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1 Maximilian F. Schwarz S

Ein Kongenialer Plan

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von Paranoia und Wahn

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  • 1Maximilian F. Schwarz S

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    Orthmann, Walther und erfurth, soweit die linke Seite. Fichtel, Schlichter und Benjamin auf der rechten Seite. Ich bin ein sehr pedantischer Mensch. Die letzten beiden Etagen gehe ich nie ab. Aber ich hatte eine Liste gemacht. Auf der Liste, hatte ich die Namen meiner Nachbarn geschrieben. Dabei fiel mir eine Gemeinsamkeit auf, auer Benjamin das war die Ausnahme. Als bruchte jede Regel eine Ausnahme. Ein nass-kalter Dezembertag, an dem noch nicht klar ist, wird es Winter oder bleibt es Herbst. Man soll nicht ber das Wetter schreiben. Ich war eigentlich unterwegs gewesen um Stiefel richtige Winterstiefel zu kaufen. Nichts da. Alle zu teuer. Zu hsslich oder ich mochte den Verkufer nicht, also wollte ich ihm den Gefallen, etwas zu kaufen, nicht tun. Orthmann, Walther, Erfurth; ging ich meine Liste durch. So eine Liste mit den Nachnamen meiner Nachbarn anzufertigen geht schnell dachte ich und falls jemand fragt, weshalb ich im Vorderhaus mit so einer Liste, die Etagen auf und ab laufe nicht aber ber das dritte Stockwerk hinaus, dann wrde mir schon etwas einfallen. Ich bin ein systematischer Mensch. Vor allem im Vorderhaus, weil ich doch im Hinterhaus wohne. Wohl weil ich mal sehen wollte, wie viel man von meiner Wohnung, aus dem dritten sehen kann. Irgendwie

    liegt mein Bett ohnehin, wie auf dem Prsentierteller. Ich sollte von Zeit zu Zeit die Fenster schlieen und die Gardinen zu ziehen. Je nachdem Fichtel, Schlichter, Benjamin. Ob ich vom ganzen Treppen laufen schon schwitzte? Nein. Ob ich bald die Geduld verlieren wrde? Ja. Ob ich glaube, man drfe jetzt aufgeben? Nein. Ich bin pedantisch und systematisch, habe ich doch schon gesagt. Der Treppenhausflur ist genauso unansehnlich, langweilig, trist und ergraut, wie der Rest des Hauses. Dieser Huser. Der Winter gibt nicht viel her. Warum ich hier denn so viel Lrm veranstalte, brllte irgendeine Stimme ber mir. Vielleicht aus dem vierten oder fnften. Wissen Sie denn nicht, wo Neuendorf wohnt?, aber die Tr war bereits ins Schloss gefallen. Ich finde dich Neuendorf, ich finde dich. Obwohl den Teppich mag ich eigentlich doch und die Klingelschilder, finde ich auch gut. propos Klingelschilder: nur Benjamins Tr ziert ein goldenes Klingeschild wieder eine Unregelmigkeit. Jetzt bin ich doch gestolpert. Irgendwie ist mein Leben selbst so langweilig, dass ich mir die Nachmittage und Abende, mit dem inzwischen: schleichen, durch fremde Treppenhuser erheitere. Neuendorf, Neuendorf, ich habe diesen Namen noch nie gehrt. Noch nie habe ich diesen Namen gehrt. Ich wei nicht einmal, ob du berhaupt im Vorderhaus wohnst, aber du behltst nichts fr dich. Ich wei schon, was du willst. Nicht mit mir, sprach ich wtend in mich hinein. Nicht mit mir. Inzwischen hat der Tag die Dmmerung berwunden. Wen ich am ehesten verdchtigen wrde? Benjamin natrlich. Der ist der einzige, der aus der Liste fllt.

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    Wahrscheinlich ist Benjamin vom vierten Stockwerk in die dritte Etage gezogen, dass Neuendorf in seine Wohnung ziehen konnte, in den vierten, weil sie wussten, dass ich niemals in den vierten Stock gehe. Wenn das so ist, und die Liste gibt mir recht, was haben dann Orthmann, Walther, Erfurth, Fichtel und Schlichter damit zu tun?, berlege ich. Ich sitze auf den Treppenstufen im zweiten Stock. Auch ich brauche mal eine Pause. Auch ich darf mal ruhen. Auch ich muss mich mal fassen drfen. Wenn Benjamin also fr Neuendorf in die Dritte gezogen ist, auf welcher Seite wohnt dann Neuendorf viertes Obergeschoss links oder rechts? Der Treppenflur ist gesumt von hlzener Verkleidungen auf halber Hhe und einem Teppich in der Mitte des Flures, der auf beiden Seiten von glattem, dunklem Stein, aber keinem Marmor, flankiert wird. Der Teppich ist aus rauhem und robustem Stoff. Kann man sich die Knie aufschaben. Das bringt nichts! Wie hie es: nicht alles bezieht sich auf mich. Mir ist kalt. Htte ich vorhin Winterstiefel gefunden, wre mir nicht kalt. Jemand kommt die Treppe hinauf. Neuendorf, ist alles was ich sagen kann. Menschen sind oft beschmt, wenn man sie ohne Vorwarnung anspricht. Deswegen befreundet man sich, um sich weniger zu schmen, wenn man miteinander redet. Neuendorf?, wiederholt der vermeintliche Nachbar. Es wird spannend. Mein Herz pulsiert. Ich atme schnell und aufgeregt muss meine Brust blasebalg-artige Bewegungen vorfhren, wie Luftmatratzen im Theater. Falls Sie einen Neuendorf suchen, der wohnt hier nicht, noch bevor der Fremde weiter sprechen kann, bin

    ich schon in den Dritten geflchtet. Der wird mich nicht beeinflussen. Der wird mich nicht leiten. Der wird nicht in meine Gedanken eindringen und sie verschmutzen. Es bleibt nur zu hoffen, dass er nicht im Dritten oder hher wohnt. Ich bin jetzt wie im brennenden Haus. Seine Fussschritte sind die sich ausbreitende Flammenglut. Ein Schlssel geht ins Schloss man will mich noch testen. Und das bei Zwanzig Prozent Wahrscheinlichkeit, dass der im zweiten wohnt. Heute ist mir das Glck gtig. Heute steht Fortuna mir bei. Ich muss Neuendorf finden. Das muss Walther gewesen sein. Sollte ich noch Einmal runter in den zweiten, bei W. klingeln und W. fragen, ob er wei, ob Benjamin krzlich umgezogen ist. Wenn ich ihn direkt nach Neuendorf frage, weicht er sicherlich wieder aus. Auch wenn er mir erklren will, der ist nicht bescheuert. Neuendorf ist nicht bescheuert. Die wissen mit wem sie es zu tun haben. Wer mich tuschen will, muss es schon bewusst machen. Ich gehe besser erst einmal nicht runter in den zweiten Stock. Das versperrt mir auch den Weg in die erste Etage und in das vierte und fnfte Stockwerk gehe ich nicht, ich habe mich bereits erklrt. Ich msste irgendwie den zweiten berspringen, dann in den Hinterhof und in meine Wohnung flchten. Dort muss ich dann berlegen und nachdenken, das kann ich bei einem Kaffee machen. Vielleicht mache ich einen Aushang im Hof: Neuendorf, Sie sind herzlich zum Kaffee eingeladen. Hochachtungsvoll Schwarz

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    Wenn er da anbeit, habe ich ihn. Das ist gut. Was besseres ist mir in den letzten Jahren nicht eingefallen. Wie also, soll ich den zweiten berstehen? Ich muss den zweiten berstehen, wie der Tag die Dmmerung berquert hat und abschssig in Dunkelheit verlustigt ist. Htte ich nur schon meine Winterstiefel. Ich setze mich auf die Treppenstufen im Dritten. Nicht um wieder zu resignieren. Nein aus Kalkl. Ich dachte, wenn ich schon so etwas gewagtes, wie aus dem Fenster springen wolle, msse ich sicher gehen, dass ich nicht wieder erwischt wrde. Ich wartete also und lauschte. Wahrscheinlich, dachte ich mir, wrden die Nachbarn im Vorderhaus immer zur selben Zeit entweder das Haus verlassen oder wiederkommen. Entweder, oder. Das heit: wenn ich warte, bis die oder der nchste Nachbar entweder nach Hause kommt oder das Haus verlsst und ich mich irgendwie vor ihr oder ihm verstecken kann, sie oder er mich also nicht bemerkt, dann kenne ich euer Intervall! Und ich habe kurz nach dem Kommen oder Verlassen, ein Maximum an Zeit, dass mir fr meinen Fluchtversuch zur Verfgung steht. Neuendorf und Benjamin, ihr denkt ihr knnt mich einsperren im Vorderhaus? Nichts da. Nicht mit mir. Ich entwische euch. Wenn also der nchste oder die nchste Nachbarin kommt, gehe ich zum Sicherungskasten und

    notiere mir auf meiner Liste, hinter eure Namen die Zhlerstnde. Wenn die oder der dann fragt, was ich da mache, dann antworte ich nur khl: Zhlerstnde abelesen, bin von der Kabelfirma. Ich hatte meinen kongenialen, zugegeben ermaen, meinen kongenialen, denk ich stotternd meinen kongenialen Plan, der nur wirklich mir kongenial war. Ich hatte meinen kongenialen Plan schon fast vergessen, als der nchste Nachbar, wie auf Abruf nach nur zwei Stunden warten wir sind hier wie im Zuchthaus nach nur zwei Stunden seine Wohung verlie, ich irritiert im Dritten umher lief, wie die eingesperrte Versuchsratte, die ich war ich hatte beinahe meinen Plan, den Sicherungskasten zu ffnen und Werte zu bertragen, fast vergessen. Wieder war das Glck mir hold. Der Nachbar war eine Frau, was ich deutlich an den Schritten hrte Frauen sind hufig schchterner, was Treppenhaus-Verhre angeht. Wer sind Sie? Was machen Sie hier? So etwas wrde eine Frau nie fragen wahrscheinlich denke ich, der Harmonie wegen. Aber Glck hatte ich respektiver noch, weil sie aus dem fnften kam und nicht aus dem vierten. Nachher ist Neuendorf noch eine Frau, dachte ich kurz. Doch so ein hinterhltiger und niedertrchtiger Mensch wie Neuendorf, dass konnte nur ein Mann sein und glcklich war ich, denn ich hatte ein Stockwerk mehr Zeit mein Zhlernummer-Ablenkungsmanver vorzubereiten. Man muss dem Leben ein Schnippchen schlagen. Als ich bemerkte, dass sie den vierten Stock erreicht hatte, fing ich an die Zhlerstnde, welche ich mir notierte, leise vor mich hin zu brabbeln. Ein kongenialer

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    Plan braucht eben jemanden, der ihm in Sachen Schlue ebenbrtig ist und gerecht wird. Der Liebe zum Detail wegen, las ich noch weiter leise die Zhlerstnde vor, als die Unbekannte das Haus schon verlassen hatte. Doch wie die Treppenhaustr es handelt sich um eine dieser langsamen Tren, die man aufmacht und man selbst schon lange weg ist und sie dann erst bedchtig zufllt fr die Leute, die zu schwach sind, selbst die Tr aufzumachen. Die wissen dann, jemand ist aus dem Haus gegangen, ich habe jetzt noch zwei Minuten um auch zu flchten. Wie die Treppenhaustr ins Schloss fiel, schmiss ich den Zhlerkasten zu, dass die schwarzen Ksten in ihm nur so klirrten wenn jetzt euer Zhlerstand verrutsch ist Neuendorf und Benjamin, dann seid ihr selbst Schuld. Ich bin euch immer einen Schritt voraus. Der Kasten schepperte und ich rannte, trampelte die Treppe runter, flog durch den zweiten, noch ehe Walther seine hssliche Tr aufreien und seine biedere Visage in den Flur stecken konnte, um sich wieder zu berschweren, wer denn hier so laut Da sprang ich schon aus dem Fenster der zweiten Etage und landete behutsam, auf einem Vordach im Hof. Wenn ich nur meine Winterstiefel schon htte, dann wre die Landung sicher schmerzloser gewesen. Was will man machen? Jeder Plan hat seine Tcken. Ich sprang vom Vordach in den Innenhof und humpelte in meine Wohnung. Wie ein verletzter Ritter, der ein Lanzenturnier gewonnen hatte. Feierlich betrat ich meine Wohnung. Feierlich warf ich die Tr ins Schloss, dass sie nur so, wie der Sicherungskasten, schepperte. Ich wollte das man an meinem Sieg Anteil nimmt. Und

    feierlich glitt ich langsam an meiner Wohnungstr erschpft, erschlagen und ermattet gen Boden.

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    Ich muss eingeschlafen sein. Die Aufregung musste mich mde gemacht haben. Ich hatte aber trotzdem Angst, eine oder einer vom Vorderhaus sei mir ins Hinterhaus gefolgt, schlielich wusste man jetzt, wo ich wohne. Schlielich und letzlich war dieses wohl gehtete Geheimnis gelftet. Jeder Plan, sei er noch so kongenial, hat seine Tcken. Was tun wenn man denkt, die gesamte Nachbarschaft aus Vorder- und Hinterhaus, erwartet dich vor deiner Tr. Entweder wollen die dich beglckwnschen, du hast es aus dem Vorderhaus ber das Vordach in den Hof und in deine Wohnung geschafft, oder sie wollen dich bedrohen. Dich bedrohen. Alles Schlechte prickelt auf meiner Zunge, wie Schaumwein. Ich sehe hier zwei Optionen. A) ich verbarrikadiere mich. Der Khlschrank gibt wohl Essen fr etwa drei Tage her, vielleicht auch vier. Ich msste sparsam sein. Weiterhin knnte ich, denke ich noch immer an der Tr lehnend, weiterhin knnte ich am dritten Tag ein Festessen zusammenkochen und es aus dem Fenster schmeien, dann denken meine Belagerer, der hat noch so viel ber, dass er es schon aus dem Fenster wirft und ziehen ab. Kein Problem also. Das wollen die doch nur! Mich aushungern, um dann zu zuschlagen. Also heit b) sofort sich in den Kampf zu strzen. Zuschlagen muss ich so oder so. Die Frage ist, in welcher Konstitution befinde ich mich. Jetzt ausgeschlafen nach dem gerechten Schlfchen an der Wohnungstr oder nach drei Tagen hungern. Wenn ihr clever seid, berwacht ihr mich in einem Schichtsystem und ich wette, Neuendorf steht vor der Tr, hat gerade Schicht, wenn ich wst vom Hunger geschlagen, aus der Tr gekrochen komme und mich ergeben will, vor

    eurer unbndigen Feindseligkeit. Ihr schrecklichen Widersacher Benjamin und Neuendorf. Ich verfluche euch und eure Feindseligkeit. Ich verfluche euch, schreie ich dann noch durch die Wohnung, es bringt ja nichts mehr still zu sein. Man muss wissen, wann der richtige Moment gekommen ist. Es reicht eben nicht ein kongenialer Plan, es braucht auch sein kongeniales Pendant. Winterstiefel und Grenwahn. Ich stehe in der Kche und wie soll ich sagen, auf einmal sehe ich berall Dreck. berall Flecken, Schmutz und ich schmecke Staub, jedes Mal, wenn ich einatme. Man muss sich ein Monument errichten. Je mehr ich daran denke, desto mehr rieche ich auch den Ekel, der hier aus jeder Ritze quillt. Die Sudelei, in die man hier tagtglich stapft. Den Unrat, der hier von den Decken hngt. In Raserei, in Tobsucht und Rage schnappe ich mir einen Putzlappen und fange an die Kche zu schrubben. Was mir dabei auffllt: ohne Licht lsst sich schlecht putzen. Ich mache mir also ein paar Kerzen, fr die gute Stimmung an und putze mir die Seele aus dem Leib. Reie den Besteckkasten aus dem Kchenschrank, was ein lautes Desaster(!), berall Dreck. Auf den kalten Kchenfliesen sitzend, poliere ich jede Gabel, jedes Messer und prfe jedes Stck Besteck im Kerzenlicht. Manchmal lache ich, denn ich versuche meine eigene Spiegelung im glnzenden Besteck wegzuwischen. Ich ffne den Splschrank und entnehme ein, mit weiem Pulver bis zum Rand geflltes Bierglas. Aus dem Bierglas ragt ein Lffelstiel und frsorglich fttere ich die Geschirrsplmaschine mit Geschirrsplpulver aus dem Bierglas. Die schmatzenden Gerusche, habe ich

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    allerdings selbst gemacht. Auch als ich den Spiegel im Badezimmer putze, kann ich mich selbst nicht wegwischen, das ist ein Dilemma. Aber alle Kerzen stehen jetzt in der Badewanne, weil mir die Kerzen an und fr sich als Stimmungsmacher nicht mehr ausreichen, schalte ich Musik ein und drehe die Boxen so laut auf, wie es geht. Dann ziehe ich Hemd und Hose aus, dass ich in Unterhemd und Unterhose da stehe und ich denke nicht mehr an den Ekel, die Wohnung ist blitzblank sauber abgewischt wie ein Babyarsch mit Feuchttchern. Deswegen zur Feier des Tages, ziehe ich mein weies, leicht verschmutztes das macht jetzt nichts Unterhemd ber meinen Kopf, renne durch die Wohnung, wie angestochen und mache Gerusche, wie Kinder, die Indianer spielen.

    Ich stehe in der Kche und die Geschirrsplmaschine klingt, wie eine unterbrochene Autobahn. Wie soll ich sagen, ich habe etwas Gin verschttet, denn es ist dunkel in der Kche, alle Kerzen schwimmen in der Badewanne. Ich werde euch nicht den Gefallen tun und Hinweise

    liefern, was ich gerade mache, wo ich mich gerade in der Wohnung befinde. Muss mir Fluchtwege offen halten. Aus dem Badezimmerfenster kann man entkommen. Ich kenne mich aus mit Fenstersprngen notfalls. Ich fhle mich, wie ein alter Mann, der wann immer Licht im Hof angeht, leise an das Kchenfenster schleicht, als knne man ihn durch das geschlossene Fenster hren und vorsichtig von der Seite schaut, wer denn da kommt. Jetzt ist der Moment!, denke ich strmerisch in mich hinein. Ich werfe das Glas zu Boden, trete wegen der Dunkelheit in die Scherben htte es mir nicht vor die Fe werfen sollen. Mein Fu schmerzt. Wahrscheinlich blutet er. Das muss jetzt egal sein. Zeit fr Wunden ist spter noch. Ich denke an: Pflaster, dass der Schmerz ertrglicher wird und reie meine Wohnungstr auf. Diesen Kampf kann ich nur gewinnen, wenn das Moment der berraschung auf meiner Seite ist. Und springe vor meine Wohnungstr. Ha!, schreie ich mit gehoben Fusten, durch den Hinterhaustreppenflur. Leer, niemand hier. Ich stehe verwirrt im Trrahmen. Was soll das? Ein geschicktes Manver, denke ich. Ich werde wohl gut zwei Stunden im Trrahmen in Unterwsche gestanden sein. Woher ich das wusste? Jemand hat seine oder ihre Wohnung verlassen und das passiert, wie ich gelernt habe, alle zwei Stunden. Wie ich berlege: was tun?, zum Beispiel Schuhe im Treppenhausflur putzen, drehe ich mich um und will zurck in meine Wohnung flchten, da entdecke ich im Drehmoment einen Namen, auf dem Klingelschild gegenber. Meiner eigenen Wohnung gegenber. Auf derselben Etage. Auf dem Schild steht: Neuendorf! Er war die ganze Zeit hier. Gegenber. Dass er schon so nah

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    ist Ich gebe mich neutral. Das ist einer meiner Strken, neben Pedanterie. Einen neutralen, khlen Gesichtsausdruck und eine ausdrucklose Mimik aufsetzen, dass kann ich besonders gut. Muss ich auch! Der Nachbar geht an mir vorbei, indes ich lssig im Trrahmen lehne und ihn analytisch und abgebrht, locker eine Kippe rauchend, observiere. Sobald er mich passiert hat, lasse ich mich in meine Wohnung, wie aus dem Flugzeug fallen. Heimlich-Manver, denke ich. Schliee die Tr ab und habe die Hnde auf die Tr gelegt, stemme mich gege sie, als wolle ich sie aus dem Rahmen schieben oder Jemand davon abhalten, einzubrechen dieses Schweinepack. Ich schaue durch den Spion und sehe die Person noch von hinten die Treppen runter gehen. Tatschlich, wieder eine Frau. Ich wusste es und Neuendorfs Klingelschild, es ist golden wie Benjamins. Deswegen habe ich auch keine Winterstiefel. Deswegen wei dieser Dezember nicht, dass er ein Winter ist und verhlt sich wie ein Herbst. Es hift nichts. Ich muss klingeln. Ich muss zu Neuendorf. Ich muss ihm sagen, Benjamin hat uns verraten. Aber er darf nicht den Eindruck bekommen, ich sei verrckt. Das bin ich nmlich nicht. Was also tun? Einen normalen Eindruck erwecken, kann ich auch gut. Kurz wundere ich mich, ber die Autobahngerusche aus der Kche, dann fllt mir ein, der Geschirrspler luft noch. Ich gehe also ins Bad, greife in die Badewanne und schmiere mir Wachs in die Haare, fne sie nach hinten, Hairspray und fertig. Gehe zum Kleiderschrank. Ich brauche etwas serises und ziehe meinen Sonntagsanzug an. Schock-schwangere schwere Not

    ein Fleck auf dem Revers. Erleichterung es ist nur Kerzenwachs, das kann man leicht mit einem Bgeleisen und Lschpapier entfernen. Und Lschpapier habe ich dank der Listen zu Hauf in meiner Schreibtischschublade zu liegen. Fehlt noch meinen Aktenkoffer sorgfltig zu packen es soll aussen, als komme ich geradewegs von der Arbeit. Der Arbeit, kichere ich.

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    Ich trete siegessicher durch die Haustr, als mir auffllt: es ist wirklich schon spt. Ich renne kurz bevor mein Finger das goldene Klingelschild berhrt, zurck in die Wohnung. Sitze inzwischen am Kchentisch, trinke Kaffee ich habe den Aushang vergessen. Ist es schon zu spt, um von der Arbeit zu kommen? Ich grble. Neuendorf, das ist ein Test. Natrlich ist es schon zu spt. Aber wirst du es merken? Wirst du merken, wenn ich in schickstem Sonntagsanzug, fein und genschniegelt mit sorgfltig gepacktem Aktenkoffer vor dir stehe, wirst du merken: irgendetwas stimmt hier nicht. Siegessicher liegt mein Finger auf Neuendorfs Klingel. Ich denke mir, du musst hier jeden Eindruck festhalten. Du musst jetzt wachsam sein. Alles was du jetzt sagst, kann spter gegen dich Die Tr geht auf. Stichpunktartig notiere ich mir: Mann ffnet die Tr: Neuendorf?, habe ich gesagt. Spitze Nase, die das Gesicht nach vorne zieht, wie im Zug. Brummend tiefe Stimme. Schwarze nicht aalglatte auch nicht gekruselte Haare, aber nach hinten geworfen, wie von der spitzen Nasen, unweigerlich dann doch eine Welle und das heit elegant zurckgelegt. Rasiertes Gesicht und Falten wo Bart sein knnte. Einen Mantel mit Fellkragen. Kotletten und ein wagemutiger Schritt von Rauschgiftganoven.

    Falten werfende Hose und glnzende Grtelschnalle. Wohin geht die Nase? Wohin fhrt die Nasenspitze? Neuendorf wohin zieht dich dein Leben? Drei abgespreizte Krhenfe an den Augen, als wrde dieser Mann im Windkanal wohnen und im Sturm hausen. Ihm fehlt die Fliegerjacke. Und die Fliegerschuhe und die Fliegerbrille. Mrderstimmung. Neuendorf, sage ich noch einmal. Laute Musik dringt aus der Wohnung hinter ihm. Feiern Benjamin und Neuendorf meine Gefangenschaft? Ich lasse mir nichts anmerken und schaue dem Feind khl ins Gesicht. Nur ein Fehler und es ist aus. Neuendorf, sage ich wieder. Beide Augen flitzen nach oben und rollen sein spitznasiges Gesicht hinunter. Kenne ich schon. Ha!, pariert. Rufe ich nicht, sondern wiederhole zum vierten mal: Neuendorf, und hole behutsam, dass er mich in aller Ruhe beobachten kann den Gegner mit seinen Mitteln schlagen einen gelben Zettel aus meiner Jackettasche, den ich vorher gefaltet hatte. Wozu? Damit ich ihn langsam auseinander falten kann. Das erhht die Spannung. Man muss den Gegner aus der Reserve locken. Dann spreche ich: Neuendorf, Sie haben ein Paket fr mich. Schweigen. Beide Kontrahenten schauen sich in die Augen. Gleich wird geschossen. Ich bin bereit du Schweinehund. Komm nur. Na los. Ich wei, Benjamin ist nicht weit. Der kann dir auch nicht mehr helfen, du armes Schwein. Er lchelt, breit bers ganze Gesicht. Sagt ich solle fr einen Moment reinkommen, er wisse nicht wo das Paket ist. Man htte fr die Party ein wenig umgerumt. Umgerumt? Da ist es wieder, ein Tuschungmanver. Ich gehe mit und gebe mich

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    unwissend. Denke: fr eine Party ist ganz schn wenig los. Neuendorf meint, die andere Gste kommen noch. Ich sei der Erste. Wir sind im Wohnzimmer. Ich fhle mich steif und motorisch unsicher. Die Wohnung, ist geschnitten, wie meine Wohnung nur spiegelverkehrt. Ich kenne mich also aus, wenn ich verkehrt herum denken kann. Ich darf jetzt nichts falsch machen und lache. Das machen Menschen nmlich in so einer Situation. Man begegnet Scham mit Humor, das habe ich gelernt. Wir sitzen am Wohnzimmertisch. Die Wohnung ist dunkel und verhangen, als wollten die eine Messe feiern. Vielleicht ist ja einer gestorben, denke ich. Vielleicht ist Benjamin schon tot. Fuck. Wenn Benjamin tot ist, bekomme ich nie meine Winterstiefel. Ich lasse mir die Enttuschung nicht anmerken. Neuendorf sitzt vor mir. Wei er noch nichts davon? Er lacht und sagt: erstmal was trinken. Scham und Humor, sind wie Pech und Schwefel, wie Wahn und Sinn. Er stellt eine Flasche Gin, einen Krug gefllt mit Tonic und zwei Glser mit Eis auf den Tisch. Es lutet an der Tr. Er steht auf. Aus dem Flur ruft er glckselig zu mir: gieen Sie uns schonmal ein.

    Neuendorf ist weg. Zwei Leute reden im Flur. Ist mein Name gefallen? Ich giee ein. Wei nicht, ob ich es richtig gemacht habe. Ich stelle die beiden Glser in die Mitte. Soll er sich das bessere aussuchen. Es ist eine Frau, das hre ich an der Stimme. Wahrscheinlich zieht sie die Schuhe aus und Neuendorf, das alte Schwein, hilft ihr aus dem Mantel. Ich fahre in mich zusammen, als er sie mir vorstellt. Das einzige, was ich mir statt ihres Namens merken kann, ist John. Sie nennt ihn John. John Neuendorf. Das ist es nicht, was mich erschreckte. Es ist die Frau aus dem Fnfen im Vorderhaus. Ich bete, bettle weinerlich und bitte innerlich, dass sie mich nicht erkennt. Gut, dass ich ihr den Rcken kehrte, als ich die Zhlerstnde ablas und notierte. Sie zgert. Schaut verwirrt. Erkennt sie mich? Ich springe auf, strecke meine Hand ihr entgegen, um sie aus den Gedanken zu reien. Schwarz, mein Name ist Schwarz. Wir kennen uns nicht. Neuendorf und sie, duzen sich. Ich denke: wenn du nur einen Stock tiefer wohnen wrdest, auf der linken Seite und Benjamin nicht gestorben wre, denn sonst htten Neuendorf und Benjamin, um mich zu irritieren, Wohnungen getauscht, dann wrest du jetzt, dank mir, Frau Neuendorf und ich wsste nicht, wrst du der Feind oder nur dein Mann. Dein Glck. Das kann nicht sein. Die Frau ist aus dem Fnften, msste aber aus dem Vierten sein. Irgendetwas stimmt hier nicht. Die beiden sehen irritiert zu mir, lachen dann und reden irgendetwas ber mich. Nach und nach kommen immer mehr Gste. Ich fhle mich sichtlich unwohl. Alle trinken. Einige haben selbst Alkohol mitgebracht. Reden, lachen und ein dichtes

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    eskalieren, auch das hat man mir beeigebracht und habe ich gelernt.

    Wie ich die aus dem Vierten finde? Ich sage: die aus dem Vorderhaus? Er bejaht. Ich berlege mir eine rudimentre, aber positive Aussage. Jetzt blo nicht zu lange warten, und sage: geiler Arsch. Und lache laut auf. Bei einem lauten Auflachen, darf man nicht pltzlich aufhren zu lachen, sondern muss langsam leiser lachen und darf erst dann verstummen. Ich lese von seinem Gesicht ab, ob meine Antworten richtig sind. Wir sprechen sechsundzwanzig Minuten ber die aus dem Vierten. Manchmal lache ich noch. Das kann ich gut, adquat auf Menschen eingehen. Hat man mir gesagt. Eine Strke. Das muss ich ben. Ich war dann extra inadquat, damit man mir sagen kann, was ich ben soll. Man darf auf Menschen nicht gleichmig eingehen. Wenn man adquat auf Menschen reagieren will, dann muss es unstrukturiert, zufllig unregelmig und intermittierend sein. Zweimal Nein und einmal Ja.

    Brabbeln beherrscht die Wohnung, wie Bltterrauschen. Hren Musik und tanzen. Soweit meine Beobachtungen. Ich muss jetzt wachsam sein. Ich erzhle einigen: ich kenne Neuendorf gar nicht. Dann stehe ich in der Ecke. Manchmal kommt jemand zu mir. Ich glaube, die machen das aber nur, um mich wegen der neuen Gefangenschaft auszulachen. Ich rufe: ich habe so etwas schnes nicht verdient. Die Musik ist zu laut. Die beiden Getrnke stehen noch auf dem Tisch. Irgendetwas habe ich falsch gemacht. Neuendorf redet nicht mehr mit mir. Habe ich schon versagt? Ich gehe durch die tanzenden Leute und trinke beide Glser aufeinmal aus. Irgendwie finden alle das ganz groe Klasse und jubeln. Ich rufe wieder: ich habe so etwas schnes nicht verdient. Und gehe zurck in meine Ecke. Neuendorf kommt zu mir. Er hat zwei Glser in der Hand. Gibt mir eines und bedeutet mir ihm zu folgen. Es ist aus. Das wars. Ende. Vorbei. Wir stehen im Hausflur. Nun wird die Maske fallen. Scharade, denke ich. Neuendorf, ich habe dich gro gemacht und jetzt kommst du um mich zu ermorden? Neuendorf, deine Gebrde verstellt sich. Ich denke, Neuendorf, warum ergrimmst du? Wenn du nicht fromm bist, ruht die Snde vor der Tr. Du musst ber sie herrschen. Neunendorf du musst ber die Snde herrschen. Was er nicht wissen kann: knapp hinter mir, ist meine Wohnungstr. Der wird sich wundern, wie schnell ich verschwunden bin. Nichteinmal blinzeln kann man, so schnell ich geflchtet bin. Neuendorf, wo ist dein Bruder? Zuerst mal abwarten, denke ich. Frs erste sehen, wie es ausgeht. Eine Situation muss nicht immer unbedingt

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    es ist diese stimmung, denkst du dir. Es ist diese bestimmte Stimmung, denkst du dir. Wenn du hinter jeder Ecke einen Widersacher vermutest. Aber das ist nur der Ausschlag und das Symptom. Es ist diese Stimmung. Du denkst, etwas braut sich zusammen. Irgendwie verdunkelt sich der Himmel und du siehst, wie alle Leute vor Regen flchten und selbst bleibst du stehen, wirst plitschnass und meinst, ist doch nur Wasser. Dann suchst du auch Unterschlupf und schaust die anderen fragend an. Gehst wieder in den Regen, von wo du die anderen noch immer fragend anschaust. Ist doch nur Wasser, sagst du und verziehst das Gesicht, als wrdest du auf eine Zitrone beien und grimassierst und tickst. Das ist nicht gefhrlich. Das ist nur Wasser. Weil niemand mit dir redet, gehst du wie ein verscheuchter Hund Nachhause. Auf dem Weg denkst du dir, du brauchst unbedingt Winterstiefel, denn zwischen dem ganzen Wasser, hast du ein paar Schneeflocken gesehen, wahrscheinlich hatten die anderen Angst vor dem Winter und das kann man ja verstehen. Als du zu ihnen zurck gehst und sagen willst, du hast verstanden und sagen willst: ihr braucht euch nur Winterstiefel kaufen. Sind die anderen schon weg und haben sich woanders untergestellt, denkst du dir. Wie du denkst, wer jetzt noch Winterstiefel braucht, dem ist auch nicht mehr zu helfen es ist doch so oder so eiskalt. Was machen da kalte Fe fr einen Unterschied? Als du Nachhause kommst, hast du erst Schwierigkeiten den Schlssel zu finden, die selben Schwierigkeiten ihn ins Schloss zu stecken. Du siehst aber, deine Hnde zittern tremulous. Kein Wunder also, dass dieses Mal der Schlssel nicht ins Schloss passt. Es gibt heute kein Bild

    Dreimal Ja und einmal Nein. Zweimal Ja und einmal Nein. Man darf nicht, bei jedem Witz lachen. Ein Lachen wirkt nur echt, wenn sich auch die Krhenfe um die Augen anziehen, wie ein beuteschnappender Greifvogel. Das kann man vor dem Spiegel ben, was man noch ben kann, sich aus der Erstarrung zu lsen. Man muss extra viel Lachen. Was ich auch noch gelernt habe: Mimik und Befinden korrespondieren in einer Feedbackschleife, deswegen funktioniert Grimassieren, als Schamabfuhr. Ich sage: Neuendorf, ich habe so etwas schnes nicht verdient. Er schaut mich komisch an und wir gehen wieder in die Wohnung. Ich verfluche jeden Zentimeter, den ich mich von meiner rettenden Wohnungstr entferne und schaue sehnschtig zu meinem eigenen Klingelschild. Merkwrdig, man kann den Geschirrspler gar nicht durch die Tr hren. Schwarz steht auf dem Schild. Schwarz, Neuendorf und Benjamin wo ist hier der Zusammenhang?, flstere ich konspirativ in mich hinein.

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    Da zwischen gibt es wenig. Dass die anderen auch auf der Strae ber mich reden knnen, denke ich nicht, da dort auch andere Leute unterwegs sind und wenn die merken, dass die ehemaligen Partygste ber mich schlecht reden, bekommen die letzteren mchtig rger, weil sie nicht mehr in ihrer Welt sind. Auerdem wei ich doch gar nicht, ob die anderen berhaupt auerhalb dieser Wohnung existieren. Ob die berhaupt ein Leben fhren. Oder ob die nur um die Party zirkulieren, wie ein Wanderzirkus, der erfunden wurde mich zu irritieren. Irgendetwas stimmt hier nicht. Wenn dann, lege ich schon selbst meinen Kopf in das Lwenmaul. Ich sitze mit Neuendorf am Tisch. Erst faselt er irgendetwas vor sich hin: Schwarz, passen Sie auf die trojanischen Pferde auf. Ich glaube ich habe ihn besiegt. Wenn sie das Holzpferd erst in ihre Stadt geholt haben, dann mssen Sie es anznden. Dann fllt ihm der Kopf auf dem Tisch, als htte ich ihn erdolcht. Es ist dunkel in der Wohnung. Schwarz, hren Sie auf Kassandra. Hren Sie auf Kassandra. Das htte ich auch gemacht, aber es reicht ja schon ein toter. Herr, Frau oder Familie Benjamin, wir werden Sie herzlich vermissen. Ich glaube Neuendorf ist auf dem Tisch eingeschlafen. Es kann fr mich kein besseres Ende dieser Party geben. Ich nehme meinen Aktenkoffer und mein Paket und verschwinde leise aus der Wohnung Neuendorfs. Du liegst im Bett. Doch etwas Alkohol im Blut. Du kannst die Augen nicht zu machen wegen Schwindel und Lgen. Du musst die Wohnung in Brand legen,

    fr dich. Aber zum Glck, denkst du dir da schon, kommt alle zwei Stunden ein Nachbar aus der Haustr oder will hinein. Als jemand anderthalb Stunden zu frh kommt, sagst du dir: irgendetwas stimmt hier nicht. Du fragst aber nicht weiter. Denn du bist auch froh, endlich rein zu knnen. Inzwischen zittern deine Hnde auch nicht mehr wegen dem Tremor, sondern vor Klte. Du steckst einen anderen Schlssel in ein anderes Schloss, nmlich in den Briefkasten. Nach und nach fallen die abonnierten Tageszeitungen der letzten Wochen ungelesen, dir entgegen. Als du auf dem Boden hockst und die Zeitungen zusammen sammelst, findest du einen gelben Zettel inmitten all der verjhrten Bltter alter Nachrichten und berholter Neuigkeiten. Auf dem Zettel steht ein Name, den du vorher noch nie gehrt hast, deswegen sprichst du ihn laut blasiert und aufstoend aus: Neuendorf. Du vermutest, der wohnt sicher im Vorderhaus.

    die Party, die sogenannte Party ist zu ende. Ich bin der letzte Gast. Ich kann es nicht aushalten zu gehen, bevor nicht der vorletzte Gast gegangen ist. Ich denke dann, die reden sicher ber mich, wenn ich gegangen bin. Ich will nicht das Gesprch der Party sein. Deswegen bleibe ich immer bis zum Ende. Neuendorf sitzt besoffen am Tisch. Er lallt irgendetwas. Er will mehr Gin. Mich anbiedernd bringe ich ihm auf Knien mehr Gin. Er schmeit das Glas auf den Boden und schreit mich an: das ist Wodka! Absichtlich trete ich mit dem anderen Fu in die Glasscherben und wetze ihn in den Splittern. Ich habe auch getrunken, aber werde nicht betrunken, wenn dann hchstens falle ich ins Koma.

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    hrst du? Du musst die Wohnung in Brand legen. Jedes Mbelstck aus Holz, wurde aus einem Holzpferd recycled. berall Widersacher im Holz. Du kannst die Augen nicht zu machen. Du bruchtest Streichhlzer zwischen den Lidern, bei all den Sachen, die du noch berwachen musst. Gut, dass du die Kerzen vorsorglich in die Badewanne gerumt hast. Gut, dass die Badewanne nicht aus Holz ist. Die Sache ist die: du hast dich vor drei Jahren suizidiert, aber irgendwie bist du dabei nicht gestorben. Denkst du dir, die Bettdecke ber deinen Kopf ziehend. Deine Fe schmerzen.