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b Kooperationen im Rahmen von Open-Innovation-Ansätzen redu-zieren beim Innovationsprozess das Risiko einzelner Unternehmen und beschleunigen die Entwicklung und Kommerzialisierung neuer Produkte und Anwendungen. Ent-scheidend dabei sind die effiziente Zusammenarbeit von industriellen Partnern entlang von Wertschöp-fungsketten und akademische Un-terstützung. Die öffentlich geför-derte Innovationsallianz Carbon Nanotubes (Inno.CNT) forscht, um Kohlenstoffnanoröhren herzu-stellen, zu modifizieren und weiter zu verarbeiten.
Märkte suchen
b Neue Materialien wie Kohlen-stoffnanoröhren (Carbon Nanotu-bes, CNT) stehen am Anfang zahl-reicher Wertschöpfungsketten. Die mechanischen, elektrischen und thermischen Eigenschaften verlei-
hen CNT einen Plattformcharak-ter: Sie sind für unterschiedliche Bereiche verwendbar.
Weltweit bieten nur wenige Un-ternehmen – davon zwei aus Deutschland – CNT in kommer-ziellen Quantitäten und Qualitäten an. Der geringen Zahl von Liefe-ranten stehen viele potenzielle Ein-satzgebiete gegenüber. Noch nicht bekannt sind jedoch disruptive An-wendungen, also solche, die ein be-stehendes Produkt möglicherweise vollständig verdrängen.
Bis heute bleibt die Marktdurch-dringung von CNT-basierten Pro-dukten und Anwendungen hinter den Prognosen zurück. Zu den Gründen dafür zählen die Komple-xität der Weiterverarbeitung zu Zwischenprodukten und die Iden-tifizierung von Anwendungen, die unter Aufwand-Nutzen-Betrach-tungen ein neues Material und des-sen komplexe Verarbeitungspro-zesse rechtfertigen.
Vernetzen
b Die Aktivitäten zur Kommerzia-lisierung von CNT eignen sich be-sonders für einen Open-Innovation-Ansatz: Viele potenzielle Anwender zeigen Interesse, es zeichnen sich aber keine bevorzugten Anwendun-gen ab. Die Ressourcen der wenigen Materiallieferanten reichen nicht aus, um alle Wertschöpfungsketten zu unterstützen. Zudem sind CNTs in einer vorwettbewerblichen Pha-se, die eine partnerschaftliche Zu-sammenarbeit ohne Wettbewerbs-hindernisse ermöglicht.
Um einen Leitmarkt für CNT-haltige Produkte zu unterstützen, entstand Inno.CNT. Federführend ist Bayer, das Bundesministerium für Bildung und Forschung unter-stützt die gesamte Forschungsalli-anz. Deren 27 Projekte haben ein Gesamtfinanzvolumen von 90 Mio. Euro, davon sind etwa 50 % öffent-lich gefördert.
Péter Krüger, Holger Hoffschulz, Ingo Michelfelder
Der Open-Innovation-Ansatz macht es möglich: 90 Partner aus Industrie und Wissenschaft erforschen
gemeinsam Kohlenstoffnanomaterialien.
Effizient in die Zukunft
BChemiewirtschaftV
Das mit CNT gebaute Solarflug-
zeug während eines Testflugs.
(Foto: Jean Revillard/rezo.ch)
Nachrichten aus der Chemie| 60 | Dezember 2012 | www.gdch.de/nachrichten
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Inno.CNT arbeitet in 22 Projek-ten an CNT-haltigen Produkten in Energie, Umwelt, Mobilität, Leicht-bau und Elektronik. Eine gemeinsa-me Basis legen drei Querschnitts-projekte für anwendungsrelevante Grundlagen zur Herstellung, Modi-fizierung und Weiterverarbeitung der CNT. Zwei weitere Projekte er-forschen Sicherheitsaspekte CNT-haltiger Produkte entlang ihrer Le-benszyklen.
Die Vernetzung der Anwen-dungs- und Querschnittsprojekte bereitet den Weg für die breite Nut-zung der Arbeitsergebnisse. Dabei ist der Austausch von Ergebnissen und Informationen wichtig. Die en-ge Verbindung bewirkt eine neue Qualität in der Zusammenarbeit ei-ner so großen Zahl unterschiedli-cher Partner. Basis für die angestreb-te offene Kommunikation bildet ein Kooperationsvertrag zwischen den 90 Partnern, der die Geheimhaltung und den Umgang mit Erfindungen regelt. Eine gemeinsame Intranet-Plattform, Workshops zu überge-ordneten Themen und eine regel-mäßig stattfindende Jahrestagung fördern den Informationsaustausch unter den Projektpartnern.
Analysieren
b Um den Erfolg in einem solchen komplexen Open-Innovation-An-satz einschätzen zu können, beglei-tet und analysiert eine wissenschaft-liche Arbeit Inno.CNT. Dabei zeigt sich, dass ein großer Teil der Wert-schaffung nicht nur innerhalb der einzelnen Projekte stattfindet, son-dern auch zwischen den Projekten. Durch die Zusammenarbeit in der Allianz kommt es zu einer sehr ho-hen Zahl an neuen Kontakten und Ideen, die für die Teilnehmer neue, nicht geplante Wertschaffungspo-tenziale eröffnen.
Innovationsnetzwerke sind häu-fig entweder eher lose Ideennetz-werke zur Exploration neuer Wert-schaffungsmöglichkeiten oder klei-nere Entwicklungsnetzwerke mit größtenteils bekannten Partnern, in denen es dann zur Umsetzung der Ideen kommt. Inno.CNT verbindet
beide Elemente in einem Netzwerk. Gleichermaßen wichtig sind dabei drei Faktoren: • die Größe und Diversität,• die Entwicklungsarbeit und der
Austausch, beispielsweise mit den Querschnittprojekten und
• ein Kooperationsvertrag für die Kommunikation.
Der Erfolg des Ansatzes spiegelt sich in der Zufriedenheit der Teilnehmer wider. Die 35 Interviews zeigten ei-nen hohen Wert für die erwartete Zielerreichung, und es war kein Ge-sprächspartner dabei, der sich nicht wieder für eine Teilnahme entschei-den würde. Die Leitung durch Bayer und einige zentrale Teilnehmer sind
weitere Erfolgskriterien des Netz-werks. Inno.CNT ist damit ein Bei-spiel für eine neue Organisations-form zwischen traditioneller For-schung und Entwicklung innerhalb eines Unternehmens sowie dem Open-Innovation-Ansatz.
Péter Krüger, promovierter Physiker, leitet den
Cluster Inno.CNT bei Bayer Materialscience in
Leverkusen. [email protected]
Holger Hoffschulz, promovierter Physiker, ist
Clustermanager von Inno.CNT bei Bayer Tech-
nology Services in Leverkusen
Ingo Michelfelder ist wissenschaftlicher Mit-
arbeiter am Lehrstuhl für Entrepreneurship
und Innovationsmanagement der TU Berlin.
KFZ-Stoßfänger mit CNT-modifizierten Schaumteilen. (Foto: Ruch Novaplast)
Dreiwalzwerk, das CNT-Agglomerate in flüssigen und pastösen Medien dispergiert.
(Foto: Exakt Apparatebau)
Solarzellen (links) und Kohlenstofffaserstruktur mit CNT eines Flügels des Flugzeugs, das im
Jahr 2015 ausschließlich mit Sonnenenergie um die Erde fliegen soll.
. (Foto: Stéphane Gros, Solar Impulse)
Nachrichten aus der Chemie| 60 | Dezember 2012 | www.gdch.de/nachrichten
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