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Klinikum am Weissenhof 1 Empathie bei narzisstischen Persönlichkeitsstörungen GwG-Regionalversammlung Stuttgart-Tübingen 8. November 2014, 14.45 - 18.00 Uhr Turmforum im Hauptbahnhof Stuttgart Hans-Jürgen Luderer, Weinsberg

Empathie bei narzisstischen Persönlichkeitsstörungen narzisstische... · Narzissmus bei Kernberg (1975, 1976) • Frühe traumatische Objektbeziehungen bestimmen spätere Beziehungen

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Empathie bei narzisstischen Persönlichkeitsstörungen

GwG-Regionalversammlung Stuttgart-Tübingen 8. November 2014, 14.45 - 18.00 Uhr Turmforum im Hauptbahnhof Stuttgart

Hans-Jürgen Luderer, Weinsberg

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Persönlichkeitsstörungen

•  Definition, Einteilung und Epidemiologie der Persönlichkeitsstörungen nach DSM-IV und DSM-5

•  Epidemiologie der Persönlichkeitsstörungen nach DSM-IV und DSM-5

•  Diagnose der narzisstischen Persönlichkeitsstörung •  Empathie bei narzisstischen Persönlichkeitsstörungen

und Persönlichkeitsvarianten

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Persönlichkeitsstörungen

•  Verdacht auf das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung besteht immer dann, wenn sich ein psychosoziales Problem wie ein roter Faden durch das gesamte Leben zieht.

•  Personen mit Persönlichkeitsstörungen können unter günstigen äußeren Umständen u.U. über längere Zeit problemlos mit ihrem Leben zurecht kommen.

•  Das gelingt aber in der Regel nur, wenn sich die Umgebung seinen / ihren Eigenheiten anpasst.

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Persönlichkeitsstörungen Einteilung nach DSM-IV, DSM-IV-TR, DSM-5

Exzentrisches Cluster (A) paranoide, schizoide, schizotype Persönlichkeitsstörung

Dramatisches Cluster (B) antisoziale, Borderline, histrionische und narzisstische Persönlichkeitsstörung

Ängstliches Cluster (C) vermeidende, abhängige, ängstliche und zwanghafte (anankastische) Persönlichkeitsstörung)

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Persönlichkeitsstörungen Diagnose

Verdacht auf das Vorliegen eine Persönlichkeitsstörung • u.U. beim ersten Patientenkontakt

Diagnose einer Persönlichkeitsstörung •  in der Regel längerer Prozess • Biographische Anamnese unerlässlich: Beginn später als

im frühen Erwachsenenalter schließt die Diagnose aus

Diagnostisches Hilfsmittel: • SKID II (Fragebogen und strukturiertes Interview)

Wittchen HU, Zaudig M, Fydrich T (1997): Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV. Göttingen, Hogrefe

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Persönlichkeitsstörungen Diagnose

Diagnostische Probleme: • Die Beziehung zwischen Persönlichkeitszügen und

Lebensproblemen ist vielen Patienten nicht bewusst. • Viele Patienten sprechen nicht über manche Aspekte

ihrer Persönlichkeit oder Teile ihrer Biographie, oder sie verschweigen sie, selbst wenn sie Hilfe suchen.

Konsequenzen: • Diagnostische Fragen müssen mit viel

Fingerspitzengefühl gestellt werden und • Die Fremdanamnese ist beim Verdacht auf eine

Persönlichkeitsstörung wichtig.

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Persönlichkeitsstörungen Epidemiologie

Hohe Komorbidität der Persönlichkeitsstörungen untereinander. Hohe Komorbidität mit anderen psychischen Störungen (DSM-IV-Achse I): Depression, Angst, PTSD, Alkoholabhängigkeit, ADHS). Persönlichkeitsstörungen werden in der Praxis meist unterdiagnostiziert, aber manchmal auch überdiagnostiziert.

[1] Reich J, Yates W, Nguaguba M: Prevalence of DSM-III personality disorders in the community. Social Psychiatry and Psychiatric Epidemiology 24 (1989), 12-16 [2] Herpertz S: Ist unser Verständnis von Persönlichkeitsstörungen mit aktuellen Forschungsergebnissen vereinbar? Vortrag, Klinikum am Weissenhof, Weinsberg, 15.12.2010 [3] Lenzenweger MF: Epidemiology of personality disorders. Psychiatr Clin North Am. 2008 31, 395-403. Abstract: http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/18638642

Lebenszeitprävalenz aller Persönlichkeitsstörungen

12 % [1]

5-15 % [2]

10,6 % [3]

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Persönlichkeitsstörungen Diagnose

Kritik am diagnostischen Modell des DSM-IV •  Zu starres, ausschließlich kategoriales (und nicht

dimensionales) Modell •  Keine klare Grenze zwischen P.S. und Varianten des

Normalen („Persönlichkeitsstile“, Kuhl, Kazén 1996*, Schmitz et al. 2001)

• Geringe Stabilität der Diagnosen bei andauernder Dysfunktionalität (z.B. Verlaufsstudien bei Borderline-P.S.)

• Hohe Komorbidität der P.S. untereinander: 50% der Patienten mit P.S. erfüllen die Kriterien einer P.S. Median: Kriterien von drei P.S. erfüllt (zit. nach Herpertz 2010)

* Zitiert nach Fiedler (2007)

Deshalb Versuch der Einwicklung eines alternativen Modells im DSM-5

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Persönlichkeitsstörungen Alternatives DSM-5 Modell

1. Sechs kategoriale Diagnosen (antisozial, vermeidend, Borderline, narzisstisch, zwanghaft, schizotypisch).

2. Umfassende Möglichkeiten zur dimensionalen Beschreibung der Persönlichkeit eines Klienten oder Patienten („higher order personality trait domains“: Negative Emotionalität, Introversion, Antagonismus, Enthemmung, Zwanghaftigkeit, Schizotypie

3. Dimensionale Beschreibungen erlauben eine Charakterisierung von Persönlichkeitszügen oder Persönlichkeitsstörungen, die im traditionellen Modell als „andere“ oder „gemischte“ PS eingeordnet werden müssen (wenig informative Diagnosen) oder überhaupt nicht diagnostisch erfasst werden können.

4. Nachteil: Das alternative DSM-5-Modell ist sehr kompliziert.

•  Das DSM-IV-Modell wurde zunächst beibehalten. •  Das alternative DSM-5-Modell wurde in Sektion C aufgelistet

(emerging measures and models)

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Persönlichkeitsstörungen Cluster B Narzisstische Persönlichkeitsstörung

•  DSM-III: erstmals wurde die Diagnose einer NPS in ein psychiatrisches Klassifikationssystem übernommen

•  Diagnosekriterien: •  Scheinbar übersteigertes Selbstwertgefühl,

Größenphantasien •  ständiges Suchen nach Anerkennung und

Bewunderung •  Charakteristisch: ständiges Erklären des eigenen

Verhaltens •  Selbstbezogenheit, Ausnutzen anderer Personen, nur

scheinbare Empathie für andere •  Überempfindlichkeit gegen Kritik, häufige Gefühle von

Neid

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Persönlichkeitsstörungen Cluster B: Narzisstische Persönlichkeitsstörung DSM-IV-Diagnosekriterien (gekürzt)

•  Grandioses Gefühl der eigenen Wichtigkeit •  Eingenommen sein von Fantasien von Erfolg, Macht, Glanz,

Schönheit, idealer Liebe •  Überzeugung, besonders und einzigartig zu sein und nur von

anderen besonderen Personen verstanden werden zu können •  Erwarten übermäßiger Bewunderung •  Anspruchsdenken: Personen mit NPS erwarten bevorzugte

Behandlung und selbstverständliches Eingehen Anderer auf die eigenen Erwartungen

•  Zwischenmenschliche Beziehungen: Ausnutzen Anderer für eigene Ziele

•  Mangel an Empathie (Fähigkeit, Gefühle und Bedürfnisse Anderer zu erkennen und nachzuempfinden)

•  Neid auf Andere, Überzeugung, Andere seien ihrerseits neidisch auf ihn oder sie

•  Arroganz, Überheblichkeit

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Narzisstische Persönlichkeitsstörung

DSM-IV-Diagnosekriterien: Kritik Kriterien zu starr und zu einseitig.

Nicht erfasst werden •  Patienten, deren Selbstüberhöhung sich subtiler zeigt als

durch Prahlen und Dominanzstreben •  Erkennbar vulnerable Patienten, die subjektiv leiden •  Weibliche Varianten der narzisstischen P.S. •  DSM-IV-Kriterien erfassen nur Überkompensation, was

überkompensiert wird, ist nicht erkennbar •  Überkompensiert wird oft: brüchiges Selbstwertgefühl,

Leere, Leiden bei Versagen der Überkompensation •  DSM-IV-Kriterien verstellen Blick hinter die Fassade

(Dieckmann 2011)

•  Alternative: Modell nach Millon (1969, 1996) zit. nach Fiedler (2007) Dieckmann (2011)

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Narzisstische Persönlichkeitsstörung

Modell nach Millon (1969, 1996) •  Personen mit NPS

•  verlassen sich mehr auf sich als auf Andere •  streben danach, besser, schöner, bedeutender und reicher zu sein

als Andere, •  verhalten sich in sozialen Situationen nicht reziprok, erwarten

Bewunderung, Unterstützung und Einräumen von Sonderrechten, weil sie ihnen zusteht.

•  Es gelingt ihnen oft, Andere zu beeindrucken und dazu zu bringen, ihre Bedürfnisse zu befriedigen.

•  Sie suchen sich dazu passende Partner (abhängige P.S.). •  Sie bestätigen sich selbst, deuten Misserfolge um •  Beim Scheitern der Umdeutung: Scham, Niedergeschlagenheit,

Leere •  Sind nicht in der Lage, Trost und Zuwendung Anderer zu suchen •  Sie erleben wenig Konflikte, meinen, dass alles gut läuft. •  Sie machen sich kaum Gedanken, was Andere von ihnen halten. (gekürzt nach Dieckmann 2011, S. 72 f.)

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Persönlichkeitsstörungen Narzisstische Persönlichkeitsstörung

•  Epidemiologie: •  Zimmermann, Coryell 1989: N = 797, nichtklinische Gruppe:

keine Person entspricht DSM-III-Kriterien •  Kass et al. 1985: klinische Stichprobe, N=609:

Lebenszeitprävalenz 3% •  Klinische Stichproben, klinische Diagnosen: Prävalenzen

von 1,6% bis 16% Fiedler 2007, S. 202 ff.

•  Extreme Schwankungen der Prävalenz in klinischen Stichproben, hohe Werte in tiefenpsychologisch arbeitenden Einrichtungen

•  Sehr niedrige Prävalenzen bei strengen DSM-Diagnosen, DSM-Kriterien offenbar zu eng

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Narzisstische Persönlichkeitsstörung Geschichte

Entstehung des Begriffs: Ovid, Metamorphosen •  Die Nymphe Echo verliebt sich in den schönen Jüngling Narziss

und gesteht ihm ihre Zuneigung •  Er weist sie zurück: „Eher den Tod, als dass Du mit nahet in

Liebe“ •  Echo stirbt aus Kummer, sodass nur ihre Stimme zurückbleibt. •  Narziss empfindet keinerlei Mitgefühl, weist andere Frauen in

gleicher Weise zurück. •  Eine der zurückgewiesenen Frauen verflucht ihn, und Nemesis,

die Göttin des gerechten Zorns, schließt sich diesem Fluch an. •  Inhalt des Fluchs: Narziss muss sich in sein eigenes Spiegelbild

im Wasser verlieben, und immer, wenn er sich der Wasserfläche nähert, wird das Bild zerstört.

•  Er stirbt, an seiner Stelle entsteht eine Blume, die seinen Namen trägt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Narziss http://www.gottwein.de/Lat/ov/ovmet03339.php

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Narzisstische Persönlichkeitsstörung Geschichte

John William Waterhouse: Echo und Narziss (1903, Walker Art Gallery, Liverpool) Seite „Narziss“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 11. November 2014, 20:52 UTC. URL: http://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Narziss&oldid=135734058 (Abgerufen: 21. November 2014, 06:00 UTC) http://de.wikipedia.org/wiki/Narziss#mediaviewer/File:Echoandnarcissus.jpg

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Narzisstische Persönlichkeitsstörung Geschichte: Narzissmus in der Psychoanalyse

Narzissmus bei Freud (1914) •  Begriff wird in vier verschiedene Bedeutungen verwendet:

•  Gesunder Narzissmus (= gesundes Selbstwertgefühl) •  Merkmal der „Objektwahl“:

(Objekte sind in der psychoanalytischen Theorie Personen) ein Mensch liebt an anderen Menschen, was er an sich liebt

•  Pathologische Selbstverliebtheit •  Die „Libido“ wird von anderen Personen zurückgezogen und

auf sich selbst gerichtet („Libido“ ist in der psychoanalytischen Theorie nicht unbedingt sexuell gemeint, s. Exkurs)

•  Narzisstische Neurosen: •  Fehlende Objektbesetzung der Libido, deshalb Isolierung des

Über-Ich (=Gewissen). •  Narzisstische Neurosen sind Ich-synton,

Übertragungsfähigkeit fehlt, deshalb nicht analysierbar. s. Fiedler 2007, S. 48 ff, S. 52 ff.

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Klinikum am Weissenhof Narzisstische Persönlichkeitsstörung Exkurs: Zur Theorie der Psychoanalyse

Jenseits des Lustprinzips (Freud 1920)*: •  Strukturmodell der Persönlichkeit

•  Es: •  Ursprüngliche biologische Triebe •  Energie aus den inneren Organen, kein Kontakt zur Außenwelt

•  Über - Ich •  Gewissen •  Werte und Normen der Außenwelt werden zum Bestandteil der

Innenwelt •  Ich

•  Entscheidungs- und Vermittlungsinstanz zwischen Es und Über-Ich

•  Ich- Funktionen: Bewusstsein, Wahrnehmung, Denken, Sprache, Kontrolle, Abwehr

*s. hierzu: Kriz J: Grundkonzepte der Psychotherapie. Beltz, Psychologie Verlags Union, 1994

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Klinikum am Weissenhof Narzisstische Persönlichkeitsstörung Exkurs: Zur Theorie der Psychoanalyse

Freud: Trieblehre

Trieb Energie Funktionen

Eros Libido Selbsterhaltung, Fortpflanzung, Lust

Thanatos - Aggression, Destruktion, Spannungsreduktion

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Klinikum am Weissenhof Narzisstische Persönlichkeitsstörung Exkurs: Zur Theorie der Psychoanalyse

Trieblehre – Entwicklung der Libido und der Objektbeziehungen • Autoerotismus / primärer Narzissmus: Libido ist auf den eigenen Körper gerichtet. Frühe orale Phase, Ich noch nicht ausgebildet • sekundärer Narzissmus[1]: Libido ist auf das eigene Ich gerichtet • Objektbesetzung: Libido richtet sich auf andere Personen (zunächst auf die Eltern), d.h. Objekte sind Personen

[1] Spätere Schriften Freuds: Begriff des sekundären Narzissmus bezeichnet keine Entwicklungsstufe, sondern einen Regressionszustand.

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Narzisstische Persönlichkeitsstörung Narzissmus in der Psychoanalyse

Narzissmus in der kindlichen Entwicklung bei Kohut (1971)* •  Primärer Narzissmus: Innerpsychische Selbstidealisierung, Bedürfnis

nach Bewunderung •  Sekundärer Narzissmus: Idealisierung der Eltern •  Auflösung des sekundären Narzissmus, Entwicklung einer

realistischen Einschätzung der eigenen Person und der Eltern •  Misslungene Auflösung des primären oder sekundären Narzissmus

durch frühe Vernachlässigung oder Abwertung des Kindes: •  Festhalten am kindlichen Größenselbst beim Kind und späteren

Erwachsenen - Arrogante und selbstgefällige Erscheinung bei tiefgreifenden Minderwertigkeitsgefühlen.

•  Festhalten am elterlichen Größenideal: ausgelöst durch Enttäuschungen in der frühen Kindheit. •  Im Erwachsenenalter Enttäuschung und Kränkung bei geringen

Anlässen, die den Enttäuschungen in der Kindheit ähneln. •  Keine Entwicklung eigener Wertideale, deshalb Bedürfnis nach

Führung durch Autoritätspersonen.

* zit. nach Fiedler (2007)

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Narzisstische Persönlichkeitsstörung Narzissmus in der Psychoanalyse

Narzissmus bei Kernberg (1975, 1976) •  Frühe traumatische Objektbeziehungen bestimmen spätere

Beziehungen bei Borderline-Persönlichkeitsstörungen und narzisstischen Persönlichkeitsstörungen

•  Charakteristischer Abwehrmechanismus der BPS: Spaltung mit multipler Symptombildung

•  Charakteristischer Abwehrmechanismus der NPS: Größenfantasien •  Borderline-PS ist die schwerere Störung im Vergleich zur

narzisstischen PS •  Unterschied zwischen Kohut und Kernberg: Bei Kohut

Bestehenbleiben der kindlichen Größenfantasien, bei Kernberg Entwicklung von Größenfantasien als Abwehrmechanismus

* zit. nach Fiedler 2007, S. 48 ff., S. 205 f.

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Narzisstische Persönlichkeitsstörung Narzissmustheorien in der Verhaltenstherapie

•  Besondere Beachtung kindlicher Verhaltensweisen, unkritische Bewunderung des Kindes

•  Eltern vermitteln: Kind kann alles mit minimalem Aufwand erreichen

•  Folgen: •  Selbstüberschätzung des Kindes und des späteren Erwachsenen •  Bedrohung durch alle Personen, welche die Selbsteinschätzung

nicht teilen •  Bedrohung führt zur weiteren Bekräftigung der

Selbsteinschätzung Millon 1981, Beck et al. 1990, zit. nach Fiedler 2007, S. 48 ff., S. 206 f.

•  Bemerkung: •  Erfolgreiche Personen mit NPS: Erfolg bestätigt die

Selbsteinschätzung. •  Anfälligkeit für Misserfolg bleibt bestehen.

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Narzisstische Persönlichkeitsstörung Modell der doppelten Handlungsregulation nach Sachse

•  Sachse (2001, 2004, 2008): Unterscheidung zwischen Beziehungsmotiven und Schemata •  Zentrale Beziehungsmotive: Anerkennung,

Wertschätzung, Verlässlichkeit, Autonomie, Unverletzlichkeit der eigenen Grenzen („normale“ Regulationsmechanismen)

•  Schemata: Annahmen und Selbst oder Beziehungen (störungsspezifisch)

•  Lösungen: Auswirkungen der Schemata, betreffen die Spiel- oder Kontrollebene (Beziehungen im normalen Leben, therapeutische Beziehung)

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Narzisstische Persönlichkeitsstörung Modell der doppelten Handlungsregulation nach Sachse

•  Unterschiede zur histrionischen Persönlichkeitsstörung (Sachse 2008)

•  Zentrale Beziehungsmotive: Wichtigkeit (Bedürfnis, gehört und beachtet zu werden), Verlässlichkeit, Solidarität

•  Schemata: •  „Ich bin nicht wichtig, ich habe nichts zu bieten, ich

erhalte keine Aufmerksamkeit“ •  „Beziehungen sind nicht sicher, andere könnten

mich jederzeit fallen lassen, Beziehungen sind nicht von Dauer.“

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Narzisstische Persönlichkeitsstörungen Modell der doppelten Handlungsregulation nach Sachse

•  Histrionische Persönlichkeitsstörungen (Sachse 2008) •  Beziehungstests:

•  „Ist der Therapeut verlässlich, bleibt er zugewandt, auch wenn ich ihn angreife?“

•  Empfehlungen zum Therapeutenverhalten: •  Keine gekränkte Reaktionen bei Angriffen, Loben

(oder vielleicht besser: Danken) für Offenheit. •  In Ergänzung zu Sachse 2008: Vorsicht auch bei

Komplimenten. Sie können leicht ins Gegenteil umschlagen.

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Narzisstische Persönlichkeitsstörungen Modell der doppelten Handlungsregulation nach Sachse

•  Histrionische Persönlichkeitsstörungen •  Zusätzliche Schemata*:

•  „Nur wenn ich ganz laut rufe, werde ich gehört.“ •  Das bedeutet:

•  Überdeutlich dargestellte, „große“ Gefühle sind in der Regel falsche Gefühle, d.h. Empfinden tatsächlicher Gefühle wird durch Darstellung von Gefühlen ersetzt

•  Hohe Empathie sollten Therapeuten den kleinen, authentischen Gefühlen entgegenbringen.

•  Sachse 2008, S. 1115: Klient leidet vielleicht „nicht so stark an den Stellen, an denen er das demonstriert, jedoch sicher an anderen Stellen“.

* (Ergänzung zu Sachse 2008)

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Narzisstische Persönlichkeitsstörungen Modell der doppelten Handlungsregulation nach Sachse

•  Narzisstische Persönlichkeitsstörungen (Sachse 2008) •  Zentrales Beziehungsmotiv: Anerkennung (Bedürfnis, positiv

gesehen zu werden) •  Schemata:

•  Negative Schemata: „Ich bin nicht gut, ich bin nicht attraktiv“ •  Positive Schemata: „Ich bin großartig, kompetent,

leistungsfähig“ •  Beziehungsschema: „Ich bin wichtig, ich bestimme die Regeln.“

•  Beziehungstests: •  „Würdigt der Therapeut meine Kompetenzen?“ •  „Ist der Therapeut gut genug für mich?“ •  Zentrale Regel für das Therapeutenverhalten: der Therapeut

soll die positive Selbstdefinition des Klienten wahrnehmen und darf sich auf keinen Fall auf einen Machtkampf einlassen.

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Narzisstische Persönlichkeitsstörungen Schematherapie (J.E. Young)

Allgemeine Beschreibung des schematherapeutischen Ansatzes •  Grundannahme: Persönlichkeitsstörungen entstehen aus dem

Nichterfüllen kindlicher Grundbedürfnisse, sind insofern in Zusammenhang mit Belastungen und/oder Traumata zu sehen.

•  Schematherapie ist ein biographiebezogener Ansatz •  Therapeutische Beziehung ist nicht (wie in der KVT) Mittel zur

Vermittlung von Techniken, sondern (ähnlich wie in der personzentrierten PT und Beratung) wesentlicher Motor der Verhaltensänderung

•  Haltung des Therapeuten: „Limited Reparenting“, d.h. Therapeuten haben u.a. die Rolle der Ersatzeltern auf Zeit.

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Narzisstische Persönlichkeitsstörungen Schematherapie (J.E. Young)

•  Young beschrieb fünf Grundbedürfnisse (1: sichere Bindung, 2: Autonomie-Kompetenz-Identitätsgefühl, 3: Erfahren realistischer Grenzen, 4: Freiheit, Wünsche und Gefühle auszudrücken und 5: Spontaneität.

•  Bei Nichterfüllung bzw. Verletzung der fünf Grundbedürfnisse kommt es zu psychosozialen Probleme, die Young in fünf Schemadomänen und 18 maladaptive Schemata einteilte.

•  Die maladaptiven Bewältigungsstrategien fasst er in die gruppen „Fight“ (Überkompensation), „Flight“ (Vermeidung) und „Freeze“ (Erdulden) zusammen.

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Narzisstische Persönlichkeitsstörungen Schematherapie (J.E. Young)

•  Modell der NPS •  Maladaptive Schemata:

•  Domäne I: Ablehnung, Zurückweisung, fehlende Sicherheit •  Misstrauen/Missbrauch: in der Regel kein körperlicher

oder sexueller Missbrauch, sondern Ausnutzen der Kinder für die Interessen der Eltern

•  Emotionale Vernachlässigung •  Domäne II: Einschränkung der Autonomie •  Überbehütung, Verstrickung (Kinder mussten als Ersatz für

unbefriedigendes Leben der Eltern herhalten. •  Domäne III: fehlende Grenzsetzung •  Notwendigkeit der Anpassung wurde nicht vermittelt.

Folgen: Anspruchshaltung, unzureichende Selbstkontrolle.

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Narzisstische Persönlichkeitsstörungen Schematherapie (J.E. Young)

•  Modell der NPS •  Maladaptive Schemata:

•  Domäne IV: Ausrichtung auf Andere •  Unterordnung: Wird meist bei Personen mit NPS nicht

vermutet. Häufig: Patienten haben keinen Zugang zu eigenen Gefühlen und Wünschen, leben ein Leben, „das Andere für sie erdacht haben“, „geradezu süchtiges Verlangen nach Bewunderung Anderer (Dieckmann 2011, S. 94 f.)

•  Domäne V: fehlende Spontaneität •  Erziehung zur Leistungserbringung, unerbittliche

Standards („Nur wer perfekt ist, wird beachtet“, Dieckmann 2011, S. 97)

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Narzisstische Persönlichkeitsstörungen

•  Schematherapie: Interventionsmöglichkeiten •  Gegenseitiger Respekt: Manche Patienten mit NPS

beleidigen Therapeuten. •  „Sie sind eine Frau, sehen unerfahren aus, sind nicht einmal

habilitiert… Hoffentlich erhalten Sie regelmäßig Supervision. Wie kommen Sie darauf, mir helfen zu können?“

•  Vorschlag Dieckmann 2011, S. 111: Beleidigung nicht bzw. nicht dauerhaft überhören, sondern ansprechen (Selbstöffnung)

•  Schwierigkeiten, Hilfe anzunehmen •  Vorschlag Dieckmann 2011, S. 112: •  Biographische Hintergründe ansprechen, Beziehung zur

therapeutischen Situation herstellen •  Entschuldigungen

•  Personen mit NPS: Schwierigkeiten, sich zu entschuldigen. •  Therapeutenrolle: Als Modell dienen. Zeigen, wie es möglich ist,

sich zu entschuldigen, ohne sich zu erniedrigen.

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Narzisstische Persönlichkeitsstörungen

•  Schematherapie: Weitere Interventionsmöglichkeiten •  Unterschiede zwischen Schuld und Verantwortung: •  Vorstellung vieler Personen mit NPS: die Welt ist ein

Gerichtssaal, in dem keine Fehler erlaubt sind. •  Hilfreich: verdeutlichen, dass Personen mit NPS nicht daran

schuld sind, dass sie nicht mit Enttäuschungen umgehen können, davon ausgehen, dass ihnen Privilegien zustehen oder dass Regeln, die für Andere gelten, sie nicht betreffen.

•  Aber: Personen haben die Verantwortung, daran zu arbeiten, dass sie diese Denkschemata und Verhaltensweisen bei sich erkennen und an ihnen zu arbeiten. Nur dann haben sie die Chance, ihre Mitmenschen nicht mehr zu vertreiben, sondern sie für sich zu gewinnen.

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Narzisstische Persönlichkeitsstörungen

•  Schematherapie: Weitere Interventionsmöglichkeiten •  Benutzen der Modussprache: •  Bei problematischen Denkmustern und Verhaltensweisen

nicht Patienten insgesamt ansprechen, sondern „den Teil in Ihnen, der …“ oder „die Seite an Ihnen, die …“.

•  Beispiel: Dieckmann 2011, S. 115 •  „Ein Teil von Ihnen denkt, dass es… nur um Gewinnen oder

Verlieren gehen kann, und der will auf keinen Fall den Kürzeren ziehen. Doch es existiert noch ein anderer Teil in Ihnen, der sich verletzlich und verlassen fühlt …“

•  Beispiele für die Benennung der anderen Seiten: •  „Meine arrogante Seite“, „der Tyrann“, der Besserwisser“

für den Modus der Überkompensation. •  „Meine einsame Seite“, „der beschämte Klaus“ für den

Modus des vulnerablen Kindes

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•  Schematherapie: Weitere Interventionsmöglichkeiten •  Benutzen der neurobiologischen Sprache: •  Erklärungsmöglichkeit für den Einfluss früher Belastungen

und Traumata (Dieckmann 2011, S. 116): •  „Wir wissen aus der neurobiologischen Grundlagenforschung,

dass belastende Erinnerungen aus der Vergangenheit in neuronalen Netzwerken gespeichert werden, die dem Bewusstsein nicht zugänglich sind … So funktioniert das Gehirn nun einmal … Wenn dann aktuell in Ihrem Leben etwas passiert, das dem damaligen Ereignis ähnelt, kann Ihr Gehirn nicht zwischen damals und heute unterscheiden …“

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•  Personzentrierte Therapie: Weitere Interventionsmöglichkeiten •  Reagieren auf Selbstlob wie z.B.: •  „Die Art, wie ich meinen Betrieb leite, diese Kombination

von unternehmerischem Denken und Menschlichkeit gegenüber den Mitarbeitern, da macht mir so leicht niemand etwas vor.“

•  Grundsätzlich ratsam: den Stolz aufgreifen: •  „… und darauf können Sie stolz sein.“ •  Da sich derartige Aussagen in der Regel wiederholen: immer

wieder den Stolz ansprechen: •  „ … und es gibt vieles, auf das Sie mit Recht stolz sind.“ •  Weiteres Vorgehen: •  Geduldig auf Andeutungen von Selbstkritik warten. •  „… und manchmal kommen Ihnen Zweifel.“

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•  Zusammenfassung - Diagnose •  Personen mit NPS leben im Gefühl der eigenen Wichtigkeit

und Besonderheit. •  Sie erwarten Bewunderung und bevorzugte Behandlung,

nutzen Andere aus und können Gefühle und Bedürfnisse Anderer nur schwer erkennen.

•  Sie meinen in der Regel, dass alles gut läuft. •  Es gelingt ihnen oft, Andere zu beeindrucken. •  Wenn sie scheitern, deuten sie Misserfolge um. •  Wenn das misslingt, stellen sich Scham und innere Leere ein. •  Sind nicht in der Lage, Trost und Zuwendung Anderer zu

suchen. •  In therapeutischen Situationen erklären sie ihr Leiden ganz

genau: auch in ihrem leiden sind sie besonders •  Das Vollbild der NPS nach DSM-III bis DSM-5 ist selten

(Diagnosekriterien zu eng). •  Narzisstische Persönlichkeitszüge sind häufig.

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•  Zusammenfassung - Therapie •  Das zentrale Beziehungsmotiv von Personen mit NPS ist das

Bedürfnis, positiv gesehen zu werden. •  Sie fragen sich „Würdigt der Therapeut meine

Kompetenzen?“ und „Ist der Therapeut gut genug für mich?“ •  Aufgreifen der Biographie: Belastungen in Kindheit und

Jugend häufig, v.a. fehlende Sicherheit, Ausnutzen der Kinder für die Interessen der Eltern, emotionale Vernachlässigung, Überbehütung, fehlende Grenzsetzung

•  Folgen: Kaum Zugang zu den eigenen Gefühlen, Verlangen nach Bewunderung Anderer, starre Leistungsstandards oder geringe Fähigkeit, sich anzustrengen

•  Zentrale Regel für das Therapeutenverhalten: Wahrnehmen der positive Selbstdefinition des Patienten / Klienten

•  Aufgreifen des Gefühls von Stolz •  Kein Einlassen auf einen Machtkampf •  Geduldiges Warten auf Andeutungen von Selbstkritik

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