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IMPRESSUM forsch Bonner Universitäts-Nachrichten herausgegeben im Auftrag von Rektorat und Senat der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn von der Abt. 8.2 – Presse und Kommunikation Leiter Dr. Andreas Archut (verantwortlich) Auflage 12.000 Postanschrift Regina-Pacis-Weg 3, 53113 Bonn Telefon 0228/73-7647 Fax 0228/73-7451 E-Mail [email protected] Titelbild Georg Oleschinski Redaktion Ulrike Eva Klopp (uk) unter Mitarbeit von: Dr. Andreas Archut (arc), Frank Luerweg (fl), Dr. Inka Väth (iv) Personalia & Veranstaltungen Vera Schmitz Fotos und DTP Ulrike Eva Klopp, Frank Luerweg Internet- Triantafillia Keranidou Umsetzung Druck & Anzei- Köllen Druck+Verlag genverwaltung Ernst-Robert-Curtius-Str. 14 53117 Bonn-Buschdorf Tel. 0228/98982-0, Fax 0228/98982-22 E-Mail: [email protected] Zugegeben: Es sieht ja ein bißchen so aus wie eine Mi- schung aus Edelstahltoaster und Spinne: Das merkwürdi- ge Ding, das da auf der Wis- senschaftsnacht hin und her krabbelte, ist aber ein aus- gewachsener Roboter, der auch auf unebenen Flächen nicht ins Stolpern kommt. Da staunten nicht nur die Pänz, sondern auch die 23.000 anderen Besucher – oder zumindest der Teil, der nicht an einer der weiteren Attraktionen hängengeblie- ben war... Foto: Frank Homann Liebe Leserinnen und Leser, waren Sie auch dabei, als sich Anfang Juli die führenden Akteu- re aus Wissenschaft und Hochschulwesen unserer Region zur 4. Bonner Wissenschaftsnacht im Uni-Hauptgebäude präsentiert ha- ben? Wenn ja, wird Ihnen die Begeisterung aufgefallen sein, die wieder in der Luft lag. Vergessen war aller Ärger, der um das plötzliche Aus der Wissenschaftsnacht 2003 entstanden war. Die 23.000 Besucher, die dem zentralen Ereignis der Wissenschafts- region Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler auch nach 24 Monaten Absti- nenz die Treue hielten, wurden mit einem zauberhaften Abend in unvergleichlicher Atmosphäre belohnt. Leuchtende Augen sah man aber nicht nur beim Publikum, sondern auch auf Seiten der Wissenschaftler. Denn für die ist so- viel öffentliche Aufmerksamkeit nicht alltäglich. Das bezeugen auch die zahlreichen angeregten Gespräche, die an den meisten Präsentationsständen bis zum offiziellen Veranstaltungsschluß nachts um 2 Uhr geführt wurden. Bleibt zu hoffen, daß es nach weiteren 24 Monaten trotz ausgelaufener Bundesförderung wie- der eine Bonner Wissenschaftsnacht geben wird. Wer die Nacht der Nächte verpaßt hat, braucht nicht zu ver- zagen. Schließlich erfährt man auch bei der Lektüre dieses Ma- gazins, was es bei uns in Bonn Aufregendes und Neues aus For- schung und Lehre gibt und was die Alma mater noch so bewegt. Wir wünschen allen Angehörigen unserer Universität eine gute vorlesungsfreie Zeit. Und sollte es mit dem Sommer nichts mehr werden, wird es bestimmt ein heißer Herbst – nicht nur, weil dann die Entscheidung über den Elite-Wettbewerb fällt und in der Hochschulpolitik wichtige Weichenstellungen anstehen. Also dann: Auf Wiederlesen! Ihr Redaktionsteam Editorial

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IMPRESSUM

forsch Bonner Universitäts-Nachrichten

herausgegeben im Auftrag von Rektorat und Senat der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

von der Abt. 8.2 – Presse und Kommunikation

Leiter Dr. Andreas Archut (verantwortlich) Auflage 12.000 Postanschrift Regina-Pacis-Weg 3, 53113 Bonn Telefon 0228/73-7647 Fax 0228/73-7451 E-Mail [email protected]

Titelbild Georg Oleschinski

Redaktion Ulrike Eva Klopp (uk) unter Mitarbeit von: Dr. Andreas Archut (arc), Frank Luerweg (fl), Dr. Inka Väth (iv) Personalia & Veranstaltungen Vera Schmitz

Fotos und DTP Ulrike Eva Klopp, Frank Luerweg

Internet- Triantafillia Keranidou Umsetzung

Druck & Anzei- Köllen Druck+Verlag genverwaltung Ernst-Robert-Curtius-Str. 14 53117 Bonn-Buschdorf Tel. 0228/98982-0, Fax 0228/98982-22 E-Mail: [email protected]

Ristorante Italia185*30 mm

Zugegeben: Es sieht ja ein bißchen so aus wie eine Mi-schung aus Edelstahltoaster und Spinne: Das merkwürdi-ge Ding, das da auf der Wis-senschaftsnacht hin und her krabbelte, ist aber ein aus-gewachsener Roboter, der auch auf unebenen Flächen nicht ins Stolpern kommt. Da staunten nicht nur die Pänz, sondern auch die 23.000 anderen Besucher – oder zumindest der Teil, der nicht an einer der weiteren Attraktionen hängengeblie-ben war...

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Liebe Leserinnen und Leser,

waren Sie auch dabei, als sich Anfang Juli die führenden Akteu-re aus Wissenschaft und Hochschulwesen unserer Region zur 4. Bonner Wissenschaftsnacht im Uni-Hauptgebäude präsentiert ha-ben? Wenn ja, wird Ihnen die Begeisterung aufgefallen sein, die wieder in der Luft lag. Vergessen war aller Ärger, der um das plötzliche Aus der Wissenschaftsnacht 2003 entstanden war. Die 23.000 Besucher, die dem zentralen Ereignis der Wissenschafts-region Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler auch nach 24 Monaten Absti-nenz die Treue hielten, wurden mit einem zauberhaften Abend in unvergleichlicher Atmosphäre belohnt.

Leuchtende Augen sah man aber nicht nur beim Publikum, sondern auch auf Seiten der Wissenschaftler. Denn für die ist so-viel öffentliche Aufmerksamkeit nicht alltäglich. Das bezeugen auch die zahlreichen angeregten Gespräche, die an den meisten Präsentationsständen bis zum offiziellen Veranstaltungsschluß nachts um 2 Uhr geführt wurden. Bleibt zu hoffen, daß es nach weiteren 24 Monaten trotz ausgelaufener Bundesförderung wie-der eine Bonner Wissenschaftsnacht geben wird.

Wer die Nacht der Nächte verpaßt hat, braucht nicht zu ver-zagen. Schließlich erfährt man auch bei der Lektüre dieses Ma-gazins, was es bei uns in Bonn Aufregendes und Neues aus For-schung und Lehre gibt und was die Alma mater noch so bewegt.

Wir wünschen allen Angehörigen unserer Universität eine gute vorlesungsfreie Zeit. Und sollte es mit dem Sommer nichts mehr werden, wird es bestimmt ein heißer Herbst – nicht nur, weil dann die Entscheidung über den Elite-Wettbewerb fällt und in der Hochschulpolitik wichtige Weichenstellungen anstehen.

Also dann: Auf Wiederlesen!

Ihr Redaktionsteam

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Editorial

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4 Erster Bachelor

Die Asienwissenschaften bieten zum Wintersemester den ersten Bonner Bachelor an, weitere werden folgen: Knapp 80 Studiengän-ge müssen insgesamt in das „Baukastensystem“ mit Bachelor und Master überführt werden – eine Herkulesaufgabe.

20 Vorbild mit Rüssel

Afrikanische Elefantenrüsselfische können es, deutsche Ingenieure (noch) nicht: Sie orientie-ren sich mit Hilfe elektrischer Felder. Ein neues Bionik-Netz will solche Leistungen „kopieren“.

Hochschule

4 Herkulesaufgabe: Die Universität ist auf dem Weg nach Bologna – erste gestufte Studienangebote gibt es schon

5 Studierendenzahlen: Uni Bonn bleibt unter den Top 10

6 Unterstützung: Die Gesellschaft der Freunde und Förderer übt den Schul-terschluß mit der Universität – künftig gemeinsam mit dem Alumni-Club

Forschung

7 Theologie: Der „Evangelist des Ras-sismus“ Houston Stewart Chamberlain und seine Beziehung zum Theologen Adolf von Harnack

8 Ehrenamt: Die Helfer der „Tafeln“ sind überdurchschnittlich zufrieden – eine Studie erhellt, warum

9 Geodäsie: Bonner Wissenschaftler messen zweimal wöchentlich die Erdrotation – Grund: die Erde eiert

10 Astronomie: DFG fördert das Ver-ständnis superschwerer Schwarzer Lö-cher im Kern von Galaxien

11 Physik: Ein neuer Sonderforschungs-bereich an der Uni Bonn ist den Bau-steinen der Materie auf der Spur

11 Vulkanismus: Praktisch im „Vorgar-ten von Bonn“ befindet sich der nörd-lichste bekannte Eifelvulkan

13 Drogen: Konsumenten der Partydro-ge Ecstasy leben riskanter und erin-nern sich schlechter

14 Fünf Fragen an Professor Dr. Manfred J.M. Neumann

14 Forschung kompakt15 Medizin: Bei Geschwüren in der Ge-

bärmutter muß man das Organ nicht unbedingt entfernen – das Uniklinikum bietet eine schonende Alternative an

16 Medizingeschichte: Das Medizinhi-storische Institut erhielt den Nachlaß Viktor von Weizsäckers

16 Kooperation: Das Dortmunder For-schungsinstitut für Kinderernährung wird An-Institut der Uni Bonn

17 Humangenetik: Die Universität er-hält mehr als vier Millionen Euro für Genomforschung

18 Hirnforschung: Der unterschätz-te „Nervenkitt“ ist kommunikativer als bislang angenommen

19 Patente I: „ESTR-A-LISER“ weist Hormonspuren im Abwasser nach – und das in geringsten Konzentrationen

20 Bionik: Arbeitsgruppen der Uni Bonn beteiligen sich am deutschlandweiten Kompetenznetz „BIOKON II“

21 Patente II: Neuartiger Dünger macht es Pflanzenfreunden einfach

Lernen und Lehren

22 Frauen: Neues Angebot soll Akademi-kerinnen den Weg in die Wissenschaft ebnen

22 Lernen und Lehren kompakt23 Bachelor/Master: Kurz vorgestellt –

die neuen Studiengänge24 Zahnheilkunde: Computerfräse

schleift Kronen, Brücken und Inlays24 Kuscheltiere beim Arzt: Wenn der

Schlumpf nicht richtig essen will...24 Ringvorlesung: Poppelsdorfer

Schloßgespräche schlagen eine Brük-

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Inhaltforsch3

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41 Hautkrankheiten

Gesichter mit Syphilis und Schuppenflechte zeigt eine Wan-derausstellung, die momentan in Luxemburg zu sehen ist. Die beängstigend naturgetreuen Wachsplastiken stammen aus den Archiven der Klinik für Dermatologie.

ke zwischen Studium, Wirtschaft und Medien

26 BIENNALE: Studierende der Uni hal-fen hinter den Kulissen

27 Studententagung: Computerlin- guisten-Nachwuchs traf sich in Bonn

27 Ausstellung: Geschichtsstudierende präsentierten im Historischen Seminar ungewöhnliche Exponate

28 Da war was los: Dikopshof / rudern-de Wikinger / Blick ins Paradies / Wis-senschaftsnacht / Alumnifest

30 Nachschlagewerk: Neue DVD ent-hält die wohl umfangreichste Quellen-bibliothek zu Nachkriegs-Deutschland

30 Völkermord: Studierende suchten nach Ursachen für die „ethnischen Säuberungen“ auf dem Balkan. Sie ka-men dabei auch mit Zeitzeugen ins Gespräch

Weite Welt

31 Weite Welt kompakt I31 Service: Neue Kommunikationsplatt-

form im Internet richtet sich vor allem

an Studierende aus dem Ausland32 Internationaler „Brückenbau“:

Nachschlagewerk der Forschungs-kooperationen / Besuch aus Thailand / Geo-Projekt in Rhodope

32 Weite Welt kompakt II34 Unterstützung: Verein leistet seit 20

Jahren „Nothilfe für ausländische Stu-dierende“

Kultur

35 Capella academica auf Reisen35 Jazzchor: A-cappella-Schmuckstück

mit breitem Repertoire36 Meister des Wortes: Deutsche

Hochschul-Debattiermeisterschaften im Bonner Plenarsaal

37 Sprachen: Seit 150 Jahren dreht sich im „Bonner Kreis“ alles um Latein und Griechisch

38 Naturschmuck: Perlen und Perlmutt verschönern das Goldfuß-Museum

38 Olympiade: Das Akademische Kunst-museum lädt ein zur „Sportschau“

39 Zauberpflanzen: In den Botanischen Gärten könnte selbst Harry Potter noch etwas lernen

40 Krankheiten auf Tour: Ausstellung zeigt Wachsabbildungen von Syphilis, Schuppenflechte und anderen Haut-veränderungen

40 Weitere Ausstellungen41 Jubiläum I: 100 Jahre Dikopshof41 Jubiläum II: 150 Jahre Historischer

Verein für den Niederrhein42 Kultur kompakt

Menschen

43 Ausgezeichneter Nachwuchs44 Personalnachrichten46 Nachrufe: Professor Dr. Cuno Winkler

/ Professor Dr. Lienhard Delekat 47 Neuberufungen48 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter48 Last but not least:

Georg Oleschinski, Fotograf am Insti-tut für Paläontologie

34 Nothelfer

Seit 20 Jahren hilft er inzwischen in Not gerate-nen Studierenden aus aller Welt, finanziell über die Runden zu kommen: Der gemeinnützige Ver-ein „Nothilfe für ausländische Studierende“.

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Herkulesaufgabe ModularisierungDie Universität Bonn auf dem Weg nach Bologna

Daß der Bologna-Prozeß an der Uni-versität Bonn in aller Munde ist, liegt auch an äußerem Druck. Denn Nor-drhein-Westfalens Wissenschafts-ministerin Hannelore Kraft hat den Universitäten einen radikalen Um-bau ihrer Studiengänge verord-net und dabei dem ursprünglichen Bologneser Rezept deutlich mehr Schärfe hinzugefügt. Dort war näm-lich von einer Totalumstellung nicht die Rede. Bis zum Wintersemester 2006/2007 will Kraft dennoch alle Diplom- und Magister-Studiengän-ge aus der nordrhein-westfälischen Hochschullandschaft verbannt und durch Bachelor und Master ersetzt haben.

Mit dem Bachelor wird ein zu-sätzlicher akademischer Grad ein-geführt, der zwar ins Berufsleben führt, aber nicht zur Promotion be-fähigt. Dafür muß in der Regel erst noch die Stufe des Master erklom-

men werden. Nach den Vorgaben der Politik müssen gestufte Studi-engänge modularisiert werden. In sogenannten Modulen portionier-te Lehrangebote erlauben eine in-dividuelle Studienverlaufsplanung nach dem Baukastenprinzip. Lei-stungspunkte sollen den Arbeits-aufwand der Studierenden abbilden und möglichst an andere Hochschu-len im In- und Ausland übertragbar sein. Bisher waren die Ausbildungs- und die Examensphase im Studium weitgehend voneinander entkoppelt. Beim Bachelor und beim Master sind studienbegleitende Prüfungen vorgesehen, deren Ergebnisse in die Gesamtnote einfließen. Außerdem rechnen die Planer in Universität und Fakultäten mit einem wesent-lich höheren Beratungsaufwand, um angehenden Studierenden die Orientierung zu erleichtern.

Asienwissenschaften bieten ersten Bonner Bachelor an

Heute gibt es rund 80 Studiengän-ge an der Universität Bonn. Bis auf einige, die zu einem Staatsexamen führen, müssen all diese Angebo-te in das neue System überführt werden. Eine einfache „Umetiket-tierung“ kommt nicht in Betracht, denn es gibt enge Rahmenvorgaben, an die sich die Studienplaner halten

müssen und über deren Einhaltung sogenannte Akkreditierungsagen-turen wachen.

Die Philosophische Fakultät geht an der Universität Bonn bei der Um-stellung auf die neuen Studiengän-ge voran. Zum kommenden Winter-semester führt sie als erste Fakultät einen Studiengang zum „Bachelor of Arts“ (BA) ein. Angesiedelt ist er in den Asienwissenschaften, die an einem Modellversuch teilnah-men. Weil die Bachelor-Ausbildung mit einem höheren Betreuungsauf-wand als in den bisherigen Diplom- und Magisterstudiengängen verbun-den ist, sind nur wenige sehr große Fächer in der Lage, eigene BA-Stu-diengänge anzubieten. Bei kleinen Fächern ist Bündelung der Königs-weg. Nach dem grundständigen Asi-en-Bachelor fächert sich das Ange-bot dann in sechs neue Master-Stu-diengänge auf, die nach jeweils vier Semestern mit dem „Master of Arts“ (MA) enden. Angeboten wer-den: „Asiatische Sprachen (Überset-zen)“, „China, Mongolei und Tibet“,

„Japan“, „Religionen und Kunst in den Kulturen Asiens“, „Südostasi-en“ und „West- und Südasien“. Sie ersetzen acht bisherige Magister- und drei der Diplom-Studiengänge in den Asienwissenschaften.

In der Philosophischen Fakul-tät geht die Umstellung der Studien-

Einst vor allem für die berühmte Nudelsoße bekannt, ist der Name des oberitalienischen Bologna heute un-trennbar mit der Harmonisierung des europäischen Hochschulraums verbunden. Bologna steht für die Mo-dularisierung von Studiengängen, für die flächendek-kende Ablösung der bisherigen Studienabschlüsse durch Bachelor und Master, für Kreditpunktesysteme und grenzenlose Anerkennung von Studienleistungen. Auch Bonn macht sich längst auf den Weg nach Bo-logna. „forsch“ hat sich an der größten Fakultät über den Stand der Dinge informiert.

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Rückgang fiel kleiner aus als erwartetFast 31.000 Studierende sind derzeit in Bonn eingeschrieben

Der durch die Einführung von Langzeit-Studiengebühren beding-te Rückgang der Studierendenzahlen an der Universität Bonn ist mit etwa 17 Prozent doch kleiner ausgefallen als erwartet. Mit rund 31.000 Studierenden bleibt die Bonner Uni unter den Top 10 der deutschen Hochschulen. Überdurchschnittliche Verluste mußten die Geisteswissenschaften hinnehmen. Geringer fiel der Rückgang in der Medizin und in den naturwissenschaftlichen Disziplinen aus.

Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität ist weiterhin eine der zehn Hochschulen mit den meisten Stu-dierenden in Deutschland. Laut ih-rer amtlichen Statistik des Sommer-semesters 2004 sind derzeit 30.802 Studierende eingeschrieben, 6.192 weniger als im letzten Sommerseme-ster. Das entspricht einem Rückgang von 16,7 Prozent; erste Schätzungen waren von einem Schwund von mehr

als 20 Prozent ausgegangen. Lan-desweit geht man von einem Minus von 15 Prozent aus.

Besonders viele gebühren-pflichtige Studierende kehrten in Bonn den Geisteswissenschaften den Rücken. Die Philosophische Fakultät, traditionell zahlenstärkste Fakultät in Bonn, hält zwar auch im Sommersemester ihre Spitzen-position, schrumpfte aber von

über 15.000 um fast 25 Prozent auf rund 11.500 Studierende. Klassi-sche Lehramtsfächer wie Romani-stik, Germanistik, Geschichte und Anglistik verloren teils überdurch-schnittlich viele Studierende, auch deshalb, weil es hier keine Neuzu-gänge mehr gibt. Gegen den Trend wuchsen die Zahlen in den Regio-nalwissenschaften Südostasien um 30 und Japan sogar um über 40 Pro-zent.

In ähnlichen Größenordnungen wie die Philosophische Fakultät wa-ren die beiden theologischen Fakul-täten (katholische Theologie: minus 30 Prozent, evangelische Theologie: minus 23 Prozent) sowie die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakul-

angebote mit einem Umbau der Fa-kultätsstruktur einher. „Wir ziehen eine ‚Zwischendecke‘ zwischen der Ebene der 34 Institute und Semina-re und der Fakultät ein“, erläutert Dekan Professor Dr. Georg Rudin-ger. Bereits 1999 hatte die Fakultät sich eine Neustrukturierung unter Erhalt ihrer Fächervielfalt vorge-nommen. Noch in diesem Sommer soll die Entscheidung über den ge-nauen Zuschnitt der zehn oder elf Organisationseinheiten (Arbeitsti-tel: „Departments“) fallen. Neben großen Departments wie Anglistik und Psychologie sind auch Verbün-

de kleiner thema-tisch verwandter In-stitute geplant, zum Beispiel Asienwis-senschaften oder ein Zusammen-schluß aus Archäo-logien und Kunst-geschichte. „Unser Ziel bleibt es, auch die bedrohten klei-nen Fächer durch Bündelung und Ver-netzung auf Dauer zu sichern“, sagt der Prodekan für Struk-turangelegenheiten, Professor Dr. Uwe Baumann. Schließ-lich könne ein Pro-fessor mit ein oder zwei Mitarbeitern

allein keinen Studiengang „stem-men“. Bis spätestens 2008 sollen die neuen Strukturen voll funkti-onsfähig sein. „Dann wird die Leh-rerausbildung endgültig beendet sein, der passende Zeitpunkt dafür, daß die ersten Bachelors in die Ma-ster-Phase überwechseln“, sagt De-kan Rudinger.

Angst vor der Quote

Größte Unwägbarkeit beim aktuel-len Umbau der Studienlandschaft ist die Frage der „Quotierung“. Dahin-ter verbirgt sich der Schlüssel, nach

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dem die Lehrressourcen auf die Ba-chelor- und Master-Ausbildung ver-teilt werden sollen. Das Ministerium in Düsseldorf bringt eine 80:20-Re-gelung ins Gespräch. Dabei entfie-len nur 20 Prozent der Lehrkapazi-täten auf die Master-Phase. Nur sehr wenige Studiengänge könnten davon bestritten werden. „Das wäre fatal für eine Hochschule, die sich als For-schungsuniversität versteht und die ihre Stärken vor allem in forschungs-orientierten Master-Studiengängen ausspielen kann“, sagt der Prorek-tor für Studium und Studienreform, Professor Dr. Wolfgang Hess. Wenn nur sehr wenige Master-Studiengän-ge angeboten werden können, droht zudem der gefürchtete „Flaschen-hals“. Professor Hess erklärt, wa-rum: „Viele fähige Master-Kandida-ten müßten wir dann wegschicken, weil nicht genügend Studienplätze zur Verfügung stehen.“

Vor allem auf die Fakultäten kommt in den nächsten zwei Jah-ren eine Herkules-Aufgabe zu. Um sie bei der Umstellung der Studien-angebote zu unterstützen, hat eine Arbeitsgruppe aus Wissenschaft-lern und Universitätsverwaltung ei-nen Leitfaden zur Modularisierung erstellt, der im Internet abgerufen werden kann.

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Weitere Informationen: www.modularisierung.uni-bonn.de

Zum kommenden Wintersemester führt die Philosophische Fakultät einen Stu-diengang zum „Ba-chelor of Arts“ (BA) ein. Angesiedelt ist er in den Asienwissen-schaften, die an ei-nem Modellversuch teilnahmen.

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tät (minus 20 Prozent) betroffen. Leichtere Rückgänge verbuchte die Mathematisch-Naturwissenschaft-liche Fakultät, die zweitgrößte Bon-ner Fakultät: Sie verlor 12,7 Prozent ihrer Studierenden. Die Medizini-sche Fakultät nahm ein Minus von 10 Prozent hin. Lediglich die Land-wirtschaftliche Fakultät verlor mit einem Rückgang von rund vier Pro-zent kaum Studierende. Die Uni-versität geht inzwischen davon aus,

daß es sich bei der überwältigenden Mehrheit der rund 6.000 Exmatri-kulationen um Fälle handelt, in de-nen das Studium nur noch „auf dem Papier“ betrieben wurde. Zu nen-nenswerten Besucherrückgängen in den Lehrveranstaltungen der Fa-kultäten sei es jedenfalls nicht ge-kommen.

Auf die Finanzierung der Uni-versität selbst hat der Rückgang kaum Auswirkung, da bei perso-

nenabhängigen Mittelzuweisungen schon seit Jahren nur die Studieren-den innerhalb der Regelstudienzeit berücksichtigt werden. Direkt be-troffen sind dagegen das Studenten-werk und die studentische Selbstver-waltung (AStA und Fachschaften), die über den Semesterbeitrag „pro Kopf“ Gelder einnehmen und nun mit einem zweistelligen Rückgang zurechtkommen müssen.

ARC/FORSCH

Schulterschluß für die Universität Jahresbericht und Hauptversammlung der GEFFRUB

Freunde und Förderer kann man nie zu viele haben. Fast 900 ermöglichen derzeit über die „Gesellschaft von Freunden und Förderern der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn“ (GEFFRUB) manches, was sonst nicht machbar wäre. Rückblick und Ausblick bot die diesjährige Hauptversammlung im Poppelsdorfer Schloß und dem Botanischen Garten. Nur wenige Tage danach kamen beim Sommerfest des Alumni-Clubs

Angehörige beider Gesellschaften zusammen – Auftakt für eine engere Koope-

ration.

Die GEFFRUB hat eine hohe Bedeutung für die Pflege der

Kontakte zwi-schen Univer-

sität, Wirtschaft und Behörden und

für die vielfältige fi-nanzielle Unterstüt-

zung aller Fakultäten. Das unterstrichen sowohl der neue Rek- tor, Professor Dr. Matthias Winiger, als auch der neue Vorsitzende der Gesellschaft, der ehemalige Ober-bürgermeister Dr. Hans Daniels, bei der Jahresversammlung. Besonde-res Augenmerk soll auf die Einwer-bung von Großsponsoren gerichtet

werden: So konnten in diesem Jahr unter anderen bereits der Verlag für die Deutsche Wirtschaft, die Deut-sche Welle sowie die Firma Solar-World als neue Mitglieder begrüßt werden.

Neues gibt es auch im Hinblick auf Überlegungen zu einer engeren Zusammenarbeit von GEFFRUB und Alumni-Club. Beide haben das Ziel, zu optimalen Bedingungen in Forschung und Lehre beizutragen und die Universitätskultur zu unter-stützen. Die GEFFRUB spricht dabei Einzelpersonen und Firmen zur Ein-werbung von Mitteln an, der Alum-ni-Club will die Identifikation mit der Universität fördern. Diese Profi-le wollen sie schärfen, sich aber auch abstimmen, Informationen austau-schen und gemeinsam aktiv sein.

Für den Bewilligungszeitraum des letzten Jahres stellten die Freun-de und Förderer Mittel in Höhe von rund 98.814 Euro zur Verfügung. Für den Zeitraum 2004/2005 darf auf-grund der Bewilligungen und der zu vergebenden Preise – dem ter-Meer-Preis und den GEFFRUB-Preisen – mit einem Gesamtaufkommen für die Einrichtungen der Universität

von rund 74.381 Euro gerechnet wer-den; enthalten sind Sachspenden von AGFA in Höhe von 2.700 Euro. Den Geheimrat Dr. Edmund ter-Meer-Preis für die beste Doktorarbeit in der Chemie erhielt Dr. Florian Tho-mas, Institut für Anorganische Che-mie, für seine Dissertation „Untersu-chungen zur Struktur und Reaktivi-tät von Gruppe 13/15-Verbindungen“. Sein Doktorvater ist Privatdozent Dr. Stefan Schulz.

In den Verwaltungsrat wurden neue Mitglieder gewählt: die Profes-soren Dr. Albert Gerhards, Katho-lisch-Theologische Fakultät, und Alt- rektor Dr. Klaus Borchard, Eduard Thometzek von der Zürich Versi-cherungsgruppe, Werner Hanf, Net-Cologne, Erik Bettermann, Deut-sche Welle, und Frank Asbeck, So-larWorld. Im Vorstand ergaben sich keine Veränderungen. Rechnungs-prüfer ist der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Wilhelm Rentrop.

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Die Mitglieder des Alumni-Clubs haben Rektor Pro-fessor Dr. Matthias Winiger (l.) zu ihrem neuen Vor-sitzenden gewählt. Er löst Professor Dr. Klaus Borch-ard (2.v.r.) ab, der dem Club als Ehrenvorsitzender er-halten bleibt. Der scheidende Alumni-Beauftragte des Rektorats, Professor Dr. Lothar Hönnighausen, wurde zum Ehrenmitglied erhoben. Geschäftsführerin Irme-la Plamann gehörte zu den ersten Gratulanten.

Kontakt zur Absolventenvereinigung Alumni-Club: www.alumni.uni-bonn.de, Telefon 0228/73-4050, E-Mail: [email protected]

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Informationen zur GEFFRUB: Katharina Schirop, Tel. 0228/73-2661 oder -3114, Fax -5660 E-Mail: [email protected]

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Der Evangelist des RassismusNeue Dokumente über Houston Stewart Chamberlain

Der Schriftsteller Houston Stewart Chamberlain (1855-1927), Ehe-mann der Wagner-Tochter Eva von Bülow, war der erfolgreichste Publizist seiner Zeit. Der spätere Hitler-Fan und glühende Antisemit hatte auch großen Einfluß auf Kaiser Wilhelm II. Der Bonner Kirchen-historiker Professor Dr. Wolfram Kinzig hat nun die Aufzeichnungen Chamberlains von seinem ersten Treffen mit dem deutschen Kaiser publiziert und kritisch kommentiert. Bislang galten die Dokumente wegen ihres schlechten Zustandes als nahezu unlesbar. Die Schrift-stücke werfen unter anderem ein Licht auf das Verhältnis Chamber-lains zum bedeutenden evangelischen Theologen Adolf von Harnack, der auch bei dem Gespräch zugegen war. Einige Historiker werfen Harnack ebenfalls Sympathie für antisemitisches Gedankengut vor – eine These, die das vorliegende Material in keiner Weise stützt.

nur bei diesem Anlaß deutlich ande-re Ansichten zum Ausdruck brachte als Chamberlain. Von Harnack kor-

respondierte regelmäßig mit dem einflußreichen Publizi-sten, weshalb ihm einige Hi-storiker ebenfalls antisemi-tische Neigungen vorwerfen – ein Schluß, den die Quel-len laut Professor Kinzig in keiner Weise stützen.

Chamberlain war auch ein glühender Verehrer Adolf Hitlers. Am 7. Ok-tober 1923 schrieb er ihm einen denk-würdigen Brief:

„Mein Glauben an das Deutschtum hat nicht einen Augenblick ge-wankt… Daß Deutsch-land in der Stunde sei-ner höchsten Not sich einen Hitler gebiert, das bezeugt sein Leben-digsein.“ Hitler nutzte Chamberlains blenden-de Kontakte zum natio-nalkonservativen Esta-blishment des Wilhel-minismus. Durch ihn konnte Hitler seine Be-wegung an Kreise her-anführen, die zu den Verlierern von Versail-les gehörten. Dazu zähl-te vor allem die Aristo-kratie, die durch das Ende des Kaiserreiches politischen Einfluß ver-loren hatte, aber immer noch ein machtvolles gesellschaftliches Netz-werk bildete, das man politisch nutzen konnte.

Chamberlains Werk „Die Grundla-gen des 19. Jahrhunderts“, das die abendländische Geschichte als einen

„Kampf der Rassen“ schildert, fiel beim deutschen Kaiser auf fruchtba-ren Boden. Wilhelm, der ganze Pas-sagen auswendig rezitieren konn-te, fühlte sich von Chamberlain „im innersten“ verstanden; Chamberlain wisse „den Weg des Heiles“. In zahl-reichen Treffen und Schriftwechseln bestärkte der Wahldeutsche Wil-helm II. nicht nur in einer expansi-ven deutschen Außenpolitik auf der Grundlage eines national-germani-schen Sendungsbewußtseins, son-dern wurde in den folgenden Jah-ren, wie Kinzig zeigt, auch zur viel-leicht wichtigsten Quelle von dessen erstarkendem Antisemitismus.

Die von Kinzig nun veröffentlich-ten Passagen aus Chamberlains Ta-gebuch und Korrespondenz beleuch-ten das erste Treffen zwischen den beiden, das den Beginn dieser ver-hängnisvollen Beziehung markierte. Dabei war auch der dem wilhelmini-schen Hof eng verbundene berühmte liberale Theologe Adolf von Harnack zugegen (Hauptwerk: „Das Wesen des Christentums“), der aber nicht

Kaiser Wilhelm II. (2. von links) mit Adolf von Harnack (rechts) nach der Ein-weihung des Kaiser-Wilhelm-Instituts fürexperimentelle Therapie

Professor Kinzig hat auch den Briefwechsel Harnacks mit Houston Stewart Chamberlain, der sich über ein Vierteljahrhun-dert erstreckt, in einem in Kür-ze erscheinenden Buch erstmals vollständig herausgegeben und kommentiert. In dem Band ver-folgt er zudem einen neuen An-satz zur Beantwortung der Fra-ge nach der Haltung Harnacks gegenüber den Juden und un-tersucht unter diesem Aspekt das gesamte riesige Oeuvre des baltischen Gelehrten: „Har-nack, Marcion und die Juden. Nebst einer kommentierten Edi-tion des Briefwechsels Adolf von Harnacks mit Houston Stewart Chamberlain“, Evangelische Ver-lagsanstalt, Leipzig 2004, ISBN 3-374-02181-6

Als Chamberlain am 9. Januar 1927 starb, nahm Hitler persönlich an der Beerdigung teil.

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Chamberlain auf dem Krankenbett (mit Ehefrau Eva von Bülow)

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Der „gute Ton“ macht‘sBei den „Tafeln“ ist von einer Krise des Ehrenamts nichts zu spüren

Während vielen Nonprofit-Organisationen die ehren-amtlichen Helfer weglaufen, ist bei den „Deutschen Tafeln“ von einer Krise nichts zu spüren: Deutschland-weit beschäftigen die rund 380 Tafeln etwa 10.000 Mitarbeiter – 90 Prozent davon ehrenamtlich. Und der Boom ist ungebrochen: Allein in den letzten vier Jah-ren ist hierzulande die Zahl der Tafeln um gut ein Vier-tel gestiegen. Eine Studie an der Universität Bonn hat untersucht, warum das Modell so erfolgreich ist. Er-gebnis: Die flachen Hierarchien, der kooperative Füh-rungsstil und die „Anerkennungskultur“ sorgen bei den Helfern für eine extrem hohe Arbeitszufriedenheit. Auffälligerweise ist der „gute Ton“, der die Ehrenamtli-chen bei der Stange hält, oft ein weiblicher: Meist sind es Frauen, die die Tafeln leiten.

„Tafeln bestehen eigentlich aus nichts weiter als einem Telefon und einem Lastwagen“, sagt Dr. Kon-stantin von Normann und muß bei dem Bild selbst lächeln. „Ein Le-bensmittelhändler ruft an und sagt ‚Hört mal, ich habe da Obst und Ge-müse für euch, wenn ihr die Sachen abholt, könnt ihr sie haben’. Dann fahren die Tafelhelfer zu ihm raus,

packen die Lebensmittel ein und verteilen sie an Obdachlosenhei-me, Bahnhofsmissionen oder Ju-gendtreffs.“ Eine Win-win-Situa-tion, wie es neudeutsch so schön heißt: Der Händler spart sich die Entsorgungskosten, und Bedürfti-ge erhalten für wenig Geld oder so-gar umsonst qualitativ hochwertige Nahrungsmittel. Kein Wunder, daß sich diese simple Idee, die Mitte der 60er in den USA aufkam, so schnell verbreitet hat.

Rund 9.000 Ehrenamtliche zäh-len die Deutschen Tafeln inzwi-schen, so schätzt der Ökotrophologe und Wirtschaftswissenschaftler aus der Abteilung Wirtschaftssoziolo-gie unter Leitung von Professor Dr. Thomas Kutsch. Und es werden fast täglich mehr – von der „Krise des Ehrenamtes“, die andere Nonprofit-Organisationen zur Zeit beklagen, keine Spur. Um den Grund für die-sen Boom herauszufinden, hat von Normann insgesamt 818 Tafelhel-

fer nach Motivation und Arbeitszufriedenheit be-fragt. Ergebnis: „Mehr als 90 Prozent gaben an, mit ihrer Tätigkeit zufrieden zu sein – ein enorm hoher Wert.“

Frauen führen besser

Grund ist vor allem der kooperative Führungs-stil der Tafelleiter und die schwach ausgeprägten Hierarchien. „Wer in den Tafeln nach einer verant-wortungsvollen Aufgabe fragt, bekommt sie in der Regel auch. In vielen an-deren Organisationen er-ledigen Ehrenamtliche eher das, was die Haupt-amtlichen nicht machen möchten.“ Ebenfalls vor-bildlich: Tafelleiter loben gerne. „Diese ‚Anerken-nungskultur’ ist in den USA noch ausgeprägter – da werden sogar schon Mitarbeiter beklatscht, wenn sie drei Monate da-bei sind; das ist beein-

druckend“, erzählt von Normann, der bei einem Forschungsaufenthalt in New York selbst bei den dortigen Tafeln mit angepackt hat.

Die meisten Tafeln in Deutsch-land werden von Frauen geleitet; wie überhaupt der Helferinnen-An-teil hoch ist. „Eine Mitarbeiterin sagte mir, man müsse einen ‚Haus-frauenblick’ für die Lebensmittel haben, um zu sehen, welche Sachen nicht mehr gut sind, und je nach Klientel einen ausgewogenen Mix zusammenzustellen“, so der Wis-senschaftler. „Der hohe Frauenan-teil trägt sicherlich zur guten At-mosphäre in den Tafeln bei. Frauen führen kooperativer und sprechen mehr miteinander.“

Reifen für die Tafel

Ein weiterer Pluspunkt ist das fle-xible Spendenmodell: Jeder gibt, was er am besten kann – der Copy-shop spendet Freikopien, der Gra-fiker entwirft umsonst ein Logo.

„Die Firma Continental hat so-gar mal einen Satz Reifen pro Ta-fel gespendet.“ Dennoch: Ganz ohne Geld geht auch bei den Ta-feln nichts. „In den zentralen Posi-tionen müssen einfach feste Kräfte beschäftigt werden, damit das Gan-ze reibungslos läuft“, erklärt Dr. von Normann. Einige Tafeln gehen

Jahrestagung der „Deutschen Tafeln“ in

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daher inzwischen dazu über, ihre Nahrungsmittel nur noch gegen ei-nen geringen Geldbetrag abzuge-ben. „Der Bundesverband Deut-scher Tafeln hat in seinen Statuten kürzlich eine Münze pro Beutel als zulässig erklärt – also bis zu zwei Euro für Nahrung, die im Geschäft gut das zehnfache kosten würde.“

Dieser Schritt sei konsequent und nötig, da nur so eine größere fi-nanzielle Sicherheit erzielt werden könne.

Alles in Butter?

Also „alles in Butter“ bei den Deut-schen Tafeln? Im Moment schon,

sagt der Wirtschaftswissenschaft-ler, hat aber für die Zukunft doch ein paar Tips parat: In Punkto Pres-searbeit beispielsweise könne man hierzulande noch viel von den USA lernen. „Dort wiegt man jedes ver-teilte Gramm und produziert damit regelmäßig Schlagzeilen nach dem Motto ‚Wir haben im letzten Mo-

nat 30.000 Kilo Lebensmittel an 4.300 Bedürftige verteilt.’“ Auch solle man auf die Auswahl der Mitarbeiter noch mehr Mühe ver-wenden: „Für eine hohe Arbeits-zufriedenheit ist es einfach wich-tig, die Qualifikation und Moti-ve der Helfer genau zu kennen. Auch regelmäßige Weiterbildun-gen können zusätzlich anspornen – frei nach dem Motto ‚Fördern, Fordern, Anerkennen’.“ Um dauerhaft Erfolg zu haben, müßten sich die Tafeln zudem re-gelmäßig neu erfinden. Vorbild New York: Hier bieten die Orga-nisationen inzwischen sogar Hil-fe zur Selbsthilfe – von Kochkur-sen bis hin zur Budgetberatung und wirtschaftlichen Haushalts-führung.

FL/FORSCH

Der eiernde PlanetBonner Geodäten vermessen die Erde

Das kleine Örtchen Laufenburg an der Deutsch-Schweizer Gren-ze wurde im vergangenen Dezember kurzzeitig berühmt: Die von Schweizer Seite her gebaute neue Rheinbrücke und ihre Anbindung am deutschen Ufer wichen in der Höhe um 54 Zentimeter vonein-ander ab; „Rheinbrücke mit Treppe“ spottete prompt der „Spiegel“. Grund für den Schildbürgerstreich: Deutschland bezieht sich bei Hö-henangaben auf den Meeresspiegel der Nordsee, die Schweiz auf das Mittelmeer. Dazwischen klafft aber eine Lücke von 27 Zentime-ter, die das Planungsbüro leider „falsch herum“ korrigierte. Um Pan-nen wie solche tunlichst zu vermeiden, arbeiten Geodäten auf der ganzen Welt an international verbindlichen Koordinatensystemen. Auch das Geodätische Institut der Universität Bonn legt regelmäßig das Maßband an unseren Heimatplaneten.

Immer montags und donnerstags messen die Bonner Geodäten die Erdrotation.

„Na ja“, relativiert Dr. Axel Nothnagel, Forschungsgruppenlei-ter am Geodätischen Institut, „Mes-sungen führen wir streng genom-men nicht durch – das übernimmt ein Netz von Radioteleskopen in Europa, Japan und Amerika. Wir planen, welches Teleskop zu wel-cher Zeit welches Objekt anpeilen

soll und wer die anfallenden Daten dann auswertet.“ Das aber auf ei-nige Zeit im Voraus: Bis 2005 sind die ständig wechselnden Beobach-tungsnetze bereits festgelegt.

Grund für den Aufwand: Unse-re Erde eiert. Die Tageslänge kann sich binnen 24 Stunden um bis zu eine Millisekunde ändern. In Jah-ren mit dem Klimaphänomen „El Niño“ dreht sich die Erde merklich langsamer um ihre Achse, wahr-

scheinlich wegen der geänderten Verteilung der Luftmassen und der Strömungsverhältnisse in den Welt-meeren. „Für die Navigation von Flugkörpern im Weltraum benötigt man aber unter anderem die genaue Drehstellung der Erde, um die Posi-tion der Sonde im Weltraum berech-nen und die Steuerdüsen zum richti-gen Zeitpunkt auslösen zu können“, erklärt der Privatdozent. Außerdem taumelt die Erde wie ein Kreisel um seine Rotationsachse. Von ei-nem geostationären Satelliten aus betrachtet, wandern Straßen, Städ-te, Flüsse und Berge im Laufe eines halben Jahres um bis zu 15 Meter hin und her. Ohne ständige Korrek-tur würde daher die GPS-navigierte Limousine bald nicht mehr auf der Straße fahren, sondern auf dem Ak-ker nebenan.

Wichtigstes Meßverfahren der Geodäten ist die sogenannte VLBI (Very Long Baseline Interferome-try). Dabei kommen Paare von Ra-dioteleskopen zum Einsatz, die mehrere tausend Kilometer von-einander entfernt sind. Mit ihnen peilen die Wissenschaftler star-ke punktförmige Radioquellen am

Ein Telefon, ein Lastwagen – und vor allem engagierte eh-renamtliche Helfer: Mehr braucht es nicht, um mit einer „Tafel“ erfolgreich zu sein.

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Rande des bekannten Universums an, die Quasare. Sie dienen bei der Messung als Fixpunkte. Weil die Meßstationen auf der Erde so weit voneinander entfernt sind, empfan-gen sie die Radiosignale mit einem geringen zeitlichen Abstand. „Aus dieser Differenz kann der Compu-ter beispielsweise die Drehstellung der Erde berechnen, aber auch den Abstand zwischen den Radiotele-skopen – und das bis zu einer Ge-nauigkeit von zwei Millimetern pro 1.000 Kilometer“, so Dr. Nothnagel nicht ohne Stolz. So läßt sich mit VLBI auch nachweisen, daß Europa und Nordamerika sich nicht nur po-litisch voneinander entfernen: Der Abstand wächst jährlich um fast zwei Zentimeter.

Ein paar Tage vor einer VLBI-Messung schickt das Bonner Team

eine Mail mit den berechneten Be-obachtungszeiten und anzupeilen-den Zielen an die beteiligten Radio-teleskope. Durch Atomuhrsignale synchronisiert, richten sich überall auf der Welt zeitgleich die riesigen schüsselförmigen Antennen aus.

Datenmenge pro Meßstation: 220 DVDs

Jede Station peilt in einem 24-Stun-den-Meßzyklus 200 bis 300 vorher festgelegte Quasare an und zeichnet auf speziellen Magnetbändern oder

-platten die empfangenen Signa-le auf. Dabei kommen leicht meh-rere Terrabit zusammen – das ent-spricht pro Station der Datenmenge auf rund 220 DVDs. Per Kurier ge-hen die Daten sämtlicher Stationen dann an einen sogenannten „Kor-

relator“, von denen es weltweit nur drei Exemplare gibt. Das Gerät be-stimmt die Laufzeitunterschiede der Quasarsignale, aus denen dann Ko-ordinaten, die Erdstellung und an-dere Werte berechnet werden.

„Diese Berechnungen nehmen wir teilweise auch hier in Bonn vor“, erklärt Nothnagel: Einer der Korrelatoren steht am Bonner Max-Planck-Institut für Radioastrono-mie (MPIfR); die Geodäten nutzen ihn im Rahmen einer Vereinbarung zwischen dem Geodätischen Insti-tut, dem MPIfR und dem Bundes-amt für Kartographie und Geodä-sie. Der Bonner Privatdozent: „Un-ter den Einrichtungen, die sich mit VLBI beschäftigen, gehören wir in-ternational zu den fünf größten; als Koordinationsstelle ist unser Insti-tut weltweit gefragt.“ FL/FORSCH

Superschwere Schwarze LöcherNeues DFG-Schwerpunktprogramm wird an der Uni Bonn koordiniert

Es war eine der elektrisierendsten Entdeckungen der letzten Jahrzehnte: Im Zentrum fast jeder Galaxie be-findet sich ein schwarzes Loch, millionen- oder milli-ardenfach so schwer wie die Sonne. Auch unsere Hei-matgalaxie, die Milchstraße, scheint über einen sol-chen supermassiven Kern zu verfügen. Warum, ist bis heute ein ungelöstes Rätsel der modernen Astro-physik. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat nun die Förderung eines neuen Schwerpunktpro-gramms beschlossen, mit dem sie das Verständnis der Galaxienentwicklung und des Einflusses Schwarzer Lö-cher massiv vorantreiben möchte. Das Programm wird an der Universität Bonn koordiniert.

Galaxien können in Größe und Form drastisch variieren. Schon vor 80 Jahren führte daher der Astro-physiker Edwin Hubble ein Klas-sifikationsschema ein, das im We-sentlichen noch bis heute gültig ist. Es unterscheidet – vereinfacht ge-sagt – elliptische Galaxien, zwei Typen von Spiralgalaxien und ir-reguläre Galaxien. „Wieso Galaxi-en so unterschiedlich sind, ist bis heute im Detail unbekannt“, erklärt Professor Dr. Peter Schneider, der

das DFG-Schwer-punktprogramm

„Zeugen der kosmi-schen Geschichte: Bildung und Ent-wicklung von Ga-laxien, Schwarzen Löchern und ihrer Umgebung“ koor-diniert.

Ebenso rätsel-haft bleibt die Ent-deckung super-schwerer Schwar-zer Löcher im Zentrum bestimm-ter Galaxien. Nach-gewiesen wurden sie bislang bei el-liptischen Galaxi-

en und bei Spiralgalaxien mit ei-nem sogenannten „Bulge“, einem kugelförmigen Kern aus Milliar-den von Sternen. „Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß auch in an-deren Galaxien ein Schwarzes Loch sitzt“, so Professor Schnei-der: Schwarze Löcher sind extrem schwer nachzuweisen, da sie keine Strahlung aussenden (daher sind sie auch schwarz) und sich nur indirekt durch Effekte ihrer enormen Mas-seanziehung bemerkbar machen.

„Je leichter ein Schwarzes Loch, de-sto schwieriger ist es daher zu ent-decken“, erklärt der Bonner Astro-physiker.

Interessanterweise beträgt die Masse des Schwarzen Lochs im-mer rund 0,2 Prozent der gesam-ten Sternenmasse im Galaxiekern. Je schwerer das Schwarze Loch ist, desto schneller bewegen sich zu-dem die Sterne in der Muttergala-xie – „ein erstaunliches Phänomen“, findet Schneider: „Die Schwar-zen Löcher sind viel zu leicht, als daß sie die Bewegung der Sterne im Kern beeinflussen könnten. Die meisten Sterne spüren die Schwer-kraftwirkung des Schwarzen Lochs gar nicht.“

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Bausteinen der Materie auf der SpurNeuer Sonderforschungsbereich an der Universität Bonn

Die Deutsche Forschungsge-meinschaft (DFG) hat einen neu-en transregionalen Sonderfor-schungsbereich eingerichtet, in dem der Aufbau der Materie un-tersucht werden soll. Sie stellt dafür für einen Zeitraum von zu-nächst vier Jahren eine Summe von 5,7 Millionen Euro zur Ver-fügung. Davon werden neben Sachkosten die Stellen von vier Postdoktoranden, 23 Doktoran-den und einer Sekretariatskraft finanziert.

Im Zentrum des neuen Verbundpro-jekts mit Partnern in Bochum und Gießen steht der Bonner Elektro-nenbeschleuniger ELSA. Sprecher des neuen Transregio-Verbundes mit dem Titel „Elektromagnetische Anregung subnuklearer Systeme“ ist der Bonner Physik-Professor Dr. Friedrich Klein.

„Hadronen“ nennen Physiker solche Teilchen, die der sogenann-ten „Starken Wechselwirkung“ un-terliegen. Dazu gehören auch die Grundbausteine der Atomkerne, die Protonen und Neutronen. Den Geheimnissen dieser Winzlinge kommt die Wissenschaft mit der

Hilfe großer Beschleunigeranlagen auf die Spur, mit denen zum Bei-spiel Elektronen auf Atomkerne ge-schossen werden. Der Elektronen-strahl übernimmt dabei die Funk-tion des Lichtstrahls bei einem gewöhnlichen Mikroskop. Die

„Elektronen-Stretcher-Anlage“ (ELSA) am Physikalischen In-stitut der Universität Bonn ist das experimentelle Zentrum des neuen TransregioSonder-forschungsbereichs.

Bei ihren Forschungsar-beiten ergründen die Physiker den Aufbau dieser Materieteil-chen und die fundamentalen Kräfte, die sie zusammenhal-ten. Manchmal finden sie dabei neue Teilchen, deren Existenz theoretisch vorhergesagt wur-de. So konnte an ELSA vor kur-zem – als an einem der ersten La-bore weltweit – ein solches Teilchen beobachtet werden, das überhaupt nicht in das klassische Bild paßt. Es müßte nämlich aus mindestens fünf Quarks bestehen und wird deshalb, wie seine vermuteten Partner, Pen-taquark genannt. Diese Entdeckung hat international viel Aufsehen her-vorgerufen.

Sonderforschungsbereiche sind der „Mercedes“ unter den Förder-programmen der DFG. Antragstel-ler aus allen Fachrichtungen müs-sen sich in einem harten Wettbewerb

gegen hochqualifizierte Mitbewer-ber durchsetzen und sich während der Förderung wiederholt einer kri-tischen Begutachtung unterziehen. Eine Bewilligung stellt darum eine hohe Anerkennung der beteiligten Wissenschaftler dar. Derzeit fördert die DFG 272 Verbundprojekte, dar-unter 19 „Transregios“.

ARC/FORSCH

Der Vulkan im VorgartenBonner Geowissenschaftler untersuchen den Rodderberg

Vor 300.000 Jahren kam es am Rodderberg im Süden von Bonn zu einer ganzen Serie von Vul-kanausbrüchen – nach 250.000 Jahre Ruhe. Geowissenschaftler der Universität erforschen mo-mentan die Eruptionsgeschich-te des nördlichsten bekannten Eifelvulkans. Ihr Fazit: Der Rod-derberg ist ein ganz ungewöhn-licher Fall.

Vor etwa 550.000 Jahren traf dicht unter dem Rodderberg eine mehr als 1.000 Grad heiße Gesteins-schmelze mit Grundwasser zusam-men – eine explosive Mischung: Durch die Hitze verdampfte das Wasser und dehnte sich schlagartig

auf das mehr als tausendfache Vo-lumen aus. Die Explosion schleu-derte Magmafetzen und Gesteins- trümmer Hunderte von Metern in die Luft und ließ einen über 50 Me-ter tiefen kreisrunden Sprengtrich-ter zurück, der noch heute als Bo-densenke sichtbar ist: das Rodder-berg-Maar. Durch Niederschläge füllte es sich bald mit Wasser, ver-landete dann jedoch mit der Zeit.

„Der Rodderberg war nie ein be-sonders gefährlicher Vulkan“, sagt Dr. Holger Paulick vom Mineralo-gisch-Petrologischen Institut der Universität Bonn. Ganz anders als ein naher Verwandter, dessen Aus-bruch vor 12.900 Jahren den Laa-cher See schuf: „Diese Eruption

war so gewaltig, daß eine kilome-terhohe Säule aus Asche und Bim-sen in den Himmel stieg. Aschen vom Laacher See sind heute noch in Schweden nachweisbar.“ Dennoch sei der Rodderberg spannend, so der Vulkanforscher: „Die meisten Eifel-vulkane stehen über 40 Kilometer weiter südlich; wie kommt es, daß sich einer von ihnen in den Vorgar-ten von Bonn verirren konnte?“

Heißer Finger

Normalerweise entstehen Vulkane an den Grenzen der Erdplatten. Hier wird der Erdmantel teilweise aufge-schmolzen, und Magma steigt an die Erdoberfläche. Die Vulkane der

Die Elektronen-Stretcher-Anlage ELSA am Physikali-schen Institut: Hier soll ein Großteil der Experimente statt-finden, mit denen die Physiker den Bausteinen der Ma-terie auf die Spur kommen wollen.

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Eifel sind dagegen – wie auch die in Hawaii – sogenannte „Intraplatten-vulkane“, die an lokale Hitzeano-malien im Erdinnern gebunden sind. An diesen „hot-spots“ steigt heißes Mantelgestein unabhängig von den Bewegungen der Erdplatten pilz-förmig aus großen Tiefen auf und „brennt“ sich durch die überlagern-de Erdkruste.

Irgendwie scheint sich ein „hei-ßer Finger“ (O-Ton Paulick) vom Eifel-hot-spot nach Norden verirrt zu haben – und das gleich zwei-mal: Etwa 250.000 Jahre nach der Maareruption erwachte der Rod-derberg erneut zum Leben, dies-mal mit einer Serie von Schlacke-neruptionen. Durch detaillierte Ge-lände- und Laboruntersuchungen konnten Dr. Paulick und seine Di-

plomandin Christine Ewen nach-weisen, daß während dieser jünge-ren Phase mehrere Krater entlang einer Nord-Süd orientierten Spalte tätig waren. Davon zeugt beispiels-weise ein etwa sechs Meter hoher Basaltzipfel im Norden des Rodder-berg-Maars – die verwitterungsre-sistente Füllung eines inzwischen erodierten Vulkanschlots.

Das Alter der Eruptionen läßt sich mittels „Thermolumineszenz-Messungen“ bestimmen, die am Geographischen Institut in der Ar-beitsgruppe von Professor Dr. Lud-wig Zöller durchgeführt wurden. „Das Verfahren gibt darüber Auf-schluß, wann das Material zum letz-ten Mal stark erhitzt wurde“, erklärt Henrik Blanchard, der diese Datie-rungen im Rahmen seiner Diplom-

arbeit anfertigte. Ergebnis der Un-tersuchung: Vor etwa 300.000 Jah-re war der Rodderberg-Vulkan zum letzten Mal aktiv.

Dr. Paulick schließt nicht aus, daß es in der Bonner Gegend vor ei-nigen hunderttausend Jahren noch weitere Vulkane gegeben hat. „Mög-licherweise hat sich ein solcher ‚hei-ßer Finger’ noch mehrmals in unse-re Gegend verirrt.“ Daß das Rodder-berg-Maar nach so langer Zeit noch sichtbar ist, hält er ohnehin für ei-nen besonderen Glücksfall: „Nor-malerweise sedimentieren die Bo-densenken mit den Jahren komplett zu. Wenn es also in Wachtberg oder Meckenheim noch weitere alte Maa-re gäbe, würden wir sie wahrschein-lich gar nicht bemerken.“

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Der kreisrunde Explosionskrater ist auf dem Rodderberg

bis heute gut zu erkennen.

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Ecstasy-Konsumenten leben riskanterRisikoeinschätzung nach Langzeit-Konsum deutlich schlechter

Langzeit-Konsumenten der „Partydroge“ Ecstasy können selbst in drogenfreiem Zustand Risiken erheblich schlechter abschätzen als Menschen ohne Ecstasy-Erfahrungen. Darüber hinaus scheint die Droge mit dem chemischen Kürzel MDMA auf Dauer auch das Erin-nerungsvermögen deutlich zu beeinträchtigen. Das zeigt eine aktuel-le Studie der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Die Forscher mutmaßen zudem, daß Ecstasy im Gehirn langfristig ganz andere Än-derungen hervorruft als bisher angenommen – und daß die gegen Langzeitschäden vorgeschlagenen Medikamente daher möglicherwei-se gar nicht wirken könnten.

Wer häufig Ecstasy nimmt, soll-te keine Spielbank besuchen – oder wenigstens nicht viel Geld mitneh-men: „Die Fähigkeit, Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen, wird durch MDMA deutlich verrin-gert“, erklärt Boris Quednow von der Arbeitsgruppe „Klinische Psy-chopharmakologie“. Quednow hat in seiner Doktorarbeit untersucht, wie MDMA-Konsumenten im Vergleich zu Cannabis-Rauchern und Perso-nen ohne Drogenerfahrungen die sogenannte „Iowa Gambling Task“ bewältigen. Dabei gilt es, Karten aus vier verdeckten Stapeln zu zie-hen. Auf jeder Karte steht eine Ge-winn- oder Verlustsumme; Ziel der Aufgabe ist es, den Gesamtgewinn zu maximieren. Die Kartenstapel unterscheiden sich allerdings in ih-rem Gewinn-Verlust-Verhältnis, so daß die Probanden erst lernen müs-sen, welche Stapel langfristig die vorteilhaftesten sind. „Anfangs wa-ren in allen drei Gruppen die Kar-tenstapel mit den hohen Gewinnen, aber noch höheren Verlusten am be-liebtesten“, erklärt der Pharmako-psychologe. „Dann setzte sich in der Cannabis-Gruppe und der ohne Dro-generfahrung langsam die Einsicht durch, welche der Stapel auf Dauer die vielversprechendsten sind. Nur die Ecstasy-Konsumenten änder-ten ihre Strategie bis zum Ende des Experiments nicht.“ Quednow und sein Doktorvater Dr. Michael Wag-ner vermuten, daß auch im Alltag die Fähigkeit gestört sein könnte, lang-fristig vernünftige Entscheidungen zu treffen.

Auch das Gedächtnis leidet bei regelmäßigem MDMA-Konsum: So sollten sich die Probanden eine Liste mit 15 Wörtern einprägen, die ihnen fünfmal vorgelesen wurde. Während die beiden Kontrollgruppen die Auf-

gabe mit Bravour bewältigten – im Schnitt konnten sich die Teilnehmer noch eine halbe Stunde später an 14 der 15 Begriffe erinnern –, schaff-ten die Mitglieder der Ecstasy-Grup-pe direkt nach dem Test durchschnitt-lich nur 12 Wörter. Nach einer halben Stunde konnten sie im Schnitt sogar nur noch 10 Begrif-fe korrekt wieder-geben. „Vielleicht lassen diese Stö-rungen aber nach längerer Abstinenz wieder nach“, so Quednow.

Ecstasy ist als „Partydroge“ be-sonders in der Techno-Szene sehr be-liebt. Wurden 1987 hierzulande noch 635 Tabletten sichergestellt, waren es 2001 schon rund 4,6 Millionen. Das Amphetamin-Derivat wirkt leicht aufputschend und versetzt den Kon-sumenten in eine gelöste Stimmung. Die Einnahme bewirkt, daß sich die Serotonin-Speicher im Gehirn auf einen Schlag entleeren.

Serotonin dient vielen Nerven-zellen als Botenstoff. Auf ein elek-trisches Signal hin wird es von der Senderzelle in den sogenann-ten synaptischen Spalt ausgeschüt-tet. Von dort wandert es zu be-stimmten Rezeptoren der Empfän-ger-Zelle, die darauf ihrerseits mit einem elektrischen Puls reagiert. Ecstasy steigert kurzfristig die Serotonin-Konzentration im syn-aptischen Spalt und bewirkt wahr-scheinlich dadurch das Hochgefühl. Nach ein bis zwei Tagen ist der Bo-tenstoff aber abgebaut. „Weil die Speicherbläschen durch die Ecsta-synahme zunächst leer sind, sinkt dann die Serotonin-Konzentration

unter den Normallevel“, so der Phar-makopsychologe. Folge ist der be-rüchtigte „Mid-Week Blues“ – eine depressive Verstimmung, die eini-ge Tage nach dem Konsum üblicher-weise zur Wochenmitte einsetzt und dann langsam abebbt.

Im Tierversuch kann Ecstasy die Nervenzellen so schädigen, daß die Serotonin-produzierenden Ner-venzellen absterben. Man vermute-te daher, daß auch bei menschlichen Langzeit-Konsumenten die Sero-tonin-Konzentration in bestimmten Hirnregionen permanent verringert

ist. Quednow hat diese Hypothese überprüft. Dazu testete er die Re-aktion von Pro-banden auf eine Folge unerwarte-ter lauter Geräu-sche. „Die Ecsta-sy-Probanden rea-gierten eher, wie wir es von Per-sonen nach einer

Stimulation von Serotonin-Rezepto-ren erwartet hätten“, erklärt der Wis-senschaftler; „das Gehirn scheint sich also möglicherweise auf den Serotoninmangel einzustellen und ihn zu kompensieren“ – etwa, in-dem die Empfängerzellen mehr oder empfindlichere Serotonin-Rezepto-ren ausbilden.

Sollte die Interpretation richtig sein, müßte man die Langzeiteffekte der Partydroge anders behandeln, als bislang angedacht: So hatten manche Mediziner trotz des Mangels an kli-nischen Studien vorgeschlagen, die Leistungseinbußen mit sogenannten SSRI zu bekämpfen. SSRI verhin-dern die Wiederaufnahme von Sero-tonin aus dem synaptischen Spalt, so daß dort der Spiegel künstlich hoch gehalten wird. Quednow: „Wenn wir recht haben, könnten diese Wirkstof-fe jedoch die Effekte regelmäßigen Ecstasy-Konsums sogar noch ver-schärfen. Um eine echte Therapie-empfehlung auszusprechen, liegen bislang allerdings noch viel zu weni-ge Daten vor – anders als bei akuten Intoxikationen mit Ecstasy, für die gute und erprobte Interventionsmaß-nahmen bestehen.“

Wenn wir recht ha-ben, könnten diese

Wirkstoffe die Effek-te regelmäßigen Ec-

stasy-Konsums sogar noch verschärfen.

Ecstasy gilt als „Party-droge“, die besonders in der Techno-Szene sehr be-liebt ist.

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„Da rein, da raus“ sagt der Volks-mund mit entsprechenden Gesten zu den Ohren. Ob Telefonnummern oder Namen, jeder kennt die gelegentliche Flüchtigkeit von Erinnerungen. Was genau beim Erinnern und Vergessen zwischen den Ohren geschieht, wol-len Wissenschaftler der Uni Bonn in Kooperation mit niederländischen For-schern jetzt herausfinden. Denn noch ist weitgehend unbekannt, welche Abläufe im Gehirn zur Ausbildung von Kurz- und Langzeitgedächtnis führen. Die Forscher werden von der Volkswa-gen-Stiftung mit 725.500 Euro unter-stützt. Angesiedelt ist das Vorhaben an der Klinik für Epileptologie der Uni-versität Bonn, die eines der weltweit größten epilepsiechirurgischen Zen-tren ist, und am „F. C. Donders Cen-tre for Cognitive Neuroimaging“ der

Universität Nijmegen. Elektroden, die Patienten mit schweren Epilepsien im-plantiert wurden, erlauben den Wis-senschaftlern dabei tiefe Einblicke in das Gehirn. Diese aufwendige Diagno-stik ist notwendig, um den Anfallsherd im Gehirn so genau wie möglich zu lo-kalisieren. Nur dann kann er durch ei-nen epilepsiechirurgischen Eingriff entfernt werden. In anfallsfreien Pha-sen haben die Patienten der in ihrem Konzept einzigartigen Bonner Klinik die Möglichkeit, an Forschungsprojek-ten teilzunehmen.

Praxisgebühr nicht verfassungs-gemäß? Die Praxisgebühr verletzt in ihrer jetzigen Form die Berufsfreiheit der Ärzte und läßt grundrechtlich ge-botene Härtefallregelungen vermissen. Zu dieser Einschätzung kommt zumin-

dest der Bonner Jurist Dr. Tobias Linke. „So, wie das Gesetz konstruiert ist, tra-gen die Ärzte das volle Vollstreckungs-risiko“, erklärt Linke. Sprich: Wenn sie die Gebühr nicht eintreiben können, bleiben sie auf dem Fehlbetrag hän-gen. Zudem müssen sie die Kosten für Arbeitskräfte, Computerprogram-me und die Erteilung der Quittungen im Normalfall ohne Aufwandentschä-digung tragen. „Die Praxisgebühr ver-letzt in ihrer jetzigen Form den Grund-satz der Verhältnismäßigkeit“, so der Bonner Verfassungsrechtler. Denn mit der Möglichkeit, die Gebühr di-rekt durch die Kassenärztlichen Ver-einigungen oder die Krankenkassen erheben zu lassen, habe eine wirksa-mere und zugleich weniger aufwendi-ge Alternative bestanden, die der Ge-setzgeber nicht berücksichtigt habe.

Herr Professor Neumann, Sie sind in Politik, Wirtschaft und Medi-en ein gefragter und vielzitierter Fachmann. Gibt es Fragen, die Sie nicht mehr hören können?

Es gibt jedenfalls Antworten, die ich nicht mehr hören kann. Bei-spielsweise antworten manche Ge-werkschaftler auf kritische Fragen ‚Aber Deutschland ist doch Export-weltmeister’, um zu suggerieren, daß in Deutschland eigentlich al-les zum Besten eingerichtet sei und so bleiben sollte, wie es ist. Das er-innert mich an Voltaires Candide: „Aber wir leben doch in der schön-sten aller Welten.“

Aber Fragen? Fragen kön-nen nicht nerven, außer wenn der- oder dieselbe immer wieder dassel-be fragt.

Wie reagieren Sie, wenn Leute Ih-ren Rat einholen, ihn dann aber nicht befolgen?

Nachsichtig, denn es gibt in der Wirtschaftspolitik kurzfristige Handlungszwänge, denen man sich nicht einfach verschließen kann. Aber der Rat bleibt auf dem Tisch. Wirtschaftspolitische Beratung braucht langen Atem. Sie muß zu gutem Teil auch als eine Beratung der Öffentlichkeit geführt werden, um das Denken breiter Kreise zu beeinflussen und eine Rückkoppe-lung auf die handelnden Personen

zu erzeugen. In großen ordnungs-politischen Fragen kann es schon zehn Jahre dauern, bis Vorschlä-ge durchgesetzt werden. Manchmal verhilft auch eine Krise dazu, daß es zu Maßnahmen kommt, die zuvor als undenkbar bezeichnet wurden.

Sie forschen seit über 30 Jahren in der Geldtheorie und -politik. Was halten Sie von dem Spruch „Geld regiert die Welt“?

Nichts. Geld ist ein allgemei-nes Tauschmittel, das die Kosten unserer Transaktionen an Märk-ten enorm verringert. Ohne die Er-findung des Geldes gäbe es den heutigen Wohlstand nicht. Der Spruch verwechselt Geld mit wirt-schaftlicher Macht. Aber Macht, sei sie wirtschaftlicher, militäri-scher oder geistiger Natur, ist wie-derum nur Mittel. Tatsächlich wird die Welt von Ideen, von Ideologi-en, von Heilslehren regiert, und es gehört zu den Aufgaben des Wissenschaftlers, den Bür-gern analytische Transparenz zu verschaffen und alternati-ve Lösungsmöglichkeiten auf-zuzeigen.

Stichwort Elite-Uni: Macht Geld gute Köpfe?

Ohne gute Finanz-ausstattung sind her-vorragende Forschung

und sehr gute Ausbildung nicht zu haben. Andererseits ist mit großzü-giger Finanzierung wenig zu bewir-ken, wo es an Wettbewerb fehlt. Fet-te Fachbereiche könnten viel Mittel verschwenden. Gut wäre daher ein bundesweiter Wettbewerb gleichar-tiger Fachbereiche um Studierende und Studiengebühren. Gut wäre es auch, wenn mehr Forschungsmit-tel als bisher nur in externem Wett-bewerb einzuwerben wären anstatt nach gewohnter Fortschreibung ewig währender Berufungszusagen aus dem Uni-Etat. Gute Köpfe ge-deihen, wo Wissenschaftler sich im internationalen Wettbewerb sehen.

In Ihrem Beruf dreht sich alles um Geldtheorie, -politik und Wäh-rungsfragen. Wo spielt Geld für Sie keine Rolle?

Für Dagobert Duck und über-raschend viele Menschen ist Geld eine sinnliche Angelegenheit, ja so-

gar Liebesersatz. Dag-obert liebte es, in sei-

ner Freizeit in sei-nem Tresor voller Taler herumzu-wühlen, ja herum-zuspringen. Für mich gilt das alles

nicht.

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... Professor Dr. Manfred J. M. Neumann

Professor Dr. Manfred J. M. Neu-

mann ist geschäfts-führender Direktor des Instituts für In-

ternationale Wirt-schaftspolitik. Fo

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Darüber hinaus kritisiert der Jurist die fehlenden Härtefallregelungen: „Eine gut gehende Gemeinschaftspraxis in wohl situierter Innenstadtlage wird bei der Einziehung der Praxisgebühr deutlich weniger Probleme und finan-ziellen Aufwand haben als ein über-lasteter Einzelarzt in einem ärmeren Viertel, dessen Patienten häufig nicht direkt zahlen können oder wollen.“ Grüße vom „Ur-Adam“: Die DNA in den „Kraftwerken“ der Zelle, den soge-nannten Mitochondrien, wird gerne zur Untersuchung von Verwandtschafts-verhältnissen herangezogen. Da nach gängiger Theorie beim Menschen im-mer die Mütter ihre Mitochondrien an die Kinder weitergeben, nie aber die Väter, lassen sich aus den DNA-Un-terschieden vergleichsweise unkompli-

ziert umfangreiche Stammbäume re-konstruieren – bis zurück zur „Ur-Eva“. Wissenschaftler aus den USA, Däne-mark und Bonn haben das Dogma der rein mütterlichen Vererbung mitochon-drialer DNA (mtDNA) nun erschüttert: Aus den Muskelzellen eines 28-jähri-gen Mannes konnten sie mitochon-driales Erbgut isolieren, das auch Se-quenzen aus der mtDNA des Vaters enthielt. „Wir wissen noch nicht, wie häufig das vorkommt“, erklärt der Bon-ner Forscher Professor Dr. Wolfram S. Kunz, „dennoch habe unsere Ergebnis-se für die genetische Stammbaumana-lyse höchste Relevanz.“

Je voller, je toller: Wer die Trommel seiner Waschmaschine halb leer läßt aus Angst, das arme Gerät zu über-lasten oder Schmutzränder und Flek-

ken zu riskieren, der unterschätzt den Haushaltshelfer womöglich: Moderne Waschmaschinen werden nämlich in der Regel auch mit einer prall gefüllten Trommel spielend fertig. Durch eine gute Auslastung läßt sich aber Wasser, Energie und Waschmittel sparen – mit positiven Folgen für Umwelt und Geld-beutel. Anläßlich des deutschlandwei-ten Aktionstages „Nachhaltiges Wa-schen“ verriet die Sektion Haushalts-technik der Uni Bonn im Mai auf dem Friedensplatz, wo man überall durch Änderungen des persönlichen Wasch-verhaltens sparen kann. Wer’s verpaßt hat, muß nicht traurig sein – im In-ternet gibt’s ein interaktives Formular, das die Einsparungen auf Heller und Cent berechnet: http://www.haus-haltstechnik.uni-bonn.de/waschtag/berechnung.html

Professor Strunk er-klärt ein MRT von My-omen in der Gebär-mutter.

Plastikkugeln trocknen Geschwüre ausBauchschnittfreie Therapie bei Myomen der Gebärmutter

Jede Frau im gebärfähigen Alter kann Myome in der Gebärmutter bekommen. Diese gutartigen Geschwülste sind die häufigsten Tu-more der weiblichen Geschlechtsorgane und oft der Anlaß, die Ge-bärmutter zu entfernen. Eine Alternative ist hier ein neues nicht-operatives, gebärmuttererhaltendes Verfahren, die sogenannte My-omembolisation. Diese Therapie bietet neben wenigen deutschen Zentren wie beispielsweise die Berliner Charité jetzt auch das Uni-versitätsklinikum Bonn an.

Rund jede vierte Frau, meist im Alter zwischen 30 und 45 Jahren, be-kommt Myome. „Das ist erst einmal nichts Tragi-sches, denn die gutarti-gen Tumore bereiten nur in seltenen Fällen Proble-me“, sagt Professor Dr. Holger Strunk, Oberarzt an der Radiologischen Universitätsklinik. Nach den Wechseljahren bilden sich die Geschwülste fast immer von selbst zurück. Doch manche Betroffene klagt je nach Größe und Lage der Myome über eine verlän-gerte, schmerzhafte und verstärkte Regelblutung, Zwischenblutungen oder sogar über dauerhafte Blutun-gen. In Einzelfällen haben Patien-tinnen Schwierigkeiten beim Was-serlassen, ein dauerhaftes Druckge-fühl im Unterbauch oder Schmerzen beim Geschlechtsverkehr.

bolisation, mit der wir in der Lage sind, alle erreichbaren Myome zu therapieren“, sagt Professor Strunk. Die meisten Frauen sind bei dem Eingriff um die 40 Jahre alt und ha-ben die Familienplanung bereits ab-geschlossen. Professor Strunk rät Frauen von einer Schwangerschaft

nach einer Embolisati-on ab, denn es gibt dazu bisher zu wenig Erfah-rungswerte. Besser sieht es für den Kinderwunsch zur Zeit noch nach einer operativen Ausschälung von Myomen aus.

Myome haben ei-nen erhöhten Blutbedarf und eignen sich deshalb besonders gut für eine Embolisation. Mit ei-nem kleinen Stich in die Leiste führen die Radio-logen unter Röntgen-kontrolle einen dünnen Plastikschlauch, einen

sogenannten Katheter, gezielt durch je ein Blutgefäß bis zur Gebärmut-ter. Dort befüllen die Ärzte mit Hilfe des Blutstroms die Myome mit klei-nen Plastikkügelchen. Diese haben mit einem Durchmesser von 0,3 bis 0,7 Millimetern ungefähr die Grö-ße eines Weizengrieß-Korns und verstopfen im Geschwulst die Blut-

Beschwerdefrei ohne Bauchschnitt

„Wenn Myome in der Tat stören, be-steht Handlungsbedarf. Gynäkolo-gen können aber nicht zehn große Myome gleichzeitig entfernen und dabei die Gebärmutter erhalten. Eine Alternative ist die Myomem-

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gefäße. „Den Myomen wird förm-lich die Blutzufuhr gekappt. Sie schrumpfen im Verlauf von Mona-ten und trocknen ein. Fast alle unse-rer Patientinnen sind nach der The-rapie beschwerdefrei“, sagt Profes-sor Strunk.

Den etwa zweistündigen Ein-griff führen die Bonner Radio-logen unter örtlicher Betäubung durch. „Damit es für die Patientin nicht zu schmerzhaft wird, ist eine zusätzliche Schmerztherapie erfor-derlich“, erklärt Professor Strunk.

Aber schon am nächsten Tag rei-chen bereits schmerzstillende Ta-bletten oder Zäpfchen aus, und die Patientin kann aufstehen. Nach ei-ner Woche fühlt sie sich erfahrungs-gemäß wieder „pudelwohl“.

IV/FORSCH

Medizin für den ganzen MenschenMedizinhistorisches Institut erhielt Nachlaß Viktor von Weizsäckers

Kann Medizin allein Naturwissen-schaft sein, oder muß sie auch Kul-tur- und Geisteswissenschaft einbe-ziehen, um dem ganzen Menschen gerecht zu werden? Dieser Frage widmete sich der Arzt Viktor von Weizsäcker (1886-1957). Der On-kel des Physikers und Philosophen Carl Friedrich von Weizsäcker und des früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker gilt als ei-ner der Begründer der Psychosoma-tik. Das Medizinhistorische Insti-tut der Universität Bonn erschließt seit 2000 im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekts seinen Nachlaß, der eine neue Sicht auf die geistesgeschichtliche Bedeu-

tung des

Weizsäckerschen Werkes verspricht. Erleichtert wurde diese Arbeit nun durch die Übernahme des Nach-lasses von den Erben: Viktor von Weizsäckers Tochter Cora Penselin übergab ihn an das Medizinhistori-sche Institut unter Leitung von Pro-fessor Dr. Heinz Schott.

Damit schloß sich auch ein ganz persönlicher Kreis: Schott hatte seine erste Begegnung mit dem Gedankengut von Weizsäk-kers bei seinem Studium 1966 in Heidelberg bei dessen Schüler Pro-fessor Jacob. Und Cora Penselin ist die Frau eines Bonner Professoren-kollegen, des Physikers Siegfried Penselin. Da bei der Flucht Viktor von Weizsäckers

aus Breslau Anfang 1945 nahezu alle Vorkriegsmaterialien verloren gegangen sind, stammt das Materi-al fast ausschließlich aus der Nach-kriegszeit. Darunter befindet sich auch eine noch nicht veröffent-lichte Übersetzung des philosophi-schen Hauptwerkes von Jean-Paul Sartre, die von Weizsäcker unmit-telbar nach dem Krieg angefertigt hat.

Das Medizinhistorische Institut der Universität Bonn ist eine der bei-den Geschäftsstellen der Viktor-von-Weizsäcker-Gesellschaft und führt auch ihr Archiv. Deshalb wünsch-te Cora Penselin, den Nachlaß dort-hin zu geben. Die 1994 begründe-te internationale wissenschaftliche Gesellschaft fördert die Wirkung und Weiterentwicklung des Weiz-säckerschen Werkes in Lehre, For-schung und Praxis der Medizin und der Geistes- und Naturwissenschaf-ten. Die Brüder Carl Friedrich und Richard sind Mitglieder ihres Bei-rates.

UK/FORSCH

Folgen-„schwere“ Ernährung Forschungsinstitut für Kinderernährung nun An-Institut

Stillen oder Fläschchen? Pommes mit Majo oder Kräu-terquark und Vollkornbrot? Die Qualität der Ernährung spielt für die körperliche wie auch geistige Entwicklung eine wichtige Rolle. Was ein Kind oder Jugendlicher zu sich nimmt, legt auch den Grundstein dafür, wie gesund dieser Mensch im Erwachsenenalter ist und bleibt. Fehlernährung hat gravierende volkswirtschaft-liche Folgen. Um Potentiale zu bündeln und noch in-tensiver in Forschung und Lehre zu kooperieren, wur-de das Forschungsinstitut für Kinderernährung (FKE) in Dortmund nun als sogenanntes „An-Institut“ wis-senschaftlich mit der Universität Bonn verknüpft.

Hans Jaeger vom Vorstand des Trä-gervereins des Forschungsinsti-tuts für Kinderernährung und Rek-tor Professor Dr. Matthias Winiger unterzeichneten den Kooperations-vertrag Ende Mai im Beisein der nordrhein-westfälischen Wissen-schaftsministerin Hannelore Kraft. Aus ihrem Haus fließen jährlich über eine Million Euro in das Pro-jekt. Auf Seiten der Universität tra-gen die Medizinische Fakultät mit

den Lehrstühlen für Kinderheil-kunde und Kinderzahnheilkunde sowie das Institut für Ernährungs-wissenschaft der Landwirtschaftli-chen Fakultät die Kooperation. Wis-senschaftlicher Leiter des FKE ist der Ärztliche Direktor des Univer-sitätsklinikums, Professor Dr. Mi-chael Lentze.

Im Rahmen der Feier stellte er die am FKE angesiedelte DO-NALD-Studie (Dortmund Nutri-

Dr. Rainer Jacobi, Professor Dr. Heinz Schott, Dr. Renate

Vogt, Cora Penselin, Dr. Michael Her-

kenhoff und Pro-fessor Dr. Siegfried Penselin (von links)

betrachteten bei der Übergabe gemein-sam einen kleinen Teil der insgesamt

sechs laufenden Me-ter, aus denen der Nachlaß besteht –

überwiegend Manu-skripte und Notizen,

Vorlesungen und Vorträge. Fo

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tional and Anthropometic Lon-gitudinally Designed Study) vor, die er seit 2001 betreut. Das For-schungsprojekt befaßt sich mit Er-nährung, Stoffwechsel, Wachstum und Entwicklung von gesunden Säuglingen, Kindern und Jugend-lichen. Trends im Ernährungs-verhalten und die allgemeine Le-bensituation werden dabei ebenso berücksichtigt wie Umweltbela-stungen. „Die Erkenntnisse dieser Studie schaffen die Grundlage für Richtlinien und Gesetze in der Eu-

ropäischen Gemeinschaft, wie es bereits bei den Schadstoffgrenz-werten in der Säuglingsernährung der Fall war,“ sagt Professor Lent-ze. Ihre große Stärke mit einer ver-läßlichen Datenbasis sind Wie-derholungsmessungen über einen weiten Zeitraum. Bis heute haben daran etwa 1.140 Kinder mit ih-ren Familien teilgenommen, der-zeit kommen 650 mindestens ein-mal pro Jahr zu umfassenden Un-tersuchungen in das Institut. Diese europaweit einzigartige Langzeit-

untersuchung wurde vor 18 Jah-ren begonnen, kann also jetzt – zu-sammen mit den ersten Probanden – das Erreichen der „Volljährig-keit“ feiern. Um die Erkenntnisse dieser und ergänzender Studien an die Zielgruppen zu bringen, hat das FKE bereits gezielte Ernährungs-empfehlungen wie z.B. für aller-giegefährdete Säuglinge, bei Über-gewicht oder zum Mittagessen in Kindertagesstätten und Ganztags-schulen herausgegeben.

UK/FORSCH

4 Millionen Euro für GenomforschungForscher wollen Krankheitsgene identifizieren

Mit 135 Millionen Euro fördert das BMBF in den nächsten drei Jah-ren das Nationale Genomforschungsnetz (NGFN); 4,1 Millionen da-von fließen an die Universität Bonn. Als einzige Institution stellt die Bonner Alma mater überdies mit Professor Dr. Max P. Baur und Pro-fessor Dr. Peter Propping zwei Mitglieder im 13-köpfigen Projektko-mitee des NGFN, dem internen Selbststeuerungsgremium.

Etwa 40.000 Gene hat der Mensch. Von den wenigsten weiß man bis-lang ihre Funktion; entsprechend schwierig ist es, die Erbanlagen zu identifizieren, die für bestimm-te Leiden wie die manische De-pression besonders anfällig ma-

chen. Üblicherweise untersuchen die Forscher dazu eine Gruppe mit Patienten und vergleichen ihre ge-netische Ausstattung mit gesun-den Personen. Erbanlagen, die bei Kranken deutlich häufiger auftau-chen als bei Gesunden, könnten bei

der Entstehung der Krankheit eine Rolle spielen.

Der Bonner Biometriker Profes-sor Dr. Max P. Baur ist Sprecher der genetisch-epidemiologischen Me-thodenzentren (GEM) in Bonn, Ber-lin, München, Kiel, Lübeck, Heidel-berg, Göttingen und Marburg, die unter anderem das statistische Rüst-zeug für diese komplexen geneti-schen Analysen bereitstellen und weiterentwickeln. „Die genetischen Daten zu erheben, ist das Eine, aus ihnen Rückschlüsse zu ziehen, auf

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welchem Chromosom die entsprechende Erbanla-ge sitzt, eine ganz andere Sache“, erklärt Professor Baur. Denn es ist unmög-lich, die mehr als 3 Mil-liarden „Buchstaben“ im Genom zweier Menschen direkt miteinander zu ver-gleichen. Genforscher grei-fen daher zu einem Trick: Sie untersuchen nur eini-ge hundert kurze Sequen-zen, die zufällig über alle 46 Chromosomen ver-teilt sind. Von jedem die-ser „Marker“-Abschnitte ist genau bekannt, an wel-cher Stelle er sich auf wel-chem Chromosom befindet. Je näher sich ein Gen an ei-nem Marker befindet, desto häufiger werden sie zusam-men vererbt – Genetiker sprechen von Kopplung. Die Wissenschaftler su-chen nun nach Markerse-quenzen, die besonders oft mit der jeweilige Krankheit zusammen vererbt werden. In der Nähe dieser Marker muß sich dann das gesuch-te Gen befinden.

Professor Dr. Peter Propping koordiniert das sogenannte NeuroNetz, an

Kommunikativer „Kitt“Gliazellen bislang unterschätzt

Lange hielt man Gliazellen lediglich für eine Art Leim, der den Extrazellularraum im Gehirn ausfüllt und die Nerven-zellen stabilisiert. Doch nun konnten Forscher der Universi-tät Bonn zusammen mit Schweizer Kollegen erstmalig über-zeugend nachweisen, daß der „Nervenkitt“ kommunikativer ist als bisher angenommen: Bestimmte Gliazellen verfügen über kleine Speicherbläschen mit Botenstoffen, sogenann-ten Neurotransmittern, die sie auf ein chemisches Signal hin schlagartig in ihre Umgebung entleeren können – eine Ei-genschaft, die bisher im Gehirn nur Nervenzellen (Neuro-nen) zugesprochen wurde. Das Dogma, die Informationsver-arbeitung sei ausschließlich Sache der Neuronen, ist damit wohl nicht mehr haltbar.

dem sich neben der Bonner Uni auch Institute in Hamburg, Heidelberg-Mannheim, München und Tübin-gen beteiligen. Die Wissenschaftler suchen nach Genen, die bei Erkran-kungen des Nervensystems eine Rol-le spielen – „Beispiele sind Alzhei-mer oder Parkinson“, so der Human-genetiker. Die Bonner konzentrieren sich dabei auf die Epilepsie und den Alkoholismus, aber auch die mani-sche Depression – eine Krankheit, die sich noch schwer behandeln läßt und viele Betroffene in den Selbst-mord treibt. „Wenn wir die moleku-laren Mechanismen kennen, die die-ser ‚bipolaren Störung’ zu Grun-de liegen, können wir mittelfristig auch erfolgversprechendere Thera-pien entwickeln“, ist sich Propping sicher.

Die Genetik komplexer Erkran-kungen – also all jener Leiden, die durch das Zusammenspiel mehrerer Erbanlagen und zusätzlicher Um-welteinflüsse ausgelöst werden – ist einer der Forschungsschwerpunkte der Medizinischen Fakultät. Kürz-lich hat die Deutsche Forschungsge-meinschaft (DFG) die Förderung ei-ner gleichnamigen Forschergruppe verlängert, die gemeinsam von Baur und Propping geleitet wird. Förder-summe in den nächsten drei Jahren: Ebenfalls rund vier Millionen Euro.

FL/FORSCH

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Beim Menschen sind Glia-zellen (im Griechischen heißt Glia Kitt oder Leim) gegenüber den Neuronen weit in der Überzahl: Fast 90% aller Gehirnzellen

zählen zu einem der drei Glia-Ty-pen. Dennoch sahen Hirnforscher die Gliazellen lange Zeit lediglich als „Ammen“ an, die die eigentli-chen Leistungsträger bei der Infor-mationsverarbeitung, die Neuronen,

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Hormonsuche im Abwasser„ESTR-A-LISER“ kann schon geringste Spuren nachweisen

stützen und ernähren. Seit einigen Jahren mehren sich aber die Anzei-chen, daß dem unterschätzten Ner-venkitt eine wichtigere Rolle zuzu-billigen ist.

Die Wissenschaftler um Profes-sor Dr. Christian Steinhäuser und seinen Schweizer Kollegen Profes-sor Dr. Andrea Volterra konnten die-se Vermutungen nun durch moleku-larbiologische und elektronenmi-kroskopische Untersuchungen von Hirnpräparaten überzeugend unter-mauern: „Wir haben in Astrozyten bestimmte Transportproteine ge-funden, die man zuvor nur aus Ner-venzellen kannte“, erklärt Steinhäu-ser. In den Neuronen befüllen diese

„molekularen Förderbänder“ klei-ne innerzelluläre Speicherbläschen (Vesikel) mit dem Botenstoff Glut-amat. „Wir konnten zeigen, daß es derartige Glutamat-Vesikel auch in den Astrozyten gibt – bislang wur-de diese Annahme zum Teil vehe-ment bestritten. Die Transportpro-

teine sitzen in der Membran dieser Bläschen.“ In Zellkulturen wiesen die Forscher nach, daß die Bläschen auch funktionieren: „Werden die Astrozyten durch Aktivierung eines bestimmten Rezeptors stimuliert, verschmelzen die Vesikel von innen mit der Zellmembran und geben da-bei ihren Inhalt – das Glutamat – in den Raum zwischen dem Astrozy-ten und seinen Nachbarzellen ab.“

Flotte Reaktion

Das Ganze funktioniert ziemlich flott: Schon nach 0,2 Sekunden ha-ben sich die meisten Speicherbläs-chen entleert – die chemische Si-gnalübertragung zwischen zwei Nervenzellen funktioniert nur we-nig schneller. Der freigesetzte Bo-tenstoff aktivierte zudem unmit-telbar Glutamat-Rezeptoren in be-nachbarten Zellen, die die Forscher dort zuvor als „Meßsensoren“ abge-legt hatten.

Die untersuchten Astrozyten stammten aus dem Hippokampus, einer Seepferdchen-ähnlichen Hirn-struktur, die bei Lern- und Gedächt-nisprozessen eine wesentliche Rol-le spielt. Hippokampus-Astrozyten verfügen über eine riesige Zahl fein verzweigter Fortsätze; ein einziger Astrozyt aus dieser Region kann durch den Ausstoß von Glutamat theoretisch bis zu 140.000 Synapsen beeinflussen, die nicht unbedingt in direkter räumlicher Nachbarschaft liegen müssen. „Das astrogliale Glutamat-Signal könnte daher dazu dienen, eine große Zahl von Neu-ronen zu modulieren“, erklärt Pro-fessor Steinhäuser. Sollte diese Vor-stellung stimmen, wären die Glia-zellen unversehens zu wichtigen Funktionsträgern im Hirn aufge-rückt – mit den Astrozyten als Di-rigenten, die ein vieltausendstimmi-ges Orchester aus Nervenzellen im Takt halten.

FL/FORSCH

Sexualhormone im Wasserkreislauf werden unter anderem als „Spermienkiller“ verdächtigt. Sie wirken schon in äußerst geringen Konzentrationen, die nur mit großem Aufwand nachzuweisen sind. Wissenschaftler der Universität Bonn haben nun in Zusammenarbeit mit der Dresdner Biotech-Firma „quo data“ einen Antikörper-Test entwickelt, der um den Faktor zwanzig kostengünstiger ist als bis-her eingesetzte Nachweis-Methoden. Das Meßgerät ist zudem ex-trem einfach und sicher in der Handhabung. Die Projektpartner ha-ben ihre Neuentwicklung inzwischen zum Patent angemeldet.

Zumindest bei Fischen ist inzwi-schen gut dokumentiert, daß Rück-stände der Anti-Baby-Pille im Was-ser bei ihnen großen Schaden an-richten können: Männliche Forellen werden weniger fruchtbar, jun-ge Brassen bilden in ihrem Hoden plötzlich Eizellen, bei Karpfen ver-schiebt sich das Geschlechterver-hältnis zu Gunsten weiblicher Tiere. Auch daß in westlichen Industrielän-dern die Spermienzahl bei Männern seit Jahrzehnten sinkt, ist vielleicht der Wirkung künstlicher Östroge-ne zuzuschreiben. Immerhin schei-nen Mäusespermien unter dem Ein-fluß östrogenähnlicher Chemikalien schneller zu reifen und ihre Frucht-barkeit zu verlieren. „Die Crux vie-ler Medikamente ist, daß sie im Kör-

per nur langsam abgebaut werden“, erklärt Dr. Rudolf J. Schneider vom Institut für Pflanzenernährung. Das gilt auch für die Wirkstoffe in der Anti-Baby-Pille: Ein gro-ßer Teil des darin enthaltenen künstlichen Östrogens Ethiny-lestradiol (EE2) wird von den Frauen mit dem Urin unverän-dert ausgeschieden, gelangt ins Abwasser und von dort in die Kläranlagen. „Im Kläranlage-nablauf liegt die EE2-Konzen-tration zum Teil um den Fak-tor 50 über dem Schwellenwert, bei dem in Regenbogenforellen Effekte nachzuweisen sind“, so der Forscher.

Dr. Schneider hat nun zu-sammen mit seiner Mitarbei-

terin Therese Hintemann und der Firma quo data in Dresden in einem aus EU-Mitteln geförderten Projekt ein Gerät entwickelt, das sowohl EE2 als auch das natürliche Östro-gen 17β-Östradiol (E2) noch in win-zigen Spuren nachweisen kann. E2 und EE2 wirken noch in Konzentra-tionen von weniger als einem Mil-liardstel Gramm pro Liter – wür-de man zwei Kilopakete Zucker in den Chiemsee schütten und kräftig rühren, käme man auf eine ähnli-

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che Verdünnung. „Der exakte Nach-weis solch kleiner Mengen ist selbst mit teurer Technik eine Herausfor-derung“, so Schneider. Zudem kön-nen schon kleine Ungenauigkeiten bei der Vorbereitung und Analyse der Proben das Ergebnis erheblich verfälschen. Ziel der Projektpartner war daher eine empfindliche, ko-

stengünstige und vor allem „nar-rensichere“ Alternativmethode, die auch von Nicht-Fachkräften einfach zu handhaben ist.

Dazu griffen die Entwickler auf ein bewährtes Messprinzip zurück: Beim sogenannten ELISA-Test bin-det die nachzuweisende Substanz – in diesem Fall also beispielsweise

das EE2 – an hochspezifische Anti-körper. Es konkurriert dabei mit ei-ner chemisch veränderten EE2-Va-riante, die nach Zugabe von einer Art Indikator eine Farbreaktion aus-lösen kann. Je mehr EE2 in der Pro-be ist, desto mehr Antikörper kann es blockieren. Entsprechend weni-ger Platz bleibt also für die modi-fizierte EE2-Version; die Farbreak-tion fällt gering aus. Ein optischer Sensor mißt nun die Färbung, aus der das Gerät dann die EE2-Kon-zentration in der Probe errechnen kann – soweit die Theorie.

In der Praxis sieht das jedoch erheblich komplizierter aus: „Wenn man dieselbe Probe mehrmals mißt, die verschiedenen Reagenzien aber nicht exakt nach derselben Zeit-spanne zugibt, können die Ergeb-nisse sehr unterschiedlich ausfal-len“, erklärt Therese Hintemann. Im Labor führt man derartige ELI-SA-Tests üblicherweise auf Anti-körper-beschichteten Mikrotiter-platten durch, die knapp hundert winzige Vertiefungen aufweisen – eine pro Messung. So empfindlich ist die Methode, daß selbst der Ort der Messung – also welche Ver-tiefung genommen wird – das Er-gebnis beeinflussen kann. „Unser ESTR-A-LISER mißt daher jede Probe mehrmals und wählt da-bei die entsprechende Vertiefung

auf der Mikrotiterplatte nach dem Zufallsprinzip“, so die Doktoran-din am Institut für Pflanzenernäh-rung. Weitere Testverbesserungen, an denen auch ihr Kollege Christian Schneider mitwirkte, und eine spe-zielle statistische Auswertemethode, die von „quo data“ entwickelt wur-de, ermöglichen eine Steigerung der Meßempfindlichkeit um den Faktor 10. Zudem eicht sich das Gerät je-des Mal vor einer Messung selbst, indem es eine Reihe von Standard-Konzentrationen mißt.

Das alles funktioniert dank des neuartigen Geräteprinzips und der von der „quo data“ programmier-ten Computersteuerung voll auto-matisch – Standardlösungen und bis zu acht Proben in den Proben-ständer, Klappe zu, und nach drei Stunden liegen die Ergebnisse vor. Unter zehn Euro kostet eine Mehr- fachanalyse mit dem ESTR-A-LI-SER; herkömmliche High-End-Me-thoden sind mit etwa 200 Euro pro Einzelprobe erheblich teurer. Das Umweltbundesamt Wien sowie das chemische Institut der Universität Aveiro in Portugal testen das Gerät momentan im rauhen Praxisalltag –

„alles Anwender, die mit den Tük-ken von ELISA-Tests nicht vertraut sind“, verrät Dr. Schneider. „Denn gerade Nicht-Fachleute sollen ja vom ESTR-A-LISER profitieren.“

FL/FORSCH

High-Tech nach Vorbild der NaturBionik-Kompetenznetz unter Beteiligung der Universität Bonn

Der australische Feuerkäfer Merimna atrata kann sich für Waldbrände erwärmen: Er verfügt über einen Sen-sor, der besonders auf Infrarot-Strahlung anspricht, die von brennendem Holz ausgeht. Zoologen der Uni-versität Bonn haben diesen „Sinn für’s Brenzlige“ in-zwischen kopiert und einen bionischen Waldbrand-Sensor entwickelt. Um Ideen wie diese geht es im deutschlandweiten Bionik-Kompetenznetz BIOKON II. In Bonn beteiligen sich Botaniker und Zoologen an die-ser „Transferstelle für Patentlösungen aus der Natur“.

„Das Netzwerk ist Anlaufstelle für Industrie und Wissenschaftler, die ein Problem haben, das sie mit Hil-fe bionischer Verfahren lösen möch-ten“, erklärt der Botaniker Zdenek Cerman. „Wir vermitteln dazu die Kooperationspartner, die bereits Er-fahrungen mit der entsprechenden

Aufgabenstellung haben und viel-leicht helfen können.“ Das Netzwerk will zudem Informations-Work-shops für Politik und Wirtschaft an-bieten und über Messebesuche den schnellen Transfer der Erkenntnisse in die Industrie erreichen.

Bereits vor drei Jahren hatte das BMBF ein Bionik-Netz eingerich-tet – damals schon unter Beteili-gung der Arbeitsgruppe von Profes-sor Dr. Wilhelm Barthlott vom Bota-nischen Institut. Professor Barthlott ist der Entdecker des Lotus-Effekts: Aufgrund ihrer Oberflächenstruktur perlt Schmutz von Lotusblättern ein-fach ab. Die Beobachtung wird heu-te bei zahlreichen Industrieproduk-ten genutzt, beispielsweise für ein

Silikonwachs, das zum Schutz vor Dreck einfach auf die unterschied-lichsten Materialien aufgesprüht

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Die Meßmetho-de ist so empfindlich,

daß selbst der Ort der Messung – also wel-

che Vertiefung ge-nommen wird – das Ergebnis beeinflus-

sen kann.

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werden kann. In BIOKON II koope-rieren deutschlandweit 18 Partner an 15 verschiedenen Standorten, darun-ter die Universitäten Berlin, Saar-

brücken und Karlsruhe, die über lan-ge Bionik-Erfahrung verfügen. Neu hinzugekommen in der nun begin-

nenden zweiten Phase ist beispiels-weise der neue Bonner „Knoten-punkt Biosensorik“.

Vorbild Elefantenrüsselfisch

Hier forscht man – neben den schon genannten Infrarotfühlern – bei-spielsweise an Strömungs-Meßge-räten, die sich an den Seitenlinien-organen der Fische orientieren, oder an einer Art „Elektro-Ortung“:

„Schwach-elektrische Fische wie der afrikanische Elefantenrüsselfisch erzeugen regelmäßig elektrische Pulse von wenigen Volt Spannung und messen gleichzeitig über Hun-derte von Hautsensoren das elek-trische Feld, das sich dabei um sie aufbaut“, erklärt Professor Dr. Ger-hard von der Emde. Gegenstände in ihrer Nähe „verzerren“ das elek-trische Feld; die Fische erhalten so ein komplexes elektrisches Bild ih-

rer Umgebung. „Nach diesem Vor-bild lassen sich beispielsweise völlig neuartige Abstandsmeßgeräte kon-struieren, aber auch Sensoren, die Materialfehler in Produkten finden oder sogar Hautkrankheiten detek-tieren und vermessen können. Wir suchen gerade nach Diplomanden oder Doktoranden, die einen Proto-typ bauen und austesten möchten.“

„Für viele Aufgaben, an denen sich Ingenieure die Zähne ausbei-ßen, hat die Natur im Laufe der Evo-lution innovative Lösungen entwik-kelt“, bekräftigt Zdenek Cerman.

„Wer dieses natürliche Know-how für technische Produkte nutzt, kann unter Umständen viel Zeit und Geld sparen.“

FL/FORSCH

Ausführliche Informationen fin-den sich im Internet unter www.bionik-netz.de.

„Grüner Daumen“ garantiertNeuartiger Dünger macht es Pflanzenfreunden einfach

Die Dosis macht das Gift – diese alte Paracelsus-Weisheit gilt auch für’s Düngen: Bei permanentem Nährstoff-Notstand verkümmern Veilchen und Ficus, zuviel Dünger kann der grünen Pracht sogar voll-ends den Garaus machen. Agrar-wissenschaftler der Universität Bonn haben nun einen neuartigen Dünger zum Patent angemeldet, der nicht nur Pflanzenliebhabern ohne den sprichwörtlichen „Grünen Dau-

men“ helfen soll. Ein auf die Kultur abgestimmtes Depot gibt über viele Monate hinweg immer die passen-de Nährstoff-Menge ab, ohne daß – wie bei anderen Depot-Düngern – die Gefahr besteht, daß der Boden

„versalzt“. Auch Gärtnereien könn-ten von dem umweltschonenden Verfahren profitieren.

Mit den bekannten „Dünge-stäbchen“ hat die Neuentwicklung nichts gemein: „Die halten nur vier

bis sechs Wochen – je häufiger man gießt, desto kürzer“, erklärt Maria Hogrebe, die am Bonner Institut für Pflanzenernährung promoviert. „Un-ser Ziel ist, daß der Gärtner nur ein-mal pro Jahr den Depotdünger zu-gibt und sich danach nicht mehr dar-um kümmern muß.“ Doch nicht alle Pflanzen haben die gleichen Ansprü-che; daher versucht die Doktoran-din momentan, den Düngemix für verschiedene Kulturen zu optimie-ren. Die Wissenschaftler suchen nun nach Industriepartnern, die den De-potdünger in Serie produzieren.

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Der Elefantenrüssel-fisch könnte als Vor-bild für Sensoren die-nen, mit denen sich Hautkrankheiten de-tektieren lassen.