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BIOspektrum | 04.12 | 18. Jahrgang
DOI: 10.1007/s12268-012-0209-5© Springer-Verlag 2012
ó Anaerobe, acetogene Bakterien sind in derNatur weit verbreitet und stellen ein essen-zielles Glied der anaeroben Nahrungskettedar. Das von ihnen produzierte Acetat setzenmethanogene Archaeen zu CH4 und CO2 um,die in die Atmosphäre entweichen und damitden Kohlenstoffkreislauf schließen. Acetoge-ne Bakterien sind stoffwechselphysiologischdivers und können chemo organoheterotrophoder chemolithoautotroph durch CO2-Reduk-tion zu Acetat wachsen. Die CO2-Reduktionzu Acetat geschieht über den Wood-Ljung-dahl-Weg (Abb. 1). Seit über 20 Jahren istbekannt, dass das acetogene Bakterium Ace-tobacterium woodii diesen Weg mit dem Auf-bau eines Na+-Potenzials über der Zytoplas-mamembran koppelt. Da dieser Organismuskeine Cytochrome oder Chinone enthält, wur-de vermutet, dass eines der Enzyme des Koh-lenstoffflusses membrangebunden ist. Expe-rimentell konnte dies lange nicht bestätigtwerden. Doch vor wenigen Jahren erfolgte dieWende mit der Entdeckung eines membran-gebundenen, in den Elektronenfluss invol-vierten Enzyms, der Ferredoxin:NAD+-Oxi-doreduktase-Aktivität (Fno).
Ich invertierte Vesikel von A. woodii, umherauszufinden, ob der Elektronentransfervon reduziertem Ferredoxin auf NAD+ miteinem Na+-Transport über die Membran
gekoppelt ist. Die Oxidation von reduziertemFerredoxin mit gleichzeitiger Reduktion vonNAD+ führte in der Tat zur Akkumulation von22Na+ im Lumen der invertierten Vesikel. DerNa+-Transport ging mit dem Aufbau eineselektrischen Feldes einher, und die Akku-mulation von Na+ wurde durch Na+-Ionopho-re, aber nicht durch Protonophore gehemmt,d. h. ein primärer Na+-Gradient durch Fnoerzeugt. Diese Untersuchung enthüllt nichtnur die erste an den Stoffwechsel gekoppelteIonenpumpe in acetogenen Bakterien, son-dern zeigt auch zum ersten Mal, dass der exer -gone Elektronenfluss von Ferredoxin (–500Millivolt) auf NAD+ (–320 Millivolt) mit demAufbau eines elektrochemischen Ionengra-dienten über der Membran einhergeht [1].Die Natur der Ferredoxin: NAD+-Oxidoreduk-tase konnten wir aufklären. Nach partiellerReinigung des Enzyms und der Identifizie-rung der Untereinheiten stellte sich heraus,dass diese den Untereinheiten des schonzuvor beschriebenen Rnf-Komplexes aus Rho-dobacter capsulatus ähneln. Dieser Komplexist in die Stickstofffixierung involviert (Rnf:Rhodobacter nitrogen fixation). Die mit mole-kularbiologischen Methoden detektiertenGene rnfCDGEAB in A. woodii codieren füreinen membranintegralen Komplex aus sechsnicht-identischen Untereinheiten mit Eisen-Schwefel-Zentren und Flavinen als Elektro-nenüberträger. Bioinformatische Methoden
wiesen das Vorkom-men der rnf-Gene inüber 200 Genomenbakterieller undarchaeeller Speziesnach [2]. Die weite
Verbreitung dieser Gene zeigt, dass der Rnf-Komplex nicht nur als Ferredoxin-getriebeneIonenpumpe (Na+/H+) in anaeroben Mikroor-ganismen dient, sondern auch die Energie fürden rückläufigen, endergonen Elektronen-transport von NAD+ auf Ferredoxin bereit-stellt, wie er z. B. für die Funktion der Nitro-genase wichtig ist.
Diese Befunde bilden den ersten Schritt zurLösung des Rätsels, wie die CO2-Reduktionzu Acetat mit der Energiekonservierung inacetogenen Bakterien einhergeht. Die Identi-fizierung einer membrangebundenen Na+-translozierenden Ferredoxin:NAD+-Oxidore-duktase strahlt weit über das Untersu-chungsobjekt hinaus. Sie spielt wahrschein-lich eine Rolle in der Energiekonservierungvieler Mikroorganismen. ó
Literatur[1] Biegel E, Müller V (2010) Bacterial Na+-translocating fer-redoxin:NAD+ oxidoreductase. Proc Natl Acad Sci USA107:18138–18142[2] Biegel E, Schmidt S, Gonzales J et al. (2011) Biochemistry,evolution and physiological function of the Rnf complex, anovel ion-motive electron transport complex widely distribu-ted in prokaryotes. Cell Mol Life Sci 68:613–634
Korrespondenzadresse:Dr. Eva BiegelBASF SEGVF/H – A030D-67056 LudwigshafenTel.: 0621-60-40847Fax: [email protected]
VAAM-Promotionspreis 2012
Energiekonservierung in Acetobacterium
EVA BIEGEL
BASF, LUDWIGSHAFEN
Eva Biegel2001–2007 Biologiestudium ander Universität Frankfurt a. M.2003–2004 University of Massa-chusetts in Dartmouth, MA, USA.2007–2011 Promotion bei Prof.Dr. V. Müller, Universität Frank-furt a. M. Seit 2011 ResearchScientist bei BASF SE, Ludwigs-hafen.
¯ Abb. 1: Schema der Energiekonservierung im Zuge des Wood-Ljung-dahl-Weges in Acetobacterium woodii. Eine lösliche Hydrogenase redu-ziert zunächst Ferredoxin (Fd). Die Elektronen werden dann vom reduzier-ten Ferredoxin über den Rnf-Komplex in der Zellmembran (ZM) auf NAD+
übertragen, dabei werden Natrium-Ionen nach außen gepumpt. Durch denelektrochemischen Na+-Gradienten wird über eine Na+-abhängige F1F0-ATP-Synthase ATP gebildet. NADH ist der Elektronendonor für die CO2-Reduktion. Die Natur der Hydrogenase und die Frage, ob weitere Reaktio-nen des Weges mit der Reduktion von Ferredoxin einhergehen, ist Gegen-stand derzeitiger Untersuchungen. THF: Tetrathydrofolat; CO-DH/ACS:Co-Dehydrogenase/Acetyl-CoA-Synthase.
Sponsoren der vier VAAM-Promotions-preise 2012 waren die Firmen: BASF,Sanofi-Avensis, Bayer Healthcare, NewEngland Biolabs, Evonik Degussa.