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Energieversorgung durch Holzkohle in Sierra Leone Author(s): Rolf Höltig Source: Africa Spectrum, Vol. 19, No. 2 (1984), pp. 173-182 Published by: Institute of African Affairs at GIGA, Hamburg/Germany Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40174183 . Accessed: 15/06/2014 11:41 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Institute of African Affairs at GIGA, Hamburg/Germany is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Africa Spectrum. http://www.jstor.org This content downloaded from 62.122.73.177 on Sun, 15 Jun 2014 11:41:52 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Energieversorgung durch Holzkohle in Sierra Leone

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Energieversorgung durch Holzkohle in Sierra LeoneAuthor(s): Rolf HöltigSource: Africa Spectrum, Vol. 19, No. 2 (1984), pp. 173-182Published by: Institute of African Affairs at GIGA, Hamburg/GermanyStable URL: http://www.jstor.org/stable/40174183 .

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Energieversorgung durch Holzkohle in Sierra Leone

ROLF HÖLTIG

Sierra Leone zählt zur Gruppe der von der Wirtschaftskrise 1973/74 am schwersten betroffenen Länder (= MostSeriously Affected Countries = MSAC). Derzeit werden von den Exporterlösen für Kaffee, Kakao, Palmkerne, Diamanten, Bauxit, Rutil und Eisenerz über 50 % zur Begleichung der Importrechnungen für Erdöl und Nahrungsmittel1 und weitere 30 % für öffentliche Schuldendienste verwandt2. Die wirtschaftliche Entwicklung stagniert seit einem Jahrzehnt. Das Pro-Kopf-Einkommen geht ständig zurück.

Besonders gravierende Probleme ergeben sich durch die Arbeitslosigkeit im Zeichen wirtschaftlichen Nullwachstums und ungleicher Einkommensverteilung, die ungenü- gende inländische Nahrungsmittelproduktion sowie die stark defizitäre Zahlungsbilanz. Zahlungsbilanzprobleme wurden in den letzten Jahren in erheblichem Umfang durch die Verteuerung des Rohöls verursacht. Diesem Problem kann ein Land ohne eigene Vorkommen an Öl, Gas und Kohle wie Sierra Leone nur begegnen, indem der Verbrauch durch Sparmaßnahmen deutlich reduziert bzw. das Erdöl in verschiedenen Verbrauchs- sektoren durch andere, nicht importierte Energieträger substituiert wird.

Vielen Autoren gilt nun gerade die Holzkohleproduktion als Musterbeispiel für die Nutzung heimischer Ressourcen und angepaßter Technologie - Holzkohle als Brennstoff mit Zukunft schlechthin3. Diesem Enthusiasmus muß entgegengehalten werden, daß bisher im Zusammenhang mit der Holzkohleproduktion energetische und ökologische Aspekte in der Regel vernachlässigt wurden. Dieses Defizit wird im vorliegenden Aufsatz

aufgearbeitet. Die Holzkohleproduktion erscheint danach weit problematischer als

allgemein angenommen wird.

1. STAND DER ENERGIEVERSORGUNG

Die Energieversorgung Sierra Leones basiert auf zwei Primärbrennstoffen organischen Ursprungs: Holz und Erdöl. Brennholz wird- von unbedeutenden Mengen abgesehen -

weder im- noch exportiert. Der Feuerholzverbrauch Sierra Leones beträgt jährlich schätzungsweise 2 600 000 m3. Rohöl wird vollständig importiert. Die Einfuhr ging infolge Devisenmangels von 260000 1 im Jahre 1979 schrittweise auf etwa 180000 1 im Jahre 1983 zurück. Die fortlaufende Verknappung schränkt das Transportvolumen im Lande und die

Stromversorgung erheblich ein4. Ohne Strom kommen die Wasserversorgung und die

1 Während die Bevölkerung um 2,6% p.a. zunimmt, verzeichnet die Landwirtschaft seit 1970 jährliche Wachstumsraten von durch- schnittlich 1,4%. Der Bedarf am Haupt- nahrungsmittel Reis kann seit Mitte des ver-

gangenen Jahrzehnts nur durch teilweisen Im-

port gedeckt werden. 2 Nähere Einheiten vgl. Mühlenberg, F.,

H.-U. Wolff : Sierra Leone. -In: Nohlen, D., F. Nuscheier (Hrsg. ) : Handbuch der Dritten Welt.

Bd. 4, 2. Auflage. Hamburg 1982. S. 347-367. 3 Sprenger, G. E., A. E. Smith: The de-

velopment of a charcoal industry in Sierra Leone. FAO, Rom 1982; Welling, J.: Stand der Tech-

nologie der Holzverkohlung. Diplomarbeit, Hamburg 1979.

4 Strom wird in Sierra Leone ausschließlich durch Verbrennung der Rohöldestillate schweres Heiz- und Dieselöl in Wärmekraftwer- ken produziert.

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industrielle Produktion zum Stillstand. Stromabschaltungen sind seit Anfang des Jahres 1983 selbst in der Hauptstadt Freetown an der Tagesordnung.

Für die Masse der Bevölkerung jedoch geht es primär darum, täglich genug Feuerholz zum Kochen zu haben. Untersuchungen des Autors5 ergaben, daß im Jahre 1982 allein der

Verwendungszweck Kochen mit Feuerholz 84,7% des Endenergieverbrauchs in Sierra Leone ausmachte. Der Anteil des Sekundärbrennstoffes Holzkohle am Gesamtenergie- verbrauch lag bei marginalen 0,13%. Von den 2 600 000 m3 Feuerholz wurden nur 0,63 % bzw. 1 6 000 m3 zur Produktion von ca. 1500 t Holzkohle abgezweigt, die größtenteils zum

Bügeln und Kochen verwendet wird.

2. DIE ENTWICKLUNGSPOLITISCHE BEDEUTUNG DER HOLZKOHLE

Wenn auch - anders als in den Nachbarländern Liberia und Guinea - die Bedeutung der Holzkohle für die Energiebilanz Sierra Leones derzeit gering ist, so handelt es sich doch um einen hochwertigen Sekundärbrennstoff, der ausschließlich unter Verwendung heimischer Ressourcen gewonnen werden kann.

Holzkohle verbrennt rauch- und abgasfrei. Die Hitzeentwicklung der Glut konzen- triert sich auf geringem Raum, so daß das Heizmaterial mit einem höheren Wirkungsgrad eingesetzt werden kann als Holz, das unter Flammenentwicklung verbrennt. Holzkohle ist leicht in Säcken zu transportieren, lange lagerbar und nicht durch Pilz- oder Schädlingsbefall gefährdet. Sie zeichnet sich gegenüber Brennholz insbesondere durch einen doppelt so hohen Heizwert pro Gewichtseinheit aus, weshalb Holzkohle über weite Entfernungen kostengünstiger als Brennholz transportiert werden kann.

Der Blick auf die vielfältigen Vorteile dieses Brennstoffes darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß dessen Produktion einhergeht mit einem Energieverlust von ca. 70 % , ausgehend vom Energiegehalt des eingesetzten Rohstoffes Holz. Bei der energiepo- litischen Diskussion um Sinn und Zweck der Holzverkohlung muß berücksichtigt werden, daß dieser Verlust in aller Regel gegenüber dem Brennholz nicht wieder wettgemacht werden kann. Möglich ist nur eine Relativierung des Verlustes durch Ausschöpfung des Transportkostenvorteils und gezielte Ausnutzung der Hitzeentwick- lung auf kleinem Raum.

Holzkohle wird in Sierra Leone von den Einheimischen außerhalb der Städte in Erdmeilern auf kleinbetrieblicher Basis hergestellt. Produktion und Absatz sind aus- schließlich in afrikanischen Händen. Bei Anwendung traditioneller Verkohlungs verfah- ren kommt dieser Produktionszweig ohne Kapital aus. Die entwicklungspolitische Bedeutung der Holzkohleproduktion manifestiert sich gerade an der Tatsache, daß hierdurch Produktionskapazitäten, Arbeitsplätze, Einkommen und letztendlich Nach- frage auf dem Land geschaffen werden. Dadurch wird die ländliche Wirtschafts- und Sozialstruktur gestärkt und der Migration entgegengesteuert.

5 Der vorliegende Aufsatz ist eine Kurz- fassung der gleichlautenden Diplomarbeit des Autors, die im Anschluß an einen zweimonati- gen Aufenthalt in Sierra Leone und Guinea im März/ April 1983 entstand (Fachhochschule Hamburg, Universität Hamburg, TU Ham- burg-Harburg, Titel: Energieerzeugung durch Holzkohle in Sierra Leone). Die Industrial Development Unit (IDU) der

MANO RIVER UNION (MRU), der westaf- rikanischen Staatengemeinschaft aus Liberia, Sierra Leone und Guinea, läßt derzeit in allen drei Mitgliedsländern prüfen, welche Möglich- keiten bestehen, technisch verbesserte Holzver- kohlungsanlagen zu errichten. Der Autor hatte Gelegenheit, die Mitarbeiter der IDU bei ihren Felduntersuchungen zu begleiten und eigene Untersuchungen durchzuführen.

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3. ANALYSE DER NACHFRAGESTRUKTUR

Nachfrage ist in sehr bescheidenem Umfang nur in den größeren Städten zu verzeichnen und stagniert seit Jahren. Während der Regenzeit sorgt eine Preissteigerung von höchstens 30 - 40 % für einen Rückgang des Verbrauchs, ohne daß Versorgungsengpässe auftreten.

4 Faktoren bestimmen entscheidend die Größe des Absatzmarktes: (1) Der Urbanisationsgrad der Stadt. Enge Bebauung und mehrgeschossige Bauweise

erzwingen die Aufgabe des Kochens mit Feuerholz und den Übergang zu einem anderen Energieträger. Beim Kochen mit Holzkohle besteht keine Feuergefahr, gibt es keine Probleme mit Rauch und Abgasen und ist der Platzbedarf gering.

(2) Der Wohlstand in der Stadt. Holzkohle hat im Gegensatz zu Holz und L.P.G.6 den Ruf, ein teurer Brennstoff zu sein.

(3) Die Versorgungsunsicherheit bei den konkurrierenden Energieträgern Gas, Kerosin und Elektrizität. Allgemein gilt : Je weiter eine Ortschaft von der Hauptstadt und ihrer Raffinerie entfernt ist, umso knapper und teurer sind die von dort bezogenen Destillate und umso öfter treten Versorgungsschwierigkeiten auf.

(4) Die Nähe dichter Wälder. Je näher der Absatzmarkt bei einem waldreichen Gebiet

liegt, umso größer die Chance, daß sich dort Köhler niederlassen. Ein wachsendes Interesse für Holzkohle ist in den an der Grenze zu Liberia gelegenen

Städten Sefadu und Kenema zu beobachten, wo sich die Verknappung des Angebots an

Mineralölprodukten, nicht zuletzt bedingt durch den illegalen Verkauf der Produkte

gegen Dollars ins Nachbarland, besonders drastisch auswirkt. Vermarktet wird die Holzkohle nur noch z. T. von Händlern. Zunehmende Bedeutung

erlangt der Direktvertrieb der Köhler, die bereits heute den weitaus größten Teil der Verbraucher in Freetown und Kenema beliefern. Die Ausschaltung der Verdienstspannen der Händler trägt dazu bei, die preisliche Attraktivität der Holzkohle zu erhöhen, deren Preis sich zwischen 1979 und 1983 durchschnittlich mehr als verdoppelte. Wenn auch die

Teuerungsrate für Brennstoffe allgemein seit Jahren sehr hoch ist, so konnte in einer

exemplarischen Analyse für verschiedene Energieträger im Anwendungsfall Kochen sowohl theoretisch wie empirisch nachgewiesen werden, daß Holzkohle in der Tat ein

vergleichsweise teurer Brennstoff ist. Der Preisvergleich mit anderen Brennstoffen reicht jedoch nicht aus, um die weit

verbreitete Zurückhaltung gegenüber der Holzkohle angesichts der bereits erwähnten Vorteile dieses Energieträgers zu erklären. Von Nachteil für den Verbraucher sind auch die

folgenden Faktoren, die z. T. brennstoffspezifisch und damit nicht behebbar sind:

(1) Holzkohle wird nur in Säcken oder lose zu 300 g angeboten. Es fehlen sowohl

preisgünstige Abgabemengen, die genau dem täglichen Kochbedarf einer Familie von 1,5 kg entsprechen würden, als auch Behältnisse zum sauberen Transport dieser

Mengen. (2) Preise und Mengen schwanken wie bei keinem anderen Brennstoff. Es fehlt sowohl das

Abwiegen der Verkaufsmengen als auch eine übersichtliche Preisgestaltung. (3) Zum Entzünden der Holzkohle wird bedeutend mehr Kerosin verbraucht als zum

Anmachen des Holzfeuers.

(4) Die Zeitspanne zwischen Entzünden des Feuers und voller Energieabgabe ist bei Holzkohle länger als bei allen anderen verfügbaren Brennstoffen.

(5) Die Kochzeit für Reis beträgt bei Gebrauch von Feuerholz 1-1,5 Stunden, bei Holzkohle mindestens 2 Stunden7.

(6) Das Holzkohlefeuer ist ohne Wasser schwer zu löschen.

6 Liquefied Petroleum Gas, Flüssiggas, in der Bundesrepublik Deutschland als Butan im Handel.

7 Der Reis wird dabei völlig zerkocht, gilt aber nur dann in den Augen der Afrikaner als gar.

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(7) Der Holzkohleverbrauch ist schlecht zu dosieren, die Abgabe der Wärmeenergie am schwierigsten zu regulieren.

Die Ausführlichkeit, mit der hier Verbrauch und Anwendung von Holzkohle erörtert werden, ist Ausdruck eines energiepolitischen Verständnisses, das eher auf bessere Nutzung des vorhandenen Energieangebots als auf höheren Energieverbrauch abzielt.

Damit der Verbraucher nun Holzkohle so effizient wie möglich beim Kochen einsetzt, ist die Einführung und Propagierung eines verbesserten Holzkohleherdes ein Schritt von eminenter Bedeutung. Aufgrund eines höheren Wirkungsgrades könnte dadurch der Holzkohleverbrauch einer Familie um die Hälfte reduziert werden8. Eine weitere Möglichkeit der Einsparung von Feuerung ergibt sich durch den Gebrauch einer Kochkiste9. Dadurch könnte der Energieverbrauch nochmals um 50 % gesenkt werden.

4. ANALYSE DER ANGEBOTSSTRUKTUR

Die Zahl der Köhler wird landes weit auf 200 - 300 geschätzt. Hauptberuflich tätige Köhler finden sich auf der Peninsula (Halbinsel) bei Freetown und nahe Kenema. Nebenberuflich beschäftigen sich hauptsächlich Bauern mit der Holzverkohlung. Sie alle produzieren die Holzkohle auf traditionelle Weise im Erdmeiler. In der Regel sind Köhler dort anzutreffen, wo sie nicht mehr als 20 - 30 km von den von ihnen anvisierten Absatzmärkten entfernt sind. Die Zentren der Holzkohleproduktion sind deshalb die Kambui Hills westlich Kenema, die Umgebung der Dörfer nahe Sefadu und Bo sowie die Wälder der Peninsula, das einzige ausgedehnte Gebiet natürlichen Tropenwaldes im Westen des Landes.

Da die Händler mit den Produzenten keine verbindlichen Absprachen treffen, ist hierin auch der Grund zu sehen, warum die Köhler nur in einer Entfernung bis zu 30 km zum Absatzmarkt Holz verschwelen. Die Nähe zur Stadt ermöglicht es ihnen, jederzeit selbst ins Marktgeschehen einzugreifen, sei es, um mit Händlern zu verhandeln, Ware dort abzuliefern oder selbst zu verkaufen. Holzkohleproduktionsgenossenschaften, wie sie 1975 von der ILO vorgeschlagen wurden, in denen sich Köhler, Transporteure und eventuell sogar Holzkohlehändler zusammenschließen, existieren in Sierra Leone bisher nicht. Untersuchungen ergaben, daß unter Berücksichtigung höherer Lebenshaltungsko- sten in der Stadt ein hauptberuflicher Köhler genauso viel verdient wie ein Facharbeiter in Freetown.

5. ENTWICKLUNGSHEMMNISSE UND PROBLEME DER HOLZKOHLEPRODUKTION

Köhler haben sich auch in Sierra Leone den zweifelhaften Ruf erworben, an der fortschreitenden Entwaldung des Landes entscheidend beteiligt zu sein. Ihnen wird unterstellt, z. B. im Gebiet des geschützten Staatsforstes der Peninsula südlich Freetown unerlaubt einzuschlagen, und dort auf sehr ineffiziente Weise Holzkohle zu produzieren.

8 Das entspräche einer Erhöhung des Wir- kungsgrades von 0,2 auf 0,4. Zum Vergleich: Holz wird bei einer offenen Feuerstelle mit einem durchschnittlichen Wirkungsgrad von 0, 1 verbrannt; Gaskocher erreichen Wirkungsgrade von 0,7.

9 Nahrung kann "feuerlos" in einer gut isolierten Kochkiste gar werden. Beispiel Reis: Der gewaschene Reis wird mit Wasser kalt angesetzt und nur bis zum Aufwallen auf offener

Flamme gekocht. Der Topf wird dann in die Kochkiste gebracht, wo der Reis in seiner eige- nen Hitze weiterkocht und nach 45 Minuten gar ist. Der Topf kann statt Kochkiste auch in Zeitungspapier oder Wolldecken eingewickelt werden. Ein zusätzlicher Energiespareffekt er- gibt sich, wenn der Reis vor dem Ansetzen ein paar Stunden in kaltem Wasser eingeweicht wird.

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Karte 1: Sierra Leone, Wirtschaftsstruktur

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Mauretanien hat sich deshalb aufgrund ähnlicher Problemlage entschlossen, Butan, also in Flaschen abgefülltes Flüssiggas, zu annähernd 70 % zu subventionieren, um mehr und mehr Köhler zur Aufgabe ihres Gewerbes zu zwingen. Ähnliches gilt für Senegal und Kenia. Beide Länder haben den Export von Holzkohle strengstens verboten. In Gambia ist seit 1980 die Produktion von Holzkohle generell untersagt.

Insbesondere die Ausweitung der Holzkohleproduktion sollte deshalb von vornherein nur dann ins Auge gefaßt werden, wenn infolge der Ausweitung sowohl ein weiterer Rückgang der tropischen Waldbestände als auch die Zerstörung von Savannen und Sekundärwäldern mit Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Nur ein unter ökologi- schen und forstwirtschaftlichen Gesichtspunkten geführter "Unbedenklichkeitsnach- weis" für ein nachhaltig ausreichendes, bestimmtes Volumen an bestimmten Orten wird Köhler langfristig vor Produktionsverbot oder -einschränkung bewahren können.

Angesichts der Tatsache, daß in Sierra Leone die Erdmeiler in der Regel nur 20 - 30 km von dem zugehörigen Absatzmarkt entfernt liegen, konkurrieren Brennholzerwerb und

Holzkohleerzeugung um die gleichen Rohstoffreserven. In dieser Situation ist die direkte

Verwendung von Brennholz energiepolitisch zu favorisieren, da die Energieverluste bei der Karbonisation unabhängig vom Verfahren so groß sind, daß der Gesamtverbrauch an Biomasse für einen gleichen Endverbrauchernutzen (z. b. eine gekochte Mahlzeit) bei

Verwendung von Holzkohle statt Feuerholz immer höher ist. Die Energieverluste bei der

Verkohlung des Rohstoffes Holz können nur dann unter bestimmten Umständen

hingenommen werden, wenn zumindest der Nutzungsgrad der Holzkohle gegenüber Feuerholz um ein Vielfaches höher liegt. Genau dies ist aber, wie bereits erwähnt, derzeit in den Haushalten Sierra Leones nicht der Fall.

Wenn also im näheren Umkreis der größten Städte des Landes sowohl Feuerholz

eingeschlagen als auch Holzkohle produziert wird, dann sollte auf die Verkohlung zugunsten des Brennholznachschubs verzichtet werden. Beim augenblicklichen Stand der

Dinge käme diese Forderung einem landesweiten Produktionsverbot für Holzkohle

gleich. In der Tat sollte angestrebt werden, Holzkohle in baldiger Zukunft nur noch dort zu produzieren, wo ungenutzte Holzüberschüsse des ländlichen Raumes weit entfernt von Gebieten mit hoher Siedlungsdichte anfallen. Solche Ressourcen gibt es nur im Osten des Landes, wo Abfallholz in den Konzessionsgebieten in großen Mengen anfällt. Derzeit verbleiben jährlich annähernd 40000 m3 Schlagabraum als ungenutzter Abfall beim

Holzeinschlag der Konzessionäre in den Wäldern. Holz aus Forstplantagen und Abfälle aus der Landwirtschaft können kurzfristig zur Verkohlung nicht genutzt werden.

Da natürliche Wälder nur noch 5 % der Landesfläche von Sierra Leone bedecken, istdie

Frage nach dem angewandten Verkohlungsverfahren für die zukünftige Entwicklung von

großer Bedeutung, denn im Vergleich zu Erdmeilern kommen Ziegelsteinmeiler mit der Hälfte an Holz für die gleiche Menge Holzkohle aus. Ziegelsteinmeiler zeichnen sich aus durch: - einfache Technologie bei großer Produktivität, - geringe Investitionskosten und kurze Bauzeit, - einfache Bedienung und gute Möglichkeit der Kontrolle des Verkohlungsprozesses, - Produktion von Holzkohle gleichbleibend zufriedenstellender Qualität, - weitgehende Unabhängigkeit von klimatischen Einflüssen, insbesondere Regen, - Möglichkeit des Einsatzes in infrastrukturell weitgehend unerschlossenen Gebieten.

Entscheidende Hemmnisse der weiteren Entwicklung sind zum einen die fehlende

Führung- und Verwaltungskapazität, ohne die die Einführung eines neuen Verkohlungs- verfahrens Illusion bleiben wird, und zum anderen die unlösbaren Transportkostenpro- bleme. Die Preise für Beförderungsleistungen zogen in den vergangenen Jahren deutlich stärker an als die Preise im Land allgemein. Das verfügare Transportvolumen wird durch

Benzinrationierung und Devisenmangel spürbar limitiert, da nicht nur die Treibstoffver-

sorgung eingeschränkt ist, sondern auch die finanziellen Mittel zum Kauf neuer Lkw's und für Ersatzteile nicht ausreichen.

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6. VOLKSWIRTSCHAFTLICHE BEWERTUNG DER HOLZKOHLEPRODUKTION

6.1 Beitrag der Holzkohle zur Energieversorgung Der Energieversorgungsbeitrag der Holzkohle beschränkt sich auf urbane Gebiete, doch selbst dort gibt es derzeit für die Masse der Einwohner zum Energieträger Feuerholz, dem Brennstoff der Armen, keine ökonomische Alternative. Diese bietet sich nur den gut Verdienenden, die aus einem breiten Energieträgerangebot auswählen können. Trotz häufiger Stromabschaltungen und wachsender Versorgungsengpässe bei Gas und Kerosin hat Holzkohle in der Präferenz der Verbraucher weiterhin einen niedrigen Stellenwert, und es stagniert die Nachfrage.

Auf die Ursachen der Zurückhaltung der Verbraucher gegenüber Holzkohle wurde detailliert eingegangen. In der Tat erklärt sich die derzeit marginale Bedeutung der Holzkohle in Sierra Leone aus fehlender Nachfrage und nicht aus einem ungenügenden Angebot. Händler wie Produzenten erklärten während der Felduntersuchungen wieder- holt, jederzeit umgehend in der Lage zu sein, eine wachsende Nachfrage durch

Mehrproduktion zu befriedigen. Wenn nun Holzkohle ein „städtischer" Brennstoff ist, über die Hälfte aller Städter im

Großraum Freetown leben und dorthin die stärkste Migration zu beobachten ist, dann ist der Energieversorgungsbeitrag der Holzkohle zuerst einmal daran zu messen, wieweit er

Bedeutung für die Hauptstadt hat und haben wird. Gerade in bezug auf Freetown kommt die Studie des Autors zu einem eindeutig

negativen Ergebnis. Aus ökologischen wie energiepolitischen Gründen ist die Nutzung der bisherigen Rohstoffpotentiale für die Holzkohleproduktion nicht länger zu befürwor- ten. Frühestens mittelfristig wäre die Substitution der bisherigen Holzkohle durch solche aus Palmkernschalen möglich. Die Karbonisation der Schalen bedeutet aber, eine neue

Technologie einzuführen, für die nicht auf Erfahrungen anderer Länder zurückgegriffen werden kann. Ohne Forschungsarbeit und Umsetzung der Forschungsergebnisse in

entsprechende Verkohlungsanlagen wird es keine Holzkohle aus diesen Schalen geben. Genau dies darf vermutet werden, da generell der Aufbau einer Industrie auf der Basis

landeseigener Forschungsergebnisse in Sierra Leone völlig unbekannt ist. Die Hoffnung, Freetown mit Holzkohle aus Gebieten versorgen zu können, die mehr als 300 km von der

Hauptstadt entfernt liegen, muß wegen der hohen Transportkosten aufgegeben werden. Da es bisher keine Anzeichen dafür gibt, daß Feuerholzplantagen angelegt werden, um

die Energieversorgung Freetowns wie auch anderer Städte des Landes zu sichern, muß befürchtet werden, daß der Peninsula-Staatsforst bis Ende des Jahrhunderts weitgehend zerstört sein wird. Bei Niederschlägen bis zu 6000 mm p.a. hat ein geringer Grad der

Entwaldung bereits verheerende ökologische Folgen durch Erosion und Erdrutsche, wodurch selbst die Trinkwasserversorgung Freetowns gefährdet würde.

Für die Provinzstädte Sefadu, Kenema und Bo, die weniger als 150 km von den Orten des Nutzholzeinschlages entfernt liegen, kommt die Studie zu einem positiven Ergebnis. In diesen drei Städten, in denen schon heute das Interesse an Holzkohle zunimmt, könnte Holzkohle in Zukunft einen wachsenden Energieversorgungsbeitrag leisten, die Mineral-

ölprodukte Gas und insbesondere Kerosin zumindest teilweise substituieren und bei

Verbesserung des Wirkungsgrades der Holzkohleherde ökonomisch interessant werden selbst für die Städter, die bisher mit Holz kochten. Für die Stadt Bo eröffnet sich darüber hinaus die Möglichkeit der Energieversorgung durch brikettiertes Reisstroh aus dem 100 km entfernt liegenden Tormabum. Es kann davon ausgegangen werden, daß die Hälfte aller Haushalte von Bo mit diesen Briketts ausreichend Brennstoff zum Kochen hätte.

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6.2 Zielerreichung ausgewählter Größen Im folgenden soll aus volkswirtschaftlicher Sicht überprüft werden, ob durch Produktion von Holzkohle ein Beitrag zur Devisenersparnis, Erhöhung der Zahl der Beschäftigten und Schaffung von Einkommen erzielt werden kann.

Devisenersparnis .Das Holzkohlepotential von 5400 t p.a.10 reicht aus, um den jährlichen Kochenergiebedarf von z. Z. 64000 Städtern zu decken. Bei Verwendung von Herden, die sparsamer im Verbrauch sind, erhöht sich die Zahl der möglichen Nutznießer auf bis zu 120000 Menschen.

Der volkswirtschaftliche Effekt der Nutzung dieses Potentials soll in Form eingespar- ter Devisen für Kerosin berechnet werden. Die Tonne Kerosin wird auf dem Spotmarkt in Rotterdam im Juli 1 983 zum c. i. f . -Preis von US-$ 277 gehandelt. Transportkosten Europa -Westafrika sind mit US-$ 10-15 anzusetzen11. 1 1 Kerosin kann also nach Freetownfür US-$ 290 verschifft werden12.

1 t Kerosin hat den Heizwert von 1,37 t Holzkohle. 5400 t Holzkohle haben demzufolge den gleichen Joulegehalt wie 3941,6 1 Kerosin. Werden bisherige Nutzungs- grade unterstellt (Holzkohle 0,2 und Kerosin 0,3), fällt der Substitutionseffekt für Holzkohle um ein Drittel geringer aus, d. h. 5400 t Holzkohle entsprechen dem Endenergiebedarf von gut 2628 t Kerosin. Berücksichtigt man ferner, daß Kerosin zum Anmachen des Holzkohlefeuers derzeit unentbehrlich scheint, dann verringert sich der Substitutionseffekt auf rund 2600 1 Kerosin. Diese Menge Kerosin hat einen Wert von US- $ 754000. Erhöht sich der Wirkungsgrad von Holzkohleherden von 0,2 auf 0,3, beläuft sich die errechnete volkswirtschaftliche Devisenersparnis auf über US-$ 1 Mill. DieMenge des derzeitigen Verbrauchs von etwa 1500 t Holzkohle hat nach obiger Rechnung einen Gegenwert von US-$ 209000 für importiertes Kerosin. Zum Vergleich: Die Rohölim- porte 1983 werden mit etwa US-$ 34 Mill. zu Buche schlagen. Fazit: Erst bei regionaler Ausweitung der Produktion und verbesserten Herden tritt ein signifikanter Devisenspar- effekt ein.

Beschäftigung: 200 - 300 Köhler, von denen nur der kleinere Teil hauptberuflich die Verkohlung betreibt, stellen nur eine sehr kleine Gruppe innerhalb der Gesamtzahl der Beschäftigten im kleinbetrieblichen Sektor dar. Infolge der wachsenden Bedeutung des Direktvertriebs schrumpft die Zahl der Händler, von denen heute nicht mehr als 30 - 35 vom Holzkohleverkauf allein existieren können. Nicht uninteressant dürfte sein, daß 1500 t Holzkohle, die Menge des derzeitigen Jahresverbrauchs im Land, von 9 Köhlern in einer gleichen Anzahl Ziegelsteinmeiler produziert werden könnte13.

Würde in 24 Meilern im Osten des Landes Holz verkohlt werden (= 4700 1 Holzkohle p.a.), so wären 30 Köhler und 15 Helfer direkt bei den Meilern, 122 Arbeiter mit Holzsammeln und -aufbereiten sowie weitere 22 mit dem Be- und Entladen der Lkw's beschäftigt. An diesen paar Zahlen wird deutlich, daß eine sparsame Ressourcennutzung

10 Werden von 40000m3 Abfallholz, die jährlich in den Konzessionsgebieten anfallen, gut 30 000 m3 als Rohstoff für die Verkohlung in Ziegelsteinmeilern genutzt, dann ließen sich daraus 5400 t Holzkohle gewinnen.

1 1 Diese Frachtraten sind gültig für Tanker ab 20000 t Tragfähigkeit, wovon hier ausge- gangen werden soll.

12 Dies entspricht einem Preis für die Gallone von US-$ 1,0556 bzw. Le 2,639 (1 Gallone = 4,55 1; Le = Leone, Landeswährung Sierra Leones; nach offiziellem Wechselkurs ist US-$ 1 = Le2,50, Stand April 1983). Abzüglich 27 d Steuern wird das staatlich subventionierte Kerosin an den Tankstellen derzeit für Le 1,67

verkauft. Beim Verkauf von Kerosin an auslän- dische Luftverkehrsgesellschaften am Lungi Airport konnte im März 1 983 ein Erlös von US-$ 0,95 erzielt werden. Dem Zahlenmaterial kann entnommen werden, daß Kerosin wahrschein- lich zu 25% je verkaufter Gallone im Inland subventioniert wird. Die tatsächliche Subven- tionsrate ist der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich.

13 Annahmen: Ziegelsteinmeiler brasiliani- schen Typs mit 5 m Durchmesser und einem Fassungsvermögen von 26 m3 Brennholz je Charge, Meilerausbeute : 25 % , Dauer eines Ver- kohlungszyklus: 8 Tage, zehnmonatiger Einsatz im Jahr.

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durch Einführung einer neuen Technologie mit einem Absinken der Beschäftigtenzahlen insgesamt kollidiert. Vor die Wahl gestellt, entweder prioritär eine höhere Ausbringungs- menge oder eine höhere Beschäftigtenquote im Köhlergewerbe anzuvisieren, sollte

überlegt werden, ob nicht in nachgeordneten Produktionsbereichen Arbeitsplätze mit höherem Lerneffekt als bei der Holzverkohlung geschaffen werden können. Im kleinen Schmiedebetrieb auf dem Land z. B., der auf die Lieferung preisgünstiger Holzkohle

gleichbleibend guter Qualität angewiesen ist, wird fertigungstechnisches Geschick und

qualifizierte Arbeit verlangt. Das primäre volkswirtschaftliche Interesse ist auf diese

Arbeitsplätze zu richten, denn Industrialisierungsfähigkeit wird eher hier als am Rande des Erdmeilers erlernt.

Einkommen: Aus der Sicht des Produzenten ist Holzkohle vor allem deshalb von Interesse, weil die Karbonisation eine attraktive Möglichkeit der Wertschöpfung auf dem Lande bietet. Mehr als 50 % des Erlöses durch den Verkauf der Holzkohle in der Stadt fließt den Köhlern zu. Deren Jahreseinkommen summieren sich auf einen Betrag von landesweit höchstens Le 250000. Diese Gelder werden fast ausschließlich konsumptiven Zwecken zugeführt. Investiert wird in die Schulbildung der Kinder durch Zahlung von

Schulgeld. Der ländlichen Entwicklung im übergeordneten Sinne kommen keine Gelder

zugute. Beim Betrieb von Ziegelsteinmeilern steigt die Wertschöpfung je Köhler um ein

Vielfaches an. Bei Rückflüssen von etwa Le2000/Meiler(= Köhler)/Monat, d. h. mehr als ein Facharbeiter im Jahr in der Hauptstadt verdienen kann, wird aber die ländliche Wirtschafts- und Sozialordnung u. U. eher zerstört als gestärkt, wenn nicht die Region als Ganze von den Verkaufserlösen der Köhler profitiert. Angesichts dieser Bedenken wäre es denkbar, bei Projekten auf Basis der Ziegelsteinmeiler die „Finanzhoheit" einem staatlich

Beauftragten zu übertragen, der dem Köhler ein weitaus niedrigeres Gehalt auszahlt. Durch eine solche Vorgehensweise werden jedoch die ehemals selbständigen Köhler zu

Lohnabhängigen. Das stärkt weder deren Selbstvertrauen noch deren Wunsch, vielleicht einen eigenen Beitrag zur ländlichen Entwicklung leisten zu wollen, z. B. durch Gründung einer Genossenschaft.

Diese Überlegungen machen deutlich, wie schwierig es ist, den unter energiepoliti- schen Gesichtspunkten eindeutig zu favorisierenden Ziegelsteinmeiler in Einklang zu

bringen mit der entwicklungspolitischeji Forderung nach Partizipation der ländlichen

Bevölkerung am Entwicklungsprozeß und Stärkung ihres Selbstvertrauens in die eigenen Kräfte zur Überwindung der Probleme.

Abschließend soll deshalb dafür plädiert werden, im Osten des Landes, wo die Rohstoffvorräte für die Holzkohleproduktion die derzeitige Nachfrage bei weitem

übersteigen, den abrupten technologischen Übergang zum Ziegelsteinmeiler zu vermei- den. Die Köhler sollten eher dahingehend beraten werden, den Wirkungsgrad ihrer traditionellen Erdmeiler durch geeignete Maßnahmen zu erhöhen, den genossenschaftli- chen Zusammenschluß zu suchen und erst auf dieser Basis die Einführung einer neuen

Technologie in Erwägung zu ziehen. Die genossenschaftliche Basis schafft organisatori- sche Voraussetzungen, um gemeinsam mit den Bewohnern der umliegenden Dörfer zu entscheiden, in welcher Weise die Überschüsse aus dem Holzverkohlungsgeschäft auch der ländlichen Entwicklung als Ganze zugute kommen könnten.

Zusammenfassend ist festzustellen: Die derzeitige Bedeutung der Holzkohle für die

Energieversorgung und die Ökonomie in Sierra Leone ist zwar marginal, in Zukunft

jedoch könnte Holzkohle einen regional begrenzten, dort aber bedeutenden Beitrag zur

Deckung des Kochenergiebedarfs leisten. Beschäftigungsimpulse gehen von der Köhlerei nicht aus; bei Einführung von Ziegelsteinmeilern sinkt sogar der Arbeitskräftebedarf erheblich. Umgekehrt hingegen verhält es sich mit der Wertschöpfung: Je fortgeschritte- ner die angewandte Verkohlungstechnik ist, umso höher sind die Rückflüsse für den einzelnen Köhler zu veranschlagen. In jedem Fall ist Holzverkohlung eine attraktive

Möglichkeit der Wertschöpfung auf dem Lande. In Zukunft sollte versucht werden, die

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Page 11: Energieversorgung durch Holzkohle in Sierra Leone

Überschüsse der Köhlerei nicht nur konsumptiv, sondern verstärkt investiv zu verwen- den, die Gelder der ländlichen Entwicklung insgesamt zugute kommen zu lassen.

Summary

The dramatic price increase for crude oil in the seventies poses considerable problems for the balance of payments of developing countries without exploitable petroleum resources. Thinking ab out a higher degree of self-reliance leads to the question, if mineral oil products can be substituted significantly by charcoalproduction. Thepresent importance ofcharcoalforthe energy supply Situation in Sierra Leone is marginal. Charcoal is only used in bigger cities, particularly for cooking and ironing.

Charcoal is usually produced 20 - 30 km away from the proper market. Therefore charcoal production andfuelwoodacquisition competefor the same resources in the surroundings of cities. In this Situation cutting fuelwood should be favoured, because the consumption ofbiomass is always lower whenfuelwood is used instead of charcoal. The traditional earth kilns as wellas the charcoal stoves used show very low degrees of efficiency.

In future charcoal should only be produced in the eastern provinces of the country, where the Provision of mineral products is extremely low and where slash is left in big quantities in theforests ofthe concessionaires undertaking logging operations. Carbonisation ofthis wood waste could coveragood portion ofthe energy demandfor cooking in Sefadu, Kenema and Bo. However, the overall effect of sparing foreign exchange by saving crude oil is rather low.

Resume

Le rencherissement rigoureux du petrole brut dans les annees soixante-dix pose des problemes considerables de balance despaiements auxpays en voie de developpement sans propres gisements. Le retour aux ressources dupays mene entre autres ä la question, si la production de charbon de boispourra apporter une contribution significative ä substituer des produits petroliers. Uimportance actuelle du charbon de bois pour Vapprovisionnement energetique en Sierra Leone est marginale. Ce n yestque dans les villes assez grandes qu 'on utilise du charbon de bois, pour laplupartpour faire la cuisine et repasser.

En gener al, les charbonniersproduisentä une distance de 20 ä 30 km de leurs debouches. Etantdonne qu'ainsiaux alentours des villes Requisition du bois de chauffage et la production du charbon de bois sont en concurrence pour les memes matierespremieres, ony devrait dans Vavenirne couper que du bois de chauffage, vu que la consommation globale de biomasse reste toujours moins elevee en utilisant du bois de chauffage ä laplace du charbon de bois. Non seulement les meules traditionelles mais aussi les fourneaux de cuisine utilises pour le charbon de bois accusent un degre d'efficacite tres bas.

Dans Vavenir, on devrait aspirer a ne produire du charbon de bois que dans Vest du pays, oü Vapprovisionnement en produits petroliers est particulierement dif fidle et loin des grandes agglomera- tionsy dans les regions concessionnees, les dechets de bois se presentent en grandes quantites. Par la carbonisation de ceux-ci on pourrait apporter une contribution importante ä la satisfacton des besoins energetique s pour cuisiner dans les villes de Sefadu, Kenema etBo.L yeffet dyepargner des devises gräce aux economies de petrole est toutefois peu important.

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