8
Zusammenfassung Sobald Schmelze in festes Drainage- material, in dessen Hohlräumen sich Wasser befindet, eindringt und das Wasser einschließt, ist mit einer schlagartigen Verdampfung des Wassers zu rechnen – etwa ver- gleichbar mit der Explosionspene- tration beim Gießen, nur wesentlich heftiger und anfangs vorwiegend in- nerhalb der Drainage. Notauffang- gruben sind Sicherheitseinrichtun- gen, die eine Katastrophe verhin- dern müssen, nachdem alle anderen Überwachungseinheiten versagt ha- ben. Trotzdem werden diese bis da- to weder überprüft noch von einer Behörde abgenommen. Der vorlie- gende Beitrag weist auf Zusammen- hänge mit den bekannten Phänome- nen der Penetration und der Explo- sionspenetration beim Einsatz des Naßgußformverfahrens hin. Im Zu- ge der Eignungsprüfung sowie der Risikobetrachtung einzelner Drai- nagematerialien für Notauffanggru- ben wurde ein Versuchsaufbau zur praxisgerechten und zerstörungs- freien Prüfung des Drainagemateri- als entwickelt. Die Prüfung kann so- wohl an einer Probe Drainagemate- rial als auch in der Notauffanggrube leicht durchgeführt werden. Einleitung Im Jahr 2001 kam es während der Vorführung einer Notauffanggrube (Modellversuch) in einer deutschen Gießerei zu einer Explosion mit er- heblichem Sachschaden. misch reagiert. Im Falle einer chemi- schen Reaktion des eingedrungenen Metalls mit dem Formstoff spricht man von Anbrand, Ansinterung oder meistens von Vererzung [3]. Diese hier behandelte, mecha- nisch bedingte Penetration (physika- lische Penetration) wird auch als echte Penetration bezeichnet. Ursachen für die mechanisch be- dingte Penetration sind der metal- lostatische Druck, der dynamische Druck beim Gießen, der Kristallisa- tionsdruck beim Erstarren und ein zusätzlicher Gasdruck (Wasser- dampf) bei der Explosionspenetra- tion. Verlorene Formen (Sandformen), genau wie die Kammern der Notauf- fanggruben, weisen entsprechend der vorliegenden Packungsdichte ein bestimmtes Porensystem auf. Beim Gießen trifft die Schmelze auf die Körner der Formoberfläche und kann so lange unter der Wirkung des metallostatischen Druckes in die Poren der Formoberfläche eindrin- gen (Bild 1), bis sich zwischen der Grenzflächenspannung an der Formoberfläche und dem Penetra- tionsdruck ein Gleichgewichtszu- Da es sich bei dieser Vorführung um festes Drainagematerial – einen Porenbaustoff, der mit Wasser ge- tränkt war – handelte, wurde die Verläßlichkeit derartiger Notauf- fanggrubensysteme [1], wie sie auch im VDG-Merkblatt [2] empfohlen werden, in Fachkreisen in Frage ge- stellt. In weiterer Folge wurden das In- stitut für Risikofor- schung der Univer- sität Wien und die TU Bergakademie Frei- berg mit der Eig- nungsprüfung ver- schiedener Drainage- materialien beauftragt. Der vorlie- gende Bericht, der nur einen kleinen Teil dieser sehr umfangreichen und noch nicht gänzlich abgeschlosse- nen Arbeiten wiedergibt, ermöglicht einen Einblick in die physikalischen Vorgänge beim Füllvorgang einer Notauffanggrube. Die Eindringtiefe von Flüssigeisen in den Porenbau- stoff wird in Theorie und Praxis vor- gestellt, und die Analogie zur be- kannten Penetration und Explosi- onspenetration wird erläutert. Grundsätzliches über Pene- tration Penetration ist ein Gußfehler, der vom Naßgußverfahren her bekannt ist und im schlimmsten Fall als Explosionspenetration vorliegen kann [4]. Man spricht dann von Penetra- tion, wenn der Formstoff mit dem eingedrungenen Metall nicht che- Arbeitssicherheit 91 GIESSEREI-PRAXIS 3/2003 Einsatz und Eignungsprüfung von Porenbaustoffen als Drainagematerial in Notauffanggruben Teil 1: Grundlagen und theoretische Betrachtungen S. Hasse, V. Holubetz, W. Kromp, E. Seidelberger Dr. mont. Stephan Hasse, DISA Industrie AG, Schaffhausen; Mag. Volker Holubetz, Physiker für Technologiefolgenabschätzung; Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Kromp, Leiter des Instituts für Ri- sikoforschung der Universität Wien; Dipl.- Ing. Emmerich Seidelberger, stellv. Institutsleiter des Instituts für Risikoforschung der Universität Wien An den Untersuchungen waren weiterhin betei- ligt: Phillip Baloh, Bernhard Baumann, Stefan Baumann, Bernhard Seiser und Matthias Stei- ger, Mitarbeiter in den Fachbereichen Physik und technische Chemie der Universität Wien Die Sicherheits- einrichtung wird bis dato weder überprüft noch abgenommen » «

Einsatz und Eignungsprüfung von Porenbaustoffen als ... · gleichbar mit der Explosionspene-tration beim Gießen, nur wesentlich heftiger und anfangs vorwiegend in- ... GIESSEREI-PRAXIS

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Zusammenfassung

Sobald Schmelze in festes Drainage-material, in dessen Hohlräumensich Wasser befindet, eindringt unddas Wasser einschließt, ist mit einerschlagartigen Verdampfung desWassers zu rechnen – etwa ver-gleichbar mit der Explosionspene-tration beim Gießen, nur wesentlichheftiger und anfangs vorwiegend in-nerhalb der Drainage. Notauffang-gruben sind Sicherheitseinrichtun-gen, die eine Katastrophe verhin-dern müssen, nachdem alle anderenÜberwachungseinheiten versagt ha-ben. Trotzdem werden diese bis da-to weder überprüft noch von einerBehörde abgenommen. Der vorlie-gende Beitrag weist auf Zusammen-hänge mit den bekannten Phänome-nen der Penetration und der Explo-sionspenetration beim Einsatz desNaßgußformverfahrens hin. Im Zu-ge der Eignungsprüfung sowie derRisikobetrachtung einzelner Drai-nagematerialien für Notauffanggru-ben wurde ein Versuchsaufbau zurpraxisgerechten und zerstörungs-freien Prüfung des Drainagemateri-als entwickelt. Die Prüfung kann so-wohl an einer Probe Drainagemate-rial als auch in der Notauffanggrubeleicht durchgeführt werden.

Einleitung

Im Jahr 2001 kam es während derVorführung einer Notauffanggrube(Modellversuch) in einer deutschenGießerei zu einer Explosion mit er-heblichem Sachschaden.

misch reagiert. Im Falle einer chemi-schen Reaktion des eingedrungenenMetalls mit dem Formstoff sprichtman von Anbrand, Ansinterung odermeistens von Vererzung [3].

Diese hier behandelte, mecha-nisch bedingte Penetration (physika-lische Penetration) wird auch alsechte Penetration bezeichnet.

Ursachen für die mechanisch be-dingte Penetration sind der metal-lostatische Druck, der dynamischeDruck beim Gießen, der Kristallisa-tionsdruck beim Erstarren und einzusätzlicher Gasdruck (Wasser-dampf) bei der Explosionspenetra-tion.

Verlorene Formen (Sandformen),genau wie die Kammern der Notauf-fanggruben, weisen entsprechendder vorliegenden Packungsdichte einbestimmtes Porensystem auf. BeimGießen trifft die Schmelze auf dieKörner der Formoberfläche undkann so lange unter der Wirkung desmetallostatischen Druckes in diePoren der Formoberfläche eindrin-gen (Bild 1), bis sich zwischen derGrenzflächenspannung an derFormoberfläche und dem Penetra-tionsdruck ein Gleichgewichtszu-

Da es sich bei dieser Vorführungum festes Drainagematerial – einenPorenbaustoff, der mit Wasser ge-tränkt war – handelte, wurde dieVerläßlichkeit derartiger Notauf-fanggrubensysteme [1], wie sie auchim VDG-Merkblatt [2] empfohlenwerden, in Fachkreisen in Frage ge-stellt. In weitererFolge wurden das In-stitut für Risikofor-schung der Univer-sität Wien und die TUBergakademie Frei-berg mit der Eig-nungsprüfung ver-schiedener Drainage-materialien beauftragt. Der vorlie-gende Bericht, der nur einen kleinenTeil dieser sehr umfangreichen undnoch nicht gänzlich abgeschlosse-nen Arbeiten wiedergibt, ermöglichteinen Einblick in die physikalischenVorgänge beim Füllvorgang einerNotauffanggrube. Die Eindringtiefevon Flüssigeisen in den Porenbau-stoff wird in Theorie und Praxis vor-gestellt, und die Analogie zur be-kannten Penetration und Explosi-onspenetration wird erläutert.

Grundsätzliches über Pene-tration

Penetration ist ein Gußfehler, dervom Naßgußverfahren her bekanntist und im schlimmsten Fall alsExplosionspenetration vorliegenkann [4].

Man spricht dann von Penetra-tion, wenn der Formstoff mit demeingedrungenen Metall nicht che-

Arbeitss icherheit

91GIESSEREI-PRAXIS 3/2003

Einsatz und Eignungsprüfung von Porenbaustoffen als

Drainagematerial in Notauffanggruben

Teil 1: Grundlagen und theoretische Betrachtungen

S. Hasse, V. Holubetz, W. Kromp, E. Seidelberger

Dr. mont. Stephan Hasse, DISA Industrie AG,Schaffhausen; Mag. Volker Holubetz, Physikerfür Technologiefolgenabschätzung; Univ.-Prof.Dr. Wolfgang Kromp, Leiter des Instituts für Ri-sikoforschung der Universität Wien; Dipl.- Ing.Emmerich Seidelberger, stellv. Institutsleiter desInstituts für Risikoforschung der UniversitätWienAn den Untersuchungen waren weiterhin betei-ligt: Phillip Baloh, Bernhard Baumann, StefanBaumann, Bernhard Seiser und Matthias Stei-ger, Mitarbeiter in den Fachbereichen Physikund technische Chemie der Universität Wien

Die Sicherheits-einrichtung wirdbis dato wederüberprüft nochabgenommen

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Page 2: Einsatz und Eignungsprüfung von Porenbaustoffen als ... · gleichbar mit der Explosionspene-tration beim Gießen, nur wesentlich heftiger und anfangs vorwiegend in- ... GIESSEREI-PRAXIS

stand eingestellt hat. Die Folge ist ei-ne Rauheit der Gußstückoberfläche.Die dem Penetrationsdruck entge-genwirkende Grenzflächenspan-nung wird durch die Kapillarkräftedes Formstoffes (und damit in ersterLinie von der Porosität), von der Be-netzbarkeit der Formoberfläche undvon der Oberflächenspannung be-einflußt. Die Schmelze bildet die vonihr benetzte Sandstruktur der Form-oberfläche mit unterschiedlicher In-tensität (Rauheit Rz, BenetzungstiefeRt) ab. Die Benetzungstiefe Rt er-reicht um so höhere Werte, je größerder Penetrationsdruck Ps, der Korn-radius R, der Porenradius rp und dieDichte der Körner ρk und je kleinerdie Benetzungskenngrößen σg

(Grenzflächenspannung) sowie Θ(Benetzungswinkel) sind.

Der Mindestdruck P (Penetrati-onsdruck Ps), der notwendig ist,damit das schmelzflüssige Metall indie Porenräume eindringen kann,ergibt somit aus

(1)

P Penetrationsdruck [cm Metall-säule]

σg Oberflächenspannung (Grenz-flächenspannung) [g s–2]

Θ Benetzungswinkelrp effektiver Porenradius (Kapil-

larradius) [cm]g Erdbeschleunigung [cm s–2]ρs Dichte der Schmelze [g cm–3]

Die Benetzungstiefe erreicht um sohöhere Werte, je größer der Pene-trationsdruck, der Kornradius desFormstoffes, sein Porenradius unddie Dichte der Körner und je kleinerdie Grenzflächenspannung sind. DerBenetzungswinkel und damit die Be-netzbarkeit einer Formoberflächekann durch die Ausbildung einerGlanzkohlenstoffschicht wesentlichbeeinflußt werden. Für Porenbau-stoffe in Notauffanggruben wärenhier Additive denkbar.

Für ein verfestigtes Formteil ist dieGröße des Porenradius in erster Linievom Kornaufbau (Korngröße, Korn-verteilung), von den Zusätzen (Bin-deranteil, Schlämmstoffe), von derVerdichtungsintensität (Packungs-dichte) und vom Sinterverhalten desFormstoffes abhängig. Gleiches giltfür eine Notauffanggrube mit hydrau-lisch gebundenen Porenbaustoffen.

der Verhältnisse an der GrenzflächeFormwand–Metall wird in Bild 4 ge-zeigt. Die Kapillarkräfte, die im we-sentlichen dem eindringenden Metallentgegenwirken, sind um so größer,je kleiner der Porenradius ist:

Daraus ergibt sich die Abhängig-keit der Rauhtiefe Rt vom metallosta-tischen Druck. Folgende Begriffesind ableitbar:– Rauheitsdruck; er ist diejenige

kritische Druckgröße, bei der dieOberfläche der Schmelze in dieOberflächenporen der Formwandeinzudringen beginnt, d. h., beider eine Rauheit erstmals auftritt.

– Rauheitsüberdruck; diese Größeführt zur Erhöhung der RauhtiefeRt; der Rauheitsüberdruck ent-spricht der Differenz zwischenwirksamem Druck und Rauheits-druck.

– Penetrationsdruck; er bezeichnetdiejenige kritische Druckgröße, beider die Schmelze durch die obersteKornschicht hindurchdringt. Vonhier aus füllt die Schmelze auchohne weitere Druckerhöhung diePorenräume der Formwand biszum Auftreffen auf die nächsteKornschicht (Kapillarräume) aus.

Einflußgrößen auf die Penetrationsneigung

Grenzflächenspannung σgDie Grenzflächenspannung vonGußwerkstoffen auf der Basis Fe-Cerreicht relativ hohe Werte. Die

So zeigt Bild 2 den Zusammen-hang zwischen der Schüttdichte desFormsandes und der Gußstückhöheund Bild 3 den Zusammenhang zwi-schen mittlerer Korngröße desFormsandes und der Gußstückhöhe,bei denen Penetrationen auftreten.

Eine schematische Darstellung

Arbeitss icherheit

92 GIESSEREI-PRAXIS 3/2003

Bild 1. Eindringtiefe von flüssigem Stahl in die Formwand in Abhängigkeit vom ferrostatischenDruck und unter Berücksichtigung der mittleren Korngröße des Formstoffes [11]

Bild 2. Zusammenhang zwischen der Schüttdichte des Form-sandes und der Gußstückhöhe, bei der Penetration auftritt [4]

Bild 3. Zusammenhang zwischen mittlerer Korngröße des Form-sandes und der Gußstückhöhe, bei der Penetration auftritt [4]

Kapillarkraft = 2 Oberflächenspannung

Kapillarradius

×

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Höhe der Grenzflächenspannungwird vor allem von der chemischenZusammensetzung der Hauptbe-standteile und vom Vorhandenseingrenzflächenaktiver Elemente (Bis-mut, Blei, Phosphor, Silicium u. a.)beeinflußt. Eine starke Erhöhungder Grenzflächenspannung wirdauch durch den Zusatz von Cer, Na-trium und Zirkonium erreicht.

Benetzungswinkel Θ,Benetzungsspannung σbDie Benetzung zwischen einer Me-tallschmelze hoher Temperatur undgroßem chemischem Reaktionsver-mögen und einem porösen Fest-körper wird durch den Benetzungs-winkel und die Benetzungsspan-nung σb = σgcos Θ charakterisiert.

Der Benetzungswinkel und damit

so kann für den Porenradiusr = 0,154 R angenommen werden.

Wie erwähnt ist für ein verfestigtesFormteil die Größe des Porenradiusin erster Linie abhängig vomKornaufbau (granulometrische Ei-genschaften des Formgrundstoffes,z. B. Korngröße, Kornverteilung) von den Zusätzen (Binderanteile,Schlämmstoffe), von der Verdich-tungsintensität (Packungsdichte) undvom Sinterverhalten des Formstof-fes. Letzteres kann zu einer Verände-rung der Porendimensionen führen.

Es wird auch deutlich, daß dieGasdurchlässigkeit des Formstoffesein guter Indikator im Hinblick aufdie zu erwartende Rauhigkeit desGußteils ist.

Unter der Annahme, daß sich diePorosität während der mechanisch-thermischen Beanspruchung nichtändert, kann man den kritischenmetallostatischen Druck h, bei demdas Metall in den Formstoff eindrin-gen kann, annähernd aus den Form-stoffkennwerten Gasdurchlässigkeitund Porosität ermitteln:

(2)

Zusammenhang Gasdurch-lässigkeit – Penetration

In Bild 5 ist der Zusammenhang vonRauhtiefe und Gasdurchlässigkeitdargestellt [11]. Neben der Variationder Körnung wird die Rauhigkeit derGußstückoberfläche erheblich durchZusatzstoffe verbessert. Die Zugabevon Feinanteilen (Schamottemehl,Quarzmehl) führt zu einer geringfügi-gen Verbesserung der Oberflächen-qualität der Gußteile bei gleichzeitigerstarker Verminderung der Gasdurch-lässigkeit (Wirkungslinie 1 in Bild 5).Dagegen bewirkt eine Zugabe vonKohlenstaub (Glanzkohlenstoffbild-ner) eine bedeutende Verringerungder Rauhigkeit der Gußteile, ohne dieGasdurchlässigkeit stark zu beein-trächtigen (Wirkungslinie 3 in Bild 5).

Unter Einwirkung der Gießtem-peratur erweicht die Kohle und bil-det einen Schutzfilm. Es entstehteine reduzierende Atmosphäre. DieAusscheidung von Glanzkohlenstoffauf der heißen Formwand vermin-dert die Benetzbarkeit durch dieSchmelze.

die Benetzbarkeit einer Formober-fläche kann durch die Ausbildungeiner Glanzkohlenstoffschicht we-sentlich beeinflußt werden. Für Not-auffanggruben gilt das in gleicherWeise bei Benutzung von Additiven.

Porenradius rp (Körnungsein-fluß)Obwohl die Formstoffzusammen-setzung Einfluß auf die KenngrößenGrenzflächenspannung σg ·Kontakt-winkel Θ nimmt, wird die Rauheiteines Gußteils (bei Notauffanggru-ben ist Rauheit mit derEindringtiefe des flüs-sigen Metalls in die Po-renbaustoffe zu verste-hen) in erster Linievon der Körnung desFormgrundstoffes, vonder Verdichtungsin-tensität und von einergezielten Behandlungder Formoberfläche bestimmt. Diessind zugleich die wichtigsten tech-nologischen Möglichkeiten zur Ein-flußnahme auf die Oberflächenqua-lität.

Unter dem Porenradius rp ver-steht man den Radius jener Kugel,die von mindestens drei sichberührenden kugelförmigen Kör-pern eingeschrieben werden kann.

Ist R der Radius der kugelförmi-gen Sandkörner oder des Baustoffes,

Arbeitss icherheit

93GIESSEREI-PRAXIS 3/2003

Bild 4. Mit verringertem Kapillarradius wächstder Widerstand gegen ein Eindringen (Penetra-tion) der Metallschmelze in den Formstoff [11]

Bild 5. Zusammenhang Gasdurchlässigkeit–Rauhtiefe [11]. Zusätze: Koksmehl, Schamottemehl,Quarzmehl; 1 grober Sand, ohne Glanzkohlenstoffbildner; 2 Basissand, ohne Glanzkohlenstoffbild-ner; 3 Basissand mit 5 % Glanzkohlenstoffbildner

Für ein verfestig-tes Formteil istdie Größe desPorenradius

abhängig vomKornaufbau

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Die Wirkung von Schlichten undSchwärzen auf die Vermeidung vonPenetration am Gußteil beruht zumeinen auf der Verringerung des Po-renraumes an der Formoberfläche,was das mechanisch bedingte Ein-dringen von Schmelze erschwert.Zum anderen werden durch die Ver-wendung feuerfester Grundstoffe diethermochemischen Wechselwirkun-gen vermindert. Auch hier sind un-mittelbar Rückschlüsse für Notauf-fanggruben zulässig.

Explosionspenetration

Eine besondere Form der physika-lisch bedingten Penetration ist dieExplosionspenetration. Zusätzlichzu den statischen und dynamischenBelastungen beim Gießen kommt eszu einer explosiven Verdampfungvon Wasser beim Auftreffen desflüssigen Metalls auf die nasseFormwand. Damit verbunden istein Gasstoß, der zum Eindringenvon Metall in die Porenräume führt.Die Ursache und den Bildungsme-chanismus dieses Fehlers, hierschon unter Berücksichtigung von

peraturbelastung der Fundamente),wurden die physikalischen Datenvon Porenbaustoffen und deren Mo-difikationen erhoben, und anschlie-ßend grundsätzliche Berechnungendurchgeführt1 [6]. Der zeitliche Ver-lauf eines möglichen Unfalls (sieheTafel 1) bei einem wassergekühltenElektroofen wurde als Initialereignisebenfalls nachvollzogen.

Ein solcher Verlauf eines Unfallsstellt noch die geringsten Anforde-rungen an eine Notauffanggrube(kein Spritzeisen, kein Fließstau mitanschließendem Schwallfluß etc.).Weniger belastet wäre eine Notauf-fanggrube nur, wenn etwa nur einkleiner Teil des Ofeninhalts ausrin-nen würde oder es dem Betriebsper-sonal gelänge, einen Notabstich inPfannen zu realisieren.

Das oben dargestellte Unfallsze-nario wurde für die nachfolgendenBerechnungen zugrunde gelegt. Eswurden einerseits Messungen anden zum Einsatz kommenden Mate-rialien durchgeführt, andererseitsfanden grundlegende AnnahmenVerwendung, die auch für die vorhe-rige Betrachtung der Explosionspe-netration von Bedeutung sind.

Das Ausströmverhalten einerOfenanlage100-t-Warmhalteofen (Induktionsrin-nenofen)Ferrostatischer Druck auf die Bo-denflächenelemente

p = g·ρ·h ≈ 3 bar (3)

mit h = 4 m und ρ = 6900 kg/m3

Ausströmöffnung (Leckage) Al = 1 dm2

Die Volumenänderung durch dieLeckage ist durch folgende Glei-chung gegeben:

Porenbaustoffen in Notauffanggru-ben, zeigt Bild 6.

Der Fehler äußert sich vor allemin der Ausbildung örtlich begrenzterPenetration, in verstärkter Gratbil-dung und in oberflächennahen Gas-blasen (Wasserdampf). Das Auftre-ten dieses Fehlers ist verbunden mitder erhöhten Dichte der Formenund den höheren Gießleistungen beimodernen Formanlagen, wodurches mit einer Erhöhung der Wärme-übergangsbedingungen zu einerspontanen (explosiven) Verdamp-fung des Wassers kommt.

Dieser Explosions-penetration kommt fürNotauffanggruben be-sondere Bedeutung zu,da hier das Wasserebenso wie die flüssigeSchmelze ungehindertin die Poren eindringen

kann. Je größer die Poren des Drai-nagebetons zur raschen Wasser- undWasserdampfableitung sind und jegeringer die Wärmeleitfähigkeit zumSchutz der Fundamente ist, um soweiter kann Flüssigmetall eindrin-gen und letztlich zu einer Explosionführen. Deshalb muß ein sicheresAbfließen des Wassers gewährlei-stet, gleichzeitig aber auch ein sofor-tiges Schließen bzw. Versintern [5]der Oberfläche erreicht werden.

Porenbaustoffe – physikalischeGrundlagen

Um Notauffanggruben unter Be-rücksichtigung von Ofentyp und-größe sowie der in Frage kommen-den Flüssigschmelze richtig dimen-sionieren zu können (Wasser- undDampfableitung, Aufnahme und Ab-leitung der statischen und dynami-schen Kräfte ins Fundament, Tem-

Arbeitss icherheit

94 GIESSEREI-PRAXIS 3/2003

Zeit [min] Ereignis sichtbare Folgen

Ereignis Versagen der Ofenausmauerung keine

00–10 Überhitzung der Wandung lokale Rötung des Materials

05–10 eventuell Überhitzung der eventuell Ansprechen eines Kühlwasserverrohrung Überdruckventils

10 Versagen der Wandung, Austritt Tropfenweiser Austritt von von Kühl- und Notwasser Flüssigmetall

10–15 Ausrinnen des gesamten immer wieder Ofeninhalts heftige Reaktionen

ab 10 Zusammentreffen von Flüssig- schlagartige Verdampfung von etwaig in der Grube

metall und Wasser in der Grube befindlichem Wasser

10–15 Füllung der Auffangkammern

Bild 6. Entstehung/Ablauf der Explosionspenetration bei Poren-baustoffen, schematisch:1. Aufprall des flüssigen Metalls auf den nassen Porenbaustoff.

Eindringen von Schmelze in die Poren und inniger Kontakt inBruchteilen von Sekunden mit der durchfeuchteten Bindema-trix.

2. Erhöhter Wärmeübergang auf das in diesem Bereich befindli-che Wasser.

3. Die Schmelze beginnt zu erstarren. Dampf wird eingeschlos-sen und expandiert weiter.

4. Es kommt zur explosionsartigen Entspannung, die dazuführt, daß Risse und/oder Löcher im Porenbaustoff entste-hen.

5. Noch nicht erstarrte Schmelze gelangt in Zonen außerhalbdes Porenbaustoffes, die naturgemäß noch feuchter sind(z.B. Pumpensumpf).

6. Es kommt zu einem „Aufschaukeln“ des Gefahrenpotentials.

1 Erste Datenerhebungen zu festen Porenbau-stoffen für Notauffanggruben wurden bereits1994 vom Forschungszentrum Seibersdorf/Österreich durchgeführt.

Tafel 1. Zeitlicher Verlauf eines möglichen Unfalls

Es muß ein sofor-tiges Schließen,bzw. Versinternder Oberflächeerreicht werden

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(4)

wobei v(h) die Geschwindigkeitdurch die Leckagefläche Al ist. V0 istdas Anfangsvolumen und t die Aus-strömzeit.

(4)

mit A0 = Ofengrundfläche.

Eingesetzt ergibt das eine Differen-zialgleichung für V (t):

(6)

Das führt auf eine exponentiell ab-nehmende Funktion (Bild 7).

Zur Vereinfachung des weiterenVerlaufs, insbesondere des Füllensder Notauffangkammern mit Flüs-sigeisen, wurde jedoch ein linearesAusströmen angenommen. Dasstimmt, über die Gesamtzeit gemit-telt, sehr gut mit der Funktion übe-rein und ist darüber hinaus für 90 %der Zeit eine konservative Annah-me.

Die gemittelte Ausströmge-schwindigkeit beträgt für den linea-ren Verlauf somit v = 5 m/s

Das gemittelte ausströmende Volu-men pro Zeit daher:V˚ = v·Al (7)

V˚ = 5·0,01 m3/s = 0,05 m3/s

Wasseraufnahme und PorositätDie Bestimmung der Porosität er-folgte nach EN 993-1 [7]. Dazu wur-den dem Porenbaustoff Segmenteentnommen, und die Wasserver-drängung wurde ermittelt. Nachdem Abtropfen wurden die Segmen-te zurückgewogen und die Wasser-aufnahme bestimmt (Tafel 4).

Die Dichte errechnet sich mit Hilfedes Trockengewichtes der einzel-nen Segmente in [g] und derenWasserverdrängung in [ml]. DieDifferenz von Dichte zu Rohdichteergibt das Porenvolumen pro Ge-wichtseinheit und somit die offenePorosität in [%] (Tafel 5).Die offene Porosität beträgt dem-nach für den Porenbaustoff zwi-schen 38 % und 45 %. In der Folgewurde mit einem Mittelwert von41 % gerechnet.

GasdurchlässigkeitDen Messungen zur Gasdurchläs-sigkeit wurde zugrunde gelegt, daßsich Luft unter Normalbedingungenund Sattdampf gleich verhalten.Dieser Grundsatz wird erst beihohen Drücken (>10 bar) verletzt.

Es rinnen daher im Mittel 350 kgEisen pro Sekunde in die Grube.

Die Wassermenge in einer NotauffanggrubeAnnahmen:– Kühlsystem der Ofenanlage mit

20 m3/h Durchlauf– 2000 l im System (Auslauf in ca.

4 min)– Notwasser: 250 l/min– ∅ Kühlrohr 2 Zoll (5,1 cm)– Pin =7·105 Pa– Paus=4·105 Pa– Ausströmgeschwindigkeit bei 2F

Bruch v = 2 m/s

In den Minuten, die zwischen demersten Austritt von Kühlwasser unddem Ausrinnen des Ofeninhalts lie-gen, fließen daher mehr als 1000 lWasser in die Grube.

Rohdichte des PorenbaustoffesZur Bestimmung der Rohdichte wur-de unter Praxis-Bedingungen das Ma-terial in einen definierten Hohlkörpermit V = 19,23 dm3 eingebracht.Probe 1 (Mindestmenge Wasser

beim Mischvorgang) Probe 2 (Höchstmenge Wasser

beim Mischvorgang)

Die Proben wurden bei Raumtem-peratur bis zur Gewichtskonstanzgetrocknet, und die Rohdichtewurde bestimmt (Tafel 2).Für die Berechnung der Porositätwurden die beiden Proben bei600 °C auf Gewichtskonstanz ge-trocknet, und die Dichte wurde er-neut bestimmt (Tafel 3).

Arbeitss icherheit

95GIESSEREI-PRAXIS 3/2003

V t V v h A dhl

t

( ) ( )max

= − ⋅∫00

v h t g h t

v tg V t

A

( ( )) ( )

( )( )

= ⋅

= ⋅

2

2

0

und daher

V t V A V t dtlg

A

t

( ) ( )max

= − ⋅ ⋅ ∫02

00

Bild 7. Ausströmverhalten eines 100-t-Ofens bei bodennaher Leckage von 0,01 m2

Tafel 2. Rohdichte der Proben

Probe Raum- Auswaage Rohdichtevolumen

1 19,23 dm3 27,55 kg 1,433 kg/dm3

2 19,23 dm3 29,45 kg 1,531 kg/dm3

Tafel 3. Dichte der Proben

Probe Ein- Aus- Wasser- Wasser- Dichtewaage waage verlust gehalt[kg] [kg] [kg] [%] [kg/dm3]

1 27,55 25,37 2,18 8,03 1,319

2 29,45 27,02 2,43 8,34 1,405

Tafel 4. Wasseraufnahme der Proben

Probe Segment- H2O-Ver Naß- H2O- gewicht dräng. [ml] gewicht Aufnahme

Gewicht[kg] [g] [g] [%]

1 819,3 346,0 934,9 115,6 14,11

2 1040,2 458,1 1179,1 138,9 13,35

Tafel 5. Porosität der Proben

Probe Dichte Roh- Poren- Poro-dichte volumen sität

[g/cm3] [g/cm3] [g/cm3] [%]1 2,368 1,319 1,049 44,30

2 2,271 1,405 0,866 38,13

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Die Gasdurchlässigkeitszahl (Gd)wurde nach den genormten Prüf-vorschriften mit der Überdruckme-thode bestimmt. Sie gibt an, wievielcm3 Gas bei einem Überdruck von1 mbar in einer Minute durch denPrüfkörper (h = 5 cm, Ø = 5 cm)strömt.Es wurden zwei Proben gemessen.Die Messung wurde wiederholt,nachdem die Proben mit Wasser ge-tränkt worden waren.

Die Gasdurchlässigkeit ist damit,wie erwartet, für Porenbaustoffeausreichend hoch für eine Dampf-abfuhr2.

Berechnung der Eindringtiefe Modell 1. Kapillarmodell

Ansatz und grundsätzliche Überle-gungenBeim ersten Modell wird der dieNotauffanggrube auskleidende Po-renbaustoff vereinfacht als Körperdargestellt, der von Kapillaren, alsokleinen Röhrchen, durchzogen ist.Dabei wurde in Analogie zum Prüf-bericht [8] ein mittlerer Kapillar-durchmesser von 4 mm angenom-men. Zur Berechnung wurde die

abhängigkeit der Viskosität vonGußeisen ein und den Umstand, daßsämtliche Druckdifferenzenergie dPin Reibung umgewandelt wird, soergibt sich

(8)

l(t) Eindringtiefe in mh(t) Füllhöhe in mg Erdbeschleunigung

(9,81 m/s2)d Kapillarendurchmesser in

m (0,004 m)η[T(t)] dynamische Viskosität in

Abhängigkeit der Tempera-tur in kg/sm

T(t) Temperatur der Schmelze inAbhängigkeit der Zeit

Das Abkühlungsverhalten derSchmelze läßt sich über das New-tonsche Abkühlungsgesetz bestim-

men:

(9)

T1 Temperatur des Materials bzw.der Luft

α WärmeübergangskoeffizientA FlächeT2 Temperatur der Wandung bzw.

der Luftc Wärmekapazitätm Masse des Eisens

Viskositätswerte von Gußeisen wur-den aus Piwowarsky [9] entnom-men und mit einer Regressionsfor-mel auf überhitztes Gußeisen extra-poliert, um auch Extremfälleberücksichtigen zu können (Bild 9).

Bernoulli-Gleichung verwendet unddie Eindringtiefe unter Berücksich-tigung der Viskosität η errechnet.

Vernachlässigt wurde jedoch derTemperaturverlauf – sowohl das Er-wärmungs- und Abkühlungsverhal-ten des Porenbaustoffes als auch dieErkaltung der Schmelze. Nicht nurdie Temperatur, sondern auch derferrostatische Druck wurde in die-sem Modell (1.1) mit einer Höhe von1,2 m als konstant angenommen.Folglich wurde der niedrigere Druckauf die Seitenwände der Grube nichtberücksichtigt. Im erweiterten Mo-dell 1.2 wurde dann eine Änderungder Temperatur – und daraus resul-tierend auch eine Veränderung derViskosität – betrachtet.

BerechnungBei der Berechnung der Eindring-tiefe mit Hilfe der Bernoulli-Glei-chung wurde davon ausgegangen,daß sämtliche aus dem ferrostati-schen Druck resultierende Energiein Reibung umgesetzt wird. In derKapillare muß sich für diesen Falllaminare Strömung ausbilden;daher nimmt die Reynoldsche Zahleinen fixen Wert an.

Formel zur Berechnung der Ein-dringtiefe nach Modell 1.1:

l = [h(t)2 g a/(bη2)]1/3

a Reibungskoeffizient des Poren-baustoffes

Der Faktor a ist eine materialspezi-fische Größe, b ergibt sich aus derHerleitung mit 2·322.

Führt man nun die Temperatur-

Arbeitss icherheit

96 GIESSEREI-PRAXIS 3/2003

Tafel 6. Gasdurchlässigkeit der Proben

Probe Dichte Gd Gd[g/cm3] trocken naß

1 1,49 2 890±400 470±26

2 1,62 1 250±160 313±17

2 Im Zuge der Untersuchungen ebenfalls ge-messene lose Drainagierungen zeigen imtrockenen Zustand eine um die Hälfte kleine-re Gd, im nassen Zustand eine 5-10 mal klei-nere Gd, und sind daher für die in Notauf-fanggruben nötige entspannte Dampfabfuhrungeeignet.

Bild 8. Schematische Darstellung der Kapillare

Bild 9. Viskosität in Abhängigkeit von der Zeit

dTdt

Ac m T T

1

1 2= − ⋅

⋅ ⋅ −α( )

Page 7: Einsatz und Eignungsprüfung von Porenbaustoffen als ... · gleichbar mit der Explosionspene-tration beim Gießen, nur wesentlich heftiger und anfangs vorwiegend in- ... GIESSEREI-PRAXIS

Dabei zeigt sich, daß sich die Vis-kosität ab ca. 1450 °C nur mehr un-wesentlich ändert und sich asym-ptotisch einem Wert bei 0,0013 Pa·s(Poise) nähert.

Nimmt man nun Eisenschmelzevon konstant 1500 °C an – auf Grunddes steten Nachfließens wird dieTemperatur in einer Kammer derNotauffanggrube lange gehalten –,so ergibt sich aus obigen Überlegun-gen eine theoretische Eindringtiefevon 9,8 mm.

Modell 2: Linearer Temperatur-verlaufAnsatz und grundsätzliche Überle-gungenDem zweiten Modell liegt die Über-legung zugrunde, jenen Punkt in derNoteisengrubenbeschichtung zu fin-den, an dem der Schmelz- bzw. Er-starrungspunkt von flüssigem Eisenerreicht wird. Dabei wurde ver-nachlässigt, daß die Umgebungs-temperatur nicht gleich der Tempe-ratur der eingedrungenen Schmelzeist. Auch Viskositäts- und Reibungs-überlegungen wurden außer achtgelassen.

Spezifische KontaktflächeDie spezifische Kontaktfläche ist alsKornfläche des Porenbaustoffes, diedurch Flüssigmetall kontaktiertwird, definiert, und hängt somit di-rekt von der Eindringtiefe ab. Diespezifische Kontaktfläche solltedaher möglichst klein gehalten wer-den, da an den KontaktflächenDampf oder H2-Explosionen entste-hen können.

Zur Berechnung derspezifischen Kontakt-fläche ist zunächst dieMessung (Siebanalyse)und Berechnung dertheoretischen spezifi-schen Oberfläche desPorenbaustoffes nötig.Mit Hilfe des Eckig-keitsgrades kann diewirkliche spezifische

Oberfläche ermittelt werden, dieschließlich zur spezifischen Kontakt-fläche führt.• spezifische Kontakfläche [cm2] =

wirkliche spezifische Oberfläche[cm2/g] × Kontaktvolumen[cm3] × Dichte [g/cm3]

• wirkliche spez. Oberfläche[cm2/g] = Eckigkeitsgrad × theo-retische spezifische Oberfläche[cm2/g]

• Kontaktvolumen [cm3] = Kon-taktfläche [cm2] × Eindringtiefe[cm]

Annahme:• Dichte des Porenbaustoffes:

1,3 g/cm3

• Eckigkeitsgrad: 1,7 (splittrigesKorn)

• Eindringtiefe: 20 mm (Ver-suchsergebnisse und Wert imunteren Bereich der theoretischeÜberlegungen)

• Kontaktfläche: 1 m2

Die theoretische spezifische Ober-fläche wird aus der Siebanalyse desPorenbaustoffes berechnet, wobeiangenommen wird, alle Körner sindKugeln. Nach einer Siebdauer von15 Minuten werden die einzelnenSiebfraktionen bestimmt und mitden entsprechenden Multiplikato-ren multipliziert.

Die so erhaltenen Produkte wer-den addiert und durch die Einwaagedividiert. Das Resultat ist die theore-tische spezifische Oberfläche incm2/g, wenn alle Körner Kugelformhätten. Bei der Untersuchung ver-schiedener Porenbaustoffe ergab

BerechnungenIm Modell 2 wird ein linearer Tem-peraturverlauf von konstant1600 °C auf der Seite der Schmelzezu 20 °C auf der gekühlten Seite deshaufwerksporigen Einkornbe-tonkörpers angenommen. Durchtriviale Schlußrechnungen kommtman bei 20 cm Materialstärke aufein Erreichen der Erstarrungstem-peratur in 3,35 cm Tiefe.

Wird auf der gekühlten Seite eineTemperatur von 100 °C erreicht, soliegt die Erstarrungstemperatur ineiner Tiefe von 3,4 cm; bei einerTemperatur von 500 °C beträgt dieTiefe 4,5 cm.

Wie man leicht sieht, kann diesesModell nur näherungsweise zur Be-stimmung der Eindringtiefe heran-gezogen werden, da auf beiden Sei-ten des Porenbaustoffes eine Tempe-raturänderung stattfindet und folg-lich auch die Temperatur im Innerennicht konstant bleibt.

Die Eindringtiefe von Eisen-schmelze in Porenbaustoffe liegtaufgrund theoretischer Überlegun-gen daher bei 1 bis 5 cm.

Arbeitss icherheit

97GIESSEREI-PRAXIS 3/2003

Die Eindring-tiefe von

Eisenschmelzenliegt bei

1 bis 5 cm

»

«

Tafel 7. Eindringtiefen bei unterschiedlichenTemperaturen der Eisenschmelze

T [°C] l [mm]1800 10,11700 10,11600 10,01500 9,81450 9,61400 9,21350 8,61300 7,81250 6,61200 5,3

Bild 10. Eindringtiefe in Abhängigkeit von der Ausflußtemperatur der Eisenschmelze

Bild 11. Schematische Darstellung des Berechnungsmodells 2

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sich eine mittlere theoretische spezi-fische Oberfläche von 12,5 cm2/g.Somit ergibt sich mit dem Eckig-keitsgrad von 1,7 für splittrigesKorn eine wahre spezifische Ober-fläche von ca. 21 cm2/g.

Pro m2 Kontaktfläche führt diesunter Berücksichtigung der 2 cmEindringtiefe auf ein Kontaktvolu-men von 20 000 cm3 (20 l). Somitberechnet sich diespezifische Kontakfläche [cm2]= wirkliche spezifische Oberfläche

[cm2/g] ×× Kontaktvolumen [cm3] × Dichte [g/cm3]

= 21 cm2/g × 20 000 cm3 × 1,3 cm3/g

= 546 000 cm2 = 54,6 m2

Bei einer Wasseraufnahme von14 % befinden sich im Kontaktvolu-men etwa 2,8 l Wasser, die mit Flüs-sigmetall kontaktieren. Aufgrundder Porosität von ca. 41 % ent-spräche dies einer Flüssigeisenmen-ge von 8,2 l (ca. 57 kg)!

Zusammenfassung und Schlußfolgerung

Sobald Flüssigschmelze Wassereinschließt, ist mit einer Dampfex-plosion [10] zu rechnen. Dabeigenügen geringste Mengen an Was-ser – entscheidend ist jeweils derZeitfaktor. Seit Porenbaustoffe alsfeste Drainage Verwendung finden,kommt der Explosionspenetration

stand wird durch die Verwendungungeeigneter Zuschlagsstoffe sowiedurch eine hohe Festigkeit der Drai-nage insgesamt verstärkt. Die Bin-dematrix sollte lediglich zur Erhal-tung der Poren dienen. Sie sollte„nachgeben“ und dem Dampf Quer-verbindungen schaffen. Die Aufnah-me der statischen und dynamischenKräfte muß durch die Konstruktion,und darf nicht durch den Porenbau-stoff erfolgen.

Porenbaustoffe als festes Draina-gematerial in Notauffanggrubenhaben gegenüber einer losen Drai-nage entscheidende Vorteile, sofernsie die Grundvoraussetzungen erfül-len:• Wasser und Wasserdampf müs-

sen durch bzw. innerhalb derDrainage abgeleitet werden.

• Das Eindringen von Schmelze inden Drainagebaustoff (der Kon-takt zwischen Schmelze und Was-ser) muß durch geeignete Maß-nahmen wie etwa Additive bzw.Aufschmelzen der Drainageober-fläche wirkungsvoll verhindertwerden. �

Der zweite Teil dieser Arbeit, eineMöglichkeit der risikolosen Prü-fung beider Hauptanforderungen,wird in Heft 4 (Aprilausgabe 2003)der GIESSEREI-PRAXIS vorgestellt.

für Notauffanggruben besondereBedeutung zu, da hier das Wasserebenso wie die flüssige Schmelze

ungehindert in diePoren eindringenkann. Je größer diePoren des Draina-gebetons zur ra-schen Wasser- undWasserdampfablei-tung sind und je ge-ringer die Wärme-leitfähigkeit zumSchutz der Funda-

mente ist, um so weiter dringt Flüs-sigmetall ein und kann letztlich eineExplosion auslösen. Dieser Um-

Arbeitss icherheit

98 GIESSEREI-PRAXIS 3/2003

Die Aufnahmeder physikali-schen Kräfte

muß durch dieKonstruktion

erfolgen

»

«

Schrifttum

[1] Siegmund, E.: Die Notauffanggrube –Anforderungen, Konstruktion, Mate-rial, Funktion. Gießerei Praxis (1995)7/8.

[2] Verein Deutscher Gießereifachleute(VDG) (Hrsg.): Ausführung von Notauf-fanggruben. VDG Merkblatt, Düsseldorf(2001), S 80.

[3] Hasse, S. (Hrsg.): Gießerei Lexikon,Vol. 18, Schiele & Schön, Berlin, 2001.

[4] Hasse, S.: Guß- und Gefügefehler,Schiele & Schön, Berlin, 1999.

[5] Rudolph, A.: Beitrag zur Betriebssi-cherheit von Induktionsöfen. BerichtNr. 26 des Fachausschusses Schmelz-technik im VDG. Giesserei 75 (1988)Nr. 22, S. 656–657.

[6] Kromp, W., et al.: Dampfexpansionsver-

halten in Notauffanggruben. BerichtNr.24a, Institut für Risikoforschung derUniversität Wien, Wien, 1998.

[7] EN 993-1 – Prüfverfahren für dichte ge-formte feuerfeste Erzeugnisse.

[8] Seifert, H.: Prüfbericht zur Untersu-chung von Porenbeton für Drainagevon Notauffanggruben. Institut für Si-likattechnik, Freiberg, 2002.

[9] Piwowarsky, E.: Hochwertiges Gußei-sen (Grauguß): seine Eigenschaftenund die physikalische Metallurgie sei-ner Herstellung, Springer, Berlin 1958.

[10] Lafrenz, B.: Physikalische Explosionen.Schriftenreihe der BAfAA, Wirtschafts-verlag NW, Dortmund 1997.

[11] Flemming, E.; W. Tilch: Formstoffe undFormverfahren, Deutscher Verlag fürGrundstoffindustrie, Leipzig/Stuttgart1993

Tafel 8. Siebanalyse der Proben

Maschen- Multipli- Kornanteil Probe 1 Kornanteil Probe 2 Produkt weite kator Probe 1 Probe 2[mm] [g] [%] [g] [%]

7 0,3 - 11,00 5,40 - 1,62

6 0,6 0,50 0,10 - 0,06 -

5 1,2 - 31,50 15,40 18,48

4 2,4 14,10 3,10 - 7,44 -

3 4,7 64,70 14,00 40,00 19,60 65,80 92,12

2 9,4 243,80 52,80 56,00 27,40 496,3 257,56

1 18,8 122,00 26,40 35,00 17,10 496,32 321,48

0,5 37,5 11,60 2,50 31,05 15,20 93,7 570,00

0,25 75 5,00 1,10 - 82,50 -

Summe 461,70 100,00 204,55 100,10 1242,19 1261,26