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Einführung in das Recht des Verkehrs mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen Seite 1 Einführung in das Recht des Verkehrs mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen 0 / 0 . 0 . 0 . 0 . 0 . 0 I. Sogenannte „Suchtmittel“ werden von der Menschheit seit dem Altertum im Rah- men kultischer Handlungen, zu therapeutischen Zwecken, aber auch missbräuchlich verwendet. Ihr Gebrauch vollzog sich jedoch weitgehend innerhalb der Regeln der je- weiligen Gesellschaft. Missbrauch in größerem Umfang, in diesem Zusammenhang insbesondere des Opiums und der Cocablätter sowie ihrer Wirkstoffe, entwickelte sich seit dem 16. Jahrhundert. Das Kauen der Cocablätter als Genussmittel weitete sich infolge der spanischen Er- oberungen großer Teile Südamerikas (1531–1533) aus. Cocaextrakt-Zubereitungen in der Mitte des vorigen Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten als Arzneimittel in den Verkehr gebracht (Mariani 1863 u. a. „Vin Mariani“; Pemberton 1886 „Coca Cola“) führten dort wie in Europa zu Fehlgebrauch und schließlich zu missbräuchlicher Ver- wendung auch des Cocains. Der Gebrauch des Opiums, zunächst zu medizinischen Zwecken, gelangte mit der Ausbreitung des Islam über Persien und Indien auch nach China. Der Beginn des Opi- umrauchens und dessen Ausweitung auf das chinesische Festland, ebenfalls vorerst zur therapeutischen Anwendung, u. a. Opium-Rauch-Inhalationen bei Magenbe- schwerden, wird mit dem Erscheinen der kolonisierenden Holländer auf Formosa in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Verbindung gebracht. Die Opiumfrage wurde offenbar, als die europäischen Mächte zunehmend dazu übergingen, sich in Süd- und Ostasien kolonialen Wirtschaftsraum zu erobern und die Amerikaner sich dort ebenfalls wirtschaftlich engagierten. Drastische Maßnahmen der kaiserlich-chinesischen Regierung gegen die ausländischen Händler führten zu den Opiumkriegen (1840–1842 und 1856–1858), als deren Ergebnis das Chinesische Reich gezwungen wurde, den Opiumhandel zu legalisieren. Der Anbau des Schlaf- mohns, der Handel mit und der Missbrauch von Opium nahmen daraufhin erheblich zu. Erst vom Jahre 1906 an wurden der legale Anbau eingeschränkt und die Einfuhr gedrosselt. Zu der seit dem 17. Jahrhundert auch in Europa über den therapeutischen Gebrauch hinausgehenden Verwendung des Opiums und seiner Zubereitungen (u. a. Seydenham 1624–1689, Jones 1645–1709, von Haller 1708–1777) trat schließlich der leichtgläu- bige Einsatz der aus dem Opium isolierten Alkaloide (Morphin, Sertürner 1805; Co- dein, Robiquet 1832 u. a.), dem 1860 gewonnenen Cocain (Niemann) und verschie- denen halbsynthetischen Morphin-Derivaten (Heroin, Wright 1874; Ethylmorphin, Grimeaux 1881 u. a.).

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Einführung in das Recht des Verkehrs mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen

Seite 1

Einführung in das Recht des Verkehrs mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen 0/0.0.0.0.0.0

I.

Sogenannte „Suchtmittel“ werden von der Menschheit seit dem Altertum im Rah-men kultischer Handlungen, zu therapeutischen Zwecken, aber auch missbräuchlichverwendet. Ihr Gebrauch vollzog sich jedoch weitgehend innerhalb der Regeln der je-weiligen Gesellschaft.

Missbrauch in größerem Umfang, in diesem Zusammenhang insbesondere desOpiums und der Cocablätter sowie ihrer Wirkstoffe, entwickelte sich seit dem16. Jahrhundert.

Das Kauen der Cocablätter als Genussmittel weitete sich infolge der spanischen Er-oberungen großer Teile Südamerikas (1531–1533) aus. Cocaextrakt-Zubereitungen inder Mitte des vorigen Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten als Arzneimittel in denVerkehr gebracht (Mariani 1863 u. a. „Vin Mariani“; Pemberton 1886 „Coca Cola“)führten dort wie in Europa zu Fehlgebrauch und schließlich zu missbräuchlicher Ver-wendung auch des Cocains.

Der Gebrauch des Opiums, zunächst zu medizinischen Zwecken, gelangte mit derAusbreitung des Islam über Persien und Indien auch nach China. Der Beginn des Opi-umrauchens und dessen Ausweitung auf das chinesische Festland, ebenfalls vorerstzur therapeutischen Anwendung, u. a. Opium-Rauch-Inhalationen bei Magenbe-schwerden, wird mit dem Erscheinen der kolonisierenden Holländer auf Formosa inder ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Verbindung gebracht.

Die Opiumfrage wurde offenbar, als die europäischen Mächte zunehmend dazuübergingen, sich in Süd- und Ostasien kolonialen Wirtschaftsraum zu erobern und dieAmerikaner sich dort ebenfalls wirtschaftlich engagierten. Drastische Maßnahmender kaiserlich-chinesischen Regierung gegen die ausländischen Händler führten zuden Opiumkriegen (1840–1842 und 1856–1858), als deren Ergebnis das ChinesischeReich gezwungen wurde, den Opiumhandel zu legalisieren. Der Anbau des Schlaf-mohns, der Handel mit und der Missbrauch von Opium nahmen daraufhin erheblichzu. Erst vom Jahre 1906 an wurden der legale Anbau eingeschränkt und die Einfuhrgedrosselt.

Zu der seit dem 17. Jahrhundert auch in Europa über den therapeutischen Gebrauchhinausgehenden Verwendung des Opiums und seiner Zubereitungen (u. a. Seydenham1624–1689, Jones 1645–1709, von Haller 1708–1777) trat schließlich der leichtgläu-bige Einsatz der aus dem Opium isolierten Alkaloide (Morphin, Sertürner 1805; Co-dein, Robiquet 1832 u. a.), dem 1860 gewonnenen Cocain (Niemann) und verschie-denen halbsynthetischen Morphin-Derivaten (Heroin, Wright 1874; Ethylmorphin,Grimeaux 1881 u. a.).

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Mit der im Jahre 1898 erfolgten Übernahme der Philippinen waren auch die Ame-rikaner mit dem auf dieser Inselgruppe gleichfalls verbreiteten Opiummissbrauch inBerührung gekommen, der den dort eingesetzten Missions-Bischof C. H. Brent 1906veranlasste, eine internationale Aktion zu dessen Eindämmung zu fordern. Diese An-regung wurde von der amerikanischen Regierung weiterverfolgt. Hinzu kamen die Er-fahrungen, die sich vor allem aus dem unkritischen Gebrauch des Morphins, insbe-sondere nach der Entwicklung der subkutanen Anwendung durch Pravaz (1853) undWood (1855) während verschiedener Kriege – des Krimkrieges (1854–1856), desamerikanischen Sezessionskrieges (1861–1865), des deutsch-französischen Krieges(1870) u. a. – ergeben hatten, sowie die Probleme, die aus der Interessenlage der dievorgenannten Alkaloide und deren Derivate herstellenden und exportierenden Länderresultierten.

Die noch im gleichen Jahr von der amerikanischen Regierung aufgenommenenKontakte zu Großbritannien und weiteren Ländern führten im Jahre 1909 zur ersteninternationalen Opiumkonferenz in Schanghai, auf der dreizehn überwiegend euro-päische Staaten, u. a. das Deutsche Reich, vertreten waren. Deren Delegierte warenzum Abschluss eines Abkommens nicht befugt. Sie verabschiedeten jedoch Empfeh-lungen, die darauf abzielten, den Missbrauch des Opiums schrittweise zu unterdrü-cken, dessen Gebrauch auf medizinische Zwecke zu beschränken sowie eine Kon-trolle der Herstellung, des Verkaufs sowie der Einfuhr des Opiums, seiner Alkaloide,seiner Zubereitungen und Derivate einzurichten.1)

II.

Die Konferenz von Schanghai wurde damit Wegbereiter der ersten internationalenKonvention, dem

Opiumabkommen,unterzeichnet in Den Haag am 23. Januar 1912.2)

Neben der Festlegung von Begriffsbestimmungen für Rohopium, zubereitetesOpium, Opium für medizinische Zwecke, Morphin, Cocain und Heroin bezieht sichsein wesentlichster Inhalt auf Verpflichtungen der Vertragsmächte, für ihre Hoheitsge-biete gesetzliche Regelungen zur Überwachung des Verkehrs mit diesen Stoffen undZubereitungen zu erlassen, um damit Maßnahmen zur Verhinderung einer miss-bräuchlichen Verwendung zu treffen.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde die internationale Arbeit an einer welt-weiten Suchtstoffkontrolle im Rahmen des 1919 gegründeten Völkerbundes fortge-setzt. Nach Artikel 23 c seiner Satzung3) hatte er die Abmachungen, die den „Handel mitOpium und anderen schädlichen Mitteln“ betrafen, zu überwachen. Im Jahre 1920wurde eine Beratende Kommission eingesetzt, die sich mit den hiermit zusammenhän-genden Fragen befasste und auch Verträge vorbereitete, die das System der internationa-

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len Kontrolle festigen und ihren Ausbau fördern sollten. In der Folgezeit wurden auf die-sem Gebiet folgende Vereinbarungen und Abkommen abgeschlossen:

Vereinbarung über die Herstellung von,den Binnenhandel mit und die Verwendung von zubereitetem Opium,unterzeichnet in Genf am 11. Februar 19254)

Opiumabkommen,unterzeichnet in Genf am 19. Februar 19255)

Abkommen zur Beschränkung der Herstellung und zur Regelung der Vertei-lung der Betäubungsmittel,unterzeichnet in Genf am 13. Juli 19316)

Abkommen über die Kontrolle des Opiumrauchens im Fernen Osten,unterzeichnet in Bangkok am 27. November 19314)

Abkommen zur Unterdrückung des unerlaubten Handels mit Betäubungsmitteln,unterzeichnet in Genf am 26. Juni 1936.4)

Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es im Rahmen der nachstehenden Protokolle

Protokoll zur Änderung der die Betäubungsmittel betreffenden Vereinbarun-gen, Abkommen und Protokolle, die am 23. Januar 1912 in Den Haag, am11. Februar 1925, 19. Februar 1925 und 13. Juli 1931 in Genf, am 27. Novem-ber 1931 in Bangkok und am 26. Juni 1936 in Genf geschlossen wurden, un-terzeichnet in Lake Success, New York, am 11. Dezember 19467)8)9)10)Protokoll zur internationalen Überwachung von Stoffen, die von dem Abkom-men vom 13. Juli 1931 zur Beschränkung der Herstellung und zur Regelungder Verteilung der Betäubungsmittel, geändert durch das am 11. Dezember1946 in Lake Success unterzeichnete Protokoll nicht erfaßt werden,unterzeichnet in Paris am 19. November 19487)8)Protokoll über die Beschränkung und Regelung des Anbaues der Mohn-pflanze, der Erzeugung von Opium, des internationalen Handels und Groß-handels mit Opium und seiner Verwendung,unterzeichnet in New York am 23. Juni 1953,7)11)

zur Überführung und Erweiterung der Funktionen des Völkerbundes auf entspre-chende Einrichtungen der Vereinten Nationen.

In diesem Zusammenhang sind zu nennen:– Die Suchtstoffkommission (Commission on Narcotic Drugs – CND –),

eine der Fachkommissionen des Wirtschafts- und Sozialrates, in die jeweils 53Mitgliedstaaten gewählt werden. Zu ihren wichtigsten Aufgaben gehören die Fest-legung der Richtlinien der internationalen Drogenpolitik sowie die Entscheidungüber die Einbeziehung von Stoffen in eines der Abkommen mit verbindlicher Wir-kung für die Mitgliedstaaten, wenn festgestellt wird, dass

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– ein Missbrauch vorliegt oder ein Stoff eine ähnliche schädliche Wirkung wieein bereits unterstellter hervorrufen kann und diese Eigenschaft nicht durch er-hebliche therapeutische Vorzüge aufgehoben wird oder er in einen Suchtstoffverwandelt werden kann – Art. 3 ÜK 1961 –12)

– ein Stoff Abhängigkeit bewirken kann, zu Veränderungen des Zentralnervensy-stems, zu Halluzinationen oder Störungen der motorischen Funktionen, desDenkens u. a. führt oder einen ähnlichen Missbrauch oder ähnliche schädlicheWirkungen wie ein bereits erfasster Stoff verursachen kann und damit zu einemvolksgesundheitlichen und sozialen Problem wird – Art. 3 ÜK 1971 –13).

– Das internationale Suchtstoffkontrollamt (International Narcotics Control Board– INCB –), eine weitgehend unabhängige Kontrollbehörde der UN, die in Zusam-menarbeit mit den „Besonderen Verwaltungsdienststellen“ der Mitgliedstaaten dieEinhaltung der Abkommen zu überwachen hat. Sie wurde mit ihren Funktionen undStrukturen am 1. Januar 1991 in das Internationale Drogenkontrollprogramm derVereinten Nationen (UNDCP) integriert, besteht aber unter dem Namen weiter.

– Die Suchtstoffabteilung (Division of Narcotic Drugs – DND –), eine dem Gene-ralsekretär direkt unterstellte Einrichtung, die als Sekretariat der Suchtstoffkom-mission wie auch des Suchtstoffkontrollamtes tätig ist. Sie ist ferner ausführendebzw. koordinierende Dienststelle für Drogenprogramme. Die DND wurde mit ih-ren Funktionen und Strukturen am 1. Januar 1991 in das Internationale Drogen-kontrollprogramm der Vereinten Nationen integriert.

– Das Internationale Drogenkontrollprogramm (United Nations International Drug Control Programme – UNDCP –) wurde auf-grund der von der Generalversammlung am 21. Dezember 1990 beschlossenen Re-solution 45/179 etabliert. In ihm wurden mehrere Institutionen der Vereinten Na-tionen zusammengefasst, um Aktivitäten gegen den Missbrauch von Drogeneffektiver gestalten zu können.

– Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation – WHO –),eine Sonderorganisation, die durch ihre Arbeitsgruppen Working Group on Pro-gramme Planning (PPWG) und Expert Committee on Drug Dependence (ECDD)gutachtlich bei einer Änderung des Umfangs der der internationalen Kontrolle un-terworfenen Stoffe mitwirkt. Von dem letztgenannten Sachverständigenausschusswurden Drogenmissbrauch und Drogenabhängigkeit wie folgt definiert:

Drogenmissbrauch:Dauernder oder vereinzelter übermäßiger Drogengebrauch, der ohne Bezie-hung zu einer annehmbaren medizinischen Praxis erfolgt oder mit einer sol-chen unvereinbar ist.14)

Drogenabhängigkeit:Psychischer und zuweilen auch physischer Zustand, der sich aus der Wechsel-wirkung zwischen einem lebenden Organismus und einer Droge ergibt und

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sich äußert im Verhalten und in anderen Reaktionen, die stets den Zwang ein-schließen, die Droge dauernd oder in Abständen zu nehmen, um deren psychi-sche Wirkung zu erleben und das durch ihr Fehlen mitunter auftretende Unbe-hagen zu vermeiden. Toleranz kann, muss aber nicht vorliegen. Eine Personkann von mehr als einer Droge abhängig sein.14)Da nach der Art des Stoffes unterschiedliche pharmakodynamische Wirkun-gen auftreten, wird zwischen verschiedenen Abhängigkeitstypen differenziert.Die wichtigsten sind: Morphin-Typ, Cocain-Typ, Cannabis-Typ, Amphet-amin-Typ, HalluzinogenTyp und Barbiturat-Typ15).

Durch die zahlreichen vorgenannten Vereinbarungen wurde der Katalog der vonden Vertragspartnern auf internationaler und nationaler Ebene durchzuführendenMaßnahmen wie auch der Kreis der betroffenen Stoffe und Zubereitungen ständig er-weitert und schließlich im

Einheits-Übereinkommen über Suchtstoffe,unterzeichnet in New York am 30. März 196112)

zusammengefasst. Dieses ist inzwischen durch das

Protokoll zur Änderung des Einheits-Übereinkommens über Suchtstoffe,unterzeichnet in Genf am 25. März 197216)

geändert bzw. ergänzt worden.

Während sich diese Abkommen, Vereinbarungen, Übereinkommen oder Protokollenahezu ausschließlich auf Opium, dessen Alkaloide, die aus diesen entwickeltenStoffe der Dihydromorphin-, Morphinan-, Pethidin- und Methadon-Reihe, auf Cocainsowie Cannabis, Cannabisharz und deren Zubereitungen erstrecken, wurde mit dem

Übereinkommen über psychotrope Stoffe,unterzeichnet in New York am 21. Februar 197113)

die internationale Kontrolle auch auf Halluzinogene, Amphetamine und mit diesenverwandte Stoffe, Barbitursäure-Derivate und andere Psychopharmaka ausgedehnt.

Durch Beschlüsse der Suchtstoffkommission wurden in den nachfolgenden Jahrenzahlreiche weitere Stoffe diesen Übereinkommen unterstellt.

Die vorgenannten Übereinkommen enthielten jedoch keine völkerrechtlichen Rege-lungen, die es erlaubten, den organisierten Formen des illegalen Drogenverkehrs in-ternational wirksam begegnen zu können. Dieser Umstand war Anlass zum

Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen den unerlaubten Verkehr mitSuchtstoffen und psychotropen Stoffen, unterzeichnet in Wienam 20. Dezember 198859)

Hierdurch sollen u. a.– die Abzweigung von Chemikalien für die illegale Herstellung von Betäubungsmit-

teln verhindert

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– die Geldwäsche sowie die Abschöpfung der Gewinne aus Betäubungsmittelstrafta-ten strafbewehrt

– das Instrumentarium für die internationale Rechtshilfe in Strafsachen einschließ-lich der Auslieferung erweitert

werden.

III.

Im nationalen Bereich wurde vor dem Ersten Weltkrieg keine Notwendigkeit zu be-sonderen Beschränkungen des Handels mit Opium, Morphin, Heroin und Cocaingesehen, obwohl durch Arbeiten von Levinstein (1875)1) und Erlenmeyer (1887)1) die„Morphinsucht“ erkannt und beschrieben worden war.

Das Feilhalten und der Verkauf von Opium, Morphin, dessen Salzen, den anderenAlkaloiden des Opiums einschließlich des Codeins sowie ihren Zubereitungen zuHeilzwecken wurden erst durch

Verordnung, betreffend den Verkehr mit Apothekerwaarenvom 25. März 187217)

den Apotheken vorbehalten.

„Bestimmungen, unter welchen gewisse Medikamente nicht ohne ärztliche Verord-nung in den Apotheken verabreicht werden dürfen“, ergingen durch

Cirkularvom 3. Juni 187818)

und bezogen sich u. a. auf „Codeinum et ejus salia“, „Herba Cannabis Indicae“, „Mor-phinum et ejus salia“ sowie „Opium“.

Zum „innerlichen Gebrauche bestimmte Arzneien“, die „Opium oder dessen Präpa-rate, Codeinum, narkotische Extrakte oder narkotische Tinkturen“, „Morphinum unddessen Salze“ enthielten, durften darüber hinaus nur auf erneute schriftliche Anwei-sung eines Arztes angefertigt werden, wenn in ihnen die in Tabula A der Pharmaco-poea Germanica angegebene Einzeldosis überschritten war. Für zur Injektion be-stimmte Lösungen von Morphin und dessen Salzen wurde unabhängig vom Gehalt andiesen Stoffen jedesmal eine neue Verschreibung verlangt.

Die Einbeziehung von „Cocainum et ejus salia“ erfolgte im Rahmen der

Vorschriften, betreffend die Abgabe stark wirkender Arzneimittel, sowie dieBeschaffenheit und Bezeichnung der Arzneigläser und Standgefäße in denApothekenvom 4. Dezember 189119),

die von „Heroinum et ejus salia“ in Ergänzung der ebenso bezeichneten

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Vorschriftenvom 22. Juni 189620)

durch

Bekanntmachung, betr. die Abgabe stark wirkender Arzneimittelvom 24. November 189921).

Einengendere Regelungen erfolgten schließlich wegen der in den ersten Kriegsjah-ren aufgetretenen verstärkten missbräuchlichen Verwendung, insbesondere des Mor-phins, durch die

Verordnung, betreffend den Handel mit Opium und anderenBetäubungsmittelnvom 22. März 191722)und dieAusführungsanweisung zu dieser Verordnungvom 13. April 191723)

mit denen u. a. jeder einzelne Fall des Erwerbs von „Opium, Morphin und der übrigenOpiumalkaloide, Kokain und analog zusammengesetzten Ecgoninverbindungen sowie derVerbindungen und Zubereitungen dieser Stoffe“ – ausgenommen durch Apotheken, je-doch nur zu Heilzwecken –, von einem über die jeweilige Art und Menge ausgestellten„Erlaubnisschein“ der Landeszentralbehörde oder der von dieser bestimmten Behördeabhängig gemacht und die Nachweispflicht durch Lagerbuchführung eingeführt wurden.

Aus Bewirtschaftungsgründen wurden diese Vorschriften im Rahmen der

Verordnung über den Verkehr mit Opiumvom 15. Dezember 191824)

insoweit geändert, als die Erlaubnispflicht – wiederum mit Ausnahme der Apotheken– nur für den Handel sowie den Erwerb und die Veräußerung von „Opium, Morphinund deren Opiumalkaloide sowie die Verbindungen und Zubereitungen, die solcheenthalten oder daraus hergestellt sind“, vorgeschrieben wurde. Über diese Erlaubnishinaus war zusätzlich ein Bezugschein für jede Abgabe an eine Apotheke oder einwissenschaftliches Institut erforderlich, dessen Erteilung dem Vertrauensmann für dieOpiumverteilung bei der Kriegs-Chemikalien-AG unter der Aufsicht des Reichsamtesfür die wirtschaftliche Demobilmachung oblag. Für einige zunächst unterstellte Zube-reitungen wurde die Bezugscheinpflicht durch

Änderungsverordnungvom 20. August 191925)

wieder aufgehoben.

Diese Bestimmungen wurden durch die inhaltlich nahezu gleichlautende

Verordnung über den Verkehr mit Opium und anderen Betäubungsmittelnvom 20. Juli 192026)

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undAusführungsbestimmungenvom 25. September 192027)

unter erneuter Einbeziehung von „Kokain und analog zusammengesetzten Ecgoninverbin-dungen“, abgelöst. Gleichzeitig wurde dem Reichsgesundheitsamt die Aufsicht über dievorgenannte – nunmehr bei der Reichsarbeitsgemeinschaft Chemie angesiedelte –Opium(verteilungs)stelle wie auch die Berechtigung übertragen, von den Erlaubnisinhabern,darüber hinaus von den Herstellern und Einführern, Auskunft über die Art und Menge sowieden Aufbewahrungsort der erworbenen oder abgegebenen, hergestellten oder eingeführtenBetäubungsmittel zu verlangen. Ebenfalls musste ihm über die von dem Reichskommissarbei der Außenhandelsstelle Chemie bewilligten Einfuhren Mitteilung gemacht sowie Ein-sicht in geschäftliche Unterlagen und damit auch in das zu führende Lagerbuch gewährt wer-den.

Mit dem Gesetz über den Friedensschluss zwischen Deutschland und den alliiertenund assoziierten Mächten ratifizierte die verfassungsgebende Deutsche Nationalver-sammlung den Versailler Vertrag vom 26. Juni 1919 und war damit nach dessen Ar-tikel 2953) gehalten, das Opiumabkommen vom 23. Januar 1912 (Haager Abkom-men) in Kraft zu setzen und sobald wie möglich die zur Durchführung desAbkommens nötigen Gesetze zu erlassen.

Dies erfolgte im Rahmen des

Gesetzes zur Ausführung des internationalen Opiumabkommens vom23. Januar 1912vom 30. Dezember 192028)

dessen Vorschriften weitgehend denen der Verordnung vom 20. Juli 1920 entsprachen,darüber hinaus das Reichsgesundheitsamt mit der Aufsicht über die Ausfuhren betrau-ten sowie durch

Ausführungsbestimmungen vom 26. Februar 192129) und23. Dezember 1923.30)

Das Gesetz zur Abänderung des Opiumgesetzes

vom 21. März 1924,28)dieAusführungsbestimmungenvom 5. Juni 192431)

sowie weitere Durchführungsvorschriften32) übertrugen u. a. die Aufsicht über denVerkehr mit Betäubungsmitteln hinsichtlich der Herstellung und Verarbeitung, der Er-teilung von Ein- bzw. Ausfuhrgenehmigungen sowie von Erwerbsberechtigungen(Bezugscheinen) der mit Wirkung vom 1. Juli 1924 im Reichsgesundheitsamt einge-richteten Opiumabteilung (Opiumbüro und Opiumstelle), die somit diese Aufgabenvon der Außenhandelsstelle Chemie bzw. der Reichsarbeitsgemeinschaft Chemie

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übernahm. Mit Ausnahme der Befugnis, die Erlaubnisse zur Teilnahme am Betäu-bungsmittelverkehr zu erteilen, wurden hierdurch alle wesentlichen Überwachungs-aufgaben einschließlich der Exekutivfunktionen in einer Behörde zusammengefasst.Die Berechtigung zur Erlaubniserteilung erhielt diese erst im Rahmen des ZweitenGesetzes zur Änderung des Opiumgesetzes vom 9. Januar 1934.33)

Im Zusammenhang mit den Ausführungsbestimmungen vom 5. Juni 1924 wurdendie Apothekenleiter erstmals verpflichtet, Verschreibungen über Betäubungsmitteleinzubehalten bzw. von diesen Abschriften zu fertigen und für Aufsichtszwecke auf-zubewahren. Wegen der in diesen Jahren vielfach festgestellten Mißbräuche bei derVerschreibung von Betäubungsmitteln wurde die Überwachung dann auch auf dieÄrzte, Zahnärzte und Tierärzte ausgedehnt.34)

Diese Maßnahme erfolgte im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur Umsetzungder sich aus der Ratifizierung des Opiumabkommens vom 19. Februar 1925 ergeben-den Verpflichtungen. Hierzu beschloss der Deutsche Reichstag das

Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Opiumgesetz)vom 10. Dezember 1929.33)

Im Anschluss daran ergingen Rechtsverordnungen, durch die– die Zulassung zum Verkehr mit Betäubungsmitteln35)– die Einfuhr, Durchfuhr und Ausfuhr von Betäubungsmitteln36)– die Beschriftung von Betäubungsmitteln37)– die Verschreibung von Betäubungsmitteln und ihre Abgabe in den Apotheken38)– der Bezug von Betäubungsmitteln39)40)– die Verarbeitung von Betäubungsmitteln41)

u. a.42) geregelt wurden sowie Unterstellungen weiterer Stoffe und Zubereitungen un-ter die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften43) erfolgten.

Die Unterzeichnung des Abkommens zur Beschränkung der Herstellung und zurRegelung der Verteilung der Betäubungsmittel durch die deutsche Reichsregierung6)war Anlass zu dem

Gesetz zur Änderung des Opiumgesetzesvom 22. Mai 193333)

und dem

Zweiten Gesetz zur Änderung des Opiumgesetzesvom 9. Januar 1934.33)

Mit diesen Vorschriften wurden erneut Stoffe und Zubereitungen dem Betäubungs-mittelrecht unterstellt sowie Ermächtigungen eingefügt, um Stoffe bzw. Zubereitun-gen auf dem Verordnungswege einzubeziehen ggf. auszunehmen. Auch wurden dieBefugnisse des Reichsgesundheitsamtes erweitert, u. a. nunmehr zur Erteilung der be-täubungsmittelrechtlichen Erlaubnisse. Ferner wurden ihm die Aufgaben der für das

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Deutsche Reich zuständigen Zentralbehörde (Besondere Verwaltungsdienststelle)übertragen, um die sich aus dem vorgenannten Abkommen ergebenden Verpflichtun-gen zu erfüllen. Mit den weiteren während des Jahres 1934 vorgenommenen Ände-rungen des Gesetzes erfolgten Anpassungen an andere Vorschriften, ohne den betäu-bungsmittelrechtlichen Inhalt zu berühren.

Nach dem Zusammenbruch 1945 blieb das Opiumgesetz in Kraft. Die von der Opi-umabteilung des Reichsgesundheitsamtes durchgeführten Aufgaben wurden hin-sichtlich der Bearbeitung von Bezugscheinanträgen und der Wahrnehmung be-stimmter Kontrollfunktionen auf Weisung der Alliierten auf in deren jeweiligenBereichen eingerichtete Landes- bzw. Zonenopiumstellen übertragen, während sichdie alliierten Behörden ggf. erforderliche Maßnahmen zur Anpassung der deutschenRechtsvorschriften an die internationalen Konventionen, die nach diesen zu erstellen-den Berichte sowie die Genehmigung von Ein- und Ausfuhren vorbehielten.

Auch nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland galt das Opiumgesetz als so-genanntes vorkonstitutionelles Recht im Sinne des Artikel 125 des Grundgesetzes fort.

Der Forderung der Alliierten Hohen Kommission wieder eine Artikel 15 des Ab-kommens von 19316) entsprechende „Besondere Verwaltungsdienststelle“ ins Lebenzu rufen, wurde durch das

Gesetz zur Errichtung eines Bundesgesundheitsamtesvom 27. Februar 195244)

Rechnung getragen. Innerhalb dieser selbständigen Bundesoberbehörde (Artikel 87Abs. 3 Grundgesetz), als Nachfolgeinstitution des Reichsgesundheitsamtes, wurdedemzufolge eine Abteilung „Rauschgiftbekämpfung mit der Bundesopiumstelle“ ge-schaffen, der die Aufgaben zugewiesen wurden, die dem Reichsgesundheitsamt auf-grund des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Opiumgesetz) zustan-den. Diese nahm zum 1. Dezember 1952 ihre Tätigkeit auf und löste in der Folgezeitdie Funktionen der Zonen- bzw. Landesopiumstellen ab.

Mit der Ratifizierung der Protokolle vom 11. Dezember 1946, vom 19. November1948 und vom 23. Juni 1953 durch das Gesetz vom 26. März 19597) übernahm die Bun-desrepublik Deutschland die Verpflichtungen, die sich aus der Überleitung der Funktio-nen des Völkerbundes auf den Generalsekretär sowie den Wirtschafts- und Sozialrat derVereinten Nationen ergaben bzw. aus den von diesen bestellten Gremien getroffenenEntscheidungen, u. a. hinsichtlich der Unterstellung weiterer Stoffe, resultierten.

Neben Anpassungen im Rahmen der Novellierung strafrechtlicher Vorschriften undunter Berücksichtigung diesbezüglicher zuvor ergangener Änderungen wurde durchdas

Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln(Opiumgesetz)vom 22. Dezember 19713)

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u. a. die Ausdehnung der Erlaubnispflicht auf den Anbau von Betäubungsmitteln,eine Erweiterung der strafbewehrten Tatbestände sowie eine Übertragung zusätzlicherBefugnisse auf das Bundesgesundheitsamt vorgenommen. Im Hinblick auf den imdeutschen Recht eingeführten und auch in Artikel 74 Nr. 19 Grundgesetz eingegange-nen Begriff „Betäubungsmittel“ wurde die Kurzbezeichnung in diesem Zusammen-hang in „Betäubungsmittelgesetz“ geändert.

In den nachfolgenden Jahren erfolgten neben der Einbeziehung weiterer Stoffedurch sogenannte Gleichstellungsverordnungen wesentliche Novellierungen hin-sichtlich

des Bezugs von Fertigarzneimitteln durch den weitgehenden Ersatz des Be-zugscheinverfahrens zugunsten eines Erwerbsbelegverfahrens40)unddes Verschreibens von Betäubungsmitteln durch die Einführung besondererRezept-Formblätter sowie der Ausdehnung der Nachweispflicht über den Ver-bleib und Bestand von Betäubungsmitteln.38)

Ausgelöst durch die Forderungen der von der Bundesrepublik Deutschland ratifi-zierten internationalen Suchtstoffübereinkommen12)13)16), wurde das gesamte Betäu-bungsmittelrecht im Zuge des

Gesetzes zur Neuordnung des Betäubungsmittelrechtsvom 28. Juli 198145),

dessen Artikel 1 das

Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz)46)

enthält, umfassend überarbeitet und abgelöst.

Neben der Ausweitung durch weitere diesen Abkommen unterworfene Stoffe,wurde der sich auf die Kontrolle des legalen Verkehrs beziehende verwaltungsrechtli-che Teil gegenüber den abgelösten Vorschriften vereinfacht und straffer gefasst, sodass für die Durchführung dieser Rechtsmaterie nur noch vier Rechtsverordnungenund sechs Durchführungsvorschriften (Bekanntmachungen) erforderlich wurden.

Bedeutsamer Bestandteil dieser Reform sind ferner die Strafverschärfungen für dieschwere Rauschgiftkriminalität jedoch unter Beachtung der Belange abhängiger Tä-ter, bei denen der sozialtherapeutischen Rehabilitation wesentliche Bedeutung zuge-messen wurde – Therapie vor Strafe –.

Durch dieses Betäubungsmittelgesetz werden im wesentlichen folgende Bereichegeregelt.

In Ermangelung einer allgemein gültigen Definition für Betäubungsmittel werdendie unterstellten Stoffe in Anlagen aufgeführt. Weitere Begriffe, u. a. „Zubereitung“,„ausgenommene Zubereitung“, werden definiert; siehe Erster Abschnitt.

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Einführung in das Recht des Verkehrs mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen

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Die Teilnahme am Verkehr mit Betäubungsmitteln ist weiterhin von einer Erlaubnisdes Bundesgesundheitsamtes abhängig. Ausgenommen hiervon bleiben Inhaber apothe-kenrechtlicher Erlaubnisse bzw. -Genehmigungen und Betreiber tierärztlicher Hausapo-theken für den Bereich dieser Betriebe, Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte im Rahmen derBehandlung von Patienten bzw. Tieren sowie nunmehr auch Bundes- und Landesbehör-den für den Bereich ihrer dienstlichen Tätigkeit, soweit es sich um hoheitsrechtliche Be-fugnisse im Rahmen der Ermittlung und Verfolgung von Rauschgiftdelikten, öffentlich-rechtliche Maßnahmen zur Bekämpfung von übertragbaren Tierkrankheiten oder derUntersuchung von Betäubungsmitteln handelt; siehe Zweiter Abschnitt.

Im Dritten Abschnitt sind die Pflichten der am Betäubungsmittelverkehr teilneh-menden Personen oder Personenvereinigungen normiert. Diese betreffen u. a. dieKennzeichnung, die bei der Aufbewahrung zu treffenden Sicherungsmaßnahmen, dieVernichtung sowie die Verbleibsnachweise von Betäubungsmitteln. Dieser Abschnittenthält auch die Ermächtigungen zum Erlaß der nachgenannten Rechtsverordnungen.

In der Betäubungsmittel-Binnenhandelsverordnung47) wird geregelt, wie jedeeinzelne Abgabe von Betäubungsmitteln zwischen berechtigten Teilnehmernvorzunehmen ist.

Durch die Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung48) wird im einzelnender Umfang festgelegt, in dem Betäubungsmittel im Rahmen ärztlicher, zahn-ärztlicher oder tierärztlicher Behandlung verschrieben und in Apotheken bzw.in tierärztlichen Hausapotheken abgegeben werden dürfen. Ferner enthält sieBestimmungen über den Nachweis des Verbleibs dieser Betäubungsmittel.

Für jeden einzelnen Fall einer Ausfuhr oder Einfuhr eines Betäubungsmittelsbedarf es neben dem Erlaubniszwang der Genehmigung nach der Betäu-bungsmittel-Außenhandelsverordnung.49) Deren Vorschriften erstrecken sichferner auf die Durchführung des grenzüberschreitenden Verkehrs; sie geltenauch in Freihäfen und Zollausschüssen. Darüber hinaus enthält diese Verord-nung Regelungen über das Mitführen von Betäubungsmitteln im grenzüber-schreitenden Dienstleistungs- und Reiseverkehr.

Die im Vierten Abschnitt geregelte Überwachung des Betäubungsmittelverkehrsbleibt überwiegend Aufgabe des Bundesgesundheitsamtes, insbesondere deren Abtei-lung „Betäubungsmittelverkehr (Bundesopiumstelle)“ im Institut für Arzneimittel.Diese ist wie ihre Vorgängerin ebenfalls „Besondere Verwaltungsdienststelle“ imSinne der internationalen Abkommen. Ferner übt sie die Geschäftsführung des Sach-verständigenausschusses nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes aus und wirkt damit auch indiesem Rahmen an der Weiterentwicklung des Betäubungsmittelrechts mit.

An der Überwachung des Betäubungsmittelverkehr sind weiterhin beteiligt– die zuständigen Behörden der Länder hinsichtlich des Betäubungsmittelverkehrs

bei Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten sowie in Apotheken, tierärztlichen Hausapothe-ken, Krankenhäusern und Tierkliniken, ferner

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– die Zolldienststellen, das Freihafenamt Hamburg, ggf. die Grenzschutzdirektionendes Bundesgrenzschutzes und der Bayerischen Grenzpolizei.

Dieser Abschnitt enthält auch die Ermächtigung für Amtshandlungen des Bundes-gesundheitsamtes Kosten (Gebühren und Auslagen) zu erheben. Die einzelnen Tatbe-stände werden in der Betäubungsmittel-Kostenverordnung50) näher bestimmt.

Die weiteren Abschnitte des Gesetze betreffen „Vorschriften für Behörden“, „Straf-taten und Ordnungswidrigkeiten“, „Betäubungsmittelabhängige Straftäter“ sowie„Übergangs- und Schlussvorschriften“; siehe Fünfter bis Achter Abschnitt.

Als Folge neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse, des Ausmaßes der missbräuchli-chen Verwendung, insbesondere aufgrund der auf Empfehlung der Weltgesundheits-organisation ergangenen Beschlüsse der Suchtstoffkommission, wurden durch die

Erste Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriftenvom 5. August 198451)

neben den zur therapeutischen Anwendung bestimmten Stoffen Alfentanil, Bu-prenorphin, Nabilon und Pentazocin verschiedene missbräuchlich verwendete Am-fetamin-Derivate, durch die

Zweite Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriftenvom 23. Juli 198652)

vorwiegend zahlreiche Benzodiazepin-Derivate

sowie jeweils deren Isomere, Ester, Ether, Molekülverbindungen, Salze und Zuberei-tungen in die betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften einbezogen.

In diesem Zusammenhang ergaben sich in beiden Fällen Auswirkungen auf die Vor-schriften über das Verschreiben von Betäubungsmitteln.

Entsprechend der im Betäubungsmittelgesetz 1981 vorgenommenen Übung hat derVerordnungsgeber jedoch für bestimmte Zubereitungen Ausnahmeregelungen dahinge-hend geschaffen, dass der Handel mit diesen „ausgenommenen Zubereitungen“ im Gel-tungsbereich des Gesetzes den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften nicht unter-liegt.

Durch die Gesetze vom 13. April 1986, 18. Dezember 1986 und 27. Januar 198746)erfolgten nur Änderungen der Bestimmungen, die es erlauben, von der Verfolgung ei-ner Straftat abzusehen bzw. die Führungsaufsicht bei schweren Vergehens- und Ver-brechensfällen anzuordnen.

Im Zuge der Herstellung der Einheit Deutschlands wurden das Betäubungsmittel-gesetz wie auch seine Durchführungsverordnungen zum 29. September 1990 in denneuen Bundesländern sowie mit Wirkung vom 3. Oktober 1990 in dem Teil des Lan-des Berlin, in dem es bis dahin nicht galt, eingeführt53). Lediglich einzelne Bestim-

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Betäubungsmittelgesetz § 1 1.1

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Erster Abschnitt 0/0.0.0.0.0.0

Begriffsbestimmungen 0/0.0.0.0.0.0

§ 1 0/0.0.0.0.0.0

Betäubungsmittel 0/0.0.0.0.0.0

(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis IIIaufgeführten Stoffe und Zubereitungen.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständi-gen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bisIII zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies

1. nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes,vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit,

2. wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines StoffesBetäubungsmittel herstellen zu können, oder

3. zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oderanderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchli-chen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefähr-dung der Gesundheit

erforderlich ist. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können einzelne Stoffeoder Zubereitungen ganz oder teilweise von der Anwendung dieses Gesetzesoder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung ausgenom-men werden, soweit die Sicherheit und die Kontrolle des Betäubungsmittelver-kehrs gewährleistet bleiben.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, in dringendenFällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durchRechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitun-gen, die nicht Arzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dieswegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittel-baren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine aufder Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf einesJahres außer Kraft.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird er-mächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anla-gen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungenzu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachungvom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 überpsychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffüberein-

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Betäubungsmittelgesetz § 11.1

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kommen) in ihrer jeweils für die Bundesrepublik Deutschland verbindlichenFassung erforderlich ist.

Anmerkungen

1 Der Begriff „Betäubungsmittel“ ist historisch begründet. Er stammt aus der Zeit desErsten Weltkrieges und umfasste damals die zur Betäubung von starken Schmerzenangewandten Mittel Opium, Morphin und die daraus hergestellten halbsynthetischenStoffe sowie Cocain, wenn man von den Inhalationsanaesthetika und den Lokal-anaesthetika einmal absieht. Der Bezug zu dieser therapeutischen Anwendung ist seit-dem weitgehend verloren gegangen, da im Laufe der Zeit Stoffe mit anderen Anwen-dungsgebieten, wie Halluzinogene, Weckamine, Schlafmittel, Beruhigungsmittel alsauch Stoffe ohne therapeutischen Nutzen dem Betäubungsmittelrecht unterstellt wur-den. Obwohl die Bezeichnung „Betäubungsmittel“ heute nicht mehr eindeutig denKreis der vom Betäubungsmittelrecht erfassten Stoffe abdeckt, hat der Gesetzgeber esfür zweckmäßig erachtet, diese in Art. 74 Nr. 19 GG verwendete Bezeichnung beizu-behalten, die auch in andere Gesetze, z. B. § 6 Nr. 5 StGB und § 81 AMG eingegangenist.

2 Der Kreis der Betäubungsmittel ist abschließend und konstitutiv in den Anlagen Ibis III des Gesetzes aufgeführt. Betäubungsmittel können Stoffe oder Zubereitungensein; vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2. Die Salze und die Ester, Ether, Isomere, Molekülver-bindungen und deren Salze der in den Anlagen aufgeführten Stoffe und deren Zube-reitungen, sind – auch wenn sie in den Anlagen nicht einzeln aufgeführt werden –ebenfalls Betäubungsmittel, soweit sie nicht ausdrücklich ausgenommen sind. Daraufwird jeweils am Ende der Anlagen besonders hingewiesen. Die Anlagen können nachMaßgabe der Absätze 2 und 3 durch Rechtsverordnung geändert und ergänzt werden.Gegen diese Technik des Gesetzgebers ist auch unter dem verfassungsrechtlichenAspekt des Bestimmtheitsgebotes nichts einzuwenden (BayObLG, NStZ 1995, 194).

3 Anlage I umfasst die nicht verkehrsfähigen Betäubungsmittel. Diese Betäubungs-mittel haben zum Teil ein hohes Missbrauchpotential oder sie werden in der Bundes-republik Deutschland nicht zu therapeutischen Zwecken eingesetzt. Den Verkehr mitihnen darf das BfArM nach § 3 Abs. 2 nur zu wissenschaftlichen oder anderen im öf-fentlichen Interesse liegenden Zwecken erlauben. Sie dürfen nach § 13 Abs. 1 Satz 3nicht verschrieben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauchüberlassen werden.

4 In Anlage II sind die verkehrsfähigen Betäubungsmittel aufgeführt. Hierbei handeltes sich vielfach um Rohstoffe, Grundstoffe, Halbsynthetika und Zwischenprodukte,die in der pharmazeutischen Industrie und zur Analytik verwendet werden. Sie dürfennach § 13 Abs. 1 Satz 3 ebenso wie die Betäubungsmittel der Anlage I nicht verschrie-

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ben, verabreicht oder einem anderen zum unmittelbaren Verbrauch überlassen wer-den. In Anlage II sind u.a. die als Antidiarrhoica Verwendung findenden StoffeDifenoxin und Diphenoxylat sowie die vorwiegend zur Husten- bzw. Schmerzbe-kämpfung eingesetzten Stoffe Ethylmorphin und Pholcodin aufgenommen worden.Die aus ihnen hergestellten Arzneimittel sind als ausgenommene Zubereitungen (§ 2Abs. 1 Nr. 3) weitgehend von den betäubungsmittelrechtlichen Bestimmungen, insbe-sondere über das Verschreiben und den Handel freigestellt. Diese Regelungen sinddurch Art. 2 Abs. 4 i. V. mit Anhang III ÜK 1961 – Ziff. 4.1 – abgedeckt. Ursprünglichwaren auch Codein und Dihydrocodein in Anlage II eingestuft. Mit der 10. BtMÄndVwurden diese Stoffe jedoch nach Anlage III umgestuft.

5Anlage III enthält als verkehrs- und verschreibungsfähige Betäubungsmittel vorallem die Stoffe der Anhänge III und IV ÜK 1971 – Ziff. 4.3 –, soweit sie in der Bun-desrepublik Deutschland zu therapeutischen oder sonstigen Zwecken eingesetzt wer-den. Bei der Einbeziehung dieser Stoffe hat der Gesetzgeber von der Ausnahmemög-lichkeit des Art. 3 Abs. 2 ÜK 1971 weitgehend Gebrauch gemacht und die diese Stoffeenthaltenden Arzneimittel, die „so zusammengesetzt sind, dass keine oder nur eine ge-ringfügige Gefahr des Missbrauchs besteht und der Wirkstoff nicht durch unschweranwendbare Mittel in einer zum Missbrauch geeigneten Menge zurückgewonnen wer-den kann, so dass die Zubereitung nicht zu einem volksgesundheitlich und sozialenProblem Anlass gibt“, als ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3), einge-stuft. Bei jedem Stoff sind die Bedingungen aufgeführt, unter denen dessen Zuberei-tungen nicht als Betäubungsmittel, sondern als ausgenommene Zubereitungen gelten.Während der Regierungsentwurf vom 9. 1. 1980 die neuen Stoffe wegen ihrer nur ge-ringen pharmakologischen Unterschiede, denen in den Ausnahmeregelungen Rech-nung getragen wurde, gleich behandelte, hielt es der Gesetzgeber für erforderlich, sieentsprechend den Anhängen III und IV ÜK 1971 in die Teile A, B und C der AnlageIII aufzuteilen (BT-Drucks. 8/3551 S. 25; 8/4267 S. 41–44; 8/4283 S. 9). Mit Rück-sicht auf die geringere Gefährlichkeit der Stoffe in den Teilen B und C der Anlage IIIerschien es dem Gesetzgeber weiterhin vertretbar, alle auf dem Markt befindlichenZubereitungen von Stoffen des Teiles C, vor allem im Hinblick auf die für diese Stoffeausnahmslos bestehende arzneimittelrechtliche Verschreibungspflicht, als ausgenom-mene Zubereitungen einzustufen (BT-Drucks. 8/4283 S. 9); die Unterteilung der An-lage III wurde mit der 10. BtMÄndV aufgehoben.

6Die in Anlage III zugelassenen ausgenommenen Zubereitungen konnten mit weni-gen Ausnahmen nicht von den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften über die Ein-fuhr, Ausfuhr und Durchfuhr freigestellt werden (siehe hierzu Schlussformel am Endeder Anlage III sowie §§ 3 und 11), weil eine Ausnahme für diese Zubereitungen nichtdurch eine entsprechende Regelung in Anhang III ÜK 1961 gedeckt wäre bzw. dieCND nach Art. 3 Abs. 4 ÜK 1971 notifizierte Ausnahmen von den Bestimmungen desArt. 12 ÜK 1971 über den internationalen Handel, für Zubereitungen des Anhangs III,

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bisher ausnahmslos mit großer Mehrheit abgelehnt hat. (BT-Drucks. 9/443 S. 41–44;9/500 [neu] S. 13.)

7.1 Der Kreis der Betäubungsmittel und ihre Einstufung in die Anlagen sind ständig imFluss, bedingt durch veränderte Missbrauchsgewohnheiten, neue wissenschaftlicheErkenntnisse und das Auffinden neuer Abhängigkeit erzeugende Stoffe. Da eine Än-derung der Anlagen im normalen Gesetzgebungsverfahren zu zeitraubend und zuschwerfällig wäre, hat der Gesetzgeber diese Aufgabe wie bereits in § 1 Abs. 2, 3, 5und 6 des abgelösten BtMG 1972 der Bundesregierung übertragen, nachdem er in Ab-satz 2 den Rahmen für künftige Abgrenzungen und Einstufungen von Stoffen und Zu-bereitungen abgesteckt hat. Von dieser Ermächtigung wird nur dann Gebrauch ge-macht werden müssen, wenn dem Missbrauch eines Stoffes, der den internationalenSuchtstoffübereinkommen nicht unterliegt, durch arzneimittelrechtliche Maßnahmen,z. B. nach dem Stufenplan, nicht beigekommen werden kann.

7.2 Wegen der starken Auswirkungen von Änderungen der Anlagen, insbesondere in be-zug auf Ausnahmeregelungen für Zubereitungen, auf den der Überwachung durch dieLänder unterliegenden Arzneimittelmarkt, ist beim Erlass von Änderungsverordnun-gen nach Absatz 2 nicht nur die Zustimmung des Bundesrates, sondern zuvor die An-hörung von Sachverständigen erforderlich. Hierzu wurde unter dem Vorsitz des Präsi-denten des damaligen BGA 1983 ein Sachverständigenausschuss konstituiert, dem 12bis 13 Mitglieder angehören und zwar 6–7 Sachverständige aus der medizinischenWissenschaft, je 1 Sachverständiger der Arzneimittelkommissionen der Ärzte, Zahn-ärzte, Tierärzte und Apotheker sowie je 1 Sachverständiger des Bundesverbandes derPharmazeutischen Industrie e. V. und des Bundesfachverbandes der Heilmittelindu-strie e. V. Die Sachverständigen werden vom BMG in der Regel für 3 Jahre berufen.Der Ausschuss tagt bei Bedarf, meistens zweimal pro Jahr. Vorsitz und Geschäftslei-tung obliegen dem BfArM.

7.3 Schon früher konnten alle Stoffe, die nach wissenschaftlicher Erkenntnis eine Abhän-gigkeit hervorrufen können, als Betäubungsmittel eingestuft werden (Absatz 2 Nr. 1).1992 (BGBl. I S. 1302) wurde mit Absatz 2 Nr. 3 die Möglichkeit neu geschaffen,Stoffe und Zubereitungen der betäubungsmittelrechtlichen Kontrolle zu unterstellen,die, ohne dass ein Abhängigkeitspotential wissenschaftlich nachgewiesen werdenkann, in einem solchen Ausmass missbräuchlich verwendet werden, dass die Gesund-heit der Bevölkerung gefährdet ist. In Anlehnung an § 48 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AMGerachtet der Gesetzgeber hier bereits die mittelbare Gefährdung der Gesundheit alsausreichend.

7.4 Neben Betäubungsmitteln werden von Abhängigen auch Stoffe missbraucht, von de-nen noch nicht bekannt ist, dass sie Abhängigkeit hervorrufen. Außerdem werdenStoffe hergestellt, die in ihrer chemischen Struktur von Betäubungsmitteln nur gering-

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fügig abweichen (designer drugs) und somit den betäubungsmittelrechtlichen Vor-schriften nicht unterliegen. Da diese Stoffe oftmals noch gefährlicher sind, als die Be-täubungsmittel, von denen sie abgeleitet wurden und das in Abs. 2 festgelegteVerfahren ihrer Einbeziehung in die Anlagen des BtMG einen zu langen Zeitraum inAnspruch nimmt, ohne dass nach diesem Gesetz gegen einen Missbrauch eingeschrit-ten werden kann, wurde durch Art. 2 Nr. 1 OrgKG vom 15. Juli 1992 die Ermächti-gung des Abs. 3 eingefügt. Hierdurch erhält der Bundesminister für Gesundheit dieMöglichkeit, einem derartigen Missbrauch schnell entgegenzuwirken und gleichzeitigdurch das Einleiten des Unterstellungsverfahrens nach § 1 Abs. 2 eine Prüfung vor-nehmen zu lassen, ob diese Stoffe unter betäubungsmittelrechtlicher Kontrolle ver-bleiben müssen. Mit der 6. BtMÄndV hat der Bundesminister erstmals von dieser Er-mächtigung Gebrauch gemacht.

8Die Ermächtigung nach Absatz 4 – durch Organisationserlass vom 23. 1. 1991(BGBl. I S. 530) auf den Bundesminister für Gesundheit übergegangen – be-rücksichtigt die Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland, die von der CNDnach Art. 3 ÜK 1961 sowie Art. 2 ÜK 1971 beschlossenen Änderungen der Anhängezu diesen Übereinkommen in das deutsche Betäubungsmittelrecht umzusetzen. Dadiese Beschlüsse bindend sind, bedarf es weder der Anhörung von Sachverständigen,noch der Zustimmung des Bundesrates. Mit dieser Vorschrift werden die gleichgerich-teten Ermächtigungen in Art. 2 Abs. 1 des Gesetzes zu dem Protokoll vom 25. März1972 zur Änderung des Einheits-Übereinkommens von 1961 über Suchtstoffe –Ziff. 4.2.1 – und Art. 2 Abs. 2 des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 21. Februar1971 über psychotrope Stoffe – Ziff. 4.3.1 – abgelöst.

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§ 2 0/0.0.0.0.0.0

Sonstige Begriffe 0/0.0.0.0.0.0

(1) Im Sinne dieses Gesetzes ist

1. Stoff:eine Pflanze, ein Pflanzenteil oder ein Pflanzenbestandteil in bearbeitetemoder unbearbeitetem Zustand sowie eine chemische Verbindung und derenEster, Ether, Isomere, Molekülverbindungen und Salze – roh oder gereinigt –sowie deren natürlich vorkommende Gemische und Lösungen;

2. Zubereitung:ohne Rücksicht auf ihren Aggregatzustand ein Stoffgemisch oder die Lösungeines oder mehrerer Stoffe außer den natürlich vorkommenden Gemischenund Lösungen;

3. ausgenommene Zubereitung:eine in den Anlagen I bis III bezeichnete Zubereitung, die von den betäu-bungsmittelrechtlichen Vorschriften ganz oder teilweise ausgenommen ist;

4. Herstellen:das Gewinnen, Anfertigen, Zubereiten, Be- oder Verarbeiten, Reinigen undUmwandeln.

(2) Der Einfuhr oder Ausfuhr eines Betäubungsmittels steht jedes sonstigeVerbringen in den oder aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

Anmerkungen

1Die Begriffsdefinition des Stoffes ist anders als im AMG nicht von grundlegender Be-deutung, da die dem BtMG unterliegenden Stoffe durch die Positivlisten der Anlageneindeutig bestimmt sind. Er dient mehr der Abgrenzung zu den Zubereitungen.

2Der Stoffbegriff umfasst außer chemischen Verbindungen auch Pflanzen, Pflanzen-teile und Pflanzenbestandteile. Pflanzenteile sind z. B. Blüten, Blütenstände, Frucht-kapseln, Samen, Stengel und Wurzeln. Pflanzenbestandteile sind Stoffe, die in denPflanzen enthalten sind, wie Alkaloide, Bitterstoffe, Farbstoffe, Fette, Glykoside,Harze, Milchsäfte, Öle usw.; sie sind jedoch nur dann Betäubungsmittel, wenn sie inden Anlagen aufgeführt sind.

3In den Anlagen genannte Pflanzen sind Cannabis (Anlage I), Erythroxylum coca (An-lage II) sowie Papaver bracteatum (Anlage II) und Papaver somniferum (Anlage III).

4Pflanzenteile, die nicht unterstellt sind, werden in den Anlagen jeweils extra benannt.Während bei Erythroxylum coca alle Pflanzenteile den betäubungsmittelrechtlichen

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Betäubungsmittelgesetz § 21.1

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Vorschriften unterliegen, sind die Samen bei Cannabis unter bestimmten Vorausset-zungen und bei Papaver gänzlich ausgenommen.

5 In den Anlagen genannte Pflanzenbestandteile sind z. B. Cannabisharz (Anlage I),Mohnstrohkonzentrat (Anlage II) und Opium (Anlage III). Aber auch die AlkaloideCocain (Anlage II), Psilocycbin (Anlage I) oder Morphin (Anlage III) fallen unter denBegriff Pflanzenbestandteile. Andere in Papaver somniferum enthaltene Akaloide wieNarcotin und Papaverin sind dagegen nicht in den Anlagen aufgeführt und demzu-folge keine Betäubungsmittel.

6 Über die in den Anlagen I bis III namentlich aufgeführten chemischen Verbindungenhinaus sind auch deren Ester, Ether, Isomere, Molekülverbindungen und Salze definiti-onsgemäß Stoffe und damit auch Betäubungsmittel. Darauf wird am Ende jeder einzel-nen Anlage besonders hingewiesen. Die Begriffe Ester, Ether, Isomer, Molekülverbin-dung und Salz sind nicht besonders definiert; sie ergeben sich aus den Regeln derchemischen Nomenklatur. In der Vergangenheit haben sich Auslegungsschwierigkeitenbei der in den Anlagen verwendeten aus dem Anhang I zum ÜK 1961 entnommenenFormulierung: „die Isomere der in dieser Anlage aufgeführten Stoffe, wenn sie nicht be-sonders ausgenommen sind und das Bestehen solcher Isomere in der bestimmten chemi-schen Bezeichnung möglich ist“ bei Stereoisomeren ergeben. Das INCB hat gestütztauf den Sachverstand des Suchtstofflabors der DND und auf Sachverständige der WHOempfohlen, dass mit dieser Formulierung unabhängig von der Bezeichnung des in denAnlagen aufgeführten Stereoisomers alle möglichen Stereoisomere erfasst werden. Vgl.auch WHO-Dokument MNH/PAD/86.13. Demzufolge ist z. B. rechtsdrehendesMorphin als Enantiomer des natürlichen linksdrehenden Stoffes ebenso Betäubungsmit-tel wie die Ester des Pseudoecgonins, eines Stereoisomers des natürlichen Ecgonins.Ebenso sind durch diese Formulierung alle sich in der Lage der Doppelbindung unter-scheidenden Isomere des Tetrahydrocannabinols Betäubungsmittel der Anlage I mitAusnahme des Delta-9-Tetrahydrocannabinols und dessen Isomere, die in Anlage II auf-geführt sind. Ausgenommen hiervon ist wiederum Dronabinol, das als verschreibungs-fähiges Betäubungsmittel in Anlage III aufgeführt ist.

7 Die Definition des Stoffbegriffs erstreckt sich nicht nur auf die reinen Stoffe, sondernauch auf rohe oder gereinigte Stoffe, sowie auf natürlich vorkommende Gemischeund Lösungen. Die im BtMG 1972 noch vorhandenen Begriffe wie Opium für medi-zinische Zwecke, Rohcocain, Rohmorphin und Rohopium kommen daher in den An-lagen nicht mehr vor. Die neue Definition stellt sicher, dass auch rohe oder ungerei-nigte Stoffe, wie sie bei den technischen Herstellungsverfahren anfallen, ohneRücksicht auf den Reinheitsgrad, als Stoffe zu behandeln sind.

8 Ein Stoff ist der Definition nach auch das Opium, ein natürlich vorkommendes Ge-misch von Codein, Ethylmorphin, Morphin, Thebain und weiteren Opiumalkaloiden

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Betäubungsmittelgesetz § 2 1.1

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in Form ihrer Meconate mit weiteren Stoffen. Da Opiumkonzentrat, Opiumextraktund Opiumtinktur nicht natürlich vorkommen, sind sie Opiumzubereitungen. Wäh-rend gereinigtes Opium zur Herstellung von Opiumtinktur als Stoff gelten muss, istdas eingestellte Opium wieder als Zubereitung anzusehen, da zu seiner Herstellungdem gereinigten Opium Morphin oder Opiumextrakt zugesetzt wird, um es auf den imArzneibuch vorgeschriebenen Morphingehalt zu bringen.

9Der Begriff „Zubereitung“ ist eindeutig bestimmt. Er lehnt sich an Art. 1 Abs. 1Buchst. s ÜK 1961 – Ziff. 4.1 – und Art. 1 Buchst. f ÜK 1971 – Ziff. 4.3 – an und istgegen den Stoffbegriff klar abgegrenzt.

10An Poly(styrol,divinylbenzol)sulfonsäureharze gebundene Stoffe wie z. B. Codeinsind keine Zubereitungen, sondern Stoffe, nämlich Salze mit einem extremen nichtgenau bestimmbaren, stöchiometrischen Verhältnis von Kationen und Anionen.

11Bei bestimmten Gemischen von Barbituraten mit Phenazonen oder Purinen, die einemfesten Mischungsverhältnis folgen, bestehen zwischen den Komponenten Wechsel-wirkungen, ohne dass eine salzartige Bindungsstruktur vorliegt. Diese Gemische sindals Molekülverbindungen und damit als Stoffe anzusehen.

12Der Begriff der „ausgenommenen Zubereitung“ ist aus den internationalen Sucht-stoffübereinkommen entlehnt, ohne dass eine inhaltliche Übereinstimmung mit denbereits unterschiedlichen Begriffen der beiden Suchtstoffübereinkommen besteht. Obund unter welchen Bedingungen bestimmte Zubereitungen von Stoffen ganz oder teil-weise von den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften ausgenommen sind, ist inden Anlagen bei den Stoffen jeweils ausgeführt.

13Im Zusammenhang mit den ausgenommenen Zubereitungen spielt der Begriff der „ab-geteilten Form“ eine Rolle. Hierunter sind die Formen zu verstehen, die als Arznei-oder Darreichungsformen zur Anwendung gelangen u. a. Ampullen, Dragees, Kapseln,Suppositorien bzw. als Analytika oder Diagnostika eingesetzt werden. Sie sind bis zuder ggf. den festgesetzten Grenzmengen ganz oder teilweise von den betäubungsmittel-rechtlichen Vorschriften ausgenommen. Ebenfalls um abgeteilte Formen handelt es sichbei zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Behältnissen mit Injektions- oder Tropf-lösungen, Säften, Gemischen o. ä. Derartig abgeteilte Formen sind ausgenommene Zu-bereitungen, wenn ihr Betäubungsmittelgehalt entweder die festgesetzte Grenzmengeoder die angegebene Grenzkonzentration nicht übersteigt. Wenn bei einem Stoff nureine Grenzmenge für eine abgeteilte Form festgesetzt ist, bedeutet dies, dass alle ande-ren Formen nicht ausgenommen, also Betäubungsmittel sind.

14Bei einigen Zubereitungen wird als Bedingung für ihre Ausnahme gefordert, dass siebestimmte Mengen bestimmter Zusatzstoffe enthalten müssen, z. B. die ausgenom-

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Betäubungsmittelgesetz § 21.1

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menen Zubereitungen von Difenoxin, Diphenoxylat und Tilidin. Sind diese Zusatz-stoffe nicht in der vorgeschriebenen Menge enthalten, handelt es sich nicht mehr umausgenommene Zubereitungen sondern um Betäubungsmittel.

15 Aus der Begriffsbestimmung folgt, dass ausgenommene Zubereitungen keine Betäu-bungsmittel sind und damit die Vorschriften des Gesetzes, die sich auf Betäubungs-mittel beziehen, keine Anwendung auf ausgenommene Zubereitungen finden, es seidenn, die Anwendung dieser Vorschriften wurde für bestimmte ausgenommene Zube-reitungen in den Anlagen vorgeschrieben. Dies ist bei ausgenommenen Zubereitun-gen, die Stoffe der Anlage III enthalten insoweit der Fall, als für diese die betäubungs-mittelrechtlichen Vorschriften über die Einfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr gelten. DieseZubereitungen sind demzufolge in Bezug auf alle Vorschriften des Gesetzes, die dieEinfuhr, Ausfuhr und Durchfuhr von Betäubungsmitteln betreffen, Betäubungsmittel.Ansonsten finden auf ausgenommene Zubereitungen nur die Vorschriften des Geset-zes Anwendung, die sich ausschließlich auf den Verkehr mit ausgenommenen Zube-reitungen beziehen.

16 Der Begriff der Herstellung ist dem des § 4 Abs. 14 AMG nachgebildet. Er umfasst je-doch nicht das Umfüllen einschließlich des Abfüllens, und das Kennzeichnen, dafüraber das Reinigen und Umwandeln wie in Art. 1 Abs. 1 Buchst. n ÜK 1961 – Ziff. 4.1 –und Art. 1 Buchst. i ÜK 1971 – Ziff. 4.3 –. Abweichend von Art. 1 Abs. 1 Buchst. n undt ÜK 1961 ist das Gewinnen mit in den Herstellungsbegriff einbezogen worden.

17 Unter Gewinnen versteht man die Entnahme von Stoffen aus ihrer natürlichen oderkünstlich angelegten Umgebung; z. B. das Abtrennen des Cannabisharzes von denBlütenständen der Cannabispflanze, das Abzupfen der Cocablätter vom Cocastrauchoder das Abschaben des Opiums von den Opiummohnkapseln, aber auch das Erntenoder Abmähen der Cannabis- oder Opiummohnpflanzen. Dabei ist es unerheblich, obdiese Pflanzen angebaut wurden oder wild wuchsen. Da Pflanzen von Papaver brac-teatum und Papaver somniferum keine Suchtstoffe des ÜK 1961 wohl aber Betäu-bungsmittel sind, geht der betäubungsmittelrechtliche Begriff des Gewinnens überden des Art. 1 Abs. 1 Buchst. t ÜK 1961 hinaus.

Anfertigen bedeutet das manuelle oder maschinelle Herstellen von gebrauchsfertigenZubereitungen, z. B. durch Vermischen von Stoffen und Zubereitungen. Dieser Be-griff wird weitgehend im Apothekenbetrieb verwendet. Man spricht dort vom Anfer-tigen einer Verschreibung bzw. einer Rezeptur.

Zubereiten heißt einen Stoff so behandeln, dass er in der Zubereitung noch ganz odernoch weitgehend erhalten ist. Übliche Verfahren sind z. B. Extrahieren, Lösen, Mah-len, Mischen, Trocknen und Verdampfen.

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Betäubungsmittelgesetz § 2 1.1

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Bearbeiten ist das Einwirken mit physikalischen oder chemischen Verfahren bei de-nen der Stoff als solcher erhalten bleibt. Beim Verarbeiten dagegen verändert sich derStoff in der Regel. Allerdings lassen sich beide Begriffe nicht streng unterscheiden.Sie gehen mehr oder weniger ineinander über oder überschneiden sich.

Umfüllen ist das Einbringen in andere Behältnisse und Abfüllen das Umfüllen in diefür den Verbraucher bestimmten Behältnisse.

Abpacken ist das Verschließen der Behältnisse und ihr Einbringen in die äußere Um-hüllung.

Kennzeichnen ist das Anbringen der in § 10 AMG und § 14 BtMG vorgeschriebenenAngaben. Das Ergebnis dieses Vorganges ist die Kennzeichnung. Davon zu unter-scheiden ist die Bezeichnung, die den Handels- oder Markennamen eines Arznei- oderBetäubungsmittels angibt. z. B. L-Polamidon, Rapifen, Sevredol usw.

Unter Reinigen versteht man das Entfernen der einem Stoff aufgrund seiner natürli-chen oder künstlichen Herkunft anhängenden fremden Beimengungen. Dies kanndurch physikalische Methoden z. B. Destillieren, Kristallisieren, Sieben oder chemi-sche Verfahren z. B. Derivatisierung, Salzbildung geschehen.

Als Umwandeln wird das auf chemischen Wege bewirkte Verändern eines Stoffes ineinen anderen Stoff bezeichnet.

18Im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 9. 1. 1980 (BT-Drucks. 8/3551 S. 5) wa-ren in § 2 zunächst noch folgende Definitionen für die Einfuhr und die Ausfuhr vor-gesehen:

„Einfuhr:Das Verbringen eines Betäubungsmittels aus dem Ausland in den Geltungsbereichdieses Gesetzes; der Einfuhr steht das Verbringen aus der Deutschen DemokratischenRepublik oder aus Berlin (Ost) in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich;

Ausfuhr:Das Verbringen eines Betäubungsmittels aus dem Geltungsbereich dieses Gesetzes indas Ausland, der Ausfuhr steht das Verbringen aus dem Geltungsbereich dieses Geset-zes in die Deutsche Demokratische Republik oder nach Berlin (Ost) gleich.“

Diese Begriffsbestimmungen entsprachen dem besonderen Verhältnis zwischen dendamaligen beiden deutschen Staaten, da nach Art. 1 Abs. 1 Buchst. m ÜK 1961 undArt. 1 Buchst. h ÜK 1971, als Einfuhr und Ausfuhr je nach Zusammenhang das kör-perliche Verbringen von Suchtstoffen bzw. psychotropen Stoffen von einem Staat ineinen anderen Staat definiert wird. Eine indirekte Definition der Durchfuhr findetsich in § 11 Abs. 1 Satz 3; vgl. Rdnr. 5 zu § 11.

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Betäubungsmittelgesetz § 21.1

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19 Aus Absatz 2 ergibt sich auch, dass das Verbringen von Betäubungsmitteln in ein oderaus einem Zollfreigebiet unter dem Begriff der Einfuhr bzw. der Ausfuhr fällt. DasBtMG gilt somit im gesamten Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland. ZumGeltungsbereich gehören aber auch der Freihafen von Hamburg und die sonstigenZollfreigebiete i. S. von § 2 Abs. 3 ZollG, wie z. B. Helgoland, da kein Grund ersicht-lich ist, diese Gebiete gegen das Hereinschaffen von Betäubungsmitteln weniger zuschützen als das Land hinter der Zollgrenze (BGH, Urteil vom 22. 2. 1983 – 5 StR 877/82; BGH, NJW 1983, 1275 –).