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1~9 Literaturberichte. vernachl~,issigen; wit setzen sic gleieh Null. Man kann diesen Beweis (1) noeh welter verfolgen. Wenn man sich eine noch so kleine endliche GrSl~e vorstellt, so ist doch immer eine noch viel kleinere GrSBe denkbar, die mit dem sch~rfsten Mikroskop nicht mehr sichtbar gemacht werden kann. Da abet eine unendlieh kleine GrS~]e noch vie] kleiner ist als diese, so kann der Beweis, dal~ sic gegen eine endliehe GrSl]e vernachl~ssigt werden kann, mit beliebiger Ge- nauigkeit geffihrt werden. Sieht man unter dem Mikroskop am Ende eines Mal]stabes mehrere StaabkSrner, so bemerkt man, dab sic verschiedene GrSBe haben, dal] das eine vielleicht zweimal so Broil ist wie ein anderes. Das u h~ltnis zweier sehr kleiner GrSl]en ist also eine reelle (!) Zahl, bier z. B: Zwei. Nehmen wir jetzt sch~rfere Mikroskope and betrachten wit mit ihnen immer kleinere Teilchen, so n~hern wit uns den unendlich kleinen GrSBen immer mehr. Man kann also mit beliebiger Genauigkeit beweisen, dab das Verbal tnis zweier unendlich k]einer GrSJ~en eine endliehe Zahl ist." An- gesiehts dieses Tatbestandes scheint es nieht fiberfliissig, die Trivialit~t nieder- zusehreiben: Aueh fiber einen mathematischen Gegenstand daft einer nur dann ein Buch sehreiben, wenn er diesen Gegenstand versteht! Hans Hc~hn. Elemente der Differential- und Integralrechnung. H i 1fs b u c h ft~r den mathematischen Unterricht zum Gebrauche an ht~heren Lehranstalten yon L. Tesa~. B. G. Teubner~ Leipzig und Berlin~ 1906. VIII-~-128 S. Preis geb. M. 2'20. Dies Buch scheint mir weitaus besser zu sein, als die meisten anderen Lehrbficher der Differential- u. Integralrechnnng zum Gebrauche an Mi~telschulen, die in der letzten Zeit erschienen sind, wenigs~ens soweit sic mir unter die H~nde kamen; es sei ihm daher eine ei'ngehendere Besprechung gewidmet. Das erste Kapitel handelt yon der graphis c hen Darst el]ung yon Funktione n ; es werden eingehend behandelt: die Gerade (y = ~nx -~- b), die Parabel ~ (y = ax u @- bx @ e) und die gleichseitige Hyperbel (y ---= ~ Kapitel II tr~gt die Uberschrift Differentialquoti ent und Integral; ausgehend yore Begriffe der Gesehwindigkeit wird, der erste Differentialquofient eingeffihrt, ausgehend yore Begriffe der Beschleunigung der zweite. Das Integral wird eingefahrt, ale Summengrenzwert (Fl~cheninhalt) und sodann gezeigt, daft Differentiieren und Integrieren inverse Operationen sind. Es folgen geometrische und physikalische Anwendungen in groger Zahl. Kapitel III, Untersuehung yon Kurven~ bringt die fibliche Kurvendiskussion, einschliel~lich der Lehre yon der Krfim- mung. Kapitel IV entwickelt die Eigenschaflen des Logarithmus and der Exponentialfunktion~ and zwar (nach J. Tannery) ausgehend yon der Quadratur der gleichseitigen Hyperbel. Kapitel V endlich enthhlt die Lehre yon den Maxima and Minima der Funktionen, die an zablreichen gut gew~hlten Beispie]en durchgefiihrt wird (Brechungsgesetz, Refiexionsgesetz, T hom s o n s Satz yore wirtschaftlichen Querschnitt etc.). -- Mit Auswahl und Anordnung des Stoffes kann man sieh wohl einverstanden erkl~ren; vielleicht wird man die Behandlung des Logarithmus etwas gekilnstelt finden, vielleicht aach bedauern, dal] der Verfasser, in der Meinung, die Theorie der unendlichen Reihen erzeuge im Schiller nur 5de Langwei]e (Vorwort, S. IV), yon der T a y 1 o r- schen Reihe nichts erwhhnt. Doeh ist dies Ansichtssaehe. Nieht unerw~hnt

Elemente der Differential- und Integralrechnung

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1~9 Literaturberichte.

vernachl~,issigen; wit setzen sic gleieh Null. Man kann diesen Beweis (1) noeh welter verfolgen. Wenn man sich eine noch so kleine endliche GrSl~e vorstellt, so ist doch immer eine noch viel kleinere GrSBe denkbar, die mit dem sch~rfsten Mikroskop nicht mehr sichtbar gemacht werden kann. Da abet eine unendlieh kleine GrS~]e noch vie] kleiner ist als diese, so kann der Beweis, dal~ sic gegen eine endliehe GrSl]e vernachl~ssigt werden kann, mit beliebiger Ge- nauigkeit geffihrt werden. Sieht man unter dem Mikroskop am Ende e i n e s Mal]stabes mehrere StaabkSrner, so bemerkt man, dab sic verschiedene GrSBe haben, dal] das eine vielleicht zweimal so Broil ist wie ein anderes. Das u h ~ l t n i s zweier sehr kleiner GrSl]en ist also eine reelle (!) Zahl, bier z. B: Zwei. Nehmen wir jetzt sch~rfere Mikroskope and betrachten wit mit ihnen immer kleinere Teilchen, so n~hern wit uns den unendlich kleinen GrSBen immer mehr. Man kann also mit beliebiger Genauigkeit beweisen, dab das V e r b a l t n i s z w e i e r u n e n d l i c h k ] e i n e r GrSJ~en e i n e e n d l i e h e Z a h l i s t . " An- gesiehts dieses Tatbestandes scheint es nieht fiberfliissig, die Trivialit~t nieder- zusehreiben: Aueh fiber einen mathematischen Gegenstand daft einer nur dann ein Buch sehreiben, wenn er diesen Gegenstand versteht!

Hans Hc~hn.

Elemente der Differential- und Integralrechnung. H i 1 fs b u c h ft~r den m a t h e m a t i s c h e n U n t e r r i c h t z u m G e b r a u c h e an h t~heren L e h r a n s t a l t e n yon L. Tesa~. B. G. Teubner~ Leipzig und Berlin~ 1906. VIII-~-128 S. Preis geb. M. 2'20.

Dies Buch scheint mir weitaus besser zu sein, als die meisten anderen Lehrbficher der Differential- u. Integralrechnnng zum Gebrauche an Mi~telschulen, die in der letzten Zeit erschienen sind, wenigs~ens soweit sic mir unter die H~nde kamen; es sei ihm daher eine ei'ngehendere Besprechung gewidmet. Das erste Kapitel handelt yon der g r a p h i s c h e n D a r s t e l ] u n g y o n F u n k t i o n e n ; es werden eingehend behandelt: die Gerade (y = ~nx -~- b), die Parabel ~ (y = ax u @- bx @ e) und die gleichseitige Hyperbel (y ---= ~ �9 Kapitel II tr~gt die

Uberschrift D i f f e r e n t i a l q u o t i e n t u n d I n t e g r a l ; ausgehend yore Begriffe der Gesehwindigkeit wird, der erste Differentialquofient eingeffihrt, ausgehend yore Begriffe der Beschleunigung der zweite. Das Integral wird eingefahrt, ale Summengrenzwert (Fl~cheninhalt) und sodann gezeigt, daft Differentiieren und Integrieren inverse Operationen sind. Es folgen geometrische und physikalische Anwendungen in groger Zahl. Kapitel III, U n t e r s u e h u n g y o n K u r v e n ~ bringt die fibliche Kurvendiskussion, einschliel~lich der Lehre yon der Krfim- mung. Kapitel IV entwickelt die Eigenschaflen des L o g a r i t h m u s and der E x p o n e n t i a l f u n k t i o n ~ and zwar (nach J. T a n n e r y ) ausgehend yon der Quadratur der gleichseitigen Hyperbel. Kapitel V endlich enthhlt die Lehre yon den M a x i m a a n d M i n i m a d e r F u n k t i o n e n , die an zablreichen gut gew~hlten Beispie]en durchgefiihrt wird (Brechungsgesetz, Refiexionsgesetz, T h o m s o n s Satz yore wirtschaftlichen Querschnitt etc.). - - Mit Auswahl und Anordnung des Stoffes kann man sieh wohl einverstanden erkl~ren; vielleicht wird man die Behandlung des Logarithmus etwas gekilnstelt finden, vielleicht aach bedauern, dal] der Verfasser, in der Meinung, die Theorie der unendlichen Reihen erzeuge im Schiller nur 5de Langwei]e (Vorwort, S. IV), yon der T a y 1 o r- schen Reihe nichts erwhhnt. Doeh ist dies Ansichtssaehe. Nieht unerw~hnt

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Literaturberiehte. 13

daft aber bleiben, dad die Sprache nicht iiberall die in einem Mittelschullehr- buche ganz besonders notwendige Prazision zeigt. Gleieh im ersten Paragra- phen finden sieh Belege dafiir; z .B. heil~t es bet Besprechung der Funktionen

a y = - - und y ~ - I / b - - x 2 (S. 2): Zweitens erkennen wir, dad nur in einem be-

X

stimmten Intervall der unabhi~ngigen Ver~nderlichen x y eine wohldefinierte a

Fanktion sein wird." Welches sell dieses bestimmte Intervall f i i r - seth? oder X

ist tier Sa~z anders zu verstehen? Ich weld es nicht. Oder (S. 3): ,,Ferner ist der letzte Fall, vorausgesetzt, wir fassen die Wurzel als zweideuiig auf, eta Deispiel dafiir . . . . " KSnnen wir die Wurzel auch als nicht zweideutig auf- fassen? Aueh :die Worte ,ira allgemeinen" so]lten tunlichst vermieden werden. Wen n z. B. (S. 3) der Satz vorkommt: ,,Ira letz~en Falle endlieh ist elnleuch- tend, daft, sell y einen fiir uns vorstellbaren Wert haben, and auf solche wollen wit uns im allgemeinen beschri~nken . . . . " mug man slch ffagen, ob also in Ansnahmef~llen auch fiir uns nicht vorstellbare Werte in dem Buehe vorkommen werden. Bedenklicher abet als diese sprachlichen Inkorrektheiten sind die, leicter aueh nicht allzu seltenen, sachliehen Inkorrektheiten. So wird z. B. (S. 9) ein funktionaler Zusammenhang als stetig bezeiehnet, wenn die ihu darstellende Kurve ,unzerrissen" ist. Das kann wohl nieht anders gemeint sein, als da~ eine Funktion stetig hell't, wenn sie nicht yon einem Wert zu einem anderen fibergehen kann, ohne alle Zwisehenwerte anzunehmen. Diese Eigensehaft hat nun mit Stetigkeit so wenig zu tun, daD sie auch total un-

ds stetigen Funktionen zukommtl S. 36 wird die Gesehwindigkeit - ~ eingefiihrt

~s als Limite des Differenzenquotienten ~ undes heft]t: ,Da~ dieser Grenzquotient

als Grenze eines Quotienten, dessen Z~hler and Nenner der Null zustrebt, trotzdem einen bestimm~en Weft hat, lehrt uns die Erfahrung." Das ist doch ganz unrichtig~ die E r f a h r u n g kann uns dech fiber die Ezistenz einer solchen Limite keinen AufschluD geben! Durchaus unkorrekt ist aueh ein

"~2 - - X l Satz, wie der folgende (S. 47): ,Ni~hert sich x2 dem x~, so wird ~ eine

x ~ - - x ~ x 2 - - x ~ ~ Die Yerfasser yon Mittel- sehr kleine GrSl~e, daher sin 2 - - 2

schulIehrbiichern fiber Differential- und Integralrechnung mfil~ten, wie mir sehein~, scharf darauf achten, den Schiller nicht dutch rage Ausdrucksweise and logiseh bedenkliehe Beweise zur Ansieht zu verleiten, die ganze hShere Mathematik set doeh nur ,,ein Schwindel"; es k6nnte sonst leicht das Gegen- tell yon dem erreicht werden, was man anstreb~: es kSnnten leicht gerade die begabtesten Schiller abgestoBen werden und die Liebe zur Mathemafik verlieren, sobald sie einsehen, dull der ihnen vorgetragenen Mathematik nicht mehr absolute GewiDheit zukommt. Ganz scheint mir diese Gefahr im v o r - liegenden Buche nicht vermieden zu seth. Ieh m6ehte wfinschen, dad sich der Yerfasser mSglichst mit den exakt arithmefischen Darstellungen der Infinitesimal- reehnung (S to l z , P e a n o ) befreunde; Unkorrektheiten, wie die oben ange- fiihrten, wiirden ihm dann wohl nicht mehr passieren; eine eventuelle Neu- auflage des Buehes wiirde dann hoffentlieh so ausfallen, dait man es r ii e k- h a l t l o s empfehlen kann. H a n s H a h n .