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Einführung Laser sind nicht nur in der Dermatologie, der Opthalmologie und der ästhetischen Medizin unverzichtbar geworden, sondern auch in der modernen Zahnheilkun de. Diese neue Wirk- lichkeit in der Welt der Zahnheilkunde spie- gelt sich in den bestehenden wissenschaft- lichen Gesellschaften – hier z.B. der DGL (Deutsche Gesellschaft für Laserzahnheil- kunde als Mitglied der DGZMK) oder der WFLD (World Federation of Lasers in Dentis- try) –, einer Vielzahl von Publikationen, Jour- nalen, Fachbücher und Kongressen. Hervor- zuheben ist, dass in Deutschland seit über zehn Jahren die RWTH Aachen als führendes Institut den nach den Washington-Kriterien weltweit akkreditierten Masterstudiengang für Laserzahnheilkunde anbietet. Von dieser internationalen Entwicklung blieb die Kieferorthopädie nicht unberührt. Seit den ersten Anregungen durch Hilgers und Tracey (2004) für den kiefer orthopädischen Einsatz von Diodenlasern wurden zunehmend wei- tere Einsatzmöglichkeiten mit zum Teil unter- schiedlichen Laserquellen beschrieben. In dem 2004 herausgegebenen Arbeitsbuch von Gut- knecht, Grümer, Kleemann „Der Fidelis Plus- Laser von Fotona“ werden zum ersten Mal Indikationen, Parameter und Behandlungs- abläufe in der Kiefer orthopädie mithilfe eines High-End-Er:YAG-Lasers beschrieben. Nach über zehn Jahren Anwendungserfah- rung hat sich gezeigt: Lasertechnologie hat das Potential, nicht nur extravagante kiefer - orthopädische Probleme zu lösen, sondern auch als viel benutzte Hilfe in der Alltagsrou- tine – in der täglichen Praxis eines Kiefer - orthopäden – unverzichtbar zu sein. Die Kieferorthopädie in den Praxen hat sich auch weiterentwickelt. So hat innerhalb des Fachbereichs ein Paradigmenwechsel stattge- funden mit verstärkter Orientierung auf inter- disziplinäre Aspekte. Es geht heute nicht mehr ausschließlich um die mechanische und funk- tionelle Einflussnahme auf Zahn- und Kiefer- fehlstellungen mittels herausnehmbarer und festsitzender Apparaturen. Die Behandlungen beziehen zunehmend Aspekte aus der Paro- dontologie, ästhetischen Zahnheilkunde, Im- plantologie, Oralchirurgie und konservieren- den Zahnheilkunde ein: Durch gezielten Ein- satz der Lasertechnologie lassen sich hier ri- siko- und instrumentenarm viele weich- und hartgewebliche Probleme, die sich vor, nach oder im Laufe der kieferorthopädischen Be- handlung ergeben, relativ schonend und schmerzarm lösen. Beispielhaft genannt seien störende Wangen-, Lippen- oder Zungen- bändchen, ein unregelmäßiger Gingivaverlauf (Abb. 1), Gummy Smile, entzündliche Gingiva- hyperplasie, störendes Operculum, Zahnreten- tion und -verlagerung, Wanderungsparodon- titis, Mundschleimhautläsionen, Deminerali- sationen sowie Schmelzhypoplasien. Auf der anderen Seite beziehen die kieferortho- pädischen Kolleginnen und Kollegen zuneh- mend Aspekte der Optimierung der kieferortho- pädischen Behandlung ein: der Wunsch nach Erleichterung und Beschleunigung von Zahn- bewegungen, die zeitnahe Einbeziehung von erschwert oder verzögert durchbrechenden Zähnen, die Behandlung orthodontischer Schmerzen, die Verbesserung der Bracket- verlustrate, das sichere Platzieren von tem- porären Minipin apparaturen (Abb. 2), die Er- leichterung der Bracketpositionierung bei ge- ringer Kronenhöhe oder die gefahrlose Ent- fernung von Brackets. Eine dritte Seite, die labortechnische Seite der Kieferorthopädie, wird oftmals unterschätzt und völlig getrennt von der Behandlung ge- sehen. Aber gerade hier kann die Lasertech- nologie – mit gravierenden Auswirkungen auf die Behandlung – punkten: Mit keiner ande- Laser in der KFO-Praxis 88 I KOMPENDIUM 2015 Ein Beitrag von Dr. M.Sc.Peter Kleemann , Kieferorthopäde und Master of Science Laserzahnheilkunde aus Dinslaken. Laser in der KFO-Praxis – Klinik und Labor Teil I Abb. 1: Korrektur unregelmäßiger Gingivaverlauf. – Abb. 2: Photodynamische Therapie bei hyperplastischer Gingivitis an Minipinapparaturen. – Abb. 3 und 4: Mit geringem Auf- wand lassen sich grazile, stabile wie hochgenaue Apparatu- ren labortechnisch fertigen. Abb. 1 Abb. 2 Abb. 3 Abb. 4

Ein Beitrag von Dr. M.Sc.Peter Kleemann , …...beziehen zunehmend Aspekte aus der Paro - dontologie, ästhetischen Zahnheilkunde, Im - plantologie, Oralchirurgie und konservieren

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Einführung

Laser sind nicht nur in der Dermatologie, derOpthalmologie und der ästhetischen Medizinunverzichtbar geworden, sondern auch in dermodernen Zahnheilkun de. Diese neue Wirk-lichkeit in der Welt der Zahnheilkunde spie-gelt sich in den bestehenden wissenschaft-lichen Gesellschaften – hier z.B. der DGL(Deutsche Gesellschaft für Laserzahnheil-kunde als Mitglied der DGZMK) oder derWFLD (World Federation of Lasers in Dentis-try) –, einer Vielzahl von Publikationen, Jour-nalen, Fachbücher und Kongressen. Hervor-zuheben ist, dass in Deutschland seit überzehn Jahren die RWTH Aachen als führendesInstitut den nach den Washington-Kriterienweltweit akkreditierten Masterstudiengangfür Laserzahnheilkunde anbietet.Von dieser internationalen Entwicklung bliebdie Kieferorthopädie nicht unberührt. Seit den

ersten Anregungen durch Hilgers und Tracey(2004) für den kiefer orthopädischen Einsatzvon Diodenlasern wurden zunehmend wei-tere Einsatzmöglichkeiten mit zum Teil unter-schiedlichen Laserquellen beschrieben. In dem2004 herausgegebenen Arbeitsbuch von Gut-knecht, Grümer, Kleemann „Der Fidelis Plus-Laser von Fotona“ werden zum ersten Mal Indikationen, Parameter und Behandlungs-abläufe in der Kiefer orthopädie mithilfe einesHigh-End-Er:YAG-Lasers beschrieben. Nach über zehn Jahren Anwendungserfah-rung hat sich gezeigt: Lasertechnologie hatdas Potential, nicht nur extravagante kiefer -orthopädische Probleme zu lösen, sondernauch als viel benutzte Hilfe in der Alltagsrou-tine – in der täglichen Praxis eines Kiefer -orthopäden – unverzichtbar zu sein.Die Kieferorthopädie in den Praxen hat sichauch weiterentwickelt. So hat innerhalb desFachbereichs ein Paradigmenwechsel stattge-funden mit verstärkter Orientierung auf inter-disziplinäre Aspekte. Es geht heute nicht mehrausschließlich um die mechanische und funk-

tionelle Einflussnahme auf Zahn- und Kiefer-fehlstellungen mittels herausnehmbarer undfestsitzender Apparaturen. Die Behandlungenbeziehen zunehmend Aspekte aus der Paro-dontologie, ästhetischen Zahnheilkunde, Im-plantologie, Oralchirurgie und konservieren-den Zahnheilkunde ein: Durch gezielten Ein-satz der Lasertechnologie lassen sich hier ri-siko- und instrumentenarm viele weich- undhartgewebliche Probleme, die sich vor, nachoder im Laufe der kieferorthopädischen Be-handlung ergeben, relativ schonend undschmerzarm lösen. Beispielhaft genannt seienstörende Wangen-, Lippen- oder Zungen-bändchen, ein unregelmäßiger Gingivaverlauf(Abb. 1), Gummy Smile, entzündliche Gingiva-hyperplasie, störendes Operculum, Zahnreten-tion und -verlagerung, Wanderungsparodon-titis, Mundschleimhautläsionen, Deminerali-sationen sowie Schmelzhypoplasien.Auf der anderen Seite beziehen die kieferortho-pädischen Kolleginnen und Kollegen zuneh-mend Aspekte der Optimierung der kieferortho-pädischen Behandlung ein: der Wunsch nachErleichterung und Beschleunigung von Zahn-bewegungen, die zeitnahe Einbeziehung vonerschwert oder verzögert durchbrechendenZähnen, die Behandlung orthodontischerSchmerzen, die Verbesserung der Bracket-verlustrate, das sichere Platzieren von tem-porären Minipin apparaturen (Abb. 2), die Er-leichterung der Bracketpositionierung bei ge-ringer Kronenhöhe oder die gefahrlose Ent-fernung von Brackets.Eine dritte Seite, die labortechnische Seite derKieferorthopädie, wird oftmals unterschätztund völlig getrennt von der Behandlung ge -sehen. Aber gerade hier kann die Lasertech-nologie – mit gravierenden Auswirkungen aufdie Behandlung – punkten: Mit keiner ande-

Laser in der KFO-Praxis

88 I KOMPENDIUM 2015

Ein Beitrag von Dr. M.Sc.Peter Kleemann , Kieferorthopäde und Master of Science Laserzahnheilkunde aus Dinslaken.

Laser in der KFO-Praxis –Klinik und LaborTeil I

Abb. 1: Korrektur unregelmäßiger Gingivaverlauf. – Abb. 2:Photodynamische Therapie bei hyperplastischer Gingivitisan Minipinapparaturen. – Abb. 3 und 4: Mit geringem Auf-wand lassen sich grazile, stabile wie hochgenaue Apparatu-ren labortechnisch fertigen.

Abb. 1 Abb. 2

Abb. 3Abb. 4

Laser in der KFO-Praxis

ren Technik gelingt es, so grazile, so stabileund werkstoffverträgliche Apparaturen zuschaffen oder intelligent zu erweitern – unddas ergonomisch mit geringem Aufwand undeiner Präzision vergleichbar mit SchweizerUhrwerken (Abb. 3 und 4).Die konsequente Nutzung der vielfältigen Möglichkeiten der Lasertechnologie in der kie-fer orthopädischen Praxis kann die Behand-lungszeit verkürzen und die Effizienz kiefer -ortho pädischer Maßnahmen erhöhen. Auchdie Qualität der Behandlungsresultate kannverbessert werden, z.B. durch die verlässliche,deutliche Erhöhung des Brackethaftverbun-des bei techniksensiblen Verfahren (Minibra-cketsysteme, Lingualretainer, Fadenretainer,Lingualbracketsysteme, indirektes Klebevefah-ren, set-up-basiertes Straight-Wire-Bracke-ting, Molarenbracketing statt -bebänderungetc.) oder durch die minimal-invasive Freile-

gung von Zähnen oder die Möglichkeit, nachOperculotomie atraumatisch Bänder oder Bra-ckets setzen zu können. Auch lassen sich z.B. durch Zahnform- undGrößenanomalien (Boltondiskrepanzen) be-dingte kieferorthopädisch und ästhetischstörende Lückenbildungen und interproximale„dunkle Dreiecke“ durch laserunterstützteZahnformkorrektur perfekt korrigieren. Dashängt u.a. damit zusammen, dass man mittelsLaser sehr kontrolliert und blutungsfrei dieTaschen öffnen, ein Sulcus-Troughing und ei -ne Gingivoplastik ausführen kann, um dannanatomisch korrekt die Formkorrektur mittelsKomposittechnik durchführen zu können.Mit Erweiterung des Einsatzspektrums nimmtauch die Anzahl der mit Laser behandeltenkieferorthopädischen Patienten stetig zu. FürAnfänger aber auch erfahrene Anwender derLasertherapie sind daher genaue Kenntnisse

in der Bewertung der Laserbehandlung beiunterschiedlichsten Indikationen ein Muss. Leider gibt es für die Zielgruppe der Kiefer -orthopäden bislang nur rein zahnärztlich ge-prägte Laserkurse und Dentallaser mit den dazugehörigen Bedienungsanleitungen. Dievorliegende dreiteilige Artikelserie soll dieseLücke schließen – mit einer Einführung sowieeinem Überblick über die Einsatzmöglichkei-ten der Lasertechnologie in der KFO-Praxis inKlinik und Labor.Ein wesentliches Ziel ist hierbei – im Unter-schied zu bekannten Veröffentlichungen – dieinteressierte Kieferorthopädin bzw. den inter-essierten Kieferorthopäden mit den Schlüs-selkonzepten des Lasers vertraut zu machenund ein umfassendes Verständnis des Laser-einsatzes in der Kieferorthopädie zu geben.Dann ergeben sich die meisten Antworten wievon selbst!

KOMPENDIUM 2015 I 89

Konventionelles chirurgisches Verfahren Minimalinvasives laserunterstütztes Verfahren

Abb. 5:Schmerzarme und minimalinvasive Behandlung dank Lasertechnologie.

Abb. 6: Multiwave-Gerät bestehend aus gepulstemNd:YAG- und Er:YAG-Laser.

Abb. 7: Diodenlasergepumpter 2� Nd:YAG Laser alsTischgerät.

Abb. 8 und 9:Zwei Beispiele für Softlaser.

Ga Al As 830 nmIn Ga Al P 660 nm

Ga Al As 808 nm

Abb. 8

Abb. 9

Dreiteilige Artikelserie

Die Artikelserie ist wie folgt gegliedert: Im ersten Abschnittwird der Autor zunächst überdie Motivation sprechen verbunden mit derFrage: Warum Kieferorthopädie mit Laser?Dann wird ein Überblick gegeben hinsichtlichder in Frage kommenden Laser und Anwen-dungen in der Kieferorthopädie. Selbstver-ständlich muss auch über die spannende Ge-schichte des Lasers und die physikalischenGrundlagen und Begriffe gesprochen werden.Danach werden drei Experimente zu Schlüs-selkonzepten des Lasers durchgeführt, gefolgtvon einer Einführung in die Systematik undNomenklatur der Laseranwendungen, sodassder Leser in der Vielfalt der Laseranwendun-gen nicht den Überblick verlieren kann.Im zweiten Abschnitt wird es spannend, da der Autor dann unmittelbar mit den wichtigs -ten und am häufigsten genutzten klinischenLaseranwendungen beginnen wird und die Le-ser ihr Grundlagenwissen anwenden dürfen. Im dritten Abschnittwird auf die Konzepte derLaseranwendung im zahntechnischen Laboreingegangen. Fortbildungen über den Laser-

einsatz im Labor waren bislang von Zahntech-nikern dominiert. Umso wichtiger ist es für einen Fachzahnarzt für Kieferorthopädie, dieLaserstrahlschweißtechnik auch aus der Sichteines Kieferorthopäden und Laserfachmanneserläutert zu bekommen. Abschließend folgtei ne Zusammenfassung.

Zur Motivation: Warum Kieferorthopädie mitLaser? Wenn wir über den interdisziplinärenTellerrand schauen, sehen wir, dass die Kie-ferorthopädie im Brennpunkt verschiedenerZahnheilkunde-Disziplinen steht, wie z.B.der ästhetischen Zahnheilkunde, präventivenZahnheilkunde und Kinderzahnheilkunde. Die

Laser in der KFO-Praxis

90 I KOMPENDIUM 2015

ablativ nonablativ ablativ nonablativ

Laserbondingzur Bracketklebetechnik

Laserdebondingzur Bracketentfernung

Freilegung/Knochenzur Einordnung retinierter undverlagerter Zähne

Mikroosteo perforationzur Beschleunigung der Zahnbewegung

Photopolymerisationzur Bracketklebetechnik

MetallLaserschweißen

zur Metallverbindung in derKFO-Technik

Gingivektomiezur korrekten Platzierung

Frenektomiezur Diastemakorrektur

Operculotomiezur erleichterten Zahneruption

Freilegungzur Einordnung retinierter undverlagerter Zähne

Insertion Minipinszur Ankörnung und erleichterten Insertion

Biostimulationzur kieferorthopädischenGewebeaktivierung

Hartgewebe Weichgewebe

Abb. 15:Übersicht derzeit bekannter orthodontisch indizierter Anwendungen.

Abb. 14a, b:Ausgangsmenü und Überblick: Multiple Tools innerhalb einer Laserquelle (a). Per „Knopfdruck“ ausgewähltes Tool, hier Gingivakorrektur (b).

Orthodontisch indizierte Laseranwendungen

Abb. 10:Diodenlaser-Tischgerät mit 810 nm. –Abb. 11:Kariesdiagnostikgerät. –Abb. 12:Gepulster Nd:YAG-Laborlaser. –Abb. 13:Diodenlaser-Standgerät mit 810 nm/Superpulstechnik.

In Ga Al P 665 nm

Diode 810 nm

Diode 810 nm

Abb. 10

a b

Abb. 11 Abb. 12 Abb. 13

Lasertechnologie steht ebenfalls im Brennpunktdieser Disziplinen. So macht es Sinn, beide zu-sammenzubringen, um die gute „alte“ Kieferor-thopädie effizienter und vielseitiger zu machen.Seien Sie nicht überrascht: Es existiert einestarke Affinität zwischen Kieferorthopädie undLasertechnologie. Beide sind minimalinvasivmit einem Minimum an Schmerzen und Blu-tung, beide erfordern jedoch eine fundierteKenntnis der biophysikalischen Interaktion.Zur klinischen Motivation: Unsere kieferortho-pädischen Patienten haben ein hohes Vertrauenin uns Kieferorthopäden und sind schmerzarmebzw. schmerzfreie Behandlungen gewohnt.Durch konventionelle chirurgische Verfahrenkönnten die Patienten abgeschreckt werden.Hier bietet die Lasertechnologie die Möglich-keit der schmerzarmen und minimalinvasivenBehandlung bei geringsten Risiken (Abb. 5). Klinisch können bestehende Hindernisse quasi„on the fly“ in kürzester Zeit und mit großerLeichtigkeit beseitigt und die kieferorthopädi-sche Behandlung erleichtert werden. MöglicheKomplikationen, vor allem bei festsitzenden

und minipin-basierten Behandlungen, lassensich mittels Laser relativ einfach und auf direk-tem Wege in der kieferorthopädischen Praxis lö-sen, ohne dass der Patient auf die Inanspruch-nahme einer externen Hilfe angewiesen ist.Zur labortechnischen Motivation: Oftmals sinddie angebotenen vorgefertigten Apparaturenrelativ teuer und passen nicht auf den konkre-ten Behandlungsfall. Hier kann durch Laser -schweißtechnik die vorhandene Apparatur re -lativ einfach erweitert oder von vorneherein –und das oft viel schneller – individuell und preis-günstiger hergestellt werden. Auch lassen sichkonventionelle Apparaturen durch lasertechni-sche Zusatzteile einfach und rasch verbessern.Weiterhin gilt: Korrosionsanfällige Lötverbin-dungen können durch gesundheitlich unbe-denkliche, stabile und optisch saubere laserge-schweißte Metallverbindungen ersetzt werden.

KFO-relevante Laserquellen

Im Folgenden wird ein Überblick über diegängigen kieferorthopädisch relevanten La-

serquellen und Laseranwendungen gegeben:Wir benutzen in unserer Praxis folgende Wel-lenlängen: Das absolute Highend-Lasergerät,das das größtmögliche Anwendungsspektrumabdeckt, ist ein Multiwave-Gerät, bestehendaus einem gepulsten Nd:YAG- und Er:YAG-Laser in einem relativ großen 80kg schwerenfahrbaren Kombinationsgerät (Abb. 6). DerEr:YAG-Laser ist der Teil mit dem schwenkba-ren Spiegelgelenkarm und einem Handstück,das einem konventionellen Winkelstück äh-nelt. Daneben befinden sich die beiden Faserndes Nd:YAG-Lasergerätes. Die Handstückeähneln eher einem Stift, durch den die Glas -faser durchgeführt und verklemmt ist. Daneben sehen Sie den diodenlasergepump-ten 2�Nd:YAG Laser als separates Tischgerät.Seine Wellenlänge liegt mit 532nm im sicht-baren grünen Bereich (Abb. 7). Des Weiteren setzen wir zwei akkubetriebene so genannte Softlaser oder LLLT-Geräte ein, mitdenen die Wund- und Schmerzbehandlung undauch Laserakupunktur durchgeführt werdenkann (Abb. 8 und 9). Dann haben wir ein Dioden-lasergerät mit 810 nm als Tischgerät mit einemsehr feinen Handstück (Abb. 10). Dieses setzt unsere Prophylaxehelferin gern bei der aPDTein, in Fällen mit ausgeprägter Gingivitis. Wei -terhin benutzen wir ein Kariesdiagnostikgerät(Diagnodent) (Abb. 11), das auf dem Prinzip derLaserfluoreszenz bei kariösen Läsionen beruht.Nicht zu vergessen ist das Laserstrahlschweiß-gerät, ein gepulster Nd:YAG-Laser als Tisch-gerät mit Stereomikroskop und augensiche-rer optoelektronischer Abschirmung und inte-grierter Absauganlage und Argonschutzgas-zuführung (Abb. 12).Unser jüngstes Lasergerät ist ein komfortab lerDiodenlaser mit 810nm (Abb. 13). Dieses Laser-gerät ist ein Standgerät mit 20W Ausgangsleis-tung und einem großen Touchdisplay. In Zu-sammenarbeit mit der Firma Oralia haben wirdiesen typischen „Weichgewebslaser“ zumbislang einzigen auf dem Markt erhältlichen„kieferorthopädischen Laser“ konfiguriert: Dasheißt, es sind alle in der kieferorthopädischenFachpraxis relevanten Weichgewebeanwen-dungen übersichtlich und bequem abzurufen.Statt eines Fußanlassers erfolgt die Auslösungdes Laserstrahles hier per einfachen Tasten-druck. Der Diodenlaser ist besonders leistungs-fähig und ersetzt aufgrund seiner Ausstat-tungsmerkmale die beiden bisherig benutztenWeichgewebs-Lasergeräte, den Nd:YAG-Laserund den 2�Nd:YAG Laser.

ablativ nonablativ ablativ nonablativ

Kariestherapie Behandlung der Dentin-Hypersensitivität

Fibrom-Exzision

Vestibulumplastik

Therapie vonAphthen, Herpesund Schleimhaut-läsionen

Dekontaminationund Reinigung

AntibakteriellePDT

Akupunktur

Hartgewebe Weichgewebe

ablativ nonablativ ablativ nonablativ

Zahnformkorrekturstörender Zahnbreiten-/Zahn-formdiskrepanzen

Laserbleachingzur Korrektur störender Zahnverfärbungen

Gingivakorrekturzur klinischen Kronen -verlängerung

GingivakorrekturReduktion hyperplastischerGingiva

Ø

Hartgewebe Weichgewebe

Abb. 17:Überblick über die ästhetisch indizierten Laseranwendungen.

Abb. 16:Überblick über die orthodontisch assoziierten Laseranwendungen.

Orthodontisch assoziierte Laseranwendungen

Ästhetisch indizierte Laseranwendungen

Laser in der KFO-Praxis

92 I KOMPENDIUM 2015

Wie Sie sehen, gibt es eine Vielzahl von Laser-quellen: Innerhalb eines Lasers können zu-sätzlich multiple Tools ohne Instrumenten-wechsel realisiert werden – einfach dadurch,dass er durch einfachen Tastendruck zu einemgänzlich anders wirkenden Werkzeug umpro-grammiert werden kann (Abb. 14). Drücken wirdie Taste „Gingivakorrektur zur Bracketbefes-tigung“ werden die dazugehörigen Parameterautomatisch eingestellt und ein Fenster mitBedienungshinweisen springt auf.Bei dem Highend-Kombilaser funktioniert dasentsprechend, hier kann durch Tastendrucksogar zwischen zwei unterschiedlichen Laser-quellen umgeschaltet werden – den Er:YAG-oder Nd:YAG-Laser. Grundsätzlich ist diesesGerät jedoch für den dermatologischen unddentalen Bereich und nicht für den kieferor-thopädischen Bereich konfiguriert.

Laseranwendungen in der KFO-Praxis

Was sind denn nun die möglichen Laseranwen-dungen in der kieferorthopädischen Praxis? In Abbildung 15 ist eine Übersicht hinsichtlichaller derzeit bekannter orthodontisch indizier-ter Anwendungen dargestellt – geordnet nachHartgewebe- und Weichgewebe-Anwendun-gen und nach ablativem (abtragendem) bzw.nonablativem (nicht abtragendem) Modus. DerAutor wird im Rahmen der Artikelreihe z.B.über das Laserbonding zur Bracketklebetech-nik und im Rahmen des Laborteils über das La-serstrahlschweißen sprechen. Ganz ausführ-lich wird der Autor bei den Weichgewebean-wendungen auf die Gingivakorrektur zur Bra-cketplatzierung sowie auf die Biostimulationzur Gewebeaktivierung eingehen.

In Abbildung 16 ist ein Überblick über die as-soziierten Laseranwendungen dargestellt, alsoAnwendungen, die in einer KFO-Praxis wich-tig sind, jedoch nicht direkt orthodontisch in-diziert sind, z.B. Aphthen und Herpesbehand-lung sowie Dekontamination und Reinigung.Zu den ästhetisch indizierten Laseranwen-dungen gehören natürlich Laserbleaching unddie Gingivakorrektur zur klinischen Kronen-verlängerung (Abb. 17). Der oben vorgestellte810nm-Oralia-Diodenlaser deckt hierbei sehrviele Anwendungen ab, die in einer kieferor-thopädischen Überweiserpraxis relevant sind.

Geschichte und Anfänge des Lasers

1917 postulierte Albert Einstein in einer Schriftüber die Absorption und Emission von Licht,dass ein frei werdendes Photon bzw. Lichtteil-chen bewirken könne, dass ein angeregtesNachbaratom veranlasst wird, ein gleichgerich-tetes und gleichartiges Photon zu emittieren. Erbezeichnete dieses als induzierte Emission. Einer Arbeitsgruppe um Schawlow und Tow-nes gelang es, 1953 ein Gerät zu entwickeln, ei-nen Maser, der Mikrowellen in einem Hohl-raumresonator optisch verstärkt. Der Namedes Lasers geht auf Gordon Gould zurück undsteht für Light Amplification by StimulatedEmission of Radiation. Die Realisierung des ersten Lasers gelang T. Maiman 1960, weil er daran festhielt, dassder Rubin als laseraktives Medium genutzt wer-den könne. Danach erfolgte eine rasante Ent-wicklung: 1961 wurde der heute am häufigs tengenutzte Festkörperlaser, der Nd:YAG-Laser ent-wickelt. Erst 1988 wurde ein spezieller, für diedentalen Hartgewebe geeigneter Laser vonKeller und Hibst vorgestellt: der Er:9YAG-Laser.

Aufbau und Funktion eines Lasers

Spiegel 100 %

Pumpen

E2 E2 E2

E1 E1 E1

Spontane Emission

Absorption und Besetzungsinversion

Stimulierte Emission

Pumpen

Spiegel 90 %

Abb. 19:Aufbau und Funktion eines Lasers.

kohärent

monochrom

geringe Divergenz

hohe Lichtintensität

extrem kurze Lichtpulse

Lampe, LED Laser Laserstrahl

Was ist Laserlicht?

Abb. 18:Was ist Laserlicht?

Abb. 21

Laser in der KFO-Praxis

KOMPENDIUM 2015 I 93

Abb. 20 und 21: AufsetzbareGlasfaser-Tips und Applikatorenbietet der Oralia-Diodenlaser.

Abb. 20

Laser in der KFO-Praxis

94 I KOMPENDIUM 2015

Physikalische Grundlagen

Das sichtbare Licht setzt sich aus elektro-magnetischen Wellen bzw. einem Photonen-strom unterschiedlicher Wellenlängen vonca. 400 bis 700nm zusammen. Eine LED-Lampe strahlt diese Wellen ungeordnet in alleRichtungen ab. Im Unterschied hierzu strahltder Laser eng gebündelt mit geringer Diver-genz einen Strahl in einer Richtung ab, undzwar nur eine einzige Wellenlänge und dieseräumlich und zeitlich gleichphasig, das heißtkohärent. Eine Besonderheit des Lasers ist dieMöglichkeit, sehr kurze Pulse mit hoher Inten-sität abzugeben, sowie die Möglichkeit dereinfachen Dosierung und Steuerung (Abb. 18). Wie funktioniert der Laser? Ganz einfach! Inein bestimmtes Lasermedium wird Energiehineingepumpt, z.B. über Blitzlampen oderbeim Diodenlaser mittels Strom. Hierbei wer-den die Atome angeregt.

Beim Zurückfallen der Elektronen in den Grund-zustand wird Energie in Form des Quanten-sprungs frei, und ein Lichtteilchen, ein Photon,wird abgestrahlt. Das kann spontan und unge-ordnet passieren, aber auch gerichtet, geordnetdurch ein anderes, eintreffendes Photon. Dieseinduzierte Emission hat quasi einen Minilaser-strahl mit zwei genau gleichgerichteten kohä-renten Photonen zur Folge.

In einem sogenannten Resonator mit zweiSpiegeln kann dieser Prozess extrem verstärktwerden (Abb. 19). Als Lasermedium wie hierbeim Nd:YAG-Laser sind nur bestimmte Atomegeeignet. In diesem Fall sind es die laserakti-ven Neodymium-Ionen, die in einem hoch-transparenten YAG-Kristall eingelagert sind.Es muss nämlich die Möglichkeit bestehen,dass sich möglichst viele Elektronen auf ei-nem angeregten Niveau sammeln, die dannüber die stimulierte Emission schlag artigabgeräumt werden können. Bei dem Laser-übergang wird entsprechend der FormelE=hxµ ein Photon mit einer ganz bestimmtenWellenlänge abgestrahlt. Ein Laser ist also im-mer monochromatisch, und die Wellenlängeist ein ganz wichtiger Parameter.Beim Diodenlaser liegt am pn-Übergang Span-nung in Durchlassrichtung an. Hierbei rekom-binieren Elektronen aus dem Leitungsbandmit Löchern im Valenzband, wobei Energie in Form von Photonen freigesetzt wird. DerWirkungsgrad ist sehr hoch, vergleichbar mitLED-Leuchtdioden, und ein Dauerstrichstrahl– der cw-Strahl – wird propagiert. Die Pulsebei Diodenlasern entstehen durch Choppen,d.h. Ein- und Ausschalten. Große Missverständnisse gibt es immer wie-der bei den Begriffen Energie, Leistung undDosis. Grundsätzlich wird die Leistung auf dery-Koordinate in Watt, beim Pulsverlauf überdie Zeit dargestellt. Die Energie ist das Pro-dukt aus Leistung und Zeit. Sie bezahlen alsonicht die 100W einer Glühlampe, sondernwenn diese eine Stunde brennt, die Energievon 100 Wh bzw. 0,1kWh. Aufgrund kurzerPulse mit Pausen reduziert sich die Leistungentsprechend der Formel P = ExFrequenz. DieDosis ist die abgegebene Energiemenge proFlächeneinheit. Es ist beim Laser möglich, diegleiche Pulsenergie in sehr viel kürzerer Zeitzu applizieren, bei einer wesentlich höherenPulsspitzenleistung: Also wohlgemerkt, hier

Absorptionsspektrum für dentale Chromophore

DiodenlaserstrahlGewebeSchädigung

Wasserdampf

Auswurf von verflüssig-tem Gewebematerial

Koagulations-zone

reversibel

irreversibel

Abb. 23:Erster Wechselwirkungsmechanismus: photothermische Ablation.

Abb. 24: Zweiter Wechselwirkungsmechanismus: photomechanische Ablation. Er:YAG-Laserstrahl: Verdamp-fungsgeschwindigkeit bewirkt Mikroexplosion und unspezifische oberflächliche Abtragung

Er:YAG-Laserstrahl

Abb. 22: Laser-Gewebe-Wechselwirkung in Abhängigkeit von der Laserwellenlänge.

ist die Pulsenergie gleich und die Durch-schnittsleistung auch, jedoch nicht die Puls-spitzenleistung!Zur Strahlführung: Am Austrittsfenster wirdder Laserstrahl durch unterschiedliche Strahl-führungssysteme zum Applikator des Ar-beitsinstrumentes geführt. Beim Er:YAG-Laserwird der Strahl verlustfrei durch einen aus-balancierten Spiegel-Gelenk-Arm propagiertund am Ende durch eine Saphirspitze oderein Saphirfenster geführt. Beim Diodenlaserwird der Strahl mit gewissen Verlusten durch

ein Glasfaserkabel mittels Totalreflexion wei -tergeführt. Der Mantel, das Fiber-Cladding,sollte dabei nicht beschädigt sein, was vordem Arbeiten zu überprüfen ist. Eine Beson -derheit beim Oralia-Diodenlaser ist das breiteHandstück mit der Möglichkeit, diverse Faser-Tips und Applikatoren aufsetzen zu können(Abb. 20 und 21).Welche Laserquellen sind für die Kieferortho-pädie interessant? Das wären 532nm-Laserim sichtbaren Bereich, Diodenlaser, undNd:YAG-Laser im nahen IR-Bereich sowieEr:YAG-Laser im mittleren Infrarotbereich.

Laser-Gewebe-Wechselwirkung

Trifft Laserlicht auf Gewebe, geht ein Teildurch Reflexion und Streuung und gegebe-nenfalls durch Transmission verloren. Wirk-sam wird das Laserlicht durch die Absorptionin den sogenannten Chromophoren. Hierbeiwird Wärme erzeugt, Fluoreszenz oder einephotochemische Reaktion (Abb. 22). Dieses Absorptionsspektrum ist die wichtigs -te Kurve für den Laserspezialisten. Sie zeigt,wie unterschiedlich die Wellenlängen vonden verschiedenen dentalen Chromophorenabsorbiert werden. Der Er:YAG-, der Nd:YAG- und der 2�-Nd:YAG-Laser sind an markanten Stellen des Absorp-tionsspektrums positioniert. Der Er:YAG-Laserzeigt eine hohe Absorption in Wasser, derNd:YAG-Laser eine mittlere Absorption und der2�Nd:YAG-Laser eine minimale Absorption.Der Nd:YAG-Laser zeigt ein mittlere Absorp-tion in Melanin und Hämoglobin, während der2�:Nd:YAG-Laser eine hohe Absorption in Hä-moglobin und Melanin zeigt. Da die dentalenGewebe sich unterschiedlich aus den Zielchro-

mophoren zusammensetzen, ist die Laserwir-kung je nach Wellenlänge unterschiedlich. Es gibt zwei unterschiedliche Wechselwir-kungsmechanismen: 1. Die photothermischeAblation (Abb. 23). So wird beim Diodenlaserbei Temperaturen über 100 Grad Celsius dasGewebe verdampft bzw. photothermisch ab-getragen. Bei 60 Grad findet eine Protein-De-naturierung und Koagulation statt und beiTemperaturen über 200 Grad eine Verkohlungbzw. Karbonisation.2. Die photomechanische Ablation (Abb. 24):Beim Er:YAG-Laser führt die starke explo-sionsartige Absorption im Wasserfilm zu ei-nem Hartsubstanzabtrag ohne großen ther-mischen Eintrag. Man spricht von photome-chanischer Ablation und von „kaltem“ Laser.Durch Erniedrigung des Pulses kann derphotomechanische Effekt reduziert und durchdie Verbreiterung des Pulses der thermischeEintrag erhöht werden.Der Wechselwirkungsmechanismus wirdauch bestimmt durch die Pulsspitzenleistung.Im Extremfall beim Ultrakurzpulslaser (hohePulsspitzenleistung, extrem kurzer Puls) wirddie Materie in Form eines Plasmas aufgelöstohne thermischen Eintrag.

Lasersicherheit

Von Laserlicht gehen Gefahren aus für Augenund Haut, auch die Verdampfungsprodukte kön-nen gefährlich sein. Das Auge ist besonders ge-fährdet aufgrund der Fokussierung der fast pa-rallelen Laserstrahlen auf die Netzhaut und dieMakula mit einem Durchmesser von ca 10µm. Der Er:YAG-Laser kann für die Cornea wegenseiner hohen Wasserabsorption gefährlich sein.Am gefährlichsten sind jedoch die Laser im in-

Abb. 27: Kennzeichnung der Schutzbrille: Schutz-stufe, Wellenlänge, Betriebsart.

Abb. 28: Der Laserraum wird vorschriftsmäßig miteinem Warnschild gekennzeichnet.

Abb. 25: Behandlungssituation: Zur minimalinvasiven und präzisen Vorgehensweise werden der Einsatz einerLupenbrille mit 2,3-facher Vergrößerung und ein starkes Zusatzlicht zur Laserschutzbrille empfohlen.

Abb. 26: Die DIN-Norm EN 60825-1 unterscheidetverschiedene Laserklassen.

Laser in der KFO-Praxis

KOMPENDIUM 2015 I 95

Laser in der KFO-Praxis

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fraroten Wellenlängenbereich, da sie sehr gutin Wasser transmittieren und von den Pigmen-ten in der Netzhaut absorbiert werden. Eine Laserschutzbrille ist Pflicht bei jeder Behandlung mit einem Laser der Klasse 4(Abb. 25). Die DIN-Norm EN 60825-1 unter-scheidet verschiedene Laserklassen, je nachden Grenzwerten zugänglicher Strahlung (Abb.26). Das ist die Strahlung, die vom Laser aufden Menschen trifft. In der Laserklasse 4 istauch die Streustrahlung gefährlich. Die maxi-mal zulässige Bestrahlung ist der Wert (z.B.für das Auge), ab dem eine Schädigung mög-lich ist, und die MZB-Werte dürfen nicht über-schritten werden (Abb. 27).Neben der DIN Norm 60825 gibt es die Un -fallverhütungsvorschriften: Bevor Sie IhrenLaser benutzen dürfen, müssen Sie den Be-trieb anzeigen und einen Laserschutzbeauf-tragten bestellen. Der Laser ist in der Regelnach einem Jahr einer Sicherheitsprüfung zuunterziehen. Nach der Arbeitsschutzverord-nung müssen zudem Ihre Mitarbeiter unter-wiesen werden. Wir haben in unserer Praxiseinen gekennzeichneten „Laserraum“ (Abb. 28).Hier sind auch die Laserschutzbrillen und Ap-plikatoren sofort griffbereit.

Drei Experimente zur Laseranwendung

Um die Schlüsselkonzepte der Laseranwen-dung zu verstehen, werden im Folgendendrei Experimente durchgeführt. Der Laser istdabei grundsätzlich als ein Konzentrator vonEnergie zu verstehen.Im ersten Experiment wird im Laserstrahl-schweißgerät unter dem Mikroskop ein einzel-nes Haar (Dicke ca. 0,060mm) mit dem Laser-strahlschweißgerät bestrahlt und zerstört.Das zeigt die Konzentration der Energie imStrahlfleck. Grundsätzlich ist der Laser einKonzentrator von Energie räumlich in einenminimalen Strahlfleck. Das bedeutet, dass diegesamte Energie hier in einem Strahlfleck mitnur 0,2mm Durchmesser konzentriert wird(Abb. 29).Im zweiten Experiment werden drei unter-schiedliche Zielchomophore bestrahlt. Dasdemonstriert die unterschiedliche spektraleEnergieabsorption und ist Grundlage der se-lektiven Photothermolyse. Der Ballon wir alsoim schwarzen Punkt platzen, da hier die meis-ten absorbierenden Pigmente vorhanden sind(Abb. 30).

Im dritten Experiment wird ein Metallband miteiner Dicke von 0,15mm bestrahlt. Um den La-serstrahlfleck entsteht ein Schmelzbad, ohnedass es zur Perforation kommt. Über die Erhö-hung der Pulsenergie bei gleicher Zeit kanndann gezielt die Perforation des Bandes er-reicht werden. Der Laser ist also ein Konzentra-tor von Energie zeitlich in einen kurzen Puls(Abb. 31).

Nomenklatur und Systematikvon Laseranwendungen

Aufgrund der Vielzahl von Laseranwendun-gen verliert man schnell den Überblick. Da-her habe ich eine Nomenklatur entwickelt,die einer einfachen Frageformel folgt: Wofür– Was – Wie – Womit (Abb. 32)?Wofür meint: Orthodontisch indizierte, ästhe-tisch indizierte und assoziierte Laseranwen-dungen. Wasmeint: Was soll bestrahlt werden:Hart- oder Weichgewebe? Wie meint: Ablativ(abtragend) oder non-ablativ? Womit meint:Mit welchem Protokoll, Protokollname, Parame-ter, Konzept, Wirkungsweise? So ist jeder andereAnwender in die Lage gesetzt, die Laseranwen-dung in genau gleicher Weise durchzuführen.

Abb. 29:Erstes Experiment: Laserstrahlung auf winzigen Punkt – ein Haar.

0,2 mm

Der Laser ist ein Konzentrator von Energie – räumlich in minimalen Strahlfleck Effekt nur im Laserfokuspunkt (Wechselwirkungszone)

gelb

rot

schwarz

Der Laser ist ein Konzentrator von Energie – spektral in 1 Wellenlänge Selektiv unterschiedliche Absorption durch unterschiedliche Absorber

Abb. 30:Zweites Experiment: Laserstrahlung auf drei unterschiedliche Chromophore.

Abb. 31:Drittes Experiment: Laserstrahlung auf Metallband mit Einzelpulsen.

Der Laser ist ein Konzentrator von Energie – zeitlich in sehr kurzen Einzelpuls Intensität des Einzelpulses entscheidet über Wirkung

WWWW–WOMIT?

WOFÜR? INDIKATIONSGRUPPE

WAS? ZIELGEWEBE

WIE? MODUS

WOMIT? PROTOKOLL

Protokoll-name

Parameter Konzept Wirkungs-weise

ErwartetesklinischesResultat

(+)(?)(–)

(+) Erfolgsversprechend(?) Fraglich erfolgsversprechend(–) Nicht erfolgsversprechend

Abb. 32:Nomenklatur: Wofür – Was – Wie – Womit?

Beim Laserbonding handelt es sich gemäß derSystematik um eine orthodontisch indizierteLaseranwendung auf das Hartgewebe „Zahn-schmelz“ im ablativen Modus. Das Protokoll istknapp, aber präzise beschrieben: Das Konzeptist eine verbesserte Reinigung und Konditio-

nierung zum orthodontischen Kleben. DieWirkungsweise basiert auf der Entfernungdes restlichen Debris und Pellikels und der Er-zeugung eines mikroretentiven Ätzmusters. Die Parameter sind dabei eindeutig angege-ben: Laserwellenlänge mit Pulsdauer @ Puls-

energie @ Pulsfrequenz @ Luft/Wasser-Spray(Abb. 1). Das erwartete klinische Resultat istpositiv: Man erzielt einfach und schnell einsauberes mikroretentives Ätzmuster, auch inschwierigen klinischen Situationen wie z.B.beim Einsetzen von Lingualretainern. Zum Laser Bonding verwenden wir den Er:YAGLaser und ein kurzzeitiges Etching. Werfen wireinen Blick auf die Chairside-Behandlung:Zunächst scannen wir die Klebeflächen mitdem Er:YAGHandstück Zahn für Zahn. DiePulsdauer ist sehr kurz (90µs) und die Puls-energie sehr niedrig (70mJ), nahe der Abla-tionsschwelle. Die Frequenz beträgt 20Hz.Wir verwenden ein Wasser-Luft-Spray. Mankann erkennen, dass es ein sehr sauberes undschnelles Verfahren ohne jede Unbequem-lichkeit für den Patienten ist (Abb. 2 und 4). Beachten Sie, dass Dekalzifikationen, die inder konventionellen Klebetechnik proble-matisch sind (Abb. 3), mit Laserbonding sehrgut beklebt werden können! Das Handstückwird senkrecht zur Zahnoberfläche in einemAbstand von ca. 5mm gehalten (Abb. 4). Jetztwerden die Zähne trockengelegt und dieSäureätztechnik für 15 bis 25 Sekunden an -gewandt. Das ist notwendig zur Dekontami-nation und zur Schaffung der definitivenmikroretentiven Struktur. Die Klebeflächenhaben ein frostiges Aussehen (Abb. 3 und 5). Jetzt wird ein chemisch härtendes Sealantaufgebracht (Abb. 6). Beachten Sie bitte dieausgezeichnete Absorption des Sealants. Dasvorbereitete Transfertray mit den Minibra-ckets und dem Bracketkleber wird nun posi-tioniert und für 15 Sekunden an Ort und Stellefestgehalten. Schließlich werden die Traysentfernt. Das ist ein ausgezeichneter Test fürdie Klebekraft. Die selbstligierenden Mini-brackets und die lingualen Attachments kön-nen nun voll belastet werden!Bracketverluste sind ein Problem, besondersbei sensiblen Techniken wie Minibrackets undMolarenbrackets. Es ist schwierig, 28 Zähne ineiner Sitzung so zu bekleben, dass diese füreine Behandlungsdauer von ca. zwei Jahrennicht verlorengehen. Bracketverluste sind eineVergeudung an Geld, Zeit und Präzision: Im

Im zweiten Teil unserer Artikelserie steht der Laser in der kieferorthopädischen Klinik im Mittelpunkt. Hierbei soll

zunächst auf die Hartgewebeanwendungen eingegangen werden, wobei mit dem Laserbonding begonnen wird.

Teil II

Laser in der KFO-Praxis

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ORTHO-HA-LBONDING.Er:YAG@90µs@70mJ@20Hz@air/water

Protokollname Parameter Konzept Wirkungsweise ErwartetesklinischesResultat

Laser Bonding Er:YAG Laser90 µs @ 70mJ @20 Hz @ air/water Acid etching 15 –25 s

Verbesserte Reinigung & Kon-ditionierung zumorthodontischenKleben

– Entfernung desrestlichen Debris& Pellikels

– Erzeugung mikroretentivenÄtzmusters

(+)

Abb. 1: Laserbonding: Normenklaturname mit exakter Beschreibung des Protokolls.

Abb. 2 und 4: Zum Laserbonding scannt man mit dem Er:YAG-Laserhandstück senkrecht zur Zahnoberflächeund in einem Abstand von ca. 5mm. –Abb. 3 und 5:Frostig aussehende Klebeflächen. –Abb. 6:Aufbringen ei-nes chemisch härtenden Sealants. – Abb. 7: Sicherer Haftverbund und hohe Belastbarkeit der Klebestellennach Laserbonding.

Abb. 2 Abb. 3

Abb. 4 Abb. 5

Abb. 6 Abb. 7

Laser in der KFO-Praxis

Straight-Wire-Konzept sollten die optimalenBracketpositionen über die gesamte Behand-lungszeit beibehalten werden.Auch bei Set-up-basierten Techniken, wiebeim SPEED-Positioner, sollten die Bracketssicher halten. Das gilt auch für das bandloseBENEFIT-System (Abb. 7). Hier wäre ein mög-licher Verlust des palatinalen Attachments so-gar mit der Gefahr der Aspiration verbunden.Das Ergebnis des Laserbonding ist die gegen -über reinem Etching höhere Verlässlichkeitdes Klebeverbundes. Die REM-Bilder zeigenbeim Etching die gleichmäßige Aufrauung sowie die Unregelmäßigkeiten nach Laser-bestrahlung. Durch die Kombination von La-ser und Etching entsteht eine gleichmäßigehonigwabenartige Struktur.Was sind die Unterschiede zur Mikroabrasion?Laserbonding ist natürlich wesentlich einfacherund sauberer durchzuführen, ohne Verletzung

KOMPENDIUM 2015 I 99

Erhöhter Haftverbund bei geringerer Streuung gegenüber Säure-Ätztechnik–Niedrigere Bracketverlustrate–Weniger Behandlungsunterbrechungen

Er:YAG-Laser + ETCHING ACID

80 mJ, 4 Hz

Abb. 8:Vorteile des Laserbondings gegenüber dem Etching ohne Vorbehandlung.

Abb. 9 und 10: Laserbonding von Lingualretainern. –Abb. 11 und 12: Laserdebonding von Keramikbrackets. Abb. 13: Im Vorteil: Laser-Behandlungsoption.

Generelles Konzept–Gewinn der Zustimmung des Patienten zur„sanften“ Behandlung

– Laser ist minimalinvasiv und hat positives Patienten-Image

Laserpuls

Gewebeprobe

Ablation

Energiedichtever -teilung im Gewebe

Restenergie

Konzept des Superpulsing– kürzestmögliche Pulsdauer(< thermische Relaxationszeit)

– Ausreichende Pulsspitzenleistung

Abb. 14: Laser und atraumatisches Arbeiten. Vorteile eines supergepulsten Diodenlasers.

Abb. 9

Abb. 11

Abb. 10

Abb. 12

der Gingiva. Bei beiden Verfahren kann mangegenüber konventioneller Reinigung mitProphylaxepaste eine bessere und sicherereReinigung erzielen. Die Haftwerte bei Mikro-abrasion und Etching sind jedoch leicht höher.Unser Konzept ist es, das Laserbonding auf allen zugänglichen Zähnen anzuwenden: Sokönnen wir sicher sein, die Bracketverlustratebestmöglich zu reduzieren. Das bedeutet: DieBehandlung kann in der Spur gehalten wer-den, und die Behandlungsziele können zeit-gerecht erreicht werden. Das verbessert in -direkt die Qualität der Behandlung (Abb. 8).Das gleiche Protokoll kann erfolgreich bei Lin-gualretainern angewandt werden, die oft langeZeit getragen werden. Eine Wiederbefestigungdes Retainers ist dabei sehr schnell und ohneGefahr der Schädigung des Retainerdrahtesdurchführbar, da es keine Laserabsorption gibt.Beachten Sie bitte die ausgezeichnete Reinigungund das frostige Aussehen der Klebeflächen.Auch hier wird ein kurzes Etching durchgeführt.Das Bracketsealant wird aufgebracht und derRetainer mit einem fließfähigen Komposit be-deckt und auspolymerisiert (Abb. 9 und 10).

Mit einem veränderten Protokoll ist das Laser-bonding sogar für keramische Oberflächen in den meisten Fällen anwendbar. Der Autorsetzt hierfür den Er:YAG Laser mit der superkurzen Pulsdauer (50µs) und der sehr hohenPulsenergie von 400mJ ein. Anschließend wirdauf die Klebefläche für ca. eine Minute ein Sea-lant aufgebracht. Nach dem Aufbringen desSealants wird das Bracket geklebt. BeachtenSie bitte, dass das Laserbonding auch für Minibrackets an überkronten Molaren einenzuverlässigen Bracketverbund ermöglicht.Eine weitere Hartgewebeanwendung ist dasLaserdebonding von Keramikbrackets. DasKonzept ist hierbei das leichtere Entfernen derBrackets. Beim konventionellen Debondingvon Keramikbrackets besteht bekanntermaßendas Risiko des Schmelzausrisses. Der Autor hat

daher ein besonderes Protokoll entwickelt: DieWirkungsweise basiert hier auf der photome-chanischen Ablation mit wesentlich geringe-rem Temperatureintrag. Hierzu wird ein kurz-gepulster Er:YAG-Laser mit einer Leistung von1W ohne Wasserspray eingesetzt. Dies ist ein Protokoll, das ohne jegliches Risikofür Pulpa und Zahnschmelz funktioniert. DieKeramikbrackets springen spontan ab oderkönnen leicht entfernt werden, ohne jeglicheSchmerz- oder Temperatursensation. Es gibtkeine Karbonisationsspuren an der Bracket-basis und die entfernten Brackets schauen wieneu aus (Abb. 11 und 12). Der Autor bespricht nun die sehr wichtigen undsehr häufig vorkommenden kieferorthopädi-schen Weichgewebelaseranwendungen – undhier zunächst die ablativen Anwendungen:Mit dem kieferorthopädischen Weichgewebe-management hat sich bereits Zachrisson ein-gehend auseinandergesetzt.Problematisch beim konventionellen Vorgehensind die Blutung, die Wundheilung mit mög-licher Narbenbildung, die Schmerzen und dieSchwierigkeit, mit dem Skalpell zu modellie-ren. Vorteilhaft beim Laser sind das positiveImage und die Möglichkeit der minimalinvasi-ven schmerzarmen, komplikationsfreien Be-handlung (Abb. 13).Was die Anästhesie betrifft, benötigt der Lasergrundsätzlich weniger Anästhesie, aber diesesollte schmerzfrei und korrekt erfolgen. Des-wegen sind Laserbrille, Oberflächenanästhe-sie und druckarme Injektion sowie ein Testenorm wichtig.Im Folgenden sollen ein paar Anmerkungenzum atraumatischen Arbeiten mit dem Laser

Laser in der KFO-Praxis

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Abb. 15: Anwahl „Gingiva-korrektur zur korrekten Bra-cketplatzierung“ per Touch -screen beim Oralia-Laser.

Abb. 17: Vor- und Nach-teile Hochfrequenz-Chi -rurgiegerät vs. Lasergerät.

Abb. 16a–d: Gingiva-korrektur zur korrektenBracketplatzierung.

Gingivakorrektur zur korrekten BracketplatzierungHochfrequenzchirurgie-Gerät – Eine Alternative?

12 Wochen später

a b

c d

Laser in der KFO-Praxis

erfolgen: Der Diodenlaser arbeitet, wie wirwissen, photothermisch. Daher muss unbe-dingt vermieden werden, dass das Zielge-webe durch eine zu hohe Leistungseinstel-lung verbrannt wird und das Nachbargewebethermisch geschädigt wird. Der supergepulsteDiodenlaser, z.B. der 810nm-Oralia-Laser,bietet die Möglichkeit, im Extremfall bei einer20-Watt-Einstellung hochenergetische Ein-zelpulse abzugeben und dazwischen Pausenzu schalten, damit das Nachbargewebe ent-sprechend der thermischen Relaxationszeitabkühlen kann und nicht geschädigt wird. Diesaubere, fast exakt rechteckförmige Pulsqua-lität unterstützt dieses Prinzip. Das klinische

Ergebnis hängt also sehr von der Einstellungder richtigen Parameter ab (Abb. 14).Wir kommen zu einer der wichtigsten An -wendungen, nämlich der Gingivakorrektur zurkorrekten Bracketplatzierung, die hier beimOralia-Laser direkt angewählt werden kann(Abb. 15). Das Ziel ist es, an schwer zugäng-lichen Zähnen – wie in diesem Fall durch Gin-givektomie – Platz für die Bracketplatzierungzu schaffen (Abb. 16).Schauen wir uns den Lasereinsatz am Behand-lungsstuhl bei einem typischen Patienten mitMultibracketapparatur und einem unvollstän-dig durchgebrochenen, stark rotierten Zahn 43an. Wir applizieren wenige Tropfen Lokalanäs-

thetikum. Zur Freilegung wird der Er:YAG-Laser auf lange Pulsdauer mit 900µs und ohneLuft-/Wasser-Spray eingestellt, um eine opti-male Hämostase zu erzielen. Hier wird ein Non-Kontakt-Handstück in einer Entfernung von ca. 1 cm benutzt. Außerhalb des Fokus erhaltenwir einen größeren Laserspot und vermeidenso scharfes Schneiden. Wir erzielen eine rasche,effektive Ablation und Reduktion der Gingiva. Man benötigt eine gute Absaugung, um Ge-ruchsbildung zu vermeiden. Der Eckzahn wirdum ca. 5mm freigelegt und die Wundränderwerden sauber geglättet. Es ist keine Karboni-sation und nur eine geringe Blutung erkenn-bar. Nun wird Bracketsealant appliziert undder Zahnschmelz beklebt. Bei der klassischenGingivektomie mit einem Skalpell wäre diesofortige Bracketplatzierung wegen der Blu-tung äußerst problematisch. Anschließendwird ein hochflexibler NiTi-Bogen eingesetzt,um den stark rotierten Eckzahn auszurichten.Nach zwei Wochen ist die ausgezeichnete Re-generation der Gingiva erkennbar, wobei derEckzahn fast ausgerichtet ist. Warum sollte ein teures Lasergerät eingesetztwerden, wenn das gleiche Ergebnis mit einemmodernen Hochfrequenz-Chirurgiegerät er-reicht werden kann? In Abbildung 17 sind dieVor- und Nachteile vom Hersteller einmalgegenübergestellt, wobei der Laser – hier ein6W-Laser, also unteres Leistungssegment –im oralchirurgischen Schneiden mit mittlererNote abschneidet, aber sonst nur Bestnotenaufweisen kann (z.B. was Dekontamination,Wundheilung, Bleaching betrifft). Der größteNachteil ist, dass beim HF-Gerät eine Neutral-elektrode benötigt wird, die sehr genau mitdem Rücken des Patienten Kontakt haben muss,und dass man nicht schichtweise abtragen undmodellieren kann. Um eine optimale Schneid-leistung beim Diodenlaser zu erreichen, ist wiegesagt eine aufwändigere Technik mit höhe-rer Leistung und Superpulsung vonnöten.

KOMPENDIUM 2015 I 101

Abb. 18 und 19: Freilegung eines verlagerten Eckzahns. –Abb. 20 und 21: Frenektomie mithilfe eines lange-pulsten Er:YAG-Lasers. –Abb. 22 und 23:Operculotomie zur Durchbruchsförderung eines zweiten Molaren.

Abb. 24 und 25: Ästhetische Gingivakorrektur zur klinischenKronenverlängerung. Immer volle Kontrolle dank Lasertechnik.Gewebeabtrag in senkrechter und tangentialer Arbeitsweise.

Abb. 18

Abb. 20

Abb. 22

Abb. 19

Abb. 21

Abb. 23

Abb. 24 Abb. 25

Als nächste Laseranwendung soll die Freile-gung von retinierten oder verlagerten Zähnengezeigt werden. Beim Diodenlaser arbeitetman bevorzugt mit dem stabilen 400µm-Faser-Tip. Die Puls-Pausen-Relation beträgt 1:7 bei20W. Mit dem langgepulsten Er:YAG- oderauch Nd:YAG-Laser sind Freilegungen eben-falls sehr gut möglich.Bei verlagerten Zähnen muss oft eine dünneKnochenschicht abgetragen werden. Hier istder gepulste Er:YAG-Laser die erste Wahl. Un-ser Konzept ist es hierbei, eine minimalinva-

sive schlüssellochförmige Freilegung durch-zuführen, um eine gute Wundheilung und einoptimales parodontales Ergebnis zu erzielen. Die Freilegung eines verlagerten Eckzahnesmittels Er:YAG-Laser funktioniert folgender-maßen: Nach Lokalanästhesie wird der dickeMukosa-Deckel zuerst mit dem Er:YAG Laserin der Weichgewebe-Einstellung in sehr kur-zem Arbeitsabstand ausgeschnitten. Jetztschalten wir das Luft-Wasser-Spray hinzu undarbeiten mit sehr kurzen Pulsen, um die Kno-chenschicht über dem verlagerten Eckzahn zu

entfernen. Natürlich tritt dabei etwas Blutungauf. In diesem Fall kommt der Patient eineWoche später zur Nachkontrolle. Mit dem 2�Nd:YAG Laser werden dann Weich-gewebereste blutungsfrei entfernt. Jetzt kannder Zahn geätzt und gespült sowie das Bra-cket geklebt werden. Der Eckzahn wird an ei-nen hochflexiblen Nickel-Titan-Bogen anligiert(Abb. 18 und 19). Durch die laserunterstützte minimalinvasive Freilegung können komplexechirurgische Verfahren weitestgehend vermie-den werden.

Laser in der KFO-Praxis

102 I KOMPENDIUM 2015

Abb. 27 bis 30: Markieren undStanzen in Vorbereitung einerMinipininsertion.

Abb. 26: Der „Wow-Effekt“ nach Gin -givakorrektur zur klinischen Kronenver-längerung: Regelmäßig stellt sich beiden Patienten pure Begeisterung ein.

VORHER NACHHER

Abb. 27 Abb. 28

Abb. 29 Abb. 30

Laser in der KFO-Praxis

Um ein Bracket sofort platzieren zu können,kann mit dem Oralia-Diodenlaser unmittelbarnach der Freilegung eine Blutungsstillung aus-geführt werden. Hierfür eignet sich der Dio-denlaser wegen seiner sehr hohen Absorptionin Hämoglobin und Oxyhamoglobin optimal.Bei größeren Blutungen hat sich übrigens dasBlaulicht der Polymerisationslampe bewährt.Die Applikationsdauer beträgt dabei 30 Sekun-den bei max. zwei Anwendungen.Der Autor kommt nun zur Frenektomie. Diesekann mithilfe verschiedener Laserquellenausgeführt werden und erleichtert den kie-ferorthopädischen Lückenschluss. In unseremBeispiel erfolgt die Frenektomie mit dem lan-gepulsten Er:YAG-Laser. Im Folgenden wird die Ausführung mit demEr:YAG-Laser bei einer achtjährigen, sehrängstlichen kleinen Patientin beschrieben.Zunächst erfolgt eine geringfügige Lokalanäs-thesie. Das Kontakt-Handstück des Er:YAG Lasers wird anschließend in einem Abstandvon ca. 1 mm gehalten. Wir ziehen am Frenu-

lum und tragen mit dem Laser entlang der In-sertionslinie sukzessiv kontrolliert ab (Abb. 20und 21). Da die junge Patientin sehr unruhigist, muss sehr schnell gearbeitet werden.

Wir verwenden weder Luft noch Wasser. Am Ende werden die Wundränder geglättet,um eine optimale Wundheilung zu erreichen.Bitte beachten Sie auch hier, dass es fast

KOMPENDIUM 2015 I 103

Er:YAG-Laser900 µs @ 200 mJ @10 Hz @ ohne Luft/Wasser

Abb. 37a–d: Gingivakorrektur bzw. Excision bei einer hyperplastischen Gingivitis um temporäres Minipin-Im-plantat.

a

c

b

d

Abb. 31 Abb. 32

Abb. 33 Abb. 34

Abb. 35 Abb. 36

VORHER NACHHER

Abb. 31: Gingivahyperplasie mit Pseudotasche. –Abb. 32 bis 34:Gingivakorrektur. –Abb. 35:Hyperplastische Gingivitis mit Pseudotaschen bei Multibracket-Patient. –Abb. 36:Nach Bracketentfernung und Gingivakorrektur.

VORHER

NACHHER

keine Blutung und keine Karbonisation gibt!Bei Patienten mit Zahndurchbruchsstörungender Molaren ist oft eine Operculotomie not-wendig. Unser Konzept ist die Entfernung stö-render Opercula, um einen günstigen Durch-bruch zu fördern.Ein weiteres Ziel ist es, die Mesialdrift zu ver-mindern und eine Molarendistalisation beiNon-Extraktionstherapie zu erleichtern.Die Ausführung mittels Er:YAG-Laser erfolgt infolgenden Schritten: Wir stellen beim Er:YAGLaser die Weichgewebeparameter ein – mitsehr langen Pulsen und ohne Wasser und Luft.Ein wenig Lokalanästhetikum wird injiziert,bis das Gewebe anämisch wird. Nun wird in

geringem Abstand der Rand des Operculumsgeschnitten. Danach wird dieses angehobenund abgeschnitten. Abschließend werden dieWundübergänge geglättet. Nach zwei Wochenkönnen die zweiten Molaren beklebt und ortho-dontisch eingeordnet werden (Abb. 22 und 23).Die nächste Laseranwendung ist die Gingiva-korrektur zur ästhetischen Kronenverlänge-rung. Eine rasche und grobe Gingivakorrekturkann mithilfe des langgepulsten Er:YAG-La-sers erzielt werden, während eine feine Kor-rektur der Gingiva mittels verschiedener faser-geführter Laser ausgeführt werden kann.Voraussetzung jeder ästhetischen Gingivakor-rektur sollte eine miniästhetische Analyse sein:

Laser in der KFO-Praxis

104 I KOMPENDIUM 2015

Abb. 38 und 39: Gingivakorrek-tur unmittelbar nach Insertionmit Formung eines natürlich an-mutenden Gingivaverlaufes.

– Laserbestrahlung vitaler Keime–Anschließende 48 h Bebrütung

Abb. 40:Bakterizide Wirkung von Laserstrahlung.

Membrane blebbing

Abb. 41:Parodontitis mit ver-tieftem Taschenbefund undBOP (bleeding on probing).

Abb. 38 Abb. 39

a b

c d

Abb. 41a–d:Glasfasergestützter Laser im Einsatz zur Taschendesinfektion. Laserabsorption in den Bakterienmembranen bewirkt deren Zerstörung.

unbestrahlt

bestrahlt

Laser in der KFO-Praxis

Als ideal wird angestrebt, dass der Inzisalkan-tenverlauf beim Lachen konvex und parallel zurUnterlippe verläuft und die Lachlinie ca. 1mmmarginale Gingiva beim Lachen freigibt. Patient und Eltern sind extrem erfreut und ge-radezu begeistert, weil hier durch den Eingriffohne Schaden für die Zahngesundheit undohne unnötige Belastung durch den operati-ven Eingriff eine dramatische ästhetische Ver-besserung erzielt werden kann – ein „Wow-Effekt“ mit unglaublich starker Wirkung fürdas Image einer Praxis (Abb. 24 bis 26).Wenn es um Präzison und Perfektion sowieeinen gesteuerten blutungsarmen Gewebe-abtrag geht, ist der Laser eindeutig dem Mi -kroskalpell überlegen.Eine weitere Indikation stellt das Markierenund Stanzen für die Minipininsertion dar. Hiererfolgt das Prozedere mithilfe des langegepuls -ten Er:YAG-Lasers. Durch das Markieren undStanzen werden die Insertionsorte gut sicht-bar und der Pilotbohrer rastet in die Zentrie-rungen fühlbar sicher ein (Abb. 27 bis 30). Ein exaktes Markieren und Stanzen ist vor al-lem bei der Doppel-Minipin-Technik am vor-deren Gaumendach hilfreich, da die zwei Pinsdann wesentlich genauer und ohne große Ab-weichungen inseriert werden können. Wir kommen nun zur Behandlung der Gin -givahyperplasie sowie Gingivakorrektur. Ers -tere kann mit unterschiedlichen Lasern erfol-gen, ähnlich wie bei der Gingivakorrektur zurBracketplatzierung. Ziel ist es, die Ästhetik undHygienefähigkeit wiederherzustellen (Abb. 31bis 34).Selbst eine exzellente Zahnpflege wird bei ei-ner ausgeprägten Gingivahyperplasie oft nichtzum Rückgang der Gewebeüberschüsse füh-ren. Mittels Methylenblau wird zunächst derSulkusboden markiert. Dann wird mit demEr:YAG Laser in der Weichgewebeeinstellungdas überflüssige Gewebe um die Papillen ein-fach abgeschnitten bzw. ablatiert. Nach undnach kann das Überschussgewebe anatomischreduziert werden (Abb. 35 und 36). Der klar gekennzeichnete Sulkusboden gibteine gute Orientierung, sodass eine versehent-liche Überbehandlung vermieden wird. Manbraucht lediglich ca. 20 Minuten für eine ganzeBehandlung im oberen und unteren Zahnbo-gen. Nach der groben Gingivakorrektur werdendie Zähne mit einem Ultraschallgerät gründ-lich gereinigt. Abschließend wird die feineGingivakorrektur mit dem 2� Nd:YAG-Laseroder Diodenlaser ausgeführt.

KOMPENDIUM 2015 I 105

Gingivitis Taschendesinfektion

Farbstoffmarkierung& Laseraktivierung

PhotochemischeMembranzerstörungdurch Singulett-Sauerstoff

Abb. 42:Applizieren eines Protoporphyrinfarbstoffs (Methylenblau) um inserierte Minipins und antibakteriellephotodynamische Laserbestrahlung.

Abb. 43:Photomechanische Dekontamination und Reinigung.

Zerstörungsfreie Reinigung der Mikrogewindeund Mikroschrauben

Er:YAG-Laser200 µs @ 100mJ @ 15 Hz @ Luft/Wasser

Abb. 44: Therapie von Herpes labialis.

Nd:YAG-Laser(3-5 W @ 20 Hz @ Non-Kontakt)

Dioden-Laser 810 nm (cw 20 W @ 1:10 @ 1,8 J @ 10 kHz @ Nonkontakt @ 400µm Faser)

Unser Konzept ist es, dem Patienten eine mini -malinvasive Gingivakorrektur anzubieten, umdie Hygienefähigkeit und Ästhetik bestmög-lich wiederherzustellen.Im Bereich von Minipins kommt es nicht seltenzu einer problematischen hyperplastischenGingivitis. Diese Wucherungen können relativeinfach und schmerzarm mittels Lasereinsatzentfernt und zur Ausheilung gebracht werden(Abb. 37a–d).Der in der Abbildung 37 dargestellte Patienthatte keine Beschwerden nach dem ca. 5-mi-nütigen Eingriff und war sehr glücklich überdie Gesundung seines Zahnfleisches und denErhalt der Minipins. Vorausschauend kann man unmittelbar nachder Insertion eine Gingivakor-rektur vornehmen und einen

natürlich anmutenden Gingivaverlauf mo-dellieren. Die ses Vorgehen un ter stützt sehrgut die Einheilphase sowie die Hygienefä-higkeit (Abb. 38 und 39).Im Folgenden seien sehr wichtige non-abla -tiven Weichgewebeanwendungen dargestellt,zunächst die Gingivitisbehandlung mittelsTaschendesinfektion. Gingivitis ist eine bak-teriell verursachte Entzündung des margina-len Zahnfleisches. Als Folge der erschwertenHygienefähigkeit kann sich bei einer Mini-pin-verankerten Apparatur um den Pin he-rum eine starke Gingivitis als Vorstufe zur Pe-riimplantitis entwickeln (Abb. 42). In diesemFall sollte ursprünglich die Apparatur bis zurweitestgehenden Ausheilung entfernt wer-

den. Dies konnte jedoch durcheine antibakterielle photody-

namische Lasertherapie vermieden werden.Mittels Lasertaschendesinfektion (Abb. 41a–d)können grundsätzlich die gramneg. anaerobenKeime in der Tiefe der Zahnfleischtasche zer-stört und die Gingivitis zur Abheilung gebrachtwerden. Die bakterizide Wirkung des Nd:YAG-Lasers war übrigens Thema der Masterthesisdes Autors in Aachen (Abb. 40, 41a–d).Der fasergestützte Nd:YAG-Laser und der Dio-denlaser können sehr erfolgreich zur Taschen-desinfektion eingesetzt werden. Die Wirkungberuht dabei auf der photothermischen Schä-digung bzw. der Zerstörung der Keime, wie dieKultivierungsversuche zeigen (Abb. 40).Eine Verstärkung der Laserwirkung erreichtman durch Anreicherung von Farbstoffen (z.B.Methylenblau oder Toluidinblau), sogenann-ten Photosensitizern, in den Bakterienmembra-nen. Die Taschendesinfektion erfolgt über diesogenannte antibakterielle photodynamischeTherapie (Abb. 42). Unter Wirkung des Laser-lichtes wird der Farbstoff aktiviert und hoch -reaktiver Singulett-Sauerstoff entsteht, derdie Bakterienmembranen zum Platzen bringt. Bei Minipins kann, wie bereits bekannt, rela-tiv schnell eine problematische Gingivitis ent-stehen. Hier wird in gleicher Weise – wie obenerläutert – ein Protoporphyrinfarbstoff (Me-thylenblau) um die Minipins appliziert, der

Laser in der KFO-Praxis

106 I KOMPENDIUM 2015

Abb. 45:Powerbleaching: maximaler Aufhellungserfolg durch hochenergetisches Laserlicht und photochemische Komponenten.

Abb. 46 und 47: OrthodontischeSchmerztherapie und KFO-Bio-stimulation mittels Softlaser.

Ga Al As 808 nm

2�-Nd:YAG Laser(1 W @ cw @ 30 s @ 300 µm) Pro Zahn in 3 x 10 min Intervall

Abb. 46 Abb. 47

Laser in der KFO-Praxis

mittels Nd:YAG- oder 810nm-Diodenlaserbe-strahlung aktiviert wird (Abb. 42). Eine photomechanische Dekontamination undReinigung der schwer zugänglichen Minipinsund Mikroschrauben ist sehr elegant mittelsEr:YAG-Laser möglich. Im gezeigten Beispielerfolgt die Desinfektion und Reinigung im Rah-men einer KFO-Kontrolluntersuchung. Nach ei-ner Reinigung lassen sich die Mikroschraubenwieder sauber eindrehen (Abb. 43).Die nächste Applikation ist die sehr wirksame,nichtmedikamentöse Behandlung von Aph-then. Dabei können vor allem Nd:YAG- undDiodenlaser erfolgreich eingesetzt werden.Auch bei Herpes labialis ist der Laser die besteTherapieoption, die es derzeit gibt! Durch diedehydrierende Wirkung spüren die Patienteneine sofortige Entlastung und Milderung ihrerBeschwerden. Aufgrund der viruziden Wir-kung ist das Risiko eines lokalen Rezidivs starkreduziert (Abb. 44). Der Laser kann auch imRahmen einer me dizinischen Zahnaufhellungzur Verstärkung des In-office-Bleachings ein-gesetzt werden. Der 810nm-Oralia-Dioden -laser bietet hierzu die entsprechende Appli -kation „Powerbleaching“ an.Durch photochemische Aktivierung des Farb-stoffes im Bleachinggel wird die Radikalent-wicklung durch die Laserbestrahlung beim

Wasserstoffperoxid deutlich erhöht. Der Effektkann durch Wahl des hochenergetischen grü-nen 532nm-Laserlichtes und durch Rhoda-min-Farbstoff weiter erhöht werden (Abb. 45).Das Powerbleaching hat keine unangenehmeHypersensitivität zur Folge, da der photother-mische Eintrag gering gehalten wird. Die nächste, hier dargestellte Anwendungstellt die Schmerztherapie bei orthodonti-scher Zahnaktivierung dar. Diese erfolgt mit -tels LLLT und spezieller Applikatoren. DieWirksamkeit dieser Anwendung ist wissen-schaftlich nachgewiesen. Wir wenden sie gernin der Anfangsphase bei stärkeren Zahn -aktivierungen an (Abb. 46 und 47).Ein weiteres bzw. zusätzliches Anwendungs-protokoll ist die KFO-Biostimulation mittelsSoftlaser. Die Wirkung beruht hierbei auf einer erhöhten ATP-Synthese – ein bioche-misch mit der Photosynthese vergleichbarerVorgang. Die Aktivität der Mito chondrien,die auch als Kraftwerke der Zelle bezeichnetwerden, wird dabei um ca. 150% verstärkt.Das Phänomen der Biostimulation wurde1968 von Andrew Mester zum ersten Mal an-gewandt (Abb. 46 und 47).Sehr wirksam kann der Softlaser zur Druck-stellenbehandlung und Wundtherapie ein -gesetzt werden. Bei der Softlasertherapie ist

eine korrekte Dosierung wichtig, aber hiergibt der Oralia-Laser eine sehr gute Hilfestel-lung. Es gilt das bekannte Arndt-Schulz-Ge-setz, wonach es ein therapeutisches Fenster,also einen Bereich optimaler Wirkung in Ab-hängigkeit von der Laserbestrahlungsdosisgibt. Überdosierungen ergeben einen gegen-teiligen Effekt, und Unterdosierungen möchteman vermeiden.Jede Laserbestrahlung besitzt automatisch ei-nen Randbereich mit Softlaserstrahlung undbiostimula tivem Effekt. Der heilungsförderndeEffekt wird von jedem Laserinstrument inmehr oder minder hoher Ausprägung „gratis“mitgeliefert und macht den Laser im medizini-schen Bereich einzigartig. Aber bequemer undgezielter ist die Dosierung mittels speziellerApplikatoren.Die Wundheilung bei Schleimhauterkrankun-gen wie Herpes kann durch Laserbestrahlungnatürlich auch deutlich verbessert werden.Bei Patienten mit Würgereiz kann vor derAbdrucknahme eine Laserakupunktur ausge-führt werden. Hierzu wird beim 810nm-Ora-lia-Diodenlaser der Applikator A aufgesetzt.Die Akupunktur ist nadel- und schmerzfrei.Bei Schmerzzuständen ist eine Akupuntur dessogenannten Thalamuspunktes an der Ohr-muschel wirksam (Abb. 48).

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Abb. 48a–d:Einsatz des Lasers bei Würgereiz und Kiefergelenkschmerzen.

Laserakupunktur

Laserakupunktur am Thalamuspunktbei Schmerzzuständen

a b

c d

Der Autor arbeitet mit einem Laserstrahl-schweißgerät, welches auf einem selbstge-fertigten Tisch mit Schubladen steht. Es han-delt sich um einen Nd:YAG-Laser mit Stereo-mikroskop und optisch geschützter Kammermit Absaugvorrichtung und Schutzgaszufüh-rung. Das Schlüsselkonzept des kieferorthopä-

dischen Laserstrahlschweißens mithilfe des1.064nm-Nd:YAG-Lasers ist die besondershohe Absorption bei Eisen und Stahl (Abb. 1).Betrachtet man die labortechnische Seite, sindgrundsätzlich – je nach Anordnung der Füge-partner – drei verschiedene Stoßarten bei denSchweißverbindungen zu unterscheiden: Pa-

rallelstoß, T-Stoß und Stumpfstoß (Abb. 2). Jenach Ausführung der Schweißnaht könnendrei verschiedene Nahtarten unterschiedenwerden: Die die X-Naht, die I-Naht sowie dieKehlnaht (Abb. 3).Ein wichtiger Tipp des Autors: Für mechanischstark belastete Verbindungen sollten bei kie-ferorthopädischen Metallverbindungen ausStabilitäts- und fertigungstechnischen Grün-den Parallelstoß und X-Naht bevorzugt werden.In Abbildung 4 wird z.B. ein Parallelstoß an einem lingualen Attachment vorbereitet. Derparallele Arm wird hierbei nach Bedarf ge-kürzt. Wichtig ist es, die Spaltbreite zu redu-zieren, da die Spaltüberbrückbarkeit beimLaserstrahlschweißen äußerst gering ist. Aufdem Modell wird auf direktem Weg – on the fly– eine punktförmige Fixierschweißung ausge-führt. Das Werkstück kann dann vom Modellentfernt und noch nachadjustiert werden. Das

Laser in der KFO-Praxis

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Im dritten Teil unserer Artikelserie widmet sich der Autor dem Laser im kieferorthopädischen Labor.

Teil III

Abb. 1: Einsatz des Lasers imkieferorthopädischen Labor.

Abb. 2a–f:Schweißverbindungen:Stoßart.

Abb. 3a–c:Schweißverbindungen:Nahtform

Paralellstoß

X-Naht

I-Naht

Kehlnaht

T-Stoß

Stumpfstoß

a b a

c d b

e f c

Laser in der KFO-Praxis

ist ein überragender Vorteil des Laserstrahl-schweißens, bedingt durch die minimale punkt-förmige Wärmeeinflusszone und die Stabilitätder Laserschweißpunkte. Beidseitig wird anschließend eine raupen-förmige Verbindungsschweißung ohne Zusatzmaterial im Sinne einer X-Naht ausge-führt. Aufgrund der millisekundenschnellenAufheizung bis zum Schmelzpunkt und derGefahr der Oxidation ist auf eine ausreichendeSchutzgasabdeckung zu achten (Abb. 4). Von unschätzbarem Vorteil ist die rationelle Vor-und Nachbereitung beim Laserstrahlschweißen. Ähnlich wie bei der Herstellung von heraus-nehmbaren Apparaturen werden die einzel-nen Komponenten (Attachments, Schrauben,Federn, Tubes usw.) auf dem Arbeitsmodellpositioniert und mit Klebewachs provisorischfixiert. Eine Fixierung der Metallteile mit hit-zebeständiger Einbettmasse oder eine Abde-ckung mit Wärmeschutzpaste – wie bei Löt-verfahren notwendig – entfällt. Die notwen-dige Fixierung auf dem Arbeitsmodell ist auf-grund der geringen Wärmeeinflusszone beimLaserstrahlschweißen extrem erleichtert, undhitzeempfindliche Teile wie z.B. Mikroschrau -ben werden geschont.Die Schweißstellen bleiben aufgrund der Schutz-umhüllung beim Laserstrahlschweißen metal-lisch sauber und sind nicht oxidiert. Bei derAusarbeitung brauchen daher nur die leichtenSchmauchspuren poliert zu werden (Abb. 5) –eine Angelegenheit von wenigen Sekunden.

Beim kieferorthopädischen Laserstrahlschwei-ßen handelt es sich technisch um ein sogenann-tes Mikroschweißen von Kleinteilen von unter1mm Dicke und ein Wärmeleitungsschweißenmit geringer Einschweißtiefe. Nachteilig ist da-her die geringe Spaltüberbrückbarkeit (Abb. 6).Bei der Einstellpraxis der Prozessparameterkommt es entscheidend auf die Einstellungder Pulsspitzenleistung, der Pulsenergie undder Pulsdauer für den entsprechenden Fokus-durchmesser an. Die Einschweißtiefe hängtvon der Pulsintensität ab. Ab einer bestimm-ten Erhöhung der Pulsintensität kommt es hierzur Perforation des Bandes. Mittels modernerPulsformung ist es möglich, das entstehendeSchmelzbad zu kontrollieren und zu beein-flussen. Ziel des Vorpulses ist es, eine explo-sionsartige Überhitzung des Schmelzbades zu vermeiden. Durch den abgeflachten Nach-puls wird ein plötzliches Abkühlen verhindert.Damit werden unerwünschte Porenbildung,Heißrisse und Härterisse ausgeschlossen(Abb. 7). Über eine Fokusaufweitung können die Naht-breite und Einschweißtiefe gezielt beeinflusstwerden. So werden Schweißnähte elegant ge-glättet, und spitze kieferorthopädische Draht -enden können elegant abgerundet werden.Es folgen ein paar Anregungen zur Laserstrahl-schweißtechnik. In Abbildung 8 wurde inner-halb weniger Minuten die Apparatur um eineAuflage und eine Feder ergänzt. Außerdemwurden nach dem Vorbild des Crozat-Gerätes

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Parallelstoß X-Naht+Abb. 4:Schweißverbindungen: Tipp des Autors: Parallelstoß und X-Naht sind kieferorthopädisch stabil und einfach zu fertigen.

Abb. 5a–d:Rationelle Vor- und Nachbereitung dank Lasertechnik. Präzise und kontrollierte Herstellung komplexer Metallapparaturen.

Erleichterte Fixierung und Ausarbeitung

Mikroschweißen – von Flachteilen < 0,5 mm dick– Durchmesser von Rundteilen < 1 mm

Wärmeleitungsschweißen –niedrige Pulsspitzenleistungen – längere Pulse (>15 ms) – Eindringtiefe ist sehr gering (< Nahtbreite)– Vorteil: Saubere Schweißnaht –Nachteil: Geringe Spaltüberbrückbarkeit

Keyhole weldingHeat conducting welding

Peak power

Peak power

Pulse timePulse time

Pulse energy

Pulse energy

a b c d

Abb. 6: Kieferorthopädisches Laserstrahlschweißen.Technisches Konzept: Mikroschweißen, Wärmelei-tungsschweißen.

aufgrund niedriger klinischer Kronen Crescentszum verbesserten Halt angelasert. Ein weiteres Beispiel (Abb. 9) zeigt das An-bringen kugelförmiger Sicherheitsstopps aneiner BENEFIT-Apparatur zur Vermeidungeiner möglichen Aspiration von gelockertenTeilen. In Abbildung 10 wurde eine Plattenapparaturmittels Crescents und okklusaler Hooks auf -gewertet. Die Mundöffnung ist beim Tragender Gummizüge so weniger eingeschränkt.

Zusammenfassung und Diskussion

Der Lasereinsatz in der kieferorthopädischenKlinik ermöglicht eine prozesssichere, instru-mentenarme Ausführung von Behandlungenunter dosisreduzierter Anästhesie. Zudemsind durch seinen Einsatz Schmerzreduktionund Biostimulation, Dekontamination undDesinfektion ohne zusätzliche Hilfsmittel so-wie ein minimalinvasives, nebenwirkungs -

armes Weich- und Hartgewebemanagementrealisierbar. Was die Anwendung von Lasernim Labor betrifft, ermöglicht diese eine ratio-nelle Herstellung und Reparatur mit großerZeitersparnis; eine korrosionsfeste, biokom-patible Fügetechnik ohne Lot sowie mecha-nisch hochbelastbare, filigrane Verbindungen.Des Weiteren gewährleistet der Laserein-satz eine hohe Präzision sowie einen mini-malen Verzug durch geringste Wärmeein-flusszone.

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Adresse

Dr. M.Sc. Peter Kleemann Gemeinschaftspraxis Dr. M.Sc. Peter & Patrick KleemannDuisburger Str. 8446535 DinslakenTel.: 02064 [email protected]

Kurzvita

Dr. M.Sc. Peter Kleemann

[Autoreninfo]

Abb. 7:Pulsformung für bessere Schweißresultate. –Abb. 8:Minutenschnelle Ergänzung einer klassischen Apparatur durch Auflage, Feder, Crescents.

Anpassung des Vorpulses an das temperatur-abhängige Absorptionsverhalten:

– Keine Überhitzung des Schmelzbades– Dadurch verbesserte Nahtoberfläche

Kontrolliertes Abkühlen über Nachpulsphase: – Keine Porenbildung– Keine Heißrisse– Keine Härterisse– Homogeneres Gefüge durch hohe Keimbildung

– Crescents– Knopfanker als Auflage– Feder mit Loop

1 2 3 4 5

Kugelförmige Sicherheitsstops

Crescents

Occlusions-nahe Kl. III-hooks

Abb. 9:Ergänzung einer BENEFIT-Apparatur durch kugelförmige Sicherheitsstopps.

Abb. 10:Aufwertung einer Plattenapparatur mittels Crescents und okklusaler Hooks.

Abb. 7 Abb. 8