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BILANZ 06 | 2018 120 ENJOY CLASSIC CARS H err Kaiser, man kennt Sie als Finanzmann. Wie kommen Sie zu Oldtimern? Man hat als Mensch ja nicht nur ein Interessengebiet! Ich bin nun 63 und habe in der Vergangenheit so einiges gemacht. Da war auch Motorsport dabei. Motorsport? Ich hatte früh das Vertrauen von vermö- genden Familien als deren Vermögens- berater. Darunter waren auch Künstler und Sportler – ich war selber als Judoka 1976 im Olympiateam in Montreal. Einige Sportkollegen wollten damals, dass ich ihnen helfe, ihre Verträge zu verhandeln, ihre Erfolge zu Geld zu machen und dieses „Milliardenmarkt am Scheideweg” Der Liechtensteiner Vermögensverwalter Fritz Kaiser bringt erstmals Licht in den undurchsichtigen Markt für Classic Cars: Der 63-Jährige hat ein Ranking der 100 wichtigsten internationalen Sammler erstellt. von DIRK RUSCHMANN KAISER MIT SCHMUCKSTÜCK Kaiser und sein Aston Martin DB4 Short Wheel Base. Der Schätzwert liegt bei vier Millionen Franken.

ENJOY CLASSIC CARS „Milliardenmarkt am Scheideweg” · 2018-05-25 · Wie passen Classic Cars in das Portfolio? Das hat mit meiner Leidenschaft für Design und Autos zu tun. Ich

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BILANZ 06 | 2018120

ENJOY CLASSIC CARS

Herr Kaiser, man kennt Sie als Finanzmann. Wie kommen Sie zu Oldtimern?Man hat als Mensch ja nicht

nur ein Interessengebiet! Ich bin nun 63 und habe in der Vergangenheit so einiges gemacht. Da war auch Motorsport dabei.

Motorsport?Ich hatte früh das Vertrauen von vermö­genden Familien als deren Vermögens­berater. Darunter waren auch Künstler und Sportler – ich war selber als Judoka 1976 im Olympiateam in Montreal. Einige Sportkollegen wollten damals, dass ich ihnen helfe, ihre Verträge zu verhandeln, ihre Erfolge zu Geld zu machen und dieses

„Milliardenmarkt am Scheideweg”Der Liechtensteiner Vermögensverwalter Fritz Kaiser bringt erstmals Licht in den undurchsichtigen Markt für Classic Cars: Der 63-Jährige hat ein Ranking der 100 wichtigsten internationalen Sammler erstellt. von DIRK RUSCHMANN

KAISER MIT SCHMUCKSTÜCKKaiser und sein Aston Martin DB4 Short Wheel Base. Der Schätzwert liegt bei vier Millionen Franken.

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486­Megawatt­Windparks gewonnen. Er wird 2021 grünen Strom für rund eine Mil­lion deutsche Haushalte liefern.

Wie passen Classic Cars in das Portfolio?Das hat mit meiner Leidenschaft für Design und Autos zu tun. Ich habe früh einmal mit meiner Frau am Marokko­Rallye teilge­nommen, und wir haben im dritten Jahr dort mit unserem Mercedes 300 SL Roads­ter gewonnen. Ich habe dann begonnen, Sportwagen­Ikonen der 1950er und 1960er Jahre zu sammeln.

Die Traumwagen Ihrer Kindheit?Absolut. Da steckt viel Herzblut drin. Als Sammler stellt man dann aber auch fest, dass alte Autos auch Kopfweh erzeugen können. So ist mein «Collectors’ Office» entstanden. Unsere Family­Office­Leute

sind ihre Motive und langfristigen Pläne? Was machen Investoren und Spekulanten in diesem Markt? Was bedeutet die Ent­wicklung der Automobile Industry für den Classic­Car­Markt? Stichworte Elektroautos und Mobilität als Service. Dürfen Oldtimer in zehn Jahren noch auf die Strasse? Gibt es dann noch Ersatzteile und Benzin dafür? Wie nachhaltig sind die Werte und der Spassfaktor dieser Fahrzeuge?

Und, haben Sie Antworten gefunden?Wir sind auf gutem Weg, unseren Beitrag zu leisten. Dafür haben wir die letzten 18 Monate viel Marktforschung betrieben und haben heute gute Informationen von mehr als 200 wichtigen Sammlern, 5000 der wichtigsten Autos, Listen von Preisen und Awards, Handelsdaten, Informatio­nen von Veranstaltern und vieles mehr.

Das ist erstaunlich. Bisher hiess es doch, dass viele Sammlungen sehr privat seien.Ja, das stimmt. Doch wir hinterlassen alle unseren digitalen Fussabdruck, wenn wir kaufen und verkaufen oder unsere Autos etwa an Rallyes oder Concours­Veran­staltungen teilnehmen. Wenn man alle im Internet zugänglichen Informationen ver­knüpft, kann man erstaunlich detaillierte Profile erhalten. Zudem haben uns einige Sammler direkt Informationen gegeben.

Was sind Ihre wichtigsten Erkenntnisse?Wir sprechen hier von einem Milliarden­markt, der an einen Scheideweg kommt. Zukünftige Strassenzulassungen und die Entwicklung der Automobilindustrie sind ein Thema. Gleichzeitig steht ein wichtiger Generationenwechsel an. Die 100 wichtigs­ten Sammler der Welt besitzen rund 3500 der bedeutendsten Autos im Wert von gut acht Milliarden Dollar. Mehr als die Hälfte davon ist in den USA, und die Sammler sind im Schnitt 72 Jahre alt, gut 20 Prozent sind bereits um die 80 oder älter.

Sie haben soeben eine Liste der 100 wich-tigsten Sammler weltweit publiziert.Ja, wir wollen damit unseren Beitrag leis­ten, um den Markt transparenter zu ma­chen. Viele Sammler haben ein Leben lang leidenschaftlich fantastische Autos gesam­melt und historische Werte gepflegt – und man kennt sie nicht. Sie verdienen es, gefeiert zu werden. Gleichzeitig erhalten sie mit dieser Liste einen Referenzpunkt, wo sie im internationalen Vergleich mit

„DAMALS WAR ICH MIT DEM SAUBER- RENNSTALL FÜNF JAHRE LANG BEI FORMEL-1-RENNEN UNTERWEGS.”

helfen bei administrativen, rechtlichen, steuerlichen und finanziellen Angelegen­heiten oder bei Versicherungsfragen – also den Kopfweh­Themen. Heute helfen wir auch einigen befreundeten Sammlern. Wir nennen dies «Aspirin» für Kopfweh und «Champagne» für die Freuden.

Wie kam es zur Gründung des «Classic Car Trust»?Das war 2014, als wir auch als Partner der Mille Miglia aufgetreten sind. Ich hatte mich schon seit einiger Zeit mit dem globa­len Classic­Car­Markt befasst. Hier gab es unglaubliche Wertzuwachsraten, aber der Markt war intransparent, und gleichzeitig standen wichtige Fragen im Raum.

Was für Fragen?Wo sind die historisch wichtigen Fahrzeuge? Wer sind die wichtigsten Sammler? Was •

dann zu verwalten. Hanni Wenzel, Marc Girardelli oder Jakob Hlasek waren dabei. Und natürlich Gerhard Berger, mit dem ich sehr eng in seiner Formel­1­Zeit gearbeitet habe. Zudem war ich damals bei der Grün­dung der DTM dabei …

… der Deutschen Tourenwagenmeister-schaft, einer der wichtigsten Klassen weltweit für seriennahe Sportwagen.Genau. Eine Firma von mir hat die DTM in der Anfangsphase ein Jahrzehnt lang ver­marktet. Und in den 1990er Jahren war ich dann mit Peter Sauber und Red­Bull­Grün­der Dietrich Mateschitz Teilhaber der Red Bull Sauber Holding, wo ich auch Verwal­tungsratspräsident war. Damals war ich mit dem Schweizer Formel­1­Rennstall fünf Jahre lang bei den Rennen unterwegs. Dies war eine spannende, erfolgreiche, aber auch intensive Zeit.

Was machen Sie und Ihre Firma heute?Ich teile meine Unternehmen in drei Berei­che ein. Die Kaiser Partner Privatbank ver­waltet hauptsächlich Gelder von vermögen­den Familien. Im letzten Dezember haben wir die Vontobel Bank (Liechtenstein) über­nommen und verwalten nun auch instituti­onelle Vermögen. Die Privatbank ist zu 100 Prozent in unserem Familienbesitz. Kun­den schätzen es, wenn sie auch mal mit dem Inhaber direkt reden können.

So weit die Bank. Und zweitens?Unser Bereich Family Office, Trust und Wealth Services hat eine Tradition seit 1931. Wir helfen Familien und Unterneh­mern, ihr Vermögen in Zeiten rasanten Wandels nachhaltig zu organisieren. Dies sind komplexe Fragen. Dafür haben wir unsere «Wealth Table»­Philosophie. Wir nehmen uns Zeit zuzuhören, um die The­men der Kunden wirklich zu verstehen, bringen die richtigen Experten an den Tisch, eigene oder externe Spezialisten, setzen die Lösungen um und verwalten sie.

Fehlt noch der dritte Bereich.Die Holding mit meinen eigenen Investitio­nen in Immobilien, Internet und erneuer­bare Energie. Mit 21iLab in Vaduz und Mailand entwickeln wir Geschäftslösungen für mobile Geräte, und unsere Seawind Holding hat ein Team in Hamburg, das Windparkprojekte entwickelt. Wir haben im April für unser «Baltic Eagle»­Projekt in der Ostsee bei der deutschen Energie­ Auktion den Zuschlag für den Bau eines

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anderen Sammlern stehen. Das wird geschätzt, das wissen wir aus zahlreichen Gesprächen. Die Datenbasis ist bereits gut und wird sich laufend verbessern.

Wie ist die Rangliste entstanden?Wir wollten das Ranking nicht einfach in Geld ausdrücken, sondern haben zusätz­lich qualitative Werte berücksichtigt. Mit unserem Scoring­System kann ein Samm­ler maximal 100 Punkte erreichen. 50 Pro­zent davon repräsentiert der finanzielle Wert der Sammlung, die andere Hälfte setzt sich zusammen aus der historischen Bedeutung der Sammlung, der Reputation, welche Auszeichnungen Fahrzeuge erhal­ten haben und welchen Beitrag der Samm­ler für die Classic­Car­Community leistet.

Und der Sieger? Eine kleine Überraschung: Es ist der Ame­rikaner Miles Collier mit 87,34 Punkten.

Warum?Ich hatte zunächst Ralph Lauren, den Modemacher, mit der wertmässig grössten Sammlung vorn gesehen. Collier hat aber letztlich mit den qualitativen Punkten das Rennen gewonnen – nicht zuletzt als Gründer des Revs Institute in Florida, einer einzigartigen Dokumentationsplatt­form zur Geschichte des Automobils.

Sie präsentieren im Report auch einen der diskretesten Sammler überhaupt: den Schweizer Albert Spiess. Er soll die weltweit spektakulärste Lamborghini-Sammlung haben.

Ja, Albert Spiess hat eine unglaubliche Sammlung. Die Lamborghini­Sammlung, ja, sicher, aber auch wichtige Ferraris, Alfa Romeos, Maseratis, Bugattis und mehr. Er ist weltweit in den Top Ten unseres Ran­kings und hat uns ein exklusives Interview für unseren Jahresbericht gegeben.

Wer taucht noch auf ? Evert Louwman mit der für uns wichtigs­ten europäischen Sammlung in seinem Museum in Amsterdam. Nick Mason, der Drummer von Pink Floyd. Talkmaster Jay Leno. Umberto Panini, der mit den Klebe­bildchen. Modeinvestor Lawrence Stroll, dessen Sohn Lance in der Formel 1 fährt. Oder Rumäniens Tennis­Ikone Ion Tiriac mit seiner Rolls­Royce­Sammlung.

Ihr Magazin «The Key – Top of the Classic Car World» soll nun jedes Jahr erscheinen. Wir bieten interessanten Persönlichkeiten eine Plattform. Diesmal dabei sind FIA­Präsident Jean Todt, Lorenzo Ramaciotti, Präsident der Jury bei der Villa d’Este, Sandra Button, die Vorsitzende von Pebble Beach, und viele mehr. Wir planen auch, einmal pro Jahr die wichtigsten Protago­nisten des Classic­Car­Marktes zu einem Forum einzuladen, um Antworten auf die dringlichsten Fragen zu suchen. Dieses Forum wollen wir als gemeinnützigen Ver­ein organisieren.

Sie sind als Sammler auch in der Liste der Top 100. Welches ist derzeit das ausser-gewöhnlichste Fahrzeug in Ihrer Garage?Das ist vermutlich der Pegaso Z­102 Saou tchik Cabriolet aus dem Jahr 1953. Saou tchik war zu der Zeit eine extrava­gante Designerpersönlichkeit und hat ein besonderes, gern gesehenes Einzelstück bei wichtigen Concours­Veranstaltungen geschaffen. Besonders ist vielleicht auch der Formel­1­Rennwagen aus meiner Zeit bei Red Bull Sauber Petronas, den damals Jean Alesi gefahren hat.

An der Mille Miglia sind Sie offensichtlich mehrmals schon mitgefahren.Ja, 2014 waren wir mit einem grossen Team dabei. Ich fuhr mit meiner Frau Birgit im Cisitalia 202 aus dem Jahr 1947, und wir hatten Paloma Picasso und die Filmschau­spieler Adrien Brody und Luke Evans als Gäste dabei. Paloma Picasso und ihr Mann Eric Thevenet fuhren unseren Lancia Aurelia B24 Spider America, Brody unse­ren Flügeltürer und Evans den Lancia Aurelia B20 GT. 2016 war ich mit meinem Sohn Benedikt nochmals im Mercedes­300­SL­Flügeltürer am Start.

Welche sind Ihre zwei wichtigsten Autos?Den Aston Martin DB4 GT aus dem Jahr 1960 finde ich grossartig, ein Gentlemen Racer. Die Short­Wheel­Base­Version, also ein verkürztes Rennauto als Strassenver­sion, aus Aluminium gefertigt mit einem 300 PS starken Motor. Meiner ist linksge­lenkt und wurde so nur 30 Mal gebaut. Eine Ikone als Sportauto ist der Porsche 550 Spyder. Bekannt als «Little Bastard», in dem James Dean gestorben ist. Mein Exem­plar hat 1956 an der Mille Miglia teilgenom­men und im selben Jahr den Grossen Preis am Nürburgring gewonnen. Mit dem bin ich dieses Jahr die Mille Miglia gefahren.

Der TausendsassaFritz Kaiser (63) war Leistungssportler, Inhaber des Kreditkartenanbieters Diners Club Schweiz und ist heute mit seiner Firma Kaiser Partner Vermögens­verwalter, Investor sowie Bankier und sammelt alte Sportwagen. Mit dem Clas­sic Car Trust bietet der Liechtensteiner Dienste für Oldtimersammler an. Philan­thropisch ist er in der Mentor Stiftung aktiv, die sich für die Bildung Jugend­licher einsetzt. Beim WEF Davos hat er einen Arbeitskreis gegründet, der Fragen zur Verantwortung grosser Privatvermögen thematisiert.

DAS SCHMUCKKÄSTCHEN VON LIECHTENSTEINEin Blick in Fritz Kaisers Garage, 20 Autos umfasst seine Sportwagen-Sammlung. Im Vordergrund der Porsche 550 Spyder, dahinter der nicht weniger legendäre Mercedes Flügeltürer.