diesem in para­diesischen Fleckchen Erde. Für Palästinenser ist Tabgha nahezu der einzige Ort

können.hier

im ganzen Land, wo sie zur Erholung hinfahren Der Satz Jesu kann einem leicht zur Erfahrung werden: ,,Als Er die vielen Menschen sah, ward Ihm weh wn sie..." Wir liegen hier im Norden Israels in einer militärpoli­tisch absolut ruhigen Lage ,,fernab vom Schuss" - im wahrsten Sinne des Wortes ­und sind dankbar, diese Weise der Gastfreundschaft als konkreten Beitrag zwn Frieden leben zu können.

In diesem Jahr konnten ei­nige Palästinenser wegen verhängter Ausgangssperre nicht zu uns kommen. Dafiir waren vermehrt Behinderte aus arabischen Einrichtungen aus Jerusalern sowie Behin­derte aus israelischen

Stil das neue Beit Noah entstehen, sobald genügend Spenden eingegangen sind. Trotz der anstehenden Bauarbeiten sollen die behinderten Gäste, die fiir ein Wochenende oder bis zu zwei Wochen bei uns sind, in etwas verringerter Zahl untergebracht werden, so dass die Arbeit ,,im Kleinen" weitergehen kann und nicht unterbrochen werden muss.

Die Baufälligkeit des jetzigen Hauses drängt uns äußerlich zu diesem Schritt; und es drängt uns inner­lich, gerade in der jetzigen ho:lfuungslosen Situation

• ein Zeichen der Hoffuung zuinfo-bo')( :

bankverbindungen t kont.akt.adressen

Freundeskreis der Benediktiner LIGA Bank München BLZ 750 903 00 Kto. 40 218 5555 Stichwort aBeit Noah"

Jochen Borgmeier Grassenberg 17 59872 Meschede

Kath. Kirchengemeinde St. Barbara Sparkasse Moers BLZ 354 500 00 Kto. 115001 906 Stichwort "Israelprojekt"

Bismarckstraße 104 47443 Moers

Institutionen bei uns. Bis zwn Jahresende werden wir über 6000 Übernachtungen erreichen.

Unser Beit Noah, das 1974 mit freiwilligen Hel­fern zwn Haus fiir Behinderte wngebaute alte StaU­gebäude, bedarf inzwischen einer derart gründlichen Renovierung, dass ein Neubau unwngänglich gewor­den ist. Dem jetzigen Haus fehlen Fundamente; der abschüssige Boden ist fiir Rollstuhlfahrer beschwer­lich; es zeigen sich Risse in den Wänden; das Holz im Dachstuhl wird morsch; die sanitären Anlagen sind nicht behindertengerecht.

Nach bereits vollzogenen Probebohrungen, die notwendige Kenntnisse über das Erdreich ergaben, und ausfiihrlichen Verhandlungen mit örtlichen Ar­chitekten und Bauunternehmern bis hin zur notwen­digen staatlichen Genehmigung, sind wir im Grunde bereit, mit dem Abriss des alten Beit Noah zu begin­nen. An derselben Stelle soll in ähnlich schlichtem

setzen. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, das neue Beit Noah zu bauen! Hierzu brauchen wir finanzielle Unterstützung. Neben bereits eingegangenen Einzelspenden helfen uns der Deutsche Ver­ein vom Heiligen Land, der Freundeskreis der Benedikti­ner und das Kindermissions­werk. Dennoch reichen die bereits gesammelten Gelder nicht aus, zumal sich eine Eigenleistung durch unser Kloster bei der derzeitigen Situation im Land sehr in Grenzen hält und die hiesigen Baukosten hoch sind.

So bitten wir Sie herz­liehst, mit einer Spende den Neubau des Beit Noah zu unterstützen, und wir danken

Ihnen bereits im voraus mit einem Segensgruß aus Tabgha am See Genesareth.

Im Gebet wn den Frieden Gottes verbunden

/. ~h--~;~ f)qra~lhe- UJß Superior des Benediktinerklosters Tabgha

Mittlerweile haben wir nach langem Ringen die Genehmigung der israelischen Behörden zur Erneue­rung des Beit Noah erhalten. Es sind bisher rund 180.000,- EURO an Spenden und Fördermitteln ein­

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gegangen; ein genauer Kostenvoranschlag fiir das neue Beit Noah wird in nächster Zeit erfolgen. Der Neubau wird voraussichtlich rund 375.000,- EURO kosten.

Neben einem Bauingenieur und einem Bauunter­nehmer aus Nazareth hilft uns ein Schweizer Archi­tekt aus Jerusalem, dem für Behinderte angemessenen Neubau auch unter Nutzung ökologischer Ressourcen gerecht zu werden. Dies ist in Israel nicht sehr ver­breitet und bringt die Baukosten zunächst in die an­gegebene Höhe. Auf längere Sicht werden wir davon profitieren. Am 11. November werden wir mit den Bauarbeiten beginnen.

In Deutschland haben wir zwei Kontoverbindun­gen (s. Info-Box). Der Freundeskreis der Benediktiner und das Kath. Pfarramt S1. Barbara (Anschriften s. Info-Box) ver­walten rur uns die Spenden, die ausschließlich dem Bau des Beit Noah zukommen, kostenfrei, und stellen auf Anfrage Quittungen über Spenden für "caritative Zwecke" aus.

B ERICHT AUS TABGHA

Der feucht-heiße Tabgha-Sommer mit bis zu 48 Grad Celsius hat hoffentlich seinen Höhepunkt über­schritten, und nur noch P. Hieronymus und P. Jere­mias befinden sich im wohlverdienten Heimat­bzw. Sommerurlaub. So fällt es uns Daheimge­bliebenen bzw. Wieder­heimgekehrten zu, von unserem Leben in den vergangenen ~onaten

mitzuteilen.

~ehr und mehr erfah­ren wir vier ~önche uns als eine verlässliche Ge­meinschaft. Jeder von uns ist in vielerlei Hinsicht herausgefordert: durch

die eigenen Aufgaben, durch die Begegnung mit den ~tarbeitern und Gästen, durch diesen Ort hier und natürlich auch durch die nun schon fast zwei Jahre währende angespannte Situation des Heiligen Landes.

Dabei sind wir froh, einiges von dem fortfUhren und weiterentwickeln zu können, was Tabgha zu ei­nem wichtigen Ort für viele ~enschen hat werden lassen: die betende Präsenz in der Feier von Eucharis­tie und Stundengebet, das Leben der Gastfreundschaft für und mit den ~enschen, die in unser kleines Gäs­tehaus und auf die Begegnungsstätte ---Kommen, das Geben und Empfangen im Zusammenleben rillt den Schwestern, ~tarbeitern, Zivis, Nachbarn und Freunden. Immer wieder geben uns ~enschen zu verstehen, dass sie Tabgha als einen Ort des Friedens erfahren. Solche Hinweise ermutigen uns, mit Freude und Ausdauer hier zu leben.

Auch der gute Kontakt mit unseren Brüdern in der Abtei ist uns eine große Hilfe. Am 15. Januar, dem Fest der heiligen ~aurus und Placidus, kamen unsere jungen Brüder aus Jerusalem, um "ihr" Fest mit uns gemeinsam zu feiern. Die hohen Feste, außer Ostern und Weihnachten, feiern wir gemeinsam. Ob nun hier oder in der Abtei: Es tut einfach gut, zusammen zu sein. Wenn wir nach Jerusalem fahren, sind immer auch einige Schwestern und Zivis dabei.

Besonders dankbar sind wir dann Pfr. Ludger Bor­nemann, der so manchesmal die Eucharistie mit den Daheimgebliebenen feiert. Auch sonst übernimmt er regelmäßig mit großer Treue die Feier der Hl. ~esse

am Sonntag und in der darauffolgenden Woche, und er ist nicht selten unser heißer Draht ins neue ,,Pilger­

haus Tabgha".-Mi viel Einfiihlungsver­mögen war er an der Vorbereitung für die offizielle Einwei­hungsfeier des neuen Hospizes des Deut­schen Vereins vom Heiligen Lande (DVvHL) am 10. März beteiligt. Zu diesem Anlass war eine größere Pilger­gruppe des Vereins angereist, unter Betei­ligung seines Präsi­denten, des Erzbi-

Unsere Gemeinschaft wächst immer stärker in die Ortskirche Gali­läas: P. Superior Jeremias, BischofMarcuzzo und Abt Benedikt

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... f~kul.V~

schofs von Köln, Joachim Kardinal Meißner. Kardi­nal Meisner stand der feierlichen Eucharistiefeier in unserer Brotvennehrungskirche am Sonntagmorgen vor und nahm anschließend die Einweihung des Pil­gerhauses vor. Es wurde ein wunderschöner Tag, vor

Mittlerweile hat sich ein gutes nachbarschaftliches Verhältnis mit dem neuen Pilgerhaus entwickelt. Es gibt manche Berührungspunkte. Unter anderem be­nutzen wir auch dieselbe Telefonanlage. Wir dürfen hier vielleicht noch einmal auf unsere neuen Num­mern aufmerksam machen (s. Info-Box).

Zur Zeit der Einweihung des Pilgerhauses befand sich auch wieder fiir mehrere Wochen Frau Erna Sei­del aus München bei uns, eine gute Bekannte von P. Hieronymus und ehemalige Volontärin, die über viele Jahre unsere Sakristei und die mittlerweile eingestell­te Tonbildschau betreute. Mit gewohnter Gründlich­keit übernahm sie wieder die Schreib- und Redigier­

arbeiten von P. Hiero­nymus' Erinnerungen, die nun auch die Zeit des Papstbesuches im Jahr 2000 umfassen.

Die Heilige Woche und die drei Österli­dien Tage durften wir mit einer klei­nen, aber sehr en­gagierten Gruppe

von Gästen feiern, die diese Zeit zu einem echten Fest des Glaubens werden ließen.

Der plötzliche Tod von P. Bargil in der Oster­oktav stellte unsere Osterfreude auf eine ernste Probe. Noch zwei Wochen vorher war er bei uns in seinem geliebten Tabgha gewesen. Im Nachhi­nein haben wir den Eindruck, dass er sich im Stil­len schon verabschiedet hatte: Waren seine Besu­che in der" Umgebung sonst eher von Unterneh­mungslust und Plänemachen geprägt, so überwo­gen diesmal vor allem seine stille Dankbarkeit und Freude. Wir wissen P. Bargil nun im himmli-

Detail unserer Kirchenpforte

sehen Galiläa, wo er endlich seine große Liebe zu Jesus errullt sehen darf

Am Ostennontag kehrten unsere Mitschwestern Audrey und Clothilde nach knapp drei Jahren in

allem natürlich fiir die vielen Mitgli5/r'eder ... des Deutschen Vereins, die einen inf'o-bo~:

I

jahrzehntelang gehegten Traum Wirklichkeit werden sahen. konukudresse

Die Feier war auch ein tabghabescheidenes, aber durchaus

Tel.: + 972 (0)4 67000 180 beachtetes Zeichen von Zuversicht Fax: + 972 (0)46700181

in und fiir dieses arme Land in email: [email protected] Krisenzeiten.

neuen Pilgerhaus

Tabgha wieder auf die Philippinen zurück. Dort er­warten sie schon wieder neue Aufgaben. In Tabgha waren sie uns eine große Hilfe in Gästehaus und Sakristei. Zur Zeit können nur Sr. Andrea und Sr. Lea direkt mit uns zusammenarbeiten. Je zwei weitere Schwestern arbeiten im

bzw. im Schwesternkloster. Die tägliche Eucharistiefeier und Teile des Stundengebets feiern wir gemeinsam, was fiir uns alle ein großer Gewinn ist.

Unser größtes gemeinsames Fest war zweifellos die Kirchweihe am 23. Mai: Vor 20 Jahren weihte der damalige Präsident des DVvHL, Josef Kardinal Höff­ner, die neue Brotvennehrungskirche, die seither Tabghas Herz ist.

Seit Ausbruch der zweiten Intifada bemerken wir, dass es leichter und auch nötiger ist, den Kontakt mit der hiesigen Ortskirehe zu halten. Und so war es fiir uns eine große Freude, dass unser zuständiger Weih­bischof, Giacinto-Boulos Marcuzzo aus Nazareth, mit uns am Kirchweihfest die Eucharistie feierte. Mit unseren Mitbrüdern aus Jerusalem, vielen Mitarbei­tern von dort und hier sowie Freunden aus nah und fern, durften wir unsere Freude und Dankbarkeit aus­drücken rur dieses Haus Gottes und der Menschen. Es erstrahlte an diesem Tag in besonders festlichem

Die stellvertretende Vorsitzende des Freundeskreises Res; Borg­meier und Abt Benedikt

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Glanz durch den tatkräftigen und kreativen Einsatz von Frau Resi Borgmeier. Gemeinsam mit ihrem Mann Jochen hat sie als Mitglied im Vorstand des Freundeskreises der Abtei stets ein offenes Ohr ftir unsere Anliegen.

Vermehrt kommen seit einiger Zeit einheimische Christen, um unsere Kirche und den Platz zu besu­chen - sei es zum Gebet, sei es um ihre Kinder taufen zu lassen, sei es um einige Tage auszuspannen von ihrem oft sehr angespannten Alltag. Das gleiche gilt ftir die hiesigen Ordensleute, die zunehmend zu eini­gen Tagen in Stille oder zu Exerzitien kommen. Sehr gefreut haben wir uns über zwei Seminaristen des lateinischen Priesterseminars in Beit Jala, die gemein­sam mit einigen ihrer Professoren ihre Weiheexerzi­tien bei uns hielten.

Anlässlich der Weihe eines der beiden Kandidaten reisten P. Jeremias und P. Elias nach Amman, wo sie auch Gelegenheit hatten, unseren ehemaligen Mitbru­der P. Emmanuel zu besuchen. Gebürtig aus Madaba im heutigen Jordanien und früh verwaist, kam er En­de der 30er Jahre in unsere Abtei auf dem Zion, wo unser erster Abt Maurus Kaufinann ihn in die Ge­meinschaft aufuahrn und ihm Studium und Priester­weihe ermöglichte. Nach Gründung des Staates Israel 1948 wurde er als Jordanier ausgewiesen und arbeite­te seitdem in Amman als Gemeindepriester. Nun lebt er im Ruhestand bei Verwandten in Jordanien. In ihm begegnen wir einem Menschen aus der sehr wechsel­haften Geschichte unserer Gemeinschaft, und zugleich fiihlen wir uns durch ihn auch der hiesigen Kirche verbunden.

Dieser Verbundenheit mit den einheimischen Christen wollen wir, auch auf Anregung von Kardinal Meißner, verstärkt Ausdruck geben durch die Feier eines eigenen ,,Brotvermehrungs-Patroziniurns", das wir erstmals im kommenden November (und dann jeweils am zweiten Samstag im November) begehen wollen. In Absprache mit unserem Patriarchen Michel Sabbah und mit Bischof Marcuzzo soll es vor allem ein Fest fiir die hiesigen Gemeinden werden, die lan­desweit eher weniger Kontakt zu den Heiligen Stätten haben, da diese ja meist von Ausländern betreut wer­den.

So also gehen wir hier Schritt ftir Schritt weiter und hoffen, dass unser klösterliches Leben mehr und mehr fruchtbar werden kann im Frieden fiir unsere

Herzen und vielleicht auch ein wenig im Frieden fiir die Menschen hier in unserer Umgebung.

Viele Grüße an alle Freunde und Wohltäter von Tabgha, besonders auch von unserem Superior P. Jerernias und unserem ,,Altvater" P. Hieronymus.

Br. Josef OSB und P. Elias OSB

J UGEND- UND BEGEGNUNGSSTÄTIE

"Was, Ihr seid ausgebucht? Gibt es wirklich keinen Platz mehr in einem der Zelte?", mit dieser Reaktion am Telefon oder vor dem Pilgeroffice sind wir derzeit immer wieder konfrontiert, vor allem wenn deutsche Gäste darauf hoffen, ganz spontan untergebracht wer­den zu können. Auch wenn uns jede Absage leid tut und die Warteliste ftir einheimische Familien, die in den Ferienrnonaten zu uns kommen möchten, immer länger wird, so sind wir doch dankbar, dass wir seit Juni bis in den September hinein mit unseren 70 Bet­ten fast völlig ausgebucht sind. Im Juli hatten wir allein über 1500 Übernachtungen auf der Begeg­nungsstätte, dazu kamen viele Tagesgäste und weitere Übernachtungen im Gästehaus des Klosters. Wir staunen selbst, weIchen Schwankungen die Belegung unterliegen kann. Die ersten Monate des Jahres waren vergleichsweise schwach, und das lag natürlich an der andauernden Eskalation in Israel mit verheerenden Selbstmordattentaten auf der einen Seite und dem harten Vorgehen der Israelis gegen die Palästinenser auf der anderen Seite. Aber auch die Wetterverhält­nisse überraschten uns in diesem Jahr. Es gab bis in den späten April hinein immer wieder Regentage, so dass wir die Zelte erst Anfang Mai aufbauen konnten.

Jetzt, in diesen heißen Augusttagen, wo Europa so sehr unter den Überschwemmungen zu leiden hat, gab es selbst hier in Galiläa kurze kräftige Regenschauer. Vielleicht mag der Hinweis auf das Wetter unbedeu­tend erscheinen, aber so kurios es klingt: Die Wetter­kapriolen oder das Großereignis der Fußballweltmeis­terschaft ermöglicht es den Menschen, einmal über etwas anderes zu reden als über Politik und die Situa­

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tion im Lande. So spiehen wir mit den Schülern und Lehrern der Al-Amal-Behindertenschule aus Ostjeru­salem Ende Mai allabendlich Fußball auf unserem Parkplatz. Anfang Juni gab es eine kleine Premiere in Tabgha: Die Al-Amal-Schule hatte ein professionel­les Theater eingeladen, um ihren Behinderten am Beit Benedict eine besondere Freude machen zu können. Ende Juni verwandelten sich die Behinderten des Hospice St. Paul in eine bunte Gesellschaft, um eine Hochzeit nachzuspielen.

So wechseln sich Sozialinstitutionen, Familien, einheimische Gruppen, aber auch viele deutsche Vo­lontäre, Studenten und Einzelreisende immer wieder ab. Sie verändern jede Woche neu das Gesicht von Tabgha. Viele Einladungen geben uns Gelegenheit zu Gesprächen und Begegnungen, die uns Einblick ge­ben in die Alltagswelt der Menschen, die unter Aus­gangssperre und Arbeitslosigkeit zu leiden haben. Auch bedrückt sie die Sorge, dass Angehörige in ein Attentat hineingeraten könnten. Wir begegnen aber auch Menschen, denen das Schicksal der jeweils an­deren Seite nicht gleichgültig ist. Neu war fiir uns die Erfahrung, dass auch jüdische Gäste davon sprachen, hier in Tabgha würden sie sich sicher fiihlen. Bislang erzähhen uns das nur die arabischen Gäste.

Jüdische Sozi­aleinrichtungen mussten anfragen, ob es möglich sei, bewaffuete Be­gleiter mitzuschi­cken, da die Auf­lagen fiir die Ge­nehmigung von Freizeiten so streng geworden seien. Interessant war fiir uns auch die Schilderung einer Mitarbeite­rin einer jüdischen Einrichtung in Jerusalem, die darum kämpfen musste, fiir die Fahrt nach Tabgha einen Zuschuss zu erhalten. "Wa­rum geht ihr nicht in ein Hotel am See? Da gibt es klimatisierte Räume, Vollverpflegung und vielleicht ein Animationsprogramm." Und dann erzählte sie, wie Tabgha genau den Rahmen ermöglichen würde,

der den Behinderten am ehesten gerecht wird. Durch das gemeinsame Kochen, die Putz- und Aufräumar­beiten, würden sie selbst zum Gelingen der Freizeit beitragen können und daraus eine wichtige Selbstbes­tätigung erfahren. Eine Frau, die seit Monaten physio­therapeuthische Anwendungen im Schwimmbad er­halte, könne nun in unserem Pool zum ersten Mal die Übungen selbst ausprobieren.

So sind wir nach 212 Jahren Arbeit in Tabgha im­mer noch bewegt, wenn z.B. eine jüdische Familie, die zum ersten Mal hier zu Gast ist, versucht, ihre Eindrücke in Worte zu fassen: ,,Das hier ist ein ganz ungewöhnlicher, ein ganz spezieller Ort." Es lässt sich nicht genau in Worte fassen, und es lässt sich nicht beschreiben. Aber diese- Atmosphäre, dieser Zauber des Ortes ist spürbar, ist ein Geschenk, das damit zu tun hat, dass sich hier ein Stück Evangelien­geschichte zugetragen hat, die sogar im Koran er­wähnt wird. So blicken wir trotz aller äußeren Schwierigkeiten, unter denen das ganze Land furcht­bar leidet, dankbar auf die vergangenen Monate zu­rück.

Dankbar sind wir auch fiir alle Behütung, die wir immer wieder erfahren durften. Dieser Tage erst sind schwere Äste von den Eukalyptusbäumen auf den

Spielbereich gefallen, die zum Glück niemand getrof­fen haben.

Eine Zivige­neration, die viel durch das Land gereist war, befindet sich gerade auf der Rückreise nach Deutsch­land. Drei neue Zivis bilden nun mit Georg SteidJe aus 0­wingen seit

Juli/August das neue 4-er Team: Markus Scholze aus Wittichenau, Michael Hofinann aus Dipbach und Christoph Hohmann aus Rotalben.

Eine bunte" Hochzeitsgeseflschaji" ...

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So möchten wir Ihnen herzlich danken fiir Ihr Ge­ zufiigen und das nun schon so lange andauert, noch bet, Ihre Fürbitte und Ihr Mitgefiihl mit den Men­ kein Ende gefunden hat. schen in Israel/Palästina. Es ist nicht vergebens, auch wenn es noch verborgen bleibt, warum dieses unvor­ Mit vielen Grüßen aus Tabgha vom See Genesareth, stellbare Leid, das sich die Menschen hier gegenseitig Karin und Meinrad Bauer

M FREUNDESKREISES

EINKEHRWOCHENENDE IN DEUTSCHLAND

Der Freundeskreis lädt zu zwei Einkehr­wochenenden ein:

• 15.-17. November 2002 in der Benediktine­rinnenabtei FrauenwörthiChiemsee und

• 22.-24. November 2002 in der Benediktiner­abtei Königsmünster in Meschede.

Die Kurse beginnen jeweils mit dem Abendessen am Freitag und enden mit dem Mittagessen am Sonntag.

Gestaltet werden die Tage von Abt Benedikt Lindemann von der Abtei Hagia Maria Sion in Je­rusalem und von Pfarrer Ludger Bomemann vom Pilgerhaus in Tabgha.

Diese Tage sollen ein Zeichen unserer Verbun­denheit mit den Menschen im Heiligen Land sein, die sich zur Zeit in einer schwierigen Situation be­finden. Zur Zeit können auch nur einige Pilger ins Heilige Land reisen; daher möchten wir uns über die Meditation der Heiligen Schrift mit dem Land der Bibel verbinden.

Anmeldungen werden erbeten an den:

Freundeskreis der Benediktiner auf dem Zion in Jerusalem

z.Hd. v. Frau Resi BORGMEIER Grassenberg 17 59872 MESCHEDE Tel.IFAX. 0291 - 2458

e-mail: [email protected]

~ info-bo~:

freundes.kreis.

V5JBankverbindung: LIGA-Bank München BLZ 75090300 Kto. 218 5555

Postanschrift: Freundeskreis der Benediktiner auf dem Sion Kommunität Venio OSB Döllingerstraße 32 D 80639 München

Internet: www.Hagia-Mafia-Sion.neUfreund.html

~

~

Benediktinerabtei Hagia Maria Sion

Mount Zion Tel + 972 (0)2 5655 330 P.O.B.22 Fax + 972 (0)2 5655 332 91000 Jerusalem/lsrael email [email protected]

Internet: WWIN.Hagia-Maria-Sion.net

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