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Vom 08. Dezember 2010 Eine Prinzessin weckt man mit Disco-Musik Die Stadtmusik Waldkirch und ihre am "Bläsical" mitwirkenden Gäste bekamen in der Stadthalle viel Applaus. FOTO: BZ/Eberhard Weiß WALDKIRCH. Eine fantastische Musik und ein oft doppelbödiges Märchen boten Stadtmusik, Schauspieler und 70 Zwerge mit ihrem "Bläsical" den vielen Besuchern am Samstagabend in der Stadthalle. Schmetternde Trompeten und der Marsch und Chor der Gassenjungen aus Georges Bizets "Carmen" begleiteten die kleinen Soldaten auf dem Weg zum König, der sagte, "Ich könnte ein glücklicher König sein, wenn das Volk nicht wäre". Seine größte Sorge aber galt seiner von einer Hexe verfluchten Tochter Rotwittchen, die nicht mehr aus dem Schlaf erwachte. Weder die wunderbare Musik aus den "Préludes" von Claude Debussy noch die "Spikes Jones Classics" (John Staff) mit ihren interessant-verrückten Arrangements mit Autohupen, Blaulicht und Sirenen halfen ihr zu erwachen. Die große Stadtmusik mit ihren etwa 60 Musikerinnen und Musikern und ihrem Dirigenten Christian Sade ("mit den bleichen Haaren", wie der König zu sagen beliebte), hatte keine Schwierigkeiten, präzise und schwungvoll diese Stücke zu bewältigen, ebenso wenig wie beim nachfolgenden "Brazil", einem musikalischen Juwel von Ary Barroso. In der königlichen Residenz war inzwischen der "Ratteminator", ein Fremder, der die Welt bereist hatte, angekommen, der gegen sein dreifaches Gewicht in Gold dem König behilflich sein wollte. Auch ein weiterer musikalischer Versuch, diesmal mit "Asuka" von Tetsunosuke Kushide, einer mystische Stimmung verbreitenden japanischen Musik, weckte die Königstochter nicht auf – konnte sie auch nicht, da der intrigante Minister Scrapino sie immer wieder mit einer Spritze betäubte. Auch Dave Brubecks "Blue Rondo alla turc", die Verbindung von Jazz mit europäischer Konzertmusik im ungewöhnlichen 9/8-Takt, vermochte keine Änderung herbeizuführen, ebenso wenig wie der "Funeral March of a Marionette" (der "Trauermarsch einer Marionette") und "Vois sur ton Chemin". Mit Hilfe des Fremden

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Vom 08. Dezember 2010

Eine Prinzessin weckt man mit Disco-MusikDie Stadtmusik Waldkirch und ihre am "Bläsical" mitwirkenden Gäste bekamen in der Stadthalle viel Applaus.

FOTO: BZ/Eberhard Weiß

WALDKIRCH. Eine fantastische Musik und ein oft doppelbödiges Märchen boten Stadtmusik, Schauspieler und 70 Zwerge mit ihrem "Bläsical" den vielenBesuchern am Samstagabend in der Stadthalle. Schmetternde Trompeten und der Marsch und Chor der Gassenjungen aus Georges Bizets "Carmen" begleiteten die kleinen Soldaten auf dem Weg zum König, der sagte, "Ich könnte ein glücklicher König sein, wenn das Volk nicht wäre". Seine größte Sorge aber galt seiner von einer Hexe verfluchten Tochter Rotwittchen, die nicht mehr aus dem Schlaf erwachte. Weder die wunderbare Musik aus den "Préludes" von Claude Debussy noch die "Spikes JonesClassics" (John Staff) mit ihren interessant-verrückten Arrangements mit Autohupen, Blaulicht und Sirenen halfen ihr zu erwachen. Die große Stadtmusik mit ihren etwa 60 Musikerinnen und Musikern und ihrem Dirigenten Christian Sade ("mit den bleichen Haaren", wie der König zu sagen beliebte), hatte keine Schwierigkeiten, präzise und schwungvoll diese Stücke zu bewältigen, ebenso wenig wie beim nachfolgenden "Brazil", einem musikalischen Juwel von Ary Barroso.

In der königlichen Residenz war inzwischen der "Ratteminator", ein Fremder, der die Welt bereist hatte, angekommen, der gegen sein dreifaches Gewicht in Gold dem König behilflich sein wollte. Auch ein weiterer musikalischer Versuch, diesmal mit "Asuka" von Tetsunosuke Kushide, einer mystische Stimmung verbreitenden japanischen Musik, weckte die Königstochter nicht auf – konnte sie auch nicht, da der intrigante Minister Scrapino sie immer wieder mit einer Spritze betäubte. Auch Dave Brubecks "Blue Rondo alla turc", die Verbindung von Jazz mit europäischer Konzertmusik im ungewöhnlichen 9/8-Takt, vermochte keine Änderung herbeizuführen, ebenso wenig wie der "Funeral March of a Marionette" (der "Trauermarsch einer Marionette") und "Vois sur ton Chemin". Mit Hilfe des Fremden

wacht die Prinzessin schließlich doch auf: "Some Skunk Funk", Randy Breckers Hit, war dafür die adäquate Musik: Mit synkopischen Basslinien, akzentuierten und gestochenen Bläsersätzen und Anleihen bei Soul, Blues, Jazz, Disco-Musik, Hip-Hop und Rock.

FOTO: BZ/Eberhard Weiß

Und was ist mit der Belohnung für den Fremden? "Nein", sagt der König "ich bin der Staat, ich gebe nicht, ich nehme". Rotwittchen protestiert: "Ich kenne die Armut, ich bin nicht die süße Prinzessin. Ich bin eine Frau mit echten Freunden. Alle Könige haben abgedankt, lass’ das Volk in Ruhe", wandte sie sich an ihren Vater. Roger Waters mächtiges "Another Brick in the Wall" spiegelt mit seinen Melodien auch Pink Floyds Aufbegehren.

Mit "Minnie the Moocher" von Cab Calloway, Irving Mills und Clarence Gasskill und dem Dank an die mitwirkenden Bernd Kolarik, Frank Bolz, Peter M. Ritter, Rebekka Ziegler, die 70 "Zwerge" und ihren Chorleiter Stephan Ronkov und Eva Rieser- Schätzle, an Pia Moser, an die Sponsoren und insbesondere an die Musiker mit Christian Sade – dem Dirigenten, Buchautor und Regisseur – endete ein großartiger Abend.

Autor: BZ/Eberhard Weiß