47
Einfluss der Struktur auf die Eigenschaften der angeregten Zustände von Bisazomethinfarbstoffen Bachelorarbeit Eingereicht bei: Prof. Dr. Andreas Dreuw Betreut von: Dipl. Chem. Jürgen Plötner Vorgelegt von: Michael Schönnenbeck geboren am 14.03.1984 in München Angefertigt im Institut für Physikalische und Theoretische Chemie Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt a.M. 2. März 2009

Einfluss der Struktur auf die Eigenschaften der angeregten ... · Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit 1. Motivation und Einführung In der vorliegenden Arbeit sollen die

Embed Size (px)

Citation preview

Einfluss der Struktur auf die Eigenschaften der angeregten

Zustände von Bisazomethinfarbstoffen

Bachelorarbeit

Eingereicht bei: Prof. Dr. Andreas Dreuw

Betreut von: Dipl. Chem. Jürgen Plötner

Vorgelegt von: Michael Schönnenbeck

geboren am 14.03.1984

in München

Angefertigt im Institut für Physikalische und Theoretische ChemieJohann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt a.M.

2. März 2009

Inhaltsverzeichnis

1. Motivation und Einführung ......................................................................................................................1

2. Photochemische Grundlagen.....................................................................................................................2

2.1 Elektronische Anregung von Molekülen............................................................................................2

2.2 Verhalten von Molekülen im elektronisch angeregten Zustand.......................................................2

2.2.1 Fluoreszenz...................................................................................................................................2

2.2.2 Phosphoreszenz............................................................................................................................3

2.2.3 Internal Conversion.....................................................................................................................4

2.2.4 Intramolekulare Reaktionen im angeregten Zustand...............................................................5

3. Theoretische Methodologie........................................................................................................................6

3.1 Quantenchemische Methoden.............................................................................................................6

3.2 Hartree-Fock-Theorie.........................................................................................................................7

3.3 Configuration Interaction (CI)...........................................................................................................8

3.4 Møller-Plesset-Störungstheorie...........................................................................................................8

3.5 Dichtefunktionaltheorie (DFT)...........................................................................................................9

3.5.1 Das erste Hohenberg-Kohn-Theorem........................................................................................9

3.5.2 Das zweite Hohenberg-Kohn-Theorem....................................................................................10

3.5.3 Der Kohn-Sham-Ansatz.............................................................................................................11

3.6 Zeitabhängige Dichtefunktionaltheorie (TDDFT)...........................................................................12

3.7 Übersicht über verwendete Methoden und Basissätze....................................................................13

4. Berechnungen an 2,2'-Dihydroxy-1,1'-diphenylaldazin.........................................................................14

4.1 Vergleich von Methoden und Funktionalen.....................................................................................14

4.2 Rotation um die CNNC-Bindung im Grundzustand.......................................................................20

4.3 Rotation um die CNNC-Bindung im ersten angeregten Zustand...................................................20

4.4 Intramolekularer Protonentransfer im angeregten Zustand..........................................................24

5. Berechnungen an 1-(Ethen-2-ol)-1'-(1'-methylprop-1'-en-2'-ol)-aldazin..............................................26

5.1 Vergleich von Basissätzen..................................................................................................................26

5.2 Suche nach stabilen Gleichgewichtsstrukturen...............................................................................28

5.3 Rotation um die CNNC-Bindung im Grundzustand.......................................................................30

5.4 Rotation um die CNNC-Bindung im ersten angeregten Zustand...................................................31

5.5 Intramolekularer Protonentransfer im angeregten Zustand .........................................................35

6. Zusammenfassung und Ausblick.............................................................................................................41

7. Literaturverzeichnis.................................................................................................................................43

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

1. Motivation und Einführung

In der vorliegenden Arbeit sollen die angeregten Zustände verschiedener Bisazomethinfarbstoffe untersucht

werden. Den Anreiz dafür lieferten bisherige Untersuchungen an Pigment Yellow 101 (P.Y.101, Abbildung

1), dass eine überraschend komplexe Photochemie aufweist. Diese beinhaltet die Konkurrenz zwischen cis-

trans-Isomerisierung und intramolekularem Protonentransfer im angeregten Zustand (ESIPT). Ein weiteres

interessantes Phänomen ist die Fluoreszenz des Moleküls, die bei organischen Pigmenten im Festkörper in

der Regel ausbleibt.1,2,3,4

Ziel der Untersuchungen ist es, herauszufinden inwiefern sich die Struktur auf das optische Verhalten der

Bisazomethinfarbstoffe auswirkt. Dazu wurden Berechnungen an folgenden P.Y.101-Derivaten mit

verkleinerten Systemen durchgeführt:

1

Abbildung 1: Lewisstruktur von Pigment Yellow 101.

Abbildung 2: 1: 2,2'-Dihydroxy-1,1'-diphenylaldazin und 2: 1-(Ethen-2-ol)-1'-(1'-methylprop-1'-en-2'-ol)-aldazin.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

2. Photochemische Grundlagen

In diesem Abschnitt sollen zum Einen die elektronische Anregung von Molekülen, und zum Anderen die

intramolekularen Reaktionen im angeregten Zustand erläutert werden. Diese beinhalten strahlende und

strahlungslose Übergänge in niedrigere elektronische Zustände, sowie Geometrieänderungen der Moleküle.

2.1 Elektronische Anregung von Molekülen

Organische Moleküle mit ausgedehnten π-Systemen können einfallendes Licht im Bereich von 1250 nm bis

125 nm unter Anregung des Elektronensystems absorbieren. Der Spektralbereich für elektronische Anregung

beinhaltet also hauptsächlich ultraviolettes und sichtbares Licht, sowie einen kleinen Anteil des infraroten

Bereiches. Bei der Absorption wird die Energie eines einfallenden Photons vom Elektronensystem

aufgenommen. Das führt dazu, dass Elektronen aus einem besetzten in ein unbesetztes Orbital angehoben

werden. Wird das absorbierende Molekül mit weißem Licht bestrahlt, erscheint es für das menschliche Auge

in der Komplementärfarbe des absorbierten Lichtes.5

Damit ein elektronischer Übergang zwischen zwei Zuständen Si und Sj erlaubt ist, muss für das elektronische

Übergangsdipolmoment gelten:

=⟨Si∣ ∣S j ⟩≠0 (1)

Dies hat zur Folge, dass nur Übergänge zwischen Zuständen unterschiedlicher Symmetrie stattfinden können

(gerade (g) nach ungerade (u) bzw. u nach g). Bei dem Übergang bleibt die Multiplizität erhalten.6,7

Elektronische Übergänge gehorchen dem Franck-Condon-Prinzip.8,9 Aufgrund der ca. 2000 Mal größeren

Masse der Kerne reagieren diese träge auf die Änderung der Elektronenstruktur, sodass der Übergang

„senkrecht“ erfolgt. Die Anregung endet im sogenannten Franck-Condon-Punkt der Energiehyperfläche des

angeregten Zustandes. Dieser entspricht in der Regel auch einem vibronisch angeregten Zustand. Wenn die

kinetische Energie an die Umgebung abgegeben werden kann, relaxiert das Molekül in den

Schwingungsgrundzustand.5

2.2 Verhalten von Molekülen im elektronisch angeregten Zustand

2.2.1 Fluoreszenz

Die einfachste Möglichkeit für ein Molekül in den Grundzustand zurückzukehren ist die Fluoreszenz.

Nachdem das Molekül angeregt wurde, relaxiert es zuerst in den Schwingungsgrundzustand und

anschließend innerhalb von 10-10 bis 10-7 s in den elektronischen Grundzustand. Dabei wird die überschüssige

Energie in Form von Strahlung abgegeben. In der Regel ist die emittierte Strahlung gegenüber der

2

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

absorbierten Strahlung rotverschoben (Stokes-Shift).6

2.2.2 Phosphoreszenz

Die Relaxation in den elektronischen Grundzustand unter Emission von Licht kann auch durch die

sogenannte Phosphoreszenz (Abbildung 4) erfolgen.

3

Abbildung 3: Übergang in den S1-Zustand durch Absorption (blauer Pfeil) und Fluoreszenz in den Grundzustand (roter Pfeil).

Abbildung 4: ISC zwischen S1 und T1 (schwarzer Pfeil) und Phosphor-eszenz in den Grundzustand (roter Pfeil).

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Phosphoreszenz tritt auf, wenn sich die Potentialflächen eines angeregten Singulettzustandes und eines

Triplettzustandes überschneiden. Dies wird als ISC (engl. Intersystem Crossing) bezeichnet. Hierbei wird das

Spinumkehrverbot (vgl. Abschnitt 2.1) gebrochen und das Molekül geht strahlungslos in den Triplettzustand

über. Damit es wieder in den Grundzustand gelangen kann, muss sich die Multiplizität erneut ändern, wobei

die Energie analog zur Fluoreszenz in Form von rotverschobener Strahlung abgegeben wird. Allerdings

dauert der Vorgang aufgrund der geringen Übergangswahrscheinlichkeit zwischen Singulett- und

Triplettzustand wesentlich länger als die Fluoreszenz (10-2 bis 104 s).6

2.2.3 Internal Conversion

Kommt es zu einer Kreuzung zweier Potentialflächen, z.B. der des Grundzustandes (S0) und des ersten

angeregten Zustandes (S1), kann ein strahlungsloser Übergang stattfinden. Man spricht dann von einer

internal conversion (IC). Ein Molekül kann beispielsweise von S0 nach S1 angeregt werden, und anschließend

entlang einer Normalmode in den Grundzustand zurückkehren, wenn sich die Potentialflächen entlang der

Reaktionskoordinate kreuzen. Die überschüssige Energie wird dann in Form von Wärme an die Umgebung

abgegeben (Abbildung 5a)).5

Bei einer Kreuzung zweier angeregter Potentialflächen kann es passieren, dass das Molekül in einen Zustand

relaxiert, aus dem ein Übergang in den Grundzustand optisch verboten ist. Da ein solcher Zustand

spektroskopisch nicht nachweisbar ist, bezeichnet man ihn auch als „dunklen Zustand“ (engl. Dark State,

Abbildung 5b)). Ein Übergang in den Grundzustand ist nur durch Stoßdeaktivierung unter Wärmeabgabe

möglich. Daher kann es - besonders in der Gasphase - sehr lange dauern, bis der angeregte Zustand zerfällt.7

4

Abbildung 5: a) Strahlungslose Relaxation in den Grundzustand und b) Übergang in einen dark State.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

2.2.4 Intramolekulare Reaktionen im angeregten Zustand

Die gegenüber dem Grundzustand veränderte Elektronenstruktur eines angeregten Moleküls kann dazu

führen, dass intramolekulare Reaktionen stattfinden, die im Grundzustand nicht möglich sind. Dies kann z.B.

ein intramolekularer Protonentransfer (ESIPT, Excited State Intramolecular Proton Transfer) von einer OH-

Gruppe auf ein Stickstoffatom sein. Solche Mechanismen sind in der Natur häufig wiederzufinden.

Beispielsweise wurde festgestellt, dass die DNA in der Lage ist, durch einen ESIPT aus dem angeregten

Zustand unmittelbar in den Grundzustand zu relaxieren. Dies geschieht durch eine IC entlang der O-H-

Reaktionskoordinate. Die DNA ist so in der Lage, sich vor Mutation durch Lichteinstrahlung zu schützen.10

In der Natur gibt es noch zahlreiche weitere Reaktionen, die auf der optischen Anregung von Biomolekülen

beruhen, von denen z.B. das Sehvermögen der Augen oder die Photosynthese der Pflanzen abhängen.

Eine weitere intramolekulare Reaktion im angeregten Zustand ist die cis-trans-Isomerisierung.

Beispielsweise lässt sich das Azobenzolmolekül durch Lichteinstrahlung gezielt um die N=N-Bindung

isomerisieren. Das Molekül wird durch die Lichteinstrahlung in einen elektronisch angeregten Zustand

versetzt und geht anschließend, je nach eingestrahlter Wellenlänge, in die cis- oder trans-Konformation über.

Diese herausragende Eigenschaft wird in der Technik bereits für wiederbeschreibbare CDs bzw. DVDs

verwendet. In der Forschung erhofft man sich, Azobenzolderivate als Nanoschalter oder als Antrieb für

Nanomotoren einzusetzen. Tatsächlich ist es bereits gelungen, die gezielte Bewegung von Mikrokügelchen

aus Polystyrol auf Flüssigkristalloberflächen zu induzieren, die mit Azobenzol dotiert sind.11 Weitere

technische Anwendungsgebiete, die auf der optischen Anregung basieren, sind z.B. die Fotografie,

Leuchtdioden (LEDs), Laser, Lichtsensoren uvm.

5

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

3. Theoretische Methodologie

In diesem Abschnitt sollen die in der vorliegenden Arbeit verwendeten mathematischen Methoden zur

Untersuchung der Grund- und der angeregten Zustände verschiedener Bisazomethinfarbstoffderivate

erläutert werden. Auf eine genaue Herleitung wird verzichtet, nähere Informationen zu den einzelnen

Methoden sind in den jeweiligen Literaturverweisen enthalten.

3.1 Quantenchemische Methoden

Um den Grundzustand eines N-Elektronensystems mit K Kernkoordinaten quantenmechanisch zu

beschreiben, müssen die Wechselwirkungen aller Elektronen untereinander, aller Kerne untereinander, sowie

die Wechselwirkungen zwischen allen Elektronen und Kernen berechnet werden. In der Praxis geschieht dies

durch Lösen der zeitunabhängigen Schrödingergleichung12

H R,rR,r =ER,rR,r . (2)

Hier ist R,r die Wellenfunktion des Systems in Abhängigkeit der Kernkoordinaten R und der

Elektronenkoordinaten r. Der Hamiltonoperator H R,r beschreibt die kinetische Energie aller Elektronen,

alle Kern-Kern- und Elektron-Elektron-Wechselwirkungen, sowie alle Wechselwirkungen zwischen den

Kernen und Elektronen. Die Schrödingergleichung ist jedoch nur für ein Zweikörperproblem, z.B. ein

Wasserstoffatom exakt lösbar. Um sie auch für ein System mit mehreren Kernen und Elektronen lösen zu

können, muss von geeigneten Näherungen Gebrauch gemacht werden.

Die grundlegende Näherung, die in jeder quantenmechanischen Rechnung verwendet wird, ist die Born-

Oppenheimer-Näherung13. Diese macht von der Tatsache Gebrauch, dass sich ein Elektron aufgrund seiner

etwa 2000 mal kleineren Masse wesentlich schneller bewegt als ein Kern, und sich somit unmittelbar an die

Änderung der Kernkoordinaten anpasst. Die Born-Oppenheimer-Näherung erlaubt also eine Separation der

elektronischen und der nuklearen Wellenfunktion. Somit kann die Schrödingergleichung auf die Form

H Rf ,rRf ,r=E Rf ,rRf ,r (3)

gebracht werden, die nun von den Elektronenkoordinaten r und den fixierten Kernkoordinaten Rf abhängt.

Damit kann die Schrödingergleichung numerisch gelöst werden.

Die Born-Oppenheimer-Näherung verliert jedoch ihre Gültigkeit, wenn die Bewegungen der Kerne und

Elektronen nicht mehr getrennt betrachtet werden können. Das ist beispielsweise der Fall, wenn eine

konische Durchschneidung zweier Potentialflächen vorliegt. In einem solchen Fall muss genau untersucht

werden, inwiefern die Lösung der Schrödingergleichung unter Verwendung der Born-Oppenheimer-

Näherung noch zuverlässige Ergebnisse liefert.6,14

6

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

3.2 Hartree-Fock-Theorie

Ein wichtiges Verfahren zur Lösung der Schrödingergleichung ist die Hartree-Fock-Theorie14. Die

Gesamtwellenfunktion wird hier mittels Linearkombination aus den Einelektronenwellenfunktionen des

Wasserstoffatoms konstruiert, die durch die Spinorbitale i gegeben sind. Diese können z.B. Slater- oder

Gaussianorbitale sein.

Das Pauli-Prinzip6 besagt, dass die Gesamtwellenfunktion antisymmetrisch bezüglich der Vertauschung

zweier Elektronen ist. Eine wichtige Konsequenz daraus ist, dass zwei Elektronen nicht den gleichen

Zustand besetzen können. Um die Antisymmetriebedingung zu erfüllen, werden die Spinorbitale in eine

Slaterdeterminante geschrieben, um so die Gesamtwellenfunktion zu erhalten:

1,2,3,... ,N=∣a,b,... ,l ⟩ (4)

Um nun die minimale Energie des N-Elektronensystems zu erhalten, wird die Schrödingergleichung in die

Hartree-Fock-Gleichung überführt, aus der sich die Einelektronenorbitale i berechnen lassen:

F aia=ii a (5)

Die i sind hier die Orbitalenergien im Rahmen des Koopmans-Theorems15, das besagt, dass die

Orbitalenergie genau der ersten Ionisierungsenergie des Elektronensystems entspricht. Diese Aussage ist

allerdings nur näherungsweise gültig, da sie Korrelationseffekte und die bei der Ionisierung auftretenden

Relaxationseffekte vernachlässigt. Die Hartree-Fock-Gleichung beschreibt also die Energien der Orbitale i,

besetzt mit dem Elektron a. F ist der sogenannte Fock-Operator, der sich in den Einelektronen-

Hamiltonoperator ha und die Zweielektronenoperatoren J und K zerlegen lässt. J ist der

Coulomboperator, der die elektrostatische Wechselwirkung zwischen dem Elektron a im Orbital i und

Elektron b im Orbital j beschreibt. Der Austauschoperator K beschreibt die nichtklassischen

Spinwechselwirkungen zwischen den beiden Elektronen. Zusammengefasst lautet der Fock-Operator:

F a=ha∑j

[2 J j a− K ja] (6)

Die Operatoren J und K beschreiben ein sogenanntes Meanfield-Potential HF , in dem sich das Elektron

a bewegt. Gleichung 6 gilt allerdings nur für den „Closed-Shell“-Fall, bei dem nur Systeme mit

geschlossenen Schalen betrachtet werden, deren Molekülorbitale also mit jeweils zwei Elektronen besetzt

sind.

Die Hartree-Fock-Gleichungen werden durch die SCF-Methode (Self-Consistant-Field) gelöst. Dazu werden

sie zunächst in die sogenannten Roothan-Gleichung16 überführt:

FC=SC (7)

7

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Dabei ist F die Fock-Matrix, C die Koeffizientenmatrix, die es im SCF-Verfahren zu bestimmen gilt, und

S die Überlappungsmatrix, die die Überlappungsintegrale der Wellenfunktionen enthält. enthält die

einzelnen Orbitalenergien i . Das SCF-Verfahren wird iterativ gelöst: man beginnt mit einem geratenen

Wert für C , setzt ihn in Gleichung 7 ein und erhält einen neuen und besseren Wert für C . Dieser Vorgang

wird solange wiederholt, bis die Rechnung konvergiert.6,14

3.3 Configuration Interaction (CI)

Der Unterschied zwischen der exakten und der mittels Hartree-Fock berechneten Grundzustandsenergie ist

die Korrelationsenergie. Sie findet ihre Ursache in der nicht berücksichtigten Elektronenkorrelation und ist

somit ein Maß für den Fehler der Hartree-Fock-Rechnungen. Die exakte Wellenfunktion des elektronischen

Grundzustandes oder eines angeregten Zustandes kann durch Linearkombination aller Grundzustands- und

angeregten Slaterdeterminanten konstruiert werden:

0E=C00∑

a,p

Capa

p∑abpq

Ca,bp,qa,b

p,q ∑abcpqr

Ca,b,cp,q,ra,b,c

p,q,r...(8)

Die Indizes a, b und c bezeichnen hier die Elektronen in den Grundzustandsorbitalen; p, q und r bezeichnen

die Elektronen in den virtuellen Orbitalen. Der Hamiltonoperator wird in der Basis der angeregten

Determinanten dargestellt. Die anschließende Diagonalisierung der Matrix und Einsetzen in das

Variationsprinzip liefert die minimale Energie des Systems. Diese Methode bezeichnet man als

Configuration Interaction (CI, engl. Konfigurationswechselwirkung). In der Praxis ist die Gleichung 8 nur

für sehr kleine Systeme numerisch lösbar, da der Rechenaufwand exponentiell mit der Systemgröße ansteigt.

Daher werden statt einer Full-CI-Rechnung in der Regel nur Einfachanregungen (CIS), Doppelanregungen

(CID) oder Einfach- und Doppelanregungen (CISD) betrachtet.6,14

3.4 Møller-Plesset-Störungstheorie

Der Nachteil von ab-initio-Methoden, die auf der Konfigurationswechselwirkung (ausgenommen Full-CI

und CIS) beruhen, liegt darin, dass sie nicht größenkonsistent sind (size-consistensy-Problem, siehe [6],

[14]). Eine größenkonsistente Alternative zur Berücksichtigung der Elektronenkorrelation liefert die

Störungstheorie. Dabei werden die exakten Energieeigenwerte des N-Elektronensystems in einer Potenzreihe

entwickelt:

∣i ⟩=∣i ⟩∑n=0

cn∣in ⟩ (9)

Ei=∑n=0

Ein (10)

8

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Die auf der Hartree-Fock-Theorie basierenden Störungsrechnungen sind als Møller-Plesset-Störungstheorie17

bekannt. Der Hamiltonoperator

H0= F V (11)

wird in den Fock-Operator F (Gl. 6) und den Störoperator

V=∑i j

1rij−∑

i

iHF

(12)

aufgeteilt, der alle Elektron-Elektron-Wechselwirkungen beinhaltet, die von der Hartree-Fock-Methode nicht

berücksichtigt werden. Damit ergibt sich die Hartree-Fock-Energiekorrektur zweiter Ordnung (MP2):

E02=∑

abi j

∣⟨ia∣∣ jb ⟩∣2

i j−a−b(13)

Der Vorteil von MP2-Rechnungen ist, dass der Rechenaufwand in der Regel geringer ist als bei CI-

Verfahren. Der Nachteil ist, dass die Störungstheorie nicht variationell ist und somit keine obere Grenze zur

Energie liefert.6,14

3.5 Dichtefunktionaltheorie (DFT)

Einen wichtigen Durchbruch zur Berechnung des Grundzustandes eines N-Elektronensystems lieferte die

Dichtefunktionaltheorie. Hierbei soll auf die Verwendung von Atomorbitalen verzichtet werden, und statt

dessen die Elektronendichte als zentrale Größe zur Berechnung des Systems verwendet werden. Der Vorteil

liegt darin, dass dabei nicht mehr auf eine Wellenfunktion x1,x2,. ..xN zurückgegriffen werden muss, die

von N Raumvektoren abhängt. Statt dessen soll die Energie durch ein Funktional der Elektronendichte [R]

ausgedrückt werden, dass lediglich von einem Raumvektor R abhängt. Somit kann die Dimension der zu

berechnenden Integrale um das N-fache reduziert werden. Die DFT ist im Prinzip eine exakte Methode,

allerdings lassen sich die Austausch- und Korrelationseffekte in der Praxis nicht genau bestimmen und

werden daher in einem Austausch-Korrelations-Funktional Exc [ ] zusammengefasst, dass ausschließlich

von der Elektronendichte abhängt. Die entscheidenden Grundlagen zur Dichtefunktionaltheorie wurden 1964

durch die Hohenberg-Kohn-Theoreme18 aufgestellt.

3.5.1 Das erste Hohenberg-Kohn-Theorem

Das erste Hohenberg-Kohn-Theorem besagt, dass sich alle beobachtbaren Größen eines

Vielelektronensystems im Grundzustand eindeutig durch die Elektronendichte berechnen lassen. Der dafür

geführte Beweis basiert auf folgendem Widerspruch: Gäbe es zwei verschiedene Potentiale V und V ' , die

9

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

zur gleichen Elektronendichte führen, würde das Variationsprinzip für die zugehörigen Energien E0 und E0'

zu folgendem Ergebnis führen:

E0E0'E0E0

' (14)

Da die Elektronendichte alle Informationen über die Elektronenzahl N, die Kernladungszahl und die

Kernabstände enthält, lässt sich daraus der Hamiltonoperator und somit die Wellenfunktion und die

Grundzustandsenergie, sowie alle weiteren Observablen eines Vielelektronensystems berechnen. Die

Grundzustandsenergie ist also ein Funktional der Elektronendichte 0 und lässt sich in ihre Komponenten

zerlegen:

E0[0]=T [0]V ee [0]V Ke [0]=∫V rr drT [0]V ee [0] (15)

Das Funktional E0[0] liefert die totale Energie des Grundzustandes, T [0] die kinetische

Elektronenenergie, Vee [0] die Elektron-Elektron-Wechselwirkung und V Ke[0] die Kern-Elektron-

Wechselwirkung des N-Elektronensystems. Die Funktionale T [0] und Vee [0] sind für jedes N-

Elektronensystem gleich und werden zum Hohenberg-Kohn-Funktional zusammengefasst:

FHK=T[0]Vee [0] (16)

Das Funktional Vee [0] lässt sich wiederum in den klassischen Coulombanteil J [0] und den Austausch-

Korrelations-Anteil V XC[0] aufteilen, womit sich für das Hohenberg-Kohn-Funktional folgende

Schreibweise ergibt:

FHK=T[0]J [0]V XC [0] (17)

Die Herausforderung der Dichtefunktionaltheorie besteht darin, Näherungen für die Funktionale T [0] und

VXC [0] zu finden, die die kinetische Energie und die Austausch-Korrelations-Energie geeignet beschreiben.

Der klassische Coulombanteil hingegen ist exakt berechenbar.14

3.5.2 Das zweite Hohenberg-Kohn-Theorem

Das zweite Hohenberg-Kohn-Theorem besagt, dass das Hohenberg-Kohn-Funktional genau dann die

niedrigste Energie für den Grundzustand eines N-Elektronensystems liefert, wenn die eingesetzte

Elektronendichte der exakten Grundzustandsdichte des Systems entspricht. Dies bedeutet, dass man durch

Einsetzen einer geratenen Elektronendichte 0,G eine Energie erhält, die eine obere Grenze zur exakten

Grundzustandsenergie liefert. Für das Variationsprinzip folgt damit:

E0[0]≤E0[0,G]=T[0,G]J [0,G]V XC [0,G] (18)

10

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

3.5.3 Der Kohn-Sham-Ansatz

Die anfänglichen Probleme der Dichtefunktionaltheorie bestanden darin, ein Funktional zu finden, dass die

kinetische Energie der Elektronen ausreichend gut wiedergibt, da diese nicht allein durch die

Elektronendichte beschrieben werden kann. Die Konsequenz daraus ist, dass keine chemischen Bindungen

und somit keine Moleküle beschrieben werden können. Den Ausweg dafür lieferte der 1965 veröffentlichte

Kohn-Sham-Ansatz.19 Die Idee besteht darin, das wechselwirkende N-Teilchensystem als nicht-

wechselwirkendes N-Teilchensystem darzustellen, dass die gleiche Elektronendichte besitzt wie das

wechselwirkende. Dazu wird ein Satz aus N Molekülorbitalen in eine Slaterdeterminante geschrieben, die die

Elektronendichte des Systems wiedergibt. Die Grundzustandsenergie des wechselwirkenden Systems ist

E0=TVKeJ V XC . (19)

Die Grundzustandsenergie setzt sich also aus der kinetischen Energie der Elektronen und einem effektiven

Potential

Veff=VKeJ V XC (20)

zusammen, aus dem sich theoretisch die exakte Grundzustandselektronendichte berechnen lässt. Dazu

müssen die nicht bekannten Korrelations- und Austauscheffekte durch geeignete Funktionale genähert

werden. Diese können in drei Klassen aufgeteilt werden:

– LDA-Funktionale (Lokal Density Approximation), die ausschließlich von der Elektronendichte

abhängen. Sie basieren auf dem Modell eines Elektronengases, das sich in Gegenwart einer positiven

Ladung befindet, und eine endliche Elektronendichte besitzt, die an jedem Ort einen konstanten Wert

annimmt. Dies ist in der Realität allerdings nur bei metallischen Leitern der Fall, trotzdem liefern die

LDA-Funktionale für kleine Systeme, wie z.B. Na2 gute Ergebnisse.

– GGA-Funktionale (Generalized Gradient Approximation), bei denen das Austauschfunktional als

Funktional der Elektronendichte und eines Gradienten der Elektronendichte geschrieben wird. Durch

den Zusatz des Gradienten wird das asymptotische Verhalten der Elektronendichte besser

beschrieben.

– Hybridfunktionale, bei denen der Dichtefunktionaltheorie Hartree-Fock-Anteile beigemischt werden.

Der Rechenaufwand der Dichtefunktionaltheorie ist ähnlich dem der Hartree-Fock-Methode, jedoch wird die

Elektronenkorrelation durch die DFT wesentlich besser beschrieben. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass

die Funktionale frei wählbare Parameter beinhalten, durch die sie an empirische Daten angepasst werden

können. Z.B. sind die Parameter des LYP-Funktionals (Lee; Yang; Parr, 1989) so gewählt, dass sie die

Korrelationsenergie des Heliumatoms möglichst gut beschreiben.20 Das hat wiederum den Nachteil, dass

DFT-Rechnungen genau dann versagen, wenn Effekte auftreten, die von den Funktionalen nicht

11

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

berücksichtigt werden.20

3.6 Zeitabhängige Dichtefunktionaltheorie (TDDFT)

Die Eigenschaften angeregter Zustände wurden bei dieser Arbeit hauptsächlich mit Hilfe der zeitabhängigen

Dichtefunktionaltheorie (TDDFT, Time-Dependent Density Functional Theory) berechnet. Die Grundlagen

der TDDFT sollen hier nur kurz angesprochen werden. Ausführliche Beschreibungen der Methode sind in

[21] enthalten.

Um eine Beschreibung angeregter Zustände durch die Elektronendichte zu realisieren, muss die

Dichtefunktionaltheorie in eine zeitabhängige Form überführt werden. Dies leisten die

Runge-Gross-Theoreme22, die besagen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen dem zeitabhängigen

externen Potential und der zeitabhängigen Elektronendichte besteht. Analog zu den Hohenberg-Kohn-

Theoremen hat dies zur Folge, dass sich alle zeitabhängigen Eigenschaften eines N-Elektronensystems

eindeutig durch die zeitabhängige Elektronendichte beschreiben lassen. Dies führt direkt zu den sogenannten

„Time-Dependent-Kohn-Sham-Gleichungen“.

Unter TDDFT versteht man heute allerdings eine Methode zur Berechnung elektronisch angeregter

Zustände. Diese erhält man als „linear response“ der Grundzustandselektronendichte auf ein zeitlich

oszillierendes elektrisches Feld nach Fouriertransformation aus der Zeit in die Energiedomäne.

Die TDDFT liefert im allgemeinen qualitativ gute Ergebnisse für Anregungsenergien, die mit Ergebnissen

aufwendigerer Methoden wie z.B. Coupled Cluster (CC) vergleichbar sind. Dennoch hat die TDDFT

Schwierigkeiten, bestimmte Klassen von angeregten Zuständen richtig zu beschreiben. Dies sind z.B. Charge

Transfer- (CT) und Rydbergzustände, Doppelanregungen und große π-Systeme. Diese sind zum Teil auf

mangelhafte Korrelations-Austausch-Funktionale, aber auch auf fundamentale theoretische Ursachen

zurückzuführen.

Da die in der vorliegenden Arbeit untersuchten Moleküle π-Systeme besitzen, die sich über das gesamte

Molekül erstrecken, muss zunächst genau analysiert werden, wie genau die Ergebnisse der Berechnungen

zutreffen. Da diese Problematik stark von der Wahl der Funktionale abhängt, bietet es sich an, die

Berechnungen zum Vergleich an verschiedenen Funktionalen durchzuführen. So zeigte es sich beispielsweise

bei den Berechnungen an P.Y.101, dass sich Hybridfunktionale mit hohem HF-Anteil, wie z.B. BHLYP,

besser zur Charakterisierung von CT-Zuständen eignen, als reine GGA-Funktionale wie BP86.4

12

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

3.7 Übersicht über verwendete Methoden und Basissätze

Zur Berechnung der Wellenfunktionen mit Turbomole wurden in der vorliegenden Arbeit folgende

Basissätze verwendet:

SVP - Split Valence Polarisation

DZP - Double Zeta Polarisation

TZVP - Triple Zeta Valence Plus Polarisation

QZVP - Quadruple Zeta Valence Plus Polarisation

Für die TDDFT-Rechnungen wurden folgende Funktionale verwendet, um die Änderungen der Spektren mit

zunehmendem Hartree-Fock-Anteil zu untersuchen und anschließend die Reaktionen im angeregten

zuständen ausreichend genau zu beschreiben.

SVWN - Slater, Vosko, Wilk, Nuisar (LDA)

BP - Becke-88-Austausch und Perdew 86 Korrelation (GGA)

BLYP - Becke-88-Austausch und Lee-Yang-Parr-Korrelation (GGA)

B3LYP - Becke-3-Parameter: Becke-88-Austausch mit 20% Hartree-Fock-Anteil und Lee-Yang-Parr-

Korrelation (Hybridfunktional)

BHLYP - Becke-Half-and-Half: Becke-88-Austausch mit 50% Hartree-Fock-Anteil und Lee-Yang- Parr-

Korrelation (Hybridfunktional)

Zum Vergleich mit den TDDFT-Funktionalen wurden ab-initio-Rechnungen mit folgenden Methoden

durchgeführt:

CIS - Einfach angeregte Konfigurationswechselwirkungen

MP2 - Møller-Plesset-Störungstheorie, Hartree-Fock-Energiekorrektur zweiter Ordnung

Zusätzlich wurden für die Untersuchungen der Rotationskoordinate von 2 Rechnungen mit Algebraic

Diagrammatic Construction (ADC) 23 durchgeführt, das in Qchem implementiert ist. Hierfür wurde der 6-

31G*-Basissatz verwendet.

Zur grafischen Darstellung von Molekülorbitalen wurde Spartan 2004 verwendet.

13

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

4. Berechnungen an 2,2'-Dihydroxy-1,1'-diphenylaldazin

Im ersten Teil der Arbeit wurden verschiedene Berechnungen am P.Y.101-Derivat 1 durchgeführt, um

Ähnlichkeiten und Unterschiede in den Eigenschaften der elektronisch angeregten Zustände von P.Y.101 zu

untersuchen. Beginnend mit der Optimierung des Grundzustandes wurden zunächst mehrere DFT-

Funktionale miteinander verglichen. Außerdem wurde der Grundzustand mit Hartree-Fock und MP2

optimiert. Zusätzlich wurden die die UV- und IR-Spektren des Moleküls berechnet (Abschnitt 4.1)

Da bei den Untersuchungen von P.Y.101 eine cis-trans-Isomerisierung im angeregten Zustand beobachtet

wurde, sollte die Rotation um den CNNC-Torsionswinkel auch hier untersucht werden (Abschnitt 4.3). Die

angeregte Potentialfläche von P.Y.101, die mit dem GGA-Funktional BP86 berechnet wurde, zeigt ein

artifizielles Minimum bei der gewinkelten Struktur. Daher wurden zu den Untersuchungen an 2,2'-

Dihydroxy-1,1'-diphenylaldazin neben dem GGA-Funktional BLYP auch das Hybridfunktional BHLYP

verwendet, um eventuell auftretende Artefakte zu erkennen. Um einen vollständigen Vergleich zu erzielen,

wurde auch die Rotation um den CNNC-Torsionswinkel im Grundzustand genau untersucht (Abschnitt 4.2).

Außerdem wurde der Protonentransfer im ersten angeregten Zustand von einer OH-Gruppe auf die

Bisazomethinbindung untersucht (Abschnitt 4.4), da dieses Phänomen ebenfalls bei P.Y.101 beobachtet

wurde.

4.1 Vergleich von Methoden und Funktionalen

Zur Berechnung des Grundzustandes von 2,2'-Dihydroxy-1,1'-diphenylaldazin wurde zunächst die trans-

Konformation des Moleküls optimiert. Für die Funktionalstudie wurde der SVP-Basissatz gewählt. Die

Grundzustandsoptimierung und die Berechnung der Anregungsenergien mit TDDFT erfolgten mit den

Funktionalen SVWN, BP, B3LYP und BHLYP. Der Grundzustand wurde außerdem mit Hartree-Fock und

MP2 optimiert. Die Anregungsenergien der Hartree-Fock-Geometrien wurden mit CIS berechnet, die der

MP2-Geometrien mit TDDFT/B3LYP/SVP.

Alle Geometrieoptimierungen führten zu einer planaren Gleichgewichtsstruktur in trans-Stellung und diol-

Form. Aus den Ergebnissen wurde ein Vergleichsspektrum erstellt, das die UV-Absorptionsbanden des

Moleküls zeigt (Abbildung 6). Die aus den TDDFT-Spektren resultierenden UV-Spektren sind mit

zunehmendem Hartree-Fock-Anteil blauverschoben. Die mit B3LYP-Funktional berechneten

Anregungsenergien der MP2-Optimierungen weisen ein ähnliches Spektrum auf, wie das der B3LYP-

Optimierung.

14

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

15

Tabelle 1: Übergangsenergien und Oszillatorstärken zu den Geometrieoptimierungen im Grundzustand.

TS Energie [nm] Orbitale Typ

SVWN S1 475 0.32297 HOMO - LUMO π−π∗S2 455 0.00000 HOMO-1 - LUMO π−π∗S3 421 0.00096 HOMO-3 - LUMOS4 359 0.72133 HOMO-2 - LUMO π−π∗S5 331 0.00000 HOMO - LUMO+1 π−π∗S6 304 0.04110 HOMO-1 - LUMO+1 π−π∗

BP S1 467 0.32404 HOMO - LUMO π−π∗S2 448 0.00000 HOMO-1 - LUMO π−π∗S3 407 0.00126 HOMO-3 - LUMOS4 360 0.70558 HOMO-2 - LUMO π−π∗S5 334 0.00000 HOMO - LUMO+1 π−π∗

S6 306 0.03170 HOMO-1 - LUMO+1 π−π∗

B3LYP S1 383 0.56783 HOMO - LUMO π−π∗S2 353 0.00000 HOMO-1 - LUMO π−π∗S3 335 0.00252 HOMO-3 - LUMOS4 307 0.58093 HOMO-2 - LUMO π−π∗S5 278 0.00000 HOMO - LUMO+1 π−π∗

S6 256 0.01868 HOMO-1 - LUMO+1 π−π∗

BHLYP S1 315 0.83165 HOMO - LUMO π−π∗S2 280 0.00000 HOMO-1 - LUMO π−π∗S3 271 0.00371 HOMO-4 - LUMO π−π∗S4 256 0.41280 HOMO-2 - LUMO π−π∗S5 223 0.00000 HOMO-3 - LUMO

S6 220 0.00000 HOMO - LUMO+2 π−π∗

HF/CIS S1 265 0.94930 HOMO - LUMO π−π∗S2 234 0.00000 HOMO-1 - LUMO π−π∗S3 224 0.16624 HOMO-2 - LUMO π−π∗S4 219 0.00480 HOMO-4 - LUMOS5 214 0.00000 HOMO-3 - LUMO π−π∗S6 186 1.13708 HOMO-1 - LUMO+3 π−π∗

MP2/B3LYP S1 379 0.56430 HOMO - LUMO π−π∗S2 350 0.00000 HOMO-1 - LUMO π−π∗S3 327 0.00265 HOMO-4 - LUMOS4 307 0.58179 HOMO-2 - LUMO π−π∗S5 277 0.00000 HOMO-3 - LUMO π−π∗S6 256 0.01754 HOMO - LUMO+2 π−π∗

Osz. [au]

n-π∗

n-π∗

n-π∗

n-π∗

n-π∗

n-π∗

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Alle Methoden finden einen optisch erlaubten S1-Zustand mit π-π*-Charakter (vgl. Tabelle 1). Die

verbotenen n-π*-Übergänge werden von den TDDFT-Funktionalen als S3-Zustand gefunden. Während

TDDFT mit lokalen Funktionalen und B3LYP den n-π*-Zustand als S3 liefert, ist dieser S5 bzw. S4, wenn

das BHLYP-Funktional bzw. CIS verwendet wird. Das CIS-Spektrum der HF-Grundzustandsoptimierung

weicht von den anderen Spektren ab und ist stark blauverschoben. Diese Überschätzung der

Anregungsenergien durch CIS lässt sich darauf zurückführen, dass die zur Berechnung der

Anregungsenergien verwendeten virtuellen Orbitale einem zusätzlichen Elektron entsprechen und nicht

einem angeregten. Dies führt zu einer für diesen Zweck zu hohen Orbitalenergie.

Neben der Abhängigkeit der Anregungsenergien von dem gewählten Funktional wurde außerdem der

Einfluss auf die Schwingungsspektren studiert. Dazu wurde eine Normalmodenanalyse durchgeführt. Auch

hier wurde ein Vergleichsspektrum aus den Anregungsenergien im IR-Bereich erstellt (Abbildung 7).

16

Abbildung 6: Vergleichsspektrum aus den mit den TDDFT-Funktionalen SVWN, BP, B3LYP und BHLYP und den Grundzustandsmethoden HF und MP2 berechneten Grundzustandsgeometrien. Die Anregungsenergien der HF-Geometrien wurden mit CIS berechnet, die der MP2-Geometrien mit TDDFT/B3LYP/DZP.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Die Analyse der Bindungslängen zeigt, dass die HF-Methode relativ kurze Bindungen liefert (OH: 0,95 Å;

CN: 1,26 Å; vgl. Tabelle 2), was die starke Blauverschiebung im IR-Spektrum erklären kann, da eine kürzere

Bindung eine größere Kraftkonstante und damit eine höhere Frequenz haben sollte. Die unpolare N-N-

Bindung hingegen unterscheidet sich auf allen verwendeten theoretischen Niveaus kaum.

Ausgehend von der Funktionalstudie wurden für die weiteren Berechnungen an 1 BLYP als reines GGA-

Funktional und BHLYP als Hybridfunktional gewählt. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass

Fehleinschätzungen von angeregten CT-Zuständen erkannt werden können, die vor allem durch GGA-

Funktionale verursacht werden. Außerdem sollte ein Vergleich zwischen zwei verschiedenen Funktionalen

gemacht werden, da keine experimentellen Spektren der Verbindung existieren. Da man aber den

methodenbedingten Fehler der DFT-Rechnungen für P.Y.101 kennt, kann man eine Vorhersage der

experimentellen UV-Spektren der untersuchten Verbindung machen, da der Fehler aufgrund der Ähnlichkeit

beider Systeme in der gleichen Größenordnung liegen sollte. Für die UV-Spektren wurde analog zu den

Berechnungen an P.Y.1011 eine Blauverschiebung von 0,42 eV angenommen. Die daraus ermittelten UV-

Spektren sind in den Abbildungen 8 und 9 dargestellt.

17

Abbildung 7: Überlagerte IR-Spektren aus der Normalmodenanalyse mit den TDDFT-Funktionalen SVWN, BP, B3LYP und BHLYP und den Grundzustandsmethoden HF und MP2.

Tabelle 2: Bindungslängen der C-N-, N-N- und O-H-Bindungen nach den verschiedenen Rechenmethoden.

SVWN B-P B3-LYP BH-LYP HF MP2

C-N 1.30 1.30 1.28 1.31 1.26 1.30N-N 1.34 1.37 1.36 1.37 1.37 1.37O-H 1.04 1.00 0.97 1.02 0.95 0.99

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Für berechnete IR-Spektren mit BP 86 ist in der Literatur20 ein Korrekturfaktor von 0,9945 zu finden. Da für

das BHLYP-Funktional kein Literaturwert zu finden ist, wurde hierfür der gleiche Korrekturfaktor wie für

B3LYP angenommen (0,9614). Für den vorgenommen Lorentzfit wurde eine Halbwertsbreite von 60 cm-1

angenommen. Daraus ergeben sich die Schwingungsspektren in den Abbildungen 10 und 11

18

Abbildung 8: Vorhergesagtes UV-Spektrum aus den mit DFT/BHLYP/DZP berechneten Geometrien. Für den Lorentzfit wurde eine Halbwertsbreite von 50 nm angenommen. Die berechneten Banden wurden um 0,42 eV (blau) korrigiert.

Abbildung 9: Vorhergesagtes UV-Spektrum aus den mit DFT/BP/DZP berechneten Geometrien. Für den Lorentzfit wurde eine Halbwertsbreite von 50 nm angenommen. Die berechneten Banden wurden um 0,42 eV (blau) korrigiert.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

19

Abbildung 10: Vorhergesagtes IR-Spektrum aus den mit DFT/BLYP/DZP berechneten Geometrien. Für den Lorentzfit wurde eine Halbwertsbreite von 60 cm- 1 angenommen. Die berechneten Banden mit dem Faktor 0,9614 korrigiert.

Abbildung 11: Vorhergesagtes IR-Spektrum aus den mit DFT/BLYP/DZP berechneten Geometrien. Für den Lorentzfit wurde eine Halbwertsbreite von 60 cm- 1 angenommen. Die berechneten Banden mit dem Faktor 0,9945 korrigiert.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

4.2 Rotation um die CNNC-Bindung im Grundzustand

Um das Verhalten im Grundzustand zu untersuchen, wurden die Energien entlang der Rotationskoordinate

um die CNNC-Bindung berechnet. Dazu wurde der Diederwinkel in 10°-Schritten von 0 - 180° festgehalten,

während die restlichen Freiheitsgrade frei optimiert wurden. Da die Fehleinschätzung von CT-Zuständen im

Grundzustand nicht auftreten, wurde hier lediglich mit dem BHLYP-Funktional gerechnet. Für die

Grundzustandsgeometrien wurden die ersten fünf Anregungsenergien berechnet. Für diese und für alle

weiteren Berechnungen an 1 wurde der DZP-Basissatz verwendet.

Die Potentialkurve entlang der Rotationskoordinate (Abbildung 12) hat im Grundzustand ein Minimum bei

180° (trans) und ein Maximum bei 0° (cis). Eine Rotationsbarriere liegt nicht vor. Die Anregung in den S1-

Zustand ist erlaubt und findet bei 312 nm statt. Die Potentialkurve des ersten angeregten Zustandes hat bei

90° ein Maximum. Die Gleichgewichtsstrukturen befinden sich bei 0° und bei 180°, wobei das globale

Minimum bei 180° um 0,25 eV günstiger ist als das lokale bei 0°. Die Rotationsbarriere für eine trans-cis-

Isomerisierung beträgt 0,31 eV. Bei alleiniger Betrachtung der Grundzustandsoptimierung ist also nach der

elektronischen Anregung in den S1-Zustand keine Isomerisierung zur trans-Konformation zu erwarten.

4.3 Rotation um die CNNC-Bindung im ersten angeregten Zustand

Um das Verhalten des Moleküls im ersten angeregten Zustand zu untersuchen, wurden zunächst die

Geometrien entlang der CNNC-Rotationskoordinate optimiert. Dazu wurde ebenfalls das BHLYP- und

zusätzlich das BLYP-Funktional verwendet, um eventuelle CT-Zustände zu identifizieren.

20

Abbildung 12: Potentialkurve entlang der CNNC-Reaktionskoordinate im Grundzustand und den ersten fünf angeregten Zuständen. Geometrieoptimierung im Grundzustand mit TDDFT/BHLYP/DZP.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

21

Abbildung 14: Potentialkurven entlang der CNNC-Reaktionskoordinate. Geometrieoptimierung im ersten angeregten Zustand mit TDDFT/BLYP/DZP.

Abbildung 13: Potentialkurven entlang der CNNC-Reaktionskoordinate. Geometrieoptimierung im ersten angeregten Zustand mit TDDFT/BHLYP/DZP.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Die mit BHLYP berechnete Potentialkurve des ersten angeregten Zustandes (Abbildung 13) zeigt qualitativ

das gleiche Verhalten wie die der Grundzustandsoptimierung: Das Maximum ist bei 90° zu finden, die trans-

Konformation ist um 0,24 eV energetisch günstiger als die cis-Konformation. Die Rotationsbarriere beträgt

0,96 eV. Die Fluoreszenz aus der cis-Konformation findet bei 409 nm statt, die aus der trans-Konformation

bei 370 nm.

Ein völlig anderes Verhalten des Moleküls im S1-Zustand zeigt die mit BLYP optimierte Potentialkurve

(Abbildung 14). Sie hat ein Minimum bei 90°, das um 0,29 eV günstiger ist als das trans-Isomer. Da bei

allen bisherigen Untersuchungen an P.Y.1011,2,3,4 und 2,2'-Dihydroxy-1,1'-diphenylaldazin eine große

Rotationsbarriere gefunden wurde, liegt die Vermutung nahe, dass es sich hier um einen falsch

eingeschätzten CT-Zustand handelt. Tatsächlich zeigen die Molekülorbitale bei 90° einen starken CT-

Charakter (Abbildung 15).

Um dies genauer zu untersuchen, wurden auf die optimierten BLYP-Geometrien Singlepointrechnungen mit

dem BHLYP-Funktional, und umgekehrt Singlepointrechnungen mit dem BLYP-Funktional auf die BHLYP-

Geometrien, durchgeführt (Abbildung 16 und 17). Die Singlepointrechnungen mit BHLYP ergeben eine

Korrektur der BLYP-Optimierungen. Das Molekül hat eine Rotationsbarriere von 0.42 eV und die stabilste

Geometrie in trans-Stellung. Die BLYP-Singlepointrechnungen auf die BHLYP-Optimierungen weisen zwar

bei 90° eine um 0,57 eV geringere Rotationsbarriere von 0,39 eV auf, als die BHLYP-Optimierung selbst,

jedoch wird qualitativ das gleiche Verhalten wiedergegeben.

22

Abbildung 15: Molekülorbitale zum S1-Übergang bei 90° und 180° zur Potentialkurve entlang der CNNC-Rotationskoordinate mit TDDFT/BLYP/DZP.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Minimum der BLYP-Optimierungen ein CT-Artefakt ist und das

Molekül nach der optischen Anregung weiterhin als trans-Isomer vorliegt. Die Relaxation in den

Grundzustand unter Fluoreszenz wäre anhand der BHLYP-Optimierungen bei 370 nm zu erwarten.

23

Abbildung 16: Singlepointrechnungen mit TDDFT/BHLYP/DZP auf die optimierten BLYP-Geometrien.

Abbildung 17: Singlepointrechnungen mit TDDFT/BLYP/DZP auf die optimierten BHLYP-Geometrien.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

4.4 Intramolekularer Protonentransfer im angeregten Zustand

Um auch den Protonentransfer im ersten angeregten Zustand zu untersuchen, wurde die OH-Bindungslänge

als weitere Reaktionskoordinate gewählt. Die Geometrieoptimierungen wurden von 0,95 bis 1,5 Å mit einer

Schrittweite von 0,05 Å durchgeführt.

24

Abbildung 18: Potentialkurven entlang der O-H-Koordinate. Geometrieoptimierung im ersten angeregten Zustand mit TDDFT/BHLYP/DZP.

Abbildung 19: Potentialkurven entlang der O-H-Koordinate. Geometrieoptimierung im ersten angeregten Zustand mit TDDFT/BLYP/DZP. Die Optimierung bei 0,95 Å ist nicht konvergiert; der Punkt wurde grafisch interpoliert.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Die Potentialkurve der BHLYP-Geometrieoptimierungen (Abbildung 18) hat ein lokales Minimum bei 1,1 Å.

Die bei 1,5 Å gefundenen Geometrie zeigt jedoch eine um 0,07 eV günstigere Energie. Da die Barriere für

den Protonentransfer nur 0,05 eV beträgt, ist eine Gleichgewichtsverteilung zwischen der diol- und der keto-

Form zu erwarten, bei der das Gleichgewicht stark auf die Seite des keto-Isomers verschoben ist.

Ein anderes Verhalten zeigt die Potentialkurve der BLYP-Geometrieoptimierungen (Abbildung 19). Die S1-

Kurve zeigt einen deutlichen Energiegewinn durch den Protonentransfer und weist keine Barriere auf. Nach

der optischen Anregung des Moleküls ist also ein Übergang des Moleküls in das keto-Isomer zu erwarten.

25

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

5. Berechnungen an 1-(Ethen-2-ol)-1'-(1'-methylprop-1'-en-2'-ol)-aldazin.

In diesem Teil der Arbeit sollen die elektronischen Zustände des P.Y.101-Derivats 2 untersucht werden. Das

Molekül stellt ein stark verkleinertes System der Farbstoffe dar, bei dem die planaren Phenyl- bzw.

Naphthyleinheiten vollständig entfernt wurden. Analog zum Vorgehen bei Derivat 1 wurde die Rotation um

die zentrale CNNC-Bindung im Grund- (Abschnitt 5.3) und im angeregten Zustand (Abschnitt 5.4), sowie

der intramolekulare Protonentransfer im ersten angeregten Zustand (Abschnitt 5.5) untersucht, um

Ähnlichkeiten und Unterschiede in den Eigenschaften der angeregten Zustände zu finden. Dabei wurden

ebenfalls die Funktionale BLYP und BHLYP verwendet.

5.1 Vergleich von Basissätzen

Um den geeigneten Basissatz für die Geometrieoptimierungen des Moleküls zu finden, wurde der

Grundzustand zunächst in cis- und trans-Stellung mit dem BLYP-Funktional frei optimiert. Für die

Optimierung wurden die SVP-, DZP-, TZVP- und QZVP-Basissätze verwendet und die Anregungsenergien

in einem UV-Spektrum miteinander verglichen.

Die optimierten BLYP-Geometrien im Grundzustand in cis- (Abbildung 20) und trans-Stellung (Abbildung

21) zeigen ähnliche Spektren. Die Berechnungen finden jeweils einen verbotenen S1- und einen erlaubten

S2-Übergang mit vergleichbaren Intensitäten.

26

Abbildung 20: Vergleich der UV-Spektren zu den Geometrieoptimierungen im Grundzustand in cis-Stellung mit TDDFT/BLYP und den Basissätzen SVP, DZP, TZVP und QZVP.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Auf die optimierten BLYP-Grundzustandsstrukturen wurden Singlepointrechnungen mit dem BHLYP-

Funktional und DZP-Basissatz durchgeführt, und ebenfalls im UV-Spektrum verglichen.

Auch die Spektren der Singlepointrechnungen mit BHLYP (Abbildung 22 und 23) zeigen sehr ähnliche

Verschiebungen. Im Gegensatz zu den Ergebnissen die das BLYP-Funktional liefert, ist der S1-Übergang

hier erlaubt und der S2-Übergang verboten.

27

Abbildung 21: Vergleich der UV-Spektren zu den Geometrieoptimierungen im Grundzustand in trans-Stellung mit TDDFT/BLYP und den Basissätzen SVP, DZP, TZVP und QZVP.

Abbildung 22: Vergleich der UV-Spektren aus den Singlepointrechnungen mit BHLYP auf die mit BLYP optimierten Geometrien in cis-Stellung.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Da die Spektren unabhängig vom verwendeten Basissatz ähnliche Verschiebungen zeigen, wurde davon

ausgegangen, dass alle Basissätze zuverlässige Ergebnisse liefern. Die Berechnungen mit TZVP- und QZVP-

Basis erwiesen sich als sehr zeitaufwendig. Deshalb wurde für die näheren Untersuchungen des Moleküls auf

den DZP-Basissatz zurückgegriffen. Da das BHLYP- und das BLYP-Funktional die Übergänge

unterschiedlich charakterisieren, wurden die meisten nachfolgenden Berechnungen zum Vergleich mit beiden

Funktionalen durchgeführt.

5.2 Suche nach stabilen Gleichgewichtsstrukturen

Um die stabilen Gleichgewichtsstrukturen im Grundzustand zu finden, wurden das diol-, das diketo- und das

einfache keto-Isomer, bei dem das Proton 1 (vgl. Abbildung 24) bereits die Bisazomethinbindung

substituiert, jeweils in cis- und in trans-Stellung mit DFT/BHLYP/DZP frei optimiert. Dabei wurden für den

Grundzustand die in Abbildung 25 gezeigten Strukturen ermittelt.

28

Abbildung 23: Vergleich der UV-Spektren aus den Singlepointrechnungen mit BHLYP auf die mit BLYP optimierten Geometrien in trans-Stellung. Bemerkung: Die DZP-S1-Bande bei 324 nm überlagert mit der entsprechenden TZVP-Bande und ist nicht erkennbar.

Abbildung 24: Schema zur Benennung der Protonen von 2.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Das cis-keto-, das trans-keto und das trans-diol-Isomer behielten die planare Ausgangsstruktur bei. Die

Optimierungen der cis-diketo- und der trans-diketo-Ausgangsstruktur lieferten gewinkelte

Gleichgewichtsstrukturen mit einem CNNC-Torsionswinkel von 117° bzw. -117°. Dies ist auf die Abstoßung

der freien Elektronenpaare der Stickstoffatome zurückzuführen, deren Optimierung eine leichte

Pyramidalisierung ergab. Die Optimierung der cis-diol-Struktur lieferte ebenfalls eine gewinkelte

Gleichgewichtsstruktur mit einem CNNC-Torsionswinkel von 66°, die sich durch die sterische

Wechselwirkung der OH-Gruppen erklären lässt.

Auch im ersten angeregten Zustand wurden die Isomere der Verbindung mit TDDFT/BHLYP/DZP frei

optimiert. Alle Isomere behielten im Gegensatz zum Grundzustand die planare Ausgangsstruktur bei. Das

liegt daran, dass der Doppelbindungscharakter der N-N-Bindung im S1-Zustand stärker ist als in S0, was die

planare Struktur begünstigt.

29

Abbildung 25: Stabile Strukturen des Derivats 1 aus den Geometrieoptimierung im Grundzustand mit DFT/BHLYP/DZP. Die Beschriftung bezeichnet die Ausgangsstrukturen der Geometrieoptimierungen.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Ebenfalls im S1-Zustand wurden die diol- und die keto-Form des Moleküls in cis- und trans-Stellung mit

TDDFT/BLYP/DZP frei optimiert. Beide diol-Isomere behielten hier die planare Ausgangsstruktur bei. Die

Optimierungen der keto-Isomere lieferten gewinkelte Strukturen mit Torsionswinkeln von jeweils 90°.

Hierbei handelt es sich um energetisch unterschätzte CT-Zustände. Aufgrund der artifiziellen Energieminima

wurden bei den weiteren Berechnungen an 2 weiterhin beide Funktionale verwendet.

5.3 Rotation um die CNNC-Bindung im Grundzustand

Zur Berechnung der Potentialkurve entlang der CNNC-Rotationskoordinate des keto-Isomers im

Grundzustand wurde das BHLYP-Funktional gewählt (vgl. Abbildung 26). Dabei wurde die stabilste

Struktur in trans-Stellung gefunden. Beim Torsionswinkel von 30° befindet sich ein lokales Minimum, dass

sich nur durch die sterischen Wechselwirkungen der cis-ständigen Wasserstoffatome der

Bisazomethinbindung erklären lässt. Das globale Maximum der Kurve liegt bei 100°. Die Rotationsbarriere

für eine Isomerisierung zur planaren trans-Struktur beträgt lediglich 0,07 eV. Bei einer freien Optimierung

der planaren cis-Struktur mit DFT/BHLYP/DZP (vgl. Abschnitt 5.2) wurde diese ebenfalls als stabile

Struktur charakterisiert, die aber eine höhere Energie aufweist als das 30°-Isomer. Es ist somit eine

Gleichgewichtsverteilung zwischen dem 30°- und dem trans-Isomer zu erwarten. Der erlaubte Übergang in

den ersten angeregten Zustand in trans-Stellung findet bei 304 nm statt, während das Molekül bei 30° bei

316 nm absorbiert.

30

Abbildung 26: Potentialkurve entlang der CNNC-Reaktionskoordinate im Grundzustand und den ersten fünf angeregten Zuständen. Geometrieoptimierung im Grundzustand mit DFT/BHLYP/DZP.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Das Maximum des angeregten Zustandes befindet sich bei 90°. Das cis-Isomer ist hier etwas stabiler als das

trans-Isomer. Die Rotationsbarriere beträgt 0,55 eV. Dies entspricht in etwa den Ergebnissen der

Berechnungen an 2 (vgl. Abschnitt 4.2).

5.4 Rotation um die CNNC-Bindung im ersten angeregten Zustand

Um die Aussagen über die Isomerisierung im S1-Zustand zu vertiefen, wurden die Geometrien entlang der

CNNC-Koordinate im ersten angeregten Zustand zunächst mit TDDFT/BLYP/DZP optimiert (Abbildung

29). Die Berechnung einer vollständigen Potentialkurve erwies sich jedoch als äußerst kompliziert, da sie

entlang der Rotationskoordinate in mindestens eine konische Durchschneidung läuft. Entlang der

Rotationskoordinate findet im Bereich von 20° bis 40° ein zweiter Protonentransfer auf die

Bisazomethinbindung statt. In diesem Bereich liegt das Molekül als diketo-Isomer vor. Dies führt beim

Übergang von 10° nach 20° zu einem sprunghaften Energiegewinn von 0,21 eV. Im Grundzustand steigt die

Energie in diesem Bereich um 1,42 eV. Ein weiterer Einbruch der Energien im Grundzustand ist im Bereich

von 80° bis 100° zu erkennen. Die Energie fällt hier sprunghaft um 1.22 eV ab.

Um das Verhalten entlang der reinen Rotationskoordinate zu zeigen, wurden die kritischen Punkte grafisch

interpoliert (Abbildung 28). Es handelt sich dabei nicht mehr um einen minimalen Energiepfad. Im S1-

Zustand ist wieder ein artifizielles Minimum bei 70° zu erkennen, das auf einen CT-Zustand zurückzuführen

ist. Im Grundzustand ist ein ähnliches Verhalten zu erkennen, wie bei der Grundzustandsoptimierung mit

31

Abbildung 27: Potentialkurve entlang der CNNC-Reaktionskoordinate im Grundzustand und den ersten fünf angeregten Zuständen. Geometrieoptimierung im ersten angeregten Zustand mit TDDFT/BLYP/DZP.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

TDDFT/BHLYP/DZP. Allerdings befindet sich hier kein lokales Minimum bei 30°. Das trans-Isomer ist

wieder günstiger als das cis-Isomer; zwischen beiden liegt eine Rotationsbarriere von 0,95 eV vor. Das

Maximum liegt hier bei 50°.

32

Abbildung 28: Potentialkurve entlang der CNNC-Reaktionskoordinate im Grundzustand und den ersten fünf angeregten Zuständen. Geometrieoptimierung im ersten angeregten Zustand mit TDDFT/BLYP/DZP. Die Punkte zwischen 10° und 50° und zwischen 70° und 110° wurden grafisch interpoliert.

Abbildung 29: Potentialkurve entlang der CNNC-Reaktionskoordinate im Grundzustand und den ersten fünf angeregten Zuständen. Geometrieoptimierung im ersten angeregten Zustand mit TDDFT/BHLYP/DZP.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Die Potentialkurve wurde ebenfalls mit TDDFT/BHLYP/DZP berechnet (Abbildung 29). Sie läuft hier

offensichtlich in mehrere konische Durchschneidungen. Die methylierten Kohlenstoffe sind pyramidalisiert,

so dass die Methylgruppen leicht aus der Ebene hervorstehen. Auch der OH-substituierte Kohlenstoff wird

pyramidalisiert. Aufgrund der konischen Durchschneidungen konvergierten die Rechnungen in den

Bereichen von 30° bis 60° und von 120° bis 160° nicht. Im S0-Potential besteht ein Energieanstieg von

2,41 eV zwischen der optimierten Struktur bei 20° und der bei 70°, im S1 Potential sinkt die entsprechende

Energie um 0,44 eV, was ein deutliches Zeichen dafür ist, dass es sich um konische Durchschneidungen

mehrerer Normalmoden handelt, da die Optimierung kein Energieminimum finden konnte.

Um ein besseres Bild der Rotation zu erhalten, wurden die Energien der Strukturen von 30° bis 160° mit

Singlepointrechnungen bestimmt (Abbildung 30). Die S1-Potentialkurve entspricht hier eher den erwarteten

Ergebnissen. Die cis-Struktur ist mit einem Energieunterschied von 0,04 eV etwas günstiger als die trans-

Struktur. Zwischen den beiden Isomeren befindet sich eine Rotationsbarriere von 0,49 eV. Die Fluoreszenz in

den Grundzustand aus der cis-Konformation ist bei 382 nm zu erwarten, die aus der trans-Konformation bei

349 nm

Zusätzlich wurden die angeregten Zustände der S1-optimierten BHLYP-Geometrien mit

Singlepointrechnungen mit ADC 2S (Abbildung 31) und ADC 2X (Abbildung 32) berechnet. Die

zugehörigen Grundzustandsenergien wurden mit MP2 berechnet. Der Grundzustand der MP2-

Singlepointrechnungen verhält sich ähnlich zu dem der Grundzustandsoptimierungen mit BHLYP

(Abbildung 26). Bei 30° befindet sich ein lokales Minimum, das aber eine wesentlich höhere

33

Abbildung 30: Singlepointrechnungen mit TDDFT/BHLYP/DZP entlang der CNNC-Rotationskoordinate ausgehend von den optimierten S1-Strukturen bei 20° und 170°.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Rotationsbarriere (0.34 eV) zur trans-Struktur aufweist, die um 0.22 eV stabiler ist. Im ersten angeregten

Zustand befindet sich bei 30° ebenfalls ein lokales Minimum mit einer cis-trans-Rotationsbarriere von

0,42 eV. Die trans-Struktur ist hier um 0,03 eV stabiler als die Gleichgewichtsstruktur bei 30°.

34

Abbildung 32: Singlepointrechnungen auf die mit TDDFT/BHLYP/DZP optimierten S1-Geometrien entlang der CNNC-Rotationskoordinate mit ADC 2X. Die Grundzustandsenergien wurden mit MP2 berechnet.

Abbildung 31: Singlepointrechnungen auf die mit TDDFT/BHLYP/DZP optimierten S1-Geometrien entlang der CNNC-Rotationskoordinate mit ADC 2S. Die Grundzustandsenergien wurden mit MP2 berechnet.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Der erste angeregte Zustand, dessen Energie mit ADC 2X berechnet wurde, hat ebenfalls ein lokales

Minimum bei 30°. Das globale Minimum liegt hier bei 180° und ist um 0,03 eV günstiger als das lokale bei

30°. Das Maximum liegt bei 100°. Die cis-trans-Rotationsbarriere beträgt 0,42 eV. Die Absorption in den

ersten angeregten Zustand ist in 30°-Stellung bei 519 nm zu erwarten und in trans-Stellung bei 480 nm. Dies

ist ein deutlicher Unterschied zu allen bisherigen Berechnungen an 1 und 2: Das Molekül absorbiert hier im

sichtbaren Bereich. Aufgrund der Rotationsbarriere ist nach der optischen Anregung in den S1-Zustand aus

den beiden Gleichgewichtsstrukturen keine Isomerisierung entlang der CNNC-Koordinate zu erwarten. Der

S3-Zustand wird bei den planaren Strukturen bei 0° und bei 180° als Doppelanregung identifiziert. Der

Doppelanregungscharakter nimmt jedoch mit zunehmender Drehung um die CNNC-Bindung ab. Bei der

90°- Struktur überwiegt der Einfachanregungscharakter. An diesem Punkt sind der S2 und der S3-Zustand

nahezu entartet. Die Form der Molekülorbitale ändert sich in diesem Bereich leicht, jedoch findet keine

Kreuzung der Zustände statt.

Bei den Berechnungen der Potentialkurve entlang der Rotationskoordinate mit ADC 2S (Abbildung 31)

wurden qualitativ die gleichen Minima und das gleiche Maximum im S1-Zustand gefunden. Die trans-

Struktur ist ebenfalls um 0.03 eV günstiger als die Struktur bei 30°. Die Barriere für eine cis-trans-

Isomerisierung beträgt hier jedoch nur 0,19 eV. Die Anregung des trans-Isomers in den S1-Zustand ist bei

379 nm zu erwarten, die des Isomers bei 30° bei 402 nm.

Qualitativ geben ADC 2S und ADC 2X das gleiche Verhalten der angeregten Zustände wieder. Nur die S3-

und S4-Zustände zeigen leichte Unterschiede, da diese einen starken Doppelanregungscharakter besitzen, der

durch ADC 2X besser beschrieben wird. Auch die Potentialkurven der mit TDDFT/BHLYP/DZP

berechneten angeregten Zustände zeigen kaum Unterschiede zu den mit ADC berechneten Potentialkurven.

Diese Studie zeigt, dass die mittels TDDFT getroffenen Schlussfolgerungen im Großen und Ganzen richtig

sind, da der S1-Zustand keinen Doppelanregungscharakter besitzt und somit durch TDDFT gut beschrieben

werden kann.

5.5 Intramolekularer Protonentransfer im angeregten Zustand

Weiterhin sollte die Übertragung der Protonen auf die Bisazomethinbindung im S1-Zustand untersucht

werden. Als Ausgangspunkt für die Berechnungen wurde das diol-Isomer gewählt, und zunächst die

Übertragung beider OH-Protonen getrennt betrachtet. Anschließend wurde der Übergang vom keto- zum

diketo-Isomer untersucht. Dabei wurde davon ausgegangen, dass das Proton 1 (vgl. Abbildung 24) bereits

auf die Bisazomethinbindung übertragen wurde. Den Grund dafür lieferte die zweifach protonierte Struktur,

die bei den Untersuchungen der Potentialkurve entlang der CNNC-Rotationskoordinate gefunden wurde

(vgl. Abschnitt 5.4). Vorweg ist anzumerken, dass viele der Rechnungen aufgrund der konischen

Durchschneidungen nicht konvergierten. Daher wurden die fehlenden Energien mit Singlepointrechnungen

35

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

bestimmt.

Für die Übertragung des ersten Protons im S1-Zustand, die mit TDDFT/BHLYP/DZP untersucht wurde, gibt

es zwei Minima (Abbildung 33). Ein lokales Minimum befindet sich bei 1.0 Å. Das globale Minimum, das

um 0.02 eV günstiger ist, ist bei 1.4 Å zu finden. Die Barriere zwischen den beiden Minima beträgt 0.18 eV,

das lokale Maximum befindet sich bei 1,25 Å.

Anders verhält sich die S1-Potentialkurve der BLYP-Optimierungen (Abbildung 34). Diese weist zwar

ebenfalls zwei Minima auf, jedoch liegt das globale Minimum hier bei 1.0 Å und somit auf der Seite des

diol-Isomers. Das lokale Minimum bei 1,45 Å ist mit einem Energieunterschied von 0,42 eV wesentlich

ungünstiger. Die Barriere zur Übertragung des OH-Protons beträgt hier 0,44 eV. Das Gleichgewicht ist somit

stark auf die Seite des diol-Isomers verschoben. Da der S1-Zustand keine nennenswerte Oszillatorstärke

aufweist, handelt es sich möglicherweise um einen falsch berechneten Zustand. Erst der S2-Zustand ist

erlaubt und zeigt einen deutlichen Energiegewinn bei der Übertragung des Protons auf die

Bisazomethinbindung.

36

Abbildung 33: Potentialkurve entlang der Koordinate des Übergangs von der diol- zur keto-Form bei Übertragung von Proton 1 im Grundzustand und den ersten fünf angeregten Zuständen. Geometrieoptimierung im ersten angeregten Zustand mit TDDFT/BHLYP/DZP. Ab einer Bindungslänge von 1,40 Å wurden die Energien mit Singlepointrechnungen ermittelt.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

37

Abbildung 34: Potentialkurve entlang der Koordinate des Übergangs von der diol- zur keto-Form bei Übertragung von Proton 1 im Grundzustand und den ersten fünf angeregten Zuständen. Geometrieoptimierung im ersten angeregten Zustand mit TDDFT/BLYP/DZP. Ab einer Bindungslänge von 1,40 Å wurden die Energien mit Singlepointrechnungen ermittelt.

Abbildung 35: Potentialkurve entlang der Koordinate des Übergangs von der diol- zur keto-Form bei Übertragung von Proton 2 im Grundzustand und den ersten fünf angeregten Zuständen. Geometrieoptimierung im ersten angeregten Zustand mit TDDFT/BHLYP/DZP. Die Energien bei 0,95 Å, 1,0 Å und 1,6 Å wurden mit Singlepointrechnungen bestimmt.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Die BHLYP-Potentialkurve zur Übertragung des Protons 2 im S1-Zustand (Abbildung 35) besitzt ein

globales Minimum bei 1,55 Å, dass um 0,18 eV günstiger ist als das lokale Minimum bei 1,0 Å. Das

Maximum befindet sich bei 1,15 Å. Die Barriere für den Protonentransfer ist mit 0,05 eV relativ klein, so

dass eine Gleichgewichtsverteilung zu erwarten ist, die stark in die Richtung des keto-Isomers verschoben

ist.

Die mit BLYP-optimierte Potentialkurve (Abbildung 36) weist im ersten angeregten Zustand bei 1,25 Å

einen plötzlichen Energieabfall von 0.78 eV auf. An dieser Stelle wurde eine Gleichgewichtsstruktur mit

einem CNNC-Torsionswinkel von 87° gefunden, während bei 1,20 Å eine planare Struktur vorliegt. Die

gewinkelte Struktur bei 1,25 Å besitzt einen starken CT-Charakter. Die erste Anregungsenergie von 1,19 eV

(bei 1,0 Å) ist im Vergleich zur Berechnung mit dem BHLYP-Funktional (3,05 eV) viel zu niedrig, was

ebenfalls für einen falsch charakterisieren Zustand spricht. Außerdem weist der S1-Zustand keine

nennenswerte Oszillatorstärke auf. Bei 1,0 Å ist ein Minimum, dass in etwa dem der BHLYP-Optimierungen

entspricht. Die Kurve fällt ab 1,25 Å kontinuierlich ab, da es sich aber um einen artifiziellen Zustand handelt,

kann man keine Aussage darüber treffen, ob der Protonentransfer tatsächlich stattfindet. Der S2-Zustand

hingegen ist erlaubt und zeigt einen deutlichen Energiegewinn mit zunehmendem OH-Abstand. Vermutlich

handelt es sich hierbei um den tatsächlichen S1-Zustand.

38

Abbildung 36: Potentialkurve entlang der Koordinate des Übergangs von der diol- zur keto-Form bei Übertragung von Proton 2 im Grundzustand und den ersten fünf angeregten Zuständen. Geometrieoptimierung im ersten angeregten Zustand mit TDDFT/BLYP/DZP. Die Rechnung bei 1,55 Å ist nicht konvergiert, daher wurde der Punkt interpoliert.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Beim Vergleich der mit TDDFT/BHLYP/DZP berechneten Potentiale zur Übertragung der Protonen 1 und 2

zeigt sich, dass die Übertragung des zweiten Protons günstiger ist als die des ersten. Zum Einen weist die

Potentialkurve für den Transfer von Proton 2 eine geringere Barriere und einen größeren Energiegewinn auf,

zum Anderen ist die keto-Form um 0,19 eV stabiler. Ein sicherer Vergleich der BLYP-Potentialkurven lässt

sich aufgrund der gefundenen CT-Artefakte nicht machen. Wenn die erste Anregung tatsächlich in den hier

gefundenen S2-Zustand erfolgt, ist von einem Transfer der Protonen 1 und 2 auszugehen. Dies müsste jedoch

auf höheren theoretischen Niveaus untersucht werden. Im Rahmen dieser Arbeit war dies jedoch aus

Zeitgründen nicht möglich.

Anschließend wurde der Übergang vom keto- zum diketo-Isomer untersucht. Dabei wurde von der Struktur

ausgegangen, bei der das Proton 1 bereits auf die Bisazomethinbindung übertragen wurde. Die S1-

Potentialkurve der BHLYP-Optimierungen (Abbildung 37) weist hier zwei Minima auf. Das globale

Minimum bei 1.0 Å ist um 0,18 eV günstiger als das lokale bei 1.55 Å. Die Barriere zur

Protonenübertragung beträgt 0.26 eV, es ist also nicht zu erwarten, dass das Molekül aus der keto- in die

diketo-Form übergeht.

Die Optimierungen mit BLYP (Abbildung 38) zeigen S1- und S2-Zustände, die mit Anregungsenergien von

0,09 eV und 1,40 eV (bei 1.0 Å) viel zu niedrig liegen. Beide Zustände zeigen keine Oszillatorstärken, was

auch für den S3-Zustand gilt. Erst der S4-Zustand ist optisch erlaubt. Auch hier müssten die angeregten

Zustände mit höheren theoretischen Niveaus untersucht werden, um sichere Aussagen über das Verhalten des

39

Abbildung 37: Potentialkurve entlang der Koordinate des Übergangs der keto- zur diketo-Form im Grundzustand und den ersten fünf angeregten Zuständen. Dabei wurde davon ausgegangen, dass Proton 1 bereits auf die Bisazomethinbindung übertragen wurde. Geometrieoptimierung im ersten angeregten Zustand mit TDDFT/BHLYP/DZP.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Moleküls treffen zu können.

Da der diol-keto-Übergang des Protons 2 energetisch günstiger ist als der des Protons 1, wäre es sinnvoll, bei

zukünftigen Untersuchungen auch die Potentialkurven für den keto-diketo-Transfer des Protons 1 zu

untersuchen.

40

Abbildung 38: Potentialkurve entlang der Koordinate des Übergangs der keto- zur diketo-Form im Grundzustand und den ersten fünf angeregten Zuständen. Dabei wurde davon ausgegangen, dass Proton 1 bereits auf die Bisazomethinbindung übertragen wurde. Geometrieoptimierung im ersten angeregten Zustand mit TDDFT/BLYP/DZP.

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

6. Zusammenfassung und Ausblick

Die Berechnungen entlang der Rotationskoordinate am Molekül 1 (Abschnitt 4.2) zeigen im Grundzustand

eine stabile Geometrie in trans-Stellung. Im ersten angeregten Zustand wurden sowohl für das cis- als auch

das trans-Isomer stabile Gleichgewichtsstrukturen gefunden, wobei die trans-Konfiguration die energetisch

günstigere ist. Bei den Berechnungen der angeregten Zustände mit TDDFT/BLYP/DZP wurden artifizielle

Energieminima für die gewinkelten Strukturen gefunden, die auf die kategorische Unterschätzung von CT-

Zuständen durch reine GGA-Funktionale zurückzuführen ist. Die artifiziellen Minima konnten jedoch durch

den Vergleich mit TDDFT/BHLYP/DZP eindeutig identifiziert werden. Absorption und Fluoreszenz des

Moleküls finden im UV-Bereich statt.

Weiterhin ist davon auszugehen, dass im angeregten Zustand ein intramolekularer Protonentransfer

(Abschnitt 4.3) stattfindet, wobei anhand der Berechnungen mit TDDFT/BHLYP/DZP von einer

Gleichgewichtsverteilung zwischen der diol- und der keto-Form auszugehen ist.

Die Untersuchung der Rotation um den CNNC-Torsionswinkel des Moleküls 2 lieferte im Grundzustand

(Abschnitt 5.3) Energieminima in cis- und trans-Stellung mit einer hohen Rotationsbarriere. Auch hier ist

das trans-Isomer das energetisch günstigere. Für die Rotation im ersten angeregten Zustand (Abschnitt 5.4)

wurden ebenfalls Minima in cis- und trans-Stellung gefunden. Auch hier treten CT-Artefakte bei den

Untersuchungen mit dem BLYP-Funktional auf, die aber durch den Vergleich mit TDDFT/BHLYP/DZP

bereinigt werden konnten.

Über den Protonentransfer im S1-Zustand (Abschnitt 5.5) lassen sich nur anhand der Untersuchungen mit

TDDFT/BHLYP/DZP klare Aussagen treffen, da die mit BLYP-Funktionalen berechneten Potentialkurven

für die ersten angeregten Zustände nicht korrekt beschrieben wurden. Die mit BHLYP berechneten

Potentialkurven zeigen, dass die Übertragung des Protons 2 auf die Bisazomethinbindung etwas günstiger ist

als die des Protons 1. Der Übergang in die diketo-Form ist nicht zu erwarten, da das keto-Isomer günstigere

Energien aufweist.

Die Untersuchungen an den Molekülen 1 und 2 zeigen, dass sich reine GGA Funktionale nicht zur

Beschreibung von Bisazomethinfarbstoffen eignen, da hier entlang der CNNC-Reaktionskoordinate CT-

Zustände auftreten, die nicht korrekt beschrieben werden können. Die Verwendung von Hybridfunktionalen

hingegen liefert zuverlässige Ergebnisse, die die angeregten Zustände ausreichend gut beschreiben. Das zeigt

sich beim Vergleich zu den Studien an P.Y.101, bei dem die gleichen Probleme durch die Verwendung von

GGA-Funktionalen auftreten. Die Berechnungen mit ADC bestätigen die korrekte Beschreibung durch das

Hybridfunktional BHLYP.

41

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

Für weiterführende Studien an Bisazomethinfarbstoffen auf dem TDDFT-Niveau sollten ausschließlich

Hybridfunktionale verwendet werden. Dies können zum Einen weitere Untersuchungen des

Protonentransfers im angeregten Zustand sein, bei dem zuerst das Proton 2 und anschließend Proton 1

übertragen wird. Außerdem sollte untersucht werden, inwiefern sich die Substitution an den Strukturen 1 und

2 durch verschiedene funktionelle Gruppen auf die Eigenschaften der angeregten Zustände auswirken. Da es

eine große Anzahl an Bisazomethinfarbstoffen gibt, sind auch für diese genauere Studien von großem

Interesse.

42

Michael Schönnenbeck 02.03.09 Bachelorarbeit

7. Literaturverzeichnis

1: A. Dreuw; J. Plötner; L. Lorenz; J. Wachtveitl; J. E. Djanhan; J. Brüning; T. Metz; M. Bolte; M. U.

Schmidt, Angew. Chem., 2005,44, 7783-7786

2: J. Plötner; A. Dreuw, Phys. Chem. Chem. Phys., 2006,8, 1197-1204

3: L. Lorenz; J. Plötner; V. V. Matylitsky; A. Dreuw; J. Wachtveitl, J. Phys. Chem. A, 2007,111, 10891-10898

4: J. Plötner; A. Dreuw, Chem. Phys., 2008,347, 472-482

5: G. Wedler, Lehrbuch der Physikalischen Chemie, 5. Auflage,Wiley-VCH, 2004

6: P. Atkins; R. Friedman, Molecular Quantum Mechanics, 1. Auflage,Oxford, 2005

7: P. Atkins; J. Paula, Physikalische Chemie, 4. Auflage,Wiley-VCH, 2005

8: J. Franck, Trans. Faraday Soc., 1926,21, 536-542

9: E. Condon, Phys. Rev., 1928,32, 858-872

10: A. L. Sobolewski; W. Domcke; C. Dedonder-Lardeux; C. Jouvet, Phys. Chem. Chem. Phys., 2002,4,

1093-1100

11: A. Kusar; H. Nagano; T. Ogata; T. Nonaka; S. Kurihara, Angew. Chem., 2009,48, in Print

12: E. Shrödinger, Phys. Rev., 1926,28, 1049-1070

13: M. Born; J. R. Oppenheimer, Ann. Phys, 1927,38, 457-484

14: A. Szabo; N. S. Ostlund, Modern Quantum Chemistry, 1. Auflage,Dover, 1996

15: T. Koopmans, Physica, 1934,1, 104-113

16: C. C. J. Roothaan, Rev. Mod. Phys, 1951,23, 69

17: C. Møller; M. S. Plesset, Phys. Rev., 1934,46, 618-622

18: P. Hohenberg; W. Kohn, Phys. Rev. B, 1964,136, 864-871

19: W. Kohn; L. J. Sham, Phys. Rev. A, 1965,140, 1133

20: W. Koch; M.C. Holthausen, A Chemist's Guide to Density Functional Theory, 2. Auflage,Wiley-VCH,

2002

21: A. Dreuw; M. Head-Gordon, Chem. Rev., 2005,105, 4009-4037

22: E. Runge; E. K. U. Gross, Phys. Rev. Lett., 1984,52, 997-1000

43