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EIN LEBEN FÜR die Grande Hôtellerie Er wacht über 36 Köche und 6 Restaurants: Hans Nussbaumer ist KÜCHENCHEF im traditionsreichen Fünfsternehotel Kulm in St. Moritz. Bald geht er in Pension – ein Rückblick auf 20 Jahre am Herd. I n einem Topf blubbert eine Suppe, in einem andern brodelt das Wasser, in dem Randenknollen garen. Ein Koch hackt büschelweise Schnittlauch, ein an- derer legt Fischfilets in eine Pfanne, ein weiterer schneidet Toastbrot klein, um daraus Croûtons zu machen. Am Pass, an der eke, an der die Gerichte vom Ser- vice übernommen werden, steht ein statt- licher Mann mit Schnauz, Brille und einer Kochmütze auf dem Kopf. Er liest vor, was auf den Zetteln steht, die ihm ein livrierter Kellner gerade überreicht hat. Mit lauter Stimme, damit es alle Köche in der gros- sen Küche hören: «Eine Tomatencreme- suppe, una salata rucola, una minestrone, una piccata, Risotto nur mit Gemüse, Ta- gliata nur mit Nudeln, einmal Fisch, una melanzana, un melon au jambon.» «Jawohl», «yes», «si, chef», tönt es von hinten und von vorne, von links und rechts. Jeder Koch ist für einen bestimm- ten Bereich, eine Partie, verantwortlich und muss quittieren, dass er verstanden hat, was der Küchenchef ihm gerade zu kochen aufgetragen hat. Text Michael Lütscher Fotos Jorma Müller Dieser heisst Hans Nussbaumer. Nach der kurzen Ansprache an seine internatio- nale Brigade wendet er sich den Tellern zu, die ihm die Köche bereitgestellt haben. «Das ist nicht warm», ruſt er einem Koch zu, der ihm einen Teller mit Plain in Pig- na, der Engadiner Rösti, überbracht hat. Der Teller geht zurück. Eine Frage der Übung Nussbaumer pinselt etwas Butter auf ein Lammkarree, spritzt da Olivenöl aufs Ge- müse, platziert dort Kräuter. Dann nimmt er zwei Cloches aus dem Wärmeschrank, legt sie auf die Teller, stapelt diese auf einem Silbertablett und schiebt sie auf dem Pass Richtung Gang. Es ist das Signal für die wartende Kellnerin, dass die Spei- sen servierbereit sind. Nussbaumer zieht den roten Bleistiſt, der im Rand seiner Toque steckt, und hakt den Bestellzettel als erledigt ab. «Das ist alles eine Frage der Übung», sagt Nussbaumer. Die hat er. Seit zwanzig Jahren ist er Küchenchef im «Kulm», dem traditionsreichsten der fünf St. Moritzer Fünfsternehotels. Verantwortlich für die Befehlsausgabe, für das Finish und für die Qualitätskontrolle der Gerichte, aber auch für den Einkauf, die Menüplanung und die Personalführung. Nussbaumer ist zu- ständig für das, was im Grand Restaurant, genannt Speisesaal, und in der Pizzeria auf den Tisch kommt, im Winter auch für die beiden sommers geschlossenen Lokale Sunny Bar und e K. Er verantwortet, was der Zimmerservice den Hotelgästen und den Mietern in der angegliederten Residenz rund um die Uhr serviert. Dazu die Verpflegung des Personals und die Kü- chen der Restaurants Chesa al Parc und Dracula-Club, die zum «Kulm» gehören, aber ausserhalb des Hotels liegen. Dazu kommen Bankette, Feste und Buffets. Im Sommer arbeiten in der grossen Küche 18, im Winter 36 Köche. 330 Betten bietet das «Kulm», dazu 32 Luxus-Ferien- wohnungen. Im Winter hat das Hotel 320 Angestellte. Im Herbst wird Nussbaumer 64 Jahre alt, die nächste Wintersaison soll seine letzte sein, danach geht er in Pension. Blick auf St. Moritz und das «Kulm» (l.). Das Grand Restau- rant im Hotel (u.). Küchenchef Hans Nussbaumer im Grand Restaurant des Hotels Kulm. 26 Schweizer Familie 32/2016 27 Schweizer Familie 32/2016 ESSEN ESSEN

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EIN LEBEN FÜR die Grande HôtellerieEr wacht über 36 Köche und 6 Restaurants: Hans Nussbaumer ist KÜCHENCHEF im traditionsreichen Fünfsternehotel Kulm in St. Moritz. Bald geht er in Pension – ein Rückblick auf 20 Jahre am Herd.

In einem Topf blubbert eine Suppe, in einem andern brodelt das Wasser, in dem Randenknollen garen. Ein Koch

hackt büschelweise Schnittlauch, ein an-derer legt Fischfilets in eine Pfanne, ein weiterer schneidet Toastbrot klein, um dar aus Croûtons zu machen. Am Pass, an der Theke, an der die Gerichte vom Ser-vice übernommen werden, steht ein statt-licher Mann mit Schnauz, Brille und einer Kochmütze auf dem Kopf. Er liest vor, was auf den Zetteln steht, die ihm ein livrierter Kellner gerade überreicht hat. Mit lauter Stimme, damit es alle Köche in der gros-sen Küche hören: «Eine Tomatencreme-suppe, una salata rucola, una minestrone, una piccata, Risotto nur mit Gemüse, Ta-gliata nur mit Nudeln, einmal Fisch, una melanzana, un melon au jambon.»

«Jawohl», «yes», «si, chef», tönt es von hinten und von vorne, von links und rechts. Jeder Koch ist für einen bestimm-ten Bereich, eine Partie, verantwortlich und muss quittieren, dass er verstanden hat, was der Küchenchef ihm gerade zu kochen aufgetragen hat.

Text Michael Lütscher Fotos Jorma Müller

Dieser heisst Hans Nussbaumer. Nach der kurzen Ansprache an seine internatio-nale Brigade wendet er sich den Tellern zu, die ihm die Köche bereitgestellt haben. «Das ist nicht warm», ruft er einem Koch zu, der ihm einen Teller mit Plain in Pig-na, der Engadiner Rösti, überbracht hat. Der Teller geht zurück.

Eine Frage der ÜbungNussbaumer pinselt etwas Butter auf ein Lammkarree, spritzt da Olivenöl aufs Ge-müse, platziert dort Kräuter. Dann nimmt er zwei Cloches aus dem Wärmeschrank, legt sie auf die Teller, stapelt diese auf einem Silbertablett und schiebt sie auf dem Pass Richtung Gang. Es ist das Signal für die wartende Kellnerin, dass die Spei-sen servierbereit sind. Nussbaumer zieht den roten Bleistift, der im Rand seiner Toque steckt, und hakt den Bestellzettel als erledigt ab.

«Das ist alles eine Frage der Übung», sagt Nussbaumer. Die hat er. Seit zwanzig Jahren ist er Küchenchef im «Kulm», dem traditionsreichsten der fünf St. Moritzer

Fünfsternehotels. Verantwortlich für die Befehlsausgabe, für das Finish und für die Qualitätskontrolle der Gerichte, aber auch für den Einkauf, die Menüplanung und die Personalführung. Nussbaumer ist zu-ständig für das, was im Grand Restaurant, genannt Speisesaal, und in der Pizzeria auf den Tisch kommt, im Winter auch für die beiden sommers geschlossenen Lokale Sunny Bar und The K. Er verantwortet, was der Zimmerservice den Hotelgästen und den Mietern in der angegliederten Residenz rund um die Uhr serviert. Dazu die Verpflegung des Personals und die Kü-chen der Restaurants Chesa al Parc und Dracula-Club, die zum «Kulm» gehören, aber ausserhalb des Hotels liegen. Dazu kommen Bankette, Feste und Buffets.

Im Sommer arbeiten in der grossen Küche 18, im Winter 36 Köche. 330 Betten bietet das «Kulm», dazu 32 Luxus-Ferien-wohnungen. Im Winter hat das Hotel 320 Angestellte.

Im Herbst wird Nussbaumer 64 Jahre alt, die nächste Wintersaison soll seine letzte sein, danach geht er in Pension. ➳

Blick auf St. Moritz und das «Kulm» (l.). Das Grand Restau­rant im Hotel (u.).

Küchenchef Hans Nussbaumer im Grand Restaurant des

Hotels Kulm.

26 Schweizer Familie 32/2016 27Schweizer Familie 32/2016

ESSEN ESSEN

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«Ich kenne nichts anderes als das Gast-gewerbe», sagt er. Seine Eltern führten den «Bären» in Oberägeri ZG. Hans woll-te Pilot werden, was ihm als Brillenträger allerdings verwehrt blieb. Sein Vater, der ebenfalls Hans hiess, wollte, dass auch aus dem Sohn ein Koch wird. 1968 trat Hans junior die Lehre im altehrwürdigen Hotel Trois Couronnes in Vevey VD an. Dort lernte er, wie in Grandhotels gekocht wird: nach der klassisch französischen Küche.

Nussbaumer blieb in der Grande Hôtellerie: 1972 ar-beitete er erstmals im «Kulm». Es folgten das «Baur au Lac» und das «Dol - der» in Zürich, das «Palace Luzern», der «Bürgen-stock», das «Queen Elizabeth» in Montreal. Nach einem Intermezzo mit einem eigenen Restaurant in Oberägeri kehrte er 1991 ins «Kulm» zurück, zuerst nur für den Winter.

«Ich fühle mich hier zu Hause», sagt er. Und erzählt von den täglichen Ansprüchen. «Topqualität» soll das Essen im «Kulm» haben. Dem wird die «Kulm»-Küche offen-sichtlich gerecht: In der aktuellen Ausgabe des Gourmetführers «Gault Millau» sind das The K und die Pizzeria aufgeführt.

«D Gaschtig», wie Nussbaumer sagt, ist international und anspruchsvoll. «Die

Gäste weisen uns den Weg», erklärt der Küchenchef. In erster Linie kocht man im Traditionshaus klassisch französisch, me-diterran angereichert. Sind viele jüngere Leute im Hause, gibt man der asiatischen Küche mehr Gewicht. Und jeden Abend steht im Speisesaal auch ein sechsgängiges vegetarisches Menü zur Wahl. Gewisse Speisen sind immer erhältlich: das Zür-cher Geschnetzelte etwa oder das vorzüg-liche Clubsandwich, zu dem statt der üb-

lichen trockenen Hühnerbrust ein hervorragender Pouletsalat gehört.

Um Weihnachten, wenn viele Stamm-gäste zugegen sind, werden im 400-plätzi-gen Speisesaal seit Jahren Evergreens auf-getragen: am 24. Dezember Rehrücken für die deutschen Gäste, tags darauf Truthahn für die Angelsachsen, später Filet Welling-ton, Hummer, davor oft eine Tranche der hausgemachten Gänseleberterrine.

Normalerweise setzt Nussbaumer auf Abwechslung. Er holt Kartontafeln aus seinem kleinen Büro in der Küche. Darauf

schreibt er jeden Tag mit seinem Bleistift die Halbpensionsmenüs. Auf Französisch – so denkt er, wenn es ums Essen geht. Die gleiche Speise kommt nur alle drei bis vier Wochen aufs Menü. Hotelgäste sollen nicht zweimal das Gleiche erhalten.

Einzelne Gerichte setzt Nussbaumer eigens für Stammgäste auf die Karte, etwa flambierte Kalbsnieren. Zu den Klassikern der Sunny Bar gehört eine Speise, die ein Gast kreierte: Bledisloe, benannt nach

dem englischen Lord Ble-disloe, der als Präsident des Cresta Clubs der Ske-letonfahrer Stammgast im «Kulm» war. Sie besteht aus einer Rösti mit Spinat, zwei pochierten Eiern, ge-

bratenem Speck, übergossen mit Sauce hollandaise, dekoriert mit einem Blätterteig-Halbmond.

Herr der LageSonderwünsche sind im «Kulm» Alltag. Nussbaumer erzählt, wie Bewohner der Residenz zwei Gänse kauften und sie um 16 Uhr vom Concierge in die Küche brin-gen liessen, mit dem Auftrag, sie abends gebraten mit Marroni und Rotkraut in ihrer Wohnung auftragen zu lassen. Jahre-lang kochte Nussbaumer persönlich für

ein Ehepaar aus Tel Aviv koscher. Mit des-sen Kochgeschirr, abseits des grossen Herdes. Eine umständliche Arbeit, aber ein grosser Vertrauensbeweis.

Geärgert hat sich der Küchenchef hin-gegen schon über unschlüssige Gäste. Die, kaum hatten sie das Bestellte vor sich, eine andere Beilage wollten. Und als diese ser-viert wurde, sich nochmals umentschie-den. Jedes Mal muss alles zurück in die Küche, denn der Gast soll alles warm und gleichzeitig essen können. Solchen Leuten lässt Nussbaumer eine besondere Auf-

merksamkeit zukommen: Er lädt sie zur Stosszeit in die Küche ein, erklärt ihnen den komplexen Gang der Dinge. Fazit: «Das wirkt fast immer.»

Der Küchenchef scheint jederzeit Herr der Lage zu sein. Er wirkt bodenständig. «Eine Grandhotel-Küche ist eine hochkom-plexe Sache. Herr Nussbaumer hat das mit sehr viel Bravour gemacht», erklärt Heinz E. Hunkeler, der Direktor des «Kulm». «Er ist hilfsbereit, hört zu. Ich habe schon ganz an-dere Küchenchefs erlebt», sagt Roman Iten, ein 22-jähriger Koch.

Nussbaumer legt selbst täglich Hand an. Etwa beim Parieren von Fleisch. «Da kann ich abschalten und Ideen entwi-ckeln», sagt er, während er sich an einem ausgelösten Rindsentrecote zu schaffen macht. Früher mussten die Köche im «Kulm» Tierhälften ausbeinen. Heute lässt es dies und auch die Reifung des Fleisches vom örtlichen Metzger durchführen. «Ich bin vielleicht der Einzige hier, der das Ausbeinen noch beherrscht», sagt Nuss-baumer über den Wandel in der Küche.

Verändert hat sich auch das Kochen selbst. Das Sous-vide-Garen im Wasser-bad etwa ist Nussbaumer fremd, aber wenn ihm ein Koch erklären kann, wieso dies angebracht sei, lässt er ihn gewähren. Er selbst war gewohnt, am gusseisernen Herd zu kochen. Mit leuchtenden Augen erzählt er von der Arbeit an diesem Un-getüm aus dem Jahre 1916, das bis 2009 in der Küche stand und mit Öl befeuert wur-de. Zum Kochen brauchte man Kupfer-pfannen. «Es gibt nichts Schöneres, als mit Kupfer zu kochen – es brennt einfach nichts an», sagt er. Regulieren liess sich der Herd nur durch das An- und Abstellen der Ölbrenner. Die Pfannen musste man für die gewünschte Temperatur umplat-zieren: In der Nähe der Ölbrenner war es am heissesten, am Rand des Herdes warm.

Chefpatissier Vittorio Miggiano ist seit 25 Jahren im «Kulm».

Der Küchenchef (r.) mit Köchen seines Teams.

Hans Nussbaumer schreibt seine Menüpläne auf Kartontafeln.

Koch Andrea Gioia und Hans Nussbaumer (r. ) legen am Pass letzte Hand an.

Das Servier­personal trägt die Speisen zwei Stock­werke hoch in den Speisesaal.

«D Gaschtig, also die Gäste, ist international und anspruchsvoll.

Sie weist uns den Weg.» Hans Nussbaumer

28 29Schweizer Familie 32/2016 Schweizer Familie 32/2016

ESSEN ESSEN

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InformationenKulm Hotel, 7500 St. Moritz, 081 836 80 00. Alle Restaurants sind öffentlich. Die Sommer-saison dauert bis 4. September. Die Wintersaison beginnt am 2. Dezember. www.kulm.com

Als Nebenwirkung liess die Abwärme die Raumtemperatur rund um den Herd auf bis zu 70 Grad steigen. Der neue In-duktionsherd habe in der Küche zu einer «merklichen Steigerung der Lebensquali-tät« geführt, sagt Nussbaumer mit einem Grinsen auf den Stockzähnen.

Der Küchenchef hat den Umbau der Küche massgeblich mitgestaltet. Er setzte durch, dass sie ihre grösste Attraktion für die Köche behielt: das Tageslicht, das durch drei Rundbogen-fenster strömt.

Der Preis ist hochDas ist einer der Vorteile der Hanglage des Kulm Hotels. Sonst bietet die Architektur des 1855 vom Hotelpionier Johannes Badrutt gegründeten Hotels et-liche Tücken. Immer wieder ergänzt und umgebaut, ist der Gebäudekomplex ver-winkelt und weitläufig. Die Küche liegt auf drei Ebenen, die durch Treppen miteinan-der verbunden sind. Die Kellner müssen die Platten über Treppen zwei Stockwerke in den Speisesaal hochtragen, und die äus-sersten Räume des Hotels liegen 400 Me-ter auseinander. Damit die Gerichte über-all warm auf den Tisch kommen, sei die Logistik entscheidend, sagt Nussbaumer.

«Ein Chef ist eben stets nur so gut wie die Mitarbeiter», sagt der Küchenchef. Er ist zufrieden mit seinen Leuten. Ganz be-sonders mit dem treuesten unter ihnen, Chefpatissier Vittorio Miggiano. Der ver-antwortet verführerische Süssigkeiten und arbeitet schon 25 Jahre im «Kulm» – sein halbes Leben. «Der muss auch aufs Bild», sagt Nussbaumer zum Fotografen.

Das demonstrierte Vertrauen in seine Leute hält Nussbaumer nicht davon ab,

omnipräsent zu sein. Mit dem Mokkalöf-fel in der Hand eilt er den Kochtöpfen ent-lang, probiert, urteilt. Im Prinzip steht er jeden Tag in der Küche. Das heisst: 10 Wochen im Sommer, 18 Wochen im Winter durcharbeiten, von morgens um 9 Uhr bis abends spät – viel mehr als seine Untergebenen. In den letzten Jahren hat er begonnen, ab und zu einen freien Tag ein-zuschalten – «mit einem schlechten Ge-wissen». Der Preis für diesen Arbeitseifer ist hoch: Nussbaumer hat wenig Privat-leben. Seine Ehe ist in Brüche gegangen,

als die beiden Kinder noch klein waren. «Nicht zuletzt wegen der Arbeit», sagt er.

Die Familie blieb in der Innerschweiz, wo er die Zwischensaisons verbringt, wenn er nicht auf Reisen ist. Beide Kinder kamen zum Schnuppern in die «Kulm»-Küche. Als sie sahen, wie viel ihr Vater arbeitet, war für sie klar: Sie wollen keinen Beruf im Gastgewerbe.

«Ich spüre, dass mein Körper nicht mehr alles mitmacht», sagt Nussbaumer.

Davor ist er die Treppe zum Speisesaal hochge-stürmt, ohne dass der zehn Jahre jüngere Repor-ter folgen konnte.

Letztes Jahr verbrachte Nussbaumer erstmals ge-

meinsame Ferien mit seiner Tochter, 33, und dem Sohn, 30. Dafür möchte er in Zukunft mehr Zeit haben.

Die Suche nach dem Nachfolger läuft. Ihm wünscht Nussbaumer viel Geduld. Aber zuerst wird er ihn einarbeiten. ●

TIPP Als Beilagen

passen Rösti oder Kartoffel gratin,

Bohnen oder Kefen.

«In den letzten Jahren habe ich ab und zu einen freien Tag eingeschaltet – mit einem schlechten Gewissen.»

Hans Nussbaumer

30 Schweizer Familie 32/2016

ESSEN

GEBR ATENE S L A MMK A R R EE IN DER KR ÄU TER-NUSSKRUSTE

•für 4 Personen

ZUTATEN FLEISCH 800 g Lammkarree, 1,5 dl Lamm- oder Kalbsfond braun,

1 Zweig Estragon, frisch gehackt, 1 dl Weiss-

wein, 1 EL Erdnussöl, 30 g Colman’s Senf-pulver, 4 Thymian-

zweige, Gewürzsalz, Küchengarn

ZUTATEN KRUSTE40 g Butter, 20 g

gehackte Schalotten, 10 g gehackter Knob-

lauch, 80 g Paniermehl (von Weissbrot), 30 g gehackte Baumnüsse,

15 g Petersilie, 1 g Thymianblättchen

(etwa ein Zweig), 5 g Pfefferminzblätter

(alle gehackt)

ZUBEREITUNG1. Senfpulver im Weisswein

anrühren.2. Öl in einer Bratpfanne

erhitzen, Lammkarree zusammenbinden, wür-zen und im heissen Öl rundum anbraten.

3. Fleisch auf einen Rost mit Abtropfblech legen.

4. Bratensaft mit etwas Weisswein ablöschen, Fond dazugeben und sirupartig einkochen.

5. Das Fleisch mit dem Rost und Abtropfblech in den Ofen schieben.

6. Mit trockener Heissluft 7–8 Minuten bei 180 Grad garen, bis die Kerntem-peratur 52 Grad beträgt.

7. Schalotten und Knoblauch fein hacken und in Butter andünsten. Paniermehl und die gehackten Kräu-ter beigeben und vermi-

schen. Abkühlen lassen und die gehackten Baumnüsse beigeben.

8. Lammkarree aus dem Ofen nehmen und einige Minuten stehen lassen.

9. Das Fleisch mit dem an-gerührten Senf bestrei-chen. Die Kräuterkruste darauf verteilen und etwas andrücken.

10. Unter der Grillschlange im Ofen hellbraun rösten. Herausnehmen und 5 Minuten ruhen lassen.

11. Saucenspiegel auf den Tellern anrichten. Fleisch tranchieren und auf die Sauce legen. Mit Thy-miansträusschen garnie-ren. Restliche Sauce separat servieren.

Aufwand: ca. 45 MinutenGarzeit: 10 Minuten plus Ruhen