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Johannes Gutenberg-Universität Mainz Beifach: Audiovisuelles Publizieren Modul: Kommunikationswissenschaftliche Aspekte von audiovisuellen Medien Veranstaltung: Mediennutzung, Medienrezeption, Medienwirkung Dozent: Prof. Dr. Karl Nikolaus Renner Sommersemester 2015 Abgabedatum: 19.10.2015 Ein Überblick und Einblick in die empirische Framing-Forschung. Vorgelegt von: Philipp Neuweiler Höhenstraße 27 75015 Bretten-Ruit Tel.: (0049)7252-87056 Email: [email protected] KF: Filmwissenschaft, B.A. (4. Fachsemester) BF: Audiovisuelles Publizieren, B.A. (4. Fachsemester)

Ein Überblick und Einblick in die empirische Framing-Forschung....das Framing-Konzept ab den 1970ern parallel in Disziplinen wie der Psychologie, Linguistik, Politikwissenschaft,

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  • Johannes Gutenberg-Universität Mainz

    Beifach: Audiovisuelles Publizieren

    Modul: Kommunikationswissenschaftliche Aspekte von audiovisuellen Medien

    Veranstaltung: Mediennutzung, Medienrezeption, Medienwirkung

    Dozent: Prof. Dr. Karl Nikolaus Renner

    Sommersemester 2015

    Abgabedatum: 19.10.2015

    Ein Überblick und Einblick in die

    empirische Framing-Forschung.

    Vorgelegt von:

    Philipp Neuweiler

    Höhenstraße 27

    75015 Bretten-Ruit

    Tel.: (0049)7252-87056

    Email: [email protected]

    KF: Filmwissenschaft, B.A. (4. Fachsemester) BF: Audiovisuelles Publizieren, B.A. (4. Fachsemester)

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    Inhaltsverzeichnis

    1. Eidesstattliche Erklärung S. 01

    2. Einleitung S. 02

    3. Die Framing-Forschung S. 03

    3.1 Zentrale Fragestellung und Einordnung S. 03

    3.2 Entwicklung der Framing-Forschung S. 04

    3.3 Theoretische Grundlagen S. 06

    3.4 Methodologie S. 09

    3.5 Einflüsse der Framing-Forschung S. 12

    3.6 Kritik und Zukunftsaussichten S. 13

    4. Aufsatz: The Content Analysis of Media Frames: Towards Improving Reliability and Validity S. 15

    4.1 Begründung der Auswahl S. 15

    4.2 Aufbau des Aufsatzes und Vorgehen der Studie S. 16

    4.3 Bewertung der Untersuchung S. 19

    5. Literaturverzeichnis S. 22

    6. Anhang S. 25

    1. Eidesstattliche Erklärung

    Hiermit versichere ich, Philipp Neuweiler, dass ich die Hausarbeit selbständig, ohne fremde Hilfe

    verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Die Stellen der Arbeit, die

    dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen Werken entnommen wurden, sind unter Angabe der

    Quellen der Entlehnung kenntlich gemacht worden. Die Arbeit ist noch nicht veröffentlicht und in

    keiner anderen oder gleichen Form in einem anderen Prüfungsverfahren als Prüfungsleistung

    vorgelegt worden.

    Datum, Ort Unterschrift

    _08. September 2015, Bretten-Ruit___ _______________________________

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    2. Einleitung

    Die Medienwirkungsforschung ist von stetigen Ausdifferenzierungsprozessen geprägt. Zunächst ist

    das nicht ungewöhnlich für eine wissenschaftliche Disziplin. Immer mehr Theorien und Methoden

    werden zu bestimmten Phasen des Kommunikationsprozesses entwickelt.1 Ein Ansatz, der sich diesem

    ‘Trend zur Spezialisierung‘ jedoch widersetzt, ist die Framing-Forschung:

    „[Sie] ist derzeit zweifellos einer der zentralen Forschungsbereiche der politischen Kommunikationsforschung. Kaum ein anderer Begriff erfreut sich derzeit so großer Beliebtheit und sorgt für einen vergleichbaren Fluss von Forschungsarbeiten sowohl im deutschsprachigen als auch im internationalen Raum.“2

    Diese Popularität verdankt der Framing-Ansatz seiner breiten Anwendbarkeit in qualitativen und

    quantitativen Studien.3 Er wird auch als ‘Brückenkonzept‘ bezeichnet, da sich zahlreiche Phänomene

    aus der politischen Kommunikationswissenschaft damit erläutern lassen.4 Doch welche

    Fragestellungen umfasst die Framing-Forschung? Wie sehen exemplarische Studien aus? Und wie

    lassen sich ihre Erkenntnisse in der journalistischen Praxis anwenden?

    Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist es einen Über- und Einblick in die empirische

    Framing-Forschung zu liefern. Entsprechend sind zwei Inhaltsteile zu unterscheiden: Zunächst möchte

    ich einen allgemeinen und strukturierten Überblick der Framing-Forschung bieten und anschließend

    nähere Einblicke über eine exemplarische Studie liefern. Diese stammt von Matthias Kohring und Jörg

    Matthes und besitzt den Titel The Content Analysis of Media Frames. Towards Improving Reliability

    and Validity (2008).5 Neben dieser inhaltlichen Zielsetzung soll dieser Aufsatz dafür dienen,

    publizistische Studien für die eigene journalistische Arbeit fruchtbar zu machen.

    Um eine möglichst strukturierte Darstellung der Framing-Forschung zu liefern, möchte ich

    zunächst auf zentrale Fragestellungen eingehen und sie in Abgrenzung zu anderen

    kommunikationswissenschaftlichen Theorien einordnen. Anschließend gehe ich auf die historische

    Entwicklung ein, erläutere zentrale Begrifflichkeiten und theoretische Grundlagen, Methoden der

    empirischen Forschung, Einflüsse bisheriger Studien und möchte zum Schluss noch auf Kritikpunkte

    und Zukunftsprognosen des Ansatzes eingehen. Im zweiten Teil beschäftige ich mich mit dem Aufsatz

    von Matthes und Kohring. Hierzu möchte ich als erstes meine Auswahl begründen, Aufbau und

    Vorgehen ihrer Forschungsarbeit wiedergeben, um abschließend die Ergebnisse kritisch zu bewerten.

    1 Vgl. Dahinden 2006, S. 16 2 Matthes 2014, S. 12 3 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 204 4 Vgl. Matthes 2014, S. 13 5 Vgl. Matthes / Kohring 2008, der Aufsatz wurde im Anhang beigefügt

  • 3

    3. Die Framing-Forschung

    3.1 Zentrale Fragestellung und Einordnung

    Viele Themen in der Nachrichten-Berichterstattung sind überaus komplex, weshalb sie uns selektiert

    präsentiert werden. Bestimmte Perspektiven und Informationen werden hervorgehoben, andere in den

    Hintergrund gestellt – je nachdem von welcher Instanz wir die Themen vermittelt bekommen. Somit

    könnte man von einer Art ‘Kampf um die Deutungshoheit‘ sprechen. Gesellschaftliche Akteure

    versuchen Blickwinkel auf politische Themen durchzuringen. Unter ihnen befinden sich

    Nachrichtenorganisationen, Politiker oder wirtschaftliche Unternehmen.6 Gleichzeitig haben bei dieser

    Rahmung auch die Rezipienten ein Wörtchen mitzureden: Sie wählen die gerahmten

    Nachrichtenthemen nach individuellen Mustern aus und fügen sie in eigene Interpretationskategorien

    ein.7 Die Grundprämisse der Framing-Forschung geht somit davon aus, dass gesellschaftliche Themen

    niemals in ihrer gänzlichen Komplexität vermittelt werden, sondern stets durch Blickwinkel normiert

    sind.8 Die Framing-Forschung „versucht [also] zu klären, wie die Frames einzelner Akteure entstehen,

    wie sie sich ändern sowie gegenseitig beeinflussen.“9

    Mithilfe von Frames lässt sich etwa begreifen, weshalb in der westlichen Berichterstattung

    häufig Themen wie Islam und Terrorismus kombiniert werden.10 Politische Wahlkämpfe werden im

    Journalismus gerne mit Pferderennen verglichen, sodass der Wettkampf-Charakter in den Vordergrund

    tritt.11 Ein drittes Frame-Beispiel wäre die David-gegen-Goliath-Metapher, mit der in der

    Vergangenheit etwa der Israel-Palästina-Konflikt gerahmt wurde. Damit wurde er auf den Kampf

    zweier ungleicher Gegner reduziert, wobei der vermeintlich unterlegenen Partei Sympathie

    entgegengebracht wird.12

    Die Fragestellung der Framing-Forschung lässt sich allerdings noch weiter ausdifferenzieren.

    Immerhin ähneln ihre Ansätze verwandten Theorien der Wirkungsforschung wie dem Agenda-Setting,

    Priming und Einstellungs-Konzept. Sie alle untersuchen Phänomene der Selektion, Perspektivierung

    und Priorisierung gesellschaftlicher Themen.13 In der Kommunikationswissenschaft herrscht immer

    noch große Unklarheit, wie sich etwa Agenda-Setting und Framing-Theorie zueinander verhalten.

    Während die einen der Ansicht sind, es gäbe keine Unterschiede14 halten andere Framing für eine

    Erweiterungsform von Agenda-Setting.15 Während die Agenda-Forschung die Frage aufwirft, welche

    Themen in den Medien ausgewählt werden, befasst sich der Framing-Ansatz damit, wie diese

    6 Vgl. Matthes 2014, S. 9f 7 Vgl. Schenk 2002, S. 303 8 Vgl. Donsbach 2009, S. 127 9 Matthes 2014, S. 10 10 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 203 11 Vgl. das sogenannte „Horse Race Frame“ in Cappella / Jamieson 1997 12 Vgl. Dahinden 2006, S. 14f 13 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 196 14 Vgl. Eko 1999 15 Vgl. McCombs / Shaw / Weaver 1997

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    ausgewählten Themen perspektiviert werden.16 Gerade diese Fragestellung ist auch Gegenstand des

    ‘Second-Level-Agenda-Settings‘. Daher kann es gut möglich sein, dass sich beide Ansätze in Zukunft

    annähern werden.17

    Größere Unterschiede zeigen sich beim sogenannten Priming: Hier liegt der Fokus besonders

    auf der Wahlforschung und der These, dass soziale Themen an Politiker ‘getaggt‘ bzw. mit ihnen

    assoziiert werden können. „Die Konzentration auf bestimmte Themen […] im Wahlkampf bestärkt

    vermeintlich die Fähigkeit eines Politikers dieses Problem zu lösen.“18 Framing beschäftigt sich also

    mehr mit der Auswahl und Hervorhebung thematischer Informationen, Priming mit der Reaktion, die

    vorangehende Informationen (Primes) auf bestimmte Zielreize (Targets) auslösen.19

    Noch schwieriger ist es die kommunikationswissenschaftliche Begriffe ‘Frame‘ und

    ‘Einstellung‘ auseinanderzuhalten. Beide Theorien beschreiben kognitive, affektive und konative

    Blickwinkel auf bestimmte Themen und Objekte.20 Andererseits geht es beim Einstellungskonzept

    eher um Verhalten, die Individuen durch ihre Denkmuster entwickeln. Framing beschäftigt sich jedoch

    verstärkt mit Selektionsmechanismen, die in den Medien und im eigenen Gedächtnis stattfinden.21

    Sucht man nach weiteren theoretischen Bezügen, besitzt die Framing-Forschung auch große

    Schnittstellen mit der philosophischen Schule des Konstruktivismus.22 Auch hier geht es um die

    Konstruktion sozialer Wirklichkeit, die durch Selektion von Erfahrungen und der Etablierung von

    Denkkategorien stattfindet. Indem wir die komplexen Informationen aus unserer Umwelt ‘rahmen‘,

    konstruieren wir gleichzeitig unsere Alltagsrealität. Framing kann daher auch als ‘gemäßigter

    konstruktivistischer Ansatz‘ verstanden werden.23

    3.2 Entwicklung der Framing-Forschung

    Der Ursprung des wissenschaftlichen ‘Frame‘ Begriffs geht auf den Psychiater Gregory Bateson

    zurück, der hiermit 1972 psychologische Phänomene beschrieb: Nämlich die Exklusion und Inklusion

    bestimmter Informationen in Nachrichten.24 Als interdisziplinärer Forschungsansatz entwickelte sich

    das Framing-Konzept ab den 1970ern parallel in Disziplinen wie der Psychologie, Linguistik,

    Politikwissenschaft, Soziologie und Ökonomie.25 Häufig wurden begriffliche Synonyme wie

    ‘Schema‘, ‘Skript‘ oder ‘Map‘ verwendet.26 Als die drei einflussreichsten Wurzeln möchte ich in aller

    Kürze die soziologische, die psychologische und die kommunikationswissenschaftliche Geschichte der

    16 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 196 17 Vgl. Kepplinger 2009, S. 670f 18 Kepplinger 2009, S. 690; vgl. ebenso Berkowitz / Roger 1986 und Price / Tewksbury 1997 19 Vgl. Rüter 2006, S. 287 und Matthes 2014, S. 29f 20 Vgl. Allport 1954 zitiert nach Erwin 2001, S. 5 21 Vgl. Dahinden 2006, S. 96f 22 Vgl. Van Gorp 2007 23 Vgl. Berger / Luckmann 1969, ebenso wie Dahinden 2006, S. 309 24 Vgl. Bateson 1972, ebenso wie Dahinden 2006, S. 29 25 Vgl. Jecker 2014, S. 24 und Dahinden 2006, S. 319 26 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 196f

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    Framing-Forschung27 schildern.

    Als Meilenstein in der Soziologie gilt die Frame Analysis (1974) von Erwin Goffman. Dieser

    hatte den Frame-Begriff von Bateson übernommen um menschliches Verhalten im Alltag zu

    erläutern.28 Nach Goffman sind Frames Definitionen von Situationen,29 die Ereignisse in

    Sinnstrukturen wiedergeben. Ihre Funktion für den sozialen Akteur besteht darin, Situationen zu

    erkennen und hieraus Verhalten und Handlungsanweisungen abzuleiten.30 Im Gegensatz zur

    Kommunikationswissenschaft wurde der Frame-Begriff also nicht für die Massen- sondern die

    Alltagskommunikation angewendet.31 Leider fehlt es Goffman noch an empirischen Zugängen.32

    In der Kognitionspsychologie hat sich statt ‘Frame‘ der Begriff des ‘Schemas‘ durchgesetzt.

    Das Konzept befasst sich weniger mit Phänomenen öffentlicher Kommunikation, sondern

    Informationsverarbeitung, Wissenserwerb und Gedächtnisbildung auf der intrapsychischen Ebene.33

    Die Unterschiede zwischen ‘Frame‘ und ‘Schema‘ sind nicht klar definiert. Während die einen beide

    Begriffe synonym verstehen,34 betrachten andere Frames als Bündel von Schemata.35 Einigung

    herrscht insoweit, dass geframte Medieninhalte von Rezipienten schemageleitet verarbeitet werden.36

    Susan Fiske und Patricia Linville definieren den Begriff wie folgt:

    „The schema concept refers to cognitive structures of organized prior knowledge, abstracted from experience with specific instances; schema guide the processing of new information and the retrieval of stored information.“37

    Informationen bzw. Wissen über Ereignisse, Situationen und Objekte werden somit durch Schemata in

    ein Netzwerk von Assoziationen eingegliedert. Man geht also davon aus, dass das Gedächtnis ähnlich

    wie eine ‘kognitive Landkarte‘ aufgebaut ist38 bzw. Wissen in eine Art ‘flexibles Schubladensystem‘

    eingeordnet wird.39 Konkrete Informationen werden innerhalb abstrakter Deutungsmuster gespeichert,

    sodass Brosius Schemata auch als „Set von Attributen, Dimensionen und Slots [versteht], das Objekte

    einer bestimmten Kategorie teilen.“40 Das Konzept liegt der Vorstellung zu Grunde, dass Menschen

    aufgrund der immensen Informationsflut an Umweltreizen zur Komplexitätsreduktion neigen.

    Schemas dienen also in erster Linie zur Informationsverarbeitung: Der einströmende Input wird

    entweder in bereits vorhandene Wissenskomplexe eingegliedert (top-down Informationsverarbeitung)

    oder zu neuen Schemata verknüpft (bottom-up), wodurch der komplexe Informationsfluss auf

    27 Vgl. Matthes 2014, S. 24 28 Vgl. Dahinden 2006, S. 38 29 Vgl. Goffman 1974, S. 10 30 Vgl. Ebd., S. 21 31 Vgl. Dahinden 2006, S. 38 32 Vgl. Matthes 2014, S. 24 33 Vgl. Dahinden 2006, S. 92 34 Vgl. D’Angelo 2002 35 Vgl. Scheufele 2003 36 Vgl. Kepplinger 2009, S. 687f 37 Fiske / Linville 1980, S. 543 38 Vgl. Schulz 2009, S. 184 39 Vgl. Matthes 2014, S. 27, 29 40 Brosius 1991, S. 286, vgl. ebenso Bonfadelli / Friemel 2015, S. 197

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    abstrakte Sinnzusammenhänge reduziert wird.41 Das Schema-Konzept erklärt somit, wie Menschen

    ihrer Umwelt Sinn und Ordnung zuweisen, um sich in ihr zurechtzufinden.

    Die Schema-Theorie wurde erst relativ spät in der empirischen Kommunikationswissenschaft

    rezipiert, erfuhr aber dafür einen regelrechten Popularitätsboom.42 Doris Graber hatte das Konzept

    1984 in die Wirkungsforschung übernommen und Untersuchungen zur Informationsverarbeitung

    politischer Themen durchgeführt.43 Maßgeblich für den Erfolg war der Aufsatz Framing: Towards a

    Clarification of a Fractured Paradigm (1993) von Robert Entman.44 Wegweisend waren ebenfalls die

    Studien von Shanto Iyengar, der zwischen episodischen und thematischen Frames unterschied.45

    Durch die kommunikationswissenschaftliche Rezeption der Schema-Theorie wurde das Framing-

    Konzept erstmals auf Medieninhalte und (politische) Berichterstattung angewandt.46

    Als Abschluss zur interdisziplinären Entwicklung der Framing-Forschung sei angemerkt, dass

    das Konzept mittlerweile in weiteren Disziplinen wie der Informatik Fuß fassen konnte: So zielt die

    KI-Forschung (Erforschung künstlicher Intelligenz) darauf ab, natürliche Intelligenz zu rekonstruieren.

    Ein zentrales Problem hierbei ist jedoch, dass Computer Informationen nur rein logisch und nicht

    schemaorientiert verarbeiten. Ein selbstlernender Computer müsste jedoch in der Lage sein, selbst

    Schemas zu entwickeln und weiterzubilden, indem aus komplexen Umweltreizen abstrakte

    Wissenszusammenhänge gebildet werden.47

    3.3 Theoretische Grundlagen

    Nach dieser Übersicht zentraler Fragestellungen und Entwicklungen, ist es wichtig sich mit den

    allgemeinen Definitionen und Begrifflichkeiten der Framing-Forschung auseinanderzusetzen. Durch

    welche theoretischen Überlegungen lassen sich Framing-Phänomene (insbesondere in der

    Berichterstattung) erläutern? Vielleicht sollte an dieser Stelle betont werden, dass sowohl das

    englische Wort ‘Frame‘ als auch die deutsche Übersetzung ‘(Deutungs-)Rahmen‘ im Grunde

    Metaphern ausdrücken. Wie viele andere Bezeichnungen in der Publizistik wurden sie aus der

    Alltagssprache transferiert in einen wissenschaftlichen Fachbegriff und sind nun nicht mehr mit ihrer

    ursprünglichen Bedeutung identisch.48 Ebenso wenig haben die hier behandelten Frames etwas mit

    dem Aufbau von Websites (Frame-Elemente) oder Filmstills (engl. ‘Frames‘) gemeinsam. Doch selbst

    in der Publizistik herrscht ein heterogenes Begriffsverständnis. So basiert die Framing-Forschung

    weniger auf einem kohärenten Theoriegebilde und vielmehr auf einem Netz theoretischer Aussagen.49

    Während die einen Frames in Anlehnung an das Schema-Konzept als kognitive Strukturen, Deutungs-

    41 Vgl. Matthes 2014, S. 27f 42 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 197 43 Vgl. Graber 1984, S. 174, ebenso wie Dahinden 2006, S. 91 und Kepplinger 2009, S. 688 44 Vgl. Entman 1993, ebenso wie Matthes 2014, S. 30 45 Vgl. Iyengar 1991 46 Vgl. Matthes 2014, S. 31ff 47 Vgl. Keil-Slawik 1990, ebenso wie Dahinden 2006, S. 36 48 Vgl. Dahinden 2006, S. 27 49 Vgl. Potthoff 2012, ebenso wie Matthes 2014, S. 10

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    und Interpretationsmuster zur Informationsverarbeitung verstehen,50 sprechen andere von

    Tiefenstrukturen, die Medientexten zu Grunde liegen.51 Eine der am häufigsten zitierten Definition, an

    der ich mich ebenfalls orientiere, stammt von Robert Entman:

    „To frame is to select some aspects of a perceived reality and make them more salient in communicating text, in such way as to promote a particular problem definition, causal interpretation, moral evaluation, and/or treatment recommendation for the item described.”52

    Entman versteht Frames als Perspektiven und Blickwinkel auf politische Themen – Deutungsmuster,

    die in allen Phasen der massenmedialen Kommunikation Informationen selektieren und

    strukturieren.53 Die Definition von Entman konkretisiert den Begriff durch vier Frame Elemente:

    Somit enthalten die Frames in Medientexten immer eine Problemdefinition, Ursachenzuschreibung,

    moralische Bewertung und Handlungsempfehlung. Dies zeigt sich etwa anhand der Irankrieg-

    Propaganda nach dem 11. September 2001: Die Anschläge (Ursachenzuschreibung) wurden aufs

    schärfste verurteilt (moralische Bewertung) und galten als Grund für ein härteres Durchgreifen

    (Handlungsempfehlung) gegenüber islamischer Terroristen (Problemdefinition).54 Je nachdem, ob in

    Nachrichten alle vier Elemente eines Frames erkennbar sind oder nur indirekt Erwähnung finden, kann

    von expliziten oder impliziten Frames gesprochen werden.55

    Die Funktionen von Frames können unterschiedlich zusammengefasst werden: Michael

    Schenk spricht etwa von der Exklusion und Inklusion von Interpretationen zu einem Thema.56

    Matthias Potthoff meint stattdessen, dass Frames thematische Aspekte einschränken (Selektion),

    hervorheben (Salienz) und zusammenhängend darstellen (Kohärenz).57 Doris Graber unterscheidet vier

    Funktionen: Schemas bzw. Frames helfen dabei Informationen wahrzunehmen, zu strukturieren, zu

    ergänzen und auf Handlungsmöglichkeiten zu verweisen.58 Außerdem betont Iyengar, dass Frames in

    der Berichterstattung stets Verantwortungen zuschreiben.59 In seiner Habilitation zum Thema

    Alltagsrationalität erklärt Brosius außerdem, dass Frames auch als Heuristiken fungieren: „Heuristiken

    sind Entscheidungshilfen oder Faustregeln, die das Abwägen und Bewerten der vorliegenden

    Information verkürzen.“60 Gerade in spontanen alltäglichen Entscheidungssituationen greifen

    Menschen also auf Frames bzw. Schemata zurück, um Objekte, Personen oder Ereignisse zu

    beurteilen.61 Dies erklärt mitunter die Bildung von Vorurteilen, die nicht logisch-rational sondern

    schemaorientiert stattfindet.62

    50 Vgl. Jecker 2014, S. 25f 51 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 198 52 Entman 1993, S. 52 53 Vgl. Matthes 2014, S. 12 und Dahinden 2006, S. 308 54 Vgl. Matthes 2014, S. 11 55 Vgl. Jecker 2014, S. 26, ebenso wie Matthes 2007, S. 138, 145 und 259 56 Vgl. Schenk 2002, S. 299 57 Vgl. Potthoff 2012, S. 19 58 Vgl. Graber 1984 59 Vgl. Iyengar 1992, S. 135f, ebenso wie Schenk 2002, S. 300 60 Brosius 1995, S. 107 61 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 202 und Schenk 2002, S. 485 62 Vgl. Brosius 2005, S. 141

  • 8

    Ebenso heterogen wie die Funktionen, gestaltet sich die Definition verschiedener Frame-

    Typologien. Während Iyengar von episodischen und thematischen Frames spricht,63 unterscheidet die

    Linguistik zwischen Situations- und Textschemata.64 Aufgrund der begrifflichen Vielfalt möchte ich

    mich nur auf drei Frame-Unterteilungen beschränken.

    Die erste bezieht sich auf das Verhältnis zwischen den Begriffen ‘Thema‘ und ‘Frame‘. Urs

    Dahinden versteht Frames eher als langfristige Berichterstattungs- und Wahrnehmungsmuster, die sich

    aufgrund ihrer metaphorischen Abstraktion auf verschiedene Themen anwenden lassen.65 Für Jörg

    Matthes sind Frames allerdings themenspezifisch und konkret. Potthoff gelingt es beide Ansichten zu

    verbinden, indem er zwischen themenabhängigen und -unabhängigen Frames unterscheidet.66

    Weitere Frame-Typen, die besonders für die Analyse journalistischer Texte Anwendung

    finden, sind Nachrichten-Frames. Sie dienen Journalisten als Arbeitsroutine, indem sie helfen,

    Informationen über Nachrichtenereignisse zu identifizieren und kontextualisieren.67 Gleichzeitig

    erleichtern sie die Kommunikation zwischen Journalist und Rezipient. Nachrichten-Frames erklären,

    weshalb vermeintlich objektive Berichte niemals unabhängig von den thematischen Blickwinkeln der

    Journalisten existieren können68 und verdeutlichen zugleich die Verantwortung der Journalisten

    Themen nie ‘einseitig‘ darzustellen.

    Die letzte Framekategorisierung bezieht sich auf den Aufsatz Framing as a Theory of Media

    Effects (1999) von Dietram A. Scheufele. Hierin werden zwei Richtungen der Framing-Forschung

    unterschieden: Studien, die sich eher mit Medien-Frames oder Rezipienten-Frames beschäftigen.69

    Während man unter Medien-Frames bzw. textuellen Frames eher Tiefenstruktur in der

    Berichterstattung versteht, begreift man unter Rezipienten-Frames bzw. kognitiven Frames „internal

    structures of the mind“70 – also Tiefenstrukturen im Gedächtnis (vgl. Schema-Theorie).71 Je nach

    Forschungsfrage können Medien- und Rezipienten-Frames als abhängige oder unabhängige Variable

    untersucht werden.72 Die Wechselwirkung zwischen den beiden Begriffen unterscheidet Scheufele

    über zwei Prozesse: Frame-Setting und Frame-Building. Unter Frame-Setting versteht er den Einfluss,

    den Medien Frames auf Rezipienten-Frames besitzen – quasi die meinungsbildenden Prozesse, die

    über Themenperspektivierung Auswirkung auf das individuelle Gedächtnis haben. Den umgekehrten

    Prozess – den Einfluss der Rezipienten-Frames auf die Medien-Frames – bezeichnet er als Frame-

    Building. Hierunter fällt der bereits erwähnte ‘Kampf um die Deutungshoheit‘: Gesellschaftliche

    Akteure versuchen ihre Perspektiven zu gewissen Themen medial durchzusetzen.73 „Framing Effekte

    63 Vgl. Iyengar 1991, S. 67 64 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 197 65 Vgl. Dahinden 2006, S. 87, 308 66 Vgl. Potthoff 2012, S. 20f 67 Vgl. Schenk 2002, S. 480 68 Vgl. Price / Tewksbury / Powers 1997, ebenso wie Matthes 2014, S. 15 69 Vgl. Scheufele 1999, S. 108ff 70 Kinder / Sanders 1990 71 Vgl. Potthoff 2012, S. 19, ebenso wie Bonfadelli / Friemel 2015, S. 198 und Schenk 2002, S. 480 72 Vgl. Scheufele 1999, S. 109 73 Vgl. Ebd.

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    basieren [somit] immer auf komplexen Interaktionen zwischen Medien-Frames, Rezipienten-Frames

    und Kontextfaktoren.“74 Je nachdem welcher Aspekte innerhalb dieser Wechselwirkung untersucht

    werden, müssen die unabhängigen und abhängigen Variablen verschieden gewählt werden.

    3.4 Methodologie

    Wie viele Ansätze in der Publizistik kämpft auch die Framing-Forschung mit dem Problem

    Theoriebegriffe zu operationalisieren. Wie lassen sich theoretische Grundlagen methodologisch

    übersetzen, um empirische Forschung betreiben zu können? Eine der größten Schwierigkeiten besteht

    darin, dass es sich bei ‘Frames‘ um relativ abstrakte Objekte handelt, die sich schwer überprüfen

    lassen.75 „[T]here is danger in this kind of lone-scholar analysis that the identification of a set of

    possible frames can be arbitrary.“76 Es besteht die Gefahr, dass Wissenschaftler nur subjektive

    Forscher-Frames analysieren – also nur die Frames, die sie aus dem Forschungsmaterial herauslesen

    möchten. So mangelt es Framing-Studien häufig an eindeutigen Definitionen. Die

    Identifikationskriterien bleiben unklar und fallen in eine methodologische ‘Black Box‘.77

    Meta-Studien unterscheiden derzeit zwei verschiedene Arten der empirischen Framing-

    Forschung: Die erste fokussiert sich auf Medien-Frames und ihre Entstehung (Frame-Building) und

    versucht über analytische Verfahren Frames in Medientexten zu identifizieren. Die zweite ist

    Rezipienten-Frame-orientiert und untersucht die verschiedenen Wirkungsprozesse, die ‘gerahmte‘

    Medientexte auf Rezipienten ausüben (Frame-Setting).78 Da sich der Aufsatz von Matthes und

    Kohring (Kapitel 4) mit ersterem beschäftigt, möchte ich den inhaltlichen Schwerpunkt auf die

    Frame-Identifizierung legen:

    In der Linguistik wird die Existenz von Frames über mehrdeutige Texte nachgewiesen. So

    werden etwa die Sätze „Peter rief den Kellner. Er bestellt sich Wein.“ von den meisten Lesern so

    verstanden, dass Peter den Wein bestellt. Das Schema ‘Restaurant‘ legt uns nahe, dass Peter als Gast

    Getränke beordert und der Kellner diese Bestellungen entgegennimmt. Tatsächlich wird aus den

    Sätzen nicht ersichtlich, wer von beiden nach Wein verlangt.79 Neben Interviews mit Medienakteuren

    bildet die Inhaltsanalyse der Medienberichterstattung (engl. Content Analysis) derzeit die Grundlage

    zur empirischen Frame-Identifikation.80 Auf dieser Basis wird zwischen verschiedenen Ansätzen

    unterschieden: Während Dahinden drei nennt (induktiv-qualitativ, deduktiv-quantitativ und induktiv-

    quantitativ), differenziert Matthes vier Methoden (qualitativ, manuell-holistisch, manuell-

    dimensionsreduzierend, computerbasiert).81 Nachfolgend möchte ich die verschiedenen Frame-

    Identifikationen kurz schildern:

    74 Bonfadelli / Friemel 2015, S. 202 75 Vgl. Gamson 1989, S. 15 76 Tankard 2001, S. 98 77 Vgl. Matthes 2014, S. 38ff 78 Vgl. Dahinden 2006, S. 310, ebenso wie Matthes 2014, S. 36 79 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 198 80 Vgl. Matthes 2014, S. 37f 81 Vgl. Matthes / Kohring 2004

  • 10

    Die am häufigsten anzutreffende Methode ist bislang die Induktiv-Qualtitative.82 Frames

    werden quasi vom Forscher aus dem Medientext ‘herausgelesen‘. Das bietet zwar den Vorteil direkt

    am Forschungsmaterial zu arbeiten. Allerdings basiert die Frame-Erfassung im Grunde auf der

    subjektiven Vorstellung und der Intuition des Forschenden. Auf standardisierte Kriterien zur

    Qualitätsbeurteilung der gefundenen Frames wird weitgehend verzichtet.83 Ähnlich verhält es sich mit

    dem deduktiv-quantitativen Ansatz: Hierbei werden die zu untersuchenden Frames vordefiniert und

    erst anschließend anhand der Medientexte überprüft. Selbstverständlich können bei diesem Verfahren

    nur die Frames identifiziert werden, die vom Forschenden zuvor festgelegt wurden. Anderweitige

    Frames können nicht empirisch überprüft werden.84

    Mittlerweile haben sich auch zahlreiche induktiv-quantitative Methoden herausgebildet. Sie

    versuchen anhand vordefinierter Kriterien Frames aus Medientexten herauszufiltern.

    „Die Grundidee ist folgende: Wenn man ein Frame als bestimmtes, unverwechselbares Muster eines Textes versteht, das sich aus mehreren, von Journalisten selektiv ausgewählten und von Rezipienten beobachtbaren Elementen zusammensetzt, dann kann man dieses Muster auch empirisch bestimmen.“85

    Hierunter zähle ich das von Matthes angesprochene manuell-holistische, manuell-

    dimensionsreduzierende und computerbasierte Verfahren. Sie alle versuchen über (meist deduktiv

    bestimmte Variablen) Identifikationskriterien festzulegen, über die sich eine unbestimmte Zahl von

    Frames aus der jeweiligen Berichterstattung erfassen lässt. Diese vordefinierten Variablen für die

    Inhaltsanalyse werden auch Kodierungsanweisungen genannt.86

    Untersucht man Medientexte auf zuvor kodierte Framedefinitionen, spricht Matthes von der

    manuell-holistischen Identifizierungsmethode.87 Sie besitzt den Vorteil einer schnellen Analyse,

    gleicht jedoch sehr dem deduktiven Verfahren. Außerdem fallen die Kodierungen oftmals abstrakt aus

    und erschweren damit klare Frame-Zuweisungen. Das manuell-dimensionsreduzierende Verfahren

    geht stattdessen von der Entman’schen These aus, dass Frames aus vier Frame-Elemtenten bestehen.

    Nicht die Frames werden kodiert, sondern konkretere Frame-Teile (wie Problemdefinition,

    Ursachenzuschreibung, moralische Bewertung und Handlungsempfehlung).

    „Zeigen sich bestimmte Muster von Variablenausprägungen über mehrere Texte und sind diese Muster interpretierbar, kann man die Frames benennen.“88

    Somit wird das Identifikationsverfahren in zwei Teilschritte gegliedert: Im ersten werden vordefinierte

    Frame-Elemente aus den jeweiligen Medientexten gefiltert. Im zweiten werden diese Elemente über

    Cluster in Beziehung gesetzt und als Frames interpretiert. Vorteil dieser Methode liegt in der präzisen

    Operationalisierung. Allerdings ist sie mit großem Zeitaufwand und statistischen Auswertungs-

    82 Vgl. Dahinden 2006, S. 310 83 Vgl. Matthes 2014, S. 39 84 Vgl. Dahinden 2006, S. 311f 85 Matthes 2014, S. 42 86 Vgl. Dahinden 2006, S. 311f und Matthes 2014, S. 40f 87 Eine Beispieltabelle zur manuell-holistischen Frame-Analyse findet sich im Anhang, S. 25 88 Matthes 2014, S. 44

  • 11

    prozessen verbunden.89 Zu guter Letzt nutzt die computerbasierte Frame-Analyse eine Methode die

    auch ‘Frame-Mapping‘ genannt wird. Hier liegt die Grundprämisse darin, dass sich Frames auch über

    Wortgruppen erkennen lassen.90 Schlüsselbegriffe werden mit Hilfe von Computeralgorithmen in den

    zu Medientexten ausgemacht und vernetzt (daher der Begriff ‘mapping‘). Problematisch an diesem

    Verfahren bleibt, dass es sich bei den extrahierten Wortclustern häufig eher um Themenkomplexe statt

    Frames handelt.91 Außerdem besitzen Wörter kontextabhängige Bedeutungen und können auch ohne

    häufige Erwähnung in der Berichterstattung zentrale Hinweise auf Frames liefern.92

    Empirische Studien zu Frame-Wirkungen beschäftigen sich mit der Frage, wie Medien-Frames

    Rezipienten-Frames beeinflussen (Frame-Setting).93

    „In zeitlicher Hinsicht wird vermutet, dass wenn ein Rezipient kumulativ mit konsonanten Medien-Frames konfrontiert wird, die Wahrscheinlichkeit steigen müsste, dass diese Frames Wirkungen auf die Einstellungen haben werden.“94

    Somit werden Fragen aufgegriffen, die u.a. für die Erforschung politischer Kommunikation und die

    Kampagnenforschung relevant sind.95 Die Frame-Wirkungsforschung unterscheidet nach Betram

    Scheufele vier Typen von Frame-Effekten, die im Prozess des Frame-Settings auftreten können:

    Entweder werden bestehende Rezipienten-Frames verändert (Schema-Transformation) oder die

    Verknüpfungen bestehender Schemata. Frame-Setting kann außerdem zur Etablierung neuer Frames

    führen oder (viertens) zu einer Verhaltensänderung der Rezipienten.96

    Studien, die diese Effekte untersuchen, nutzen in der Regel das ‘klassische Methoden-

    Repertoire‘ der Kommunikationswissenschaft: Qualitative Wirkungsstudien führen in der Regel

    Leitfadeninterviews durch, Befragungsstudien benutzen Fragebögen in Kombination mit

    Inhaltsanalysen. Ferner gibt es experimentelle Studien, die Frame-Wirkungen unter Laborbedingungen

    nachweisen: Hierbei werden mindestens zwei Versuchsgruppen verschiedene Medientexte vorgeführt

    und mögliche Störvariablen auf ein Minimum reduziert. Das Ziel besteht meist darin, über ermittelte

    Einstellungs- oder Verhaltensänderungen der Testpersonen auf mögliche (lang- oder kurzfristige)

    Framing-Effekte zu schließen.97

    89 Vgl. Matthes 2014, S. 42ff, ebenso wie Kapitel 4.3 90 Vgl. Miller / Reichert 2001, S. 63 91 Vgl. Matthes 2014, S. 44f 92 Vgl. Hertog / McLeod 2001, S. 152 93 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 204 94 Matthes 2007, S. 105ff 95 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 201 96 Vgl. Scheufele 2003 97 Vgl. Matthes 2014, S. 46

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    3.5 Einflüsse der Framing-Forschung

    Es würde den Rahmen dieser Hausarbeit sprengen auf sämtliche wegweisende Studien zu verweisen,

    die bisher in der Framing-Forschung publiziert wurden. Aus diesem Grund beschränke ich mich auf

    drei einflussreiche Beispiele, die Einblicke in die anwendungsbezogene Framing-Forschung liefern.

    Beim ersten handelt es sich um eine Studie von Amos Tversky und Daniel Kahneman aus dem

    Jahr 1981, die unter dem Stichwort ‘Asiatisches Krankheitsproblem‘ berühmt geworden ist. Die

    Forscher belegten experimentell, dass Informationen, die in verschiedenen Kontexten (bzw. Frames)

    gerahmt sind, zu unterschiedlichen Entscheidungen führen. Die Versuchsgruppen wurden mit einer

    fiktiven Entscheidungssituation konfrontiert: Eine Seuche ist ausgebrochen und es drohen 600

    Menschen zu sterben, wenn keine entsprechende Maßnahme ergriffen wird. Maßnahme A rettet 200

    sicher das Leben, Maßnahme B zu einer Wahrscheinlichkeit von einem Drittel 600 Menschen zu zwei

    Drittel keinen. Bei Maßnahme C werden 400 sicher sterben und im Falle von D wird zu einem Drittel

    niemand sterben – zu zwei Drittel alle. Die ersten Versuchsgruppen mussten zwischen A und B, die

    zweiten zwischen C und D wählen. Obwohl A identisch mit C und B identisch mit D ist, entschieden

    sich die Testpersonen im AB-Dilemma zu 72 Prozent für A und die CD-Kandidaten zu 78 Prozent für

    D. Tversky und Kahneman erklärten sich dieses Verhalten über die Existenz zweier Frames, die

    Sachverhalte zwar logisch äquivalent jedoch sprachlich unterschiedlich einordnen:98 Ein Gain-Frame

    (Gewinnperspektive) und ein Loss-Frame (Verlustperspektive).99 Hieraus entwickelten sie die

    sogenannte ‘Prospect Theory‘.100 „Nach der Prospekt-Theorie verhalten sich Menschen bei

    potenziellen Gewinnen risikoversiv [indem sie statt B Maßnahme A wählen] und bei potentiellen

    Verlusten risikosuchend [indem sie sich statt C für D entscheiden].“101 Die Prospekt-Theorie findet

    u.a. Anwendung in Gesundheitskampagnen. So besagt sie, dass bei Werbung von Medikamenten zu

    risikoarmen Krankheiten eher Gain-Frames Anwendung finden (Darstellung der positiven Folgen nach

    der Einnahme). Bei Medikamenten zu risikoreichen bzw. letalen Krankheiten nutzt man hingegen

    Loss-Frames(, die die Konsequenz der Einnahmeverweigerung verdeutlichen).102

    Als zweites Beispiel möchte ich als Student der Johannes Gutenberg-Universität auf einen

    Mainzer Beitrag zur Framing-Forschung verweisen. Immerhin haben bedeutende Frame-Theoretiker

    wie Dietram Scheufele am Institut für Publizistik studiert.103 Eine entscheidende Forschungsarbeit zur

    Weiterentwicklung des Framing-Konzeptes stammt von Hans-Bernd Brosius und Peter Eps. Sie

    konnten nachweisen, dass sich die Themenauswahl bei außergewöhnlichen Nachrichten-Ereignissen

    (wie dem Reaktorunfall von Tschernobyl, dem 11. September oder Tsunami-Katastrophen) nicht mehr

    über die Nachrichtenwert-Theorie erklären lässt. Stattdessen werden diese ‘Schlüsselereignisse‘ je

    nach Phase der Berichterstattung unterschiedlich kontextualisiert bzw. ‘geframet‘: In der ersten Phase 98 Vgl. Matthes 2014, S. 25ff 99 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 205 100 Vgl. Tversky / Kahneman 1981 101 Matthes 2014, S. 26 102 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 205ff 103 Vgl. Matthes 2014, S. 16

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    werden Informationen zum eigentlichen Geschehen sowie Ursachen in den Fokus gerückt. Schließlich

    folgt eine historische Rahmung, indem Bezüge zur vergangenen Ereignissen hergestellt werden. In

    einer dritten Welle folgen medialisierte Ereignisse (Politiker-Statements, Talkshows), bis das Thema

    schließlich in einer Lawine aus Pseudo-Ereignissen (weitere Pressekonferenzen, Appelle) verebbt.104

    Drittens möchte ich auf den Einfluss von Framing im praktischen Journalismus eingehen: Der

    Ansatz verdeutlich vor allem wie sehr Medieninhalte durch gesellschaftliche Akteure gerahmt werden.

    Gerade was den Prozess des Nachrichten-Frame-Buildings betrifft, kommt dem einzelnen Journalisten

    eine entscheidende Rolle zu. Schließlich entspricht das Filtern und Aufbereiten von Informationen

    einem Großteil der täglichen Arbeit.105 Zuschauer und Leser rezipieren Nachrichten, um sich über

    komplexe Themen Orientierung zu verschaffen (Kontroll-Motiv). Medien-Frames, die von

    Journalisten gebraucht werden, tragen daher entscheidend zur Bewertung von Ereignissen und

    Sachverhalten bei.106 Somit ist es für Journalisten umso wichtiger, Themen nicht ‘einseitig-gerahmt‘

    zu vermitteln. Ein zweiter Imperativ für die journalistische Berufspraxis ergibt sich aus dem

    Bewusstsein der Frame-Setting-Prozesse: Rezipienten verarbeiten Nachrichten stets schemagesteuert.

    Ein bewussterer Umgang mit der Informationsverarbeitung, kann dabei helfen Medientexte zu

    formulieren, die effektiver im Gedächtnis haften bleiben.107 In jedem Fall appelliert die Framing-

    Theorie für einen verantwortungsbewussteren Umgang mit Nachrichten- und Zuschauer-Perspektiven.

    3.6 Kritik und Zukunftsaussichten

    Wie lässt sich die Framing-Forschung nach derzeitigem Stand einschätzen? Wie lassen sich ihre

    Grundlagen, Methoden und Erkenntnisse bewerten und welche Zukunftsaussichten könnte man

    aufstellen? Um diesen kleinen Streifzug durch die Framing-Forschung abzurunden, möchte ich zum

    Schluss nochmal Vor- und Nachteile des Ansatzes veranschaulichen, die wissenschaftliche Qualität

    der Theorie überprüfen und Zukunftsprognosen diskutieren.

    Das Potenzial des Framing-Ansatzes zeigt sich vor allem in seiner breiten Anwendbarkeit für

    qualitative und quantitative Studien. Die Theorie ermöglicht in der Kommunikationswissenschaft

    nicht nur eine umfangreiches Verständnis massenmedialer Prozesse108 und damit unterschiedliche

    Teilbereiche der Wirkungsforschung zu verbinden (Brückenkonzept) – auch in anderen Disziplinen

    wie der Psychologie, Linguistik, Informatik, Soziologie, Politikwissenschaft und Ökonomie hilft sie

    zur Erläuterung verschiedenster Phänomene. Ferner stellt der Framing-Ansatz die

    Informationsverarbeitung von Rezipienten nicht als passiven Selektionsprozess dar, sondern als

    Mechanismus aktiver Sinnkonstruktion.109 Die interdisziplinäre Anwendung der Theorie führt

    gleichzeitig zu einigen Nachteilen: So mangelt es nach wie vor an Integration und Kumulation

    104 Vgl. Brosius / Eps 1993, 1995 und Brosius 2005, S. 235f 105 Vgl. Schenk 2002, S. 488 und Dahinden 2006, S. 20 106 Vgl. Donsbach 2009, S. 127 107 Vgl. Schenk 2002, S. 304 108 Vgl. Dahinden 2006, S. 19 109 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 200

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    verschiedener Forschungserkenntnisse.110 Häufig vernachlässigen Studien explizite Frame-

    Definitionen, sodass auf Ebene der Theorie und Terminologie verschiedenste Ansichten

    koexistieren.111 Die unklaren Definitionen erschweren zugleich die empirische Überprüfung, sodass

    ein großer Reflexionsbedarf der Methoden verschiedener Studien notwendig ist, um ihren

    wissenschaftlichen Gehalt zu überprüfen. Kritiker betonen außerdem, dass sich das Konzept nur

    geringfügig von der Agenda-Setting, Priming und Einstellungs-Theorie unterscheidet. Außerdem

    bleibe unklar, welche Einflüsse Medien-Frames auf Rezipienten-Frames bzw. umgekehrt ausüben.112

    Ein Großteil aktueller Studien zur Framewirkung beschäftigt sich überwiegend mit dem Frame-

    Setting-Prozess, sodass stimulus- im Gegensatz zu rezipientenorientierten Perspektiven dominieren.113

    Robert Entman warf in seinem Aufsatz 1993 mitunter die Frage auf, welche Bedeutung der

    Framing-Ansatz für die Kommunikationswissenschaft besitzt. Er selbst sprach von einem Paradigma,

    sodass bis heute darüber diskutiert wird, ob es sich beim Framing um eine einflussreiche Theorie

    handelt oder eher um eine Metatheorie, die zu einem grundlegenden Neuverständnis

    kommunikationswissenschaftlicher Phänomene geführt hat.114 Bislang gab es noch keinen

    nennenswerten Paradigmenwechsel, der von der Sozial- und Kommunikationswissenschaft ausging,

    sodass die Existenz eine immense Bedeutung für die Fachgeschichte darstellen würde.115 Der

    Paradigma-Begriff geht auf Thomas S. Kuhn zurück, der mitunter Bedeutungsmaßstäbe für

    wissenschaftliche Theorien formulierte. Kuhn gab fünf qualitative Werte an, mit denen sich der Gehalt

    wissenschaftlicher Theorien bewerten lässt: Tatsachenkonformität (empirischer Gehalt),

    Widerspruchsfreiheit in Bezug auf bereits etablierte Theorien), Reichweite (der zu erklärenden

    Phänomene), Einfachheit (um komplexe Sachverhalte zu ordnen) und Fruchtbarkeit (bezüglich neuer

    Forschungserkenntnisse).116 Anhand dieser Kriterien betrachtet Dahinden den Framing-Ansatz als

    widerspruchsfrei bezüglich verwandter Theorien (Agenda, Priming, Einstellung), fruchtbar in

    Relation zur Anzahl bisheriger Publikationen und weitreichend, was die Bandbreite zu erklärender

    Phänomene betrifft. Allerdings sei das heterogene Begriffsverständnis alles andere als einfach. Auch

    was empirische Identifikationskriterien betrifft, gibt sich die Framing-Forschung nicht immer

    tatsachenkonform.117

    Daher ist es wohl verfrüht von einem Paradigma zu sprechen. Außerdem vermuten viele

    Wissenschaftler, dass die Framing- und Schema-Forschung bislang nicht ihren Höhepunkt erreicht

    hat.118 Ob Framing demnach als ‘wissenschaftliche Modeerscheinung‘ verkümmern wird oder den

    110 Vgl. Dahinden 2006, S. 21 111 Vgl. Ebd., S. 21 112 Vgl. Bonfadelli / Friemel 2015, S. 200, 204 113 Vgl. Matthes 2007 114 Vgl. Entman 1993 115 Vgl. Potthoff 2012, S. 79f 116 Vgl. Kuhn 1977, S. 422f 117 Vgl. Dahinden 2006, S. 317f 118 Vgl. Van Gorp 2001, S. 27, ebenso wie Fiske / Linville 1980, S. 553

  • 15

    Stellenwert einer Metatheorie erlangt, hängt vor allem von der Verständigung auf gemeinsame

    theoretische und methodische Grundlagen ab.119

    „Ohne harten Kern, also ohne Konsens, was genau ein Frame ist, greift das Integrationspotenzial des Ansatzes ins Leere. […] [Ansonsten] haben wir das Problem, dass die verschiedenen Arbeiten innerhalb eines Framing-‘Paradigmas‘ nicht mehr das Gleiche untersuchen, sondern sich nur der Worthülse ‘Frame‘ bzw. ‘Framing‘ bedienen. Unterscheiden sich Studien in ihrer Grundauffassung von Frames, so unterscheiden sie sich auch in ihrem harten Kern.“120

    Allerdings erscheint es zum jetzigen Zeitpunkt utopisch, das expandierende Netz wissenschaftlicher

    Arbeiten auf eine gemeinsame Basis herunterzubrechen.

    4. Aufsatz: The Content Analysis of Media Frames: Towards Improving Reliability and Validity

    4.1 Begründung der Auswahl

    Nach diesem allgemeinen Überblick möchte ich nun einen exemplarischen Einblick in die Framing-

    Forschung liefern. Die nachfolgenden drei Kapitel beschäftigen sich mit dem Aufsatz The Content

    Analysis of Media Frames: Towards Improving Reliability and Validity. Er erschien im Jahr 2008 im

    Journal of Communication und wurde von Matthias Kohring (Universität Münster) und Jörg Matthes

    (Universität Wien) verfasst.121 Ich habe mich aus mehreren Gründen für diesen Aufsatz entschieden:

    Zunächst war es mir wichtig, eine empirische Studie zu finden, die noch weitgehend aktuell (also nicht

    älter als zehn Jahre) ist. Außerdem gilt Jörg Matthes als einer der führenden Framing-Forscher im

    deutschsprachigen Raum, der in zahlreichen kommunikationswissenschaftlichen Arbeiten zu Framing

    erwähnt wird. Zudem versucht der Aufsatz ein Problem zu lösen, mit dem die empirische

    Wirkungsforschung seit jeher zu kämpfen hat: Der Operationalisierung abstrakter theoretischer

    Begriffe (wie zum Beispiel ‘Frame‘). Matthes und Kohring befassen sich intensiv mit der in Kapitel

    3.4 angesprochenen Problematik der Frame-Identifikation. Ihr vorgestelltes manuell-

    dimensionsreduzierendes Verfahren betrachte ich als wertvollen, innovativen Beitrag zur

    methodologischen Weiterentwicklung innerhalb der Framing-Forschung. Außerdem veranschaulicht

    die Studie, wie die Selbstreflexion empirischer Methoden zur Herausbildung neuer

    Erkenntniswerkzeuge führen kann. Vermutlich ist das auch ein Grund, weshalb der Aufsatz von der

    Communication Theory & Methodology Devision mit einem Preis nominiert wurde.122

    119 Vgl. Dahinden 2006, S. 320f 120 Matthes 2014, S. 88 121 Der vollständige Aufsatz wurde im Anhang beigefügt. 122 Vgl. Matthes / Kohring 2008, S. 276

  • 16

    4.2 Aufbau des Aufsatzes und Vorgehen der Studie

    Bereits der Titel der Arbeit verweist auf die Forschungsleistung, die sie erbringen möchte: Nämlich

    die Reliabilität und Validität in der Framing-Forschung zu verbessern. Reliabilität (Zuverlässigkeit)

    umfasst die Genauigkeit wissenschaftlicher Messungen. Sie bietet die Voraussetzungen für die

    Validität, sprich: Die Gültigkeit von Annahmen, die sich aus den Messungen schlussfolgern lassen.

    Beide gelten zusammen mit der Objektivität als drei Wertmaßstäbe zuverlässiger empirischer

    Forschung. Um den Inhalt des Aufsatzes nicht nur wiederzugeben, möchte ich ihn zunächst über seine

    Fragestellung innerhalb der Framing-Forschung einordnen, auf Problemdefinitionen, Thesen und

    Lösungsvorschläge eingehen und den formalen Aufbau skizzieren.

    Wie bereits im Kapitel 3.4 angesprochen, lässt sich die empirische Framing-Forschung in zwei

    Richtungen unterteilen: Fragestellungen zur Frame-Wirkung und zur Frame-Identifikation. Bei der

    vorliegenden Studie haben wir es also mit Letzterem zu tun. Hier geht es jedoch weniger um die

    identifizierten Frames selbst, sondern Methoden zu ihrer Ermittlung. Der Aufsatz ist Teil einer Reihe

    von Forschungsarbeiten, die von Matthes und Kohring zu diesem Schwerpunkt durchgeführt

    wurden.123 Über die Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Journal of Communication zielten die

    beiden deutschsprachigen Forscher darauf ab, ihren manuell-dimensionsreduzierenden Ansatz

    international publik zu machen. Bereits 2002 hatten sie Medienframes zum Thema Gentechnologie

    untersucht – ebenfalls über zwei Phasen (damals 1992 – 1996 und 1997 – 1999) und unter

    Verwendung identischer Methoden. Nur wurden in der 2008-Studie nicht Zeitungsartikel aus der faz,

    taz und dem Spiegel sondern der New York Times ausgewertet.124

    Mit ihren Untersuchungen greifen sie die Kritik von Hertog, McLeod, Tankard, Gamson und

    Van Gorp auf.125 Diese kritisieren, dass es sich bei Frames um relativ abstrakte Begriffe handelt, die

    schwer zu operationalisieren sind (Problem der Reliabilität). Insbesondere bei qualitativen Studien

    werden Frame-Kodierungen unterschlagen (methodologische Black Box), sodass Gefahr besteht,

    keine Medien-Frames sondern subjektive ‘Forscher-Frames‘ zu extrahieren.126 Als Lösungsvorschlag

    dieser mangelnden ‘Reliabilität und Validität‘ entwickelten Matthes und Kohring eine neue Methode,

    die Matthes 2014 als ‘manuell-dimensionsreduzierendes Verfahren‘ bezeichnet. Grundsätzlich basiert

    sie auf einer Methode der Inhaltsanalyse, die hierarchische Cluster in Medientexten ermittelt.

    Gleichzeitig bildet das Verfahren eine Synthese aus dem manuell-holistischen und dem

    computerbasierten Ansatz.127 Die Grundprämisse lautet, dass abstrakte Frames aus konkreten Frame-

    Elementen bestehen. Diese werden als Variablen zur Kodierung festlegt, die es ermöglichen Frames

    induktiv-quantitativ in Medientexten zu identifizieren. Als größten Vorteil betrachten Kohring und

    Matthes, dass sich dadurch unbekannte Frames oder Frame-Veränderungen innerhalb der

    123 Vgl. Matthes / Kohring 2002 und 2004 124 Vgl. Matthes / Kohring 2002, ebenso wie Dahinden 2006, S. 122ff 125 Vgl. Hertog / McLeod 2001, Tankard 2001, Gamson 1989 und Van Gorp 2001 126 Vgl. Kapitel 3.4, S. 9 – 11 127 Vgl. Matthes / Kohring 2008, S. 269, 275

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    Berichterstattung nachweisen lassen.128

    Der Artikels folgt dem grundlegenden Aufbau publizistischer Aufsätze. Das wissenschaftliche

    Vorgehen und die eigentlichen Ergebnisse werden in einer Art ‘Sechs-Akt-Struktur‘ wiedergegeben:

    Ausgehend von der Einleitung, die auf das zu behandelnde Forschungsproblem und die

    Lösungsansätze verweisen, folgt eine Übersicht über das Forschungsfeld (bisherige Methoden zur

    Frame-Identifikation), gefolgt von grundlegenden theoretischen Vorüberlegungen, die die Basis für

    das Methodische Vorgehen liefern. Abschließend werden die Ergebnisse der extrahierten

    Informationen interpretiert und zur Diskussion für zukünftige Forschungen angeregt. Neben dieser

    Strukturierung auf der Makroebene folgen die einzelnen Kapitel auf der Mikroebene ebenfalls klaren

    kausalen Mustern.

    Der Abstrakt zu Beginn fungiert als Übersicht und wurde außerdem im Anhang in fünf

    Sprachen übersetzt. Auf Stichworte bzw. Schlüsselbegriffe, die zur Einordnung, Archivierung oder für

    Suchmaschinen dienen, wird verzichtet. Die Einleitung verortet den Text im Kontext der Framing-

    Forschung, definiert die bereits genannte Problematik, legt die Zielsetzung fest und gibt die

    Gliederung des Aufsatzes wieder.

    In der anschließenden Kontextverortung werden fünf empirische Vorgehensweisen zur Frame-

    Identifikation geschildert und jeweils Vor- und Nachteile aufgelistet. Der Hermeneutic Approach kann

    synonym verstanden werden mit dem im Kapitel 3.4 besprochenen induktiv-qualitativen Vorgehen.

    Ebenfalls erwähnt wird die manuell-holistische, die deduktiv-quantitative Methode und Millers

    Frame-Mapping (Computer-Assisted Approach).129 Der einzige Unterschied zur Methoden-Typologie

    in Kapitel 3.4 ist der Linguistic Approach. Er geht ebenfalls wie das computerbasierte Verfahren

    davon aus, dass Wortgruppen in Medientexten als Indikatoren für Frames dienen können. Die Analyse

    erfolgt hier ‘von Hand‘ und nicht über Computeralgorithmen.130

    Auf dieser Basis formulieren Matthes und Kohring ihre manuell-dimensionsreduzierende

    Methode. Die Operationalisierung erfolgt ausgehend von Robert Entmans Frame-Definition (1993).

    Die abgeleiteten vier Frame-Elemente (Problemdefinition, Ursachenzuschreibung, Bewertung und

    Handlungsanweisung) werden definiert und in einzelne Variablen ausdifferenziert (Topic, Actor,

    Benefit and Risk Attribution, Moral Benefits and Risks, Positive and Negative Judgment).131 Tauchen

    bestimmte Variablen in unterschiedlichen Medientexten als gemeinsame Cluster auf, kann hieraus auf

    ein Frame geschlossen werden.

    Im Abschnitt Methodologie (Kapitel: ‘The framing of biotechnology‘ und ‘method‘) wird

    versucht diese grundlagenorientierte Überlegung in die anwendungsbezogene Forschungspraxis zu

    überführen. Ausgangsmaterial bilden Artikel aus der New York Times zum Thema Gentechnologie.

    Diese wurden in zwei zeitliche Phasen unterteilt: Von 1992 bis 1996 und von 1997 bis 2001. Der

    128 Vgl. Matthes / Kohring 2008, S. 264f 129 Vgl. Miller 2001 130 Vgl. Matthes / Kohring 2008, S. 260f 131 Vgl. Ebd., S. 264, 267

  • 18

    Februar 1997 wurde als ‘Bruch in der Berichterstattung‘ definiert. Hier gelang es Schottischen

    Wissenschaftlern erstmals ein Schaf zu klonen (Dolly). Anhand dieses Schlüsselereignisses

    postulieren die beiden Wissenschaftler eine veränderte Berichterstattung und Medien-Wirkung

    (Hypothese). Ihre Untersuchung verfolgt daher drei Ziele. Erstens: Eine überschaubare Anzahl von

    Medien-Frames in dem angegebenen Material zu identifizieren. Zweitens: Über die beiden Perioden

    Veränderungen im Frame-Building-Prozess nachzuweisen. Und Drittens (als übergeordnetes Ziel):

    Den Gehalt der eigenen Methode exemplarisch zu bestätigen.132 Das Forschungsmaterial stammt aus

    dem internationalen Recherche-Netzwerk Life Licenses in European Society: Towards the 21st

    Century. Jeweils 100 Artikel pro Jahr wurden über die Stichworte ‘biotech‘, ‘genetic‘, ‘genome‘ und

    ‘DNA‘ zusammengetragen.133 Zwei unabhängige Kodierer werteten das Material aus. Besonders

    interessant ist die Zusammenstellung der Kodierungsanweisungen.134 So wurden die themenbezogenen

    Frame-Variablen deduktiv ermittelt. Sie stützen sich weitgehend auf „earlier codebooks about

    biotechnology“,135 von denen Matthes und Kohring ‘glauben‘, dass sie die gesamte Debatte über

    Gentechnologie zuverlässig abbilden. Zur besseren Interpretierbarkeit wurden die Variablen auf ein

    Minimum reduziert: Aus ursprünglich 39 ‘Topics‘ wurden neun und aus 41 ‘Actors‘ wurden vier.

    Ferner wurde die Messgenauigkeit (Reliabilität) dieser ausgewählten Variablen an exemplarischen

    Texten überprüft. Matthes und Kohring gehen davon aus, dass diese vordefinierten Frame-Elemente

    über die Jahre 1992 bis 2001 unverändert blieben.136

    Im Abschnitt Results zeigt sich das Problem, die mögliche Zahl an extrahierten Clustern auf

    ein interpretierbares Maß zu beschränken. In der Periode 1992 bis 1996 entschied man sich für drei,

    im Zeitraum 1997 bis 2001 für sechs Cluster (und somit Frames). Anhand der Tabellen dieser

    Clusteranalysen137 lässt sich über die dominanten Variablen das jeweilige Frame interpretieren. In der

    ersten Periode analysierten die beiden die Frames Economic Prospect (Betonung der wirtschaftlichen

    Chancen), Genetic Identity (Betonung der politischen Regulierung der neuen Technologie) und

    Research Benefits (Betonung der innovativen Möglichkeiten). Für die zweite Periode wurden diese

    drei Frames ebenfalls identifiziert – nur haben sie sich ausdifferenziert bzw. hat sich das Verhältnis

    ihres Auftretens verändert. Somit sei Economic Prospects wesentlich seltener aufgetreten. Hinzu

    kommen drei neue Frames: Biomedical Prospects (Betonung der biomedizinischen Chancen),

    Biomedical Research (Betonung der innovativen Möglichkeiten in der Biomedizin) und Agri-Food

    (Betonung der Vor- und Nachteile von genmanipulierten Lebensmitteln). Besonders bei Letzterem sei

    zum ersten Mal ein Frame aufgetreten, das die Gentechnologie-Thematik negativ rahmen würde. Das

    Fazit der Untersuchung ergibt somit eine wesentliche Ausdifferenzierung der Frames in der zweiten

    132 Vgl. Matthes / Kohring 2008, S. 265 133 Vgl. Ebd., S. 266 134 Vgl. Tabelle in Ebd., S. 267 135 Ebd., S. 266 136 Vgl. Ebd., S. 268f 137 Vgl. Ebd., S. 270, 272f

  • 19

    Phase.138 Interessant ist, dass Matthes und Kohring in ihrer Untersuchung der faz, taz und Spiegel-

    Artikel (2002) nahezu identische Frames extrahierten.139

    Unter Discussions betonen die Framing-Forscher erneut die Vor- und Nachteile ihrer

    Methode. Durch die Ausdifferenzierung der Frames in verschiedene Variablen konnte die Reliabilität

    deutlich verbessert und das Auftreten von ‘Forscher Frames‘ verringert werden. Im Gegensatz zum

    rein computerbasierten Verfahren wird betont, dass es menschlichen Kodierern möglich ist Subtexte

    und Konnotationen zu erkennen.140 Die Selbstkritik des Aufsatzes beschränkt sich hauptsächlich auf

    die Anwendbarkeit der Methode. So ist das Verfahren bisher auf Zeitungsartikel beschränkt und über

    die komplexe Auswertung verschiedenster Variablen mit einem hohen Aufwand verbunden.141 Auf

    eine selbstreflexive Darstellung der eigenen theoretischen Grundlagen und des statistischen Vorgehens

    wird verzichtet.

    4.3 Bewertung der Untersuchung

    Wie lässt sich das Vorgehen von Matthes und Kohring bewerten? Provokant ließe sich behaupten, es

    geht beiden Forschern neben der Publikation neuer Erkenntnisse um die Vermarktung einer als

    ‘innovativ‘ gerahmten Methode. Man könnte meinen: Die Frames im Discussion-Kapitel grenzen

    wesentliche Kritikpunkte aus, die ich an dieser Stelle nachholen möchte: Meine Kritik fokussiert sich

    dabei auf vier verschiedene Aspekte: Die theoretischen Grundlagen, die Methodologie, die statistische

    Auswertung und die Anwendbarkeit des aufgestellten Verfahrens.

    Selbstverständlich führt bei der der Operationalisierung kein Weg daran vorbei, Frames in

    empirisch-messbare Indikatoren zu übersetzen. Ob dies bestimmte Wortgruppen sind oder abstrakte

    Elemente bleibt der jeweiligen Frame-Definition überlassen. Die von Kohring und Matthes

    aufgestellte Methode eignet sich insbesondere zur Erfassung themenabhängiger Frames. Bei ihren

    analysierten Frames scheint es sich überwiegend um Unterthemen zu handeln (wie genmanipulierte

    Lebensmittel oder Biomedizin), die innerhalb des übergeordneten Themas (Gentechnologie) mal mehr

    oder weniger hervorgehoben werden. Allerdings können Frames Themen auch in metaphorische

    Kontexte stellen: Gentechnologie könnte etwa als ‘Heiliger Gral‘ gerahmt werden oder als

    ‘Wissenschaftliche Hybris‘ (vgl. Frankenstein-Metapher). Derartige themenunabhängige Frames

    lassen sich jedoch keineswegs über die manuell-dimensionsreduzierende Methode ermitteln.

    Weitere Schwierigkeiten werden bei näherer Betrachtung der Methodik deutlich: Natürlich ist

    das Verfahren transparenter und damit nachvollziehbarer als vergleichsweise qualitative Studien.

    Dennoch wurde das Problem subjektiver Festlegungen im Grunde von den Frames auf die Frame-

    Elemente verlagert. „Input-Variablen [werden] in aller Regel deduktiv festgelegt, womit der Offenheit

    138 Vgl. Matthes / Kohring 2008, S. 269ff 139 Vgl. Frame Tabelle im Anhang, ebenso wie Matthes / Kohring 2002, S. 148 – 151, Dahinden 2006, S. 122ff 140 Vgl. Matthes / Kohring 2008, S. 275 141 Vgl. Ebd., S. 276

  • 20

    systematisch Grenzen gesetzt sind.“142 Somit besteht immer die Gefahr, dass bestimmte Frame-

    Elemente gar nicht erst erfasst werden.143 Matthes und Kohring geben zu, dass sie sich aus Gründen

    der Übersicht und Interpretierbarkeit auf bestimmte Variablen beschränken mussten.144 Unklarheit

    besteht ebenfalls über die verwendeten ‘Codebooks‘ auf die man sich zur Festlegung der Frame-

    Variablen stützt.145 Es bleibt anzuzweifeln, dass von 1992 bis 2001 die Frame-Variablen konstant

    blieben und Frames hingegen variierten. Als Grund, weshalb man sich in der ersten Phase für drei und

    in der zweiten für sechs Cluster entschieden hat, wird ebenfalls nur die ‘Interpretierbarkeit der

    Messergebnisse‘ genannt.146 In Anbetracht der nahezu identischen Frames mit der 2002-Studie liegt

    der Verdacht nahe, dass die Forscher die Clusterkategorien explizit auswählten, um sich in ihren

    früheren Messungen nicht zu widersprechen. Als Fazit bleibt es daher anzuzweifeln, ob es zu einer

    Ausdifferenzierung der Gentechnologie-Frames kam.147 Erstens basiert die Feststellung einzig auf der

    Kategorisierung der Messergebnisse (die Forscher hätten genauso gut nur drei Cluster in der zweiten

    Phase auswerten können). Zweitens ist die Unterteilung in zwei Phasen durch das Schlüsseljahr 1997

    ebenfalls vordefiniert. Es ist empirisch nicht nachgewiesen, ob es in diesem Jahr tatsächlich zu einer

    massiven Veränderung innerhalb der Berichterstattung kam.

    Statistisch gesehen lässt sich der Gehalt der Messungen ebenfalls über die gewählte

    Stichprobe überprüfen. Mit 100 Artikeln pro Messungsjahr fällt diese relativ hoch aus. Allerdings

    sollte vor Augen geführt werden, dass die Vorauswahl über eine Suchmaschine mit lediglich vier

    Stichworten stattfand. Gut möglich, dass bedeutsame Artikel zur Gentechnologie vorweg ausschieden,

    die diese Schlüsselbegriffe nicht enthalten. Dadurch, dass die Artikel ausschließlich aus der New York

    Times stammen, ist die Stichprobe auch nicht repräsentativ für die gesamte amerikanische

    Berichterstattung. Zeitungen sind immer politisch geprägt und verwenden dementsprechend bestimmte

    Frames weniger oder häufiger. Über die streitbare Klassifizierung der Frames durch 28 Variablen

    wurde bereits ausführlich diskutiert. Die Auswahl der Variablen bleibt überwiegend unklar: Weshalb

    wurden etwa dem Frame-Element Handlungsanweisungen die Kategorien Negative und Positive

    Beurteilung zugewiesen? Immerhin handelt es sich bei einer Anweisung (Imperativ) weniger um eine

    Bewertung.148 Auch die Standardabweichungen der dominanten Variablen innerhalb der ermittelten

    hierarchischen Cluster-Tabellen fallen erstaunlich hoch aus. Allein für das Economic-Prospect-Frame

    in der ersten Messperiode liegen die Abweichungen zum Durchschnittswert der dominanten Variablen

    wie Topic: Economics bei 0.41, für Benefits: Business actors bei 0.44, für Economic benefits bei 0.49

    und für Positive Judgment bei 0.46.149 Diese Abweichungen werden in der Korrelationsanalyse nicht

    weiter angesprochen. Auch die Varianz der Messergebnisse wird lediglich durch einen zweiten

    142 Vgl. Dahinden 2006, S. 312 143 Vgl. Ebd., S. 125 144 Vgl. Matthes / Kohring 2008, S. 275 145 Vgl. Ebd., S. 266 146 Vgl. Ebd., S. 271 147 Vgl. Ebd., S. 274 148 Vgl. Ebd., S. 268 149 Vgl. Ebd., S. 270

  • 21

    Kodierer überprüft. Um Messfehler zu mindern, wäre es vielleicht ratsam gewesen, eine zweite

    Referenz-Stichprobe für dieselben Messperioden durchzuführen. Fehlerquellen würden außerdem

    durch zusätzliche Kodierer verringert werden.

    Abschließend sei nochmal auf die Anwendbarkeit der Methode verwiesen: Über die

    Festlegung auf bestimmte Variablen, manuelle Kodierung und statistische Clusterauswertungen bleibt

    das Verfahren relativ komplex und arbeitsintensiv. Erweitert man die Inhaltsanalyse auf audiovisuelle

    Beiträge, dürfte die Erfassung eindeutiger Frame-Variablen noch schwieriger ausfallen. Die Frame-

    Indikatoren müssen zusätzlich auf mehreren Wahrnehmungsebenen (visuell und auditiv) festgestellt

    werden. Außerdem lässt sich das Verfahren nicht auf beliebig große Stichproben anwenden. „The

    unreliability of manual coding will always remain a problem.“150 Eine weitere Schwierigkeit bleibt

    nach wie vor, die komplexen Messergebnisse auf eine überschaubare Zahl an interpretierbaren

    Clustern zu reduzieren. Hierfür gibt es keine standardisierten Kriterien – die Interpretation der

    Messergebnisse bleibt einzig dem Forscher überlassen.

    Fest steht also: Das Verfahren von Matthes und Kohring ist zweifelsohne ein Schritt, um die

    Reliabilität und Validität in der empirischen Framing-Forschung zu verbessern. Gleichzeitig

    verkompliziert die Methode die Frame-Identifikation. Es bleibt daher fragwürdig, ob sich das

    komplexe Verfahren in der Framing-Forschung langfristig durchsetzen wird.

    Philipp Neuweiler, September 2015

    150 Matthes / Kohring 2008, S. 276

  • 22

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    6. Anhang

    Kodierungsanweisung bei der manuell-holistischen Frame-Analyse zum Thema Gentechnologie151

    Frame Beschreibung Fortschritt Artikel erwähnt neue Entwicklungen, Durchbrüche oder geschichtliche

    Ereignisse; Konflikt zwischen Forschritt oder Rückschritt Wirtschaftliche Chancen

    Artikel fokussiert wirtschaftliche Chancen und Potenziale

    Ethik Es werden ethische Prinzipien in den Vordergrund gestellt und Grenzen genannt

    Pandora’s Box Artikel betrachtet Gentechnologie als unbekanntes Risiko, Katastrophe oder Bedrohung

    Runaway Artikel vermittelt einen nach einem Ereignis auftretenden Fatalismus; keine Konstrolle mehr über zukünftige Folgen und Entwicklungen

    Nature / Nurture Artikel diskutiert Umwelteinfluss versus genetische Determination; Vererbung und Genetik

    Öffentliche Verantwortung

    Es steht der Aufruf nach öffentlicher Kontrolle, Partizipation und Regulation im Vordergrund; private versus öffentliche Interessen

    Globalisierung Es wird eine globale Perspektive eingefordert vs. nationale Regelungen

    151 Matthes 2014, S. 40

  • 26

    Medienframes zu Gentechnologie152

    Frame-Name (1992 – 1996)

    Wandel des Frames in anschließender Phase (1997 – 1999)

    Beschreibung Vergleichbarer Basisframe

    Pro und Kontra Landwirtschaft und Lebensmittel

    Fokussierung auf die Regulierung von Landwirtschaft und Lebensmittel

    Vor- und Nachteil der Anwendung von Gentechnologie im landwirtschafts- und Lebensmittelbereich werden diskutiert

    Wirtschaftlichkeit

    Biomedizinische Forschung

    Aufteilung in zwei unterschiedliche Frames: Biomedizinische Forschung als positiver Wert für Grundlagenforschung Gesundheitsförderung

    Wissenschaftler skizzieren die Chance, welche die Biomedizinische Forschung bietet.

    Fortschritt

    Biomedizin als moralisches Risiko

    Fokussierung auf eine bestimmte gentechnologische Anwendung (Klonen)

    Soziale Bewegungen warnen vor den moralischen Risiken beim Einsatz von Gentechnologie in der Biomedizin

    Moral

    Profitmöglichkeiten der Biomedizin

    Fehlt in dieser Phase Unternehmensvertreter betonen die ökonomischen Chancen, welche biomedizinische Anwendungen der Gentechnologie bieten

    Wirtschaftlichkeit

    Regulierung für die Wirtschaft

    Kein Wandel des Frames

    Politiker diskutieren die Regulierung von Gentechnologie, mit deren Hilfe ökonomische Chancen realisiert werden können

    Konflikt: Öffentliche verantwortung

    Ökonomische Chancen Nur in dieser Phase vorhanden

    Unternehmensvertreter betonen die ökonomischen Chancen der Gentechnologie ganz allgemein

    Wirtschaftlichkeit

    152 Matthes / Kohring 2002, S. 148 – 151

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