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74 ( 1955) RECUEIL 613 545.044.42 Eine Apparatur zur Hochspannungs-Papierelektrophorese. VON G. WERNER (Dr. A. Wander-Forschungsinstitut, Sackingen/Deutschland) . Es wird eine Apparatur beschrieben, mit der die Papierelektrophorese bei Spannungen bis loo00 Volt und Wanderungswegen bis 1 Meter moglich ist. Eine besondere Art des Aufbringens der Substanzlosung auf den Papierstreifen wird beschrieben, sowie iiber eine Einrichtung berichtet, mit welcher es moglich ist, besonders lange Papierstreifen gleichmkissig und reproduzierbar anzufeuchten. Die Leistungsfahigkeit wird an Trennungen von Aminosauren, Peptiden, Zuckern und anorganischen Salzen gezeigt. Wahrend sich die Papierchromatographie fur die Trennung nieder- molekularer Stoffe ausgezeichnet bewahrte, wurde die Papierelektro- phorese fur die Analytik hochmolekularer Stoffe - vornehmlich der Proteine 1) - die Methode der Wahl. Die Wanderung von Substanzen mit kleinem Molekulargewicht im niedergespannten elektrischen Felde ist ein Wettlauf gegen die Diffusion; diese ist die hauptsachlichste Ursache, dass die Komponenten eines Stof fgemisches sich nicht treppenformig voneinander trennen, weil sie Konzentrationsunter- schiede ausgleicht und die Begrenzungsscharfe der getrennten Zonen herabsetzt. Durch Anlegen eines hohen elektrischen Potentials kann die Diffusion den nun grossen Wanderungsgeschwindigkeifen der Substanzen nicht mehr in Konkurrenz treten; der Trenneffekt wird dadurch erhoht. Die apparativen Aufgaben bei der ,,Hochspannungs-Elektrophorese" bestehen vornehmlich in der Ableitung der mit der Stromstarke quadratisch anwachsenden Stromwarme und damit der Verhinderung des Austrocknens des mit Elektrolyt angefeuchteten Papierstreifens. Cremer und Tiselius2) verwendeten als erste eine Anordnung, in welcher der Papierstreifen zwischen zwei Glasplatten in Chlorbenzol liegt. In ahnlicher Weise leitet Michls) die Stromwarme ab, indem 1) W. Grassmann und K. Hannig. 2. physiol. Chem. 290, 1 (1951): Klin. Wochschr. 32, 838 ( 1954) ; Ch. Wunderly. Die Papierelektrophorese, 1954. Verlag Sauerlander und Co., Aarau und Frankfurt/Main. *) H. D. Cremer, A. Tiselius, Biochem. Z. 320, 373 (1950). 8) H. Michl, Monatsh. 82, 489 (1951).

Eine Apparatur zur Hochspannungs-Papierelektrophorese

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74 ( 1955) RECUEIL 613

545.044.42

Eine Apparatur zur Hochspannungs-Papierelektrophorese. V O N

G. WERNER (Dr. A. Wander-Forschungsinstitut, Sackingen/Deutschland) .

Es wird eine Apparatur beschrieben, mit der die Papierelektrophorese bei Spannungen bis loo00 Volt und Wanderungswegen bis 1 Meter moglich ist. Eine besondere Art des Aufbringens der Substanzlosung auf den Papierstreifen wird beschrieben, sowie iiber eine Einrichtung berichtet, mit welcher es moglich ist, besonders lange Papierstreifen gleichmkissig und reproduzierbar anzufeuchten. Die Leistungsfahigkeit wird an Trennungen von Aminosauren, Peptiden, Zuckern und anorganischen Salzen gezeigt.

Wahrend sich die Papierchromatographie fur die Trennung nieder- molekularer Stoffe ausgezeichnet bewahrte, wurde die Papierelektro- phorese fur die Analytik hochmolekularer Stoffe - vornehmlich der Proteine 1) - die Methode der Wahl. Die Wanderung von Substanzen mit kleinem Molekulargewicht im niedergespannten elektrischen Felde ist ein Wettlauf gegen die Diffusion; diese ist die hauptsachlichste Ursache, dass die Komponenten eines Stof fgemisches sich nicht treppenformig voneinander trennen, weil sie Konzentrationsunter- schiede ausgleicht und die Begrenzungsscharfe der getrennten Zonen herabsetzt. Durch Anlegen eines hohen elektrischen Potentials kann die Diffusion den nun grossen Wanderungsgeschwindigkeifen der Substanzen nicht mehr in Konkurrenz treten; der Trenneffekt wird dadurch erhoht.

Die apparativen Aufgaben bei der ,,Hochspannungs-Elektrophorese" bestehen vornehmlich in der Ableitung der mit der Stromstarke quadratisch anwachsenden Stromwarme und damit der Verhinderung des Austrocknens des mit Elektrolyt angefeuchteten Papierstreifens.

Cremer und Tiselius2) verwendeten als erste eine Anordnung, in welcher der Papierstreifen zwischen zwei Glasplatten in Chlorbenzol liegt. In ahnlicher Weise leitet Michls) die Stromwarme ab, indem

1) W. Grassmann und K . Hannig. 2. physiol. Chem. 290, 1 (1951): Klin. Wochschr. 32, 838 ( 1954) ; Ch. Wunderly. Die Papierelektrophorese, 1954. Verlag Sauerlander und Co., Aarau und Frankfurt/Main.

*) H . D. Cremer, A. Tiselius, Biochem. Z. 320, 373 (1950). 8 ) H . Michl, Monatsh. 82, 489 (1951).

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er den Streifen direkt in ,Toluol einhangt; Markham und Srnithd) verwendeten Tetrachlorkohlenstof f , Heilmeyer und Mitarbeiter 5)

Hexan. und Kickhofen 6) neuerdings das billigere Heptan als Kuhl- mittel.

Im Verlauf unserer Versuche wurden uns nachfolgende Arbei- ten 7 ) 8) 9) 10) zuganglich, die zur Warmeableitung folgendes Prinzip benutzten: Der zwischen dunnen Glas- oder Kunststoffplatten liegende Papierstreifen wird durch beidseitig aufliegende Metallgefasse, die mit Leitungswasser durchstromt werden, gekiihlt.

Im Rahmen von analytischen Untersuchungen uber die Lipoid- fraktion von Bakterien 11) erschien uns die Anwendung der Hoch- spannungselektrophorese erfolgversprechend zu sein. Die in unserem Institut eingefuhrte Michl’sche Methodik 12) kam nicht in Betracht. da im Papierstreifen wandernde lipophile Stoffe sich im umgebenden Kuhlmittel (Heptan, Toluol) losen und sich so der Indentifizierung auf dem Streifen entziehen.

Wi r entwickelten daher eine Apparatur, die den Kontakt mit dem Kuhlmittel vermeidet und so im Prinzip fur die Trennung derartiger Stoffklassen geeignet ist.

Prinzip der Methodik Der elektrolytgetrankte Papierstreifen, an dessen Enden die Strom-

zufuhrung erfolgt, liegt auf einer Kunststoffplatte, die durch darunter- stromende Kuhlsole auf einer bestimmten Temperatur gehalten werden kann. Uber den Papierstreifen, auf dem die Testlosung aufgetragen ist. wird im Abstand von ca. 5 mm eine Glasplatte, die ringsum mit Schaumgummiband beklebt ist, aufgepresst. Die Temperatur der Kuhl- flussigkeit wird so gewahlt, dass der auf der Kunststoffplatte liegende, stromdurchflossene Papierstreifen keine hohere Temperatur erreicht, als die Aussenatmosphare. Dadurch ist in diesem System der ,,feuchten Kammer” der Elektrophoresestreifen der kalteste Teil, und eine Kon- densation von Elektrolytflussigkeit kann an keiner anderen Stelle des Systems erfolgen. Die bedeckende Glassplatte hat den Zweck, eine

4) R. Markham, 1. D. Smith, Nature (L) 168, 406 (1951). 5 ) L. Heilmeyer, R. Clotten, I . Sano, A. Sturm jun., A. Lipp. Klin. Wochschr.

0) B. Kickhofen, private Mitteilung. 7 ) K. A. Kraus, G. W . Smith, J. Am. Chem. SOC. 72, 4329 (1950). 8 ) H . Michl, Monatsh. 83, 737 (1952). 0 ) A. B. Foster, Chemistry €3 Industry 1952, 1050; J. Chem. SOC. 1953, 982. 10) D. Gross, Nature 172, 908 (1953): 173, 487 (1954). 11) G. Werner, in 0. Westphal und 0. Luderitz. Angew. Chem. 66, 407 ( 1954),

I*) B. Kickhofen, 0. Westphal, 2. Naturforsch. 7b, 655 (1952).

32, 831 (1954).

S. 415.

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Kondensation von Wasserdampf aus der umgebenden Luft auf dem abgekiihlten Streifen zij verhindern, wodurch unerwiinschte Verdun- nungen des Elektrolyten stattfinden wiirden.

Da der Elektrophoresestreifen mit Elektrolyt nicht tropffeucht ange- wendet wird (Feuchtigkeitsgehalt ca. 110 % des trockenen Streifens) wiirde an den in Elektrolytfliissigkeit eintauchenden Enden des Papierstreifens der sogenannte ,,Dochtef fekt" * ) wirksam werden. Diesen kann man nach einem Vorschlag von Weber 13) und MichZ14) nahezu verhindern, wenn man eine Cellophanmembran zwischen Elek- trolytfliissigkeit und Papierstreifen einschaltet ausserdem kann mit dieser Anordnung der elektroosmotische Effekt nahezu ganz unter- driickt werden.

B e s c h r e i b u n g d e r A p p a r a t u r Ausser dem eigentlichen Elektrophorese-Gerat (Abb. 1) benotigt man an apparativen

Einrichtungen einen Solekuhler **) mit Umwalzpumpe und einen Gleichrichter ***) zur Erzeugung hochgespannten Gleichstromes.

Abb. 1. Elektrophorese-Apparatur fur Wanderungwege von 60 cm) (linke Zuleitungszunge und Heber sindt entfernt) .

D i e Electrophorese- Apparatur (Abb. 1 und 2) Das Gerat wurde in drei verschiedenen Grossen hergestellt und zwar fur Wande-

rungswege von 30. 60 und 100 cm. Als Baumaterial fand der rotgefarbte Kunststoff ..Vinidur" oder das nahezu farblose ,.Trovidur" Verwendung; beide besitzen grosse

*) ,,Durch Kapillarkrafte bewirkte Stromungen des Elektrolyten im Filtrierpapier- streifen" 14) .

**) Als Kiihlaggregat benutzten wir ein Gerat der Fa. ATE, Frankfurt/M. (FL 100, Kuhlleistung 1260 Cal, bezogen auf eine Verdampfungstemperatur von 10" C. Inhalt des Soletanks betrug 50 Liter.

***) Wir verwendeten zwei Hg-Dampf-Dioden (866 A): die Glattung erfolgte durch 4 Kondensatoren zu je 2 pF.

18) R. Weber, Helv. Chim. Acta 34, 2031 (1951). 14) H. Michf, Monatsh. 83, 210 (1952).

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Widerstandsfestigkeit gegen chemische Angriffe und sind nicht brennbar. Me elektrische Durchschlagsfestigkeit (VDE 0303) betragt 4&50 K V / m *).

Die Apparatur wurde in eigener Werkstatte durch Kunststoffschweissung aus 3 und 5 mm dicken Platten hergestellt. Die Schweissniihte miissen sehr sorgfatig ausgefiihrt werden, da auch winzige Poren bei den hohen Spannungen der herrschm- den Feuchtigkeit zu elektrischen Kunschliissen fiihren und Undichtigkeiten in der Solekammer im Gefolge haben k6nnen.

16 io n Abb. 2. Elektrophorese-Apparatur (Langsschnitt) .

a) Der 15 cm breite Papierstreifen ( I ) liegt einer 17.5 cm breiten Kunststoffplatte

(2) auf (Dicke 3 mm), die durch darunterfliessende Kuhlsole auf einer bestimmten Temperatur gehalten wird. Mit Hilfe einer Umwalzpumpe, deren Leistung bei ca. 20 Liter/Min. lag, wurde die Kuhlkammer (3) mit der Kiihlfliissigkeit (einem Glycerin-Wasser-Gemisch) durchstromt. in der Zuleitung ist zwischen der Pumpe und Kammer ein Drosselventil eingeschaltet, mit Hilfe dessen die Durchstromungs- geschwindigkeit reguliert werden kann. An diesem Zuleitungsstutzen sind no& Anschlusse fur die Kiihlung mehrerer Kammern vorgesehen. Die Temperatur der Kuhlfliissigkeit wird mit Hilfe eines Reglers konstant gehalten. Die Zu- und Ableitung der Sole erfolgt durch beiderseits offene 25 cm lange Vinidurrohre, in welche l a g s einer geraden Linie Lijcher in 2 cm Abstand gebohrt wurden. Diese Lijcher im Zuleitungsrohr (4) der Solekammer haben eine geringere lichte Weite (2 mm 0)

Die KBhlkammer (Abb. 2. 3).

Abb. 3. Elektrophoresekammer (Querschnitt).

*) Besthdigkeitsliste und Eigenschaftswerte der Kunststofftechnik GmbH Trois- dorf. Der Kunststoff ist ein schlechter Warmeleiter und so fur die Abfiihrung der Warme vom aufliegenden Papierstreifen nicht optimal geeignet; wegen seiner guten Isolationseigenschaft auch in feuchter Atmosphare wurde er aus Sicherheitsgriinden anderen Werkstuffen vorgezogen, und der Warmetrmport durch Erhohung des Temperaturgradienten zwischen Sole und Papierstreifen vergrossert. Trotz besserer Warmeleitfagkeit wurde auf die Verwendung von Glas wegen schlechterer Ver- arbeitungsmoglichkeiten, seiner Bruchempfindlichkeit gegenuber Schlag und Tempe- raturunterschieden verzichtet.

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als diejenigen des Ausflwrohres (3 mm 0) am anderen Ende der Kammer, damit beim Durchpumpen der Kiihlfliissigkeit die Kiihlflache sich infolge von FliisJig- keitsstauungen nicht iibermassig aufwolbt.

Die Kiihlflache wird nach Auflegen des Papierstreifens mit einer gleichgrossen Glasplatte (5) - Dicke 8-10 mm - bedeckt. Diese ist an den Ungsseiten mit einem Schaumgummistreifen (6) mit halbkreisformigen Querschnitt (Radius 0.6 cm) be- klebt. Die beiden Schmalseiten sind mit einem 1 cm breiten und 0.5 cm dickm Schaumgummiband (7) versehen, das mit einem Celluloidband tiberklebt ist. Durch eine Pressvorrichtung wird die Glasplatte mit ihren Schaumgummibandern auf die Kiihlflache aufgedriickt, wodurch zwischen der eigentlichen Kiihlflache mit dem daraufliegenden elektrolyt-getrkkten Papierstreifen und der in wenigen Millimeter Abstand dariiber befindlichen Glasplatte eine gut isolierte ,,feuchte Kammer” entsteht. Auf diese Weise ist ausserdem fiir guten Kontakt des Papierstreifens mit den Zuleitungszungen (8) und der Abdichtung an den Ungsseiten des Streifens gesorgt.

Die Pressvorrichtung besteht aus einer 3 cm dicken Platte aus Kunststoff, an deren Ungsseiten in Abstaden von 15 cm gegeniiberliegend Scharniere (10) mit Schrauben und Fliigelmuttern (1 1) angebracht sind. Mit Hilfe dieser werden Biigel (12) aus Vinidur auf die Glasplatte gepresst und so eine hinreichende Abdichtung erzielt.

b) Die Elekfrodengefiisse. Die Elektrodengeftisse zu beiden Seiten der Kiihlkammer sind durch eine Querwand

in je zwei mit Elektrolyt gefiillte Facher aufgeteilt. In das aussere erste Fach (13) mundet die Stromzufiihrung (14); eine Platinelektrode (15) ist in einer Anordnung aus Glas derart eingeschmolzen, dass die entstehenden gasformfgen Elektrolysen- produkte aus der Pufferfliissigkeit rasch entweichen, und die im Puffer gelosten Zersetzungsprodukte innerhalb von Stunden nicht bis zum Papierstreifen strbmen konnen. Als Sicherung gegen Verunreinigungen der Streifens durch Elektrolysen- produkte dient das zweite Fach (16), in welches die Zuleitungszunge (8) eintaucht. Beide Facher sind mit einem Heber aus Glas (17) verbunden.

c) Die Spanvorrichtung. Ein drittes Fach (18) nimmt die Spannvorrichtung (19) fiir den Papierstreifen

(1) auf. Diese besteht im wesentlichen aus zwei durch Federn zusammengepressten drehbaren Gummiwalzen. Zwischen diesen wird der Papierstreifen festgehalten, durch Drehen der Walzen vorsichtig gespannt und durch deren Arretierung in Spannung gehalten. Mittels dieser Spannvorrichtung erreicht man eine gleichmassige Auflage des Papierstreifens auf der Kiihlflache und damit die gleichmassige Kiihlung des gesamten Streifens.

d ) Die Zuleifungszungen. Ein ungefahr 10 cm langer Streifen aus Filtrierpapier oder Leinwand (20) von der

Breite des Elektrophoresestreifens wird zur Halfte in einen 10 cm langen und 17 cm breiten Dialysierschlauch (2 1) geschoben, einige Zeit in Elektrolytlosung gelegt und sodann diese in der Walzenpresse (Abb. 4) oder auf Filtrierpapier abgepresst. Nun wird der feuchte Dialysierschlauch (21) am Ende des darin befindlichen Filtrier- papieres oder Leinwandstreifens (20) gefaltet, und damit die elektrische Verbindung zwischen dem Elektrolyten des 2. Faches (16) und dem Elektrophoresestreifen ( 1) in der a m Abb. 3 enichtlichen Weise hergestellt.

e) Die Walzenpresse (Abb. 4). Fur die gleichmtissige, reproduzierbare Anfeuchtung des bis zu 1 Meter langen

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Papierstreifens mit Elektrolytfliissigkeit fand eine Einrichtung Verwendung, die im wesentlichen aus zwei sich gegenlaufig drehbaren Gummiwalzen (22) besteht, welche durch eine variabel verstellbaren und messbaren Buck aufeinandergepresst werden. An dem zentrischen Metallkern der unteren Walze (23) ist eine Kurbel angebracht. Der Papierstreifen liegt zur Durchfeuchtung in einem puffergefullten Trog aus Vinidur (24), dessen eine Seitenwand (25) um mehr als das Doppelte verliingert, und nahezu rechtwinklig abgebogen, unter die beiden Walzen zu liegen kommt. Aus diesem Gefass heraus wird der tropfnasse Papierstreifen (1) zwischen die sich drehenden Walzen (22) geschoben, die ihn weitertransportieren und je nach Druck eine bestimmte Menge Fliissigkeit abpressen. die in den Trog zuriickfliesst.

Abb. 4. Walzenpresse (Querschnitt) . A r b e i t s m e t h o d i k

a) Vorbereitungen an der Elektrophoresekammer. Die Vinidurkammer wird auf das Brett der Pressvorrichtung gestellt. und die beiden

Zuleitungsschlauche f ir die Sole iiber ein T-Stuck mit dem Pumpenaggregat verbun- den. Zu- und Ablauf an der Kuhlkammer darf nicht verwechselt werden, da sonst durch den Staudruck die Kammer gesprengt wurde. Der Solebehalter sol1 derart auf- gestellt werden, dass dieser niveaugleich mit der Elektrophoresekammer ist und moglichst kurze Zu- und Ableitungsschlauche notig sind. *) Um die Kammer luft- blasenfrei mit Sole zu fullen, wird diese nahezu lotrecht gestellt, sodass sich der Zufluss unten befindet. Nach dem Einschalten der Umwalzpumpe kann man nun den steigenden Fliissigkeitsspiegel in der Kiihlkammer durch Ausstrahlung ihrer Unterseite mit einer Lampe beobachten und eventuell festgesetzte Luftblasen durch Drehen der Kammer und Klopfen an deren Wandungen zum Auswandern bringen. Nachdem Niederlegen der Kammer auf das Brett der Pressvorrichtung wird so lange Sole durchgepumpt, bis auch in den Zu- und Ableitungsschlauchen sich keine Luftblasen mehr befinden (eventuell abwechselnd einen der Ableitungsschlauche kurze &it zusammenpressen) . In den Abfluszschlauchen darf sich wiihrend der Fullung der Kiihlkammer keine Fliissigkeit befinden und die Schlauchenden sollen

*) Befindet sich der Solebehalter unterhalb der Elektrophoresekammer und miissen so die Abfluszschlauche nach unten in densoletank abgefiihrt werden, so lasst sich bei der Fullung der Kammer die Luft daraus nur unter Druck restlos verdrangen; festgesetzte Luftblasen in den Abfluszschlauchen bedingen dort Querschnittsver- engungen und konnen ein Bersten der Kamrner verursachen. - Man kann dann so verfahren, dass man die beiden Abfluszschlauche wahrend des Fullens der Kammer iiber das Niveau der Kiihlkammer hebt, damit die eingeschlossene Luft ohne Anwen- dung von Druck aus den Schlauchen entweichen kann.

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nicht in den Soletank eintauchen. 1st die Kammer gefiillt und im gesamten Udauf- system keine Luft mehr vorhanden, so miissen jetzt die Abfluszschlauche in den Solebehalter einfauchen, weil sonst durch die* nach Abstellen der Pump wieder Luft in die Kammer eindringt.

Nachdem die Kiihlflache gereinigt und trocken gerieben wurde, wird die sole- gefiillte Kammer zunachst mit einem Bogen Filtrierpapier bedeckt, und die Glassplatte dariibergedeckt. Es wird dadurch verhindert, dass vor dem Auflegen des Elektra- phoresestreifens auf der Kiihlflache Kondenswasser sich niederschlagt und eventucll sogar gefriert.

b) Vorbereitungen a m EZektrophoresestreifen. Der Papierstreifen wird langsam durch die Elektrolytlosung gezogen. die sich in

der Schale zur Walzenpresse befindet. Dort lasst man den Streifen mit Fliissigkeit iiberdeckt einige Zeit liegen. bis er sich mit Elektrolytlosung maximal vollgesogec hat (wichtig fiir einen reproduzierbaren Feuchtigkeitsgehalt). Nun dreht man den Streifen vorsichtig, abet nicht zu langsam durch die Walzenpresse und breitet ihn anschliesend auf eine Glasplatte. Legt man besonderen Were auf reproduzierbare Wanderungsgeschwindigkeiten der Substanzen. so muss auch die Zeit des Liegens des Streifens auf der Glasplatte stets die gleiche sein (besonders bei leicht fliichtigen Elektrolytlosungen) . Ubermassiges Verdampfen kann man einschranken, wenn man den feuchten Streifen sofort auf die Kiihlflache der Kammer legt und hier die Sub- stanzen auftragt. Benotigt man fur das Auftragen der Substanzen Iangere Zeit. so bildet sich auf der Kiihlflache, die vom Streifen nicht bedeckt ist, zuviel Kondens- wasser; eine unerwiinschte Verdiinnung des Elektrolyten an den Randern des Papier- streifens ist die Folge.

c)

Neben den allgemein iiblichen Auftragemethoden der Substanzlosung auf Papier- streifen, hat sich nachfolgend beschriebenes Vorgehen als geeignet erwiesen: Der auf einer nicht zu dicken Glassplatte liegende elektrolyt-befeuchtete Papierstreifen wird an der beabsichtigten Auftragestelle des Substanzgemisches durch Unterlegen eines ca. 1 cm breiten und 15 cm langen Klotzchens fester Kohlensaure (zurechtgesagt aus der von der Eyacher Kohlensaureindustrie gelieferten Plattenware) so stark abge- kiihlt. dass der Puffer an dieser Stelle gefriert. Nun tupft man, z.B. mit einer Platinose, an der sich die Testlosung befindet, kurz auf die gefrorene Stelle des Streifens, was zur Folge hat, dass sich augenblicklich ein Eistiirmchen bildet, und so eine unerwiinschte Ausbreitung der Lasung verhindert wid . Man kann danach noch weitere Substanzen auf dieses Eistiirmchen auffrieren.

Wird beabsichtigt, die Substanzlosung als Strich aufzubringen, dann verwendeten wir dazu eine KapilIar-Pipette, deren Spitze mit einem feinen Schmirgelpapier etwas abgeflacht worden war. Nach dem Anfrieren einer 1 cm breiten Zone des feuchten Streifens auf der Glasplatte, wird an den Anfang des Auftragestriches quer dazu ein Streifen aus Dialysierschlauch gelegt. sodann dariiber ein dicker Glasstab zur Strichfiihrung. Die Kapillarpipette setzt man nun auf den Cellophanstreifen auf und zieht ziigig entlang des Glasstabes durch. Momentan erstarrt die Testlosung in Form eines 1 mm breiten Striches. Die Schwierigkeit bei dieser Auftragemethode besteht darin, dass man beim Aufsetzen und Abheben der Pipette keinen Klecks zustande bringt. Dies wird beim Aufsetzen durch das Unterlegen des Dialysierschlauches verhindert. Damit auch am Ende des Auftragestriches keine Verdickung eintritt, verfahrt man so, dass man die Pipette nicht plotzlich, sondern allmahlich vom Papier abhebt. Nach ciniger Ubung ist es moglich, gleichmassig diinne Striche zu produzieren.

Auftragen der Substanzlosung auf den Papiersfreifen.

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Man kann diese Auftrageart so variieren, dass man einem 1 mm breiten Papier- streifen, getrkkt mit Testlosung, auf den Elektrophoresestreifen auffriert. aus dem dann nach dem Abschmelzen im elektrischen Feld die Stoffe auswandern. Dadurch wird erreicht, dass die Auftragestelle nicht wesentlich feuchter als der iibrige Teil des Papierstreifens wird. und damit nach dem Auftauen eine Verbreiterung der Auftragezone durch hydromechanische Effekte unterdriickt.

Diese Art des Auftragens mit der Pipette gestattet es, quantitativ bestimmte Mengen Substanz in sehr diinner Zone aufzutragen. Sehr vorteilhaft ist es, dass man nach dem Auffrieren der Substanz noch beliebig lange &it zur Verfiigung hat. um Vorbereitungen an der Kaauner zu treffen, ohne dass man befiirchten muss, dam sichn der Auftragestrich wtihrenddessen verbreitert. Erst nach Etnschalten des Stromes schmilzt er ab und kommt dann sofort unter den Einfluss des elektrischen Feldes.

d) Einige Minuten vor dem Auflegen des feuchten Papierstreifens mit aufgefrorener

Testlosung wird die Umwalzpumpe angestellt und die beiden Walzen der Spann- vorrichtung durch Einklemmen von Glassaben oder Spateln gespreizt. Nach dem Abheben der Glasplatte entfernt man mit dem darunter befindlichen Filtrierpapier eventuell gebildetes Kondenswasser von der Kiihlflache; anschliessend legt man sofort den Papierstreifen auf und schiebt dessen Enden zwischen die gespreizten Walzen der Spanvorrichtung, entfernt sodann vorsichtig die Glasspatel, spannt den Streifen m h i g durch Drehen der Zahnrader und arretiert diese mit Hilfe von Fliigelmuttern. Inzwischen hat man sich zwei 3-4 mm breite Streifen von einem Elektrophoresestreifen abgeschnitten und in der gleichen Weise wie diesen mit Elektrolyt befeuchtet. Auf die Ungsseiten des Elektrophoresestreifens werden nun diese schmalen Randstreifen (26) so aufgelegt, dass sie zur einen Halfte auf dem Elektruphoresestreifen und zur anderen direkt auf die Kiihlflache zu liegen kommen (siehe Abb. 3). Gegebenenfalls konnen noch die Streifen mit einer Schaumgummi- walze angedriickt werden. Jetzt werden die Zuleitungszungen (8) aufgelegt (Kontaktzone klein halten wegen des Dochteffektes), und die Glasplatte mit den angeklebten Gummidichtungen vorsichtig aufgesetzt. Darauf driickt man mittels der Pressvorrichtung die Glasplatte auf die Kiihlflache, schaltet die Hochspannung ein und beobachtet Spannung und Stromstarke.

Sol1 der Versuch beendet werden, so schaltet man zunachst die Hochspannung aus, lockert die Pressvorrichtung und nimmt die Glasplatte ab; hierauf werden die Zuleitungszungen und die Randstreifen entfernt, die Gummiwalzen der Spann- vorrichtung gelockert und die Enden des Streifens herausgerollt. Ohne den Streifen zu verschieben, fasst man ihn an den Enden mit zwei Klammern und hebt ihn von der Kiihlflache. Anschliessend wird er in iiblicher Weise getrocknet und entwickelt.

Auflegen des Papierstreifens in die Kammer.

B e m e r k u n g e n z u r A r b e i t e w c i s e d e r A p p a r a t u r Die beschriebene Apparatur wurde so konstruiert und die Methodik zu dem Ziele

ausgearbeitet, dass die Elektrophorese bei so hohen Spannungen auch ohne dauernde Uberwachung storungsfrei und gefahrlos betrieben werden kann.

Sehr grossen Wert legten wir bei der Entwicklung des Gerates darauf, dass gleiche Substanzen iiber die gesamte Streifenbreite hinweg dieselbe Wanderungs- geschwindigkeit haben *) . Diese Zielsetzung gewinnt besondere Bedeutung vor allem

*) Es ist zweckmhsig wegen der aufgepressten Gummibhder die Substanzen nicht bis zum Streifenrand aufzutragen.

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beim Vergleich der Wanderungswege unbekannter mit bekannten Stoffen zum Zwecke der Identifizierung, und des weiteren fiir die praparative Aufarbeitung einzelner Banden durch deren Eluierung aus dem Streifen. Um dlese gleichmiissige Wanderung der Stoffe entlang der gesamten Streifenbreite, sowie eine Reproduzier- barkeit *) der Wanderungsgeschwindigkeiten auf verschiedenen Streifen zu erreichen muss Folgendes beachtet werden:

1) Der Papierstreifen muss mit Elektrolytfliissigkeit gleichmassig angefeuchtet werden und darf wahrend des Versuches den Feuchtigkeitsgehalt nicht h d e r n da sonst Unregelmassigkeiten in der Stoffwanderung eintreten. - Die gleichmassige und reproduzierbare Anfeuchtung des Papierstreifens wurde durch Verwendung dcr Walzenpresse erreicht (Abb. 4). Der Druck mit dem die beiden Walzen aufeinander- gepresst werden (an einem Drudunesser ablesbar) bedingt einen bestimmten Feuch- tigkeitsgrad des durchgewalzten Streifens. Der Walzen-Pressdruck ist variabel. wodurch sich der Feuchtigkeitsgehalt des Streifens je nach Erfordernis verandern Ibst. - Die Konstanthaltung des Feuchtigkeitsgrades des Papierstreifens wahrend des Stromdurchganges wird erreicht durch Bedecken des Streifens mit einer Glas- platte, durch Tiefkiihlung und durch Ausschaltung des Dochteffektes **). Durch diese methodischen Massnahmen konnte auch bei einer Versuchsdauer von mehr als 10 Stunden weder ein Anstiegen des Feuchtigkeitsgrades noch ein Austrocknen des Papierstreifens beobachtet werden. Spannung und Stromstarke blieben nahezu konstant.

2) Der Papierstreifen muss der Kiihlflache gleichrniissig aufliegen, da sonst dessen Kiihlung verschieden stark ist; Unregelmbsikeiten in der Stoffwanderung wiirden die Folge davon sein, weil die Wanderungsgeschwindigkeit von der Tem- peratur abhangig ist. Der gleichmbige Kontakt des Papierstreifens mit der Kiihl- flache wurde erreicht durch den Einbau einer Spannvorrichtung (19) fur den Streifen. Um das Auftreten von bevorzugt gekiihlten ,,Stromungsstrassen” innerhalb der Kiihlkammer zu vermeiden, envies es sich zweckmassig Zu- und Ableitung der Sole durch beide Offnungen der Rohre vorzunehmen.

Ein weiterer Grund darauf zu achten, dass der Streifen mit der Kiihlflache in gutem Kontakt steht, und sich keine Luftblasen im Kiihlwasserstrom festsetzen, ist die Gefahr, dass an diesen Stellen ungeniigender Kiihlung die Elektrolyt-Fliissigkeit verdampft, und sodann infolge der ausgetrockneten Teile des Papierstreifens ein Uberspringen von Funken zustande kommt die Folge davon ist eine zunehmende Verkohlung des Papierstreifens und der Oberflache der Kiihlplatte ***). Um diese Storung rechtzeitig verhindern zu konnen, wurde auf die zweiseitige Kiihlung des Streifens verzichtet, um so durch die Glasplatte hindurch den Streifen jederzeit

*) Die Reproduzierbarkeit ist bei den bisher beschriebenen Methoden der Elektra- phorese auf Papier kaum zu erreichen; die effektive Wanderungsgeschwindigkeit der Substanzen wird vom Ort des Auftragens der Substanz auf den Streifen be- einflusst 16) *). **) Bandenverschiebungen durch den Dochteffekt 18) 1 4 ) und durch elektroosmo-

tische Stromungen betragen nur wenige Millimeter innerhalb von Stunden. Die Wanderungsgeschwindigkeit ist entlang des Streifens konstant: dies zeigte ein Ver- such, bei welchem an sechs verschiedenen Stellen des 1 Meter langen Streifens die gleiche Aminosaurenmischung aufgetragen wurde und der gleiche Wanderungsweg aller sechs Mischungen festgestellt werden konnte.

***) Weitere unangenehme Folgen konnen allerdings nicht entstehen, weil der Stromkreis durch die teilweise Verkohlung des Papierstreifens unterbrochen wird.

15) K. Slotta, S. Bril, A. Ballester, Z. physiol. Chem. 296, 141 (1954).

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beobachten zu konnen. Entsteht namlich eine ortliche Wberhitzung des Streifens - durch welchen Grund auch immer -, so bildet sich sofort oberhalb an der Glas- scheibe Kondenswasser; in diesem Falle ist es sodann nbtig die ,Hochspannung abzuschalten und den Streifen erneut zu spannen. eventhell ihn mit einer G u d w a l z e auf die Kiihlflache anzudriicken. oder die Spannung, und die Temperatur der Sole zu erniedrigen.

Die Temperatur der Kiihlsole muss jeweils entsprechend der herrschenden Feld- starke so gewahlt werden, dass an der iibergedeckten Glasplatte kein Kondensat auftritt. der Streifen also trotz Stromdurchgang der kalteste Teil im ,,System der feuchten Kammer" ist. Andrerseits muss darauf geachtet werden, dass nicht durch zu starke Unterkiihlung der feuchte Papierstreifen nach Auflegen auf die Kiihlplatte gefriert *).

Das Auflegen der beiden ,.Randstreifen" envies sich zur Ausschaltung des folgenden Storeffektes als notwendig: Es ist praktisch kaum zu erreichen, dass die Langsseiten des Elektrophoresestreifens genau mit der seitlichen Begrenzung der Kiihlflache abschliessen. was zur Folge hat, dass sich auf der nicht bedeckten Kiihlflache Wasser und eventwll fliichtiger Elektrolyt kondensieren, die aus dem damit benetzten, um einige Grade warmeren Papierstreifen stammen. Dieses Kondensat wird ununterbrochen von den Randzonen des Papierstreifens kapillar eingesaugt wahrend sich auf der unbedeckten Kiihlplatte standig Fliissigkeit aus dem Streifen niederschlagt. Durch deisen Kreisprozess wird der Elektrolyt in den Randzonen der Langsseiten des Streifens kontinuierlich in seiner Zusammensetzung verandert **) . Die Folge davon ist die verschieden schnelle Wanderung der Substanzen an beiden Randern einerseits, und dem Mittelteil des Streifens andrerseits. - W a r 2.B. ein Aminosaurengemisch in Form eines Striches von der Breite des Streifens aufgetragen worden, so hatten die Komponenten des Gemisches nach mehrstiindiger Wanderung in wassrigem Ameisensaure-Essigsaure-Gemisch infolge des Absinkens des pH an den Randern des Streifens und dadurch bedingter Veranderung des Dissaiationsgrades, die Form eines stumpfen Winkel angenommen, dessen Spitze in Wanderungsrichtung zeigt. - Durch die aufgelegten Liingsstreifen (26) und Aufdriicken der gummi- gedichteten Glasplatte (5) konnte der Effekt ausgeschaltet werden.

3)

Anweodungsbeispiele Im Gegensatz zur grossen Verbreitung der Papierelektrophorese

bei niederen Spannungen sind Stof ftrennungen bei hohen Feldstarken bisher nur in geringern Masse durchgefiihrt und beschrieben worden. Die verschiedenen apparativen Methoden bewahrten sich bei der Trennung von Aminosauren und Peptiden 3) 12) 16). bei Nukleotiden 17)

und anderen organischen Phosphorsaure-Derivaten, bei den Borsaure-

*) Das Gefrieren der Elektrolytlosung kann man durch Zugabe von Gefrier- punkts-erniedrigenden Stoffen, die die Leitfahigkeit nicht erhohen und sich beim Trocknen des Streifens leicht abdampfen lassen, verhindern.

*') Die quantitative Zusammensetzung des Kondensates, und somit die Richtung der pH-Verscheibung hiingt von den Dampfdrucken der Komponenten der Elek- trolytfliissigkeit ab.

16) F. Turba und E. Esser, Angew. Chem. 65, 256 (1953). 17) P. Turba, H. Pefzer und H. Schusfer, 2. physiol. Chem. 296, 97 (1954).

Page 11: Eine Apparatur zur Hochspannungs-Papierelektrophorese

Komplexen der Zucker 8) 9) 10) 18) I*) 20) , bei Aminen is), Carbon- sauren 3) und Purinen 21). Ob bei hochmolekularen Stoffen (Proteine, Polysaccharide, Nukleinsauren) ein praktischer Vorteil gegeniiber der bewahrten Niedervolt-Elektrophorese tu erwarten ist, miissen ein- gehende Untersuchungen noch klaren (siehe d a m MichlP2) ).

Im folgenden geben wir einige Beispiele fur Trennungen, die mit der beschriebenen Apparatur erzielt wurden. Bei den Abbildungen 5. 6, 7, 8a, b diente als Elektrolyt 2 N Essigsaure/0.6 N Ameisensaure (pH 1.9); der Fliissigkeitsgehalt des Streifens betrug jeweils 110 5% des trockenen Papieres (Papiersorte: Schleicher u. Schiill 2043 a MGL). Von den einzelnen Aminosauren und Peptiden der Abb. 5, 6 wurden je 50 y aufgetragen; die Anfarbung erfolgte mit Ninhydrin in Butanol. Die Laufstrecke *) ersieht man aus den beigefiigten cm-Skalen.

8 I I I I I I

ul & 0 w 0

- N 0 0 4

Abb. 5. Elektrophoretische Trennung eines Aminosauren-Gemisches; pH 1.9; 60 Volt/cm Streifenlange; 1.1 mA/cm Streifenbreite;

Soletemperatur -7" C; Laufzeit 200 Minuten.

*) ES ist zu beobachten. dass besonders bei Stoffbanden, die einen langen Wanderungsweg hinter sich haben, ein Verlust der Begrenzungsscharfe der Substanz- flecken eintritt, der nicht nur auf Ausbreitung durch Diffusion zuriickzufiihren ist. Besonders beim Auftragen der Substanzen in grosserer Konzentration treten diese unerwfnschten Schweifbildungen (s. dazu auch Weber *s) ) auf, iiber deren Ursachen und zu deren Unterdriickung Untersuchungen im Gange sind.

18) 4. Conxlen, W. M . Stanier, Nature 169, 783 (1952). 19) L. Jaenicke, Naturwissenschaften 39, 86 (1952). Lo) Y . ffashimofo, I . Mori, M . Kirnura, Nature 170, 975 (1952). ti) H . Michl und F. Haberler, Monatsh. 85, 779 (1954). 2%) H . Michl, Monatsh. 85, 1251 (1954).

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624 G. Werner,

Glycyl-gly cin Alanyl-glycin Triglycin Glycyl-leucin Glycyl-valyl-alan Glycyl-tyrosin Leucyl-tyrosin Tyrosin Glutathion

iin

Abb. 6. Elektrophoretische Trennung eines Peptidgemisches; pH 1.9; 60 Volt/cm Streifenlange; 1.1 mAmp/cm Streifenbreite;

Soletemperatur -1 1 O C; Laufzeit 45 Minuten.

Die Wanderungsgeschwindigkeit von Glycin unter den in Abb. 5 angefuhrten Bedingungen betragt 3 mm/Minute; die Trennung der 9 Komponente im Versuch Abb. 6 ist nach 3/4 Stunden praktisch vollstandig.

Die folgenden Testmischungen von Aminosauren und Peptiden wurden ebenfalls in 2 N Essigsaure/0.6 N Ameisensaure (pH 1.9) innerhalb mehrerer Stunden vollstandig aufgetrennt. Die Aufzahlung erfolgt, wie in den abgebildeten Elektropherogrammen, in der Reihen- folge ihrer Wanderungsgeschwindigkeiten:

I I1 111 Iv Glycyl-leucin Glycyl-tyrosin Diglycin y-Aminobuttersaure Leucyl-glydn Lcucyl-tyrosin Triglycin b-Aminobuttersgure Diglycyl-leucyl- Glycyl-leucyl-alanin Tetraglycin a-Aminobuttersaure

Leucyl-diglycin Glutaminyl-glycin Leucyl-triglycin 8-Alanyl-glycyl-glycin Glutathion

glycin Glycyl-valyl-alanin Glycin

Das Elektropherogram in Abb. 7 zeigt die Auftrennung eines Phenolextraktes ) aus menschlichen Urin. Eine anodisch wandernde

*) Qberlassen von B. Kickhefen.

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Eine Apparatur zur Hochspannungs-Pepierelektrophorese. 74 ( 1955) RECUEIL 625

und 14 kathodisch wandernde Banden sind farberisch erkennbar * ) ; unter der UV-Lampe sind weitere 4 kathodisch und 5 anodisch wandernde Komponenten feststellbar. Basische Aminosauren und Amine sind bereits aus dem 60 cm langen Streifen ausgewandert.

In den Abbildungen 8a und 8b sind Elektropherogramme von Hydro- lysaten bakterieller Proteine (I, 111, I V ) , dargestellt. Zum Vergleich liessen wir das Aminosauren-Gemisch wie in Abb. 5 mitlaufen *). Bei den Proteinen handelt es sich um Extrakte aus E. coli ( I ) und Salmonella paratyphi B, Stamm Kroger, o-Glatt ( 111) und o-Rauhform (IV) ) , deren Zusammensetzung verglichen und identisch befunden wurde. In Abb. 8a ist die ,Trennung der neutralen und basischen Aminosauren nach 60 Minuten Laufzeit noch unvollstandig; bei der

Abb. 7. Elektropherogramm eines Urinkonzentrates. pH 1.9; 60 Volt/cm Streifenlange; 1.1 mA/cm Streifenbreite; Soletemp.

-7" C; Laufzeit 210 Minuten.

* - - - - - s

b Abb. 8a, b. Elektropherogramme von von Hydrolysaten bakterieller Proteine ( I ) E. coli; (111) S. paratyphi B (Glattform); ( IV) S. para- typhi B (Rauhform) ; (11) Gemisch authentischer Aminosauren wie in Abb. 5, ohne Taurin. pH 1.9; 70 Volt/cm Streifenlange: 1.2 mA/cm Streifenbreite; Soletemp. -18" C; Laufzeit ( a ) 60 Min, (b) 240 Min.

*) Die Anfarbung erfolgte hier mit einem Ninhydrin-ahnlichen Reagens, einem Triketopiperidein-Derivat, welches W. Heffe am Institut entwickelt hat; mit der alkoholischen Lasung dieses Reagenses geben a-Aminosauren und Peptide hellblaue, aeitgehend stabile Farbungen.

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626 E. Werner, Eine Apparatur zur Hochspannungs-Papierelektrophorese.

schnellwandernden Komponente (bei Zentimeter 48) handelt es sich um Ammonium-Ion.

In Abb. 8b ist die Auftrennung weiter fortgeschritten: Glycin und Alanin sind jetzt ca. 8 cm auseinander gezogen, das Ammonium-Ion ist nach 240 Minuten aus dem Streifen herausgewandert (Wande- rungsweg 190 cm) . Qber die Identifizierung der einzelnen Komponen- ten sol1 in einer gesonderten Arbeit berichtet werden.

Zucker und andere Polyhydroxylverbindungen bilden mit Borsaure Komplexe *3) , die im elektrischen Feld zur Anode wandern 8 ) 9 ) 10) 18)

19) 20). In der Abb. 9 ist die Trennung eines Zuckergemisches dar- gestellt. Von jedem Zucker wurden ca. 0.1 mg aufgetragen; als Elek- trolyt verwendeten wir 0.08 molare Boraxlosung; die Anfarbung erfolgte mit Anilinphthalat.

Xylose

Gulose

Lyxose

Rhamnose

Abb. 9. Trennung eines Zuckergemisches in Borax (0.08

42 Volt/un Streifenlange; 1.7 mA/cm Streifenbreite; Soletemperatur -8" C; Laufzeit 270 Minuten.

Mit anorganischen Salzen unternahmen wir einige orientierende Versuche. Die Kationen folgender Salze konnten in dem iiblichen Gemisch (2 N EssigsaureJ0.6 N Ameisensaure) getrennt werden (Reihenfolge nach ihrer Wanderungsgeschwindigkeit) . Die Auftrage- menge pro Salz betrug 10 y.

FeIISO, CoII-azetat CdII-azetat PbII-azetat CuII-azeta t PeIIISO,

*s) 7. B6eseken, Advances in carbohydrate chemistry 4, 189 (1949).