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Eine über 800-jährige Tradition in Musik- und Stadtgeschichte, · musikalischen Werke, darunter die Matthäus-Passion und die h-moll-Messe. Die Thomaner sangen vor Die Thomaner

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3 INHALT

Eine über 800-jährige Tradition in Musik- und Stadtgeschichte,die in einer viel beachteten Präsenz in der Gegenwart mündet, knapp 100 Knaben und junge Männer mit verschiedenen Charakteren undder gemeinsamen Leidenschaft für die Musik, umrahmt von einereinmaligen, zukunftsweisenden Bildungslandschaft: Das ist derThomanerchor Leipzig.

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GRUSSWORTE

GESTERN UND HEUTEZwischen Tradition und ModerneMeilenstein „800 Jahre Thomana“Leitbild des Thomaskantors: Soli Deo Gloria

THOMANER SEINDas ganz normale LebenMusikalische AusbildungSchulische AusbildungKonzerte und öffentliche AuftritteVerantwortung füreinanderEinmal Thomaner, immer Thomaner

THOMANER WERDEN

TRÄGER, FÖRDERER & PARTNERCHORLEITUNG & MITARBEITERSCHAFT

IMPRESSUM

I N H A L T

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THOMANERCHOR LEIPZIG Seite 4 5 GRUSSWORTE

Liebe Musikfreunde,

die Strahlkraft des Thomanerchores und seines bedeutends-ten Kantors Johann Sebastian Bach für die Geschichte und Gegenwart der Musikstadt Leipzig beschwören, hieße wahr-lich Eulen nach Athen zu tragen.Die Geschichte des Thomanerchors reicht jedoch sehr viel weiter zurück als jene segensreiche Periode des Bach’schen Wirkens. Auch der Reformator Martin Luther hörte 1519 zur Eröffnung der Leipziger Disputation die bereits weithin gerühm-ten Knaben. Etwa 200 Jahre später, als Georg Philipp Telemann das Thomaskantorat zum Glück für die Leipziger Geschichte und vielleicht sogar für die der Musik insgesamt ausschlug, traf dies bereits einen Chor, um den die Stadt im ganzen Land be-neidet wurde und heute noch beneidet wird.Die Feierlichkeiten zum 800. Jubiläum der Trias Thoma-nerchor, Thomaskirche und Thomasschule sind noch in leb-haftester Erinnerung. Sie führten anschaulich vor Augen, in welchem Maße diese spezielle Leipziger Art der lebendigen Kulturerbepflege weltweit geschätzt wird. Gibt es noch eine Stadt, deren Bürger und ihre Gäste sich regelmäßig für den Preis eines Programmheftes an einem Klangkörper von Welt-ruf erfreuen können?

Der Thomanerchor und sein größter Kantor zählen zum Wertvollsten, womit die Geschichte unsere Stadt beschenk-te. Das Schönste an diesem Geschenk ist, dass wir es hier nicht mit einem Schaustück in der Museumsvitrine zu tun haben: Denn dieser unermessliche kulturelle Reichtum ge-winnt jeden Tag aus den jungen Sängern heraus neue mu-sikalische Gestalt. Seine Stärke, das Auf und Ab in allen Epochen zu meistern, nimmt der Chor aus seiner festen Verwurzelung im christlichen Glauben und der untrenn-baren Beziehung zu den Leipzigerinnen und Leipzigern. Inzwischen erreicht der Thomanerchor zwar nahezu das Al-ter des biblischen Methusalem, doch er ist quicklebendig und steckt voller Überraschungen. Er lebt großartige Musik also stets auf der Höhe der Zeit und wird auf diese Weise immer ganz nah am pulsierenden Herzen einer lebendigen Kulturstadt zu finden sein.

Herzlichst, IhreDR. SKADI JENNICKEBürgermeisterin und Beigeordnete für Kultur der Stadt Leipzig

Liebe Freunde des Thomanerchores,

die im Thomanerchor gemeinsam singenden und im Alum-nat (genannt: „der Kasten“) zusammen lebenden Thomaner besitzen ein großes Privileg: Sie dürfen sich Tag für Tag und Woche für Woche mit wunderbaren Werken der Kirchenmu-sik beschäftigen und diese ungezählten Hörern zum Erlebnis werden lassen.Die Thomaner sind wie alle jungen Menschen ihrer Zeit mit den medialen und anderen Vorzügen der modernen Welt bes-tens bekannt. Sie nutzen Computer und Smartphones genau-so wie ihre Altersgenossen und sind mit den Chancen und Herausforderungen des Lebens im 21. Jahrhundert vertraut.Sie wissen aber auch um ihre Schätze, die kein noch so mo-dernes elektronisches Gerät zu vermitteln vermag: Mit dem täglichen Singen verinnerlichen die Thomaner inhaltliche und musikalische Werte, die für ihr ganzes weiteres Leben von nachhaltiger Bedeutung sind. Freude und Jubel, Trauer und Klage, Zorn und Versöhnung finden im Singen und Musizie-ren ihren Ausdruck. Vertrauen, Trost und die Zuversicht eines Christenmenschen auf Gottes Führung und Leitung schließlich verleihen dem Thomanerchor seinen so unverwechselbaren und zu Herzen gehenden Klang. Das Kirchenjahr mit seinen Sonn- und Festtagen ist somit kein museales Relikt, sondern ein inspirierender Rhythmus für das Leben eines jeden Tho-

maners. Die in der Sprache vergangener Zeiten formulierten Texte haben im Einklang mit der Musik der jeweiligen Epoche ihre aktuelle Aussage.Die Verantwortung füreinander und die sensible Wahrneh-mung eines jeden Sängers für den anderen sind Vorausset-zungen für beste musikalische Qualität, sie geben dem alltäg-lichen Umgang in Alumnat und Schule ihr positives Gepräge und sind Tugenden für den späteren Lebensweg. Seit nunmehr acht Jahrhunderten werden das Mit- und Fürei-nander der Thomaner von der einen Generation zur anderen weitergegeben und bewahrt. Viele Knaben und junge Männer mögen sich davon in Zukunft leiten und die Hörer der Thoma-ner sich von deren Gesang weiterhin begeistern lassen.

Mit guten Wünschen und herzlichen Grüßen, IhrGOTTHOLD SCHWARZThomaskantor

G R U S S W O R T E

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THOMANERCHOR LEIPZIG Seite 6 7 GESTERN UND HEUTE

JOHANN SEBASTIAN BACH ALS THOMASKANTOR

Johann Sebastian Bach prägte den Thomanerchor in besonderer Weise. Fast drei Jahrzehnte lebte er als städtischer Angestellter in der Kantorenwohnung der Thomasschule am Thomaskirchhof gemeinsam mit seinen Schülern unter einem Dach. Hier in Leipzig schrieb er den bedeutendsten Teil seiner kirchen-musikalischen Werke, darunter die Matthäus-Passion und die h-moll-Messe. Die Thomaner sangen vor allem in den beiden Hauptkirchen St. Nikolai und St. Thomas. Für diese sonntäglichen Gottesdienste komponierte der Thomaskantor jede Woche eine neue Kantate. Als „Director musices“ war Bach zusätzlich für die gesamte städtische Musik in Leipzig zuständig.

Der Beginn der langen und einzigartigen Chortradition liegt mehr als 800 Jahre zurück. Ausgehend von den Augustiner-Chorherren im Jahr 1212 hat der Chor bis heute nicht nur gesellschaftliche Veränderungen und Umbrüche erlebt, sondern war – und ist auch heute – als hochgeschätzter und einer der ältesten Chöre der Welt bei wichtigen gesellschaftlichen Ereignissen und in der Öffentlichkeit präsent. Im Jahre 1212 – Leipzig besaß erst kurze Zeit das Stadt- und Marktrecht – wurde durch einen Erlass des Mark-grafen Dietrich von Meißen ein Stift der regulierten Au-gustiner-Chorherren gegründet. Mit dem Bau der dem Apostel Thomas gewidmeten Kirche wurde zeitgleich eine Schule errichtet. Sie stand als „schola exterior“ von Beginn an Leipziger Bürgerkindern offen und gilt daher als Deutschlands älteste öffentliche Schule. Im Gegenzug für freie Kost und Logis hatten die Knaben und jungen Männer den liturgischen Gesang und got-tesdienstliche Aufgaben zu verrichten. Musik, vor allem die „musica sacra“, besaß im mittelalterlichen Bildungs-kanon einen sehr hohen Stellenwert. In ihr sah man die göttliche Ordnung widergespiegelt. Über die gottes-dienstlichen Aufgaben in den Leipziger Stadtkirchen hinaus hatten die Choristen von Anfang an auch das Privileg und die Verpflichtung, bei zahlreichen Kasualien wie Taufen, Hochzeiten, Begräbnissen sowie Rats- und Universitätsfeiern zu singen. Und sie konnten sich an der Thomasschule auf eine gute Schulbildung verlassen, die zu einem Universitätszugang führen konnte.

Im Zuge der Einführung der Reformation in Leipzig ging die Thomasschule, und damit auch der Thomanerchor, 1543 in städtische Trägerschaft über. Damit ist der Thomanerchor Leipzigs älteste Kultureinrichtung. Leipzig entwickelte sich nachfolgend zu einem wichtigen Musikzentrum. Viele herausragende Musiker haben in der Vergangenheit als Thomaskantor die Entwicklung des Chores beeinflusst und gaben entscheidende Impulse für die protestantische Kirchenmusik. Sie waren nicht nur bedeutende Musiker und Komponisten, sondern auch Vor- und Leitbild für die Thoma-ner. Das 27-jährige Thomaskantorat von Johann Sebastian Bach verschaffte dem Thomanerchor Leipzig jedoch unbe-stritten die nachhaltigste Prägung in seiner Geschichte. Der Chor und die Musik Johann Sebastian Bachs begeistern nicht nur unzählige Besucher in der Leipziger Thomaskirche. Als feste musikalische Größe ist der Thomanerchor Leipzig auch weltweit in renommierten Konzertsälen regelmäßig zu Gast und begeistert durch seine jugendlich-vitale musikali-sche Professionalität und seinen faszinierenden Klang. So ist der Thomanerchor Leipzig musikalischer Botschafter in der Welt und zieht gleichzeitig als Publikumsmagnet jährlich viele tausend Gäste aus allen Himmelsrichtungen in die Leip-ziger Thomaskirche.

Z W I S C H E N T R A D I T I O N U N D M O D E R N E

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THOMANERCHOR LEIPZIG Seite 8 9 GESTERN UND HEUTE

BERÜHMTE THOMASKANTOREN

Die Reihe berühmter Thomaskantoren eröffnete Georg Rhau, in dessen zweijährige Amtszeit 1519 das Streitgespräch zwischen Martin Luther und Johannes Eck fiel. Anfangs wechselten die Kantoren häufig, Sethus Calvisius aber war bereits zwanzig Jahre lang Thomaskantor (1594 – 1615). Ihm folgten Johann Hermann Schein (1616 – 1630), Tobias Michael (1631 – 1657), Sebastian Knüpfer (1657 – 1676), Johann Schelle (1677 – 1701), Johann Kuhnau (1701 – 1722) und Johann Sebastian Bach (1723 – 1750). Am 30. Mai 1723 erklang die Antrittskantate Johann Sebastian Bachs. Am 1. Juni 1723 wurde er in das Amt des Thomaskantors eingeführt, das er fortan bis zu seinem Tode 1750 ausübte. Ihm folgten Gottlob Harrer (1750 – 1755), Johann Friedrich Doles (1756 – 1789), Johann Adam Hiller (1789 – 1800), August Eberhard Müller (1801 – 1810), Johann Gottfried Schicht (1810 – 1823), Christian Theodor Weinlig (1823 – 1842), Moritz Hauptmann (1842 – 1868), Ernst Friedrich Eduard Richter (1868 – 1879), Wilhelm Rust (1880 – 1892), Gustav Schreck (1893 – 1917), Karl Montgomery Rufus Siegfried Straube (1918 – 1939), Günther Ramin (1940 – 1956), Kurt Thomas (1957 – 1960), Erhard Mauers- berger (1961 – 1972), Hans-Joachim Rotzsch (1972 – 1991), Georg Christoph Biller (1992 – 2015) und aktuell Gotthold Schwarz.

Die Trias Thomana vereint seit über 800 Jahren die drei kul-turgeschichtlich herausragenden Institutionen Thomaskirche, Thomanerchor und Thomasschule. Trotz vieler gesellschaftli-cher Brüche und Veränderungen wird dieses Dreigestirn von seinen ursprünglichen Aufgaben bis heute zusammengehalten und getragen.

„Der eigentliche Sinn unseres Tuns ist, Kirchenmusik in bester Weise aufzuführen und den Zuhörern zu vermitteln. Wenn wir die geistliche Wurzel verlieren, wird die künstlerische Wurzel absterben“, sagt Thomaskantor Gotthold Schwarz.

Das Jubiläum des 800-jährigen Beste-hens liegt erst wenige Jahre zurück und steht dafür, den traditionsreichen Weg weiterzugehen und weiterzuentwickeln, getreu dem Motto „Glauben – Singen – Lernen“.

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THOMANERCHOR LEIPZIG Seite 10 11 GESTERN UND HEUTE

THOMASKANTOR GOTTHOLD SCHWARZ

Gotthold Schwarz, 1952 in Zwickau geboren, war in den 1960er-Jahren selbst kurze Zeit Mitglied des Thomanerchores. In den 1970er-Jahren erhielt er seine kirchenmusikalische Ausbildung an der Hoch-schule für Kirchenmusik Dresden und an der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig. In Leipzig erlangte er zusätzlich in den Fächern Gesang (als Schwerpunkt) und Dirigieren fundierte Abschlüsse. 1979 kehrte er als Stimmbildner zum Thomanerchor zurück. Bereits seit den 1990er-Jahren vertrat Gotthold Schwarz mehrfach den Thomaskantor, und nach der Amts- niederlegung von Kantor Georg Christoph Biller im Februar 2015 war er amtierender Thomaskantor und wurde im Juni 2016 zum 17. Thomaskantor nach Johann Sebastian Bach berufen.Eine umfangreiche Konzerttätigkeit als Sänger führte Gotthold Schwarz frühzeitig in die bedeutenden europäischen Musikzentren sowie unter anderem nach Japan, Israel, Brasilien, Argentinien und in die USA, wo er auch Interpretationskurse zu Werken Bachs gab. Als Oratorien- und Liedsänger sowie als Dirigent erarbeitete er sich ein umfassendes Repertoire vom Barock bis zur Moderne, was durch zahlrei-che Einspielungen dokumentiert ist.

Die vom Thomaskantor geleitete tägliche Probenarbeit bildet das Zentrum des gemeinsamen Chorlebens. Im „Soli Deo Gloria“, dem Singen „einzig Gott zur Ehre“, sieht auch Gotthold Schwarz, der 17. Nachfolger Johann Sebastian Bachs, die Hauptaufgabe des Chores. Damit setzt er heute, im 21. Jahrhundert, ganz bewusst die Tradition des berühmtesten Thomaskantors fort. Denn mit dem Kürzel S.D.G. unterzeichnete Bach, wie damals üblich, die meisten seiner Werke, oftmals sogar anstelle des eigenen Namens. Auf diese Weise machte er deutlich, dass er sein Werk als Lob Gottes versteht und es ihm zu Ehren komponiert hat. Der Chorgesang ist traditionell in liturgische Abläufe wie Lesung und Gebet ein-gebunden. Daher legt Thomaskantor Gotthold Schwarz sehr viel Wert darauf, dass alle Thomaner den gesungenen Text verinnerlichen. Das Sprechen über die Bedeutung der Inhalte ist auch Teil der Probenarbeit, sodass er in seiner Bedeutung für alle verständlich wird.

Die jungen Sänger erfahren im Laufe der Jahre eine intensive Auseinandersetzung mit der Musik und ihren Texten. Daher ist es durchaus nichts Ungewöhnliches, dass junge Menschen über die Musik den Weg zum Glauben finden. Auch ei-nige Thomaner, die aus nicht christlich geprägten Elternhäusern kommen, ent-wickeln im Laufe der Zeit den Wunsch, sich taufen und später konfirmieren zu lassen.

L E I T B I L D D E S T H O M A S K A N T O R S : S O L I D E O G L O R I A

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THOMANERCHOR LEIPZIG Seite 12 13 THOMANER SEIN

„Neben dem Musizieren bringt das Leben im Alumnat viele Vorteile: Man kann sich über die Schule austauschen, gemeinsam in die Stadt gehen, Fußball spielen und Freundschaften knüpfen.“ DRAGAN, 14

Das Leben im „Kasten“, wie die Thomaner ihr Alumnat selbst nennen, ist eine Welt für sich. Hier dreht sich alles um die Musik. Aber auch das alltägliche Leben findet seinen Platz im erweiterten und modernisierten Gebäude. Zentraler und wichtigster Ort ist der große Probensaal, der au-ßerhalb der Chorproben für eigene musikalische Aktivitäten, zum Beispiel für Bandproben, genutzt werden kann. Diesem angeschlossen ist der tageslichtdurchflutete Speisesaal, in dem die Sänger dreimal am Tag zum Essen zusammenkom-men. Doch das vierstöckige Haus bietet noch viele weitere Möglichkeiten.Die Stuben, das sind die Wohnbereiche der Thomaner, ähneln einer Wohngemeinschaft mit einem großen Aufenthaltsbe-reich und mehreren Zimmern, die sich bis zu drei Personen un-terschiedlichen Alters teilen. Neben dem eigenen Bett ist hier Platz für Hausaufgaben und persönliche Belange sowie ausrei-chend Raum für Beisammensein, Spiel und Spaß. Außer dem hauseigenen Fußballplatz, der zum Beispiel für Stuben-Turnie-re genutzt wird, gibt es eine eigene Sporthalle, einen Fitness- raum und eine Sauna. Aber auch für all diejenigen, die dem Sport nicht so sehr zugeneigt sind, finden sich viele Angebote: das Computerkabinett, die Kasten-Eisenbahn (an deren Aus- und Umbau technikbegeisterte Jungen ihre Freude finden), der Studiersaal (der auch Platz für Hausaufgabenerledigung bie-tet) und das Lesezimmer, in dem man sich in Ruhe seiner Lek-türe widmen kann. Nicht zu vergessen ist das sogenannte Kas-ten-Journal, die regelmäßig in Selbstverwaltung erscheinende Thomanerzeitung, zu der alle eingeladen sind, eigene Beiträge zu gestalten. Zudem bieten die Erzieherinnen und Erzieher an,

mit ihnen gemeinsam zu kochen. Den äl-teren Sängern steht ein weiterer Raum, die sogenannte „Pub“, für gemeinsame Begegnungen zur Verfügung.Die zwei Mal jährlich stattfindende

„Hausmusik der Thomaner“ wird von den Präfekten organisiert und von den Musik- pädagoginnen und Musikpädagogen un-terstützt. Hierbei führen die Thomaner unter anderem musikalische Beiträge jenseits des klassischen Repertoires auf. Das pädagogische Personal ist unmit-telbar in den Alltag der Thomaner ein-gebunden. So gibt es in jeder Etage ein Dienstzimmer, in dem die Thoma-ner rund um die Uhr Ansprechpartner finden. Die Erzieherinnen und Erzieher sind nicht nur bei alltäglichen Dingen wie den Mahlzeiten an ihrer Seite, son-dern bauen eine enge Beziehung zu den Jungen auf, unterstützen sie in ihrem schulischen Fortkommen und begleiten sie als Bezugspersonen auch weit darü-ber hinaus.

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THOMANERCHOR LEIPZIG Seite 14 15 THOMANER SEIN

„Im Vordergrund bei uns steht natürlich das gemeinsame tägliche Singen. Aber auch die Vielfalt der instrumentalen Ausbildung ist nicht zu unterschätzen!“ MAX, 16

Den Gesamtchorproben, in denen das unermüdliche Engage-ment der jungen Sänger zum Tragen kommt, gehen gewöhnlich Stimmgruppenproben unter der Leitung des Thomaskantors, seines musikalischen Assistenten und auch der Präfekten vor-aus. Um das wunderbare differenzierte Klangbild zu erreichen, das die Vokalpolyphonie Johann Sebastian Bachs voraussetzt, bedarf es ständiger Übung. Die Sänger werden gleichzeitig darin geschult, vom Blatt zu singen, rhythmisch präzise zu sein, dabei auf den Dirigenten zu achten, um Einsätze, Phra-sierungen, Dynamik und Gestus zu übernehmen, sodass die Musik lebendig wird.Ein weiteres Kernstück der Ausbildung ist die individuelle wö-chentliche Stimmbildung, die alle Thomaner (in angepasster Form auch während des Stimmbruchs) bei renommierten Lehrkräften erhalten. Gemeinsam mit dem Thomaskantor und seinem musikalischen Assistenten tauschen sich die Stimm-bildnerinnen und Stimmbildner im wöchentlichen Rhythmus über die stetige Entwicklung aus und können damit auf aktu-elle Besonderheiten reagieren.Im Alumnat und in der Villa thomana erhalten die Jungen zu-sätzlich durch erfahrene Musikpädagoginnen und Musikpäda-gogen wöchentlichen Unterricht im Fach Klavier. Auf Wunsch können weitere Instrumente erlernt werden, von denen zahl-reiche hochwertige zur Verfügung stehen. Ausreichende Mög-lichkeiten zu üben gibt es im ganzen Haus.

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„Ich bin mit dem Chor unter anderem schon imVatikan, in China und Israel gewesen.“ TOBIAS, 13

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THOMANERCHOR LEIPZIG Seite 18 19 THOMANER SEIN

Die schulische Bildung der Thomaner liegt ab der Gymnasial-stufe (5. Klasse) in der Verantwortung der gegenüberliegen-den Thomasschule, eines Gymnasiums der Stadt Leipzig. Dort lernen die Thomaner in gemischten „Thomanerklassen“ und erhalten eine besondere schulische und musische Förderung. Treten die jüngsten Thomaner zu Beginn der 4. Klasse in den

Die musikalische Gestaltung der Motetten, einer musikalischen Gottesdienstform, in der Thomaskirche am Freitagabend und Samstagnachmittag sowie des sonntäglichen Gottesdienstes gehört zu den Kernaufgaben des Thomanerchores Leipzig. Die Vorbereitungen, die auch eine Bach-Kantate am Samstag um-fassen, bestimmen einen großen Teil des Alltags. Die jungen Sänger teilen und schätzen das wunderbare Gefühl, gemein-sam mit dem Gewandhausorchester, Gesangssolistinnen und Gesangssolisten sowie dem Thomasorganisten wöchentlich mehr als 2000 Menschen mit ihrer Musik zu bewegen. Der Chor gestaltet an hohen kirchlichen Feiertagen die Kir-chenmusik in der Thomaskirche und setzt zudem mit jährli-chen Aufführungen der Bach’schen Passionen, des Weih-nachts-Oratoriums und der h-moll-Messe vielfach beachtete Maßstäbe. Auch eröffnet er traditionell das jährlich stattfin-dende Bachfest Leipzig.

Auf Reisen ist der Thomanerchor Leipzig regelmäßig in renommierten Konzertor-ten zu Gast. Regional, bundesweit und in der ganzen Welt begeistern die Thoma-ner sowohl mit ihrer Programmvielfalt, die von der Gregorianik bis zur Moderne reicht, als auch mit ihrer brillant aus-differenzierten Transparenz von Bachs Werk. Damit bleiben sie ein gern und hochangesehener Gast in den internati-onalen Musikzentren. Durch zahlreiche audiovisuelle und an-dere mediale Produktionen ist der Tho-manerchor über den Konzertsaal hinaus zu erleben.

WEITERE INFORMATIONEN FINDEN SIE ONLINE:www.thomasschule.de • www.amb-grundschule-leipzig.de • www.forum-thomanum.de

Chor ein, lernen sie in speziellen Klas-sen an der Anna-Magdalena-Bach-Schu-le, Grundschule der Stadt Leipzig, oder an der Grundschule forum thomanum direkt am Campus.

S C H U L I S C H E A U S B I L D U N G

K O N Z E R T E U N D Ö F F E N T L I C H E A U F T R I T T E

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THOMANERCHOR LEIPZIG Seite 20 21 THOMANER SEIN

„Als Cantor famulus kümmere ich mich unter anderem um dieOrchesternoten. Ich bin stolz auf die direkte Zusammenarbeit mit dem Thomaskantor und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Hauses. Dass mir so eine verantwortungsvolle und spannende Arbeit zugetraut wird, genieße ich sehr.“ ALEXANDER, 17

Das gemeinsame Leben im Alumnat wird maßgeblich auch davon geprägt, dass jeder Einzelne Verantwortung übertra-gen bekommt und an ihr wachsen kann. Sie bezieht sich nicht allein auf das Singen und den Choralltag, sondern auf das gesamte Zusammenleben im Alumnat. Das Prinzip der gemeinsamen Verantwortung hat sich bereits seit Jahrhunderten bewährt und erfährt auch unter den Tho-manern selbst eine große Wertschätzung. Wie in einem Fa-milienverbund leben Thomaner verschiedener Altersstufen auf den Stuben zusammen und finden dort eine zweite Heimat. Es werden Geburtstage gefeiert, gemeinsame Vorbereitungen für das Weihnachtsfest getroffen und auch die neuesten Compu-terspiele ausgetauscht. Schnell finden sich Gesprächspartner, nicht nur bei schulischen Problemen. Die Älteren zeigen sich als Mentoren für die Jüngeren verantwortlich und stehen ihnen als Ratgeber und fürsorgliche Begleiter zur Seite, denn viele Erfahrungen kommen ihnen bekannt vor. Sie haben sie selbst schließlich schon ähnlich erlebt.Einzelne Thomaner übernehmen zusätzliche Verantwortungs-bereiche. Als Chorpräfekten und Famuli von Mitarbeiterinnen

und Mitarbeitern helfen sie in vielen Bereichen des Thomanerlebens, zum Beispiel in den Proben, bei der Organi-sation des Notenmaterials sowie dem Verkauf von Programmen, CDs, Büchern und anderen Merchandise-Artikeln des Chores. Auch diejenigen Thomaner, die aufgrund des Stimmbruchs pausieren, sogenann-te Dispensierte, erfüllen Aufgaben, bis sie mit neuer Stimmlage als Tenor oder Bass wieder in die musikalische Arbeit des Chores integriert sind.Grundsätzlich gibt es in der Erziehung der Kinder und Jugendlichen eine enge Zusammenarbeit mit den Eltern und es wird ein partnerschaftliches Verhältnis zwischen Erziehern, Eltern und dem Tho-maskantor gepflegt.

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THOMANERCHOR LEIPZIG Seite 22 23 THOMANER SEIN

„Weniges in meinem Leben habe ich als so prägend empfundenwie meine Zeit im Thomanerchor. Der Alltag im Alumnat und das Musizieren mit den verschiedenen Generationen von Thomassern hat mich zu dem gemacht, was ich heute bin.“ LOUIS, 18

Im Zentrum eines Thomanerlebens steht selbstverständlich die gemeinschaftliche Erarbeitung von Musik und ihre regelmäßige Aufführung in der Thomaskirche. Mit der Zeit kristallisieren sich zusätzliche individuelle Interessengebiete und Begabun-gen heraus, die ebenfalls gefördert werden. Einige Abiturienten bleiben der Musik beruflich treu. So haben sich zum Beispiel in den letzten zwei Jahrzehnten einige bekannte A–cappella-Gruppen aus den Reihen der Thomaner gegründet. Bekannte Orchesterleiter, Sänger, Komponisten und Musi-ker sind im Laufe der Jahrhunderte aus dem Thomanerchor Leipzig hervorgegangen und einige wurden später Thomaskantor, so wie auch Gotthold Schwarz, der in den 1960er-Jahren selbst für kurze Zeit Thomaner war.Viele ehemalige Thomaner bleiben nach der gemeinsamen Schulzeit untereinander durch jahrelange intensive Freundschaften verbunden. Sie kommen zu Besuch oder engagieren sich im Förderkreis Thomanerchor Leipzig e. V., der Stiftung Thomaner- chor, dem Thomanerbund e. V. oder auch im Verein forum thomanum e. V. Alle ver-bindet wohl die Gewissheit: „Einmal Thomaner, immer Thomaner“.

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THOMANERCHOR LEIPZIG Seite 24 25 THOMANER WERDEN

„Wir singen jede Woche geistliche Werke von Johann Sebastian Bach, die doppelchörigen machen mir am meisten Spaß. Bachverbindet uns Thomaner, kann man sagen.“ BENEDETTO, 11

Thomaner werden bedeutet in erster Linie, nach bestandener Aufnahmeprüfung und entsprechender musikalischer Vorbe-reitung ein zweites Zuhause zu finden, auch wenn das heißt, einen großen Teil des Schuljahres im Alumnat zu verbringen. Doch das Leben im Thomanerchor Leipzig ähnelt dem einer großen Familie mit vielen Geschwistern, die gemeinschaftlich leben und Verantwortung füreinander übernehmen. Jedes Jahr im Sommer verlassen die Abiturienten als Männer-stimmen den Chor und neue Thomaner werden als Knaben-stimmen im Sopran und Alt aufgenommen. Dieser Wechsel stellt immer wieder eine neue Herausforderung dar. Um die musikalische Qualität auf höchstem Niveau zu halten und ta-lentierten Nachwuchs zu finden, arbeitet der Thomanerchor Leipzig mit verschiedenen örtlichen Bildungsinstitutionen eng zusammen. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Nach-wuchsbereiches besuchen zahlreiche Kindertagesstätten und

musizieren dort mit den Vorschulkin-dern. Talentierte junge Sänger werden dann zu „Schnupper-Singstunden“ ein-geladen, die mehrmals im Jahr stattfin-den. Auch die Kindertagesstätte des forum thomanum e. V. zeigt sich für die musisch-sprachliche Erziehung im Vor-schulalter verantwortlich.In enger Kooperation mit der Grundschule forum thomanum sowie der Anna-Mag-dalena-Bach-Schule, einer Grundschule der Stadt Leipzig, werden die Thoma-ner-Anwärter ausgebildet. Mit vertieften musischen Ausbildungsprofilen, die un- ter anderem Einzelstimmbildung, Ins-trumentalunterricht, Chorsingen und

Musiktheorie beinhalten, ist es das Ziel beider Schulen, Thomaner-Anwärter Schritt für Schritt auf eine Aufnahme-prüfung in den Thomanerchor Leipzig vorzubereiten. Gemeinsame Auftritte der Nachwuchssänger mit dem Tho-manerchor sind ein Erlebnis, das die Vorfreude darauf, endlich ein „echter“ Thomaner zu sein, enorm steigert. Die Aufnahme in den Thomanerchor Leipzig erfolgt in der Regel zu Beginn der 4. Klasse nach bestandener Aufnahme-prüfung. Geprüft werden sowohl die musikalischen Fähigkeiten als auch der schulische Leistungsstand. Die Knaben der 4. Klasse sind bereits aktiver Teil der

Chorgemeinschaft. Nach einem halben Jahr wird ihre musika-lische, schulische und persönliche Entwicklung jedoch erneut eingeschätzt.Der Thomanerchor und das spezielle Bildungsangebot im Alumnat haben auch für Eltern und Kinder außerhalb Leipzigs eine große Anziehungskraft. Für alle Interessierten gewähren beispielsweise Angebote wie der jährliche „Tag der offenen Tür“ besondere Einblicke.Detaillierte Informationen zu den Aufnahmevoraussetzungen, zu den für Eltern anfallenden Kosten sowie zu den verschie-denen Zugangs- und Bildungswegen erhalten Sie in separaten Prospekten auf Nachfrage im Alumnat.

T H O M A N E R W E R D E N

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THOMANERCHOR LEIPZIG Seite 26 27 TRÄGER, FÖRDERER & PARTNER

Der Thomanerchor Leipzig ist eine städtische Einrichtung und pflegt langjährige partnerschaftliche Beziehungen zu verschiedenen Institutionen. Besonderes Augen-merk liegt natürlich auf den regelmäßigen Motetten, die in enger Zusammenarbeit mit dem Gewandhausorchester Leipzig, dem Thomasorganisten sowie den Pfarre-rinnen und Pfarrern der Thomaskirche gestaltet werden. Auch die Kooperationen mit dem Bach-Archiv Leipzig und den weiterführenden Ausbildungsstätten wie der Musikschule Leipzig „Johann Sebastian Bach“ und der Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ Leipzig sind eine große Bereicherung und Selbstverständlichkeit. Die Zusammenarbeit mit Prof. Dr. med. Michael Fuchs der Sektion Phoniatrie und Audiologie am Universitätsklinikum Leipzig ist ebenfalls ein wichtiger Baustein für die Arbeit des Chores. Für sein erfolgreiches Wirken benötigt der Thomanerchor Leipzig, dessen Grund-ausstattung und -kosten von der Stadt Leipzig getragen werden, die Unterstützung engagierter Förderinstitutionen und Privatpersonen. Die Verbesserung der Lebens- und Lernbedingungen der Thomaner wird durch folgende Einrichtungen und Institu-tionen unterstützt: forum thomanum e. V., Förderkreis Thomanerchor Leipzig e. V., Stiftung Freise, Stiftung Thomanerchor sowie den Thomanerbund e. V.

WEITERE INFORMATIONEN FINDEN SIE ONLINE: www.thomanerchor.de

T R Ä G E R , F Ö R D E R E R & P A R T N E R

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29THOMANERCHOR LEIPZIG Seite 28 CHORLEITUNG & MITARBEITERSCHAFT

KIELER BLUSE

Die Einführung der sogenannten Kieler Bluse als Konzertanzug bei den Knabenstimmen in Sopran und Alt ist optisches Markenzeichen der Thomaner und geht auf das 19. Jahrhundert zurück. Die besondere Affinität des deutschen Kaisers Wilhelm II. zur Marine war wohl modebestimmend. Bei den Thomanern war sie anfangs jedoch nicht einheitlich. Es finden sich Bilder, auf denen manche Thomaner weiße Blusen mit schwarzen Streifen, die Mehrzahl aber schwarze Blusen mit weißen Streifen anhaben. Die Knaben trugen zudem kurze Hosen, bei Kälte lange Strümpfe, die mit Leibchen festgehalten wurden. Die Männerstimmen in Tenor und Bass sangen damals wie auch heute in Anzügen.

Die Betreuung, Ausbildung und Organisation des Thoma-nerchores regelt sich nicht von selbst. So steht hinter dem Chor und seinen Spitzenleistungen, die maßgeblich durch den Thomaskantor und das musikpädagogische Personal er-arbeitet werden, ein ganzes Team von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Sie schaffen bestmögliche Voraussetzungen, so-dass sich die Choristen mit konzentrierter Arbeit, zahlreichen Freiräumen und vielfältigen (sportlichen) Freizeitaktivitäten umfassend persönlich entwickeln können. Nicht nur Aspekte des musikalischen Lebens, das von der No-tenbeschaffung über organisatorische Abläufe der Motetten in der Thomaskirche bis hin zur Planung von Konzertreisen und Medienproduktionen über Jahre hinaus reicht, werden von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung gestaltet. Wichtig zu nennen sind an dieser Stelle auch die Unterhaltung des Hauses, die finanzielle Absicherung und der unermüdliche Einsatz des pädagogischen Personals, das sich um die Bedürf-nisse der Knaben und jungen Männer kümmert.

Die Erzieherinnen und Erzieher beglei-ten Hausaufgabenzeiten, schaffen viel-fältige Freizeitangebote und stehen als Bezugspersonen rund um die Uhr zur Verfügung. Das Küchenteam bereitet die Mahlzeiten in der hauseigenen Kü-che täglich frisch zu. Die Hausmeister sind für die Instandhaltung und Pflege des Innen- und Außenbereiches zustän-dig. Eine Krankenschwester ist den Tho-manern auch über den Krankheitsfall hinaus eine vertrauensvolle Ansprech-partnerin. Und was wären die Sänger in ihren Konzertanzügen und Kieler Blusen, wenn diese nicht richtig gepflegt und sit-zen würden? Für dieses positive Erschei-nungsbild trägt eine Näherin Sorge.

Kurz gesagt: Neben der im Mittelpunkt stehenden musikalischen Arbeit des Thomaskantors und des gesamten musikalischen Bereiches sind es vor allem die als selbstverständlich erscheinenden Dinge, hinter denen sich die große Einsatzbereit-schaft vieler Akteure verbirgt.

CHORLEITUNG & MITARBEITERSCHAFT

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31 IMPRESSUMTHOMANERCHOR LEIPZIG Seite 30

HERAUSGEBERThomanerchor Leipzig – Einrichtung der Stadt LeipzigHillerstraße 8 ∙ 04109 Leipzig ∙ Telefon 0341 – 984 420 ∙ www.thomanerchor.de

REDAKTION Thomanerchor Leipzig

FOTOS Matthias Knoch, Stadt Leipzig (S. 4), Gert Mothes (S. 5)

KOORDINATION ∙ UMSETZUNGSINNergy I KulturkommunikationKäthe-Kollwitz-Straße 13 ∙ 04109 Leipzig ∙ www.sinnergy.info

DRUCK Merkur Druck- und Kopierzentrum GmbH

Stand Dezember 2016

I M P R E S S U M

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