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1 Ausarbeitung des Vortrags EKG, EEG und EMG Im Rahmen des Hauptseminars in Experimentalphysik Universität Duisburg-Essen Campus Duisburg „Physikalische Grundlagen der medizinischen Diagnostik“ im SS 2006 Datum des Vortrags 22.06.2006 Von Nathalie Reckers Betreuer: Dr. C. Meier

EKG, EEG und EMG - uni-due.de · PDF file5 Vier Jahre später (1929) konnte man mit Nadelelektroden einzelne motorische Einheiten registrieren, dies gelang Adrian und Bonk. 4. Theorie

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Ausarbeitung des Vortrags

EKG, EEG und EMG

Im Rahmen des Hauptseminars in Experimentalphysik

Universität Duisburg-Essen

Campus Duisburg

„Physikalische Grundlagen der medizinischen Diagnostik“

im SS 2006

Datum des Vortrags 22.06.2006

Von Nathalie Reckers

Betreuer: Dr. C. Meier

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Inhaltsverzeichnis 1. Motivation

2. Begriffserklärung

3. Geschichte

3.1. Geschichte des EKG

3.2. Geschichte des EEG

3.3. Geschichte des EMG

4. Theorie

4.1. Membrankanäle für Ionen

4.2. Na-K-Pumpe

4.3. Ruhepotenzial

4.4. Aktionspotenzial

5. EKG

5.1. Theorie EKG

5.2. Anatomie des Herzen

5.3. Schema eines Herzmuskels

5.4. Normales EKG und seine Entstehung

5.5. Art der Ableitungen

5.6. Beispiele

5.7. Anwendungen

6. EEG

6.1. Theorie EEG

6.2. Elektrodenpositionen und ihre Verschaltung

6.3. Probleme bei der Messung

6.4. Verstärker

6.5. Wellenarten und ihre Bedeutungen

6.6. Beispiele

6.7. Anwendungen

7. EMG

7.1. Reizpunkte

7.2. Anwendungen

7.3. Beispiele

Quellenangaben

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1. Motivation

Im Rahmen dieses Vortrags wird das Thema „EKG, EEG und EMG“ behandelt. Bei diesen

drei Methoden handeln es sich um diagnostische Verfahren, welche es schon sehr lange gibt

und die einen wichtigen Stellenwert in der Medizin haben.

2. Begriffserklärung

Um eine kurze Übersicht zu geben, welche Art der Diagnostik betrachtet wird, soll zunächst

eine Erklärung der einzelnen Begriffe gegeben werden.

EKG, bedeutet Elektrokardiographie. Dies beinhaltet das Messen von Aktionsströmen des

Herzens durch Anlegen von Elektroden an den Körper.

EEG, bedeutet Elektroenzephalographie. Hier werden Aktionsströme des Gehirns gemessen,

indem man Elektroden an der Kopfhaut befestigt.

EMG, bedeutet Elektromyographie. Diese Art der Diagnostik dient zur Feststellung des

elektrischen Aktionspotentials der Muskulatur.

3. Geschichte

3.1. Geschichte des EKG

Das erste EKG wurde 1882 von Waller (Physiologe) durchgeführt. Dabei war sein

Versuchsobjekt sein Hund, von diesem wurden alle vier Pfoten in eine leitfähige

Silberchloridlösung getaucht. Anschließend wurde ein EKG gemessen. Fünf Jahre später,

1887, gelang ihm diese Messung auch an einem Menschen. Jene Messung wurde über eine

Elektrode auf Brust und einer auf dem Rücken bewerkstelligt.

Im Jahre 1895 nahm Willem Einthoven die Versuche Waller wieder auf und wiederholte diese.

Diese Forschung dauerte bis 1901, in dieser Zeit verbesserte er die Versuche Wallers

beständig. 1924 bekam Einthoven für seine Forschung am EKG den Nobelpreis für Medizin

und Physiologie.

Anfangs gestaltete sich die Untersuchung sehr schwierig, da der Aufbau sehr aufwändig war

oder relativ groß. In den 20er Jahren kamen jedoch die ersten fahrbaren EKG-Geräte und in

ab den 30er Jahren bereits die ersten tragbaren Geräte.

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3.2. Geschichte des EEG

1875 wurde das erste Mal durch Richard Caton beschrieben, dass elektrische Phänomene am

Gehirn festgestellt werden konnten. Bei ihm waren die Versuchsobjekte Affen und Kaninchen.

Es dauerte lange, bis die Untersuchungen am Gehirn weitergeführt wurden.

Abb.1: Erstes EEG von Hans Berger.

Daher musste Berger die Messmethode noch verbessern.

Ein Jahr später (1925) wurde das erste EEG am intakten Schädel aufgenommen.

1926-1929 nahm man die ersten gut ausgebildeten α-Wellen auf. Dies ist ein Wellentyp, dem

ein bestimmter Zustand des Patienten zugeordnet werden kann.

3.3. Geschichte des EMG

Als Grundstein für diese Art der Diagnostik und eigentlich auch der beiden anderen

diagnostischen Verfahren war die Entdeckung der Bioelektrizität durch Galvani Ende des

18.Jahrhunderts. Tiefer in die Materie ging die Entdeckung von durch willkürlichen

Kontraktionen erzeugten Strömen in Muskeln durch DuBois-Reymond im Jahre 1851. 15

Jahre später wurde der Terminus „Aktionspotenzial“ eingeführt, dessen Bedeutung im

weiteren Verlauf geklärt wird. Erst 1925 wurde das Konzept der „motorischen Einheit“ durch

Sherrington und Liddell eingeführt. Als motorische Einheit wird eine Muskeleinheit im

Körper angesehen, z.B. der Bizeps.

Erst 1924 wurde von Hans Berger das erste EEG

am Menschen durchgeführt. Dieses EEG wurde

jedoch an einem Menschen mit

Schädeldeckendefekten durchgeführt. Der Patient

hatte Löcher in der Schädeldecke und das EEG

wurde über Nadelelektroden, die in das Gehirn

gestochen wurden, gemessen.

Dieses erste EEG ist in Abbildung 1 dargestellt..

Man kann hier erkennen, dass die Signale stark

verrauscht sind.

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Vier Jahre später (1929) konnte man mit Nadelelektroden einzelne motorische Einheiten

registrieren, dies gelang Adrian und Bonk.

4. Theorie

Damit verständlich werden kann, wie es dazu kommt, dass man diese Aktionsströme messen

kann, muss man zurückgehen bis zu den Grundlagen der Zellphysiologie. Speziell muss man

dabei auf den Stoffaustausch einer Zelle mit ihrer Umgebung eingehen. Hierbei ist es wichtig

zu sehen, dass eine Zelle kein statisches Gebilde ist. Die verschiedenen Räume einer Zelle

stehen untereinander im ständigen Stoffaustausch, genauso verhält es sich auch mit der Zelle

nach außen. Alle Strukturen der Zelle stehen in einem dynamischen Gleichgewicht

miteinander, jedoch erst durch Austausch mit ihrer Umgebung und untereinander entsteht ein

funktionierender Organismus. Im Folgenden sollen zwei wichtige Austauschmechanismen

betrachtet werden.

4.1. Membrankanäle für Ionen

Abb.2: Schema eines K+-Kanals (oben) und seines Energieprofils (unten).

Wie man hier erkennen kann, handelt es sich um

eine Membran. Links davon befindet sich das

Zelleninnere und rechts davon das Zellenäußere.

Durch diese Kanäle in der Membran ist es

möglich, dass Ionen transportiert werden. Auch

lassen sich bei der Permeation von Ionen Ströme

für die einzelnen Kanäle messen. Es hat sich

gezeigt, dass diese Kanäle spontan und

hochfrequent zwischen offenem und geschlossenen

Zustand hin- und herschalten. Wie hier in dem

Beispiel für einen K+-Kanal kann man Stromstöße

von etwa 2 pA (10-12A) Amplitude und einer

mittleren Dauer von einigen Millisekunden

messen. Während einer solchen

„Kanalöffnung“ fließen einige 10000 Ionen.

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In Abbildung 2 sieht man oben den schematischen Aufbau eines K+-Kanals. Dieser enthält

vier negative Festladungen in der Kanalwand, welche hellblau gekennzeichnet sind. Zudem

sieht man ein K+-Ion am inneren Kanaleingang, dieses ist rot dargestellt. Unter der

schematischen Darstellung ist ein Energieprofil des Kanals dargestellt. Hierbei ist die

notwendige kinetische Energie des Ions über den Weg des Ions von der Innenseite zur

Außenseite der Membran aufgetragen. Die Energiemaxima entsprechen

Diffusionshindernissen innerhalb des Kanals. Man nimmt an, dass die Deformationen durch

das Kanalprotein an (1) und (2) spontan oszilliert und das Energieprofil abwechselnd die

ausgezogenen und die gestrichelten Profile annehmen kann. Dies vereinfacht die

Überwindung der Energiebarriere für vor der Barriere gebundene Ionen ungemein.

Dieser Prozess, der hier von innen nach außen dargestellt ist, funktioniert natürlich auch in die

andere Richtung und für andere Ionen.

Dadurch, dass die Ionen durch die Membrankanäle diffundieren können, sollte es zum

Ausgleich der Konzentrationsdifferenz zwischen innen und außen kommen. Es verhält sich

jedoch so, dass die Konzentrationen innen und außen bestehen bleiben. Daher muss es ein

Gleichgewicht zwischen Diffusions- und anderen Transportprozessen über die Membran

geben. Zudem bewegen sich die Ionen mit ihrem natürlichen Konzentrationsgradienten.

4.2. Na-K-Pumpe

Dieses Gleichgewicht wird durch den aktiven Ionentransport gewährleistet. Der wichtigste

Transportprozess ist hierbei die Na-K-Pumpe. Diese wird benötigt, da die intrazelluläre

Konzentration nicht ohne weiteres stabil bleibt. Dies liegt daran, dass das Membranpotential

etwas weniger negativer ist als das Kaliumpotential und erheblich negativer als das

Natriumpotential ist. Durch Diffusion würde sich letztlich die intrazelluläre Konzentration

zumindest für K+ und Na+ sich an die extrazelluläre Konzentration angleichen. Für die

Stabilität des natürlichen Ionengradienten ist die Na-K-Pumpe zuständig. Diese vollführt

einen aktiven Ionentransport. Dabei verhält es sich so, dass Membranproteine Ionen über die

Membran transportieren, dies geschieht entgegengesetzt des Konzentrations- und/ oder dem

elektrischen Gradienten. Hierbei wird Stoffwechselenergie verbraucht.

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Abb.3: Schematischer Aufbau einer Na-K-Pumpe

In Abbildung 3 sieht man den schematischen Aufbau einer Na-K-Pumpe. Hier ist wieder eine

Membran abgebildet, dabei ist oben das Äußere der Zelle und unten das Innere der Zelle. Der

Na+-Gradient zeigt von außen nach innen, in die entgegengesetzte Richtung weist der K+-

Gradient. Wie man deutlich erkennen kann, wird Na+ aus der Zelle heraustransportiert und K+

hineintransportiert. Damit wird sichergestellt, dass in der Zelle eine niedrige Na+- und eine

hohe K+-Konzentration befindet. Der so erzielte Na-Konzentrationsgradient an der Membran

wird funktionell für die elektrische Informationsleitung genutzt.

Hierbei ist zu erwähnen, dass das Na-K-Transportprotein eine ATPase ist. Bei ATP handelt es

sich um Adenosintriphosphat. Dies ist eine Zusammensetzung aus Adenin, Ribose (Zucker)

und 3 Phosphatresten. Hierbei handelt es sich um einen Energiespeicher.

Das Transportprotein ist also eine ATPase, diese spaltet sich an der Innenseite der

Zellmembran in ADP (Adenosindiphosphat) und ein Phosphat. Mit Hilfe der von einem ATP

übernommenen Energie werden netto drei Na+ aus der Zelle und zwei K+ in die Zelle

transportiert. Dies hat zur Folge, dass bei jedem Pumpzyklus tatsächlich eine Ladung aus der

Zelle entfernt wird. Somit treibt die Na-K-Pumpe also einen elektrischen Strom über die

Membran aus der Zelle, dieser macht das Membranpotential um etwa 10 mV negativer. Das

Protein hat eine hohe Transportgeschwindigkeit, es werden 150 bis 600 Na+ pro Sekunde

umgesetzt.

Als mehrstufige chemische Reaktion ist die Na-K-Pumpe stark temperaturabhängig. Dies

zeigt das nachfolgende Experiment in Abbildung 4. Hier wurde der Na+-Ausstrom einer

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Muskelzelle gemessen. Dieser entspricht praktisch dem durch die Na-K-Pumpe vermittelten

Na+-Ausstrom. In der Abbildung ist der Na+-Ausstrom über die Zeit aufgetragen.

Abb.4: Nachweis des aktiven Na+-Transports über die Temperatur

Genauso verhält es sich bei dem zweiten Experiment. Hier wurde die Nachlieferung der

Stoffwechselenergie durch Vergiftung mit Dinitrophenol (DNP) unterbrochen. Die

Auftragung im Diagramm ist dieselbe wie beim Vorherigen.

Abb.5: Nachweis des aktiven Na+-Transports über Vergiftung mit DNP

Aus diesen beiden Experimenten kann man schließen, dass es sich hierbei tatsächlich um eine

aktive Pumpe handelt. Jedoch muss auch gesagt werden, dass neben der starken Temperatur-

und Energieabhängigkeit für eine Pumpe charakteristisch ist, dass sie ihre Pumprate nicht

beliebig erhöhen kann, sondern irgendwann einen Sättigungswert erreicht.

Das Präparat wurde um etwa 18°C

abgekühlt. Wie man gut erkennen

kann, nimmt der Na+-Ausstrom

schnell um einen Faktor 15 ab.

Jedoch nach dem Wiedererwärmen

kehrt dieser sofort wieder auf seinen

Ausgangswert zurück.

Wie man hier deutlich erkennen

kann, nimmt der Na+-Ausstrom in

der Phase der Vergiftung stark ab.

Jedoch sobald die schwache Säure

vom Körper abgebaut wurde,

kehrt der Ausstrom relativ schnell

wieder zu seinem Ausgangswert

zurück.

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Das Membranpotenzial hängt mit der Elektrolytkonzentration zusammen. Dies wird mit der

Nernst-Gleichung beschrieben. Diese drückt das Gleichgewichtspotenzial EIon aus, bei dem

der Nettostrom für dieses Ion verschwindet. Die Formel lautet:

R: Gaskonstante [Ion]a: Konzentration des Ions extrazellulär

T: absolute Temperatur [Ion]i: Konzentration des Ions intrazellulär

z: Wertigkeit des Ions

F: Faraday-Konstante

Zudem wurde es einmal bei Körpertemperatur (T=320K) und für das Kalium-Ion

ausgerechnet:

4.3. Ruhepotenzial

Jede Zelle weist ein Ruhepotenzial auf. Dies ist gleichbedeutetend mit dem

Membranpotenzial , welches die Zelle ohne Erregung zeigt. Für eine Membran liegen die

Werte für das Ruhepotenzial zwischen -55 mV und -100 mV. Nur bei glatten Muskelzellen ist

es größer und liegt bei bis zu -30 mV. Das Ruhepotenzial ist hauptsächlich durch das

Gleichgewichtspotenzial des Kalium-Ions bestimmt. Dies liegt daran, dass die

Membrankanäle vorwiegend für das Kalium-Ion offen sind. Das Ruhepotenzial kann

gemessen werden. Dafür gibt es zwei verschiedenen Messmethoden.

Eine Messmethode verwendet eine intrazellulären Mikroelektrode (Abb.6). Hierbei wird die

Mikroelektrode durch die Membran in die Zelle gestochen. Der potenzialfreie Kontakt ist nur

möglich, da die Elektrode mit 3 mol/l KCl gefüllt ist. Das Membranpotenzial wird nun

zwischen Elektrode und dem Extrazellulärraum gemessen.

Bei der anderen Messmethode wird eine sogenannte patch-champ Elektrode (Abb.7)

verwendet. Die Spitze der Elektrode hat einen Durchmesser von 1 µm. Die Spitze wird auf die

Zellmembran aufgesetzt. Dann bildet sich eine Dichtung aus zwischen Glasrand und der

Membran. Anschließend wird die innerhalb der Kapillare liegende Membran durch einen

[ ][ ]i

aIon Ion

IonFzTRE ln⋅⋅

=

[ ][ ]a

iK K

KE +

+

⋅−= logmV61

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Strom- oder Druckstoß zerstört. Dadurch wird eine gute Verbindung zwischen der Kapillare

und dem Intrazellulärraum hergestellt. Die Membranspannung wird zwischen der Kapillare

und der Außenlösung gemessen.

Abb.6: Messung des Membranpotenzials

mit der intrazellulären Mikroelektrode

In welchem Zusammenhang das Membranpotenzial und die K+-Konzentration steht, zeigt die

Abbildung 8.

Abb.8: Vergleich des Membranpotenzials der Nervenzelle und des Nernst-Potenzials

Bei hohen Konzentrationen erkennt man eine gute Übereinstimmung beider Potenziale, aber

bei niedrigen Konzentrationen weichen die beiden Potenziale voneinander ab. Das Potenzial

der Nervenzelle weicht im Vergleich zum Nernst-Potenzial nach oben hin ab. Dies ist darauf

zurückzuführen, dass bei niedriger K+-Konzentration der Einfluss des Natriums relativ

Abb.7: Messung des Membranpotenzials mit

der patch-champ Elektrode

Hier ist das Membranpotenzial über die

K+- Konzentration aufgetragen. Die

Auftragung ist halblogarithmisch. Zum

einen sieht man hier das berechnete

Nernst-Potenzial (blau) und das

gemessenen Membranpotenzial der

Nervenzelle (gelb).

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wichtig wird. Diese Abweichung würde verschwinden, wenn das Fließen von Na+ verhindert

würde.

4.4. Aktionspotenzial

Neben dem Ruhepotenzial gibt es auch ein Aktionspotenzial. Das Aktionspotenzial ist als

Abweichung vom Ruhepotenzial definiert. Dies ist nur möglich, da Zellen und Muskeln die

Eigenschaft der elektrischen Erregbarkeit aufweisen. Dies wiederum ermöglicht die

Erregungsleistung im Nervensystem und die Kontraktion der Muskeln.

Abb.9: Membranleitfähigkeit während des Aktionspotenzial

Hier sieht man zum einen das Aktionspotenzial und zum anderen die Membranleitfähigkeit

über die Zeit aufgetragen. Hierbei wird bei der Membranleitfähigkeit unterschieden zwischen

Natrium und Kalium.

Zunächst betrachtet man die Kurve des Aktionspotenzials. Hier muss man zwischen

verschiedenen Phasen unterscheiden. Durch einen Reiz von außen entsteht eine sehr schnelle

positive Potenzialänderung. Diese nennt man Aufstrich oder auch Depolarisationsphase. Die

Dauer dieser Phase beträgt nur 0,2 bis 0,5 ms. Der Begriff Depolarisation lässt sich leicht

erklären, da die Zellmembran in dieser Phase ihre natürliche Aufladung oder

„Polarisation“ verliert. Der Aufstrich kommt aus dem negativen Bereich, überschreitet dabei

die Nulllinie und das Membranpotenzial wird positiv. Nach der Spitze stellt sich sehr schnell

wieder die alte Membranladung her. Diese Phase nennt sich Repolarisation und dauert

ungefähr 0,5 ms. Das Aktionspotenzial hat insgesamt nur eine Dauer um 1 ms. Zudem gibt es

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noch die so genannte Schwelle. So wird das Potenzial bezeichnet, an dem die Depolarisation

ein Aktionspotenzial auslöst.

Nun betrachtet man die Membranleitfähigkeiten von Natrium und Kalium. Wie man gut

erkennen kann, steigt die Leitfähigkeit von Natrium an der Schwelle steil an. Sie erreicht ihr

Maximum schon vor der Spitze des Aktionspotenzials. Danach fällt sie innerhalb von 1 ms

auf den Ruhewert zurück. Dagegen steigt die Leitfähigkeit von Kalium nach der

Depolarisation verzögert und langsam an. Sie erreicht erst ihr Maximum in der Mitte der

Repolarisation und fällt dann wieder, weil die Depolarisation geringer wird.

Es ist jedoch auch möglich Potenziale zu steuern und nur bestimmte Verläufe sichtbar zu

machen.

Abb.10: Membranströme

Hier soll nur der Stromverlauf bei einer angelegten Spannung von 0 mV betrachtet werden.

Man kann gut erkennen, dass der Verlauf des Gesamtstroms zunächst negativ ist und realtiv

steil ansteigt. Schließlich überschreitet die Kurve die Nulllinie und tritt ins Positive über.

Nach etwas weniger als 10 ms erreicht sie einen Sättigungswert.

In Abb. 10 wurde das Membran-

potenzial in einer Spannungs-

klemme als Ruhepotenzial bei -95

mV gehalten und zum Zeitpunkt 0

ms auf die rechts neben den

Membranstromregistrierungen

angegebenen Werte -60 bis +60

mV verschoben. Die hier

gemessenen Ströme sind

Ionenströme.

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Abb.11: Blockierung des Kaliumstroms durch TEA

Nun betrachtet man wieder den Verlauf für 0 mV. Hier kann man gut erkennen, dass Natrium

einen steilen Anstieg hat und dann schnell in die Sättigung übergeht. Auch kann man sehen,

dass der Natriumstrom sehr früh einsetzt.

Dasselbe Experiment kann auch durchgeführt werden, so dass man nur die Kaliumströme

sichtbar gemacht werden.

Abb.12: Membranströme

Nun werden die Natriumströme gehemmt, indem Tetrodotoxin (TTX) injiziert wird. Dabei

handelt es sich um ein Nervengift, welches hauptsächlich bei Kugelfischen vorkommt.

In Abb.11 wurden die

Kaliumströme blockiert, indem

man Tetra-äthyammonium

(TEA) injizierte. Hierbei

handelt es sich um ein

Nervengift. Dadurch verbleiben

im wesentlichen die Natrium-

ströme.

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Abb.13: Blockierung des Natriumstroms durch TTX

Nun ist noch ein anderer Effekt beim Aktionspotenzial zu betrachten. Es verhält sich nämlich

keineswegs so, dass jederzeit wieder ein neues Aktionspotenzial ausgelöst werden kann. Dies

wird in Abbildung 14 verdeutlicht.

Abb.14: Aktionspotenzial und seine Schwelle

Hier ist zunächst ein Aktionspotenzial zu sehen, dieses fällt trotz anhaltender Depolarisation

schon nach 0,5 ms wieder ab auf seinen Ausgangswert. Jedoch stellt sich nicht unmittelbar

der Ausgangszustand wieder ein. Diesen gesamten Ablauf nennt man Inaktivation. Nach einer

solchen wird die Membran kurz polarisiert und wieder depolarisiert. Dadurch lässt sich kaum

ein neuer Na-Strom auslösen. Man kann sagen, dass die Membran in diesem Zustand nicht

aktivierbar ist.

Eine weitere Folge der Inaktivierung des Na+-Systems ist die Refraktärität. Man kann dieses

Phänomen des Aktionspotenzial und dem danach ausgelösten gestrichelten Potenzial erklären.

Depolarisiert man unmittelbar nach einem Aktionspotenzial die Membran bis zur Schwelle

für das vorhergehende Potenzial, so tritt keine Erregung auf. Selbst bei beliebiger

Depolarisation ist die Zelle nicht erregbar. Dieser Zustand, der etwa 2 ms dauert, nennt man

Hier kann man gut erkennen, dass

die verbliebenen Kaliumströme

nach der Depolarisation weit

langsamer ansteigen als die

Natriumströme. Zudem halten sie

während der ganzen

Depolarisation an.

Hier ist das Potenzial über die

Zeit aufgetragen. In gelb ist

die Schwelle eingezeichnet

und in blau sind die

jeweiligen Aktionspotenziale

oder gestrichelt die

imaginären Potenziale.

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absolute Refraktärphase. Nach dieser Phase können in der relativen Refraktärphase durch

große Polarisationen Aktionspotenziale ausgelöst werden. Jedoch haben diese im Vergleich

zu dem ersten Aktionspotenzial eine erheblich niedrigere Amplitude. Erst nach mehreren ms

kann mit normaler Schwellendepolarisation ein Aktionspotenzial mit normaler Amplitude

ausgelöst werden. Damit ist die relative Refraktärphase abgeschlossen.

5. EKG

5.1. Theorie EKG Zunächst wird auch hier eine möglichst kleine Dimension betrachtet. In diesem Fall wird eine

Myokardfaser (Herzmuskelfaser) im Querschnitt einer näheren Betrachtung unterzogen.

Abb.15: Ionenpumpe

Abb.16: Faser vor Erregung und ihr Membranpotenzial

Hier sieht man die Faser vor der Erregung. Daher hat die Zelle ein Ruhepotenzial von ca. -80

mV. Dies ist im rechten Teil der Abbildung 16 gezeigt.. Hier ist auch angegeben wo das

Nullpotenzial und das Schwellenpotenzial liegt. Die Ladungsangaben innen und außen an der

Zelle beziehen sich nicht auf die tatsächliche Ladung, sondern auf die Potenziale der

Ionenkonzentrationen. Da innen in der Zelle eine höhere Kaliumkonzentration ist und dieses

ein negatives Potenzial besitzt, wirkt das Zelleninnere negativ nach außen. Dagegen ist die

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Konzentration der gelösten Natriumionen außen viel höher, diese haben wiederum ein

positives Potenzial und führen somit innen zu einem positiven Potenzial.

Abb.17: Faser nach Erregung und ihre

Potenziale

Hier sieht man die Faser, nachdem sie einem

Reiz von außen ausgesetzt worden ist. Dabei

wird das Ruhepotenzial über den Schwellen-

wert angehoben. Es kommt somit zur plötz-

lichen Polarisation, dadurch ensteht der steile

Aufstrich. Es kommt zu Ladungsaustausch, welcher dadurch kenntlich gemacht wird, dass ein

„Ladungswechsel“ zu Stande kommt. Innen in der Zelle wird das Potenzial positiver und

außerhalb der Zelle wird das Potenzial negativer. Es kommt zu einer so genannten

überschießenden Umladung („overshoot“). Dabei fließt viel Natrium nach innen in die Zelle.

Abb.18: Erregungsrückbildung des Potenzials

Es fließt nun auch Kalium nach außen, weiterhin fließt jedoch auch Natrium nach innen. Hier

entsteht die so genannte Rückbildungsphase. Zunächst entsteht eine schnelle Repolarisation,

welche jedoch langsamer wird und dann in eine mehr oder weniger ausgeprägtes Plateau

übergeht, welches bei 0 mV liegt.

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Abb.19: Faser in weiterer Erregungsrückbildung

Nun folgt wieder eine Phase schnellerer Repolarisation. Dies kann man auch wieder an der

„Ladungsumverteilung“ erkennen. Innen in der Zelle ist wieder ein negatives Verhältnis und

außen von der Zelle ist das Verhältnis wieder positiv. Nach der schnellen Repolarisation geht

das Potenzial wieder über in den Ruhezustand.

5.2. Anatomie des Herzen

Abb.20: Anatomie des Herzen

Zudem sieht man hier noch die Vorhöfe, an diese schließen sich direkt die Herzklappen

(Ventrikel) an. Von dort aus geht es weiter zu dem Kammern. Hierbei muss man jedoch

zwischen der rechten Herzhälfte und der linken Herzhälfte unterscheiden. Beide Hälften

haben unterschiedliche Aufgabenbereiche. Die rechte Hälfte ist zuständig für den

Lungenkreislauf (kleiner Kreislauf). Die linke Hälfte ist für den Blutkreislauf im gesamten

Körper (großer Kreislauf) zuständig. Damit ist deutlich, dass die rechte Hälfte einer erheblich

größeren Belastung ausgesetzt ist, als die linke Hälfte.

In Abb. 20 sieht man die Anatomie des

Herzens. Wichtig sind die angezeigten

Bereiche. Für die Erregungsausbreitung

ist der Sinusknoten am wichtigsten.

Dieser besteht aus einer Ansammlung

von Zellen, die zur spontanen

Depolarisation neigen. Von dort geht

die Erregung zumeist aus. Falls der

Sinusknoten ausfällt, kann diese

Funktion auch vom AV-Knoten

übernommen werden.

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5.3. Schema eines Herzmuskels

Zunächst betrachten wir den Erregungszyklus einer einzelnen Herzmuskelfaser. Dafür wird

im folgenden der Muskel nur schematisch dargestellt. Dabei ist zu beachten, dass die

Spannung auf zweierlei Weise abgegriffen wird.

Zum einen transmembranär, dies geschieht zwischen Punkt a und b mittels einer

intrazellulären Mikroelektrode.

Zum anderen extrazellulär zwischen den Punkten a und c, dies geschieht im Außenmedium

längs der Faser.

Abb.21: Herzmuskelfaser vor der Erregung

An der unerregten Faser zeigt sich im transmembrären Abgriff das Ruhepotenzial.

Extrazellulär dagegen wird keine Spannung gemessen. Die Kurve verläuft auf der Nulllinie.

Abb.22: Herzmuskelfaser nach der Erregung

In diesem Beispiel erfolgt die Erregung der Herzmuskelfaser von rechts her. Die

transmembräre Messung ergibt den Aufstrich des Aktionspotenzials. Extrazellulär dagegen

ergibt sich eine Potenzialdifferenz zwischen dem erregten und dem noch unerregten Abschnitt.

Punkt a ist negativ gegenüber Punkt c. Von außen betrachtet wirkt die Faser in stark

vereinfachter Darstellung wie ein elektrischer Dipol.

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Abb.23: Vollständig erregte Herzmuskelfaser

Die Faser ist vollständig erregt. Dabei kommt es wie schon zuvor erklärt zu dem

„overshoot“ und der anschließenden Repolarisation, welches bei der intrazellulären Messung

auch zu sehen ist. Jedoch extrazellulär dagegen ist keine Potenzialdifferenz mehr nachweisbar

und der Ausschlag kehrt auf die Nulllinie zurück.

Abb.24: Erregungsrückbildung der Hezmuskelfaser

Hier beginnt die Erregungsrückbildung. Nun tritt auch extrazellulär wieder eine

Potenzialdifferenz auf. Diese ist jedoch nun entgegengesetzt gepolt, dies verursacht auch den

Abfall nach unten. Transmembrär fällt die Repolarisation noch steiler ab.

Abb.25: Muskel wieder in Ruhe

Sowohl transmembrär als auch extrazellulär geht das Potenzial wieder in den

„Ruhezustand“ über.

Hier sollte noch erwähnt werden, dass für das EKG nur die extrazelluläre Messung relevant

ist.

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5.4. Normales EKG und seine Entstehung

Abb.26: Normales EKG

Nun zu den verschiedenen Abschnitten in dem EKG selbst. Zunächst wird die P-Welle

betrachtet. Diese ist ein Ausdruck der Erregungsausbreitung über beide Vorhöfe. Direkt daran

schließt die PQ-Strecke, hier sind die Vorhöfe vollständig erregt. Die Erregungsrückbildung

der Vorhöfe fällt mit den Anfangsschwankungen des Kammerteils zusammen. Der

Kammerteil dauert an von dem Beginn von Q bis zum Ende von T. Dabei ist die QRS-Gruppe

anzusehen als Erregungsausbreitung über beide Ventrikel (Herzklappen). Die ST-Strecke

reflektiert die Totalerregung des Ventrikelmyokards (Herzklappenmuskels). Die T-Welle

anschließend ist Ausdruck der ventrikulären Erregungsrückbildung. Die U-Welle wird nicht

immer beobachtet. Daher wird diese gedeutet als Ausdruck der Erregungsrückbildung in den

Endverzweigungen des Erregungsleitsystems.

Im Folgenden soll die Ausbreitung der Erregung über den Herzmuskel dargestellt werden.

Dier erregten Bereiche sind gelb markiert.

Hier ist der ideale Verlauf eines EKG

zu sehen. Hier muss unterschieden

werden zwischen dem Teil des EKG,

welcher vom Vorhof ausgelöst wird

und dem Teil, welcher von der Kammer

ausgelöst wird.

Die Ausbreitung der Erregung über den

Herzmuskel findet auf kurzen

Zeitskalen statt. Bei gesunder

Herzaktivität sollte das PQ-Intervall

kleiner als 0,2 s sein und das QT-

Intervall kleiner als 0,32 bis 0,39 s sein.

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Abb.27: P-Welle und PQ-Strecke

In der Abbildung zu der P-Welle kann man gut erkennen, dass die Erregungsausbreitung vom

Sinusknoten ausgeht. Zudem sieht man, dass die Erregung begonnen hat, sich über die

Vorhöfe auszubreiten. In der PQ-Strecke sieht man deutlich an dem gelb gekennzeichneten

Bereich, dass die kompletten Vorhöfe erregt sind.

Abb.28: QRS-Gruppe nach 0,01 s und 0,04 s

Bei 0,01 s hat die Erregungsausbreitung über die Ventrikel gerade erst gegonnen. Die Vorhöfe

sind also noch erregt. Jedoch schon bei 0,04 s ist diese Erregung komplett eingebrochen und

die Erregung breitet sich weiter im Kammerteil aus.

Abb.29: QRS-Gruppe nach 0,07 s und ST-Strecke

Nach 0,07 s hat sich die Erregung weites gehend über die Kammer verteilt. In der ST-Strecke

ist der Ventrikelmyokard vollständig erregt, was auch deutlich sichtbar ist.

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Abb.30: T-Welle und Abklingen der Erregung

Anhand der helleren Bezirke in der T-Welle kann man erkennen, dass die Erregung sich

zurückbildet. In der letzten Abbildung ist die Erregung des Herzens abgeklungen und könnte

wieder vom Sinusknoten ausgehend beginnen.

5.5. Art der Ableitungen

Es gibt verschiedene Methoden, um den Verlauf des EKG’s zu messen. Hier sollen nur drei

Arten der Ableitungen besprochen werden, Ableitungen nach Einthoven, nach Goldberger

und nach Wilson.

Zu den Grundlagen gehören die Ableitungen von Einthoven. Diese sind schon sehr früh

entwickelt worden und werden immer noch verwendet..

Abb.31: Ableitung nach Einthoven

Hier werden Elektroden an beide Arme

und dem linken Bein angebracht. Es

können Messungen durchgeführt werden

zwischen den beiden Armen, dem linken

Arm und dem linken Bein und dem

rechten Arm und dem linken Bein.

Hierbei sind die Arme und das Bein wie

verlängerte Elektroden anzusehen. Der

eigentliche Ableitort ist ein Dreieck auf

dem Rumpf.

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Abb.32: Ableitung nach Goldberger

Auch bei der Ableitung nach Goldberger gibt es drei Ableitungen. Bei der ersten liegt eine

Referenzelektrode zwischen linken Arm und linkem Bein. Die tatsächliche Messung wird

zwischen Referenz und dem rechten Arm gemacht. Bei der zweiten Messung liegt die

Referenz zwischen rechtem Arm und linkem Bein. Dann wird die Messung zwischen linken

Arm und der Referenz durchgeführt. Bei der letzten Ableitung befindet sich die Referenz

zwischen beiden Armen. Die Messung wird dann zwischen dem linken Bein und der Referenz

durchgeführt.

Abb.33: Ableitung nach Wilson

Bei dieser Art Ableitung befindet sich die Referenz zwischen beiden Armen und dem linken

Bein. Jedoch die Ableitungselektroden liegen auf dem Brustkorb. Hier werden sechs

Elektroden auf eine bestimmte Art und Weise befestigt. So werden sozusagen Schnitte vom

Herzen aufgenommen.

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5.6. Beispiele

Hier sollen einige Beispiele gezeigt werden, die deutlich machen, wie wichtig die

Untersuchung mittels EKG ist.

Abb.34: EKG bei einer Hochschwangeren

In Abbildung 34 a sieht man das typische EKG über die Ableitung nach Einthoven. Hier ist

keine krankhafte Veränderung zu sehen.

In Abbildung 34 b wurde eine Ableitung an der Bauchwand vorgenommen. Diese wurde

früher benutzt worden, um gegen Schwangerschaftsende die Herztätigkeit des Kindes

festzustellen. Dabei war es nötig die Verstärkung der Geräte maximal einzustellen. Aber

selbst dann war es nicht immer möglich, die Herztätigkeit tatsächlich zu ermitteln. Hier sieht

man diese an dem mit den Pfeilen gekennzeichneten Stellen. Diese Untersuchung wurde

jedoch abgelöst durch die Ultraschalldiagnostik.

Abb.35: Infarkt initial und nach 3 Stunden

25

Abb.36: Infarkt nach 24 Stunden und 48 Stunden

Hier wurden alle drei Ableitungen aufgenommen, die vorgestellt worden sind. Wie man

deutlich erkennen kann, ist bei jeder Ableitung das EKG stark verändert. Dies ist auf den

Infarkt zurückzuführen. Diese EKG’s wurden an einem 57-jährigen Mann durchgeführt.

5.7. Anwendungen

Es gibt verschiedene Arten der Anwendung für das EKG. Die häufigste Methode ist das

Ruhe-EKG. Dies wird meist im Liegen angefertigt. Der große Vorteil bei dieser Art der

Diagnose ist, dass sie auch im Notfall durchführbar ist. Dies ist möglich, da die Untersuchung

nur eine Dauer von einigen Sekunden hat. Das Ruhe-EKG ist somit die schnellste

Diagnosemethode.

Eine weitere Methode ist das Langzeit-EKG. Diese Art der Diagnose wird eingesetzt bei

Beschwerden, die nur ab und zu oder zu bestimmten Anlässen auftreten. Daher ist die Dauer

auch relativ lang, das EKG wird über 24 Stunden aufgenommen und anschließend

ausgewertet.

Eine weitere bekannte Diagnosemethode ist das Belastungs-EKG. Dabei fährt der Patient

Fahrrad, währenddessen wird sein EKG aufgenommen.

Zuletzt soll noch die Methode des intrakardialen EKG vorgestellt werden. Diese Art der

Untersuchung kann während einer Herzkatheteruntersuchung im Krankenhaus durchgeführt

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werden. Hierbei wird eine Sonde zur Registrierung des EKG’s durch den Katheter bis zum

Herzen geschoben und es wird im Inneren des Herzen ein EKG aufgenommen.

6. EEG

6.1. Theorie EEG

Nun soll auf das Thema Elektroenzephalographie eingegangen werden. Dabei ist es wichtig,

dass man im Gehirn keine Muskeln betrachtet, sondern Synapsen. Synapsen sind

Kontaktstellen zwischen Nervenzellen bzw. Nervenzellen und anderen Zellen (wie Sinnes-,

Muskel- oder Drüsenzellen). An ihnen findet die Erregungsübertragung von einer Zelle auf

die andere statt.

Dabei unterscheidet man hauptsächlich zwischen axosomatischen und axodendritischen

Synapsen. Diese Unterscheidung richtet sich danach, ob der synaptische Kontakt am

Zellkörper (axosomatisch) oder an den Dendriten hergestellt wird (axodentritisch). Zudem

können Synapsen erregend oder hemmend wirken.

Abb.37: Schematische Darstellung der verschiedenen Strukturen eines Neurons

Hier wird zunächst ein Neuron dargestellt. Eine Nervenzelle oder ein Neuron ist eine auf

Erregungsleitung spezialisierte Zelle. Das Neuron steht über Synapsen in Verbindung mit

anderen Nervenzellen. Durch ihre elektrische Erregbarkeit und Leitfähigkeit sind

Nervenzellen in der Lage Nervenimpulse selektiv weiterzuleiten und im Verbund sind sie

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befähigt, Informationen zu verarbeiten und gegebenenfalls zu speichern. Das menschliche

Gehirn enthält zwischen 30 und 100 Milliarden von Neuronen.

6.2. Elektrodenpositionen und ihre Verschaltung

Nun soll geklärt werden, in welcher Art und Weise diese Potenziale gemessen werden. Dazu

werden die Elektroden in einer bestimmten Weise auf dem Kopf befestigt.

Abb.38: Elektrodenpositionierung

In Bild a wird der Kopf aus der Seitenansicht gezeigt. Hier wird zuallererst die Strecke

zwischen Nasion und Inion gemessen. Diese Strecke wird nun prozentual aufgeteilt. Die erste

Markierung wird nach 10% der Strecke, vom Nasion aus gesehen, gesetzt. Anschließend

werden die folgenden Abstände mit 20% der Strecke gewählt. Die letzte Markierung wird auf

10% des Weges vom Inion aus gesehen gesetzt. Jedoch werden die erste Markierung (Fpz)

und die letzte Markierung (Oz) für die eigentliche Ableitung des sogenannten 10-20-Systems

gar nicht benutzt. Sie werden jedoch für die weitere Messung als Bezugspunkte benötigt.

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In Bild b wird der Kopf von hinten abgebildet. Auch hier wird die Strecke gemessen, als

Bezugspunkte dienen Punkte an den Ohren. Die Strecke wird ebenfalls in feste prozentuale

Schritte unterteilt. Der erste und letzte Punkt werden nach 10% der Strecke gesetzt und die

anderen werden wieder nach 20% der Strecke fest gemacht. Als Hilfe dient die schon in Bild

a gesetzte Markierung von Cz.

In Bild c sieht man den Kopf von oben. Hier sieht man schon die gesetzten Markierungen. Als

Bezugpunkte dienen hier die Markierungen von Fpz und Oz. Die neuen Markierungen werden

wieder nach einer bestimmten prozentualen Einteilung gesetzt.

In Bild d sieht man wieder den Kopf von oben und die schon gesetzten Markierungen. Die

letzten Markierungen werden gemacht, indem man Die Abstände zwischen zwei

Markierungen gleich groß wählt. Anschließend können die Elektroden gesetzt werden.

Nun zu den verschiedenen Verschaltungsarten der Elektroden. Hier sollen nur drei

verschiedene Arten aufgezeigt werden.

Abb.39: Verschaltungen der Elektroden

In Bild a sieht man bipolare Längsreihen mit alternierender Links-Rechts-Zuordnung der

Schreiberkanäle.

In Bild b sieht man bipolare Längsreihen mit blockförmiger Zusammenfassung der linken und

rechten Seite.

In Bild c sieht man bipolare Querreihen.

6.3. Probleme bei der Messung Es ist mit Schwierigkeiten verbunden, diese meist sehr kleinen Potenzialveränderungen zu

messen. Durch Hornhaut, Epidermis, Fettgewebe sowie andere Zwischenschichten werden die

Signale abgeschwächt. Es ergeben sich aus den verschiedenen Schichten unterschiedliche

Widerstände und Kapazitäten. Aus allen zusammen ergibt sich ein Übergangswiderstand, der

sich aus zwei Arten von Widerständen zusammensetzt. Zum einen dem

Gleichstromwiderstand (ohmscher Widerstand), dieser behindert jedoch lediglich die freie

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Bewegung der Ionen. Wichtiger hier ist der kapazitive Widerstand, dieser kann an

Gewebsstrukturen (-membranen), aber auch an elektrischen Doppelschichten unterhalb der

Elektrode auftreten. Dieser wirkt wie ein Kondensator, den die elektrischen Ladungsträger,

wie Ionen, nicht überwinden können.

Abb.40: Schematische Darstellung der Schichten und ihre Ersatzschaltbilder

Hierbei symbolisieren die Größe der ohmschen und der kapazitiven Widerstände ihren

Einfluss auf den Übergangswiderstand. Wie man gut erkennen kann,haben die elektrische

Doppelschicht und die Hornhaut den größten Einfluss.

Diese Einflüsse können auf zwei verschiedene Arten minimiert werden. Entweder wird der

Übergangswiderstand erniedrigt, indem die Hornhaut mit einem Elektrolyten durchfeuchtet.

Diese erhöht die Leitfähigkeit und minimiert so den Übergangswiderstand.

Die andere Möglichkeit ist, dass man die obere Hornhautschicht entfernt, indem man diese

abkratzt.

6.4. Verstärker

Bei der Messung müssen noch andere Aspekte berücksichtigt werden. Es werden bei allen

Diagnostikmethoden immer nur Potenziale über Strecken gemessen. Es wird nie ein Potenzial

nur über eine Elektrode gemessen. Dies lässt sich mit der folgenden Abbildung leicht erklären.

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Abb.41: Einfacher Verstärker und Differenzverstärker

In Bild a ist ein einfacher Verstärker gezeigt. Hier werden die Signale einer Elektrode gegen

ein Nullpotenzial (Masse oder Erde) gemessen bzw. verstärkt. Dabei geht neben dem

interessanten bioelektrischen Signal auch jede Störspannung im vollen Umfang in die

Ableitung ein. Die wichtigste Störquelle ist die 50-Hz-Wechselspannung der

Stromversorgung. Diese Störspannung wird aus elektrischen Leitungen im Raum bzw. in den

Wänden induktiv und kapazitiv oder auch durch minimale Kriechströme auf den zu

ableitenden Patienten übertragen. So entsteht also ein Störsignal, welches größer ist als das zu

messende EEG-Signal. Dadurch dass das Störsignal das EEG-Signal überlagert, ist keine

direkte EEG-Registrierung möglich.

Daher verwendet man einen Differenzverstärker wie in Bild b. Hier werden die elektrischen

Potenziale stets über zwei Ableitpunkte abgeleitet. Natürlich werden auch hier alle Potenziale

erfasst, auch die der Störsignale. Jedoch bereits im Eingangsverstärker wird nur noch die

Differenz der von den beiden Ableitpunkten kommenden Potenziale verstärkt. Der Vorteil

dieser Methode ist die Unterdrückung der Störsignale durch die Differenzbildung

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6.5. Wellenarten und ihre Bedeutungen

Im Folgenden sollen verschiedene EEG-Wellenarten diskutiert werden. Diese lassen

Rückschlüsse auf den Gemütszustand und auf bestimmte Krankheitsbilder zu.

Abb.42: Übersicht der wichtigsten Wellen

In Abb. 42 ist eine Frequenzskala aufgetragen. Von oben nach unten sind die verschiedenen

Wellen aufgetragen, daneben der zugehörige Frequenzbereich. Das bedeutet auch, dass die

hochfrequenten Wellen oben stehen und nach unten hin die immer tieffrequenteren Wellen

aufgebracht worden sind.

Jeder Welle wird eine andere Bedeutung zugewiesen.

Als erstes betrachtet man die Beta-Wellen. Diese haben einen Frequenzbereich zwischen 14

und 30 Hz. Dabei wird zwischen drei verschiedenen Frequenzbereichen unterschieden. Als

erstes der niedrige Bereich zwischen 12 und 15 Hz. Die Wellen, die hier auftreten werden

gedeutet als entspannte nach außen gerichtete Aufmerksamkeit. Im Bereich zwischen 15 und

21 Hz ist der Patient als hellwach oder es liegt eine normale bis erhöhte nach außen gerichtete

Aufmerksamkeit oder Konzentration vor. Im Bereich zwischen 21 und 38 Hz befindet sich

der Patient in einem Zustand von Hektik, Angst oder Überaktivierung gesehen.

Die Alpha-Wellen liegen in einem Frequenzbereich von 8 bis 12 Hz. Diese werden

vorzugsweise als leichte Entspannung interpretiert. Darüber hinaus können sie auch während

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des Super Learning (unterbewusstes Lernen) oder bei einer nach innen gerichtete

Aufmerksamkeit auftreten.

Die Theta-Wellen liegen in dem Frequenzbereich zwischen 3 und 8 Hz. Auch hier muss man

zwischen hoch- und niederfrequent unterscheiden. Der niedrige Bereich liegt zwischen 3 und

6,5 Hz wird als hypnagogisches Bewusstsein (Einschlafen), Hypnose oder Wachträumen

gedeutet. Der hohe Bereich liegt zwischen 6,5 und 8 Hz wird interpretiert als Entspannung,

Meditation, Hypnose oder Wachträumen.

Die Delta-Welle ist die niederfrequenteste Welle. Der Frequenzbereich liegt zwischen 0,5 und

4 Hz. Diese Art der Welle wird nur im Tiefschlaf oder in der Trance beobachtet.

Darüber hinaus gibt es noch zwei andere Wellen, die bedeutsam sind. Die Gamma-Welle liegt

in einem Frequenzbereich um 40 Hz. Hier erkennt man eine anspruchsvolle Tätigkeit mit

hohem Informationsfluss.

Die so genannten „Sharp-waves“ zeichnen sich durch besonders spitze, steile Verläufe,

welche eng beieinander liegen, aus. Sie sind typisch bei Epilepsie.

Abb.44: Beispiele für Sharp-waves

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6.6. Beispiele

Abb.45: Beispiel von Meningitis (Hirnhautentzündung)

Hier ist das EEG einer 59-jährigen Patientin zu sehen, welche bei der EEG-Ableitung

bewusstlos war. Dieses EEG wurde 3 Tage nach Erkrankungsbeginn aufgenommen. Dies

sieht man in Bild a. Hier sieht man teilweise rhythmisierte, steile Delta-Wellen. Vereinzelt

kann man scharf akzentuierte Wellen sehen. Am Tag zuvor hatte die Patientin mehrfach

generalisierte epileptische Krampfanfälle, was jedoch aus diesem EEG nicht hervorgeht.

Bild b zeigt ein EEG der selben Patientin 5 Wochen später. Hier ist die Patientin

beschwerdefrei und zeigt ein normales α-EEG.

6.7. Anwendungen

Mit dieser Diagnostikmethode werden vor allem Gehirnerkrankungen untersucht. Zudem wird

speziell die Diagnostik bei der Epilepsie betrachtet. Außerdem ist die Messmethode die

einzige, mit der klar der Hirntod festgestellt werden kann. Zeigt das EEG keine Aktivität ist

auch tatsächlich keine Gehirnaktivität mehr vorhanden und der Patient ist alleine nicht mehr

lebensfähig. Noch eine wichtige Anwendung ist die Ableitung des EEG während einer

Gehirnoperation. Hier werden Nadelelektroden in das Gehirn gestochen, damit die Aktivität

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der jeweiligen Gehirnregion abgeleitet werden kann. Damit soll sicher gestellt werden, dass

keine wichtigen Bereiche zerstört werden.

7. EMG

Es gibt zwei verschiedene Arten der Elektromyographie. Entweder werden ganze motorische

Einheiten untersucht oder es lassen sich einzelne Muskelfasern erfassen.

Zunächst einmal ist jedoch wichtig, was man unter einer motorischen Einheit versteht. Dies

ist die kleinste funktionelle motorische Einheit. Die Kraftentwicklung der einzelnen Muskeln

wird über diese gesteuert. Hier wird noch zwischen kleinen und großen motorischen Einheiten

unterschieden. Kleine Einheiten versorgen etwa 5 bis 15 Muskelfasern (z.B. äußere

Augenmuskulatur) und erlauben eine feine Kraftabstufung. Eine große Einheit versorgt bis zu

1000 Muskelfasern (z.B. Haltemuskel des Rücken) und ist für die grobe Kraftabstufung

zuständig.

Die Potenzialschwankungen diese motorischen Einheiten lassen sich mit konzentrischen

Nadelelektroden erfassen. Diese haben eine Länge zwischen 2 und 6,5 cm und einen

Durchmesser zwischen 0,45 und 0,65 mm.

Abb.46: Konzentrische Nadelelektrode

Zur Registratur des Potenzials einer einzelnen Faser benötigt man spezielle Nadeln. Mit

diesen wird dann die Einzelfasermyographie durchgeführt.

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7.1. Reizpunkte

Bei der Ableitung soll sich hier nur auf die Beispiele Arm und Bein beschränkt werden. Hier

werden die Reizpunkte der wichtigsten Extremitätenmuskeln aufgezeigt. Gleichzeitig sind

diese die günstigsten Punkte zur Positionierung der Elektroden. Auch hier werden wieder nur

Potenziale über eine Strecke abgenommen.

Abb.47: Reizpunkte am Beispiel Arm und Bein

7.2. Anwendungen

Für die Elektromyographie gibt es nur wenige Anwendungen. Speziell wird diese

Untersuchungsmethode benutzt, um Muskelerkrankungen zu betrachten. Besonderes

Augenmerk liegt auch hier bei auf der Epilepsie. Das größte Arbeitsgebiet ist im

Hochleistungssport. Dort werden mittels der Elektromyographie die Leistungen der Sportler

verbessert und deren Trainingsprogramm entsprechend der Ergebnisse angepasst.

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7.3. Beispiel

Auch hier sollen noch Beispiele der Messungen gezeigt werden.

Abb.48: Vergleich normaler und krankhafter Muskelaktivität

In Bild a sieht man eine im gesunden Muskel auftretende Doppel- und Dreifachentladung.

In Bild b zeigt sich eine krankhafte repetitive Spontanentladungen bei dem Tetanie-Syndrom.

Hierbei handelt es sich um eine Störung der Motorik, welche sich krampfartig äußert; und

einer Störung der Sensibilität, welche sich in einem Kribbeln zeigt.

a b

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Abb.49: Multiple Sklerose

In Bild a sieht man eine Darstellung von Doppelt- und Dreifachentladungen. In Bild b sieht

man dann auch eine Darstellung weiterer Mehrfachentladungen.

Bei der Krankheit Multipler Sklerose handelt es sich um eine schwerwiegende Erkrankung

des Nervensystems.

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Quellenangaben • www.ejk.de

• www.emgsrus.com

• www.owlnet.rice.edu

• www.neurocog.psy.tufts.edu

• www.neurobiologie.fu-berlin.de

• www.novafeel.de

• www.dr-schoenherr.at

• www.informatik.uni-bremen.de

• Sundoc.bibliothek.uni-halle.de

• Stephan Zschocke: Klinische Elektroenzephalographie

• Schmidt, Thews: Physiologie des Menschen

• Rolf Heinecker: EKG in Praxis und Klinik

• www.wikipedia.de

• Hopf, Dengler, Röder: Elektromyographie-Atlas

• www.ch-medizintechnik.de/ elektr.htm