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Enmerkar und Sulge als sumerische Muttersprachler nach literarischen Quellen 1 von Jan Keetman – Istanbul Starting from the consideration that Sumerian was still a living language at the end of the Ur III Dynasty, which was sufficiently demonstrated in recent years, some literary texts must be reconsidered which were cited in favor of an earlier date for the end of colloquial Sumerian: „the spell of Nudimmud“ and two passages from the hymns of Sulge. Nachdem lange Zeit die Meinung stark vertreten war, dass das Sume- rische trotz der Masse der sumerischen Texte und Namen in der Ur III- Zeit und vielleicht schon davor eine tote oder nahezu tote Sprache war, 2 hat in den letzten Jahren eine erneute Diskussion über die Frage des Aus- sterbens des Sumerischen begonnen. Dabei wurde der Zeitpunkt des Aus- sterbens wieder an das Ende von Ur III bzw. in die Isin-Zeit gerückt. 3 Was wie eine Rückkehr zu Positionen aussieht, die in den 1960er und 1970er Jahren aufgegeben wurden, gründete hingegen auf einer vertieften Diskus- sion. Denn es wurden die kritischen Fragen aufgenommen, die von den Vertretern der These eines frühen Aussterbens des Sumerischen bei- gebracht wurden, wie das Verhältnis zwischen Namen und gesprochener Sprache. 1 Dem türkischen Ministerium für Kultur und Tourismus und den Verantwortlichen des Eski Sark Müzesi in Istanbul, insbesondere Frau Asuman Dönmez, danke ich für die Erlaubnis, die einschlägigen Texte in Istanbul zu kollationieren. Besonderen Dank bin ich auch Catherine Mittermayer schuldig, die mir ihre durch zahlreiche Kollationen ge- stützte Partitur zu Enmerkar und der Herr von Aratta 136–155 und Fotographien der Texte Jn und Xk zur Verfügung gestellt hat (s. inzwischen Mittermayer 2009) und mich zudem auf Klein (2000) hinwies. Walther Sallaberger danke ich für seine Kritik und seine Anregungen zu diesem Artikel. – Abkürzungen in diesem Artikel richten sich nach der kürzesten Form in AHw., CAD und im Reallexikon der Assyriologie; aBZL: Mittermayer (2006). 2 Thomsen (1984, 17) schreibt in ihrer Grammatik kategorisch: „In Ur III the use of Su- merian seems thus to have been very limited.“ 3 Edzard (2000), Sallaberger (2004), Woods (2006); vgl. auch Sommerfeld (2006) kritisch zu semitisch-sumerischen Sprachkontakten vor ED III und deren Gewichtung. Salla- berger (2004, 133–34) argumentiert, dass eine ökologische Katastrophe um die Wende vom 3. zum 2. Jahrtausend den Anstoß zum Ende von Sumer und damit des Sumeri- schen gab. Zeitschr. f. Assyriologie Bd. 100, S. 15–31 DOI 1515/ZA.2010.002 © Walter de Gruyter 2010 ISSN 0084-5299 Brought to you by | Columbia University Library The Burke Library New York Authenticated | 128.59.62.83 Download Date | 8/19/12 5:34 PM

Enmerkar und Sulge als sumerische Muttersprachler nach literarischen Quellen

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Enmerkar und Sulge als sumerische Muttersprachler nach literarischen Quellen 15

Enmerkar und Sulge als sumerische Muttersprachlernach literarischen Quellen1

von Jan Keetman – Istanbul

Starting from the consideration that Sumerian was still a living language at the end of theUr III Dynasty, which was sufficiently demonstrated in recent years, some literary textsmust be reconsidered which were cited in favor of an earlier date for the end of colloquialSumerian: „the spell of Nudimmud“ and two passages from the hymns of Sulge.

Nachdem lange Zeit die Meinung stark vertreten war, dass das Sume-rische trotz der Masse der sumerischen Texte und Namen in der Ur III-Zeit und vielleicht schon davor eine tote oder nahezu tote Sprache war,2

hat in den letzten Jahren eine erneute Diskussion über die Frage des Aus-sterbens des Sumerischen begonnen. Dabei wurde der Zeitpunkt des Aus-sterbens wieder an das Ende von Ur III bzw. in die Isin-Zeit gerückt.3 Waswie eine Rückkehr zu Positionen aussieht, die in den 1960er und 1970erJahren aufgegeben wurden, gründete hingegen auf einer vertieften Diskus-sion. Denn es wurden die kritischen Fragen aufgenommen, die von denVertretern der These eines frühen Aussterbens des Sumerischen bei-gebracht wurden, wie das Verhältnis zwischen Namen und gesprochenerSprache.

1 Dem türkischen Ministerium für Kultur und Tourismus und den Verantwortlichen desEski Sark Müzesi in Istanbul, insbesondere Frau Asuman Dönmez, danke ich für dieErlaubnis, die einschlägigen Texte in Istanbul zu kollationieren. Besonderen Dank binich auch Catherine Mittermayer schuldig, die mir ihre durch zahlreiche Kollationen ge-stützte Partitur zu Enmerkar und der Herr von Aratta 136–155 und Fotographien derTexte Jn und Xk zur Verfügung gestellt hat (s. inzwischen Mittermayer 2009) und michzudem auf Klein (2000) hinwies. Walther Sallaberger danke ich für seine Kritik undseine Anregungen zu diesem Artikel. – Abkürzungen in diesem Artikel richten sichnach der kürzesten Form in AHw., CAD und im Reallexikon der Assyriologie; aBZL:Mittermayer (2006).

2 Thomsen (1984, 17) schreibt in ihrer Grammatik kategorisch: „In Ur III the use of Su-merian seems thus to have been very limited.“

3 Edzard (2000), Sallaberger (2004), Woods (2006); vgl. auch Sommerfeld (2006) kritischzu semitisch-sumerischen Sprachkontakten vor ED III und deren Gewichtung. Salla-berger (2004, 133–34) argumentiert, dass eine ökologische Katastrophe um die Wendevom 3. zum 2. Jahrtausend den Anstoß zum Ende von Sumer und damit des Sumeri-schen gab.

Zeitschr. f. Assyriologie Bd. 100, S. 15–31 DOI 1515/ZA.2010.002© Walter de Gruyter 2010ISSN 0084-5299 Brought to you by | Columbia University Library The Burke Library New York

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16 Jan Keetman

Die These eines späten Aussterbens des Sumerischen nach der Ur III-Zeit hat allerdings nicht alle überzeugt.4 Mit fairem Blick kann man sagen,dass keines der Argumente, die ursprünglich für ein frühes Aussterbendes Sumerischen angeführt wurden, heute noch Bestand hat. Umgekehrtfehlt, wenn man von einer sumerischen Alltagssprache absieht, eine ak-zeptable Erklärung für den ganz überwiegenden Gebrauch sumerischerNamen, darunter vieler Neubildungen, in allen sozialen Schichten inner-halb eines bestimmten geographischen Gebietes und mit einer festen zeit-lichen Untergrenze, während sonst sumerische Namen nur sporadischvorkommen. Auch die Rückkehr zum Sumerischen als nahezu alleinigerSchriftsprache nach dem Ende der akkadischen Verwaltung im Süden istkaum anders zu erklären, da das Herrscherhaus von Ur III keine gegendas Akkadische gerichtete Sprachpolitik verfolgte, wie schon aus den Na-men der Mitglieder der Königsfamilie hervorgeht.5 Daraus ergibt sich dieAufgabe, einige literarische Stellen, die in der Debatte zur Untermauerungder These eines frühen Aussterbens des Sumerischen genannt wurden,neu zu sichten.

Auf das erste Beispiel, die Beschwörung des Nudimmud aus Enmerkarund der Herr von Aratta6 hat bereits Jerrold S. Cooper (1973, 246Anm. 53) hingewiesen. Enmerkar und der Herr von Aratta ist eine aitio-logische Erzählung über die Entstehung des Handels, eingebettet in einenWettkampf zwischen Enmerkar, dem Herrn von Uruk, und dem Herrnder iranischen Stadt Aratta. Doch die eigentliche Botschaft ist die Überle-genheit Sumers. Der Herr von Aratta gibt in dem Moment auf, in dem erdie größte Errungenschaft Sumers sieht, die Erfindung der Schrift.7 DieAuseinandersetzung beginnt damit, dass Enmerkar auf den Rat Inanas hineinen Boten zum Herrn von Aratta schickt mit der Drohung, Aratta zu

4 Siehe Rubio (2006, 174): „Sumerian had died out at the end of the 3rd millennium, itstopped being anyone’s mother tongue.“ Weit vorsichtiger Michalowski (2006, 177):„Sumerian might still have been spoken in certain areas in Ur III times.“

5 Zu diesen Themen ausführlich in der in Anm. 3 genannten Literatur.6 Textzeugen und einige Literaturhinweise unter etcsl.orinst.ox.ac.uk. Der dort als Ni

2379 = BE 31, 44 verzeichnete Text trug die alte Museumsnummer MIO 2379. WelcheNi-Nummer er nun trägt, konnte ich nicht ermitteln. Ni 2379 ist BE 31, 36 = Two Wo-men A.

7 Siehe die Erklärung von Vanstiphout (1989) und Vanstiphout (2003, 54 u. 96 Anm. 57zu Z. 540). Anders Mittermayer (persönliche Mitteilung), die die Lesung von gag indieser Zeile bezweifelt. Ich hatte mir die Stelle nur kurz angesehen, ohne zu einer neuenInterpretation zu kommen. Ein Dreieck wie von gag ist zu sehen, wenn auch etwas tie-fer als in Kramers Kopie, doch sind sowohl in Kramers Kopie als auch auf meinem Fotoeinige weitere, nicht deutbare Spuren zu sehen.

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Enmerkar und Sulge als sumerische Muttersprachler nach literarischen Quellen 17

verwüsten, sofern es nicht seine Kostbarkeiten nach Sumer schickt. AmEnde seiner Botschaft soll der Bote noch eine Beschwörung sprechen.8

134 An: a g r u n - a g r u [ n ] k ù n a m - s u b d u 12- a - b aDn: a g r u n - a g r u n - b a s ì r k ù n a m - s u b d [ u 12 ]Fn: [ ]- s u b d u 12- a - b é

1359 An: n a m - s u b [ ] - k e 4 e - n e - r a d u 11- m u - n a - a bDn: n a m - s u b dn u - d í m - m u d - d a - k a m e - n [ e ]Fn: [ d í ] m - m u [ d ] - n e - r a d u 11- m u - n a - a [ b ]

136 An: [ - à ] m N í r i n u - N á l - à mDn: u 4- b a m u s n u - N á l - l a - à m N í r i n u - N á l - l a - [ ] 10

Fn: fu4-* b a m u s * n u - * N á l - * l a j [ N í ] r i n u - N á l - f * l a j 11

Xk: [ ] n[u ? ] - l a N [ i r í ] n [ u ]12

137 An: [ m a ] N n u - N á l - à mDn:13 u r - m a ä n u - N à l - l a - à m u r - g e 7

14 n u - N á l - l a - à m u r - b a r - r a n [ u -N á l - l ] l a - à m

Fn: g ù n u - Ná l - f* l a j * u r - m a ä n u - N á l - l aXk: [ l ] a fu r - m a ä j n u - fN á l - l a j

138 An: [ ]-N á l - à mDn: (siehe 137)Fn:[ u ] r - g e 7 u r - b a r - r [ a N ] á l - l [ a ]Xk:[ ]-b a r - r a n u - N á l - l a

8 Die Textsigel sind die von C. Mittermayer (Cohen 1973 in Klammern). Angaben zuMss., die über ETCSL hinausgehen, stammen von Mittermayer, ausgenommen Ni 4488,das früher in Istanbul mit Ni 9601 (An) gejoint wurde. An (A) = Ni 9601 (ISET II28–39) + Ni 4488 + UM 29-13-194 + N 3623 + N 7457; Dn (E, C in Kramer 1952) =UM 29-16-422 (Kramer 1952, pls. 14, 20) + UM 29-16-456 + N 6277; Fn (F + J) = CBS10435 (SEM 14) + Ni 4529; Jn (L) = UM 29-16-442 (unp., freundliche Mitteilung Mit-termayer); Wn (Q) = UET 6/1 47 + UET 6/3, 497; Xk (K) = Ash 1924-475 (Kramer1968, 110), dazu Bemerkungen von Gurney bei Jacobsen (1992), Kollationen und Fotovon Mittermayer. Von Mittermayer kollationierte Zeichen sind durch einen kleinenStern (*) vor dem Zeichen gekennzeichnet.

9 Der Schreiber von Ms. An hatte die Gewohnheit, den Griffel beim Abdruck eines senk-rechten Keiles häufig etwas nach rechts zu drücken, wodurch vom oberen Ende eine Li-nie nach rechts ging. Daher ist es wahrscheinlich, dass der waagerechte Keil, den Kra-mer in seiner Kopie vor dem Bruch angibt und Jacobsen als n [ u deutet, in Wirklichkeitder letzte Senkrechte von s u b ist.

10 Nach Kramers Kopie am Ende - l a - à m .11 Die Umschrift von Fn profitiert hier, wie auch an anderen Stellen, stark von Mitter-

mayers Kollationen. In Chieras Kopie ist weit weniger zu erkennen.12 Die beiden waagerechten Keile, die auf Gurneys Kopie noch zu sehen sind, sind heute

nicht mehr vorhanden. Die Interpretation dieser Reste und des Restes vor l a ist unsi-cher.

13 Aufgrund von Spuren in der Kopie vom Rand der vorigen Zeile ergänzt Mittermayer inihrem Manuskript einige nicht lesbare Zeichen am Anfang von 137.

14 Die übliche Lesung g i 7 ist nicht belegt, dagegen g e 7; siehe Borger (2003, 207).

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18 Jan Keetman

139 An: [ ]-N á l - à mDn: n í t e - Ne 26 s u z i - z i - i n u - N á l - l a - [ ]Fn: n í t e - Ne 26

f s u * z i - * z i j n u - N á l - * l [ a ]Jn: f n í t e - Ne 26- e j s u z i - z i n u - N [ á l + Rand]Xk: [ N ] e 26 [s]ul z i - z i n u - N á l - l a

140 An:[ ] n u - t u k uDn: f l ú j - l u 7 g a b a - s u - N a r n u - u m - t u k u - à mFn: l ú - l u 7

l u g a b a - f s u - N a r j n u - f t u k u - * aj [.an?]Jn: f l ú j - l u 7 g a b a - s u - N a r n u - t u k u - à mXk:[ g a ] b a - s u - N a r n u - N á l - à m

141 An:[ m ] a - z é k i

Dn: u 4- b a k u r s u b u r k i ä é - m e - z iFn: [ ] * s u b u r * k i f * ä a - * m a - * z i j [ ? ]Jn: f u 4- b é j 15 k u r s u b u r k i ä a - m a - z iXk16: f xj [ x x ] s ú - b i r 4

k i ! ( = na ) ä a - m a !- z i k i

142 An:[ n a ] m - n u n - n a - k aDn: e m e ä a - m u n k i - e n - g e 17 k u r g a l m e n a m - n u n - f n a - k a m j

Jn: [ m ] u n k i - e n - g e k u r g a l m e n a m - n u n - n a - k a mXk: f e m e j ä a - m u n k i - e n - g e k u r g a l - l a m e n a m n u n - n a !(ki)-* m a

143 An: [ l ] aDn: k i - u r i k u r m e - t e N á l - l aJn: [ ] f N á l - l a j - à mXk: k i - u r i * f k u r !? m e j - t e N á l - f l a j

144 Dn: f k u r j m a r - d ú f ú j - s a l - f l a n ú j - aJn: (Zeile ausgelassen)Xk: k u r m a r - d ú ú - s a l - l a n ú - a

145 Dn: a n k i n í N i n - n a ù N s a N s ì - g aJn: [ ]-f n a ? ù N ? - b é ? s a N j s ì - g aXk: a n k i f n í N i n - n a j ù N f s a N s ì j - g a

146 Dn: de n - l í l - r a f e m e as-à m j ä é - e n - n a - d [ a d ] u 1118

Jn:[ ] f x xj [ - a ] b - b é 19

Xk: df e n - l í l - r a j e m e as-a ä é - e n - n [ a - d ] a - a b - d u 11

147 Dn: u 4- b a a - d a - e n a - d a - n u n a - d a - l u g [ a l ]Jn:[ ] f a - d a - n u n j [ ]Xk: u 4- f b a !j a - d a - e n a - d a - n u n a - f d a j - l u g a l - l a

148 Dn: de n - k i a - d a - e n a - d a - n u n a - d a - l u [ g a l ]Xk: de n - k i a - f d a j - e n a - d a - n u n a - f d a - l u g a l - l a j

15 Zur Lesung des Suffixes als - b é , nicht - b i , auch in nachaltsumerischen Texten, s. Keet-man (2007, 50–51).

16 Die geringen Reste am Anfang passen nach der Fotographie nicht zu u 4 . Danach fehlenmindestens zwei Zeichen. Mittermayer liest s u b u r x für zu.edin.na.

17 Zur Lesung g e und nicht g i (außer als Variante zu g i 4) vgl. Anm. 50.18 Den Rest von d u 11 entnehme ich der Partitur von Mittermayer. Die Kopie verzeichnet

nichts und auf dem Foto ist der Rand nicht zu überprüfen.19 Mittermayer weist darauf hin, dass anstatt a ] b - b é auch eine Lesung d ] u 11- g a mög-

lich ist.

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Enmerkar und Sulge als sumerische Muttersprachler nach literarischen Quellen 19

149 Dn: a - d a - e n - n e a - d a - n u n - n [ e (?) ]20

Jn: [ e ] n - f e a - d a j - [ (?) ]21

Xk: a - d a - e n - e a - d a - n u n [ ] f a - d a j - l u g a l - f l a j

150 Dn: [ e ] n ä é - N á l - l a d u 11- g a z [ i ]Jn: [ e ] n ä é - N á l - f l a j [ ]Xk: de n - k i e n ä é - f N á l - l a e n f d u 11- g a z i - d [ a ?]

15122 An: e [ n ]Dn: [ g ] a f i g i - N á l k a l a m j ] ]23

Jn: [ g ] a i g i - N á l [ ]Xk: e n Ne s t ú g - g a i [ g i ! - N ] á l k a l a m - m a - k e 4

152 An: m [ a s ]Jn:[ r ] e - e - n e - k [ e 4

?]Xk: m a s - s u d i N i r - f r e - e j - n e - k e 4

15324 An: N [ e s t ú ? e r i d ] u k i - g [ a ]Jn:[ g ] e p à - d a e n e r i d u k i - g a - k e 4

Xk: Ne s t ú - g e !(más) f p à j - d a f * e n j e r i d u k i - g a - k e 4

15425 An: k a - f b a j [ ] f k ú r - k ú r j e n - n a m i - n i - i [ n ]Jn:[ ] k ú r - k ú r e n - n a m i - n i - N a r - r aXk: k a - b a e m e ì / k ú r - k ú r f e n j - n a m i - n i - i n - f * N a r - * r a j

15526 An: f e m e n a m - l ú - l u 7j as ì - f m e - à m j

Jn: [ l ] ú - l u 7 as ì - m e - f a j

Xk: e m e n a m - f l ú - l u 7j as f ì j - m e - à [ m ]

20 Der Schreiber hat viel Platz zwischen n u n und n e gelassen und dahinter ist a - d a -l u g a l - l a kaum noch unterzubringen, so dass die Zeile wohl mit a - d a - n u n - n e endet.

21 Auch hier am Ende wenig Raum.22 Jacobsen (1992, 405 mit Anm. 33) liest in Xk aus graphischen Gründen s [ a N - k ] u l ; ich

folge Vanstiphout (2003, 64), ebenso Mittermayer.23 Die Umschrift von Dn folgt Mittermayer.24 Dass die Spuren am Anfang von An wirklich zum Beginn von g[es.túg.pi gehören, ist

unsicher. Von k i und g a ist heute weniger zu sehen als in Kramers Kopie, aber die Zei-chen sind da. Die Verbesserung des Zeichens más in g e folgt Vanstiphout (2003, 64);Jacobsen (1992, 413) plädierte für eine Verbesserung in s á .

25 Die Lesung von Ms. Xk (alt K) ist strittig; siehe Jacobsen (1992, 405 Anm. 35). DasFoto spricht eher für ì - k ú r als k ú r - k ú r, das aber auch nicht ganz ausgeschlossen ist.Entgegen der von Jacobsen ebd. zitierten Aussage von Gurney „it cannot be gar-ra“, be-stätigt Mittermayer diese Lesung durch Kollation.

26 Der Schreiber von An hat den Keil von as ungewöhnlich breit gemacht, indem er seinenGriffel schräg gehalten hat. Doch es gibt nur eine Grundlinie und mithin entgegen Kra-mers Kopie nur einen waagerechten Keil. Vgl. Jacobsen (1992, 406 Anm. 37). In An istdie Oberfläche am Ende der Zeile so sehr abgesprungen, dass man daran zweifelt, nochetwas zu finden. Vermutlich deshalb hat Kramer die deutlich sichtbaren Reste von à mnicht kopiert.

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20 Jan Keetman

„Sein in seinen (Arattas) Hallen zu singendes heiliges Lied, seine Beschwörung27

ist die28 Beschwörung des Nudimmud, sprich sie zu ihm:‚Damals29 gab es keine Schlangen, gab es keine Skorpione,gab es keine Hyäne, gab es keine Löwen.Es gab weder (Wach-)Hunde, noch Wölfe,man musste sich nicht fürchten, musste nicht erschrecken,30

die Menschheit hatte keine Gegner.31

Damals sprachen die Länder Subur und Äamazi,die harmonische Sprache Sumers, des großen Landes, des Wesens des Fürstentums,(und) Akkad, das Land, das sich selbst erhält,(und) das Land Mardu, das auf (üppiger) Aue ruht,

27 Jacobsen (1992, 408–09) stellte bereits fest, dass d u 12- a - b a / b é kein Imperativ seinkann, für eine pronominale Konjugation bräuchte man ein nicht-personales Subjekt.Bleibt Infinitiv + - b é welches entweder auf a g r u n - a g r u n (dann eventuell vorausge-stellter Genitiv - b é + a (k)) oder auf Aratta verweist. Die zweite Möglichkeit wurde inder Übersetzung vorgezogen. Das - b a in An ist vermutlich ein durch a g r u n - a g r u n -b a verursachter Fehler. Weiter wurde angenommen, dass mit „seiner (= Arattas)Beschwörung“, die Beschwörung gemeint ist, die man für diesen Ort braucht, um sichverständlich zu machen. Außerdem wurde n a m - s u b wie üblich als „Beschwörung“wiedergegeben, obwohl in unserem Kontext eher „Zauberformel“, „Zauberspruch“passt.

28 So nach Dn. In An kann man deiktisches - e erwägen: „diese Beschwörung des Nudim-mud“. Edzard (2003, 50) zweifelt am Nachweis für deiktisches - e , da es mit dem Erga-tiv und dem Lok.-Term.-Suffix (zumindest graphisch) identisch ist. Die lexikalische Tra-dition kennt aber ein deiktisches - e im Sumerischen seit der altbabylonischen Zeit;s. CAD A/II 136a s. v. annû. Es ist hier nicht der Raum, Belege aus der sumerischenLiteratur zu diskutieren, die ebenfalls für die Existenz eines deiktischen - e sprechen(z.B. Enki und die Weltordnung 403, 406 und 412 n i n 9- e - N u 10, wörtlich: „diese meineSchwester“, im Deutschen besser „diese von meinen Schwestern“). Häufig am Anfangvon Epen, insbesondere Gilgames’ Tod, Gilgames und Huwawa A, jüngere Fassung vonLugale. Vgl. auch Z. 149 in unserem Text, wo deiktisches - n e in Dn mit - e in Jn undXk wechselt und ein Lok.-Term. schwer zu begründen ist.

29 Vanstiphout (2003, 93–94 Anm. 19) zieht eine Übersetzung als nahe Zukunft unteranderem deshalb vor, weil nur dies in einem Zauber Sinn mache. Beschwörungen be-ginnen aber häufig mit einer Vorgeschichte. Einer Idee von J. van Dijk folgend siehtKlein in den Zeilen 136–155 „a parenthetical remark of the narrator“ (Klein 2000, 566,Anm. 21 siehe auch ebd. 570–74). Ich sehe keinen besonderen Grund dafür, denn dieBeschwörung dient als Mittel zur Überwindung der Sprachbarriere und gibt dem Autoreine weitere Chance, die Überlegenheit sumerischer Kultur vorzuführen. Dass die Be-schwörung oder besser Zauberformel des Nudimmud einen aitiologischen Charakterhat, spricht nicht gegen eine ursprüngliche Zugehörigkeit zur Erzählung im insgesamtrecht homogen wirkenden Text.

30 Wörtlich: „Es gab kein ‚Sich-fürchten-müssen‘ …“, Partizip zum /e(-d)/-Stamm.31 Wegen des Inhalts der beiden folgenden mit u 4- b a „damals“ eingeleiteten Abschnitte

kann man dies wohl auch so verstehen, dass die Menschheit nicht nur unter den wildenTieren keine zu fürchtenden Gegner hatte, sondern dass es auch innerhalb der Mensch-heit keine Gegner gab, es sei denn als Disputanten.

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Enmerkar und Sulge als sumerische Muttersprachler nach literarischen Quellen 21

die ganze Welt, das wohl versorgte Volk,32

zu Enlil in einer Sprache.Damals während des Disputs der Herren (En),33 während des Disputs der Fürsten,

während des Disputs der Könige,(bis) Enki – während des Disputs der Herren (En), während des Disputs der Fürsten,

während des Disputs der Könige,während dieses34 Disputs der Herren (En), während dieses Disputs der Fürsten, während

des Disputs der Könige,(bis) Enki, der Herr des Überflusses, der Herr des verlässlichen Wortes,der Herr des Verstandes, der Einsichtige Sumers,der Experte unter den Göttern,der durch den Verstand berufene,35 der Herr von Eridu,bis er in ihrem Mund fremde Sprachen gesetzt hatte,36

war die Sprache der Menschheit nur eine gewesen.“

Der Grund für die Beschwörung wird in Enmerkar und der Herr vonAratta nicht genannt. Wir nehmen an, dass sie zunächst die Sprachbar-riere überwinden soll, um dann in den Disput der beiden Herrscher ein-zusteigen. Deswegen wird auf einen Urzustand verwiesen, in dem esnichts Böses und auch nur eine Sprache gab, die überlegene Sprache Su-

32 Für s a N s ì ( - g ) = paqadu im Sinne von „(gut) versorgen“ vgl. etwa è r i m s a N s ì -g a - b a „in seinem wohl versorgten Schatzhaus“ Nippur-Klage 63; ù N s a N Ne 6- g au 8- g i n 7 l u - a ù N s a N s ì - g a - b a „Unter dem Volk der Schwarzköpfigen, die wie dieMutterschafe zahlreich sind, ihrem (= Sumer und Akkad) wohl versorgten Volk“ Nip-pur-Klage 320.

33 Die lexikalischen Belege zeigen, dass a - d a - e n , a - d a - n u n und a - d a - l u g a l alsnichtgenitivische Nominalkomposita aufzufassen sind (was aus stilistischen Gründen inder deutschen Übersetzung nicht nachzuvollziehen ist); siehe PSD A/I 56–57: „Herren-disput“, „Fürstendisput“ … Daraus ergibt sich, dass a - d a - l u g a l - l a Lokativ ist, derbei einer Reihung nur am letzten Glied ausgedrückt werden muss.

34 Der Text E zeigt mit der Schreibung - n e , dass nur ein deiktisches Element - n e (bzw. inanderen Texten - e ) gemeint sein kann. Sonst wird n + e immer n é geschrieben. Vgl.Anm. 28.

35 Wortspiel mit Ne s t ú g - g e p à - d a „durch den Verstand (= Ohr) berufen“ und s à - g ep à - d a „durch das Herz berufen“, vgl. den Namen a n - n é - p à - d a „durch An be-rufen“.

36 Es besteht die Möglichkeit in Xk ì - k ú r statt k ú r - k ú r zu lesen und dann eventuell inden anderen Textzeugen [e m e ì - ] k ú r - k ú r zu ergänzen. Doch das würde bedeuten,dass der in Z. 147 beginnende lange Satz in der Mitte von Z. 154 endet; dann würde einNebensatz etwa im Sinne von „bis er (das) gemacht hatte“ nachgestellt, der zur nächstenZeile überleitet. Dies erscheint sehr unwahrscheinlich. Sumerisches e n - n a steht an-ders als seine akkadische Entsprechung adi häufig nicht am Anfang des Satzes (sieheBeispiele bei Edzard 2003, 164). Jacobsen (1992, 407, cf. Kommentar 414) vermutet eineAnspielung auf die Erschaffung der Menschheit und also auch ihrer Zungen durch Enki:(Enki) „alienate[d] the tongues in there mouths as many as he had put there“. Dochauch bei dieser Interpretation endet ein langer Satz mitten in der Zeile, auch wenn manden Rest als Ergänzung auffassen kann.

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22 Jan Keetman

mers. Auch hier ist vermutlich eine Aitiologie in den Text eingewoben,denn noch immer bedienten sich die Menschen im Umgang mit der Göt-terwelt besonders des Sumerischen. Der harmonische Urzustand kanntenur ein Problem: Weil sich alle miteinander verständigen konnten, warendie Herrscher in einem fortwährenden Disput begriffen. Enki löste dies,indem er weitere Sprachen schuf. Nachdem diese Situation durch die Be-schwörung in den Hallen von Aratta und gegenüber dem Herrn vonAratta aufgehoben ist, beginnt sofort eine Art Disput zwischen dem Herrnvon Aratta und Enmerkar.

Die alte Einheit der Sprache der Menschheit wird in einem langenSatz ausgedrückt. Erst werden entfernte Länder genannt (Subur, Äamazi),dann das Objekt, die Sprache, die auch sie einst gesprochen haben, dabeinäher bestimmt durch einen durch zwei Appositionen erweiterten Genitiv(„die harmonische Sprache Sumers, des großen Landes, des Wesens desFürstentums“).37 Dann werden weitere Subjekte eingeführt (Akkad,Mardu) und schließlich das Objekt in etwas anderer Form wiederholt („ineiner Sprache“). Man kann sich einen solchen Satz durch die Verschmel-zung zweier analoger Sätze mit dem gleichen Prädikat denken mit Ellipsedes ersten Vorkommens des Prädikats an der Nahtstelle. Ein Beispiel hier-für ist Ukg. 1 iv 12–14: a n s u ú - d u - l e u d u ú - d u - l e e ! - d é b - b a - a„(Damals) hatte den Esel der Hirte (und auch) das Schaf der Hirte gegrif-fen“;38 ein anderes bilden Z. 31–32 unseres Textes: a r a t t a k i n a 4 é - a n -n a Ne 6Ne p a r k i k ù - g e n 7 / d i n a n a - r a s e g 12 k u l - a b a 4- g e n 7 n u -m u - u n - n a - d ù „Aratta hat keinen Edelstein39 wie Eanna, das Gipar, denheiligen Ort, hat für Inana nicht ein Ziegelwerk wie Kulaba gebaut.“

Durch die Unterbrechung und Wiederaufnahme eines langen Satzeswird nach dem monotonen ersten Abschnitt (Z. 136–40) plötzlich Span-nung aufgebaut und so der Hörer oder Leser auf die entscheidendeAussage in Z. 146 hingelenkt. Der dritte Abschnitt ist in ähnlicher Weiseverschachtelt. Nach der temporalen Bestimmung u 4- b a ist ein langer

37 Z. 142 in Ms. An - k a (Lok.), dagegen Mss. Dn, Jn - k a m (Kopula), Xk - m a ist un-deutlich; in Z. 146 hat Dn - à m , Xk - a (Lok.). Ist - a verkürzt für die Kopula, so dass essich bei e m e … um das direkte Objekt (im Absolutiv) handelt oder spricht man „ineiner Sprache“ (Lok.)?

38 Vgl. dagegen Ukg. 4 iii 7–10 = 5 iii 8–11: a n s u ú - d u - l e e - d é b u d u ú - d u - l ee - d é b „Den Esel hatte der Hirte gegriffen, das Schaf hatte der Hirte gegriffen“. Bei derSanktion wird dagegen wieder in einen Satz zusammengefasst: a n s u - t a u d u - t aú - d u - b é e - t a b - s u b , wörtlich: „Vom Esel, vom Schaf warf er den betreffenden Hir-ten herunter“ Ukg. 4 viii 17–20 = 5 vii 30–33.

39 Das Zeichen n a 4 steht in Ni 9601 (koll.). In diesem meisterhaft geschriebenen Text istein Fehler für è s auszuschließen.

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Enmerkar und Sulge als sumerische Muttersprachler nach literarischen Quellen 23

Nebensatz eingerückt, bei dem das Ergativ-Subjekt („Enki“) zunächst inZ. 148 und dann stark erweitert in Z. 150–153 noch einmal genannt wird;eingebettet ist es in eine dreifache Zeitangabe in Z. 147, wiederholt und ab-gewandelt in Z. 148–149.

Alle Versuche, in Z. 142 e m e ä a - m u n als nähere Bestimmung zumfolgenden k i - e n - g e zu deuten, verletzen die Regeln der sumerischenGrammatik. k i - e n - g e kann nur e m e ä a - m u n näher bestimmen, nichtumgekehrt. Es ist zwar möglich, dass ein Eigenname als Apposition aufeinen Allgemeinbegriff folgt: s i p a z i g ù - d é - a „der gute Hirte, Gu-dea …“, k i - s i k i l d i n a n a „das Mädchen, Inana …“; diese Konstruktionsoll offenbar die Verbindung des Eigennamens gerade mit diesem Allge-meinbegriff hervorheben. Doch in unserem Fall ist k i - e n - g e kein Eigen-name, der im Begriff e m e ä a - m u n aufgeht, noch wird k i - e n - g eirgendwo sonst durch e m e ä a - m u n charakterisiert. Dies stellt Überset-zungen wie „discordant tongued Sumer“ (Cooper 1973, 246 Anm. 53),40

„bilingual Sumer“ (Jacobsen 1987, 289; Klein 2000, 567) oder „twin-ton-gued Sumer“ (Vanstiphout 2003, 65) in Frage. Außerdem wird am Anfangder Beschwörung ein völlig harmonischer Zustand beschrieben. Es leuch-tet nicht ein, warum dann gerade Sumer für Disharmonie stehen sollte.

Einen anderen Versuch macht CAD M/II 137b „Subur, Hamazi (peoplesof) contrasting tongues“.41 Doch der dadurch entstehende Enjambementund der Bruch (zwischen e m e ä a - m u n und k i - e n - g e ) in Z. 142 sindhart. Auch Jacobsen (1992, 409–10) zog e m e ä a - m u n zur vorigen Zeile,weil sonst nur Subartu und Äamazi ohne beschreibendes Epitheton blieben.Doch dieses stilistische Argument kann bei den einleitend genannten fernenLändern nicht überzeugen,42 darüber hinaus würden sie auch so gemeinsamnur über ein einziges Epitheton verfügen und der Bruch in der Zeile bliebebestehen. Schließlich steht Jacobsens Übersetzung „regions of opposite per-suasions“ für e m e ä a - m u n weder in einem erkennbaren Zusammen-hang zum Kontext, noch ist es eine Wendung, die diese oder andere Länderauch in anderen Texten charakterisieren würde.

Zur Deutung des schwierigen e m e ä a - m u n gehen wir von der ak-kadischen Entsprechung lisan mitäurti aus. Für mitäurtu schlägt CADM/II 137b drei verschiedene Bedeutungen vor: „1) clash (of opposing for-

40 Cooper l. c. erwägt auch die Alternative „harmonious tongued“, was für ihn genausofür Zweisprachigkeit spricht. Zur Bezeichnung des Sumerischen als „harmonisch“vgl. Anm. 45.

41 Ähnlich Streck (2002, 244): „Ja, damals sprachen die Länder Subir und Äamazi mit(ihren) konfusen Sprachen, Sumer (…) einträchtig in nur einer Sprache.“

42 Sallaberger weist auf das allgemeine poetische Prinzip der wachsenden Glieder hin.

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ces), 2) opposing (of sun and moon), 3) correspondence.“ Da 3) nicht imEinklang mit 1) und 2) zu stehen scheint, erwägt CAD M/II 138, für dieseBelege mitäartu zu lesen; doch dieses Wort ist schon für mitäartu „Qua-drat“ vergeben.43 Jedenfalls lässt sich 3) nicht von lisan mitäurti trennen.Sargon II. erwähnt Fremde aus entfernten Regionen und sagt, sie sprä-chen lisanu aäitu atmê la mitäurti „eine fremde Sprache, unharmonischeÄußerungen“.44

Doch warum sollte mitäurtu eigentlich nicht mehrdeutig sein? Auchdas Verbum maäaru bedeutet sowohl „(dem Feind) entgegentreten“ alsauch „empfangen, akzeptieren“. Der Gt-Stamm hierzu hat reziproke Be-deutung (Streck 2003, 36), die Nominalbildung pitrust ist ein Nomenactionis zu Gt (vgl. GAG § 56n). Daher beschreibt mitäurtu je nach Kon-text sowohl ein harmonisches als auch ein feindliches Zusammentreffen(vgl. AHw. 662: mitäurtu „Zusammentreffen, Harmonie“).

Die Semantik des Sumerischen und Akkadischen gehen als Folge desintensiven Sprachkontaktes oft vergleichbare Wege. Die Bedeutung 3)(„correspondence“) von mitäurtu passt außerdem vorzüglich in den Kon-text des Enmerkar-Textes. Der Anfang der „Beschwörung des Nudim-mud“ lässt sich demzufolge so deuten: Als es auf der Welt noch keineSchlangen und Skorpione usw. gab, da sprachen auch die Menschen nureine Sprache, das ebenfalls harmonische Sumerische.45

An vielen Stellen, an denen e m e ä a - m u n bzw. lisan mitäurti ge-braucht wird, gibt der Kontext keine klare Richtung vor. Zweifelhafterscheint die Interpretation von e m e ä a - m u n m u - d i l i - g e n 7 s i b a -n i - í b - s á - e = lisan mitäurti kî isten su [mi tus ]tesser (HGS 50, 9–10; 31,79–80) als „you are harmonizing conflicting opinions in one mind“ durchCAD M/II 137b. Die Übersetzungen von e m e /lisanu als „opinion“ undm u /sumu als „mind“ sind aber von den belegten Gebrauchsweisen dieserWörter zu weit entfernt. Für das Verbum eseru St2 setzt AHw. „in Ord-nung halten“ (entsprechend dann „recht leiten“, „sich gut um etwas küm-

43 In GAG3 § 56n ist dieser Fachausdruck das einzige Beispiel für die Nominalform pitrast;das macht es nicht gerade wahrscheinlich, dass es noch ein zweites mitäartu gab.

44 CAD A/II 498a übersetzt „of alien tongues, different speech“. Doch geht man von denBedeutungen 1), 2) für mitäurtu aus, so kommt man für la mitäurtu sicher nicht zu „dif-ferent“ oder einer anderen passenden Bedeutung. Also gehört der Beleg zu 3) (so auchCAD M/II 138a) und die Übersetzung „unharmonisch“ für la mitäurtu passt in denKontext. Ob eme für den Singular steht, wie das Fehlen von mes nahelegt, oder Plural,wie der Kontext es nahe legt, aber nicht erfordert, lässt sich nicht entscheiden.

45 Die Vorstellung, das Sumerische sei durch Harmonie ausgezeichnet, ist nicht notwendignur ein Ausdruck von Chauvinismus. Es könnte auch der einzige explizite antike Hin-weis auf die Vokalharmonien des Sumerischen sein.

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Enmerkar und Sulge als sumerische Muttersprachler nach literarischen Quellen 25

mern“) im Gegensatz zu eseru S „in Ordnung bringen“ (vgl. Streck 2003,122–23); s i s á wird ganz überwiegend mit eseru St2 geglichen (CAD E352–53 lexical section). Man kann daher als Übersetzung vorschlagen:„Harmonische (Geschäfts?-)Gespräche46 leitet er recht, als bestünden sienur aus einem Satz“. Eine Übersetzung von ä a - m u n durch „harmo-nisch“ liegt zudem nahe für s ì r k ù s ì r ä a - m u n - n a í l - l a „der im hei-ligen Lied, im harmonischen Lied (preisend) erhöht hat“ (TempelhymnenZ. 298).47

Klein (2000, 567–68 Anm. 26) geht zwar von ä a - m u n als „harmo-nious, matching“ aus, übersetzt aber unter Hinweis darauf, dass jedem su-merischen Wort ein akkadisches entspricht, e m e ä a - m u n als „bilin-gual“. Für diese sehr konstruiert wirkende Bedeutung kann Klein auchnur einen, zudem nicht eindeutigen Kontextbeleg nennen: In Tempelhym-nen Z. 153 versteht Klein m a s - m a s e m e ä a - m u n als „bilingual incan-tation priest“. Doch wenn das gemeint wäre, würde man erwarten, dasseine Wendung l úm a s - m a s e m e ä a - m u n nicht nur hier belegt ist.48 Dieoben vertretene Analyse der Syntax schließt eine Übersetzung von e m eä a - m u n als „bilingual“ an unserer Stelle ohnehin aus.

Wenn das Sumerische in Enmerkar und der Herr von Aratta derarthervorgehoben wird, so können wir annehmen, dass zumindest nach derIntention des Autors Sumerisch die Muttersprache Enmerkars war. Diespasst gut dazu, dass er die Keilschrift erfunden haben soll. Ein Argumentdafür, dass man in der Ur III-Zeit glaubte, Sumer sei schon lange zwei-sprachig gewesen, lässt sich jedenfalls aus der Beschwörung des Nudim-mud nicht herauslesen.49

46 Im Sinne von „Konversation“, „Geschäftsverhandlung“ ist lisanu sonst allerdings nurmit sakanu/sitkunu belegt; s. CAD L 212–13 (lisanu 2d).

47 Eine Deutung als „Antiphon“ scheidet nicht nur wegen des Kontexts aus, sondern auch,weil es hierfür schon einen eindeutigen Begriff gibt: Ne s - g i 4- N á l = miäru, siehe RlA 8,471.

48 Dem „Beschwörungspriester“ (w)asipu entsprechen im Sumerischen u. a. l úm a s - m a s ,l úm u 7- m u 7 und l úm e - m e . Diese Reihe zeigt, dass es sich bei m a s - m a s um die Wie-dergabe eines von dem Beschwörer bei seiner Tätigkeit ausgehenden, sich wiederholen-den Geräusches geht. Ich vermute, dass mit e m e ä a - m u n der Klang der Beschwö-rung oder eines dabei hervorgebrachten Geräusches charakterisiert wird. Also: m a s -m a s e m e ä a - m u n d u g g u a n - n a b í - d e 6 „Das ‚masmas ‘, die harmonische Äuße-rung, brachte die Wolken an den Himmel“.

49 Will man von Enmerkar und der Herr von Aratta auf sprachliche Verhältnisse im spätenoder gar im mittleren oder frühen 3. Jahrtausend schließen, so muss man berücksichti-gen, dass die Erzählung möglicherweise erst in altbabylonischer Zeit entstanden ist. Diebesondere Verbindung der III. Dynastie von Ur zu Uruk ist jedenfalls kein ausreichen-der Grund, um die Entstehung der Epen um die frühen Könige von Uruk pauschal indie Ur III-Zeit zu setzen. Wilcke (1998) plädiert vor allem aus sprachlichen Gründen für

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Kommen wir nun zu Sulge.50 Gonzalo Rubio (2006, 174–75) führt Zitateaus Sulge-Hymnen an, um zu zeigen, dass Sulge ein akkadischer Mutter-sprachler war. Rubio hebt hervor, dass sich Sulge seiner Sprachkenntnisserühmt, dabei das Akkadische nicht erwähnt, wohl aber das Sumerische.

Das erste Zitat ist Sulge C51 119–24; der einzige veröffentlichte Text-zeuge ist CBS 7079 (A; Castellino 1972, fig. 19–20). Rubio (2006, 167Anm. 2) konnte sich auf ein PSD-Ms. von J. Klein mit weiteren, unver-öffentlichten Textzeugen sowie eines von M. Civil stützen. Außerdem bie-

eine Datierung von Gilgames und Aka etwa ins 19. Jh. Für Gilgamess Tod (GT) weisenCavigneaux/Al-Rawi (2000, 10) zwar auf die ihrer Ansicht nach in GT belegte Gefolg-schaftsbestattung hin, doch ist dies nach Sallaberger (2008, 67) nicht zu halten. DerZustand des Sumerischen, das Fehlen von GT in den Katalogen von Nippur und derUmstand, dass Themen aufgegriffen werden, die wir sonst erst aus der akkadischen Gil-games-Dichtung kennen (Keetman 2008, 164 Anm. 18), sprechen dafür, dass GT nochjünger ist als GA; vgl. auch Sallaberger (2008, 62) zur Abfolge von Gilgames und Hu-wawa B (GH) als Ur III-Version und GH A als altbabylonischer Fassung. Demnachwurden in der altbabylonischen Zeit noch sumerische Gilgames-Erzählungen verfasstbzw. grundlegend umgestaltet. Dies könnte auch für Enmerkar gelten. In Enmerkar undder Herr von Aratta spielen das Sumerische und die Fähigkeit zu schreiben eine großeRolle. Das waren auch primäre Lernziele der altbabylonischen Schule, weshalb maneine Entstehung des Textes in deren Umfeld prinzipiell nicht ausschließen möchte. DieSprache des Enmerkar-Textes spricht aber deutlich gegen eine den genannten Gilgames-Kompositionen (GT, GA, GH A) vergleichbare späte Datierung.

50 Mit aBZL wird das erste Zeichen s u l , nicht s u l gelesen. Die Lesung des Namens mitg i anstatt g e ist ein neuzeitlicher Akkadismus. Abgesehen von wenigen Stellen, an de-nen ge für g i 4 steht (graphische Variante?), ist im Sumerischen nur die Lesung g e si-cher bezeugt. Kontrastierend ist wohl der Gebrauch von g i 4 in der Partikel i - g i 4- i n -z u „als ob“ zu verstehen. Vgl. auch s ì - g a : s ì - ki (neben s ì - g e ), wo das Zeichen kianstatt ge wohl als Ausdruck einer Vokalangleichung von e an i wie in í l - i gewähltwird. Reichsakkadisch bildet ge mit ki ebenso ein Gegensatzpaar, um e und i nach ve-larem Verschlusslaut zu unterscheiden; s. Sommerfeld (2003, 572). Die neusumerischhäufig ge.in geschriebene Wurzel „festmachen, beweisen“ stellt kein Gegenargumentdar, denn in kann in dieser Zeit noch i n und e n 6 gelesen werden: siehe n u - ù - g e -e - e n 6 NG 145: 9 (in NG 213 lies g e - n é als defektive Schreibung für g e - n é - e s undnicht nach Falkenstein 1956, 377 g i - ì ). Spätere Schreibungen des gleichen Verbums alsg e - e n stützen dies zusätzlich. Welche Lesung für ge = qanû „Rohr“ anzusetzen ist, istunsicher. Im Namen S u l - ge steht ge wohl für ge7(-r) „fürstlich“; dies wird meist g i 7

transkribiert, aber nur g e 7 ist bezeugt (Borger 2004, 207).51 Eine neue Bearbeitung dieser Hymne ist überfällig; siehe Klein (1981, 39 mit Anm. 68)

und Rubio (2006, 167 Anm. 2); unvollständig sind auch Umschrift und Übersetzungim Electronic Text Corpus of Sumerian Literature (http://etcsl.orinst.ox.ac.uk). DasSegment C beruht offenbar auf einer Kollation von STVC 59 (am Anfang werden einigeZeichen umschrieben, von denen Chiera keine Spuren notiert hat), doch bricht die Um-schrift dann mitten im Text ab, obwohl bei Chiera noch 9 Zeilen folgen (hier nennt SulgeGilgames als e n k u l - a b [ a 4

k i ] , bezeichnet Ninsun als seine leibliche Mutter und sichselbst als Gott; Refrain; danach noch mindestens eine Zeile).

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Enmerkar und Sulge als sumerische Muttersprachler nach literarischen Quellen 27

tet Civil (1985, 73) eine Umschrift dieser Passage, die in Details sowohlvon A als auch von K(lein) und R(ubio) abweicht.

119 KR: [e m e m a r ] - d ú n í N e m e - g e 7- r a - g i n 7 ä é - e n - g a - z u - à m120 KR: […] x l ú k u r - r a ä u r - s a N - t a d u - [ a ]

A: [ ] - t a d u - d [ u ? …]121 KR: [s i l i m ] ä a - m a - n é - é s e m e m a r - d ú - a e n i m ä u - m u - n e - n i - [ g i 4 ]

A: [ ä ] a - m a - n é - é s [ e m e m ] a r - d ú - a e n i m ä u - m u - n e - n i - [ g i 4 ]122 KR: [e m ] e e l a m n í N e m e - g e 7- r a - g i n 7 ä é - e n - g a - z u - à m

A: [e m ] e e l a m n í N e m e - g e 7- r a - g i n 7 ä é - è n - g a - z u - à m123 KR: [… e l a m ] k i - m a n i d [ b a ] x x b u 5- b u 5- r e - é s

A: [ e l ] a m k i- m a n i d b [ a ] x x x b u 5- b u 5- r e - é s124 KR: s i l i m ä a - m a - n é - é s e m e e l a m - m a e n i m ä u - m u - n e - n i - g i 4

A: s i l i m ä a - m a - n é - é s e m e e l a m - m a e n i m ä u - m u - n e - g i 4

Die Mardu-Sprache kenne ich auch, als gehörte sie zum Sumerischen!… die Fremden, die vom Gebirge kommen,schneiden vor mir auf,52 (doch) ich antworte ihnen in der Sprache der Mardu.Die elamische Sprache kenne ich ebenfalls, als gehörte sie zum Sumerischen!… Elams(?), Geschenke(?) …sie schneiden vor mir auf, (doch) ich antworte ihnen in der Sprache Elams.

Das Sumerische dient Sulge offenbar als Vergleich dafür, wie gut er dieanderen Sprachen beherrscht. Für einen solchen Vergleich wird man na-heliegender Weise die eigene Muttersprache wählen.

Eine weitere relevante Textstelle ist Sulge B53 206–219. Rubio (2006,168–69 Anm. 3) zitiert diesen Text mithilfe der unpublizierten Mss. vonG. Haayer und M. Civil ohne Angabe, welche unpublizierten Textzeugendiese Zeilen enthalten; hier folgt der Text von Rubio (HR) zusammen mitden veröffentlichten Textzeugen P und Q (P: Castellino 1972, fig. 10, pl.VII Obv. i 1–2; Q: fig. 12, i 7–21).

206 HR: a è - a - g i n 7 g ù g a l u 4 g a l u 4? a [x x]

Q: a è - a - g i n 7f g ù j g a [ l ] x x [ ]

207 HR: ä i - i l - z u m k i d é b - b é e l a m u m - m e - x Q: f ä i ! - i l - z u m j d é b - b é e l a m ú ? x [ ] x

208 HR: á - N á l e n i m - m a - b é - e r g a b a - r i - n é m u - z u Q: f á - N á l j e n i m - m a - b é - e r g a b a - f r i j - n é m u - f z u j

52 Eine Interpretation als s i l i m d u 11/ e ist wahrscheinlicher als s á d u 11/ e „erreichen, zujemandem gelangen“; s. zum Verb ausführlich Attinger (1993, 670–678; vgl. auch Klein2002, 194 Anm. 194), das häufig eine negative Note im Sinne von „lobhudeln“, „prah-len“ erkennen lässt. Sulge weist dergleichen Prahlerei natürlich von sich (Sulge A 84):n í - N u 10 s i l i m - s è - à m b a - r a - a b - d u 11 „Ich habe mich gewiss nicht prahlerisch ge-priesen.“ Dagegen leitet z i - d è - e s s i l i m d u 11 einen berechtigten (Selbst)preis ein (cf.Römer 2001, 136 mit Lit.). Zu trennen ist s i l i m - m a d u 11 (Attinger 1993, 678; Steible1998, 394–95).

53 Dazu auch Rubio (2006, 169–74) und Michalowski (2006, 175).

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28 Jan Keetman

209 HR: d u m u k i - e n - g e k i - r a n u N u n - b a N á - m e - e n Q: d u m u k i - e n - g e k i - r a n u N u n - b a f N á j - m e - e n

210 HR: u r - s a N k i - e n - g e - r a u r - s a N N á - m e - e n Q: [ k ] i - [ e ] n - g e - r a ! f u r - s a N N á j - m e - e n

211 HR: 3 - k a m - m a - a s [ l ú ?] k u r k u k k ú - g a - k e 4

Q: [ ] k u r k u k k ú - g a - r a !

212 HR: N á - e - m e - e n [ g ù m u - n a / n e ] - f d é j - e Q: [ d ] é - e !

213 HR: 4 - k a m - m a - a s [ m a r - d ú ] l ú k u r - r a a [ x x ] Q: [ ] l ú k u r - r a a x x

214 HR: e m e - b a l a - e m u - u n - d a - a n - g u b - b é Q: [ ]m u - u n - d a - a n - g u b - b é

215 HR: N á - e e m e - n é - t a e n i m - e n i m k i l i b - b a - n é s i m u - u n - n a - a b - s á - e Q: [ e ] m e !- n é - t a e n i m - e n i m f k i l i b - b a - n é j s i !(sú) m u - u n - n a - a b -

s á - e 54

216 HR: 5 - k a m - m a - a s s u - b i r 4- a u nam kur g ù - r a Q: 5 - k a m - m a s u - b i r 4- a u nam kur g ù r a

217 HR: e m e - n é d u m u i r i - n a n u - m e - e n - n a e n i m b a - a n - d i - n i - i b - k a r - r e Q: e m e !- n é d u m u i r i - n a n u - m e - e n - n a e n i m b a - a n - d i - n i - i b - k a r - r e

218 HR: d i k i - e n - g e k i - k e 4 s i s á - d a - N u 10- n e P: d i k i - e n - g [ e ] - r [ a ] Q: d i k i - e n - g e k i - k e 4 s i s [ á ] - d a - N u 10- n e

219 HR: 5 - b é e m e - b é b a - n i - i b - g i 4- g i 4- i n P: 5 - b é e m e - b é [ ] Q: 5 - b é e m e !- b é b a - n i - i b - g [ i 4- g ] i 4- i n !(ni)

Wie überschießendes Wasser, ein mächtiger Ruf, ein großer Gewittersturm …Der die äilsum-Festungen nimmt/hält, Elam …ihrem wortgewaltigen (Unterhändler) weiß ich die Entgegnung –ich bin ein Sohn Sumers, von seinem Samen,55

ein Held Sumers, ein (wahrer) Held bin ich!Drittens: Zu den Leuten der schwarzen Bergespreche (nur) ich!Viertens: [den Mardu,] den Fremden …zum Dolmetschen trete ich da bei ihm hin,ich korrigiere alle seine Worte für ihn in seiner eigenen Sprache!Fünftens: Wenn in Subartu jemand … schimpft(?),raube ich ihm in seiner Sprache56 die Worte, obwohl ich kein Sohn seiner Stadt bin!Während ich das Recht Sumers in Ordnung bringe,antworte ich jenen fünf in ihren Sprachen.

54 Nach der Kopie hat Q in 215, 217 und 219 ka statt ka×me = e m e .55 Ich vermute in n u m u n - b a eher einen freien Genitiv als einen Lokativ.56 Der Übersetzung liegt die Annahme eines Lok.-Term. zugrunde; daher vielleicht auch:

„Ich raube ihm gleich an seiner Zunge die Worte“. Eine weitere Möglichkeit ist die An-nahme zweier paralleler Objekte im Absolutiv: „Ich raube ihm seine Sprache, obwohlich kein Sohn seiner Stadt bin, (raube ich ihm) die Worte!“

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Enmerkar und Sulge als sumerische Muttersprachler nach literarischen Quellen 29

Genannt werden Elam (Z. 207), die Leute der schwarzen Berge (Z. 211),die wohl mit Rubio (2006, 170) als Leute von Meluääa zu verstehen sind,dann vermutlich die Amurriter (Z. 213) und schließlich die Subaräer(Z. 216). Was ist also die fünfte Fremdsprache, die Sulge spricht?

Nehmen wir einmal mit Rubio (2006, 172) an, die fünfte Sprache seidas Sumerische. Also ist einer der fünf Leute ein Sumerer und Sulgespricht mit ihm Sumerisch. Es geht an dieser Stelle nicht um die Beherr-schung einer angesehenen Kultursprache, denn Sulge spricht zu demSumerer Sumerisch wie zu dem Subaräer Subaräisch. Andererseits rühmtsich Sulge seiner sumerischen Abstammung (Z. 209 f.). Wenn Sumerischaber die Sprache ist, die man im Umgang mit einem Sumerer normalerWeise benutzt, dann kann sich ein Sumerer wie Sulge nicht damit rühmen,dass er sie beherrscht. Mit anderen Worten: Wenn sich Sulge hier rühmteSumerisch zu sprechen, dann würde das voraussetzen, dass einer der fünfgenannten ein Sumerer ist und dass es normal ist, mit einem Sumerer Su-merisch zu sprechen. Dann könnte sich Sulge, der sich selbst als Sumererbezeichnet, dessen aber nicht rühmen. Unsere Annahme führt also zueinem Widerspruch und ist mithin falsch.

Das Sumerische wird also in der Passage Sulge B 206–219 nicht ge-nannt, vermutlich weil seine Beherrschung nichts war, womit man sich alsZeitgenosse Sulges in Sumer rühmen konnte. Das Gleiche muss auch fürdas Akkadische gelten. Wenn also Sulge, der sich auch „König von Sumerund Akkad“ nannte, das Akkadische nicht besonders erwähnt, so bedarfdies keiner besonderen Erklärung. Möglich wäre zwar am Ende von Z. 206eine Ergänzung u 4 a - [ g a - d è k i ] . Doch die Könige von Ur III stellten„Sumer“ (k i - e n - g e ) den Ausdruck k i - u r i für den akkadischen Nordengegenüber.

Der Hinweis auf die fünfte Sprache ist daher eher im Wort äilsum zusuchen. Dabei handelt es sich mit Rubio (2006, 170) eher um ein Fremd-wort als um ein Lehnwort. In der Bedeutung „Festung“ ist es im Akkadi-schen nur in lexikalischen Listen bezeugt; das entsprechende akkadischeWort lautet äalsum. Es ist daher gut möglich, dass der Gebrauch desWortes äilsum auf ein bestimmtes Gebiet an der Peripherie Babylonienshinweist, in dem entweder ein besonderer Typ von Festungsanlagen vor-handen war, die man als äilsum bezeichnete, oder dass äilsum selbst einAusdruck aus dieser Gegend war.57 Dann hätte man dort zwar eine semi-

57 Man könnte argumentieren, dass in Wirklichkeit äi.il.zum bei Sulge und äalsum dasgleiche Wort sind. Im Babylonischen wird a vor l häufig zu e. Diese Entwicklung könnteim normalen Babylonischen mit Rücksicht auf äilsum, das in verschiedenen Verwen-dungsweisen vorkommt (Nominalformen piras und pirs, cf. CAD Ä 187–88) unterblie-

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tische Sprache gesprochen, die aber nichtsdestotrotz in Babylonien alsschwierig gegolten haben mag.

Also spricht auch Sulge B nicht dafür, dass Sulge Sumerisch erst aufder Schreiberschule gelernt habe.58 Noch klarer scheint mir Sulge C zusein: Sulge spricht die Sprachen ferner Länder ebenso gut wie seine Mut-tersprache Sumerisch.

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ben sein. Doch es wäre meines Wissens der früheste Beleg für a > e vor l. Außerdemist äalsu mit dim und äa.ra(.an).kal geglichen, die Festung äilsu mit bar.nun, und sowerden die Wörter hintereinander aufgeführt (CAD Ä 51b; 187b). Aber selbst wenn dieäilsu (-Festung) und die äalsu (-Festung) im Grunde das gleiche Wort sein sollten, sobleibt doch die Tatsache bestehen, dass diese Lautform in Babylonien nur in Listen undeinmal bei Sulge bezeugt ist und mithin ein Fremdwort darstellt.

58 Rubio gebraucht als zusätzliches Argument: „Sulgi is said to have attended the e2-dub-ba [sic], one of whose main purposes was instruction in Sumerian“ (Rubio 2006, 175).Das setzt voraus, dass die Schreiberschulen zur Zeit Sulges den altbabylonischenSchreiberschulen entsprochen haben. Dies entzieht sich nicht nur unserer Kenntnis,sondern Rubio setzt damit sogar voraus, dass die Schüler damals in etwa die gleichensprachlichen Voraussetzungen hatten; das Argument beruht also auf der Richtigkeit derThese, die damit belegt werden soll.

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