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Entwicklung und Erprobung sensorintegrierter Schleifwerkzeuge Vom Fachbereich Produktionstechnik der UNIVERSITÄT BREMEN zur Erlangung des Grades Doktor-Ingenieur genehmigte Dissertation von Dipl.-Ing. Christian Böhm Gutachter: Prof. Dr.-Ing. habil. E. Brinksmeier Prof. Dr.-Ing. W. Benecke Tag der mündlichen Prüfung: 17.08.2001

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Entwicklung und Erprobung sensorintegrierter Schleifwerkzeuge

Vom Fachbereich Produktionstechnik

der

UNIVERSITÄT BREMEN

zur Erlangung des Grades

Doktor-Ingenieur

genehmigte

Dissertation

von

Dipl.-Ing. Christian Böhm

Gutachter: Prof. Dr.-Ing. habil. E. Brinksmeier Prof. Dr.-Ing. W. Benecke Tag der mündlichen Prüfung: 17.08.2001

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Danksagung

Die vorliegende Arbeit entstand neben meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bremen. Die hier veröffentlichten Untersuchungen wurden von dem Forschungsverbund Materialwissenschaften (MATEC) des Landes Bremen und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb des Förderschwerpunktes Mikrosystemtechnik finanziell gefördert.

Herrn Prof. Dr.-Ing. habil. Brinksmeier, Leiter des Fachgebiets Fertigungsverfahren der Universität Bremen und Direktor der Hauptabteilung Fertigungstechnik der Stiftung Institut für Werkstofftechnik (IWT) gilt mein Dank für die Begleitung dieser Arbeit.

Für die Übernahme des Zweitgutachtens und die eingehende Durchsicht des Manuskripts gilt mein Dank Herrn Prof. Dr.-Ing. W. Benecke sowie den weiteren Mitgliedern des Prüfungsausschusses Herrn Prof. Dr.-Ing. G. Goch, Herrn Dr.-Ing. J. Eckebrecht, Herrn Dipl.-Phys. D. Stöbener und Herrn cand.-Ing. Z. Nachmani.

Herrn Prof. Dr. rer. nat. J. Binder, dem Leiter des Instituts für Mikrosensoren, -aktuatoren und -systeme (IMSAS), bin ich durch die vielen fachlichen Diskussionen und die daraus entstandenen Anregungen für meine Arbeit besonders verbunden.

Für ihren unermüdlichen Einsatz und die tatkräftige Unterstützung bedanke ich mich bei meinen studentischen Hilfskräften und meinen Studien- und Diplomarbeitern Herrn D. Kube, Herrn M. Scholtes, Herrn Z. Nachmani, Herrn B. Grothmann, Herrn H. Seeligmann, Herrn S. Kovac, Herrn A. Sulicic, Herrn R. Kusmierz und Herrn M. Seifert. Durch Ihre tatkräftige Mithilfe haben sie zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen.

Neben Herrn Dipl.-Ing. T. Wilke, Herrn Dipl.-Ing. M. Wittmann, Herrn Dipl.-Ing. T. Seedorf, Herrn Dipl.-Ing. K.-J. Wiederhold, Herrn Dipl.-Ing. E. Berthold gilt mein Dank allen nicht genannten Kollegen, die mir während meiner Institutsarbeit Beistand geleistet haben.

Herrn Dipl.-Ing. R. Stöhr danke ich sehr für die jahrelange Bereitschaft, durch freundschaft-liche und fachliche Diskussionen meine Arbeit positiv zu beeinflussen.

Weiterhin danke ich Herrn Dr.-Ing. O. Ahrens und Herrn Dr.-Ing. C. Heinzel. Sie haben sich stets durch ihre fachliche Kompetenz und ihr persönliches Engagement ausgezeichnet. Die Zusammenarbeit mit ihnen hat mich stark unterstützt und nicht selten gefordert.

In meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter wurde ich von verschiedenen Firmen unterstützt. Für die wertvolle Zusammenarbeit danke ich u.a. der SKF GmbH, Datatel Telemetrie Elektronik GmbH, Unicorn Indimant GmbH, KAT Automatisierungstechnik GmbH, Wilhelm Bahmüller GmbH, Robert Bosch GmbH, Tyrolit Schleifmittelwerke KG, Danfoss A/S, Castrol Industrieöl GmbH, IDEKO Technological Center und der Pfauter Italia S.p.A..

Ein besonderer Dank gilt meinen Eltern, die mir meine Ausbildung ermöglicht haben, meinem Bruder Dr.-Ing. S. Böhm, ohne den diese Dissertationsschrift nicht entstanden wäre, sowie meiner Freundin Martina für das jahrelang entgegengebrachte Verständnis.

Würzburg, August 2001 Christian Böhm

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0 Inhaltsverzeichnis

3

Inhaltsverzeichnis

1 Abkürzungsverzeichnis....................................................................................... 5

2 Einleitung............................................................................................................ 9

3 Stand der Kenntnisse bei der Beurteilung von Schleifprozessen ..................... 10

3.1 Eingangsgrößen, Prozeßgrößen und technologische Kenngrößen beim

Schleifen ...................................................................................................... 10

3.1.1 Stellgrößen .......................................................................................... 10

3.1.2 Systemgrößen ..................................................................................... 11

3.1.3 Störgrößen........................................................................................... 12

3.1.4 Prozeßgrößen als Beurteilungskriterien für die Schleifbearbeitung ..... 13

3.1.4.1 Schleifkräfte................................................................................... 13

3.1.4.2 Schleiftemperatur .......................................................................... 14

3.1.5 Technologische Kenngrößen als Beurteilungskriterien für das

Schleifergebnis .................................................................................... 18

3.2 Meßtechnische Verfahren zur Charakterisierung von Prozeßgrößen .......... 20

3.2.1 Werkstückseitige Verfahren ................................................................. 20

3.2.2 Werkzeugseitige Verfahren.................................................................. 24

3.3 Modellbasierte Verfahren zur Beschreibung von Schleifprozessen ............. 28

4 Problemstellung und Zielsetzung...................................................................... 29

5 Vorgehensweise............................................................................................... 30

6 Analyse der Meßaufgabe ................................................................................. 31

6.1 Kraftsensorik ................................................................................................ 31

6.2 Schleiftemperaturen ..................................................................................... 36

6.3 Anforderungen an sensorintegrierte Schleifwerkzeuge................................ 37

7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge ........................ 38

7.1 Werkzeugseitige Kraftmessung.................................................................... 38

7.2 Werkzeugseitige Temperaturmessung......................................................... 41

7.3 Konstruktive Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge......................... 49

7.3.1 Statisches Verhalten des Werkzeugsystems....................................... 51

7.3.2 Dynamisches Verhalten des Werkzeugsystems.................................. 54

7.4 Kalibrierung der sensorintegrierten Werkzeuge ........................................... 57

7.4.1 Prozeßkräfte ........................................................................................ 57

7.4.2 Schleiftemperaturen............................................................................. 59

8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge.................................................. 61

8.1 Werkzeugseitige Kraftmessung.................................................................... 61

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0 Inhaltsverzeichnis

4

8.1.1 Schleifmaschine................................................................................... 61

8.1.2 Versuchswerkstücke............................................................................ 63

8.1.3 Schleifwerkzeug................................................................................... 64

8.1.4 Meßdatenauswertung und –anzeige.................................................... 64

8.1.5 Abrichtwerkzeug .................................................................................. 65

8.1.6 Ergebnisse und Diskussion.................................................................. 65

8.1.6.1 Leerlaufverhalten........................................................................... 65

8.1.6.2 Anschnitterkennung....................................................................... 67

8.1.6.3 Abrichten ....................................................................................... 69

8.1.6.4 Schleifen........................................................................................ 71

8.1.6.5 Werkzeugbruch ............................................................................. 73

8.2 Werkzeugseitige Temperaturmessung......................................................... 76

8.2.1 Schleifmaschine................................................................................... 76

8.2.2 Versuchswerkstücke............................................................................ 78

8.2.3 Schleifwerkzeuge................................................................................. 78

8.2.4 Meßdatenauswertung und –anzeige.................................................... 78

8.2.5 Abrichtwerkzeuge ................................................................................ 79

8.2.6 Ergebnisse und Diskussion.................................................................. 80

8.2.6.1 Leerlaufverhalten........................................................................... 80

8.2.6.2 Anschnitterkennung....................................................................... 80

8.2.6.3 Abrichten ....................................................................................... 81

8.2.6.4 Schleifen........................................................................................ 82

8.2.6.5 Werkzeugbruch ............................................................................. 89

9 Entwicklungsansätze für miniaturisierte Sensoren ........................................... 90

9.1 Kraftsensorik ................................................................................................ 90

9.2 Temperatursensorik ..................................................................................... 91

10 Zusammenfassung und Ausblick...................................................................... 97

11 Anhang ............................................................................................................. 99

12 Literatur .......................................................................................................... 101

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1 Abkürzungsverzeichnis

5

1 Abkürzungsverzeichnis

Abkürzungen Abkürzung Bezeichnung

AC Adaptive Control

AE Acoustic Emission

CBN Cubic Boron Nitride, kubisch kristallines Bornitrid

CNC Computer Numerical Control

DIN Deutsche Industrie-Norm

DMS Dehnungsmeßstreifen

EDX Energiedispersive Röntgen-Mikroanalyse

FE Finite Elemente

HF Hochfrequenz

HRC Härte nach Rockwell

IEC International Electrotechnical Commission

KSS Kühlschmierstoff

MUX Multiplexer

Nd:YAG Neodym-Yttrium-Aluminium-Granat

PC Personalcomputer

PKD polykristalliner Diamant

PVD Physical Vapor Deposition

PZT Blei-Zirkonat-Titanat

REM Rasterelektronenmikroskop

ZTA Zeit-Temperatur-Austenitisierungs-Schaubild

Griechische Buchstaben Symbol Einheit Bezeichnung

α Grad Eingriffswinkel

αK J/m2 K s Wärmeübergangskoeffizient

αlg Grad Eingriffswinkel der geometrischen Kontaktlänge

∆t s Zeitdauer einer Werkzeugumdrehung

∆τe s Eingriffsdauer des Schleifbelagsegments

∆Utherm V Thermospannungsdifferenz

ϑs °C werkzeugseitig gemessene Temperatur

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1 Abkürzungsverzeichnis

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ϑ0 °C Bezugstemperatur an der Stelle des Spannungsabgriffs

ϑ1 °C Temperatur der Meßstelle

ϑU °C Umgebungstemperatur

λ nm Wellenlänge der Laserstrahlung

λTher W/m K Wärmeleitfähigkeit des Thermoelements

ρ kg/mm3 Dichte

ρTher g/cm3 Dichte des Thermoelements

υ - Poissonzahl

Symbole Symbol Einheit Bezeichnung

Ac1 °C Umwandlungstemperatur

ae mm Arbeitseingriff, Zustellung

aed µm Abrichtzustellung

amax m/s2 Maximalbeschleunigung

ap mm Eingriffsbreite, Schnitteingriff

ATher mm2 Oberfläche der Thermoelement-Verbindungsstelle

b mm Bogenlänge des Schleifbelagsegments

bd mm Wirkbreite des Abrichters

bdges mm Gesamtbreite der Abrichtrolle

blg mm Bogenlänge der geometrischen Kontaktlänge

bs mm Schleifscheibenbreite

C - Integrationskonstante

cL m/s Schallgeschwindigkeit der Longitudinalwellen

cTher J/kg K spezifische Wärmekapazität der Thermoelement-Verbin-dungsstelle

d µm Thermoelement-Drahtdurchmesser

dd mm Außendurchmesser der Abrichtrolle

ds mm Schleifscheibendurchmesser

dw mm Werkstückdurchmesser

E N/mm2 E-Modul

F´a N/mm auf die Kontaktbreite bezogene werkstückseitige Axialkraft

F´n N/mm auf die Kontaktbreite bezogene werkstückseitige Normalkraft

F´t N/mm auf die Kontaktbreite bezogene werkstückseitige Tangentialkraft

F´sa N/mm auf die Kontaktbreite bezogene werkzeugseitige Axialkraft

F´sn N/mm auf die Kontaktbreite bezogene werkzeugseitige Normalkraft

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1 Abkürzungsverzeichnis

7

F´st N/mm auf die Kontaktbreite bezogene werkzeugseitige Tangentialkraft

Fa N werkstückseitige Axialkraft

fad µm Abrichtvorschub je Scheibenumdrehung

Fc N Schnittkraft

Fn N werkstückseitige Normalkraft

Fres N resultierende Kraft

Fsa N werkzeugseitige Axialkraft

Fsn N werkzeugseitige Normalkraft

Fst N werkzeugseitige Tangentialkraft

Ft N werkstückseitige Tangentialkraft

heq µm äquivalente Spanungsdicke

I W/mm2 Laserintensität

ks kN/µm Federsteifigkeit des Sensors

lg mm geometrische Kontaktlänge

m mm Meßfühlertiefe

mS kg Masse des präparierten Segments

ns 1/min Schleifscheibendrehzahl

nw 1/min Werkstückdrehzahl

P - Eingriffspunkt

Pc W Schleifleistung

Pc´´ W/mm2 auf die Kontaktfläche bezogene Schleifleistung

PKSS W Anteil der Schleifleistung, der über den Kühlschmierstoff ab-geführt wird

PL W Laserleistung

Pmech W mechanisch zugeführte Leistung

Ps W Anteil der Schleifleistung, der als Wärme in die Schleifschei-be fließt

PSp W Anteil der Schleifleistung, der über die Späne abgeführt wird

Pw W Anteil der Schleifleistung, der als Wärme in die Bauteilober-fläche fließt

Q C elektrische Ladung

Qx pC elektrische Ladung aus der Kraftkomponente x

Qy pC elektrische Ladung aus der Kraftkomponente y

Qix,y,z pC elektrische Ladung des Kraftsensors i aus Kraftkomponenten

der x-, y-, z-Richtung

Q´w mm3/mm s auf die Schleifscheiben-Eingriffsbreite bezogenes Zeitspan-volumen

Qz pC elektrische Ladung aus der Kraftkomponente z

q - Geschwindigkeitsverhältnis beim Schleifen

qd - Geschwindigkeitsverhältnis beim Abrichten

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1 Abkürzungsverzeichnis

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KSSq•

l/min Kühlschmierstoff-Volumenstrom

R - Wärmeaufteilungsfaktor

rs mm Schleifscheibenradius

T0,1, T0,9 s Zeitprozente-Werte

t s Zeit

T s Zeitkonstante des Thermoelements

tE s Einwirkdauer

tK s Kontaktzeit des Thermoelements

tP s Pulsdauer

TR s Zeitkonstante des Thermoelementes bei Relaxation

TSK s Schwingungszeitkonstante des Segments

TSL s Schallaufzeit

U V elektrische Spannung

Ud - Abrichtüberdeckungsgrad

vc m/s Schnittgeschwindigkeit

vfad mm/s axiale Vorschubgeschwindigkeit beim Abrichten

vfrd mm/min radiale Zustellgeschwindigkeit beim Abrichten

vft m/min tangentiale Vorschubgeschwindigkeit

vs m/s Umfangsgeschwindigkeit der Schleifscheibe

vsd m/s Abrichtumfangsgeschwindigkeit

VTher mm3 Volumen der Thermoelement-Verbindungsstelle

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2 Einleitung

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2 Einleitung

Unter den Fertigungsverfahren ist das Schleifen bei der Bauteilherstellung häufig der abschließende Bearbeitungsvorgang. Dem Schleifen kommt damit eine sehr große Bedeutung zu, da die Werkstücke durch die vorangegangenen Fertigungsprozesse einen nicht unwesentlichen Wertzuwachs erfahren haben und der Schleifprozeß damit über den Erfolg oder den Mißerfolg der gesamten Fertigungskette entscheidet.

Auffälligstes Kennzeichen dieses Fertigungsverfahrens ist, daß in einem Kontakt-bereich zwischen Werkzeug und Werkstück sehr viele geometrisch unbestimmte Schneiden an der Zerspanung beteiligt sind. Die dabei auftretenden kinematischen und technologischen Zusammenhänge, wie negative Spanwinkel, auftretende Reib-, Verformungs- und Schervorgänge, sowie kurze Werkzeugeingriffszeiten führen dazu, daß das Prozeßverhalten einer schleiftechnischen Bearbeitung und das Arbeitser-gebnis schwer vorhersagbar sind. Gleichzeitig nimmt eine Vielzahl an Ein-gangsgrößen über die Prozeßgrößen, wie Schleifkräfte und Schleiftemperaturen, auf das Arbeitsergebnis Einfluß. Aus diesem Grund ist es von Bedeutung, die Prozeßgrößen unmittelbar an der Bearbeitungsstelle, d. h. in der Kontaktzone, zu überwachen, um beispielsweise mit deren Kenntnis physikalisch-technologische Eigenschaften des zu schleifenden Bauteils während der Bearbeitung (in-prozeß) einzustellen oder wirtschaftliche Prozeßführungsstrategien zu verfolgen.

Um die heute zur Verfügung stehenden Prozeßüberwachungssysteme näher an den Kontaktbereich zwischen Werkzeug und Werkstück zu führen, sind jedoch die Weiterentwicklung der bisherigen Sensorsysteme und neue Wege zur Anwendung meßtechnischer Verfahren erforderlich.

Vor diesem Hintergrund behandelt die vorliegende Arbeit die Entwicklung sensor-integrierter Schleifwerkzeuge zur weiterführenden Nutzbarmachung der Prozeß-größen, um sie maschinen-, bauteil- und verfahrensunabhängig für eine verbesserte Prozeßcharakterisierung und für die Beherrschung der physikalischen Randzonenei-genschaften beim Schleifen zu erschließen. Die Erprobung der Werkzeuge erfolgt in typischen Teilprozessen der schleiftechnischen Bearbeitung.

Durch die Gegenüberstellung mit konventioneller, d.h. werkstückseitiger Prozeß-größenerfassung wird nachgewiesen, daß es unter Einbeziehung herkömmlicher Sensoren möglich ist, die Schleifkräfte in normaler, tangentialer und axialer Richtung zu ermitteln und die Temperaturen in dem Werkzeug in-prozeß zu erfassen. Dabei konzentrieren sich die Untersuchungen auf die Verwendung von segmentierten CBN-Schleifwerkzeugen. Einerseits ist der modulare Aufbau dieser Schleifscheibentypen für die Integration von Sensoren prädestiniert. Andererseits lohnt die Weiterent-wicklung dieser hochwertigen und kostenintensiven Schleifwerkzeuge besonders, um ihr volles Potential für die automatisierte Materialbearbeitung in der Massenfertigung nutzen zu können. Eingreifend in den Aufbau des Werkzeugsystems wird die ver-wendete Sensorik, soweit es technisch möglich ist, an die Kontaktzone geführt.

Im Sinne des angestrebten Fernziels dieser Arbeit, die industrielle Anwendbarkeit von sensorintegrierten Schleifwerkzeugen vorzubereiten, werden Entwicklungsan-sätze für miniaturisierte Sensoren vorgeschlagen.

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3 Stand der Kenntnisse bei der Beurteilung von Schleifprozessen

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3 Stand der Kenntnisse bei der Beurteilung von Schleifprozessen

3.1 Eingangsgrößen, Prozeßgrößen und technologische Kenngrößen beim Schleifen

Die schleiftechnische Bearbeitung bestimmt einerseits als formgebendes Verfahren die Geometrie der geschliffenen Bauteiloberfläche, andererseits nimmt sie auf die Ei-genschaften der Bauteilrandzone Einfluß. Nach Abbildung 1 lassen sich die im Schleifprozeß auftretenden Kenngrößen in Eingangs-, Prozeß- und Ausgangsgrößen (technologische Kenngrößen) aufteilen [Brin91, Salj91]. Prozeßgrößen sind vor allem die Schleifkräfte und die Schleiftemperaturen innerhalb der Kontaktzone, die nur während der Bearbeitung auftreten und den Schleifvorgang kennzeichnen [Bock94]. Sie resultieren aus den Eingangsgrößen, welche die Stell-, System- und Störgrößen zusammenfassen und in ihrer Gesamtheit die Geometrie und die Kinematik des Bearbeitungsvorgangs beschreiben. Wichtige Stellgrößen für das Schleifen sind beispielsweise der Arbeitseingriff (Zustellung) ae, der Schnitteingriff (Eingriffsbreite) ap, die Schnittgeschwindigkeit vc und die tangentiale Vorschubgeschwindigkeit des Werkstücks vft. Für das Konditionieren (Abrichten) lassen sich beispielhaft die Ab-richtzustellung aed, die axiale Vorschubgeschwindigkeit vfad und der Abrichtüber-deckungsgrad Ud nennen.

Stellgrößen

Systemgrößen

Störgrößen

ProzeßgrößenAusgangsgrößen/

technologischeKenngrößen

Boe491 Abbildung 1: Kausalität zwischen Eingangsgrößen und Prozeßgrößen in der

schleiftechnischen Bearbeitung

Aufgrund der großen wirtschaftlichen Relevanz dieses Fertigungsverfahrens haben sich in der Vergangenheit viele wissenschaftliche Arbeiten dem Ziel gewidmet, die Bedeutung einzelner Stell-, System- und Störgrößen auf den Schleifprozeß und auf das Arbeitsergebnis zu beschreiben [Töns01]. Jedoch sind die Zusammenhänge zwischen Eingangsgrößen, Prozeßverhalten und erzieltem Arbeitsergebnis nur eingeschränkt vorhersagbar. Vielmehr sind sie auf ein gegenseitiges Zusammenspiel und die Überlagerung aller Eingangsgrößen an der Wirkstelle zwischen Schleif-scheibe und Werkzeug zurückzuführen [Czen97]. Trotz der Vorgabe gleicher Stell- und Systemgrößen kann das Arbeitsergebnis unterschiedlich ausfallen und ist daher nur in Toleranzgrenzen quantifizierbar.

3.1.1 Stellgrößen

Zu den Stellgrößen gehören alle über die Maschinensteuerung direkt oder indirekt vorzugebenden Bewegungs- und Eingriffsgrößen für das Schleifen und Kondi-tionieren. Durch die geeignete Wahl der Stellgrößen lassen sich gezielt Verän-

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3 Stand der Kenntnisse bei der Beurteilung von Schleifprozessen

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derungen in den Bewegungen des Werkzeugs und des Werkstücks vornehmen, die das Prozeßverhalten beeinflussen.

Das Konditionieren, das dem Schleifen in der Regel zeitlich vorangeht, setzt sich aus dem Profilieren, Schärfen und dem Reinigen der Schleifscheibenumfangsfläche zu-sammen und nimmt damit als Eingangsgröße des Schleifprozesses Einfluß auf das Arbeitsergebnis. Das Ziel des Abrichtens, einen reproduzierbaren Ausgangszustand der Schleifscheibentopographie herzustellen, wird durch Variation der Abrichtbe-dingungen nur in gewissen Grenzen erreicht. Der erreichte Ausgangszustand geht beim anschließenden Schleifen wieder verloren. Je nach Wahl der Stellgrößen kann der Abrichtprozeß die technologischen Merkmale des Schleifprozesses beeinflussen. Ein hoher Überdeckungsgrad führt beispielsweise zu einer glatten Schleifscheiben-topographie, geringe Überdeckungsgrade erzeugen dagegen eine rauhe Schleif-scheibentopographie, die zu geringen Schleifkräften am Anfang der Bearbeitung führt. Je nach eingestellten Abrichtgrößen läßt sich eine Schleifscheibe nach dem Abrichten sowohl zum Schruppen als auch zum Schlichten verwenden. Zu den wählbaren Stellgrößen des Konditionierens zählt man beispielsweise die Abricht-zustellung aed, den Überdeckungsgrad Ud, die Abrichtgeschwindigkeit vsd und den Abrichtvorschub je Scheibenumdrehung fad.

3.1.2 Systemgrößen

Systemgrößen sind ebenso wie die Stellgrößen Eingangsgrößen des Schleifpro-zesses und hängen im wesentlichen von den verwendeten Betriebsmitteln (Werk-zeugmaschine, Werkstück, Abrichter, Kühlschmierstoff, Schleifscheibe) ab. Da sich alle Systemgrößen unterschiedlich auf den eigentlichen Prozeß auswirken können, müssen sie – insbesondere bei anzustrebender Prozeßstabilität und Reproduzier-barkeit – als Eingangsgrößen berücksichtigt werden.

Eine der wichtigsten Systemgrößen ist die Spezifikation des verwendeten Werk-zeugs. In Abhängigkeit von der Schleifscheibenbindung, der Homogenität, der Härte, des Schleiffstoffs und anderer Merkmale weisen Schleifscheiben ein sehr unterschiedliches Verhalten auf. Zur Auslegung der Schleifscheibe hinsichtlich eines gewünschten Prozeßverhaltens stehen die Angaben über die Verteilung, Form, Größe und Schneidfähigkeit der den Abtragsvorgang bestimmenden Schleifkörner nur eingeschränkt zur Verfügung [Lort75]. Die Auslegung einer schleiftechnischen Bearbeitung wird außerdem durch die unbestimmte Verteilung und Geometrie der Schleifkörner erschwert, die mehrere Schneiden mit veränderlichen Schneiden-winkeln besitzen. Durch Abstumpfen, Splittern und Herausbrechen einzelner Schleif-körner ändern sich der Zustand der an der Zerspanung beteiligten Schneidflächen sowie die Bindungseigenschaften während der Bearbeitung permanent, was zu Spanbildungsmechanismen, Verformungs-, Schmier- und Reibverhältnissen in-nerhalb der Kontaktzone führt, die nicht vorhersagbar sind. Vergleichende Unter-suchungen mit verschiedenen Schleifscheibenspezifikationen lassen auf einen Einfluß der Härte von Korundschleifscheiben schließen [Broc99], während bei CBN-Schleifscheiben durch eine höhere Wärmeleitfähigkeit, höhere Verschleißfestigkeit und sprödes Brechen und Splittern der Schleifkörner auf eine geringere thermische Belastung für die Bauteilrandzone geschlossen wird [Lavi89, Rowe98].

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3 Stand der Kenntnisse bei der Beurteilung von Schleifprozessen

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Eine weitere Systemgröße des Schleifprozesses ist das Werkstück. Dessen Geome-trie, physikalische und technologische Eigenschaften und chemische Zusammen-setzung des Werkstoffs unterliegen wie die Werkzeuge gewissen Schwankungen. Ebenso verhält es sich mit den Eigenschaften der Werkzeugmaschine. Ihre Bauart, Leistung, Steifigkeit, Genauigkeit, ihr Antriebskonzept und ihre dynamischen Eigen-schaften gehen als maschinenbedingte Eingangsgrößen in das Prozeßverhalten ein [Inas99].

Daneben wirken sich Kühlschmierstoffe als Systemgröße aus. Sie werden einge-setzt, um die thermische und mechanische Belastung für das Werkstück zu beein-flussen. Nach DIN 51385 werden die beim Schleifen eingesetzten Kühlschmierstoffe in wassermischbare und nicht wassermischbare Kühlschmierstoffe unterteilt. Neben der Kühlung der zu schleifenden Bauteiloberfläche, des Abtransports von abge-schliffenen Partikeln aus der Kontaktzone und der Reinigung der Schleifscheiben-oberfläche haben die Kühlschmierstoffe die Aufgabe, durch Schmierwirkung die Rei-bungsverhältnisse innerhalb der Kontaktzone zu beeinflussen. Wegen der ver-änderlichen Zusammensetzung kann sich die Einflußnahme auf den Schleifprozeß verändern. Bei wasserhaltigen Kühlschmierstoffen läßt sich außerdem der Effekt beobachten, daß bei Überschreiten einer kritischen Kontaktzonentemperatur der Kühlschmierstoff in Filmsieden übergeht und der Kühlschmiereffekt verloren geht. Als Folge des Filmsiedens erfährt die zu schleifende Bauteiloberfläche eine thermische Beanspruchung, die der Trockenbearbeitung ähnelt [Howe87, Lavi89]. Neben den genannten Möglichkeiten, wie sich Kühlschmierstoffe auf den Schleifprozeß auswirken können, kann ebenso das Kühlschmierstoffumlaufsystem und die Zu-leitungsart der Kühlschmierstoffe einen Einfluß auf das Arbeitsergebnis haben [Kloc98, Hein99].

3.1.3 Störgrößen

Kennzeichen der Störgrößen ist, daß sie sich ungewollt über die Prozeßgrößen auf die Prozeßstabilität auswirken. Ursachen der Störgrößen sind beispielsweise verän-derliche Schleifscheiben- und Werkstoffzusammensetzungen, Aufmaßschwan-kungen der Bauteile, Veränderungen der Kühlschmierstoffzufuhr, Änderungen im Verhalten der Werkzeugmaschine oder der Arbeitsumgebung, Bedien- und Ein-spannfehler. Ohne dem Zusammenwirken aller Einflußfaktoren ausreichend Rechnung zu tragen, wirken sich die Störgrößen über das Werkzeug bzw. über das Werkstück auf das Prozeßverhalten unterschiedlich aus. Erschwerend für eine genauere Beurteilung kommt hinzu, daß im allgemeinen eine Prognose über das exakte Einsatzverhalten der Schleifscheiben äußerst schwierig ist. Schleifscheiben mit gleicher Spezifikation können sich in ihrem Einsatzverhalten zum Teil deutlich unterscheiden. Das ver-änderliche Schleifscheibenverhalten beruht auf den thermischen und mechanischen Beanspruchungen, denen die Schleifscheibe im Eingriff mit dem Werkstück aus-gesetzt ist. Im mikroskopischen Bereich treten verschiedene Verschleißvorgänge an der Schleifscheibe (Korn- und Bindungsverschleiß) auf und führen in ihrer Ge-samtheit zu einem Makroverschleiß an der Scheibe. Der Grund der Verschleiß-bildung liegt vornehmlich in der thermischen, mechanischen und chemischen Bean-spruchung der Schleifscheibenkörner, die mit einer schnellen Relativbewegung gegenüber dem Werkstück in die Oberfläche des Werkstoffs eindringen. Der Verschleiß läßt sich als Radial- oder Kantenverschleiß feststellen und bewirkt neben

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3 Stand der Kenntnisse bei der Beurteilung von Schleifprozessen

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Maßfehlern auch die Beeinträchtigung der Profilgenauigkeit eines geschliffenen Bauteils. Der verfahrensbedingte Verschleiß an der Schleifscheibentopographie zieht in der Regel weitere Veränderungen nach sich, die sich in einem Kraft- und Temperaturanstieg in der Kontaktzone niederschlagen. Untersuchungen zur Messung und Beschreibung der Veränderungen an der Schleifscheibentopographie liegen beispielgebend mit verschiedenen Ansätzen in [Köni77, Köni77a, Töns93, Dong96, Korzi98, Hoff00] vor.

3.1.4 Prozeßgrößen als Beurteilungskriterien für die Schleifbearbeitung

Das Zusammenwirken von Stell-, System- und Störgrößen wirkt sich auf die Pro-zeßgrößen aus. Zu diesen gehören die Schleifkräfte und –temperaturen, die den Zu-stand des Schleifprozesses physikalisch charakterisieren und für die technologischen Kenngrößen bestimmend sind. Kennzeichnend für Schleifprozesse ist, daß aufgrund der Geometrie der an der Zerspanung beteiligten Wirkpartnern die Prozeßgrößen in der schwer zugänglichen Kontaktzone zwischen Schleifscheibe und Werkstück wirken.

3.1.4.1 Schleifkräfte

Die innerhalb der Kontaktzone durch Spanbildungs-, Spanformungs- und Reibvor-gänge entstehenden Schleifkräfte lassen sich in eine axiale, eine normale und eine tangentiale Komponente zerlegen. Durch sie kommt es zur Zerspanung und Tren-nung des Werkstoffs, da durch sie die Reib-, Verformungs- und Scherkräfte des Werkstoffs überwunden werden. Sie sind somit auch ausschlaggebend für den Schleifscheibenverschleiß, da durch sie das Splittern und Herausbrechen der ein-zelnen Schleifkörnern verursacht wird.

Die große Bedeutung der Schleifkräfte liegt vor allem in der Tatsache begründet, daß sie leistungsbezogene Prozeßgrößen darstellen und für eine Prozeßbeurteilung herangezogen werden können. Ihre Überwachung bietet daher die Gelegenheit, Rückschlüsse auf den Zustand des Werkzeugs, auf die mechanische Einwirkung auf die Bauteiloberfläche und auf die Bearbeitungsverhältnisse zwischen Werkzeug und Werkstück zu ziehen. Beispielgebend wird vorgeschlagen, die Tangentialkraft über den Zusammenhang

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⋅±=′′

)( Glg. 1

als Überwachungskenngröße für die kontaktflächenbezogene Schleifleistung Pc´´ heranzuziehen [Brin91]. Diesem Vorschlag liegt die Erkenntnis zugrunde, daß Ver-schleiß und Zusetzungen an der Schleifscheibentopographie zu einem Anstieg der Schleifkräfte und damit zu einer Erhöhung der Wärmebelastung für die Bauteil-oberfläche führen. Daher wird vielfach vorgeschlagen, die Schleifkräfte als Indikator für die notwendige Einleitung von Abrichtintervallen zu nutzen [Izad98], da die Ober-flächenqualität und die Randzoneneigenschaften des geschliffenen Bauteils stark von der Schneidfähigkeit der Schleifkörner und dem Zustand der Spanräume ab-hängen.

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3 Stand der Kenntnisse bei der Beurteilung von Schleifprozessen

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Neben den Tangentialkräften besitzen die Normalkräfte eine wesentliche Bedeutung für die schleiftechnische Bearbeitung. Aus der Kenntnis der Schleifnormalkräfte las-sen sich beispielsweise Aussagen über die Formabweichung der Werkstücke ab-leiten. Überdies wurde vorgeschlagen, die Normalkräfte bei genauer Erfassung auf-grund der systembedingten Auffederungen des Werkzeugs, des Werkstücks und der Werkzeugmaschine für mehrstufige Prozeßführungen zu nutzen [Töns97]. Die Überwachung der Schleifnormalkräfte bietet darüber hinaus die Möglichkeit, einen Werkzeugbruch zu detektieren, der sich durch kurze Kraftimpulse erkennen läßt.

Die Schleifaxialkräfte können für die Beurteilung der Schleifleistung beim Ein-stechschleifen mit symmetrischen Schleifscheiben eher vernachlässigt werden. Allerdings erhalten sie eine Bedeutung bei der Beurteilung der Eingriffsverhältnisse beim Abrichten mit stehendem Abrichtwerkzeug, wenn der Abrichter mit axialer Vor-schubbewegung mit der Schleifscheibentopographie in Eingriff kommt oder bei Sei-tenschleifprozessen zur Berücksichtigung der Bruchgefahr.

3.1.4.2 Schleiftemperatur

Aus verfahrensspezifischen Gründen ist beim Schleifen der Energiebedarf zum Ab-tragen des Werkstoffvolumens im Vergleich zur Zerspanung mit geometrisch be-stimmter Schneide relativ hoch [Köni89]. Die im Spanbildungsprozeß erzeugte Wär-me wird zu unterschiedlich großen Anteilen durch Kühlschmierstoff und Späne und über die Schleifscheibe abgeführt. Ein nicht unwesentlicher Wärmeanteil kann über den Wirkbereich zwischen Werkstück und Werkzeug in das Werkstück eindringen.

Eine große Anzahl von Forschungsarbeiten und Erfahrungen aus der Praxis zeigen, daß der Gefügezustand der geschliffenen Bauteilrandschicht wesentlich von der Wärmemenge beeinflußt wird, der das Bauteil innerhalb der Kontaktzone ausgesetzt ist [Taka66, Choi85, Brin91, Broc99]. Dabei sind Temperatur, Dauer der Einwirkung sowie zeitliche und örtliche Temperaturgradienten für die Beeinflussung der Bauteil-randzone entscheidend [Hein00]. Thermisch bedingte Schäden, die durch über-mäßige Wärmeeinbringung während der schleifenden Hartbearbeitung auftreten, sind beispielsweise Rißbildung durch induzierte Zugeigenspannungen, Gefügeverän-derungen und Veränderungen der Härte im randschichtnahen Bereich. Maß- und Formabweichungen entstehen ebenfalls durch thermische Einwirkung. Sie lassen sich beispielsweise anhand des Längsdehnungseffekts nachweisen [Webe97]. Durch die genannten Auswirkungen auf die Randzone geschliffener Bauteile ist die Kontakt-zonentemperatur damit eine Schlüsselgröße in der schleiftechnischen Bearbeitung, da die Kenntnis der Kontaktzonentemperatur einen wichtigen Beitrag zur Ausnutzung des gesamten Potentials der Schleifbearbeitung darstellt [Malk74, Töns92].

Nach [Brin94] läßt sich für ein einzeln betrachtetes Schleifkorn vereinfachend der wärmeverursachende Spanbildungsprozeß in mehrere Gebiete der Energieum-wandlung unterteilen. Neben einer elastischen Verformungsarbeit findet durch den Reibkontakt zwischen der Freifläche des Korns und dem Werkstoff, aber auch durch innere Reibung eine Energieumsetzung in Wärme statt. Die am Schleifkorn vorlie-genden Schneiden führen im weiteren Spanbildungsprozeß neben einer plastischen Verformung zu einer Umsetzung der Reibung und der Verformungs-, Scher- und Trennarbeit im Wärme.

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3 Stand der Kenntnisse bei der Beurteilung von Schleifprozessen

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Über die Ermittlung der in die Bauteiloberfläche eindringenden Wärmemengen wird im allgemeinen angestrebt, eine thermische Belastungsgrenze festzulegen, ab der eine Schädigung der Bauteiloberfläche eintritt. Jedoch lassen sich durch Prüfung von Literaturangaben Unterschiede in der Angabe des Verteilungsfaktors der insgesamt erzeugten Wärme feststellen. Durch den nicht vorhersagbaren Einfluß des Kühl-schmierstoffs und anderen wärmeabführenden Mechanismen im Bereich der Kontaktzone kann es keine gesicherten Angaben über die Aufteilung der Wärme-ströme geben. Trotz gleicher Annahmen wird der Wärmeverteilungsfaktor in Ab-hängigkeit der verwendeten Modellvorstellung sehr unterschiedlich gewählt [Rowe91]. Dies führt dazu, daß die Rückführung einer theoretisch ermittelten, thermischen Grenzbelastung auf die Stellgrößen keine allgemeine Empfehlung für die Prozeßauslegung darstellen kann. Lediglich ist die Übereinstimmung in den Literaturangaben zu bemerken, die das Auftreten sehr hoher Temperaturgradienten in der Kontaktzone bestätigen.

Noch grundlegender als die Aufteilung der Wärmemengen sind jedoch die funda-mentalen Sichtweisen, wie die in der Kontaktzone vorliegende Schleiftemperatur und –verteilung definiert wird. Es existieren in der Literatur verschiedene Auffassungen, die aus unterschiedlichen Ansätzen abgeleitet werden, wie die maßgebliche Schleiftemperatur zu interpretieren ist. Eine Vorstellung geht von der Temperatur-entstehung im Kontaktbereich zwischen Werkstück und Werkzeug aus, oder ge-nauer, im Kontaktbereich zwischen Werkstück und Schleifkorn. Besondere Bedeu-tung erhält hier die Scherebene vor dem Schleifkorn, über die die Bauteiloberfläche einen Wärmeeintrag erfährt. Eine andere Modellvorstellung berücksichtigt die Durch-schnittstemperatur der geschliffenen Oberfläche, die etwas beabstandet von der Scherebene gesehen wird und maßgeblich für die Bauteilqualität sein soll [Sato57]. Naturgemäß schließen andere Modellvorschläge, die die Span- und Wärmeent-stehung direkt am Korn berücksichtigen, eine sehr viel höhere Maximaltemperatur mit ein. Schließlich gibt es noch die Vorstellung, daß die Schleiftemperatur der Temperatur an der überschliffenen Werkzeugoberfläche entspricht.

vs

vft

Span

Korn

Spanfläche

Scher-ebene

Schleifscheiben-oberflächen-temperaturen

Temperaturverteilungunterhalb der ge-schliffenen Oberfläche

Spanbildungs-temperatur

Scherebenen-temperatur

mittlere Werkstück-temperatur

Kontaktzonentemperatur

mittlere Schleif-bahntemperatur

Reibtemperaturan der Verschleißfläche

Werkstück

Boe406 Abbildung 2: Schleiftemperaturen im Schleifprozeß nach [Sato57, Taka66, DesR70,

Wern71, Malk74, Stef83, Rowe88, Lavi89, Shaw90, Ueda93]

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3 Stand der Kenntnisse bei der Beurteilung von Schleifprozessen

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Takazawa analysiert in [Taka66] die Temperaturverteilung unterhalb der ge-schliffenen Oberfläche und diskutiert aufgrund experimenteller Temperaturvertei-lungs- und Härtemessungen das randschichtnahe Gefüge. Aufbauend auf seinen Untersuchungen gibt er Empfehlungen, wie unerwünschte Gefügeveränderungen verhindert werden können. Bei der theoretischen Herleitung einer Näherungslösung für die Temperaturverteilung unterhalb der geschliffenen Oberfläche bedient er sich des Modells von Jäger [Jäge42]. Er hebt in seiner Arbeit verschiedene Temperaturen hervor, die in der Schleifbearbeitung zu unterscheiden sind. Insbesondere benennt er die mittlere Kontaktzonentemperatur, die Temperatur am Kontaktpunkt zwischen Schleifkorn und Werkstückmaterial, die Schleifscheibentemperatur an der Werk-zeugoberfläche und die Temperaturverteilung unterhalb der geschliffenen Werk-stückoberfläche.

Des Ruisseaux und Zerkle [DesR70] verwenden ähnlich wie in [Malk74] den Ansatz, daß sich die Schleiftemperatur aus der Spanbildungstemperatur der linearen Scher-ebene am Einzelkorn und der Schleiftemperatur innerhalb der Kontaktzone durch die im Eingriff befindlichen Schleifkörner zusammensetzt. Beide Autoren unterstreichen den Unterschied zwischen der Temperatur am Span und der Temperatur, die die bearbeitete Werkstückoberfläche an einem Punkt unterhalb des Kontaktbogens er-fährt. Unter Anwendung des Modells von Jäger [Jäge42] kommen sie zu dem Schluß, daß die Spanbildungstemperatur in der Scherebene bedeutend größer sein kann, als die Temperatur, die sich in geringer Entfernung zur Spanbildungsstelle aus-bildet und letztendlich über die Bauteilqualität entscheidet.

Ausgehend von einem Modell einer kreisbogenförmigen Temperaturverteilung unter-sucht Werner den Einfluß der wichtigsten Schleifparameter auf die Wärmebeeinflus-sung in der überschliffenen Werkstückrandzone. Ein dreieckiges, quasistationäres Wärmequellenprofil leitet er als Ersatzmodell für die Wärmeerzeugung aus der Kine-matik des Schleifprozesses ab [Wern71] und gewichtet damit die zu- und ab-nehmenden Anteile der Reib- und Spanbildungsarbeit über die Kontaktlänge. Die sich zur Aufrechterhaltung der Spanbildung in der Kontaktzone einstellende Spanbil-dungsgleichgewichtstemperatur definiert er mit Hilfe des Formänderungswider-standes.

Steffens [Stef83] diskutiert für sein Modell zur Beschreibung der thermischen Vor-gänge in der Kontaktzone drei verschiedene Temperaturen. Neben der mittleren Kontaktzonentemperatur, die das Schleifkorn beim Eintritt in das vorgewärmte Ma-terial vorfindet, definiert er eine momentane Kontaktzonentemperatur und eine Span-temperatur. Aus numerischen Gründen berücksichtigt er für sein Modell jedoch nur die mittlere Kontaktzonentemperatur nach Takazawa und Maris.

Der Einfluß des Kühlschmierstoffs und der Wärmeabtransport mit den Spänen wer-den in [Rowe88] untersucht. Um die Wärmeumsetzung am Schleifkorn zu be-schreiben, wird auch der Einfluß einer Schleifscheibenverformung betrachtet. Bei diesen Untersuchungen werden Grenzwerte zur Erklärung der Schleifbrandent-stehung ermittelt. Eine Besonderheit ist die Verwendung des Wärmeumwandlungs-faktors, bei dessen Bestimmung der Wärmeabfluß in das Schleifwerkzeug und in das Werkstück bei Vorliegen einer mittleren Kontaktzonentemperatur berücksichtigt wird.

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Lavine, Malkin und Jen bestimmen unter Verwendung der Modellvorstellung von Jäger [Jäge42] speziell für CBN-Schleifscheiben das kritische, spezifische Zeitspan-volumen Q´w [Lavi89]. Ausgangspunkt ihrer Modellbetrachtung ist die Annahme einer kritischen Kontaktzonentemperatur, bei deren Überschreiten eine Randzonenschädi-gung auftritt und die demzufolge das Zeitspanvolumen begrenzt. Diese kritische Kontaktzonentemperatur, die sie niedriger als die Spitzentemperatur vor einem Schleifkorn einordnen, wird aus dem Zeit-Temperatur-Austenitisierungs-Schaubild des Bauteilwerkstoffs abgeleitet. Sie liegt in ihren Untersuchungen für einen unter-eutektoiden Stahl unterhalb der Ac1–Temperatur bei etwa 700°C. Unter verein-fachenden Annahmen kommen sie zu dem Ergebnis, daß aufgrund der niedrigeren spezifischen Zerspanungsenergie und aufgrund der höheren thermischen Leitfähig-keit von CBN das kritische bezogene Zeitspanvolumen um ca. das Zwanzigfache ge-steigert werden kann.

Shaw verwendet in [Shaw90] ebenfalls zur Herleitung der Oberflächentemperatur das Modell von Jäger [Jäge42]. Bei seinen Untersuchungen steht vor allem die Be-stimmung des Wärmeverteilungsfaktors für die Trocken- und die Naßbearbeitung im Vordergrund. Ausgehend von dem aus der Tribologie abgeleiteten Verständnis, zwi-schen der geometrischen Kontaktfläche und der wahren Kontaktfläche zu unter-scheiden, welche die Oberflächenvergrößerung durch die Rauheiten technischer Oberflächen berücksichtigt, unterscheidet auch er die Temperaturspitzen am Schleif-korn bzw. an Rauheitsspitzen von der gleichmäßig vorliegenden Temperatur im Kon-taktbereich.

Für die Schleifbearbeitung nicht gehärteter Bauteile wird von Brockhoff in [Broc99] die Ausnutzung der entstehenden Prozeßwärme zur Randschichthärtung mit marten-sitischer Festphasenumwandlung untersucht. Diese Art der Schleifbearbeitung, die Feinbearbeitung und Randschichthärtung miteinander in einem Fertigungsschritt kombiniert, ist unter dem Verfahrensbegriff Schleifhärten bekannt. Es ist ein wirt-schaftlich interessantes Verfahren, da es der angestrebten Verkürzung von in-dustriellen Fertigungsfolgen entgegenkommt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Ferti-gungsfolgen muß das Bauteil zur Härtung die Fertigungskette nicht verlassen. Im Idealfall wird durch das Schleifhärten in Aussicht gestellt, innerhalb einer Schleifma-schine den konventionellen Schleifprozeß mit der Schleifhärtung zu kombinieren und auf diese Weise den logistischen und fertigungstechnischen Aufwand, der durch Ein-satz einer separaten Wärmebehandlungsanlage entsteht, einzusparen. Unter Aus-nutzung der verfahrensspezifischen Spanbildungs-, Spanformungs- und Reibvor-gänge in dem Wirkbereich zwischen Werkzeug und Werkstück nutzt das Schleifhär-ten in Abhängigkeit von den Schleifbedingungen einen Teil der entstehenden Pro-zeßwärme zur Austenitisierung der Bauteilrandschicht mit anschließender Phasen-umwandlung in ein martensitisches Gefüge. In Abbildung 3 ist der Zusammenhang zwischen der Temperaturfeldentwicklung im Bauteil, die durch den Schleifhär-teprozeß hervorgerufen wird, dargestellt. Ähnlich wie bei Untersuchungen zum Laserstrahlhärten [Amen90] läuft im Temperaturfeld an der Vorderseite des erhitzten Kontaktbereiches mit der Länge lg eine Perlit-Auflösungsfront (in Abbildung 3 nicht dargestellt) mit der tangentialen Vorschubgeschwindigkeit vft. Beim Erreichen der aus dem Zeit-Temperatur-Austenitisierungs-Schaubild (ZTA) bekannten lokalen Um-wandlungstemperatur Ac1 beginnt sich das Ausgangsgefüge in Austenit umzuwan-deln. Verursacht durch den kühleren Bauteilkern, und soweit nicht zusätzlich durch äußeren Kühlschmierstoffzufuhr unterstützt, fließt die Wärme von der Randschicht in

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das Bauteilinnere ab und sorgt für eine Selbstabschreckung. In Abhängigkeit von der vorliegenden Abkühlbedingung wandelt sich der Austenit in ein Härtungsgefüge um.

ZWerkstück

wär

me

beei

n-

fluß

te Z

one

Ausgangs-gefüge

Isothermen

T1 T2

T2

vft

X

PKSS

PSp KSS Düse

lg

Schleifscheibe

Psvs

ap

Pw

Boe125

aeKSS+Späne

Abbildung 3: Temperaturfeldentwicklung beim Schleifhärten

3.1.5 Technologische Kenngrößen als Beurteilungskriterien für das Schleif-ergebnis

Anhand der Ausgangsgrößen wird das Schleifergebnis beurteilt. Dazu gehören die geometrischen Veränderungen der Bauteiloberfläche wie Form- und Maßhaltigkeit, Welligkeit und Rauheit. Zu den Beurteilungskriterien der Schleifscheibe gehören bei-spielsweise Veränderungen der Schleifscheibentopographie, der makroskopische Werkzeugverschleiß und der Zusetzungsgrad. Zusammensetzung, Verschmutzungs-grad und Viskositätsveränderung sind Ausgangsgrößen, die den Kühlschmierstoff charakterisieren. Da es aufgrund der thermischen, mechanischen und chemischen Vorgänge der schleiftechnischen Bearbeitung außerdem zu einer Beeinflussung der Werkstoffeigenschaften an der Bauteiloberfläche sowie den randzonennahen Be-reichen kommt, werden die physikalischen und chemischen Eigenschaften, welche Angaben über die Härte- und Eigenspannungsverteilung und die Gefügeausbildung machen, zu den Ausgangsgrößen gezählt. Abbildung 4 zeigt in diesem Zusammen-hang eine Übersicht nach [Brin91] über die beim Schleifen möglichen Einwirkungen auf die Bauteiloberfläche.

σ

σ

Risse

Härte

Gefüge

Textur

HV

bearbeitete Oberfläche

Eigen-spannungen

Abbildung 4: Randzonenbeeinflussung beim Schleifen [Brin91]

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Die Beschreibung der Randzoneneigenschaften einer schleiftechnisch hergestellten Bauteiloberfläche anhand der physikalischen und technologischen Kenngrößen kann in unterschiedlichen Bereichen der Werkstoffoberfläche [Schm36, Wein89] und mit unterschiedlichen Meßmethoden [Karp95, Lucc98] durchgeführt werden. Nach [Schm36] läßt sich eine technische Oberfläche in eine äußere, artfremde und eine innere, arteigene Grenzschicht unterteilen. Beiden Grenzschichten lassen sich ver-schiedene Merkmale zuordnen, die einen Einfluß auf das Bauteilverhalten besitzen. Dabei ist wichtig zu unterscheiden, daß durch die in der Kontaktzone vorliegende konzentrierte Energieumsetzung hinsichtlich des späteren Funktionsverhaltens des Bauteils eine sowohl positive, wie auch negative Beeinflussung ausgeübt werden kann. Negative Veränderungen an gehärteten Stahlwerkstoffen lassen sich durch ei-nen Härteabfall oder Neuhärtungszonen nachweisen und führen zu Zugeigenspan-nungen und Rissen. Sofern die innere Grenzschicht keine ausgeprägten Druckeigen-spannungen aufweist, vollzieht sich die Anrißbildung bei Wechselbeanspruchung und Dauerwälzbeanspruchungen innerhalb der inneren Grenzschicht. Positive Verän-derungen der Randzone können beispielsweise Härtesteigerungen als Folge marten-sitischer Gefügeumwandlungen ungehärteter Werkstoffe sein, denen Druckeigen-spannungen überlagert sind.

Den Schleifprozeß hinsichtlich den aufgezeigten technologischen Merkmalen der Bauteiloberfläche zu beurteilen, ist heute – mangels zur in-prozeß Messung ge-eigneter Sensorik – nur auf iterativem Weg unter Auswertung vieler Versuchsreihen und unter Zuhilfenahme zeitaufwendiger Analysenmethoden nach der eigentlichen Bearbeitung möglich [Czen97]. Abbildung 5 zeigt nach [Karp95] eine Auswahl an Methoden zur Randschichtanalyse.

Stö 0126

Bestimmung der Randzoneneigenschaften

F

visuelleKontrolle

Ätztests

Rißprüfungen

röntgenographischeAnalysen

Härteprüfungen

Metallographie

A

industriell angewandteMethoden Labormethoden neue zerstörungsfreie

Technik

photothermischeWerkstückdiagnose

UltraschallLaufzeitverfahren

mikromagnetischeWerkstückdiagnose

Abbildung 5: Methoden zur Randschichtanalyse nach [Karp95]

Zur Charakterisierung der Randzone können beispielsweise optische Verfahren (z. B. photothermische Messungen [Reig97], Streulichtsensoren oder Laserscanner) oder mechanische Verfahren (z. B. Mikrometerschrauben) für die Charakterisierung

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der Bauteilgeometrie eingesetzt werden. Auch können Meß- und Rauheitstaster oder Rasterelektronenmikroskope zum Einsatz kommen. Die bei der Charakterisierung der Randzonenbeschaffenheit geschliffener Bauteile verwendeten Verfahren (Farb-eindringverfahren, Magnetpulververfahren, Wirbelstromverfahren, Rißtiefenprüfver-fahren durch Potentialmessung zur Tiefenvermessung bereits erkannter Risse) wer-den allerdings nur stichprobenartig eingesetzt und können zum Teil erst Stunden nach der eigentlichen Schleifbearbeitung Aussagen über die gefertigte Bauteilqualität liefern. Ähnlich verhält es sich mit der hochauflösenden Methode der Röntgen-diffraktrometrie zur Textur-, Phasenanteil- und Eigenspannungsanalyse [Brin82, Hein99], der mikromagnetischen Analyse auf Basis des Barkhausenrauschens, der Bestimmung der Oberflächenhärte, der Härtetiefenverläufe und der metallographi-schen Untersuchungen. Durch die nachträgliche Bestimmung unterschiedlicher Be-arbeitungsmerkmale ist jedoch nicht sichergestellt, ob in den nachfolgenden Schleif-bearbeitungen die richtige Stellgrößenkombination zur Veränderung der Randzonen-eigenschaften gewählt werden, da sich die zeit- und prozeßabhängigen Zusammen-hänge der Bearbeitung bislang auf empirische Erfahrungswerte stützen und nicht in ihrer Gesamtheit beherrschbar sind.

3.2 Meßtechnische Verfahren zur Charakterisierung von Prozeßgrößen

Im folgenden werden die meßtechnischen Verfahren zur in-prozeß Charakterisierung von Schleifprozessen vorgestellt und diskutiert. Zur Gegenüberstellung der verschie-denen Ansätze wird dazu eine Unterteilung in werkzeugseitige und werkstückseitige Verfahren vorgenommen. Als werkstückseitige Verfahren werden alle Meßverfahren bezeichnet, die sich ortsfest zur Prozeßumgebung befinden. Dagegen werden alle Meßverfahren als werkzeugseitig bezeichnet, die an das Werkzeug gebunden sind, also ganz oder teilweise mit dem Werkzeug rotieren.

3.2.1 Werkstückseitige Verfahren

Zur näherungsweisen Beschreibung des Bearbeitungszustandes werden in der Schleiftechnik häufig werkstückseitige Meßsysteme verwendet, die an zugänglichen Orten innerhalb der Bearbeitungsumgebung Meßgrößen erfassen, die den Zustand oder Teilbereiche des Schleifprozesses gut repräsentieren [Brin90, Ueda93, Brin98a, Jemi99]. Dabei werden häufig wegen der im Verfahren begründeten, schwierigen Prozeßverhältnisse Meßverfahren oder –anordnungen zur Erkennung indirekter Prozeßmerkmale genutzt, um mit deren Hilfe die direkte Messung der Prozeßgrößen zu ersetzen [West94, Byrn95, Golz95, Chuk96, Kozi98]. Doch indirekte Meß-verfahren, die beispielsweise geometrische Formänderungen durch Wärmeaus-dehnungen [Kapp90], die Änderung der Spindelleistung [Töns92] oder der Vorschubantriebe, Drehmomentveränderungen der Spindeln oder Kraft-Neben-schlußanordnungen (induktive Wegmeßsysteme, Dehnungsmeßstreifen (DMS), Kraftmeßdübel, Kraft-Meßplattform, ...) verwenden, stellen nur einen Kompromiß dar, denn ihre Verwendung ist durch ihr Funktionsprinzip, ihre unzureichende Empfind-lichkeit, Temperaturabhängigkeiten und vor allem durch den entfernten Meßort, der eine aufwendige Analyse des Verformungsverhaltens am Einbauort oder die Berücksichtigung reibungsbehafteter Störgrößen voraussetzt, eingeschränkt [Köni89, Köni93]. Darüber hinaus ist die Übertragbarkeit von Stell- und Systemgrößen von einem Schleifprozeß auf andere Prozeßverhältnisse in Frage gestellt, so daß Ver-gleichsuntersuchungen den Gültigkeitsbereich und die Aussagekraft der Meßgrößen sicherstellen müssen.

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Eine zumindest im Laborbereich sehr häufig verwendete Meßanordnung stellt die Verwendung einer piezoelektrischen Kraftmeßplatte dar, die im direkten Kraftfluß zwischen Werkstück und Aufspanntisch angeordnet wird. Die Verwendung des piezoelektrischen Meßprinzips innerhalb des Mehrkomponenten-Kraftaufnehmers ermöglicht dabei die sehr schnelle und nahezu weglose Messung von Betrag und Richtung der auf das Werkstück wirkenden Prozeßkräfte. Durch die Belastung mit einer Kraft gibt der Sensor eine proportionale Ladung ab, die über einen Ladungsver-stärker aufbereitet wird. Piezoelektrische Sensoren zeichnen sich insbesondere durch eine gute Linearität, dynamische Eigenschaften und einen großen Meßbereich aus. Obgleich nicht so empfindlich wie piezoelektrische Sensoren, findet auch die Kraftmessung unter Verwendung von DMS weite Verbreitung. Sie basiert auf der Bestimmung der elektrischen Widerstandsänderung eines dünnen Drahtes. Dabei werden verschiedene Meßanordnungen innerhalb der Werkzeugmaschine genutzt, beispielsweise an den Zentrierspitzen zur Werkstückaufnahme. Bei dieser Meß-technik kann eine Temperaturstellenkompensation genutzt werden, die es erlaubt, die Messung auch unabhängig von Temperaturänderungen durchzuführen. Ebenso können mittels DMS, anders als bei dem piezoelektrischen Meßprinzip, quasista-tionäre Kraftmessungen durchgeführt werden.

Eine Übersicht über verschiedene Meßanordnungen zur Prozeßcharakterisierung ist in Abbildung 6 beispielgebend aufgeführt.

Boe098

Kraftmeßplatte[Kist92]

MaschinentischWerkstück

Integriertes Thermoelement[Choi85, Rowe98]

AE Sensor [Prom00]

Eigenspannungssensor(mikromagnetisch) [Töns93]

Werkzeugverschleißsensoren[Hoff00, Köni77/1, Töns93]

Thermoelement (Schneidfähigkeit)[Kozi98]

Diamantspitze (Topographie)[Opit64]

Berührungssensor (Temperatur)[Cogd91]

Thermische Verformungen[Szaf94]

Wärmestrahlungssensor[Hoff00, Butt70]

AE Sensor[Hund96, Wern91]

Oberflächensensor (Topographie)[Wern91]

Wärmestrahlung(Werkzeugoberfläche)

[Ueda93]

Sensor für thermische Deformation[Kapp90]

Drehmoment/Kraftsensor (Strom)[Arti00]

Abbildung 6: Auswahl von Sensoranordnungen in der Prozeßumgebung zur

werkstückseitigen Prozeß- und Kenngrößenerfassung

Eine Meßgröße, die zwar nicht direkt die Schleifkräfte erfaßt, den Zustand des Schleifprozesses aber gut repräsentiert und sich einfach ermitteln läßt, bietet die Körperschallanalyse [Meye91, Hund96]. Über sie wird eine Korrelation zwischen der Schleifkraft und –leistung ermöglicht. Voraussetzung ist allerdings die entstehungs-nahe Anordnung des Sensors, da sich mit zunehmender Entfernung zur Kontaktzone das Verhältnis von Nutz- zu Störsignalen verschlechtert. Daher werden neben der werkstückseitigen Anordnung der Sensoren auch werkzeugseitige Sensoran-ordnungen gewählt [Inas97]. In der Industrie werden AE-Signale vorwiegend zur An-schnitterkennung bzw. zum Verkürzen der Leerlaufphasen verwendet [Inas85,

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Bode87]. Dazu wird der Körperschall in schneller Folge gemessen. Nach der Überschreitung eines festgelegten Schwellwertes und der Überprüfung der An-stiegscharakteristik wird die Anschnitterkennung der Maschinensteuerung gemeldet. Darüber hinaus sind weiterführende Ansätze bekannt, die versuchen, die Körper-schallanalyse zum Abbau von Unrundheiten, zur Charakterisierung des Zeitspanvo-lumens, des Eigenspannungszustands der geschliffenen Bauteilrandschicht, der Schleifkräfte, des Abrichtens und des Leistungsanteils, der als Wärme in das Bauteil fließt, weiterzuentwickeln [Inas85, Töns91, Popp92, Memi96, Karp00].

Neben den verschiedenen Meßanordnungen zur Bestimmung der Schleifkräfte sind unterschiedliche Verfahren zur Messung der örtlich und zeitlich vorliegenden Kontaktzonentemperaturen bekannt. Um die thermische Randzonenbeeinflussung von Bauteilen während der schleifenden Bearbeitung zu bestimmen, werden wegen ihrer einfachen Handhabung und dem gutem Ansprechverhalten sehr häufig Ther-moelemente eingesetzt [Pekl57, Panh75, Lowi80, Stef82, Töns85, Cogd91, Töns92].

Werden zwei Leiter aus unterschiedlichen Materialien durch eine Lötstelle verbunden, so tritt in einem Temperaturgefälle nach der elektrischen Spannungs-reihe eine Thermospannung auf. Damit die Thermospannung einen Stromfluß be-wirken kann, werden die beiden Leiter am anderen Ende ebenfalls miteinander ver-bunden, so daß ein geschlossener Stromkreis entsteht, siehe Abbildung 7. Die sich einstellende Thermospannung ist von den Materialeigenschaften des Metallpaars und der Temperaturdifferenz zwischen dem „heißen“ (Temperatur ϑ1) und dem „kal-ten“ (Temperatur ϑ0) Ende der Leiter abhängig. Ihre Meßgenauigkeit wird im Mittel zu ±0.75% vom Meßbereich angegeben.

Fe

Cu

Cu

CuNi

ϑ1ϑ0

Boe489 Abbildung 7: Funktionsprinzip eines Thermoelements Die experimentelle Bestimmung der innerhalb der Kontaktzone vorliegenden Temperatur ist allerdings sehr aufwendig. Zu Forschungszwecken wird des öfteren die Temperaturmessung so durchgeführt, daß ein Thermoelement in der Schleif-scheibe und/oder im Werkstück in der Nähe der Oberfläche angeordnet wird [Yaki64, Grof77, Bran78, Choi86, Rowe95, Obik96]. Je nachdem, ob die zusätzlich integrierten Bestandteile des Temperatursensors aus zwei oder einem metallischen Leiter bestehen, spricht man von einem Zwei- oder Eindraht-Thermoelement. Bei der Eindraht-Methode bildet der metallische Werkstoff (z. B. Fe) des Bauteils selbst einen Leiter, der andere Leiter (z. B. CuNi) wird durch das Werkstück oder durch das Werkzeug zum Meßort geführt. Ein weiteres Unterscheidungsmerkmal ergibt sich bei thermoelektrischen Temperaturmessungen durch die Verbindungsstelle des Ther-moelements. Je nachdem, ob eine feste Verbindungsstelle vorliegt oder die

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Kontaktierung der Thermoschenkel durch den Überschliff erfolgt, lassen sich „offene“ und „geschlossene“ Anordnungen unterscheiden.

In der schleiftechnischen Anwendung sind die Zweidraht-Thermoelemente wegen der Gestaltung der Sensoren eher unzweckmäßig, da diese nach dem Überschliff zerstört werden und kein Temperatursignal mehr liefern. Die durch die Integration von Thermoelementen in das Werkstück eingebrachten Störstellen behindern zudem einen ungestörten Wärmeabfluß in das Innere. Dies bewirkt einen Meßfehler, da die gemessene Temperatur bis zum Dreifachen der wirklichen Werkstückoberflächen-temperatur liegen kann [Obik96]. Um genauere Meßwerte aus der Kontaktzone zu erhalten, verwendeten in der Vergangenheit mehrere wissenschaftliche Arbeits-gruppen daher die thermoelektrische Temperaturmessung nach der Eindraht-Methode. Durch den physikalischen Kontakt zwischen dem zusätzlich eingebrachten Leiter und der Bauteiloberfläche wird das Werkstück selber zum Träger thermo-elektrischer Eigenschaften. Jedoch ist bei der Eindraht-Methode eine sehr aufwen-dige Kalibrierung der Meßanordnung erforderlich [Bran78]. Isolierte Folien, die mit dem Werkstück ein Thermoelement bilden, behindern außerdem den ungestörten Wärmeabfluß durch die notwendige Teilung des Werkstücks. Beispielgebend stellt Abbildung 8 aus der Literatur entnommene Anordnungen von Zwei- oder Eindraht-Thermoelementen im Werkstück dar.

WerkstückCk 45

Pt-Draht

Verbindungsstelle des Thermoelementes

Isolierung

Schleifscheibe

Schutzmantel

Werkstück

Thermoelement

Isolierung

Schleifscheibe

Eindraht-Methodeoffene Anordnung

Zweidraht-Methodegeschlossene Anordnung

Boe492

Verbindungsstelle

Abbildung 8: Beispielgebende Anordnungen von Thermoelementen für die werkstückseitige

Temperaturmessung nach [Pekl57] und [Grof77]

Neben der Ausnutzung thermoelektrischer Effekte sind weitere Meßverfahren zur werkstückseitigen Kontaktzonentemperaturbestimmung entwickelt worden, obgleich mit ihrer Anwendung eine Fülle von Einschränkungen einhergehen. Die Bestimmung der Kontaktzonentemperatur mit Hilfe emittierter Wärmestrahlung ist ebenso bekannt [Butt70] wie Verfahren, die die Wärmeausdehnung des Bauteils berücksichtigen, mit Thermomeßfarben oder Metallen bekannter Schmelztemperatur arbeiten.

Verfahren, die mit dem Prinzip der optischen Wärmestrahlungsmessung arbeiten, haben zwar den Vorteil, daß sie eine berührungslose Temperaturmessung erlauben.

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3 Stand der Kenntnisse bei der Beurteilung von Schleifprozessen

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Allerdings sind aus physikalischen Gründen pyrometrische Messungen sehr proble-matisch, da die Kontaktzone durch Werkstück und Werkzeug verdeckt wird. Pyro-metrisch läßt sich erst hinter oder neben der Kontaktzone messen, wenn die Werk-stückoberfläche zugänglich ist [Ueda93]. In diesem Augenblick verändert sich die Temperatur der überschliffenen Bauteiloberfläche bereits durch Wärmestrahlung und Wärmeleitung. Die gemessene Temperatur hängt dabei von den geometrischen Ver-hältnissen, der Rückstrahlung durch die Umgebung und dem Emissionskoeffizienten ab. Sie liegt in jedem Fall unter der zu bestimmenden Kontaktzonentemperatur. Aus den genannten Gründen finden pyrometrische Temperaturmessungen in der Schleif-technik nur selten Anwendung.

Zu den zerstörungsfreien, berührenden Meßverfahren, deren Meßprinzip auf Stoff-umwandlungsvorgängen basiert, zählen beispielsweise Temperaturmessungen mit Farbanstrichen (Temperaturumschlagfarben). Bei diesen handelt es sich um tem-peraturempfindliche Anstriche, die neben die zu überschleifende Probenoberfläche aufgebracht werden und bei Überschreiten einer diskreten Temperaturschwelle auf-grund von thermochemischen Reaktionen ihre Farbe ändern. Anstelle von Tempera-turumschlagfarben können auch Werkstoffe mit bekannter Schmelztemperatur ver-wendet werden. Der Vorteil dieser Meßmethoden ist die einfache Durchführung der Temperaturmessung. Der entscheidende Nachteil liegt aber in dem unzureichenden Informationsgehalt der Temperaturmessung, die durch sehr hohe Ansprechzeiten (Laufzeit einer chemischen Reaktion) und dem einmaligen, die maximale Temperatur anzeigenden Farbumschlag bedingt ist. Dieser Nachteil macht eine industrielle An-wendung des Verfahrens kaum sinnvoll.

3.2.2 Werkzeugseitige Verfahren

Im Bereich der geometrisch bestimmten Zerspanung ist die werkzeugseitige Inte-gration von Sensoren in das stehende Werkzeug Gegenstand zahlreicher For-schungsarbeiten [Töns95, Feld95, Kloc96, Nord00]. Auch aus dem Bereich der geometrisch unbestimmten Zerspanung sind Bestrebungen bekannt, Informationen werkzeugseitig aus rotierenden (Schleif-) Werkzeugen zu gewinnen. Die Meßgrößen-erfassung an rotierenden Schleifscheiben stellt sich allerdings als besonders an-spruchsvoll dar, da die den Prozeß bestimmenden Meßgrößen in unmittelbarer Um-gebung der Kontaktzone zwischen Werkzeug und Werkstück zu bestimmen sind und somit die Sensorik ein Teil des verschleißenden Werkzeugs für die Erfüllung der Meßaufgabe werden muß.

Trotzdem haben in der Vergangenheit eine Reihe von wissenschaftlichen Arbeits-gruppen an Methoden gearbeitet, das Werkzeug selber Bestandteil der Meßkette werden zu lassen [Kien57, Hugh66, Lebe73, Oest74, Zhab77, Quir80, Cumm84, Post88, Nori90, Post90, Inas93, Hamm98, Varg00]. Ausgangspunkt ihrer Arbeiten war u.a. die Notwendigkeit, die Prozeßgrößen bauteil- und prozeßunabhängig an der Entstehungsstelle bei gleichzeitiger Steigerung der Signalqualität im Vergleich zu werkstückseitigen Verfahren zu messen. Die erprobten Ansätze dienten vorwiegend Forschungszwecken und waren aufgrund verschiedener Einschränkungen und Schwerpunktlegungen nicht für den industriellen Bereich geeignet.

Zwangsläufig steigt bei den rotierenden Meßsystemen im Vergleich zu nichtro-tierenden Werkzeugen der Aufwand zum Aufbau der Meßkette an. Die oben zitierten

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3 Stand der Kenntnisse bei der Beurteilung von Schleifprozessen

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Arbeiten nutzen sowohl drahtlose als auch berührende Übertragungstechniken. Während in [Cumm84] eine optische Übertragung vorgeschlagen wird, werden in [Varg00] und [Inas93] drahtlose Radiotelemetriesysteme erfolgreich eingesetzt. Ebenso ist die Verwendung eines Schleifringübertragungssystems aus [Hugh66, Kien57] und einer Quecksilberdrehstromübertragung aus [Quir80] bekannt. Yakimov hingegen nutzt eine mechanische Signalübertragung über die konische Spindelspitze [Yaki64]. Eine Zusammenstellung über die bisher bekannten Ansätze der werkzeug-seitigen Meßgrößenerfassung findet sich in Abbildung 9.

Boe007

mitrotierende Glasfaser und stationärer

Wärmestrahlungssensor[Cumm84]

Folienthermoelement[Oest74]

Folienthermoschenkel in Teilungsebene

[Sili75]

Draht-Thermoschenkel[Yaki64]

(Normal-) Kraftsensor[Varg00]

Körperschallsensoren[Inas93, ]Varg00

Dehnungsmeßstreifen[Hamm98, Hugh66, Kien57, ]Quir80

Dünnblech-/Folien-Thermoelement

[Lebe73, Post88]

Thermoelement[Nori90]

Abbildung 9: Auswahl in die Schleifscheibe integrierter Sensoren zur werkzeugseitigen

Prozeßgrößenerfassung

Hammann [Hamm98] verwendet für seine Untersuchungen zum Aufbau einer kraft-geregelten Schleifbearbeitung für Schleifteller einen in das rotierende Schleifwerk-zeug integrierten DMS-Kraftsensor. Für seine Untersuchungen wählt er eine vor-spannungsfreie Anordnung des Sensors zwischen dem elastischen Schleifteller und dem Schleifblatt. Bei Variation der Drehzahl ohne Werkzeugeingriff zeigt sich eine fliehkraftbedingte Beeinflussung, die durch die Kontaktkraft abgebaut werden muß.

Kienzle und Münnich applizieren zur Dehnungsmessung Dehnungsmeßstreifen an die Seitenflächen von Schleifkörpern [Kien57]. Mit diesem Ansatz untersuchen sie das Festigkeitsverhalten von Schleifscheiben gegenüber Flieh- und Bearbeitungs-kräften. Dabei zeigen sie, daß die aus den gemessenen Dehnungen berechneten Spannungen eine gute Übereinstimmung mit den errechneten Spannungen auf-weisen.

Hughes und Richards untersuchen in [Hugh66] die radialen und tangentialen Spannungen und die Torsionsspannungen kunstharzgebundener Diamantschleif-scheiben während der Bearbeitung. Dazu bringen sie jeweils zwei Dehnungs-meßstreifen an beide Seitenflächen der Schleifscheiben an. Sie stellen bei ihren Untersuchungen die Abhängigkeit der Spannungsamplituden von der Form der Diamantkörner und ihrer Verteilung, der Richtung der Vorschubgeschwindigkeit und der Eingriffsbreite fest.

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3 Stand der Kenntnisse bei der Beurteilung von Schleifprozessen

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Einen ähnlichen Ansatz wie [Kien57] und [Hugh66] verwendet Quiroga zur Be-stimmung der Kontaktspannungs- und Verformungsverteilung in Schleifscheiben [Quir80]. Mit der Applizierung mehrerer Dehnungsmeßstreifen in radialer und tangentialer Vorzugsrichtung analysiert er die Dehnungen und Spannungen im Schleifscheibenkörper in Abhängigkeit verschiedener Stellgrößen.

Varghese und Malkin nutzen über den Umfang einer segmentierten Schleifscheibe verteilte Piezokeramiken in einer Kraftnebenschlußanordnung zur Normalkraftbe-stimmung. Daneben verwenden sie baugleiche, in den Aluminiumgrundkörper ein-gebaute Piezokeramiken zur Körperschallmessung. Unter Verwendung dieses Auf-baus zeigen sie die grundsätzliche Eignung des sensorintegrierten Werkzeugs zur Anschnitterkennung, zur Rundheitsprüfung und zur werkzeugseitigen in-prozeß Überwachung der Schleifbearbeitung unter Einbeziehung der Normalkraft [Varg00].

Karpuschewski nutzt die AE-Signale eines in einer CBN-Schleifscheibe applizierten Sensors zur Prozeßüberwachung. Diese Signale dienen neben anderen werkstück-seitig gewonnenen Signalen als Eingangsgrößen für ein Überwachungssystem für das Konditionieren (Anschnitterkennung, Abrichtüberwachung) und das Erkennen von Werkzeugverschleiß [Karp00]. Diesen Arbeiten sind die Forschungen von Inasaki vorangegangen, der in [Inas93, Inas95, Inas97] die werkzeugseitige Er-fassung von AE-Signalen vorstellt. Sie finden Eingang in ein intelligentes Schleifbear-beitungssystem, welches unter Einbindung von Fuzzy-Algorithmen und Neuronalen Netzen die Verarbeitung und Speicherung der Sensorsignale zur Prozeßoptimierung nutzt.

Aus [Yaki64] ist der erste Ansatz bekannt, werkzeugseitig die Temperatur in der Kontaktzone während der Schleifbearbeitung zu messen. Für die Untersuchungen sind in die Schleifscheibe Drähte aus einer Nickel-Chrom-Legierung eingepreßt, die nach der Eindraht-Methode mit dem Werkstück in einer offenen Anordnung ein dyna-misches Thermoelement bilden. Die sich ausbildende Thermospannung wird mit einer mechanischen Vorrichtung über die Spitze der rotierenden Spindel übertragen. Da sich das Werkstück als Teil der Meßkette während der Messung erwärmt, ist bei diesem Verfahren der Aufwand zur Kalibrierung des Thermoelement-Systems zwi-schen Schleifscheibe und Werkstück beträchtlich.

Der erste werkzeugseitige Ansatz, die Temperatur aus der Kontaktzone mit einem Thermoelement in einer offenen Anordnung nach der Zwei-Drahtmethode zu messen, ist aus [Lebe73] bekannt. Die hier vorgestellte Lösung sieht das Anbringen von flächigen Temperatursensoren in radialen Schlitzen einer entsprechend prä-parierten konventionellen Schleifscheibe vor. Die speziell für diese Aufgabe ent-wickelten Dünnblech-Thermoelemente sind durch eine glasartige Zwischenschicht voneinander isoliert und müssen durch aufwendige Kalibrierung und Ermittlung von Korrekturfaktoren auf den spezifischen Bearbeitungsprozeß angepaßt werden. In praktischen Schleifversuchen wird die prinzipielle Anwendbarkeit der entwickelten Anordnung im untersuchten Anwendungsfall zur Temperaturbestimmung nachge-wiesen, obwohl sich die dünnen Bleche bei Werkzeugrotation radial bewegen können. Eine industrielle Verwendung dieses Meßsystems ist jedoch nicht bekannt.

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3 Stand der Kenntnisse bei der Beurteilung von Schleifprozessen

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Oesterle stellt in [Oest74] einen Ansatz zur werkzeugseitigen Messung der Arbeits-temperaturen für Seitenschleifprozesse vor. Mit Hilfe von thermoelektrisch arbeiten-den Folien, die nach der Zwei-Drahtmethode aufgebaut und an einer Seitenfläche der Schleifscheibe angebracht sind, besteht allerdings nur die Möglichkeit, die Temperatur neben dem Werkzeug und damit außerhalb der Kontaktfläche zu messen.

Silin stellt in [Sili75] die werkzeugseitige Einbindung einer Folie in die Teilungsebene einer Schleifscheibe vor. Zwar stellt die Teilung des Werkzeugs einen erheblichen Eingriff in das Werkzeug dar, durch diese Anordnung kann aber der ständige thermische Kontakt zwischen dem rotierenden Teil des Thermoelements und dem Werkstück ausgenutzt werden. Für weiterführende Untersuchungen schlägt Silin die alternative Verwendung einer aufgedampften Schicht an die Stirnseite des Werk-zeugs vor.

Für Untersuchungen zur Bestimmung der Kontaktzonentemperatur verwendet Zhabokrickij in [Zhab77] die Integration eines verschleißenden Folienthermoele-ments. Die Untersuchungen zeigen eine Abhängigkeit der Signalhöhe des Thermo-elements von den elektrischen und thermischen Widerständen. Bei hohen Schleif-kräften kann ein geringer Wärmewiderstand festgestellt werden. Geringe Zu-stellungen bis zu ae= 10 µm führen wiederum zu stark anwachsenden Wärmewider-ständen und müssen korrigiert werden.

Postrigajlo stellt in [Post88] ein Verfahren zur werkzeugseitigen Temperaturmessung für die Schleifbearbeitung von Evolventenverzahnungen vor. Darin sieht er Platten-elektroden vor, die in geschlitzten Nuten einer konventionellen Schleifscheibe ange-ordnet und durch eine Keramik voneinander getrennt sind. Die Elektroden des Thermoelements werden durch das Werkstück während der Bearbeitung überbrückt und liefern nach dem thermoelektrischen Prinzip eine der Temperatur in der Kontaktzone proportionale Spannung an eine Auswerteelektronik. Um die Signal-dauer über die Kontaktzeit hinaus zu verlängern, schlägt er die Anordnung der Plat-tenelektroden unter einem Winkel zur Rotationsachse vor. Zur Abschätzung dieses Winkels gibt Postrigajlo eine Beziehung an, die von der Schleifscheiben-umfangsgeschwindigkeit vs, dem Schleifscheibendurchmesser ds, der Zeitkonstante T des Thermoelements und dem Modul des Zahnrades abhängt. Eine Weiterentwicklung dieses Ansatzes wird in [Post90] ausgeführt. Darin wird die Notwendigkeit in den Mittelpunkt gestellt, die Masse der Plattenelektroden zu re-duzieren, um zum einen den Einfluß der Plattenelektroden auf die Bearbeitungs-qualität der geschliffenen Bauteiloberfläche zu reduzieren. Andererseits wird darauf hingewiesen, daß die Massenreduzierung zu einer besseren Unterscheidung zwi-schen den periodischen, durch den Kontakt mit dem Werkstück hervorgerufenen Signalanteile und den statischen Signalanteilen, die von der ganzheitlichen Erwär-mung der Schleifscheibe erzeugt werden, führt. Darüber hinaus wird der Ansatz zu einer kammartigen Anordnung der Elektroden weitergeführt.

Eine werkzeugseitige Temperaturmessung, die nicht auf dem thermoelektrischen Effekt beruht, sondern auf der Basis der Wärmestrahlungsmessung arbeitet, wird von Wohlmath in [Cumm84] vorgeschlagen. Darin sieht er die Integration eines Wärme-

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3 Stand der Kenntnisse bei der Beurteilung von Schleifprozessen

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strahlungsleiters vor, der auf der Schleifscheibenoberfläche zusammen mit dem Schleifbelag verschleißt und an einer Seitenflächen der Schleifscheibe die Wärme-strahlung einem stationären Empfänger zuführt. Wie bereits bei den werkstücksei-tigen Verfahren ausgeführt, ist auch hier damit zu rechnen, daß sich die Übertra-gungseigenschaften der Strecke durch Verschmutzungen undefiniert ändern. Außer-dem ist das Emissionsvermögen in der Kontaktzone unbekannt und während der Bearbeitung zeitlich nicht konstant.

An der Größe des Aufwandes scheiterten bisher die Versuche, den Schleifkörper durch Zusätze so zu präparieren, daß er selbst Träger definierter thermoelektrischer Eigenschaften ist. Schleifkörper, die ohne Beimischung einer leitfähigen Substanz schon elektrische Leiter sind, wie beispielsweise SiC, sind bisher nur zum Bearbeiten von Spezialwerkstoffen geeignet.

Aus der Diskussion der bisher bekannten Verfahren zur Bestimmung der Prozeß-größen und –merkmale beim Schleifen wird deutlich, daß noch kein zuverlässiges und über den Laboreinsatz hinaus taugliches Verfahren zur Verfügung steht, welches die Kontaktzonentemperaturen oder die Schleifkräfte prozeß-, bauteil- und maschi-nenunabhängig aus der Kontaktzone zwischen Werkstück und Werkzeug erfassen kann. Gelingt es aber, durch geeignete Verfahren die direkte Prozeßgrößener-fassung auf das Niveau einer prozeßintegrierten Messung innerhalb der Kontaktzone zu bringen, besteht die Aussicht, die Bearbeitung des Werkstücks während des Pro-zesses zu dokumentieren, zu beurteilen und gegebenenfalls in-prozeß durch vor-gegebene Zielfunktionen eines Prozeßreglers zu korrigieren.

3.3 Modellbasierte Verfahren zur Beschreibung von Schleifprozessen

In der Vergangenheit wurden von verschiedenen wissenschaftlichen Arbeitsgruppen Methoden zur Charakterisierung von Schleifprozessen entwickelt [Töns92a]. Die meisten Modelle widmeten sich der Vorhersage der Prozeßgrößen [Jäge42, Bock94, Hoff99] und der technologischen Kenngrößen wie Spandicken [Kurr27, Mass52, Ono61, Brüc62, Snoe74, Spur84], Rauhtiefen [Sato55, Yang55, Naka67, Bier76] und Randzoneneigenschaften [Eda93]. Daneben sind u.a. Bestrebungen bekannt, auf analytischem Weg eine Vorhersage für den Schleifscheibenverschleiß zu erreichen [Wern73, Bier76, Salj84, Bock94].

Hintergrund dieser Arbeiten war stets die Absicht, durch mathematische Formu-lierungen verschiedener Wirkzusammenhänge oder durch die Herleitung und Ver-wendung verfahrensunabhängiger Kenngrößen allgemeingültige Gesetzmäßigkeiten für die Schleifbearbeitung zu finden. Eine allgemeingültige Gesetzmäßigkeit würde alternativ zur schwierigen experimentellen Bestimmung der Prozeßgrößen in Aus-sicht stellen, die gewonnenen Erkenntnisse auf andere Schleifprozeßverhältnisse übertragen zu können, um eine Prozeßführung optimal einzustellen. Da neben den Randbedingungen des betrachteten Schleifprozesses auch die zur Absicherung der theoretischen Ergebnisse verwendeten Meßaufbauten und Meßprinzipien teilweise sehr unterschiedlich gewählt wurden, erschließen die modellbasierten Verfahren hauptsächlich nur spezielle Einzelbetrachtungen. Zudem zeigt sich, daß selbst die Übertragung dieser Einzelbetrachtung auf gleichartige Anwendungsfälle mit Un-sicherheiten behaftet ist. Sie vernachlässigen häufig störgrößenbedingte Verän-derungen und den für den Schleifprozeß wichtigen, zeitlich vorgeschalteten Prozeß

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4 Problemstellung und Zielsetzung

29

des Konditionierens. Nur in Einzelfällen gehen aus dem Konditionieren spezifische Eingangsgrößen in die Modellbetrachtung mit ein. Andere Stellgrößen, wie beispiels-weise der Überdeckungsgrad, der radiale Abrichtvorschub oder das Geschwindig-keitsverhältnis für das Abrichten konnten bisher in noch nicht ausreichender Form als Eingangsgrößen in analytische Modellbetrachtungen einbezogen werden. Die ge-nannten Umstände haben dazu geführt, daß die Verwendbarkeit der Prozeßmodelle in der praktischen Anwendung bis heute nicht zum Tragen kommt.

4 Problemstellung und Zielsetzung

Aus der Diskussion zur Kausalität zwischen Eingangs- und Prozeßgrößen wird er-sichtlich, daß eine Vielzahl von Stell-, System- und Störgrößen auf den Schleifprozeß einwirken. Die Einflußgrößen lassen sich zwar durch verschiedene, teils aufwendige Maßnahmen in engen Toleranzgrenzen halten. Man kann ihre Einflußnahme auf den Schleifprozeß aber nicht zuverlässig prognostizieren, da sie veränderlich sind, sich überlagern und gegenseitig beeinflussen. Auch die Vielzahl verschiedener Mo-dellbetrachtungen zum Einfluß einzelner Eingangsgrößen ist nicht in der Lage, eine allgemeingültige Berücksichtigung aller Einflußfaktoren zur Optimierung des Schleifprozesses oder zur Einstellung gewünschter Randzoneneigenschaften zu liefern. Da es bis heute nur mit Einschränkungen möglich ist, einen definierten und reproduzierbaren Zusammenhang zwischen Eingangsgrößen und technolo-gisch/physikalischen Merkmalen in bezug auf das Arbeitsergebnis zu geben, ist häufig die konservative Wahl der Stell- und Systemgrößen, die somit nicht das vollständige Potential der Schleifbearbeitung erschließt, die Folge.

Der Schlüssel zur Kontrolle des Schleifprozesses ist daher nicht allein in der gesamt-heitlichen Beachtung der Zusammenhänge aller Eingangsgrößen zu sehen, sondern in den daraus ableitbaren Prozeßgrößen, die in überschaubarer Anzahl für eine Er-fassung und eine Verarbeitung vorliegen. Für eine lokale und zeitliche Beurteilung der thermischen und mechanischen Energieumsetzung sind sie ein geeignetes Hilfs-mittel, um gewünschte Randzoneneigenschaften in Kombination mit Kriterien zur Standzeit- oder Kostenoptimierung einzuhalten.

Die in wissenschaftlichen Untersuchungen und teilweise in industriellen Fertigungs-abläufen etablierten Verfahren zur Prozeßgrößenbestimmung beschränken sich in der Schleiftechnik größtenteils auf werkstückseitige Meßanordnungen, siehe Abbildung 10. Für die aussagekräftige Erfassung der Prozeßgrößen ist jedoch die Einbringung der Meßwertaufnehmer in der unmittelbaren Nähe der Bearbei-tungsstelle, d.h. der Kontaktzone erforderlich. Beim Ansatz der werkstückseitigen Meßanordnung bedingt diese allerdings die Präparation des Werkstücks oder der Werkzeugmaschine. Werkzeugseitige Meßanordnungen verfolgen demgegenüber den Ansatz, ohne Eingriff in das Werkstück oder Veränderung der Bearbeitungsum-gebung, Prozeßgrößen direkt aus der Kontaktzone während der Bearbeitung zu be-stimmen. Zwar sind aus der Literatur verschiedene werkzeugseitige Ansätze zur Prozeßgrößenbestimmung für die Schleifbearbeitung bekannt. Aufgrund unterschied-licher Einschränkungen sind diese aber nur in Einzeluntersuchungen und unter Laborbedingungen angewendet worden. Entwicklungsansätze, die darauf abzielen, werkzeugseitig bestimmte Prozeßgrößen zur prozeßintegrierten Überwachung während der Schleifbearbeitung heranzuziehen, sind bisher noch nicht bekannt, obwohl sie von hoher wirtschaftlicher Relevanz sind.

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5 Vorgehensweise

30

Die wissenschaftlich grundlegende Erschließung der Prozeßgrößen und ihre Nutzung als Überwachungskenngrößen durch werkzeugseitige Meßanordnungen ist daher das Ziel dieser Arbeit. Darauf aufbauend läßt die werkzeugseitige Messung der Prozeßgrößen am Entstehungsort nicht nur neue Erkenntnisse über die Energie-umsetzung innerhalb der Kontaktzone erwarten, sondern es wird auch unter der Voraussetzung einer Bauteil-, Maschinen- und Prozeßunabhängigkeit die Erfüllung einer Grundvoraussetzung für eine neue in-prozeß Kontrolle auf der Grundlage werkzeugseitiger Meßwerte in Aussicht gestellt. Das in der Zukunft auf dieser Arbeit aufbauende Ziel stellt daher die industrietaugliche Weiterentwicklung von sensorinte-grierten Schleifwerkzeugen für die Prozeßkontrolle und die Beherrschung der physi-kalischen Randzoneneigenschaften durch werkzeugseitige in-prozeß Überwachung der Prozeßgrößen dar.

Entwicklungs-stand

Meßan-ordnung

werkzeugseitigeMessung

werkstückseitigeMessung

Boe488

Zielsetzungder Arbeit

Einsatz in Labor-untersuchungen

Stand derTechnik

industrieller Einsatz

Fernziel

Stand derTechnik

Abbildung 10: Zielsetzung der Arbeit

5 Vorgehensweise

Die Entwicklungsarbeiten zum Aufbau sensorintegrierter Schleifwerkzeuge erfolgen unter Einbeziehung von segmentierten, keramisch gebundenen CBN-Schleifschei-ben. Zum einen läßt dieser Schleifscheibentyp aufgrund seines modularen Aufbaus die verhältnismäßig einfache Integration von Kraft- und Temperatursensoren zu. Zum anderen lohnt die Weiterentwicklung dieser hochwertigen Schleifwerkzeuge beson-ders, um ihr volles Potential in der automatisierten Materialbearbeitung zu nutzen.

Dazu werden zunächst die Anforderungen an die Sensorik erarbeitet und anschließend die Demonstratoren meßtechnisch und konstruktiv ausgelegt. Mit Hilfe statischer und dynamischer FE-Berechnungen wird die Auslegung zur Klärung des Struktur- und Prozeßverhaltens der Werkzeugsysteme unterstützt. Dabei werden die zu integrierenden Sensoren, soweit es technisch möglich ist, zur werkzeugseitigen Prozeßgrößenbestimmung an die Kontaktzone herangeführt. Die Erprobung der De-monstratoren, bestehend aus Schleifscheibe, Meß- und Übertragungselektronik, wird in Kapitel 8 beschrieben. Dabei steht im Vordergrund, die Machbarkeit der Erfassung von werkzeugseitigen Normal-, Tangential- und Axialkräften und Temperaturen

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6 Analyse der Meßaufgabe

31

anhand von Teilprozessen der Schleiftechnik nachzuweisen, die sich zusammen-setzen aus

• Leerlauf,

• Anschnitterkennung,

• Abrichten,

• Außenrundschleifen,

• Planschleifen.

Zusätzlich wird das Verhalten bei Werkzeugbruch untersucht. Durch die Erprobung der werkzeugseitigen Temperatur- und Krafterfassung sollen neue Möglichkeiten für die Prozeßüberwachung in der Schleiftechnik aufgezeigt werden. Aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen der experimentellen Untersuchungen sowie der Simulationen zum Werkzeugsystem werden Empfehlungen für Gestaltungsrichtlinien abgeleitet, die neue Entwicklungsansätze für ein industriell einsatzfähiges Werkzeugkonzept ermöglichen sollen, welches die Vorteile integrierter und mit Hilfe mikrosystemtechnischer Herstellungsmethoden miniaturisierter Sensoren nutzt.

6 Analyse der Meßaufgabe

Die Analyse der Meßaufgabe erfolgt durch Betrachtung der Eingriffsverhältnisse und der daraus ableitbaren Meßdynamik. Die Eingrenzung der erforderlichen Meßbe-reiche orientiert sich an den Untersuchungen verschiedener wissenschaftlicher Arbeiten. Auf der Analyse baut das Herausarbeiten der Anforderungen auf, die sensorintegrierte Schleifwerkzeuge in der schleiftechnischen Bearbeitung erfüllen müssen.

6.1 Kraftsensorik

Bei einer Anordnung eines Kraftsensors unter einem Schleifbelagsegment soll an-hand der Abbildung 11 zunächst die theoretische Eingriffszeit ∆τe bestimmt werden, während der ein werkzeugseitiges Kraftsignal zu erwarten ist. Der in die Abbildung eingetragene Punkt P stellt diesbezüglich den Ort des Kontaktbeginns (∆τe=0 s) bzw. das Ende beim Austritt des Segments aus der Kontaktzone dar.

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6 Analyse der Meßaufgabe

32

b

ae

vs

lg

2ααlg

blg

rs

Grundkörper

Segment

ae

vs

lg

2ααlg

blg

rs

Werkstück

Schleifbelag

Grundkörper

b

Segment

P P

Boe505

Schleifbelag

Abbildung 11: Darstellung der Eingriffskinematik zur Bestimmung der Eingriffsdauer beim

Planschleifen

Die Eingriffsdauer des Schleifbelagsegments ∆τe bestimmt sich näherungsweise aus der Bogenlänge dieses Segments b, der durch die Kontaktlänge lg verursachten Bogenlänge blg und der Umfangsgeschwindigkeit der Schleifscheibe vs zu

se v

bb lg+=∆τ Glg. 2

mit

°⋅⋅⋅=3602

π srb Glg. 3

und

°⋅⋅⋅=360

2 lglg

απ srb , Glg. 4

wobei

es

g

ar

l

−=lgtanα Glg. 5

ist. Zusammenfassend läßt sich die theoretische Eingriffszeit ∆τe des Segmentes be-rechnen zu

°

⋅+−⋅

⋅⋅=∆

360

2tan2

1 απ

τ es

g

s

se

ar

l

vr

.

Glg. 6

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6 Analyse der Meßaufgabe

33

Dabei wurde ein Bogenmaß eines Schleifbelagsegments von 2α = 16° angenommen. Da die Darstellung der werkzeugseitigen Normal-, Tangential- und Axialkraft auf einem mitrotierenden Koordinatensystem beruht, dessen Komponenten Fst, Fsn und Fsa auf der Schleifbelagoberfläche senkrecht aufeinander stehen, mißt ein Kraft-sensor in einer Schleifscheibe keine stationäre Kraft, sondern eine Kraft, die sich beim Durchlaufen des Kontaktbogens verändert, siehe Abbildung 12. Mit der An-nahme, daß die Prozeßkräfte Fn (= Fx) und Ft (= Fy) an einem Punkt auf der Schleif-belagoberfläche angreifen, lassen sich die mit dem Winkel α werkzeugseitig und werkstückseitig wirkenden Kräfte in Beziehung setzen.

Boe205

Schleif-scheibe

betrachtetesSegment

Werkstück

Fres

Fy

Fsn

Fsn

Fsa

Fx

Fst

Fst (=F )cae

vs

P vft

zF

FxFy

werkzeugseitigesKoordinatensystem

werkstückseitigesKoordinatensystem

Abbildung 12: Werkzeug- und werkstückseitiges Koordinatensystem beim Planschleifen

Nach Abbildung 13 lassen sich die auf das Schleifbelagsegment wirkenden Kräfte berechnen zu

( )βα += sinRixi FF . Glg. 7

Mit

( ) βαβαβα sincoscossinsin +=+ Glg. 8

folgt

( )βαβα sincoscossin += Rixi FF , Glg. 9

und mit

βcossni

Ri

FF = Glg. 10

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6 Analyse der Meßaufgabe

34

ist

( )βαβαβ

sincoscossincos

+= snixi

FF . Glg. 11

Mit Auflösen der Klammer wird dies zu

βαα tancossin snisnixi FFF += , Glg. 12

und mit

sni

sti

FF

=βtan Glg. 13

folgt daraus

αα cossin stisnixi FFF += . Glg. 14

Die Kräfte ziF in normaler Richtung lassen sich diesem Vorgehen entsprechend

berechnen und man erhält die Beziehungen

αα cossin zixisni FFF += Glg. 15

αα sincos zixisti FFF −= Glg. 16

FR3FR1 Fz3

Fz1Fsn3

Fsn1

Fst1Fx3Fx1

αα ββ

+ -0°

α

vs

FR2Fsn2=Fz2

β

31

2

1 α 0Fz1 Fsn1Fx1 Fst1

2 α = 0Fz2= Fsn2Fx2= Fst2

3 α 0Fz3 Fsn3Fx3 Fst3

Schleifbelag-segment

Boe552

P

P

PFst2=Fx2Fst3

Abbildung 13: Darstellung der Eingriffskinematik

Die in der schleiftechnischen Bearbeitung mit CBN zu erwartenden Meßbereiche las-sen sich mit Angaben aus der Literatur abschätzen. Schulz stellt bei seinen Untersu-chungen im Bereich der Hartbearbeitung bei einem bezogenen Zeitspanungsvolu-men von Q´w = 30 mm3/mms bezogene Normalkräfte bis F´n = 65 N/mm fest [Schu96]. Czenkusch [Czen99] ermittelt bei einem bezogenen Zeitspanvolumen von Q´w = 25 mm3/mms bezogene Tangentialkräfte bis F´t = 20 N/mm. Andere Autoren,

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6 Analyse der Meßaufgabe

35

die ihre Untersuchungen unter Verwendung von CBN mit anderen Untersuchungs-schwerpunkten und Stellgrößen durchführten, stellten werkstückseitig geringere bezogene Kräfte fest [Mush80, Brin82, Izad98, Hein99]. Angaben über die Axialkräfte sind in den zitierten Arbeiten nicht vorhanden, da sie für die Untersuchungen von un-tergeordneter Bedeutung waren.

Die zitierten Arbeiten geben jedoch nur Kraftbereiche für stationäre Prozeßzustände wieder. Da bei der Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge auch die insta-tionären Prozeßzustände bei Werkzeugbruch mitberücksichtigt werden sollen, muß der Meßbereich auch kurzzeitige Kraftspitzen abdecken, die deutlich über den Meß-bereichen der zitierten Arbeiten liegen. Der erforderliche Meßbereich eines werk-zeugintegrierten Kraftsensors wird daher zunächst richtungsabhängig bis zu F´sn = 100 N/mm, F´st = 30 N/mm und F´sa = 30 N/mm festgelegt.

Mit der theoretischen Eingriffszeit ∆τe, dem Zusammenhang zwischen werkzeug- und werkstückseitigen Kräften und den Angaben über die zu erwartenden Meßbereiche lassen sich in einer theoretischen Betrachtung werkzeugseitige und werkstückseitige Kraftverläufe vergleichend gegenüberstellen. Abbildung 14 zeigt den nach der Ein-griffskinematik berechneten Kraftverlauf, den das präparierte Schleifbelagsegment werkzeugseitig erführe, wenn eine konstante, werkstückseitige, bezogene Normal-kraft von F´n = 100 N/mm und eine Tangentialkraft von F´t = 30 N/mm angenommen wird. Aus dieser Gegenüberstellung wird deutlich, daß das werkzeugseitig zu er-wartende Signal nur für die kurze Eingriffsdauer zu erwarten ist, in der das Schleif-belagsegment im Eingriff mit dem Werkstück ist. Man erkennt auch, daß im Verlauf des Eingriffs die werkzeugseitige Normalkraft kontinuierlich ansteigt, die Tangential-kraft dagegen abfällt. Bei einem Eingriffswinkel von α = 8°, wenn also die Kontakt-fläche auf der werkzeugseitigen Sensorachse liegt, stimmen die werkzeugseitigen und werkstückseitigen Kräfte in einem Punkt überein.

0

20

40

60

80

120

F´t

F´snF´n

bez.

we

rkze

ugse

itige

Krä

fte F

´ sn

, F

´ st,

bez

. we

rkst

ück

seiti

ge K

räfte

F´ n

, F´ t

31 2

Eintritt

Austritt

F´st

0 1,540,15 0,30 0,46 0,61 0,77 0,92 1,08 1,23 10 s-3

Zeit t Boe498

Schleifscheibe

Stellgrößen

werkstückseitigangenommeneKräfte

2 = 16°ds=400 mm

vs= 45 m/sae= 0 µm

F´n= 100 N/mmF´t= 30 N/mm

α

Schleifen

∆τe

P PP

Nmm

Abbildung 14: Theoretischer werkzeugseitiger Kraftverlauf eines präparierten

Schleifbelagsegments für F´n = 100 N/mm und F´t = 30 N/mm

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6 Analyse der Meßaufgabe

36

6.2 Schleiftemperaturen

Betrachtet man den Meßort eines Temperatursensors als einen Punkt auf der Schleifscheibenoberfläche, so läßt sich unter Berücksichtigung der Zustellung ae, der Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit vs und des Schleifscheibendurchmessers ds näherungsweise die Zeit berechnen, in der die zu messende Temperatur vorliegt. Vom Eintritt des Meßpunktes in das Werkstück bis zu seinem Austritt steht dem Sensor ungefähr die Kontaktzeit tk zur Verfügung:

s

gK v

lt = Glg. 17

Da sich bei einem angenommenen Schleifscheibendurchmesser von ds = 400 mm, einer Zustellung ae = 10 µm und einer Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit vs = 45 m/s für das Planschleifen die Anforderung an den Sensor ergeben würde, das Temperatursignal an der Schleifscheibenoberfläche in einer Kontaktzeit von tK = 44,4 µs messen zu können, sollte der Sensor eine Zeitkonstante T im Nanosekundenbereich aufweisen. Demgegenüber steht dem Sensor ein Vielfaches der Meßzeit in der Kontaktzone für die Abkühlung zur Verfügung.

Entsprechend der Analyse der werkzeugseitigen Kraftsignale berücksichtigt die Aus-wahl des Sensorprinzips neben der ausreichenden Ansprechgeschwindigkeit auch den Meßbereich, wie er in der schleiftechnischen Bearbeitung zu erwarten ist. Je nach Zielrichtung des Schleifprozesses können verschiedene Meßbereiche von Be-deutung sein. Im Sinne einer gezielten Beeinflussung von Randzoneneigenschaften oder zur Vermeidung von thermischen Randzonenschädigungen lassen sich zwei verschiedene Grenztemperaturen festlegen. Nimmt man im Rahmen der schleiftech-nischen Hartbearbeitung die Anlaßtemperatur des Werkstoffs als eine werkstückschädigende Temperaturschwelle an, so ergibt sich in Abhängigkeit des zu schleifenden Werkstoffs ein Meßbereich bis ca. 1200 °C. Wird im Rahmen der Weichbearbeitung durch Schleifhärten eine größtmögliche Einhärtetiefe angestrebt, so ist es sinnvoll, daß die Werkstückoberfläche gerade die Temperatur der Auf-schmelzgrenze erreicht. Sie beträgt bei Stahl ca. 1450 °C. Bei den kurzzeitigen Er-wärmungen, wie sie bei der schleiftechnischen Bearbeitung an der Bauteiloberfläche vorliegen, lassen sich Aussagen über die Höhe der zulässigen Maximaltemperatur in Abhängigkeit vom Werkstückmaterial aus den ZTA-Diagrammen, wie sie in der Schweißtechnik verwendet werden, entnehmen. Insbesondere bei dem Verfahren des Schleifhärtens kommt der Kontaktzonen-temperatur eine Schlüsselrolle zu. Dieses Verfahren bewirkt durch lokale Aufheizung eine Strukturveränderung und in Verbindung mit einer Selbstabschreckung eine martensitische Festphasenumwandlung der überschliffenen Werkstückoberfläche [Broc99]. Die Charakterisierung der Kontaktzonentemperaturen hat in diesem Zu-sammenhang also nicht allein die Funktion, Standzeitkriterien für das Werkzeug oder Prozeßführungsstrategien zu verfolgen, sondern darüber hinaus als Beurteilungskri-terium für die Qualität der prozeßintegrierten Randschichtwärmebehandlung zu dienen.

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6 Analyse der Meßaufgabe

37

Abhängig von der Temperaturstabilität der Schleifscheibe kann neben der werkstück-seitigen Grenztemperatur aber auch eine werkzeugbedingte Grenztemperatur defi-niert werden. Sie sollte zur Vermeidung einer Werkzeugschädigung nicht über-schritten werden, da sich die Eigenschaften der Schleifscheibenbindung oder der verwendeten Klebungen durch Aufweichungen oder Verbrennungen der am Zer-spanprozeß beteiligten Schleifscheibenoberfläche ändern können. Dies stellen bei-spielgebend Ueda [Ueda93], Juchem [Juch86], Brockhoff [Broc98] und Buttner [Butt70] in ihren Arbeiten heraus.

Ueda untersucht in [Ueda93] unter Verwendung einer geführten Lichtleitfaser die Oberflächentemperaturen von verschiedenen Schleifscheiben am Austritt der Kon-taktzone. Er bestimmt 4,2 ms nach Verlassen der Kontaktzone die Durchschnitts-temperatur einer Schleifscheibe aus Korund zu 930 °C. Für eine CBN- und eine Diamant-Schleifscheibe stellt er Durchschnittstemperaturen von 740 °C bzw. 680 °C fest. Gerade für Schleifscheiben aus Korund mit Kunstharzbindung, die nach dem heutigen Stand der Technik zum Schleifhärten verwendet werden, können Über-schreitungen der werkzeugbedingten Grenztemperaturen problematisch für das Ein-satzverhalten sein, wie Untersuchungen zum Schleifhärten [Broc98] oder thermogra-vimetrische Messungen unter Berücksichtigung sehr langsamer Aufheizgeschwin-digkeiten zeigen [Butt70]. Aus diesen Betrachtungen leitet sich ein abzudeckender Temperaturmeßbereich bis 1300 °C für die Auswahl der Temperatursensorik ab.

6.3 Anforderungen an sensorintegrierte Schleifwerkzeuge

Durch den gewünschten Einbauort der Sensoren in unmittelbare Nähe der Kontakt-zone muß bei der Auswahl der Sensorprinzipien für Kraft- und Temperaturmes-sungen der Meßbereich, die Auflösung und das dynamische Verhalten berücksichtigt werden. Darüber hinaus müssen weitere Anforderungen an die werkzeugseitige Sensorik gestellt werden, die Leistungsbedarf, mechanische Stabilität, Prozeßver-träglichkeit, Integrierbarkeit in die Schleifscheibe und Lebensdauer des Sensors ein-schließen. Außerdem sollen die ausgewählten Sensorprinzipien die Meßgrößen möglichst ohne Übergangsfunktion messen können. Kraftnebenschlußanordnungen oder Verfälschungen des Meßsignals durch Wärmeleitungseffekte sollen ebenso ver-mieden werden wie eine Abhängigkeit vom Verschleißzustand des Werkzeugs. Die Möglichkeit der Miniaturisierbarkeit soll im Hinblick auf zukünftige Arbeiten gewähr-leistet sein.

Neben geeigneten Sensorprinzipien muß zur Aufbereitung und Übertragung der werkzeugseitigen Meßwerte eine Signalübertragungstechnik ausgewählt werden, die den Erfordernissen der schleiftechnischen Bearbeitung genügt. Da der Einsatz von berührenden Übertragungstechniken im Hinblick auf einen wartungs- und ver-schleißfreien Einsatz problematisch ist, bietet sich für die Anwendung im Schleif-werkzeug ein drahtloses, telemetrisches Übertragungssystem an. Je nach Frequenz-bereich der Trägerschwingung wird in der drahtlosen Telemetrie eine Unterschei-dung in Radio-, Schall- und Lichttelemetrie getroffen. Während in der Radiotelemetrie Hochfrequenzsender (HF) eingesetzt werden, erfolgt die Abstrahlung in den beiden anderen Fällen im Ultraschallbereich oder durch infrarotes Licht. Da bei der Ver-wendung von Schall- oder Lichttelemetrieanlagen innerhalb der Werkzeugmaschine mit Störungen durch Kühlschmierstoffeinfluß gerechnet werden kann, ist daher der Einsatz der Radiotelemetrie zu bevorzugen.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

38

Neben der Prozeßverträglichkeit werden an die Signalübertragung weitere Anfor-derungen gestellt. Die zur Signalverstärkung, Konditionierung und Übertragung der Meßsignale notwendige Spannungsversorgung sollte nicht durch eine lebensdauer-beschränkende Batterieversorgung bereitgestellt werden, sondern sollte ebenfalls drahtlos erfolgen. Alle Meßwerte müssen mit ausreichender Signalbandbreite gleich-zeitig verarbeitet und vom rotierenden System zu einem stationären Empfänger über-tragen werden. Die empfängerseitige Rückgewinnung und Darstellung der werkzeug-seitig gemessenen Signale muß in Echtzeit möglich sein. Alle Komponenten des Sig-nalübertragungssystems müssen rotationsfest und in das Werkzeug integrierbar sein. Außerdem muß die zur drahtlosen Signalübertragung notwendige Antenne frei zugänglich sein, so daß eine ungehinderte Abstrahlung zu einem Empfangsteil ge-währleistet ist. Der Anforderungskatalog in Kapitel 11 faßt die wichtigsten Kriterien für den Aufbau sensorintegrierter Schleifwerkzeuge zusammen.

7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

7.1 Werkzeugseitige Kraftmessung

Aus der oben vorgenommenen Analyse der Meßaufgabe wird deutlich, daß ein unter einem Schleifbelagsegment angeordneter Kraftsensor ein umfangreiches Anfor-derungsprofil erfüllen muß, siehe Kapitel 6.1. Die genannten Anforderungen können ideal von Sensoren erfüllt werden, die nach dem piezoelektrischen Prinzip arbeiten. Darüber hinaus weisen piezoelektrische Sensoren hinreichend kleine Abmessungen bei guter Integrierbarkeit in das Werkzeug, eine hohe Federsteifigkeit und die daraus resultierende hohe Eigenfrequenz bei gleicher Masse sowie eine geringe Tempera-turempfindlichkeit auf. Für die Untersuchungen im Rahmen dieser Arbeit wurde daher ein piezoelektrischer 3-Komponenten Kraftsensor, Typ 9251A, des Herstellers Kistler Instrumente ausgewählt. Die Kenngrößen des Sensors sind in der folgenden Tabelle zusammengefaßt:

Meßbereich Fx, Fy

Fz

-2,5...2,5 kN

-5...5 kN

Überlast Fx, Fy

Fz -3/3 kN -6/6 kN

Ansprechschwelle < 0,01 N

Empfindlichkeit Fx, Fy

Fz ≈ -8 pC/N

≈ -4 pC/N

Übersprechen Fz → Fx, Fy

Fx ↔ Fy

Fx, Fy → Fz

± 1 %

± 3 %

± 3 %

Betriebstemperaturbereich -60...150 °C

Tabelle 1: Kenngrößen des werkzeugseitigen Sensors [Kist92]

Die Integration des Kraftsensors zwischen Grundkörper und Schleifbelagsegment ei-ner Schleifscheibe (ds = 400 mm, bs = 30 mm, α = 8°) ist in Abbildung 15 dargestellt. In einen angeflanschten Ring sind drei Elektronikmodule (Durchmessers d = 27 mm, Höhe h = 35 mm) eines angepaßten 3-Kanal-Telemetriesystem der Fa.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

39

Datatel/Langenhagen eingebaut und vor Verunreinigungen und Kühlschmierstoff gekapselt. Sie dienen der Signalaufbereitung in dem rotierenden Werkzeug (Signal-verstärkung, -filterung und -konditionierung). Durch die gewählte Einbaulage der Elektronikmodule betrug die maximal zulässige Beschleunigung der rotierenden Komponenten amax < 25.000 g. Um Kabelbewegungen oder –bruch zu vermeiden, wurden alle Kabelverbindungen innerhalb des Werkzeugsystems verklebt und mit Lötverbindungen kontaktiert. Die auf das präparierte Schleifbelagsegment ein-wirkenden Prozeßkräfte wurden über eine aufgewickelte Spule drahtlos an eine sta-tionäre Primärspule übertragen.

Boe126

Schleifbelag-segment

Schleif-belag

Kontakt-zone

Grund-körper

Grund-körper

Grundkörper-segment

Grundkörper-segment

Werkstück

Kraftsensor

Kraft-sensor

Datenauswertung

HF-Empfänger

Telemetrie-ring

Primärspule(feststehend)

rotierendeSpule

F

t

Abbildung 15: Aufbau des Demonstrators zur werkzeugseitigen Kraftmessung

Für die Energieversorgung der Telemetrieschaltung wurde die Verwendung eines magnetischen Wechselfeldes gewählt. Ein Leistungsoszillator erzeugt dafür über die stationäre Primärspule (Stator) das erforderliche Magnetfeld. Hierzu ist der Teleme-triering zugleich mit einer Spule umwickelt. Der Abstand zwischen Primärspule und Sekundärspule beträgt ca. 2 mm bis 3 mm. Die gegenüberliegende Anordnung von Primärspule und Sekundärspule wurde so gewählt, daß der Zwischenraum im Betrieb frei von Kühlschmierstoff oder Spänen ist.

Zwar gibt es neben der Verwendung eines magnetischen Wechselfeldes noch die Möglichkeit der Batterie- oder der Akkumulatorversorgung. Die Ausnutzung eines magnetischen Wechselfeldes besitzt aber hinsichtlich einer Anwendung in einem Werkzeugsystem die Vorteile der zeitlich unbegrenzten Funktionsdauer, der kleinen, variablen Abmessungen und der geringen Wartungsanforderungen. Außerdem kann auf das Ein- und Ausschalten verzichtet werden. Nachteilig ist dagegen die Notwen-digkeit der werkzeugseitigen Gleichrichtung, der Aufbau eines Magnetfeldes und der notwendigen Abschirmung der werkzeugseitigen Elektronik von dem Magnetfeld.

Abbildung 16 zeigt den Aufbau und die einzelnen Komponenten des verwendeten Telemetriesystems zur werkzeugseitigen Krafterfassung.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

40

~=

~=

Fsn FsaFst

Fsn FsaFst

~=

~=

~

~~~

=

MUX

~~~~

~=

piezoelektrischerKraftsensor

Verstärker

Spannung-Frequenzwandlung

Signalzusammenfassung

Sender

Empfänger

Rückwandlung

Filter

Signalaufbereitung

Frequenzmultiplex

Modulation eines Trägers

Verstärker-Demodulation

Frequenz-Spannungswandlung

Verstärkung, Anzeige,Speicherung, Drucken, etc.

rotie

rend

stat

ionä

r

Boe495 Abbildung 16: Komponenten des Telemetriesystems zur werkzeugseitigen Kraftmessung

[Data97]

Das Telemetriesystem arbeitet nach dem Frequenzmultiplexverfahren und ist in der Lage, Normal-, Tangential- und Axialkraft zeitgleich zu verarbeiten und zu übertra-gen. Die analoge Signalbandbreite beträgt für jeden Kanal 5kHz (-3dB). Die Signale des Meßwertaufnehmers werden für die Weiterverarbeitung mit Hilfe von Operations-verstärkern zunächst verstärkt. Für die mehrkanalige Übertragung führt ein Multi-plexer die Signale der einzelnen Meßkanäle dem Modulator zu. Dieser übernimmt die Signalaufbereitung durch Spannung-Frequenzwandlung, wobei ein Hub der drei

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

41

Unterträgerfrequenzen (70kHz, 124 kHz, 220kHz) von 10% zur Vollaussteuerung verwendet wird. Über eine auf dem Telemetriering montierten Antenne werden die so aufbereiteten Prozeßdaten von der am Spindelkasten befestigten Primärspule empfangen und zur weiteren Verarbeitung an die Empfangsstation geleitet, wo die Eingangssignale decodiert, verstärkt und von Störungen befreit werden. Mit dem Ladungsverstärker ist der Meßbereich der zu erwartenden Sensorsignale zu Fsn=±3000N, Fst=±1000N und Fsa=±1000N eingestellt.

7.2 Werkzeugseitige Temperaturmessung

Die Auswahl des Sensors erfolgt, ähnlich wie bei der Auswahl des Sensorprinzips für die werkzeugseitige Kraftmessung, nach verschiedenen Gesichtspunkten, wobei bezüglich einiger Punkte des Anforderungsprofils Kompromisse eingegangen werden.

Aufbauend auf der Analyse der Meßaufgabe wird zur werkzeugseitigen Temperatur-messung ein thermoelektrischer Sensor gewählt. Bei der Auswahl des Thermoele-menttyps besteht die Forderung, daß die Werkstoffkombination des Thermoelements einen hohen Temperaturspannungskoeffizienten, einen möglichst linearen Thermo-spannungsverlauf, eine mechanische Beständigkeit im Meßbereich und eine zeitliche Konstanz der thermoelektrischen Eigenschaften aufweisen sollte. Neben diesen für die Anwendungen in der Schleiftechnik wichtigen Randbedingungen für die Auswahl der Materialkombination ist außerdem die Miniaturisierbarkeit des Thermoelements von Bedeutung. Die Miniaturisierung, die in weiterführenden Arbeiten erreicht werden soll, bezieht u.a. die technologischen Einschränkungen bei der Verwendung mikro-systemtechnischer Herstellungsmethoden ein. Daher wurde ein Thermoelement vom Typ K (NiCr-NiAl) ausgewählt. Es läßt sich für eine Maximaltemperatur von 1200°C verwenden und ist nach DIN IEC 584-1 bis 1370°C definiert.

In Abbildung 17 ist der Aufbau des Werkzeugsystems dargestellt, welcher zur werk-zeugseitigen Temperaturmessung realisiert wurde. Zu diesem Zweck sind drei Ther-moelemente an die Stirnseite eines Schleifbelagsegments appliziert worden. Diese Drahtthermoelemente sind in einer definierten Einbautiefe, die im folgenden mit „Meßfühlertiefe“ bezeichnet wird, zu der Schleifbelagoberfläche innerhalb des Klebespalts zwischen zwei Schleifbelagsegmenten eingeklebt. Zur Verbesserung des Wärmeübergangs wurde die Klebung durch Wärmeleitpaste ergänzt. Die Be-stimmung der Meßfühlertiefe erfolgte vor dem Einbau des präparierten Segments unter einem Lichtmikroskop mit Digitalmaßstäben. Während der Schleifversuche ließ sich über den Anschnitt und die Zustellung des Abrichtwerkzeugs das Maß des Schleifscheibenverschleißes messen und auf die Meßfühlertiefe zurückrechnen. Um zugleich die leichte Austauschbarkeit der zerstörten Thermoelemente zu gewähr-leisten, folgte dieser Aufbau der werkzeugseitigen Kraftmessung mit herausnehm-barem Schleifbelagsegment. Anstelle des Kraftsensors wurde unterhalb des Schleif-belagsegments ein Distanzstück eingesetzt.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

42

Boe048

Schleifbelagsegment

3 Thermoelemente

Meßfühlertiefe

Kontaktzone

Grundkörper

Werkstück

TelemetrieringSpule

herausnehmbaresGrundkörpersegment

Abbildung 17: Aufbau des Demonstrators zur werkzeugseitigen Temperaturmessung

Das Auslesen der aufgrund des Seebeck-Effekts entstehenden Thermospannung er-folgt auf der Unterseite des Schleifbelagsegments über eine feste Steckverbindung. Die Spannungsübertragung von der Steckverbindung zu den Anschlüssen des Vorverstärkers wurde durch Ausgleichsdraht sichergestellt.

Bei dem in Abbildung 17 dargestellten Werkzeugaufbau ermittelt jedes dieser Draht-thermoelemente in Abhängigkeit der Meßfühlertiefe und der Einbausituation, die be-stimmend für den thermischen Wärmeübergang sind, verschiedene Temperaturmeß-werte. Bei der Handhabung der Thermoelemente wurde versucht, eine gleichwertige thermische Kontaktierung der Meßfühler zum Schleifbelag zu gewährleisten, was je-doch durch die manuelle Handhabung der dünnen Drähte erschwert wurde.

Darüber hinaus ist die Verwendung der Drahtthermoelemente zur Temperaturmes-sung innerhalb der Schleifscheibe mit weiteren Einschränkungen verbunden, die für die Anwendung, Meßwertinterpretation und spätere Weiterentwicklung der Sensorik von grundlegender Bedeutung sind. Durch die geringe Größe des Meßfühlers be-schränkt sich der Ort der Temperaturmessung lediglich auf einen kleinen Bereich innerhalb des Schleifbelages. Folglich wird die freie Wahl der Schleifscheibenein-griffsbreite eingeschränkt, denn die Eingriffsbreite der Schleifscheibe ap muß den punktuellen Meßbereich des Meßfühlers überdecken, damit die aus der Kontaktzone in die Schleifscheibe abfließende Temperatur von dem Thermoelement detektiert werden kann.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

43

Durch die vorliegende Entfernung des jeweiligen Meßpunktes der Thermoelemente zur Schleifbelagoberfläche ist ferner eine Übergangsfunktion für die Temperatur-bestimmung zu berücksichtigen. Diese äußert sich in einer Amplitudenreduktion aufgrund der Wärmekapazität des Schleifbelages und des zur Fixierung verwendeten Klebers und in einer Phasennacheilung aufgrund der thermischen Trägheiten der Zwischenschichten. Jedoch nähern sich mit fortschreitendem Verschleiß des Schleif-belages die relativen Positionen der Meßfühler der Kontaktzone an, d.h. daß die Übergangsfunktion mit dem Scheibenverschleiß variiert. Dies drückt sich in einer Verminderung der Amplitudenreduktion und der Phasennacheilung aus.

Andererseits ist die zuletzt beschriebene, resultierende Freilegung der Meßfühler in der Schleifkontaktzone zugleich bestimmend für die Lebensdauer der Thermoele-mente. Der Moment, in dem ein Thermoelementkontakt aufgrund der fortschreiten-den Abnutzung des Schleifbelags durch die geschlossene Schleifbelagoberfläche tritt, ermöglicht – die schnelle Reaktionszeit des Thermoelements vorausgesetzt –die Erfassung der werkzeugseitigen Kontaktzonentemperatur ohne Übergangsfunktion. Jedoch wird in dem Moment des Überschliffs zugleich der Thermoelementkontakt durch die wirkenden Schleifkräfte zerstört, so daß das Thermoelement für eine weitere Temperaturmessung nicht mehr zur Verfügung steht. Der Moment der Zer-störung infolge eines Überschliffs bedeutet aber zugleich, daß man die in der Kon-taktzone vorliegende Temperatur, wenn auch nur für den kurzen Augenblick des Überschliffs, detektieren kann.

Da aufgrund der hohen Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit dem eingebauten Meßfühler in der Kontaktzone nur eine sehr kurze Zeitdauer zur Verfügung steht, um mit seiner Umgebung in ein thermisches Gleichgewicht zu kommen, besitzt das dynamische Verhalten des Thermoelements eine sehr große Bedeutung. Für die Beschreibung der Meßfühlerdynamik gibt es in der Literatur verschiedene Ansätze. Eine einheitliche, verbindliche Beschreibungsart gibt es bis heute allerdings nicht. Häufig wird die Meßfühlerdynamik anhand der Zeit bemessen, die das Thermo-element benötigt, um bei plötzlicher Temperaturänderung 63,2% des Endwertes zu erreichen.

Anhand einer Wärmebilanz zwischen der Sensorumgebung und dem Sensor läßt sich die Dynamik des Thermoelements zumindest abschätzen. Betrachtet man die kugelförmige Verbindungsstelle des Meßfühlers als eine homogene Masse mit der Dichte ρTher und dem Volumen VTher, der Wärmeleitfähigkeit λTher und der Oberfläche ATher, so errechnet sich die Temperatur der Verbindungsstelle des Sensors ϑ1 als Funktion der zu messenden Umgebungstemperatur ϑU und der Zeit t zu

( ) dteeT

eCt T

tt

UT

t

T

t−−−

∫ ⋅⋅+⋅=0

1

1ϑϑ mit Ther

Ther

TherTher

K

cA

VT ⋅

⋅⋅=

ρα1

. Glg. 18

T bezeichnet man als die Zeitkonstante des Thermoelements. C ist eine Integrationskonstante, cTher ist die spezifische Wärmekapazität [J/kgK] und αK ist der Wärmeübergangskoeffizient [J/m2Ks]. Die Gleichung ist die eines Verzö-gerungsgliedes 1. Ordnung, das durch ein PT1-Verhalten beschrieben werden kann. Bei einer sprungförmigen Meßtemperaturänderung folgt die Temperatur der Verbin-

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

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dungsstelle ϑ1 einer Exponentialfunktion, deren Verlauf nur durch die Zeitkonstante T bestimmt ist [Kört87].

Aus der Gleichung zur Bestimmung der Zeitkonstante kann man im Hinblick auf die Einbindung eines Thermoelements in die Schleifscheibe bereits wichtige Aussagen für ein günstiges dynamisches Verhalten ableiten. Die Meßfühlerdynamik wird durch einen Anteil bestimmt, den das verwendete Thermoelement durch seine Masse ρTher⋅VTher, die Oberfläche ATher und die spezifische Wärmekapazität cTher festlegt und einen Anteil, der durch die Wärmeeinbringung bedingt ist.

Aus der Betrachtung der Kontaktzeit tK und der Beschreibung der Fühlerdynamik wird ersichtlich, daß bei der Verwendung eines Thermoelements auf möglichst ge-ringe Materialanteile an der Verbindungsstelle des Meßfühlers geachtet werden muß. Bei konventionellen Drahtthermoelementen werden die Materialanteile durch den Drahtdurchmesser bzw. den Verbindungspunkt der Drähte festgelegt.

Die Applizierung von Thermoelementen mit Drahtdurchmessern d < 20 µm konnte aufgrund der schwierigen manuellen Handhabung zwischen den Schleifbelagseg-menten nicht zufriedenstellend gewährleistet werden. Daher wurden Thermoelemen-te mit einem Drahtdurchmesser von d = 25,4 µm verwendet. Abbildung 18 liefert be-rechnete Anhaltswerte für die Zeitkonstanten von Thermoelementen verschiedener Drahtdicken ohne Isolierung bei plötzlicher Anströmung durch Luft.

1,2

s

s1,0

0,8

0,6

0,7

0,9

0,5

0,4

0,3

0,2

0,1

0

2,1

1,9

1,8

1,7

1,6

1,5

1,4

1,3

1,2

1,1

1,00,002 0,006 0,01 0,014 0,018 0,022 0,026 inch 0,034

Zei

tkon

stan

te T

Zei

tkon

stan

te T

Drahtdurchmesser d

Zeitkonstante einesDraht-Thermoelementesmit 25,4 µm angege-ben mit T = 0,003 s63,2%

Boe518

Zeitkonstante berechnet an Luft mit Raumtemperatur, Umgebungsdruck und An-

strömung

Abbildung 18: Ansprechgeschwindigkeit von Drahtthermoelementen in Abhängigkeit vom

Drahtdurchmesser nach [Omeg95]

Die Herstellerangaben aus Abbildung 18 stellen jedoch nur Abschätzungen dar und sind für die spätere Meßwertinterpretation zu ungenau. Daher mußte die Ansprech-

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

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geschwindigkeit der verwendeten Thermoelemente auf experimentellem Weg be-stimmt werden.

Eine übliche Methode zur Bestimmung des Ansprechverhaltens von Thermoelemen-ten ist das Eintauchen der Meßstelle in ein Strömungsbad. Diese Vorgehensweise ist jedoch im Hinblick auf die werkzeugseitige Einbindung in die Schleifscheibe für den Nachweis der geforderten Ansprechgeschwindigkeit nicht geeignet, da sie voraus-setzt, daß die Anstiegszeit der Oberflächentemperatur deutlich kleiner ist als die benötigte Zeitdauer, bis das Thermoelement vollständig vom heißen Bad umgeben ist. Daher wird stattdessen die Gewichtsfunktion gemessen. Sie ist die Antwort auf einen idealen Dirac-Impuls und die zeitliche Ableitung der Übergangsfunktion. Sie enthält somit die vollständigen Informationen über das Systemverhalten. Da sich ein idealer Dirac-Impuls aus physikalischen Gründen nicht realisieren läßt, wird zur Anregung ein Impuls endlicher Zeitdauer und Amplitude verwendet, dessen Zeit-dauer ausreichend klein gegenüber der kleinsten Systemzeitkonstante ist. Solche Impulse lassen sich näherungsweise mit einem Laser realisieren.

Daher wurde der kurzzeitige Laserimpuls eines Nd:Yag-Lasers zur Anregung ver-wendet und die Antwortfunktion des Thermoelements aufgezeichnet. Dieses Vorge-hen folgt dem in [Tong87] und [Schr92] beschriebenen Weg zur Bestimmung der An-sprechgeschwindigkeit von Dünnschicht-Thermoelementen. Der Laser besitzt eine Wellenlänge von λ= 1064 nm. Die Strahlungsleistung sowie die Pulslänge sind für die Erzeugung einer Sprungantwort einstellbar. Abbildung 19 zeigt schematisch den verwendeten Meßaufbau zur Bestimmung der Ansprechzeit der Thermoelemente. Die Signale des Thermoelements wurden mit dem Signal einer Photodiode getriggert und einem 500 MHz Speicheroszilloskop, Typ Tektronix 2440, zugeführt. An-schließend wurden die Meßdaten in einem PC ausgewertet.

Nd:YAG Laser

Speicheros-zilloskop

Strahlteiler

Strahlteiler

Fotodiode(Diagnostik)

Fotodiode(Triggerung)

Brennfleck-bestimmung

Thermo-element

Boe470

Abbildung 19: Meßaufbau zur Bestimmung der Sprungantwort von Thermoelementen

In Abbildung 20 sind die Impulsantwort des Thermoelements und der anregende La-serimpuls dargestellt.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

46

s

The

rmos

pann

ung

U, L

aser

inte

nsitä

t I

Meßzeit0,0000 0,0005 0,0010 0,0015 0,0020 0,0030

Laserstrahlungs-intensität I

Thermospannung U

Boe474

Thermoelement Typ KDrahtdurchmesser d = 25,4 µmPulsdauer t = 0,3 msLaserintensität I = 80,35 W/mm

P2

Abbildung 20: Impulsantwort (Gewichtsfunktion) des Thermoelements und anregender

Laserimpuls

Durch numerische Integration der gemessenen Gewichtsfunktion g(t) läßt sich die Übergangsfunktion berechnen. Sie ist in Abbildung 21 dargestellt. Nach dem Zeit-prozente-Verfahren nach [Stre59] läßt sich aus ihr die Zeitkonstante T berechnen. Dazu wird die Übergangsfunktion h(t) eines PT1-Gliedes

)1()( T

Tt t

eKth−

−−⋅= für T ≥ Tt Glg. 19

unter Verwendung der Zeitprozente-Werte t1 und t2 in das Gleichungssystem

T

Tt t

eKthK−

−⋅=−

1

)( 1 Glg. 20

T

Tt t

eKthK−

−⋅=−

2

)( 2 Glg. 21

umgewandelt. Durch Division erhält man

T

tt

ethKthK 12

)()(

2

1−

=−−

. Glg. 22

Daraus folgt durch Logarithmieren

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

47

Ttt

thKthK 12

2

1

)()(

ln−

=−−

Glg. 23

die Zeitkonstante T zu

KthKth

ttT

/)(1/)(1

ln2

1

12

−−

−= .

Glg. 24

Für h(t) werden spezielle Werte der Übergangsfunktion ausgewählt. Die ent-sprechenden Zeitpunkte t werden als Zeitprozent-Werte bezeichnet. Speziell wählt man für die normierte Übergangsfunktion h(t)/K die Werte 10% und 90% und bezeichnet die entsprechenden Zeiten t als T0,1 und T0,9 [Unbe92]. Einsetzen liefert

)(455,0

1,09,0

ln1,09,0

1,09,0 TTTT

T −⋅=−

= .

Glg. 25

Dadurch läßt sich eine Ansprechzeit von T = 18,8 ms für einen Drahtdurchmesser d = 25,4 µm ermitteln. Die vom Hersteller in [Omeg95] unter anderen Voraus-setzungen theoretisch bestimmte Zeitkonstante betrug demgegenüber T = 3 ms. Daraus läßt sich ableiten, daß die experimentell ermittelte Ansprechgeschwindigkeit für die zeitliche Auflösung der Temperaturspitzen, die im µs-Bereich in der Kontakt-zone vorliegen, nicht ausreichend ist, und daß die in den nachfolgenden Untersu-chungen verwendeten Thermoelemente nur die zeitverzögerte, ganzheitliche Erwär-mung an der Meßstelle zwischen den Schleifbelagsegmenten messen können.

0 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06 s 0,08

Boe562

10%

99,9%

T0,1 T0,9

Übe

rgan

gsfu

nktio

n h(

t)

Meßzeit t

90%

Thermoelement Typ KDrahtdurchmesser d = 25,4 µmPulsdauer t = 0,3 msLaserintensität I = 80,35 W/mm

P2

0

T0,1T0,9 -

Abbildung 21: Durch numerische Integration aus der gemessenen Gewichtsfunktion g(t) be-

stimmte Übergangsfunktion h(t) der Thermospannung nach Anregung mit einem Laserimpuls

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

48

Neben der Ansprechgeschwindigkeit des Thermoelements ist das Abklingverhalten (Relaxationsverhalten) des Sensors für die Anwendung in der Schleifscheibe von Bedeutung. Die den exponentiellen Abfall des Meßsignals beschreibende Funktion beinhaltet ebenfalls die Gewichtsfunktion g(t). Die Zeitkonstante TR ist definitions-gemäß die Zeit, in der das Signal auf 1/e oder ungefähr 37% seines Anfangswertes abfällt. Die Tangente an der fallenden Exponentialkurve schneidet die Basislinie zum Zeitpunkt t0 + TR, siehe Abbildung 22.

The

rmos

pann

ung

U

100%

geglättete Signalkurve

Basislinie

Boe473

0,000

0,001

0,002

0,003

0,004

V

0,006

0 0,01 0,02 0,03 0,04 0,05 0,06 s 0,08

Meßzeit t

0%

K/TR

Thermoelement Typ KDrahtdurchmesser d = 25,4 µmRelaxationszeit T = 20 msR

Pulsdauer t = 0,3 msLaserintensität I = 80,35 W/mm

P2

TR

t0

Abbildung 22: Zeitaufgelöstes Abklingverhalten des Thermoelements

Das Abklingen der Thermospannung erfolgt bei dem in die Schleifscheibe eingebun-denen Thermoelement zwischen dem Verlassen der Kontaktzone und dem Wieder-eintritt in die Kontaktzone nach einer Werkzeugumdrehung. Die grafische Be-stimmung der Relaxationszeit ergab im Vergleich zur Zeitkonstante T etwas längere Zeiten von TR = 20 ms. Diese Abklingzeit gilt allerdings für Abkühlbedingungen an ruhender Luft. Wie sich die Abkühlung bei der Einbindung des Meßfühlers in die Schleifscheibenumgebung vollzieht, ist durch diese Untersuchung jedoch nicht exakt beschreibbar.

Das zur Übertragung der Temperaturmeßwerte verwendete Telemetriesystem gleicht dem in Kapitel 7.1 beschriebenen System zur Übertragung der Schleifkräfte. Es un-terscheidet sich allerdings darin, daß ein auf den Typ des Thermoelements ange-paßter Verstärker werkzeugseitig verwendet worden ist. Eine Klemmstellenkompen-sation kompensierte die Fehlspannungen proportional zur wechselnden Umgebungs-temperatur. Der Restwertfehler betrug nach Herstellerangaben ca. 0,5% vom Meß-bereich bei 100°C Betriebstemperaturänderung. Der Meßbereich des Sendever-stärkers war über je einen Widerstand pro Übertragungskanal extern einstellbar.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

49

7.3 Konstruktive Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

Durch die konstruktive Auslegung des Werkzeugsystems erfolgt die Festlegung des Struktur- und Prozeßverhaltens. Bei der Auslegung ist zu beachten, daß durch die elastischen Verformungen des konstruktiv veränderten Werkzeugs während des Schleifprozesses die Kraft- und Temperaturmessungen nicht beeinträchtigt werden. Ebenso dürfen keine Funktionsstörungen auftreten, da sonst die Einsatzfähigkeit des Werkzeugsystems gefährdet ist.

Die konstruktive Auslegung wird von FE-Simulationen unterstützt. Neben der Auswirkung der Prozeß- und Zentrifugalkräfte auf das herausgetrennte Grund-körpersegment soll insbesondere die Auslegung der Spaltweite zwischen Grundkörper und Grundkörpersegment überprüft werden. Sie entscheidet darüber, ob die Kräfte direkt in den Kraftsensor eingebracht werden können, ohne daß es durch den verformungsbedingten Kontakt zwischen dem Grundkörpersegment und dem Grundkörper zu einer Kraftnebenschlußanordnung kommt. Die Modellierung teilt sich auf in

• die dynamische Berechnung von Eigenfrequenzen und Eigenschwingungsformen zur Aufdeckung und Klärung der dynamischen Struktureigenschaften und

• die Aufdeckung von konstruktiven Schwachstellen des Werkzeugsystems durch

die statische Berechnung. Sie schließt die Simulation der Werkzeugrotation sowie die Überlagerung von Rotation und aufgebrachten Schleifkräften mit ein.

Abbildung 23 zeigt die äußeren Abmaße der aufgebauten Demonstrationswerkzeuge für werkzeugseitige Kraft- und Temperaturmessungen. Beide Demonstratoren be-stehen aus einer segmentierten, keramisch gebundenen CBN-Schleifscheibe mit ei-nem Grundkörper aus Aluminium und einem mitrotierenden Telemetriering.

Die werkzeugseitige Kraftmessung erfolgt unter einem Schleifbelagsegment und macht einen Eingriff in den Grundkörper notwendig. Dadurch befindet sich der Kraftsensor im direkten Kraftfluß und ist in der Lage, die auf das Schleifbelag-segment wirkenden Normal-, Tangential- und Axialkräfte zu messen. Der Sensor wird zur Vorspannung in der Schleifscheibe mit einem Drehmomentenschlüssel gemäß Herstellerangaben mit einem Spannsatz vorgespannt. Die Oberseite dieses Segments schließt im ruhenden Zustand bündig mit der übrigen Schleifscheibenum-fangsfläche ab. Der Festigkeitsnachweis der Schraubenverbindung läßt eine Schleif-scheibenumfangsgeschwindigkeit von vs = 120 m/s zu.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

50

400

30

40

348

262

193

16°A

A

A - A B - B

Integration desKraftsensors

Integration derThermoelemente

B

B

B

Boe561 Abbildung 23: Äußere Abmaße der Demonstratoren

Der Demonstrator wurde nach Zeichnungsvorgaben als lineares Mehrfreiheitsgrad-modell modelliert. Die wesentlichen Elemente des FE-Modells sind der Grundkörper und der Telemetriering aus Aluminium, die Schleifbelagsegmente aus CBN in keramischer Bindung und der piezoelektrische Kraftsensor. Der Klebstoffeinfluß wurde in dem Modell nicht berücksichtigt.

Tabelle 2 faßt die in der Simulation verwendeten Materialeigenschaften der einzel-nen Bauteile des Demonstrators zusammen. In der Simulation nehmen der Elasti-zitätsmodul E und die Poissonzahl ν Einfluß auf die Wechselwirkung zwischen den aufgebrachten Belastungen und den resultierenden Verformungen, während die Dichte ρ eines Bauteils über dessen dynamische Trägheitskräfte entscheidet. Zur Be-schreibung der Materialeigenschaften für Aluminium und für die Materialkombination des Sensors wurden Literaturwerte herangezogen. Der Elastizitätsmodul für den CBN-Schleifbelag wurden durch 4-Punkt-Biegeversuche durch speziell hergestellte Flachproben und durch das Grindo-Sonic-Verfahren bestimmt. Die Bestimmung der Dichte erfolgte ebenfalls experimentell.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

51

Elastizitätsmodul Dichte Poissonzahl Bauteil Material

E [N / mm2] ρ [kg / mm3] ν Quelle

Schleifschei-bengrund-

körper Aluminium 70000 2,7 ⋅ 10-6 0,32

Grundkörpersegment

Aluminium 70000 2,7 ⋅ 10-6 0,32 [Mach89]

Telemetrie-ring

Aluminium 70000 2,7 ⋅ 10-6 0,32

Sensor Piezokristalle / Stahl

150000 5 ⋅ 10-6 0,3 Ab-schätzung

Schleifbelag CBN in

keramischer Bindung

55000 2,27 ⋅ 10-6 0,1 eigene Messung

Tabelle 2: Materialeigenschaften der Komponenten des Demonstrators

7.3.1 Statisches Verhalten des Werkzeugsystems

Für das statische Verhalten des Werkzeugsystems sind die Rotations- und Prozeß-kräfte entscheidend. Um ihren Einfluß auf das statische Verhalten des Demonstra-tors zu simulieren, werden die Lasten einzeln und in Kombination auf das FE-Modell aufgebracht. Die Knoten des Modells werden zur Simulation der Werkzeugaufnahme an der Bohrung des Schleifscheibengrundkörpers in allen drei Hauptrichtungen bei der Definition der Randbedingungen festgesetzt. Abbildung 25 zeigt die stark vergrößerte Verformungsstruktur des Werkzeugsystems bei einer Schleif-scheibenumfangsgeschwindigkeit von vs = 45 m/s. Die Maximalverschiebung an den Knotenpunkten des äußeren Schleifscheibenumfangs beträgt lediglich 6,68 µm. Der überstehende Belag muß folglich vor der Durchführung eines Schleif-versuches durch Abrichten beseitigt werden.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

52

Sensor

Schleifbelag-segmente

Grundkörper

Teleme-triering

zune

hmen

deG

esam

tver

form

ung

präpariertes Grundkörper-segment (herausstehend)

Boe555 Abbildung 24: Verformungszustand des Werkzeugsystems bei vs = 45 m/s

Der Bereich des integrierten Sensors ist in Abbildung 25 für die gleiche Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit in der Seitenansicht des Werkzeugsystems dargestellt. Es wird deutlich, daß zusätzlich zur Verformung am Grundkörpersegment eine Aufweitung des Telemetrierings festzustellen ist. Diese verursacht ein Verkippen des gesamten Werkzeugsystems und ist dafür verantwortlich, daß die Schleif-scheibenumfangsfläche nicht über die gesamte Schleifscheibenbreite gleichmäßig mit dem Werkstück in Eingriff kommt. Innerhalb der sich anfänglich ausbildenden Kontaktbreite kann dies zu hohen, bezogenen Schleifkräften führen und die Form- und Maßhaltigkeit des Werkstücks negativ beeinflussen. Darüber hinaus wird die Schleifscheibentopographie zu Beginn des Eingriffs einseitig belastet. Daher muß vor einem Schleifversuch die zylindrische Schleifscheibenumfangsfläche durch Abrichten bei gleicher Schleifscheibendrehzahl wiederhergestellt werden.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

53

präpariertes Grundkörper-Segment (herausstehend)

Schleifbelag

zune

hme

nde

Ge

sam

tver

form

ung

Teleme-triering

Boe554

Abbildung 25: Seitenansicht des verformten Werkzeugsystems bei vs = 45 m/s

Neben der Werkzeugrotation haben auch die angreifenden Prozeßkräfte einen Ein-fluß auf das Verformungsverhalten. Die Auswirkungen der am Schleifscheibenum-fang einwirkenden Prozeßkräfte lassen sich durch die gleichmäßige Einwirkung der Maximalkräfte des Meßbereiches auf eine werkzeugseitige Kontaktfläche simulieren. Die Kontaktfläche wurde dafür an die Kante des präparierten Grundkörpersegments gelegt und bestimmte sich aus der Schleifscheibenbreite und einer angenommenen, geometrischen Kontaktlänge von lg = 2,5 mm. Über diese Fläche wurden einzelne Punktlasten in normaler, tangentialer und axialer Richtung definiert. Wird zugleich die statische Überlagerung einer geringen Werkzeugrotation und der Prozeßkräfte ange-nommen, so ergibt sich der Verformungszustand, der in Abbildung 26 dargestellt ist.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

54

FnFt

Schleifbelag-segment

Grundkörper

zune

hm

end

eG

esa

mtv

erf

orm

ung

Boe553

Fa

präpariertesGrundkörper-

segment

Sensor

Abbildung 26: Verformung des Werkzeugsystems bei Fn = 3kN, Ft = 1kN, Fa = 1kN (bezogen

auf die Kontaktfläche) und vs =10m/s

Aus den Ergebnisdarstellungen wird deutlich, daß für die betrachteten Fälle eine direkte Kraftmessung durch den Sensor möglich ist, da die aufgebrachten Kräfte nicht zu einer Berührung des präparierten Grundkörpersegments mit dem Grundkör-per führen und deshalb durch die vorgesehene Maximalbelastung keine Kraftneben-schlußanordnung erzeugt wird. Die Werkzeugrotation wirkt dabei den Verformungen durch die angreifenden Prozeßkräfte entgegen und entlastet die Anordnung wieder. Jedoch muß durch die rotationsbedingte Verformung der Schleifscheibenoberfläche die Zylindrizität des Schleifscheibenbelags wiederhergestellt werden.

7.3.2 Dynamisches Verhalten des Werkzeugsystems

Für das dynamische Verhalten des Kraftmeßsystems sind maßgeblich

• die Schallaufzeit TSL einer Krafterregung von der Oberfläche des Schleifbelages bis zum Sensor und

• die Schwingungszeitkonstante TSK des Segments mit dem als Feder zu betrach-

tendem Sensor.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

55

Die Schallaufzeit TSL läßt sich abschätzen aus der Schallgeschwindigkeit cL der Longitudinalwellen und der Entfernung l von der Schleifbelagoberfläche zum Sensor. Sie ergibt sich zu

ssm

mm

c

lT

LSL µ36,7

/5160

38=== . Glg. 26

Die Schwingungszeitkonstante TSK des Segments läßt sich aus der Masse des prä-parierten Segments mS und der Federsteifigkeit des Sensors kS in radialer Einbau-richtung zu

s

m

kNkg

k

mT

S

SSK µ

µ

2,121

15,0===

Glg. 27

abschätzen. Bei dieser Abschätzung ist vorausgesetzt, daß der als Feder idealisierte Kraftsensor durch die Vorspannung mit einer Dehnschraube fest mit dem Segment verbunden ist. Praktisch kann allerdings davon ausgegangen werden, daß die Auf-lagefläche mitschwingt und im Ergebnis zu einer kürzeren Federlänge und damit zu niedrigeren Zeitkonstanten führt. Da es sich insgesamt um ein wenig gedämpftes System handelt, empfiehlt es sich nach [Kist92], die Schwingungszeitkonstante mit ca. TSK = 40 µs anzunehmen und das Meßsystem in einem entsprechend kleineren Frequenzbereich anzuwenden.

Es wurde mit Hilfe einer dynamischen FE-Berechnung die erwartete Schwingungs-zeitkonstante numerisch zu TSK = 66,4 µs bestimmt, was mit der Abschätzung nach [Kist92] gut übereinstimmt. Abbildung 27 zeigt in verschiedenen Ansichten die erste Eigenform des Werkzeugsystems.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

56

ω1 = 15281s-1

Abbildung 27: Erste Eigenform des Werkzeugsystems mit integriertem Kraftsensor

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

57

Gegenüber der numerisch bestimmten Schwingungszeitkonstanten TSK beträgt die theoretische Eingriffszeit ∆τe des präparierten Segments bei Punktberührung mit dem Werkstück (lg= 0 mm) und bei einer Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit von vs = 45 m/s

msv

r

s

se 24,1

360162

°⋅

⋅⋅=∆

πτ . Glg. 28

Da die theoretische Eingriffszeit ∆τe ein Vielfaches der Schwingungszeitkonstante TSK beträgt, liegen während des Eingriffs quasistatische Verhältnisse vor. Die Schall-aufzeit TSL liegt noch deutlich unter der Schwingungszeitkonstante TSK und ist für das dynamische Verhalten des Kraftmeßsystems nicht relevant. Mit den Angaben aus Kapitel 7.1 kann daher davon ausgegangen werden, daß das Meßsystem ein hin-reichend schnelles Ansprechverhalten besitzt. Den Einbauzustand des realisierten Werkzeugsystems innerhalb einer Schleifmaschine zeigt die Abbildung 28.

Boe100

Telemetrie-ring

Spule, Antenne

KSS-Düse

Schleifscheibe

WerkstückTelemetriering

Primärspule

KSS-Düse

präpariertesSegment

Kapselung derTelemetriemodule

Abbildung 28: Einbau des Werkzeugsystems in eine Schleifmaschine

7.4 Kalibrierung der sensorintegrierten Werkzeuge

7.4.1 Prozeßkräfte

Vor der experimentellen Erprobung wurde das Werkzeugsystem im Einbauzustand statisch kalibriert. Dazu wurde das mit dem Sensor verbundene Schleifbelagsegment durch ein Segment mit definiertem Kraftangriffspunkt ersetzt und zur Kalibrierung mit Gewichten in Richtung der zu erwartenden Prozeßkräfte be- und entlastet. Abbildung

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

58

29 stellt den Signalverlauf am Beispiel einer Belastung von 49 N beispielhaft dar. Bedingt durch das piezoelektrische Meßprinzip und durch die Konstruktion des La-dungsverstärkers als Integrator läßt sich der in quasistatischen Messungen typische Ladungsabfall feststellen. Es zeigte sich, daß nur eine geringe gegenseitige Be-einflussung der Kraftsignale durch Übersprechen der Kanäle vorlag.

-20

-20

-10

-10

0

0

10

10

20

20

30

30

40

N

N

50

60Zeit t

Zeit t

Zeit t

Krä

fte

Fsa

, Fst

, Fsn

Krä

fte

Fsa

, Fst

, F

snK

räfte

Fsa

, F

st, F

sn

-20

-10

0

10

20

30

N

50

49 N

49 N

49 N

Fsn

Fsn

Fsa

Fst

Fsn

Fst

Fsa

Fst

Fsa

Fsa

Fst

Fsn

Boe499 Abbildung 29: Kalibrierung des Werkzeugsystems

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

59

7.4.2 Schleiftemperaturen

Zur Überprüfung der temperaturabhängigen Thermospannung wurden die Thermo-elemente in einem bestimmten Temperaturmeßbereich vor der werkzeugseitigen Applizierung bis zu einer Prüftemperatur von 550°C untersucht. Abbildung 30 zeigt den schematischen Aufbau, der zur Untersuchung verwendet wurde. Die Thermo-elemente vom Typ CHAL-002 des Herstellers Newport Omega wurden durch einen Heizblock mit Ansteuereinheit auf eine konstante Haltetemperatur erwärmt. Über Ausgleichsleitungen wurde die Thermospannung einer Anschlußkonsole des Her-stellers Keithley, Typ Screw Terminal Panel STP-37, mit integrierter Temperaturstel-lenkompensation zugeführt und an einen PC mit Meßkarte des Herstellers Keithley vom Typ DAS Card 1001 zur Auswertung weitergeleitet. Das Digitalthermometer des Herstellers Fluke, Typ 2190A, wurde zur Kontrollmessung der Heizblocktemperatur eingesetzt.

Screw TerminalPanel STP-37

Heizblock mitAnsteuereinheit

Digitalther-mometer

Boe471

Abbildung 30: Meßaufbau zur statischen Kalibrierung der Thermoelemente

In Abbildung 31 ist der Verlauf der gemessenen Thermospannung und der nach DIN IEC 584-1 zu erwartende Thermospannungsverlauf über die Temperatur aufgetra-gen. Die Darstellung beinhaltet außerdem die Vorgehensweise zur Meßwertbe-stimmung der Thermospannung. Nach Aufsetzen des Meßfühlers auf den Heizblock stieg die Thermospannung auf einen konstanten Wert an. Dieser Wert wurde ge-mittelt und zur Auswertung herangezogen.

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7 Meßtechnische Auslegung der sensorintegrierten Werkzeuge

60

mV

°C

The

rmos

pann

ung

Uth

erm

Temperatur ϑ

Thermospannungsverlauf nach DIN IEC 584-1

Regressionsverlaufder gemessenen

Thermospannungswerte

0

5

10

15

25

0 100 200 300 400 600

MeßwerteWerte nach DIN

Zeit t

Spa

nnu

ng U

∆Utherm.

Meßwertbestimmung

Boe472 Abbildung 31: Thermospannungsverlauf

Es zeigt sich bei der statischen Kalibrierung, daß die Thermoelemente ein lineares Verhalten besitzen, wobei die gemessenen Werte einen Offset gegenüber der genormten Thermospannungskurve aufweisen. Um dieses Verhalten bei Einbe-ziehung des Werkzeugsystems zu kontrollieren, wurde ein ähnlicher Aufbau wie aus Abbildung 30 verwendet. Aus dem ruhenden Werkzeugsystem wurden die Aus-gleichsleitungen herausgeführt und an Thermoelemente angeschlossen. Diese wurde wieder mit Hilfe eines Heizblocks auf verschiedene Haltetemperaturen bis zu 550 °C erwärmt. Zur Kontrolle der gemessenen Temperaturen diente erneut ein Digitalthermometer. Die Thermospannung wurde über die Telemetrie dem PC mit Meßkarte zugeführt und ausgewertet.

Heizblock

Datenauswertung

HF-Empfänger

Digitalther-mometer

Boe481 Abbildung 32: Meßaufbau zur statischen Kalibrierung des Werkzeugsystems

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

61

Abbildung 33 zeigt die aus der Meßanordnung in Abbildung 32 ermittelten Thermo-spannungswerte. Jeder eingetragene Meßwert entspricht wiederum einem sta-tionären Spannungswert. Aus dem Verlauf der gemittelten Trendlinien wird ersicht-lich, daß der lineare Verlauf der Thermospannung durch die telemetrische Übertra-gungskette nicht verändert wird. Diese Thermospannungsverläufe wurden jeweils vor Beginn der schleiftechnischen Untersuchungen bestimmt und zur Ermittlung der Temperaturen herangezogen.

V

°C

The

rmos

pann

ung

Uth

erm

Temperatur ϑ

1,0

0,5

0

1,5

2,5

2,0

3,5

0 100 200 300 500

Boe472-2

Zeit t

Sp

an

nu

ng

U

∆Utherm.

Meßwertbestimmung

Kanal 1

Kanal 3

Kanal 2

Thermoelement 1:Thermoelement 2:Thermoelement 3:

Abbildung 33: Statische Kalibrierung des Werkzeugsystems

8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

8.1 Werkzeugseitige Kraftmessung

8.1.1 Schleifmaschine

Die Untersuchungen wurden im Außenrundschleifprozeß auf einer Hochgeschwin-digkeitsschleifmaschine, Fabrikat Overbeck 600 R-CNC-HGS, durchgeführt. Diese Maschine ist für den Einsatz im Hochgeschwindigkeitsbereich bis vs = 150 m/s bei einem Schleifscheibendurchmesser von ds = 500 mm ausgelegt. Sie besitzt eine CNC-Steuerung vom Typ Marposs E9036, ein integriertes Spindelauswuchtsystem, Fabrikat Dittel MBA 2000, eine Feuerlöscheinrichtung der Firma Total Walther (Typenbezeichnung K 7040.1), einen elektrostatischen Luftreiniger der Firma Elbaron (Typenbezeichnung RON/A 2500 SH) und eine integrierte Kraftmeßvorrichtung.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

62

Abbildung 34: Versuchsmaschine Overbeck 600 R-CNC-HGS

Die Maschinendaten der Werkzeugmaschine sind in folgender Tabelle zusammenge-faßt:

Spindelmotorleistung 26 kW

maximale Spindeldrehzahl 6000 min –1

maximale Tischgeschwindigkeit x- Achse 10 m/min z- Achse 10 m/min

Zustellgenauigkeit x- Achse 0,5 µm

z- Achse 1 µm Werkstückdrehzahlbereich 0,1 bis ± 2000 U/min

Spitzenweite / Spitzenhöhe 600mm / 190 mm

Verfahrweg x- Achse 200 mm z- Achse 600 mm

Schleifscheiben Gesamtdurchmesser Bohrungsdurchmesser

maximale Breite

350 – 500 mm 127 oder 203 mm

40 mm

Tabelle 3: Technische Daten der Außenrundschleifmaschine

Zur werkstückseitigen Kraftmessung wurden ebenfalls piezoelektrische Sensoren vom Typ 9067 und 9068 des Herstellers Kistler Instrumente verwendet. Wegen ihrer großen Steifigkeit erlauben sie eine nahezu weglose Messung im direkten Kraftfluß zwischen Achse und Spindelstock. Über die Beaufschlagung von gereinigter Druck-luft wurde am Einbauort der Sensoren sichergestellt, daß kein Eindringen von Kühl-

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

63

schmierstoffnebel die Meßgenauigkeit beeinträchtigt. Abbildung 35 stellt den Ein-bauort der werkstückseitigen Kraftmessung bezüglich des Orts der Kraftentstehung dar. Das im Spindelstock aufgenommene Spindellagersystem und der Spindelantrieb sind zur Übersichtlichkeit nicht in die Abbildung aufgenommen. Daneben skizziert die Abbildung den Aufbau der sich anschließenden Meßkette. Die Trennung der Kraft-richtungen erfolgt durch Ladungsaufnehmer. Diesen schließen sich Ladungsver-stärker vom Typ Kistler 5011 an. Nach Wandlung der Ladungen in Spannungen wer-den die Signale mit der Grenzfrequenz von 10 Hz tiefpaßgefiltert und an einen PC mit Meßkarte, Typ Keithley DAS 1800, zur Datenauswertung und –darstellung weitergeleitet.

Werkstück

Spindel-stock

Achse Kraftmeß-sensor

SperrluftOber-platte

Unter-platte

Datendarstellungund -auswertung

Fn

Fa

Ft

vs

vft

F

t

Ladungs-summierung

Ladungs-verstärker

Tiefpaß-filter

Q1x, y, z

Q3x, y, z

Q2x, y, z

Q4x, y, z

Qx Ux Ux

Qy Uy Uy

Qz Uz Uz

Boe494

Schleifscheibe

Abbildung 35: Werkstückseitiges Kraftmeßsystem

8.1.2 Versuchswerkstücke

Bei den verwendeten Versuchswerkstücken handelte es sich um vorgedrehte Rund-proben aus 100Cr6, siehe Abbildung 36. Durch eine vorangestellte Wärmebehand-lung wurden die Werkstücke durchgehärtet und auf 62 HRC angelassen.

Ø8

0

Ø5

0

R4

8

8

5

268

Boe556 Abbildung 36: Geometrie der Rundproben

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

64

8.1.3 Schleifwerkzeug

Die Schleifscheibe der Firma Unicorn/Indimant trägt die Typenbezeichnung 1A1-D405-T30-X2-B126-V24-COVA2 und ist dadurch in ihrer Körnung, Bindung, Bin-dungshärte und Konzentration bestimmt, siehe Tabelle 4.

Geometrie Körnung Konzentration Bindungsbezeichnung Härte Durchmesser Breite

1A1 126 24 Vol% CBN B126 V24 C0VA2 N 400 mm 30 mm

Tabelle 4: Kennzeichnung der Schleifscheibenbindung nach Unicorn/Indimant

8.1.4 Meßdatenauswertung und –anzeige

Die übertragenen Signale wurden in einem PC mit Meßkarte zur Darstellung und Auswertung aufbereitet. Durch die Verwendung einer unter Testpoint pro-grammierten Software ließen sich Filterungen vornehmen, mögliche Drifteffekte kom-pensieren oder Offsetverschiebungen durchführen. Ziel der Signalaufbereitung war es, prozeßrelevante Signalanteile stärker hervorzuheben, störende hingegen zu un-terdrücken. Die Signalaufbereitung verdeutlicht Abbildung 37 am Beispiel der werk-zeugseitigen Normalkraft. Die Anzeige der Rohsignale erfolgte on-line, d.h. während der laufenden Messung.

Meßzeit t

Meßzeit t

Meßzeit t

Nor

mal

kraf

t Fsn

Nor

mal

kraf

t Fsn

Nor

mal

kraf

t Fsn

Rohsignal

TiefpaßfilterungTp= 1500 Hz

Offsetverschiebung

Boe496 Abbildung 37: Signalaufbereitung

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

65

8.1.5 Abrichtwerkzeug

Zum Abrichten wurde ein stehender Blockdiamant als Abrichtwerkzeug verwendet. Der Abrichter des Herstellers RIEGGER Diamantwerkzeuge GmbH hatte eine Wirk-breite von bd = 1,5 mm.

8.1.6 Ergebnisse und Diskussion

8.1.6.1 Leerlaufverhalten

Vor dem Betrieb des Werkzeugsystems wurde zunächst der Einfluß der Werkzeugro-tation auf die Kraftsignale untersucht. Um das Werkzeugsystem nach der Kali-brierung für dynamische Messungen vorzubereiten, wurde am Eingang des Vorver-stärkers ein Hochpaßfilter zur Unterdrückung der statischen Signalanteile aktiviert. Abbildung 38 zeigt die aus der Scheibe stammenden Kraftverläufe beim Anfahren der Spindel, gefolgt vom Leerlauf (Luftschleifen) bei konstanter Drehzahl und dem Abbremsen der Spindel. Zur besseren Unterscheidung der Kraftsignale wurde in Abbildung 38 die Normalkraft mit einem Offset versehen.

Aus den oben genannten Kraftverläufen ist zu erkennen, daß beim Anfahren der Spindel auf eine konstante Drehzahl ein deutlicher Anstieg der Normalkraft erfolgt. Dies ist mit der Zunahme der stationären Komponente der Radialkraft (Zentri-fugalkraft) zu erklären, die auf die Masse des präparierten Segments wirkt. Der Hochpaßfilter reagiert auf das relativ schnelle Anlegen dieses großen Gleichanteils des Signals mit der typischen Hochpaßantwort. Deren Abklingen muß zunächst ab-gewartet werden bis die dynamischen Signalanteile ausgewertet werden können. Wie man aus Abbildung 38 sieht, dauert das Abklingen in Abhängigkeit der Grenz-frequenz des Hochpaßfilters nur wenige Sekunden. Der entsprechende Effekt tritt ebenfalls beim Wegnehmen des Gleichanteils beim Abbremsen der Scheibe mit umgekehrtem Vorzeichen auf. Gegen Ende der Verzögerung erreicht die Normalkraft wieder das Ausgangsniveau.

Der Kraftanstieg in radialer Richtung wird von geringen Kraftausschlägen in tangentialer Richtung begleitet. Dagegen sind in axialer Richtung keine Ausschläge festzustellen. Die dynamischen Kraftausschläge in tangentialer Richtung setzen sich auch bei konstanter Drehzahl von 1900 U/min fort.

Kurz vor Ende der Werkzeugrotation kann man im oberen Teil der Abbildung 38 zwischen der Normal- und der Tangentialkraft eine deutliche Phasenabhängigkeit er-kennen. Diese Phasenabhängigkeit wird anhand der Kraftverläufe während der Werkzeugrotation bei konstanter Drehzahl erklärt, die in Abbildung 38 unten dar-gestellt sind.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

66

Zeit t

Zeit t

eine Umdrehung

aa

b

c

d

dc

a b

1900 U/min

Boe112

8 8.05 8.1 8.15 s 8.25

0

2

N

6

-2

-4

-6

0

N

30

10

-10

-20

-70

-60

-50

-40

-30

Krä

fte F

sa ,F

sn ,F

stK

räfte

Fsa

,Fsn

,Fst

Ausschnitt

konst. DrehzahlAn-fahren Abbremsen

ns = 0 1/sns = 0 1/s

Fsn

Fsa

Fst

Stellgrößenvs = 0 - 40 - 0 m/sae = 0 mmvft = 0 m/minqKSS = 0 l/min

SchleifscheibeCBN, keram. geb.

AnfahrenLeerlaufschleifenAbbremsen

Fst

Fsa

Fsn

0 2 4 6 8 10 12 14 16 s 20

Abbildung 38: Kraftsignale aus dem Werkzeug beim Anfahren, bei konstanter

Spindeldrehzahl und beim Abbremsen

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

67

Aus dem vergrößerten Ausschnitt wird ersichtlich, daß massebehaftete Rotations-effekte die Kräfte in tangentialer und normaler Richtung beeinflussen. Diese Be-einflussung ist nach [Kett97] auch aus der Anwendung eines Schnittkraftdynamo-meters in einer Werkzeugmaschine mit Vertikalspindel bekannt. Insbesondere läßt sich nach Abbildung 38 nachweisen, daß Tangential- und Normalkraft einen um 90° phasenverschobenen Verlauf zeigen, der von der Position des Segmentes beeinflußt wird. Je nach Winkelstellung bildet sich die Gewichtskraft des präparierten Segments zunächst in positiver Tangentialrichtung, nach 90° in positiver Normalrichtung und schließlich auf den übrigen 180° in der jeweiligen negativen Richtung aus. D.h., daß die Kraftamplituden in normaler und tangentialer Richtung das Gewicht des mit dem Sensor verbundenen Segmentes ausdrücken. Da die Kraftamplituden deutlich höher liegen als die angegebene Ansprechschwelle des Sensors, siehe Tabelle 1, zeichnet sich die periodische Schwerkraftwirkung deshalb deutlich im Signal ab. In axialer Richtung ist ein Einfluß der Winkellage erwartungsgemäß nicht festzustellen. Das Signal wird lediglich durch Rauschen oder geringes Übersprechen des Sensors geringfügig beeinflußt. Der während des Abbremsvorgangs zu erkennende Knick im Verlauf der Normalspannung läßt sich auf einer Veränderung der Abbrems-charakteristik des Spindelmotors zurückführen.

Aus der Betrachtung des Leerlaufverhaltens folgt, daß die Kraftsignale in tangentialer und normaler Richtung geringfügig durch Rotationseffekte beeinflußt werden. Die periodische Schwerkraftwirkung addiert sich folglich zu den Signalen der Prozeß-kräfte. 8.1.6.2 Anschnitterkennung

Zu Beginn der Schleifbearbeitung wird die Schleifscheibe während des Einstechvor-gangs an das Werkstück oder den Abrichter bewegt. Zur Verkürzung dieser Zeit, des sog. Luftschleifens, erfolgt die Anstellung der Schleifscheibe an das zu bearbeitende Bauteil mit unterschiedlichen Anstellgeschwindigkeiten. Dabei kommt dem Moment des Anschnitts eine besondere Bedeutung zu, da nach dem Erkennen des Kontakts ein schnelles Abbremsen der radialen Vorschubgeschwindigkeit erforderlich ist.

Die Anschnitterkennung kann durch Verwendung eines werkzeugseitigen Kraftsen-sors nur in der Zeit erfolgen, in der ein Kontakt zwischen dem präparierten Schleif-belagsegment und dem Werkstück bzw. dem Abrichter vorliegt. Entgegen der kontinuierlichen Kraftmessung einer werkstückseitigen Kraftmeßplatte muß zur An-schnitterkennung ein diskontinuierlicher Kraftverlauf genutzt werden, wie er für die Abschätzung aus Abbildung 14 charakteristisch ist. Da das Schleifbelagsegment, welches mit dem Sensor verbunden ist, während der Dauer einer Werkzeugum-drehung ∆t nur einmal für kurze Zeit in Eingriff kommt, wird das Kraftsignal auch nur für die Eingriffsdauer ∆τe dieses Schleifbelagsegments erhalten.

Trotz der geringen Zustellung von aed = 1 µm können aber für den Fall des Ab-richtens mit stehendem Abrichter deutliche Ausschläge der Normalkraft festgestellt werden, die auf das betrachtete Schleifbelagsegment wirken. Dagegen sind Tan-gentialkräfte, die sich aus der Vorschubbewegung des Abrichters ergeben, kaum zu detektieren. Die auftretenden Axialkräfte, die als Folge der axialen Vorschubge-schwindigkeit vfad des Abrichters erzeugt werden, bleiben vernachlässigbar.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

68

25

N

15

10

5

0

-52 2,1 2,3 s 2,5

8

N

4

2

-2

-4

0

-62 2,1 2,3 s 2,5

8

N

4

2

-2

0

-42 2,1 2,2 2,3 s 2,5

Nor

mal

kraf

t Fsn

Tang

entia

lkra

ft F

stA

xial

kraf

t Fsa

Meßzeit t

Abricht-intervall

Anschnitt-erkennung

Anschnitt-erkennung

2,2

2,2

Boe500

Stellgrößenaed = 1 µmvsd = 30 m/s

Ud = 3qKSS = 14 l/min (Emulsion)

SchleifscheibeCBN, keram. geb.AbrichterEinkorn-Abrichter

Leerlauf

Anschnitt-erkennung

Abbildung 39: Anschnitterkennung durch werkzeugseitige Krafterfasssung

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

69

Zwar läßt sich anhand der Kraftverläufe in normaler und tangentialer Richtung der Anschnitt deutlich identifizieren, die Kontakterkennung zwischen Abrichter und Schleifscheibe ist allerdings bei werkzeugseitiger Verwendung eines Sensors von der Drehzahl des Werkzeugs abhängig. Da erst durch den Kontakt zwischen dem präparierten Schleifbelagsegment und dem Abrichter ein Kraftsignal entsteht, vergeht im ungünstigsten Fall die Zeit einer Werkzeugumdrehung

s

s

vd

t⋅

=∆π

Glg. 29

bis zur Anschnitterkennung. Bei einer eventuellen Automatisierung des Anstellvor-gangs ist zu erwarten, daß diese Zeitspanne neben der rechnerischen Signalglättung und –filterung und der sich anschließenden Reaktionszeit beginnend mit dem Er-kennen des Anschnitts bis zum Umschalten vom Anstelleilgang der Schleifscheibe zum Abrichtvorschub vfr zeitkritisch werden kann. Die Verwendung mehrerer, über den Umfang verteilter Kraftsensoren würde hier zur Verkürzung der Reaktionszeit beitragen.

8.1.6.3 Abrichten

Um die Aussagefähigkeit der aus dem Werkzeug gemessenen Kräfte überprüfen zu können, wurde die werkzeugseitige Kraftmessung mit der Messung der stationären Kraftmeßplatte verglichen. Zunächst sind in Abbildung 40 beispielhaft die unter einem Schleifbelagsegment gemessenen Kraftverläufe für das Abrichten mit einem stehenden PKD Einkornabrichter (Blockdiamant) vorgestellt. Die Kraftsignale wurden aufgezeichnet, als sich der Abrichter in der Mitte der Schleifscheibenbreite bs befand.

Meßzeit t

Krä

fte F

st, F

sn, F

sa

1,26 1,28 1,3 1,32 1,34 1,36 s 1,4-20

-10

0

10

20

30

40

60

N

Fsn

Fsa

Boe501

SchleifscheibeCBN, keram. geb.

Abrichter

Stellgrößen

Einkorn-Abrichter

aed = 2 µmvfad = 557 m/minvsd = 30 m/sUd = 3qKSS = 14 l/min (Emulsion)

Abrichten

Fst

Abbildung 40: Werkzeugseitige Kraftsignale beim Abrichten

In Abbildung 41 sind die werkzeugseitigen und werkstückseitigen Kraftverläufe ver-gleichend gegenübergestellt. Für die Untersuchung wurde eine Schleifscheibentopo-graphie mit einer markanten Verschleißstelle auf dem Gesamtumfang gewählt. Der Vergleich der werkstückseitigen Kraftmessung mit der werkzeugseitigen Kraft-messung macht qualitativ eine gute Übereinstimmung der Kraftverläufe deutlich. Es

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

70

zeigt sich, daß der werkzeugseitige Kraftsensor bei dieser geringen Zustellung Kraft-signale erzeugt, die in ihrer Gesamtheit die Topographie der Schleifscheibe nach-bilden und in ihrer Amplitude der stationären Vergleichsmessung ungefähr ent-sprechen. Da beim Abrichten ein gleichmäßiges Kraftniveau über die gesamte Schleifscheibenbreite angestrebt wird, zeigt die werkzeugseitige Messung eine Möglichkeit, die Topographie der Schleifscheibenumfangsfäche anhand der Kraftsignale zu kontrollieren, siehe Abbildung 42.

-20

-25-20-15-10

-505

1015N

25

20

-10

-5

0

N

5

10

-15

-200 1 2 s 4

0 1 2 s 4

0 1 2 s 4

100

-10

20304050

N70

Nor

ma

lkra

ft F

snTa

ngen

tialk

raft

Fst

Tang

entia

lkra

ft F

t

Axi

alk

raft

Fsa

Axi

alkr

aft

Fa

-20

-25-20-15-10

-505

1015N

25

20

-10

-5

0

N

5

10

-15

0 1 2 s 4

0 1 2 s 4

Nor

mal

kraf

t F

n-20

0 1 2 s 4

100

-10

2030

4050

N70

Kraftmessungen in derSchleifscheibe

stationäre Kraftmessungen

Abrichtintervall Abrichtintervall

Stellgrößenaed = 2 µmvfad = 557 m/minvsd = 30 m/s

Ud = 3qKSS = 14 l/min (Emulsion)

SchleifscheibeCBN, keram. geb.AbrichterEinkorn-Abrichter

Boe503 Abbildung 41: Gegenüberstellung der Prozeßkräfte beim Abrichten

Für das letzte Abrichtintervall zeigt Abbildung 42 das werkzeugseitig gemessene Kraftsignal in normaler Richtung. Durch einen Einstechversuch mit einem dünnen Blech konnte nachgewiesen werden, daß die Verschleißstelle durch das Abrichten

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

71

beseitigt worden war. Bedingt durch die Nachgiebigkeit des Systems Werkzeugmaschine-Abrichter-Schleifscheibe erfolgt nach Anschnitt ein langsamer Kraftanstieg. Dabei kann wiederum der Zeitpunkt des Anschnitts deutlich identifiziert werden. Erst nach mehreren Werkzeugumdrehungen ist ein stationäres Kraftniveau erreicht.

Meßzeit t

No

rma

lkra

ft F

sn

0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 s 4,5

-10

-20

0

10

20

30

40

80

60

50

N

Boe502

SchleifscheibeCBN, keram. geb.

Abrichter

Stellgrößen

Einkorn-Abrichter

aed = 2 µmvfad = 557 m/minvsd = 30 m/sUd= 3qKSS= 14 l/min (Emulsion)

Abrichten

Anschnitt

Abrichtintervall

Abbildung 42: Werkzeugseitige Signale der Normalkraft des letzten Abrichtzyklus

8.1.6.4 Schleifen

Abbildung 43 stellt werkzeug- und werkstückseitige Kraftverläufe während eines Schleifversuchs vergleichend gegenüber. Dabei ist wiederum eine gute Übereinstimmung der Kraftverläufe festzustellen. Durch den Einstechvorgang des Werkzeugs werden in axialer Richtung wie erwartet keine signifikanten Kräfte gemessen. Vielmehr weisen die axialen Kraftanteile auf ein geringes Übersprechen hin.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

72

60

N

40

30

20

10

0

0 1 2 3 4 s 6-10

60

N

40

30

20

10

0

0 1 2 3 4 s 6-10

20

N

30

10

15

0

5

0 1 2 3 4 s 6-10

-5

20

N

30

10

15

0

5

0 1 2 3 4 s 6-10

-5

2

N

6

0

-2

0 1 2 3 4 s 6-6

-4

2

N

6

0

-2

0 1 2 3 4 s 6-6

-4

Stellgrößenvc = 35 m/snw = - 64 min-1

vfr = 1,62 mm/mindw = 67 mm

SchleifscheibeCBN, keram. geb. Q´w = 6 mm3/mm s

qKSS = 14 l/min (Emulsion)

Boe568

Nor

ma

lkra

ft F

sn

Nor

ma

lkra

ft F

n

Tan

gen

tialk

raft

Fst

Tan

ge

ntia

lkra

ft F

t

Axi

alk

raft

Fsa

Axi

alk

raft

Fa

Kraftmessungen in derSchleifscheibe stationäre Kraftmessungen

Schleifen

Werkstoff100Cr6, 62 HRC

Abbildung 43: Werkzeug- und werkstückseitige Kraftverläufe beim Schleifen

Mit der theoretischen Eingriffszeit ∆τe und den in Kapitel 6.1 diskutierten Verläufen der werkzeugseitigen Tangentialkraft Fst und Normalkraft Fsn lassen sich die ex-perimentell bestimmten Kraftverläufe mit den theoretischen Kraftverläufen verglei-chen. Abbildung 44 zeigt die Gegenüberstellung für einen Eingriff des präparierten Segments in einem Außenrundeinstechschleifprozeß. Dazu wurden mit Hilfe der werkstückseitigen Kraftmeßwerte die zu erwartenden werkzeugseitigen Kraftmeß-verläufe berechnet.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

73

-5

0

5

10

15

20

N

30

0,003 0,006 0,009 0,012 0,015 0,018 s 0,024

Fst

Ft

Fsa

Fa

Fsn

Fn

Meßzeit t

we

rkze

ugse

itig

und

we

rkst

ück

seiti

g ge

mes

sene

Krä

fte,

be

rech

nete

Krä

fte

Boe504

∆τe

Schleifscheibe

Werkstoff

Stellgrößen

CBN, keram. geb.

100Cr6, 62 HRC

vc= 25 m/sae= 12 µmvfr= 0,54 m/minqKSS = 20 l/min (Emulsion)

Schleifen

für ein Schleif-belagsegmentberechneter

Normalkraftverlauf

für ein Schleif-belagsegmentberechneterTangential-kraftverlauf

Abbildung 44: Vergleich zwischen berechneten und gemessenen, werkzeugseitigen

Kraftsignalen

Die werkzeugseitig gemessenen Kraftsignale für die Normalkraft und die Tangential-kraft zeigen im allgemeinen eine sehr gute Übereinstimmung mit den theoretischen Kraftverläufen. Auffällig ist der vor dem eigentlichen Segmenteingriff festzustellende Kraftanstieg. Offenbar liegt vor der rechnerischen Eingriffszeit des präparierten Seg-ments bereits eine Kraftanregung vor, die auf den Druckaufbau des Kühlschmier-stoffs vor der Kontaktzone zurückgeführt wird. Andererseits können elastische Ver-formungen des Werkstück-/Werzeugsystems die Eingriffsverhältnisse verändert haben und zu einer Verlängerung der geometrischen Kontaktlänge lg geführt haben.

8.1.6.5 Werkzeugbruch

Prozeßüberwachungssysteme beim Schleifen werden, soweit sie es zulassen, neben der Überwachung und Optimierung des eigentlichen Bearbeitungsvorganges zur Er-kennung von Werkzeugversagen verwendet. Werkzeugschwingungen stellen im allgemeinen das Ende der Werkzeugstandzeit dar und müssen aufgrund des Ge-fahrenpotentials für den Maschinenbediener und der wirtschaftlichen Folgekosten rechtzeitig erkannt werden, um Gegenmaßnahmen einleiten zu können. Neben dem Produktionsausfall fallen Werkzeug- und Werkstückkosten für das beschädigte Bau-teil an. Beschädigungen an der Werkzeugmaschine können die Folgekosten weiter ansteigen lassen.

Tritt beim Schleifen ein Werkzeugbruch auf, läßt sich die Entwicklung des Werkzeugversagens bis zum Herausbrechen makroskopischer Teile aus dem Schleifscheibenbelag visuell nachvollziehen. Dieser kann sich innerhalb von einer viertel bis halben Scheibenumdrehung entwickeln. Auf diesem Kreissegment erkennt man häufig eine Einlauf- und Verschmierstelle, die Zusetzungen bis hin zu dem Ausbruch des Schleifscheibenbelags kennzeichnen. Aus diesen Gründen erfordert die Erkennung von Werkzeugbruch eine sehr schnelle Reaktion. Im folgenden wird gezeigt, daß die Integration eines Kraftsensors unter einem diskreten Schleif-

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

74

belagsegment das Potential besitzt, diesen gefährlichen Betriebszustand anhand der Eingriffsverhältnisse des mit dem Sensor verbundenen Schleifbelagsegments zu erkennen.

In Abbildung 45 sind die Normalkräfte dokumentiert, die gleichzeitig von dem Werk-zeug und als Referenz von der werkstückseitigen Kraftmeßeinrichtung gemessen worden sind. In den Kraftverläufen ist die Erkennung des Werkzeugbruchs, ge-kennzeichnet durch das Ausbrechen von Teilen des Schleifbelages aus dem Werk-zeug, während des Außenrundeinstechschleifens dargestellt.

Der Schleifprozeß war bis zu einer Versuchsdauer von 14,2 s stabil und wies eine konstante Normalkraft von Fn = 120 N auf. Bei etwa 14,3 s kam es zu einem Ausbruch des Schleifbelages. Die Bruchstelle trat im Bereich des Schleifbelages an dem Übergang zum präparierten Segment auf, siehe Abbildung 45. Dieses Ereignis führte zu starken Werkzeugschwingungen, die sich in einem moderaten Anstieg im Kraftsignal der Kraft-Meßplattform in Normalenrichtung abzeichneten. Im Gegensatz dazu bildete sich ein drastischer Abfall der Normalkraft des werkzeugintegrierten Kraftsensors aus. Der Kraftverlauf ging in einen Zustand über, der schon aus der Dokumentation des Signalverhaltens bei Leerlauf, siehe Abbildung 38, bekannt ist. Dieser Zustand ergab sich aus dem Umstand, daß der Kraftsensor unter einem diskreten Schleifbelagsegment unmittelbar Aufschluß über den Eingriffszustand dieses Segments gibt. Die diesen Prozeßzustand begleitenden Schwingungen haben den Werkstückeingriff des betrachteten Schleifbelagsegments unterbunden. Das betrachtete Schleifbelagsegment befand sich zur Zeit der Werkzeugschwingungen nicht im Eingriff mit dem Werkstück, was an den über den Umfang der Schleifscheibenoberfläche verteilten Verschleißmarken verdeutlicht wurde.

Bei ca. 14,9 s wurde der Schleifversuch durch Einleitung eines „Notfall-Programms“ abgebrochen. Dadurch wurde zunächst die radiale Vorschubbewegung unterbrochen (vfr = 0), was mit einer Entspannung des Werkstück-Werkzeug-Systems und dem Abfall der Normalkräfte einhergeht. Anschließend wurde die Spindel aus dem Ge-fahrenbereich zurückgefahren und bis zu ihrem Stillstand abgebremst.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

75

Kra

ft F

snK

raft

Fn

14 14,5 15 15,5 16 s 17

14 14,5 15 15,5 16 s 17

Bruchaus-bildung

präpariertesSchleif-belag-segment

Spalt

Spalt

Zeit t

Boe132

Leerlauf

Zurückziehender Spindel

Wer

kzeu

gbru

ch

stationäreKraftmessungen

Kraftmessungen ausder Schleifscheibe

Spin

dels

tills

tand

Werkzeugschwingungen

Schleifscheibe

Werkstoff

Stellgrößen

CBN, keram. geb.

100Cr6, 62 HRC

vc= 45 m/sns= 2150 min-1

nw= -82 min-1

dw= 69,5 mmQ´w= 15 mm3/mm sqKSS = 20 l/min (Emulsion)

Schleifen

300

N

200

150

100

50

0

-50

300

N

200

150

100

50

0

-50

Abbildung 45: Gegenüberstellung der werkzeugseitigen und werkstückseitigen

Normalkräfte bei Werkzeugbruch

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

76

Die Auswirkungen der Sensoreinbindung unter dem Schleifbelag sind offensichtlich: der gefährliche Prozeßzustand zeichnet sich in dem Kraftverlauf eindeutig – und vor allem früher als bei Verwendung herkömmlicher stationärer Kraftsensorik – ab. Aller-dings gilt auch hier, wie in Kapitel 8.1.6.3 für das Abrichten angeführt, daß bei Ver-wendung nur eines Kraftsensors im ungünstigsten Fall die Zeit einer Werkzeugum-drehung

s

s

vd

t⋅

=∆π

Glg. 30

vergehen kann, bis die drastische Veränderung des Kraftsignals erkannt wird. Durch die Einbindung und Verteilung weiterer Kraftsensoren über den Umfang der Schleif-scheibe könnte der Prozeßzustand früher als nach (spätestens) einer Werkzeugum-drehung erkannt werden.

8.2 Werkzeugseitige Temperaturmessung

8.2.1 Schleifmaschine

Die Versuche zur werkzeugseitigen Temperaturmessung wurden auf einer Planschleifmaschine des Herstellers Elb, Typ MicroCut-A8-CNC, durchgeführt, siehe Abbildung 46. Die Werkzeugmaschine besitzt eine auf dem Spindelkopf montierte Profilier- und Abrichtvorrichtung. Die Tischlängsbewegung des Arbeitstisches in x-Richtung erfolgt elektromechanisch über Kugelumlaufspindeln und regelbarem AC-Motor. Dieses Antriebsystem erlaubt es, die Schleifbearbeitung bei allen Geschwin-digkeiten im Schleichgang sowie im Pendelschleifen durchzuführen. Die verschie-denen Geschwindigkeiten sind programmierbar und können stufenlos während eines Überschliffs über die Werkzeugmaschinensteuerung verstellt werden. Zum konti-nuierlichen Reinigen des umlaufenden Kühlmittels wurde ein Universal-Papierfilter-automat genutzt. Für die Untersuchungen wurde ferner mit einem hydrodynamischen Auswuchtsystem des Herstellers Schmidt-Hoffmann, Typ SB-4400/4500, und mit ei-ner auf dem Magnetspanntisch montierten Kraftmeßplattform, Typ Kistler 9257 B, gearbeitet.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

77

Abbildung 46: Planschleifmaschine Elb MicroCut-A8-CNC

Die technischen Daten und Abmessungen der Planschleifmaschine sind in der folgenden Tabelle zusammengefaßt: Spindelmotorleistung 37 kW

maximale Spindeldrehzahl 6000 min-1

maximale Tischgeschwindigkeit x-Achse 30 m/min y-Achse 1,2 m/min z-Achse 1,5 m/min

Zustellgenauigkeit 1 µm

Verfahrweg x-Achse 800 mm y-Achse 400 mm z-Achse 400 mm

Schleifscheiben Gesamtdurchmesser Bohrungsdurchmesser

maximale Breite

450 mm 127 mm

160 mm

Tabelle 5: Technische Daten der Planschleifmaschine

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

78

8.2.2 Versuchswerkstücke

Zur Versuchsdurchführung wurden Werkstücke aus 42CrMo4 mit den Maßen

60 mm x 30 mm x 100 mm (Breite × Höhe × Länge) verwendet. Durch die vorange-gangene Wärmebehandlung wiesen die Versuchswerkstücke eine Härte von 62 HRC auf.

8.2.3 Schleifwerkzeuge

Im Rahmen der Untersuchungen wurden erneut segmentierte Schleifscheiben mit einem Grundkörper aus Aluminium eingesetzt. Die Schleifbelagsegmente wurden mit zwei Spezifikationen hergestellt. Die Schleifscheibenbezeichnungen faßt Tabelle 6 zusammen.

Nr. Geometrie Körnung Konzentration Bindungsbezeichnung Härte Durchmesser Breite

1 1A1 120 45 Vol. % Al2O3 WA90 V24 C0VA2 N 400 mm 30 mm

2 1A1 126 24 Vol% CBN B126 V24 C0VA2 N 400 mm 30 mm

Tabelle 6: Kennzeichnungen der Schleifscheibenbindungen nach Unicorn/Indimant

Durch die auf ein Minimum reduzierte Beimischung von Schleifkörnern stellt die erste Spezifikation einen Grenzfall für die schleiftechnische Bearbeitung dar. Der hohe Bindungsanteil läßt einen Schleifprozeß mit starker thermischer Energieumsetzung erwarten. Die aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten in der Schleiftechnik gewün-schten Spanabtragsformen, die durch Mikrospanen-Fließspanen, Mikropflügen und Mikrofurchen hervorgerufen werden, treten nur eingeschränkt auf. Vielmehr wird der Werkstoff mehrfach verformt und verdrängt, bevor er sich unter starker thermischer Einwirkung zwischen den aufeinander reibenden Wirkpartnern, hier vornehmlich Werkstoff und Bindung, ablöst. Bei der Beurteilung der werkzeugseitig bestimmten Temperaturen ist neben der Zusammensetzung des Schleifmittels die schlechte ther-mische Leitfähigkeit der keramischen Bindung zu berücksichtigen. Diese läßt einen großen Temperaturgradienten innerhalb des Schleifbelages erwarten. Spezifikation 2 besitzt aufgrund der Anteile an CBN dagegen eine Wärmeleitfähigkeit, die nach [Töns95a] ein Vielfaches der von Edelkorund beträgt. Daneben ist bei Spezifikation 2 aufgrund der guten Zerspanungseigenschaften der CBN-Körner mit einer geringeren Wärmeentstehung zu rechnen.

8.2.4 Meßdatenauswertung und –anzeige

Die Meßdatenauswertung und –anzeige der werkzeugseitigen Temperaturmessung folgt in ähnlicher Weise dem ausgeführten Beispiel der werkzeugseitigen Kraft-messung aus Kapitel 8.1.4. Die von der stationären Empfangsseite bereitgestellten Signale wurden mit einem PC mit Meßkarte zur Darstellung und Auswertung aufbe-reitet. Die einzelnen Schritte der Signalaufbereitung werden in Abbildung 47 darge-stellt.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

79

Meßzeit t

Meßzeit t

Meßzeit t

s

s

s

The

rmos

pann

ung

Uth

erm

The

rmos

pann

ung

Uth

erm

TiefpaßfilterungTp = 10 Hz

Rohsignal

Temperatur-berechnung

Boe511

Tem

pera

tur

ϑs

Abbildung 47: Signalaufbereitung

8.2.5 Abrichtwerkzeuge

Die zum Abrichten verwendeten Werkzeuge sind in Tabelle 7 angegeben. Zur werk-zeugseitigen Temperaturmessung während der Profilgebung und Schärfung der Schleifscheibentopographie wurde sowohl eine Diamant-Abrichtrolle als auch ein stehender Abrichter eingesetzt.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

80

Nr. Abrichtwerkzeug Bezeichnungsangaben

1 Stehender Abrichter (Blockdiamant)

(Hersteller Fa. Rigger Diamantwerk-zeuge GmbH)

Wirkbreite bd = 1,5 mm

2 Diamant-Abrichtrolle (Hersteller Unicorn/Indimant)

Außendurchmesser dd = 100 mm Gesamtbreite bdges = 38 mm Diamantbelagbreite bd = 34 mm Diamantkorngröße D 602 Diamantqualität: Naturdiamant

Tabelle 7: Angaben zu den Abrichtwerkzeugen

8.2.6 Ergebnisse und Diskussion

8.2.6.1 Leerlaufverhalten

Aus dem Signalverhalten während des Leerlaufs läßt sich die Beeinflussung des Signals durch die Rotation des Demonstrators untersuchen. Waren die Kraftsignale aus dem Werkzeugsystem zur werkzeugseitigen Kraftmessung noch durch Masseneffekte überlagert, sind Störungen auf den Thermospannungsverlauf er-wartungsgemäß nicht feststellbar, siehe Abbildung 48. Sowohl beim Beschleunigen der Spindel, bei konstanter Drehzahl als auch beim Abbremsen bis zum Spindelstill-stand zeichnen sich keine meßbaren Veränderungen im Signalverhalten ab.

Boe479

0 3 6 129 s 18

AnfahrenAbbremsenkonst. Drehzahl

20

10

30

40

50

60

70

80

90

°C

110

Meßzeit t

Tem

pera

tur

m= 0,46mm

m= 0,22mm

Schleifscheibe

Stellgrößen

Meßfühlertiefe

CBN, keram. geb.

vc= 0 - 30 - 0 m/sae= 0 mmvft= 0 m/minqKSS = 0 l/min

m

AnfahrenLeerlaufschleifenAbbremsen

s

Thermoelement 1:Thermoelement 2:

n = 0 1/ss n = 0 1/ss

Abbildung 48: Signalverhalten während Anfahren, Leerlauf und Abbremsen des

Werkzeugsystems

8.2.6.2 Anschnitterkennung

Wie bei der werkzeugseitigen Einbindung eines Kraftsensors gilt auch für die An-schnitterkennung mit Hilfe einer werkzeugseitig integrierten Temperatursensorik, daß wegen der Beschränkung der Sensoren auf eine Stelle auf dem Schleifscheibenum-fang bis zur Kontakterkennung im ungünstigsten Fall die Zeitspanne einer Werkzeug-

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

81

umdrehung vergehen kann. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, daß wegen der Einbautiefe der Meßfühler innerhalb des Schleifbelags mit einer zusätzlichen zeit-lichen Verzögerung durch die thermische Trägheit des Schleifbelags und des Klebers zu rechnen ist. Abbildung 49 stellt in diesem Zusammenhang das Ansprechverhalten der Thermoelemente dar, die entsprechend dem thermischen Wärmeübergang am Einbauort mit erheblicher Zeitverzögerung ansprechen. Der genaue Zeitpunkt des Anschnitts ist durch den Anstieg der Schleifkräfte gekennzeichnet. Daraus wird ersichtlich, daß durch die oben genannte Einschränkung der zeitlichen Verzögerung eine Anschnitterkennung für industrierelevante Anwendungen ungeeignet ist.

0 1 2 43 s 6

20

10 0

100

200

300

400

500

600

700

800

N

1000

30

40

50

60

70

80

90

°C

110

ϑs bei m= 0,38mm

Boe486Meßzeit t

Tem

pera

tur

Nor

mal

kraf

t Fn,

Tan

gent

ialk

raft

Ft

Schleifscheibe

Werkstoff

Stellgrößen

Meßfühlertiefe

CBN, keram. geb.

42CrMo4

vc= 30 m/sae= 0,05 mmvft= 0,5 m/minqKSS = 0 l/min

m

Abrichter

Stellgrößen

Diamant-Formrolle D602

qd = 0,8aed = 5 µmvfrd = 0,145 mm/min

Abrichten

Schleifen

Normalkraft Fn

Tangentialkraft Ft

Anschnitt

s

Thermoelement 1:Thermoelement 2:

ϑs bei m= 0,14mm

Abbildung 49: Anschnitterkennung durch werkzeugseitige Temperaturmessung beim

Planschleifen

8.2.6.3 Abrichten

Beim Abrichten der Schleifscheibe lassen die geringen Zustellbeträge des Abricht-werkzeugs und die damit entsprechend kurzen Kontaktzeiten eine geringe Temperaturerhöhung am Meßfühler erwarten. Zudem entfallen beim Abrichten die beim Schleifen bekannten, wärmeverursachenden Mechanismen beim Eingriff des Werkzeugs in den Werkstoff. Statt dessen liegt beim Abrichten ein sprödes Brechen und Splittern der Kornspitzen der Schleifkörner vor, die mit dem Abrichter in Kontakt kommen.

Bei den werkzeugseitigen Temperaturmessungen während des Abrichtens ist im Rahmen der Untersuchungen zu unterscheiden, ob mit einem stehenden Abrichter (bd < bs) oder einer Abrichtrolle (bd ≥ bs) die Schleifscheibentopographie bearbeitet wird. Während der Eingriff des stehenden Abrichters idealisiert in punktförmiger Weise mit der Schleifscheibe in Eingriff kommt, liegt bei radialer Zustellung einer Abrichtrolle ein linienförmiger Kontakt vor, der sich in der linienförmigen Erwärmung über die Breite des Schleifbelages ausdrückt. Jedoch ist beim Abrichten zu berück-sichtigen, daß die Eingriffszeiten aufgrund der kleinen Zustellbeträge äußerst gering sind. Folglich werden die Meßfühler lediglich eine gemittelte Temperatur in der jeweiligen Meßfühlertiefe messen können.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

82

Die Überprüfung der zu erwartenden geringen Temperaturbelastung für das Werk-zeug bestätigt, daß beim Abrichten mit der Verwendung eines Einkornabrichters keine meßbare Temperaturerhöhung stattfindet, obwohl bei diesen Versuchen auf die Verwendung eines Kühlschmierstoffs verzichtet wurde. Auch für den Fall des Abrichtens mit einer Abrichtrolle sind keine nennenswerten Temperaturerhöhungen feststellbar, obgleich mit einer Abrichtzustellung von aed = 30 µm und dem Verzicht auf Kühlschmierstoff Bedingungen eingestellt wurden, die eine meßbare Tempera-turerhöhung im Schleifbelag erwarten lassen, siehe Abbildung 50. Offenbar sind die im Wirkbereich zwischen Abrichtrolle und Schleifscheibentopographie entstehenden und in den Schleifbelag eindringenden Wärmeströme zu gering, als daß eine Temperaturerhöhung in der Meßfühlertiefe festzustellen ist.

0 3 6 129 s 18

20

10

30

40

50

60

70

80

90

°C

110

Boe480Meßzeit t

Tem

pera

tur

Schleifscheibe

Abrichter

Stellgrößen

Meßfühlertiefe

CBN, keram. geb.

stehender Abrichterbd = 1,5 mm

Ud = 3aed = 5 µmvsd = 35 m/sqKSS = 0 l/min

m

Abrichter

Stellgrößen

Diamant-Formrolle D602

qd = 0,8aed = 30 µmvfrd = 0,145 mm/minvsd = 30 m/sqKSS = 0 l/min

Abrichten

m= 0,74mm m= 0,33mm

s

m= 0,7mm

Diamant-Formrolle D602Thermoelement 1:Thermoelement 2:

stehender AbrichterThermoelement 1:

Abbildung 50: Werkzeugseitige Temperaturen beim Abrichten mit einer Abrichtrolle

8.2.6.4 Schleifen

Beispielgebend sind für den Überschliff einer Flachprobe und den sich an-schließenden Abkühlvorgang in Abbildung 51 zwei werkzeugseitig ermittelte Temperaturverläufe dargestellt. Die Temperaturverläufe wurden in unterschiedlichen Meßfühlertiefen aufgenommen. Während der Bearbeitung ist eine deutliche Zunah-me der Temperatur festzustellen. Die Erwärmung findet während des gesamten Überschliffs statt. Obgleich erwartet werden kann, daß sich in der Kontaktzone sehr hohe Temperaturen einstellen, wurden in 0,38 mm Meßfühlertiefe nur Temperaturen bis ca. 81 °C gemessen. Da die zeitliche Auflösung der Temperaturspitzen in der Kontaktzone durch die Trägheit und die Einbautiefe der Meßfühler ausgeschlossen wird, handelt es sich bei den gemessenen Temperaturen um Mittelwerte, die am Meßort vorliegen.

Nach dem Überschliff des Werkstücks sinkt die Temperatur am Meßort wieder. Die Abkühlung vollzieht sich allerdings nur so lange, bis durch das Abbremsen der Spin-del der Leerlauf beendet worden ist. Nach dem Abbremsen auf Spindelstillstand ist wieder ein kleiner Temperaturanstieg festzustellen.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

83

Boe475

0 5 10 2015 s 30

Meßzeit t

20

10

30

40

50

60

70

80

90

°C

110Te

mpe

ratu

r

m= 0,14 mm

m= 0,38 mm

Spindel-stillstand

AbbremsenSchleifzeit

Schleifscheibe

Werkstoff

Stellgrößen

Meßfühlertiefe

CBN, keram. geb.

42CrMo4

vc= 30 m/sae= 0,05 mmvft= 0,5 m/minqKSS = 0 l/min

m

Abrichter

Stellgrößen

Diamant-Formrolle D602

qd = 0,8aed = 5 µmvfrd = 0,145 mm/min

Abrichten

Schleifens

Thermoelement 1:Thermoelement 2:

Abbildung 51: Werkzeugseitige Temperaturverläufe beim Planschleifen

Aus den Temperaturverläufen wird ferner ersichtlich, daß der Meßfühler, der sich näher zur Schleifscheibenoberfläche befindet, eine niedrigere Temperatur mißt, als der Meßfühler, der in größerem Abstand zur Schleifscheibenoberfläche eingebaut ist. Dieses Verhalten war bei allen werkzeugseitigen Temperaturmessungen fest-zustellen. Offenbar ist das Thermoelement, welches sich in unmittelbarer Nähe zur Schleifbelagoberfläche befindet, anderen Abkühlbedingungen durch die Werkzeug-rotation ausgesetzt als das tiefer liegende Thermoelement, welches einen besseren thermischen Kontakt zum Schleifbelag hat. Während der Rotation des Werkzeug-systems kann davon ausgegangen werden, daß sich durch die Anströmung der Schleifscheibenumfangsfläche mit der Luft innerhalb des Spindelkastens Abkühlbe-dingungen einstellen, die bei Verzicht auf Kühlschmierstoff durch aufgezwungene (rotationsbedingte) Konvektion bestimmt sind. Dagegen liegen bei Spindelstillstand Abkühlbedingungen vor, die vornehmlich im Bereich der natürlichen Konvektion liegen.

Daß die Temperaturverteilung im Schleifscheibenbelag von der Werkzeugrotation beeinflußt wird, bestätigt sich durch das Abkühlverhalten am Meßort nach Beendi-gung der Werkzeugrotation. Wie aus Abbildung 51 zu erkennen, erfolgt nach dem Stillstand der Spindel ein Wiederanstieg der Temperatur. Dieser Anstieg, der nach Kapitel 8.2.6.1 nicht auf Veränderungen des Übertragungsverhaltens der Telemetrie beim Übergang von Spindelrotation zu Spindelstillstand zurückgeführt werden kann, läßt sich mit den veränderten Abkühlbedingungen erklären. Die aus dem Inneren der Schleifscheibe nachfließende Wärme breitet sich zur Schleifscheibenoberfläche aus und führt zu dem Temperaturanstieg nach Spindelstillstand bzw. zu dem Temperaturausgleich in 0,38 mm und 0,14 mm Meßfühlertiefe nach ca. 28 Sekunden Meßzeit.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

84

Der Einfluß, den die Abkühlung durch Werkzeugrotation auf die Temperaturvertei-lung im Schleifbelag hervorruft, wird insbesondere bei der Einstellung langer Schleif-zeiten im Pendelschleifverfahren verdeutlicht, siehe Abbildung 52. Wie aus dem Temperaturverlauf festzustellen ist, findet vor dem Überschliff noch ein Abkühlen des Schleifbelages statt. Erst durch die Erwärmung als Folge des Werkstücküberschliffs steigt die Temperatur in dem Schleifbelag wieder an. Die Erwärmung erfolgt aber nicht stetig, sondern erreicht noch während der schleifenden Bearbeitung ein sta-tionäres Temperaturniveau. Wie aus diesem Verlauf abgeleitet werden kann, stellt sich nach einer bestimmten Eingriffszeit des Werkzeugs ein Gleichgewichtszustand ein. Der durch die Kontaktzone zugeführten Wärmemenge steht eine Abkühlung durch erzwungene Konvektion gegenüber. Die Annahme, daß die innerhalb der Kontaktzone aufgenommene Wärmemenge über die restliche Werkzeugumdrehung abgeführt wird, welche beispielgebend in [Shaw88] zur Abschätzung des Wärme-aufteilungsfaktors R vereinfachend getroffen worden ist, ist hier aus den vor-liegenden Ergebnissen nicht zu erkennen.

0 6 12 2418 s 36

Schleifzeit

20

10

30

40

50

60

70

80

90

°C

110

Boe512Meßzeit t

Tem

pera

tur

Schleifscheibe

Werkstoff

Stellgrößen

Meßfühlertiefe

Al2O3

42CrMo4

vc= 30 m/sae= 0,1mmvft= 0,3 m/minqKSS = 0 l/min

m

Abrichter

Stellgrößen

Einkorn-Diamant

vc = 35 m/saed = 3 30 µmvad = 390 mm/min

Abrichten

Schleifen

s

m= 280 µm

Leerlauf Leerlauf

Abbildung 52: Werkzeugseitiger Temperaturverlauf beim Pendelschleifen

Abbildung 53 zeigt den Einfluß der tangentialen Vorschubgeschwindigkeit vft auf die in konstanter Tiefe unterhalb der Schleifbelagoberfläche gemessene Temperatur in Abhängigkeit der Ausgangstemperatur des Schleifscheibenbelags. Alle Versuche wurden unter Verwendung gleicher Stellgrößen im Trockenschliff durchgeführt. Mit zunehmender tangentialer Vorschubgeschwindigkeit vft und der damit verbundenen Erhöhung der Zerspanleistung ist der Temperaturanstieg in 280 µm Meßfühlertiefe feststellbar. Der Temperaturanstieg ist jedoch gering und wird erst nach drei Wieder-holversuche sichtbar. Das kann einerseits auf die thermische Kontaktierung des Meßfühlers am Einbauort, andererseits auf die keramische Bindung zurückgeführt werden, die sich durch eine schlechte Temperaturleitfähigkeit auszeichnet.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

85

Schleifscheibe

Werkstoff

Stellgrößen

Meßfühlertiefe

Al2O3

42CrMo4

vc= 30 m/sae= 0,1mmap = 15 mmqKSS = 0 l/min

m = 280 µm

Schleifen

Boe417

°C

32

28

24

20200

0,33 0,5 0,67 0,83

300 400 500 mm/min 700

1,17

Tem

pera

tur

s

tangentiale Vorschubgeschwindigkeit vft

bez. Zeitspanvolumen Q´w

mm3/mms

EinzelmessungMittelwert

Abbildung 53: Einfluß der tangentialen Vorschubgeschwindigkeit vft auf die werkzeugseitige

Temperatur ϑs

Um den Einfluß des Kühlschmierstoffs auf die Temperaturverteilung im Schleifschei-benbelag zu untersuchen, wurden zwei aufeinanderfolgende Schleifversuche mit gleichen Stellgrößen durchgeführt und die werkzeugseitigen Temperaturen gemes-sen. In Abbildung 54 sind die Temperaturverläufe einander gegenübergestellt. Während der erste Versuch trocken durchgeführt wurde, lag beim darauffolgenden Versuch Überflutungsschmierung mit Emulsion vor. Die Gegenüberstellung belegt den Einfluß des Kühlschmierstoffs auf die werkzeugseitigen Temperaturen, die im Verlauf des Überschliffs keine Beeinflussung zeigen. Daher kann festgehalten werden, daß bei den gewählten Versuchsbedingungen die Wärmeanteile, die bei der Verwendung von Kühlschmierstoff über die Kontaktzone in das Werkzeug fließen, bei ausreichender Kühlschmierung nahezu vernachlässigbar sind und der Großteil der Wärme aus der Kontaktzone durch den Kühlschmierstoff aufgenommen wird.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

86

0 5 10 2015 s 30

Schleifzeit

20

10

30

40

50

60

70

80

90

°C

110

Boe477Meßzeit t

Tem

per

atur

Schleifscheibe

Werkstoff

Stellgrößen

Meßfühlertiefe

CBN, keram. geb.

42CrMo4

vc= 30 m/sae= 0,05 mmvft= 0,5 m/mintrocken/Emulsion

m

Abrichter

Stellgrößen

Diamant-Formrolle D602

qd = 0,8aed = 5 µmvfrd = 0,145 mm/min

Abrichten

Schleifen

Thermoelement 1:Thermoelement 2:

mit KSS

ohne KSS

m= 0,15mmm= 0,39mm

m= 0,39mmm= 0,15mm

s

Abbildung 54: Einfluß des Kühlschmierstoffs auf die werkzeugseitig bestimmte Temperatur

Sind während des Abrichtens die im Schleifbelag auftretenden Temperaturen eher vernachlässigbar, zeigt sich der Einfluß des Abrichtens jedoch deutlich bei der Gegenüberstellung der werkzeugseitigen Temperaturverläufe an einer zugesetzten und einer frisch abgerichteten Schleifscheibentopographie. Die Zusetzung der Schleifscheibentopographie erzeugt bekanntlich eine Temperaturerhöhung in der Kontaktzone. Dafür verantwortlich ist eine Veränderung der sogenannten Schnitt-einsatztiefe, bei der ein Schleifkorn eine Zerspanung herbeiführt. Wird beispielsweise durch Zusetzen der Schleifscheibentopographie die Schnitteinsatztiefe nicht erreicht, kommen von der bereitgestellten Schleifleistung verstärkt Reibungsanteile zum Tragen. Dadurch steigt die pro Abtragsvolumeneinheit erzeugte Wärmemenge an. Dieser Verlust an Schneidfähigkeit läßt sich durch die werkzeugseitige Temperatur dokumentieren. Der Verschleißzustand der Schleifscheibe wurde für diese Unter-suchungen durch mehrere Einzelversuche ohne Verwendung von Kühlschmierstoff herbeigeführt. Unter diesen Versuchsbedingungen, die hohe thermische und mecha-nische Beanspruchungen zur Folge hatte, war die keramisch gebundene CBN-Schleifscheibe nicht in der Lage, die Schneidfähigkeit aufrechtzuhalten. Die Gründe für die ansteigenden Prozeßkräfte, die auf einen Verlust an Schneidfähigkeit hin-deuten, werden durch die rasterelektronenmikroskopischen Aufnahmen sichtbar, die in der Mitte des präparierten Schleifbelagsegments in der Nähe der integrierten Meß-fühler erstellt wurden, siehe Abbildung 55.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

87

Boe465

SchleifscheibeKühlungWerkstücktang. Vorschubg.Schnittgeschw.ZustellungEingriffsbreiteZerspanvolumen

: CBN, : q = 0 l/min: 42CrMo4V: vft = 0,5 m/min: vc = 30 m/s: a = 0,05 mm: a = 30 mm: Vw= 450 mm3

keramisch geb. KSS

e p

300µm

100µm

Elektronenvolt9keV7654321

AuKα

CrKα

FeKα

MnKα

Schleifen

Abbildung 55: REM-Aufnahme und EDX-Analyse an einer keramisch gebundenen CBN-

Schleifscheibe mit Zusetzungen

Aus den Vergrößerungen lassen sich neben abgestumpften und abgesplitterten Körnern deutlich Zusetzungen und Überdeckungen der Porenräume durch me-tallische Ablagerungen erkennen. Die EDX-Analyse bestätigt die Aufnahme mit der Erkennung von Eisen-, Chrom- und Mangananteilen auf der Schleifscheibenober-fläche. Die Aufnahmen dokumentieren, daß die Aufgabe der Spanräume, die gebil-deten Späne aufzunehmen und aus der Kontaktzone zu transportieren, nicht mehr erfüllt werden konnte. Anstelle der Zerspanungsmechanismen fand ein metallischer Reibkontakt mit erhöhter Wärmeerzeugung statt.

Die kontinuierliche Überwachung der werkzeugseitigen Temperatur und werkstück-seitigen Kraftverläufe dokumentiert den Einfluß dieser Zusetzungen auf die Tempera-turen im Schleifbelag, siehe Abbildung 56. Dargestellt sind zwei aufeinanderfolgende Schleifoperationen unter Verwendung gleicher Stellgrößen, die nur durch einen Abrichtprozeß unterbrochen wurden. Deutlich erkennt man an den Temperaturver-läufen, daß nach Beseitigung der Zusetzungen geringere Temperaturen festzustellen sind. Es wird deutlich, daß sich über die werkzeugseitigen Temperaturen Rück-schlüsse auf den Verschleißzustand der Schleifscheibentopographie vornehmen lassen. Diese Zusammenhänge werden anhand der Prozeßkräfte bestätigt, welche unterschiedliche Leistungsumsetzungen dokumentieren.

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

88

0 5 10 2015 s 30

nach demAbrichten

vor demAbrichten

Schleifzeit

20

10

30

40

50

60

70

80

90

°C

110

m= 0,14mmm= 0,38mm

Spindel-stillstand

Abbremsen

Boe506Meßzeit t

Tem

pera

tur

Thermoelement 1:Thermoelement 2:

m= 0,375mm

m= 0,135mm

100

0

200

300

400

500

600

700

800

N

1000

Nor

mal

kraf

t Fn,

Tan

gent

ialk

raft

Ft

Ft

Fn

Schleifscheibe

Werkstoff

Stellgrößen

Meßfühlertiefe

CBN, keram. geb.

42CrMo4

vc= 30 m/sae= 0,05 mmvft= 0,5 m/minq = 0 l/min

m

KSS

Abrichter

Stellgrößen

Diamant-Formrolle D602

qd = 0,8aed = 5 µmvfrd = 0,145 mm/min

Abrichten

Schleifen

vor demAbrichten

nach demAbrichten

s

Abbildung 56: Werkzeugseitige Temperatur- und werkstückseitige Kraftentwicklungen der

zugesetzten und abgerichteten Schleifscheibenoberfläche

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8 Erprobung der sensorintegrierten Werkzeuge

89

8.2.6.5 Werkzeugbruch

Der Werkzeugbruch wurde wie bei der werkzeugseitigen Kraftmessung durch die Steigerung der bezogenen Normalkräfte herbeigeführt. Bei einer voreingestellten Zu-stellung von ae = 50 µm kam es zum Werkzeugbruch. Dabei platzten größere Be-reiche des Schleifbelags über dem Gesamtumfang der Scheibe ab. Von diesem Abplatzen betroffen waren die Schleifbelagsegmente sowohl als Ganzes als auch bisweilen in einzelnen Teilen. Im Bereich der werkzeugseitig applizierten Thermoele-mente blieb der Schleifbelag auf dem Grundkörper allerdings erhalten, wodurch die Messung der Temperatursignale über den Verlauf des Werkzeugbruchs möglich war.

Der Schleifprozeß wurde nach dem Eintritt des Werkzeugbruchs zunächst unter Bei-behaltung der anfänglich eingestellten Stellgrößen bis zur Einleitung des Notfall-Pro-gramms fortgeführt. Von dem Moment des Werkzeugbruchs bis zum Versuchs-abbruch war ungefähr die Hälfte des auf dem Grundkörper verbliebenen Schleif-belags an der Zerspanung beteiligt.

In Abbildung 57 ist der werkzeugseitig gemessene Temperaturverlauf eines Thermo-elements dargestellt, welches sich in einer Meßfühlertiefe von 520 µm zur Oberfläche befunden hat. Zu Beginn des Werkzeugeingriffs zeigt sich der aus vorherigen Ver-suchen bekannte Anstieg der Thermospannung. Diesem folgt nach Auftreten des Werkzeugbruchs, welcher von Werkzeugschwingungen gekennzeichnet war, ein zweiter Anstieg auf ein höheres Temperaturniveau. Erst bei Einleitung des in Kapitel 8.1.6.5 beschriebenen Notfall-Programms fällt die gemessene Temperatur ab.

20

10

30

40

50

60

70

80

90

°C

110

Tem

pera

tur

s

0 4 8 12 s 20

Boe483-2Meßzeit t

Schleifscheibe

Werkstoff

Stellgrößen

Meßfühlertiefe

CBN, keram. geb.

42CrMo4

vc= 35 m/sae= 0,05 mmvft= 0,5 m/minap = 30 mmq = 0 l/min

m = 520 µm

KSS

Schleifen

Schleifzeit

Anschnitt Not-AusBereich des

Werkzeugbruchs

Abbremsen

Bereich derWerkzeugschwingungen

Abbildung 57: Werkzeugseitige Temperaturmessung bei Werkzeugbruch

Im Gegensatz zu den vorherigen Versuchen, die sich durch einen einzigen Tempera-turanstieg auf ein konstantes Temperaturniveau auszeichneten, läßt sich das Werk-zeugversagen deutlich anhand eines zweiten Anstieges identifizieren. Dieser zweite Anstieg nach dem Werkzeugbruch resultiert aus der aufzuwendenen Zerspanungs-

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9 Entwicklungsansätze für miniaturisierte Sensoren

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leistung, die sich nach dem stellenweisen Abplatzen des Schleifbelages unter Bei-behalten der Stellgrößen vc, vft und ae auf die verbliebenen Schleifbelagsegmente verteilte und einen erhöhten Wärmeeintrag in den Rest des Schleifbelages be-gründet. Anhand der Abbildung 57 läßt sich aber auch erkennen, daß sich der Werk-zeugbruch aufgrund der bereits beschriebenen Phasennacheilung des Temperatur-signals und der Meßfühlerträgheit in einer Einbautiefe von 520 µm erst nach mehreren Werkzeugumdrehungen abzeichnet.

9 Entwicklungsansätze für miniaturisierte Sensoren

Ausgehend von den vorangegangenen Untersuchungen unter Verwendung von kon-ventionellen Sensoren werden im folgenden weiterführende Entwicklungsansätze vorgestellt, durch deren Anwendung in Aussicht gestellt wird, die Einschränkungen der Drahtthermoelemente und des makroskopischen Kraftsensors (zeitliche Verzö-gerung und absolute Abschwächung des Meßsignals, begrenzte Lebensdauer, punktueller Meßort, Veränderung des Werkzeugaufbaus) bei werkzeugseitiger Ein-bindung zu umgehen.

9.1 Kraftsensorik

Der Entwicklungsansatz für eine miniaturisierte, werkzeugseitige Kraftsensorik stellt die konsequente Weiterführung der oben beschriebenen Einbindung eines makros-kopischen, piezoelektrischen Kraftsensors dar. Ein vielversprechender Ansatz zur Er-stellung eines Mehrkomponenten-Kraftsensors besteht in der Weiterentwicklung piezoelektrischer Keramiken.

Abbildung 58 stellt schematisch die Einbindung des in piezoelektrischen Strukturen aufgebauten Kraftsensors dar. Unter einem Segment werden die Funktionsschichten, die beispielsweise aus einem Schichtenstapel Elektrode/Blei-Zirkonat-Titanat(PZT)/Elektrode bestehen, eingeklebt. Die kraftsensitiven PZT-Schichten können in einem Sol-Gel Verfahren abgeschieden werden [Lee96, Luka99]. Dabei werden in der Regel Schichtdicken von wenigen Mikrometern eingestellt. Bei dieser sehr flachen Anordnung ist der Hauptvorteil der mikrosystemtechnisch hergestellten Variante gegenüber der bereits realisierten Anordnung mit einem Makrosensor vor allem in der Integrierbarkeit des Sensors in ein Schleifwerkzeug zu sehen, die eine gravierende äußerliche Veränderung des Werkzeugaufbaus nicht erwarten läßt. Ein bedeutsamer Vorteil wird außerdem in der nahezu beliebigen geometrischen Gestal-tung der Sensoren gesehen. Entsprechend würde sich die Miniaturisierung in einer geringeren Rückwirkung aus der integrierten Sensormasse auswirken.

Aufgrund der zuvor diskutierten Ergebnisse zur werkzeugseitigen Temperatur-messung kann davon ausgegangen werden, daß durch die vorgeschlagene An-ordnung der Sensoren unter einem Schleifbelagsegment Temperatureinflüsse auf das dynamische Meßsignal nahezu vernachlässigbar bleiben. Die Messungen haben gezeigt, daß Temperaturen von ca. 100 °C bei Werkzeugbruch in einer Meßfühlertiefe von 520 µm auftreten, wenn auf Kühlschmierstoff verzichtet wird. Bei einer vorgesehenen Einbautiefe von mehreren Millimetern kann daher eine geringe Beeinflussung der temperaturabhängigen piezoelektrischen Eigenschaften erwartet werden.

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9 Entwicklungsansätze für miniaturisierte Sensoren

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Boe493

Schleifbelagsegmente

Fsn

Fsa

Grundkörper

PiezoelektrischeDünnschichtenFst

Abbildung 58: Einbindung eines miniaturisierten Kraftsensors [Brin98]

Die in Abbildung 58 vorgestellte Einbindung einer piezoelektrischen Schicht besitzt ähnlich wie bei der Integration des makroskopischen Kraftsensors den Vorteil, an der Eingriffsstelle des Schleifbelagsegments die Kräfte zu erfassen. Bei dieser An-ordnung ist jedoch zu berücksichtigen, daß die Haftung des Schleifbelagsegments nicht mehr von der Klebverbindung zwischen Grundkörper und Schleifbelagsegment abhängt, sondern vielmehr von den Haftvermittlungseigenschaften der eingefügten Zwischenschichten mitbestimmt wird. Durch Aufbringen von Sensorarrays, die sich anstelle einer ganzflächigen Abdeckung nur über Teile der Unterseite der Schleifbe-lagsegmente erstrecken, ließe sich eine Beeinflussung der Haftung minimieren. Dies hätte jedoch die Realisierung einer Kraftnebenschlußanordnung und geringere Empfindlichkeiten der kraftsensitiven Schicht zur Folge.

9.2 Temperatursensorik

Die vorangegangenen Temperaturmessungen haben gezeigt, daß unterhalb der an der Zerspanung beteiligten Schleifbelagoberfläche moderate Temperaturen vorlie-gen. Die extrem hohen Temperaturen, die für einen kurzen Moment pro Schleifschei-benumdrehung an der Schleifbelagoberfläche vorliegen, lassen sich innerhalb des Schleifbelags mit den verwendeten Drahtthermoelementen nicht mehr nachweisen. Der Grund dafür ist die unzureichende Meßdynamik und die Einbautiefe der Meß-fühler, die eine Amplitudenreduktion und eine Phasennacheilung der zu messenden Temperatur zur Folge hat. Für eine Beeinflussung von Randzoneneigenschaften geschliffener Bauteiloberflächen ist daher die Weiterentwicklung der werkzeugsei-tigen Temperatursensorik erforderlich. Dabei ist entscheidend, wie es gelingt, die Meßstelle des Temperatursensors an die Oberfläche des Schleifbelags zu führen und die Funktionsfähigkeit trotz Schleifscheibenverschleiß über die gesamte Lebens-dauer des Werkzeugs, die sich in der abnehmenden Höhe des Schleifbelags aus-drückt, aufrechtzuerhalten.

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9 Entwicklungsansätze für miniaturisierte Sensoren

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Ebenso ist die Ansprechgeschwindigkeit des Sensors von großer Bedeutung. Zum Erreichen einer schnelleren Ansprechzeit müssen die Größen optimiert werden, die die Fühlerzeitkonstante T beeinflussen. Diese setzen sich, wie bereits diskutiert, aus zwei Anteilen zusammen, nämlich aus einem Anteil, der durch das Thermoelement bedingt ist (Masse ρTher⋅VTher, Oberfläche ATher, spezifische Wärmekapazität cTher) und einem Anteil, der durch die Wärmeeinbringung beeinflußt wird. Für eine weiterentwickelte Variante eines thermoelektrischen Sensors gilt demnach, daß es eine möglichst kleine Masse (ρTher⋅VTher) bei großer Oberfläche ATher und eine kleine spezifische Wärmekapazität cTher besitzen sollte.

Für die Weiterentwicklung konventioneller Thermoelemente zwischen den Schleifbe-lagsegmenten wird daher ein Ansatz in Schichttechnologie vorgeschlagen [Univ98]. Während die Wärmekapazität durch die ausgewählte Materialkombination der Dünn-schichten festgelegt ist, lassen sich die anderen Größen zum Erreichen einer schnel-len Ansprechzeit verändern. Im Falle der Masse wird dies durch eine konsequente Miniaturisierung bzw. Abscheidung kleinster Materialanteile des Meßfühlers erreicht. Zur Erhöhung der Oberfläche wird die als Meßpunkt zu betrachtende Verbindungs-stelle des Drahtthermoelements auf die gesamte Schleifscheibenbreite ausgedehnt. In einer derartigen Ausführung sind Dünnschichtthermoelemente herstellbar, die eine Zeitkonstante von weniger als T = 50 ns aufweisen [Ahre00] und somit für die werk-zeugseitige Anwendung prinzipiell geeignet sind [Ahre99].

Konventionelle Dünnschicht-Thermoelemente sind seit vielen Jahren bekannt und liegen in verschiedenen Varianten vor [Gold83, Shar84, Tong87, Schr93]. Sie sind jedoch noch nicht für werkzeugseitige Anwendungen in der Schleiftechnik entwickelt worden. Tabelle 8 gibt einen Überblick über ausgewählte Arbeiten zu Dünnschicht-Thermoelementen, die aus der Literatur bekannt sind.

Quelle Thermoelement und Schichtdicke Ansprechge-schwindigkeit

Meßmethode

[Tong87] Pt (0,51 µm) – Ir (0,29 µm) T0,5 = 60 ns Nd:Yag-Laserimpuls (tP = 10 ns)

[Schr93] Ni (80 nm) – Au (200 nm) T = 500 ns Argon-Laserimpuls

(tP = 500 ns)

Tabelle 8: Ausgewählte Entwicklungsarbeiten auf dem Gebiet der Dünnschicht-Thermoelemente

Richtungsweisend für die hier vorgeschlagene Sensorentwicklung und –einbindung sind die in Tabelle 8 genannten Arbeiten und verschiedene wissenschaftliche Unter-suchungen, die Draht, Folien- oder Dünnblech-Thermoelemente für die Schleifbear-beitung werkstück- und werkzeugseitig in einer offenen Anordnung nutzten, um bei-spielsweise Aussagen über die dynamische Schneidenzahl oder die wahre Kontaktlänge machen zu können [Pekl57, Maki66, Verk75].

Rowe verwendet beispielgebend zur Bestimmung der Wärmemengenverteilung beim Überschliff eines zweigeteilten Werkstücks ein Folienthermoelement [Rowe98]. Da-bei nutzt er den Effekt aus, daß sich die Folien bei entsprechender Anordnung beim

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Überschliff kontaktieren und eine der Temperatur proportionale Spannung aus der Kontaktzone liefern.

- Folienthermoelement - - Spannungssignal -

45 µm

V

Spa

nnun

g U

Zeit tms

SchleifscheibeKühlungSchnittgeschw.

: A 200, 200mm: trocken: vc = 30 m/s

tang. Vorsch. : vft = 0,2 m/minWerkstoff : 1%C, 1%Cr, 61 HRC

Boe551 Abbildung 59: Werkstückseitige Meßanordnung und Spannungssignal bei Überschliff nach

[Rowe98]

Das in der zitierten Arbeit verwendete Meßprinzip wurde bereits in ähnlicher Weise für die werkzeugseitige Temperaturmessung in unterschiedlichen Anordnungen vorgeschlagen [Oest74, Post88, Post90]. Abbildung 60 stellt eine Weiterentwicklung eines auf diesen Ansätzen beruhenden, vollständig in das Schleifwerkzeug inte-grierbaren Sensors aus mikrosystemtechnisch hergestellten und voneinander isolierten Dünnschichten dar.

Boe037

Schleifscheibe

Spannungsabgriff

Schleifbelag-segment

Schleifbelag-segment

Ni-Schicht

Isolierung

NiCr-Schicht

Abbildung 60: Einbindung des Dünnschichtthermoelements [Univ98]

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Das in Abbildung 60 eingebundene Dünnschichtthermoelement stellt die technolo-gische Weiterentwicklung der in den vorangegangenen Kapiteln vorgestellten Temperaturmessung mittels werkzeugseitiger Drahtthermoelemente dar. Es beruht ebenfalls auf der Ausnutzung des Seebeck-Effekts und wird gleichfalls in den stirn-seitigen Spalt zweier Schleifbelagsegmente eingebunden. Üblicherweise ist dieser Spalt mit Klebstoff ausgefüllt. Die Spaltweite zwischen den Schleifbelagsegmenten liegt in einem Bereich zwischen 0,5 mm bis 1 mm und bietet daher für die Ge-samtdicke eines mikrosystemtechnischen Sensors ausreichend Platz. Die Wahl der Dünnschichten mit einer Nickel-Chrom (NiCr)-Legierung und einer Nickel-Alumi-nium (NiAl)-Legierung entspricht der Werkstoffzusammensetzung üblicher Thermo-elemente vom Typ K. Diese Schichten werden durch eine geeignete Passivierung ganzflächig elektrisch voneinander getrennt. Die Schichtenfolge erstreckt sich über die gesamte Höhe der Schleifbelagsegmente. An der unteren Stirnseite erfolgt der Spannungsabgriff der temperaturproportionalen Spannung. Die untere Stirnseite des Dünnschichtsensors stellt mit dem Spannungsabgriff somit die Schnittstelle zur nachfolgenden Signalaufbereitung als Teil der mitrotierenden Telemetrieeinheit dar. Demgegenüber erfolgt an der oberen Stirnseite die Temperaturmessung.

Das Funktionsprinzip, welches die Temperaturmessung über die gesamte Lebens-dauer der Schleifscheibe ermöglicht, ist in Abbildung 61 vergrößert dargestellt.

Schleifkörner Schleifkörner

NiCr

Iso

lieru

ng

Bindung

KSS

Werkstück Meßstelle

NiAl

vft

1 - 20 µm 1 µm1 - 5 µm

Boe023

vs

Abbildung 61: Funktionsprinzip des werkzeugseitigen Dünnschichttemperatursensors

Aufgrund der thermomechanischen Einflüsse während der Schleifbearbeitung findet mit jeder Werkzeugumdrehung ein fortwährender Abtrag im äußeren Bereich des Schleifbelages statt. Durch die hier dargestellte Einbindung dünner Funktionsschich-ten in den Schleifbelag wird die Stirnseite der NiAl-Schicht über die elektrische Isola-tion mit der NiCr-Schicht in einen elektrischen Kontakt gebracht. Es findet ein „Ver-schmieren“ der NiAl-Schicht innerhalb der Kontaktzone statt, ein Effekt, der einer kontinuierlichen Neukontaktierung und augenblicklichen Zerstörung dieser Thermo-

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elementverbindung entspricht. Die Funktionstüchtigkeit dieses Sensorprinzips ist unter Verwendung von 1 µm und 5 µm dicken Funktionsschichten in einem werk-stückseitigen Hybridaufbau in [Ahre00] belegt. Mit einem prototypischen Aufbau von 1 µm dicken, in PVD-Verfahren aufgedampften Dünnschichten konnten ferner Zeit-konstanten im Bereich von 10 ns bis 40 ns nachgewiesen werden [Ahre00].

Abbildung 61 stellt die zur Erfüllung dieses Funktionsprinzips notwendige Aufgaben-verteilung der einzelnen Schichten heraus. Eine etwas dickere Thermoelement-schicht – vorzugsweise wählt man dafür die weichere Schicht – hat die Funktion einer Spenderschicht und verschmiert über die Isolation über die andere Schicht. Dadurch bildet sie einen elektrischen Kontakt. Maßgeblich für die Funktion der Isolationsschicht ist die erforderliche, ganzflächige elektrische Isolierung der Thermo-elementschichten, wobei an der stirnseitigen Kontaktfläche der Isolationsschicht zum Werkstück ein geringer mechanischer Widerstand erforderlich ist, um die Stoff-transportvorgänge zur Kontaktierung der Thermoelementschichten zu unterstützen. Als Substrat bietet sich vorzugsweise abgedünntes Silizium oder Al2O3 an. Allerdings sind diese Materialien sehr spröde und es besteht die Gefahr, daß unter der mechanischen Einwirkung das Substrat in einer bestimmten Tiefe unterhalb der Schleifbelagoberfläche bricht und der elektrische Kontakt unterbrochen wird. Mit-entscheidend bei der Auswahl des Substratmaterials und der –dicke ist ferner, daß ähnliche mechanische Materialeigenschaften vorliegen sollten, wie sie die an-grenzenden Schleifbelagsegmente aufweisen, um einer Auskolkung an dem Einbau-ort vorzubeugen. Diese Überlegung spricht für die Verwendung des Al2O3.

Aus den unterschiedlichen Aufgaben der Funktionsschichten ergibt sich die Notwen-digkeit, die Schleifscheibe in einer Vorzugsrichtung zu betreiben. Der Einbau der Schleifscheibe, bzw. die Betriebsrichtung des Werkzeugs, ist aber nicht allein durch die Anordnung eines Dünnschichttemperatursensor bedingt, sondern auch durch die herstellerseitige Vorbereitung der Schleifscheibe durch Abrichten und Schärfen und durch die einseitige Applizierung der zur Signalübertragung notwendigen Telemetrie-spule und –antenne auf dem Schleifscheibengrundkörper.

Aufgrund der obengenannten Beschreibung lassen werkzeugseitig verwendete Dünnschichtthermoelemente gegenüber dem in den experimentellen Unter-suchungen vorgestellten Einsatz von konventionellen Drahtthermoelementen folgende Vorteile erwarten:

1. Durch die prozeßbedingte Kontaktierung in der Kontaktzone wird die Temperatur jeweils im Schleifkontakt zum Werkstück ermittelt, ohne daß eine Übergangs-funktion oder der Wärmeübergang von einem Schleifbelagsegment zum Meß-fühler berücksichtigt werden muß.

2. Bedingt durch den gemeinsamen Verschleiß mit dem Schleifbelag wird der Temperatursensor über die gesamte Lebensdauer der Schleifscheibe funktions-fähig bleiben.

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9 Entwicklungsansätze für miniaturisierte Sensoren

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3. Aufgrund der Anordnung des Sensors über die gesamte Schleifscheibenbreite bleibt der Meßort nicht auf einen Meßpunkt beschränkt. Daraus leitet sich ab, daß die Temperatur über die gesamte Schleifscheibenbreite (ap = bs) bzw. über einen Teil der Breite (ap < bs) meßbar ist.

Gegenüber bestehenden Meßmethoden besteht ein weiterer Vorteil der vorgeschla-genen Temperatursensorik in der Anwendbarkeit auf verschiedene Verfahrensvarian-ten. Das hier zu entwickelnde Dünnschicht-Thermoelement stellt daher eine neue Art der Temperatursensorik für den Betrieb in verschleißenden Schleifwerkzeugen dar. Als Beispiel eines Schleifprozesses mit besonders hoher wirtschaftlicher Relevanz hinsichtlich der Vermeidung von Randzonenschädigungen soll an dieser Stelle das Profilschleifen von Verzahnungen genannt werden. Durch Modifikationen des Sensoraufbaus und Anpassung der Telemetrie kann das entwickelte Konzept auch für diese Aufgabe zur Temperaturmessung an verschiedenen Profilstellen eines Evolventen-Profils angepaßt werden, siehe Abbildung 62. Durch die gezielt einge-stellte Abnutzung der im Meßbereich befindlichen Stirnseite des Dünnschicht-Sensors mißt dieser die Temperatur an besonders temperaturkritischen Bereichen der Kontaktfläche.

Boe557

Schleifbelag-segment

Grundkörper

einzelne Thermoelemente

Isolierung

Abbildung 62: Mögliche Modifikation des Sensoraufbaus für die Temperaturmessung an

verschiedenen Profilstellen beim Verzahnungsschleifen

Die wesentlichen Modifikationen im Vergleich zur Abbildung 60 bestehen zum einen in der axialen Aufteilung des Sensors in drei getrennte Thermoelemente zur Erfas-sung der Temperaturen an unterschiedlichen Profilstellen. Mit dem Vorliegen unter-schiedlicher Eingriffsverhältnisse und Schnittgeschwindigkeiten können unterschied-liche Temperaturentwicklungen besser erkannt werden, wobei auch die Aufteilung in mehr als drei Thermoelemente denkbar ist. Der schichtweise Aufbau jedes einzelnen Thermoelements bleibt dabei unverändert. Allerdings erfordert das modifizierte Kon-

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10 Zusammenfassung und Ausblick

97

zept den Anschluß von zusätzlichen Kanälen zur Übertragung der Meßsignale an die Auswertungselektronik.

Die oben vorgestellten Modifikationen können dazu beitragen, über Korrelationen von werkzeugseitig gemessenen Temperaturen und Randzonenschädigung einen zulässigen Schwellwert festzulegen, um die Vermeidung von Schleifbrand an be-sonders kritischen Profilstellen zu ermöglichen, an denen z.B. aufgrund unterschied-licher Schnittgeschwindigkeiten oder der spezifischen Bauteilgeometrie die Gefahr der Überhitzung während des Schleifprozesses gegeben ist.

10 Zusammenfassung und Ausblick

Beim Schleifen unterliegen die Prozeßgrößen vielfach ständigen Veränderungen. Aus diesem Grund ist die zuverlässige Vorhersage der technologischen und physikalischen Merkmale eines schleiftechnisch bearbeiteten Werkstücks mit Kenntnis der Stell- und Systemgrößen nur eingeschränkt möglich. Nur durch die entstehungsnahe Messung der Prozeßgrößen ist es möglich, die thermische und me-chanische Energieumsetzung in der Kontaktzone abzuschätzen und wirtschaftliche Prozeßführungsstrategien zu verfolgen.

Vor diesem Hintergrund wurden in der vorliegenden Arbeit Methoden untersucht, die qualitätsbestimmenden Prozeßgrößen durch werkzeugseitig applizierte Sensoren zu erschließen. Für die Untersuchungen wurden keramisch gebundene, segmentierte CBN-Schleifscheiben verwendet und die werkzeugseitige Integration von Sensoren zur Messung der Prozeßgrößen realisiert. Dadurch konnte gezeigt werden, daß es unter Anwendung konventioneller Sensoren eingeschränkt möglich ist, aus dem Werkzeug die Prozeßgrößen in Teilprozessen der Schleifbearbeitung zu erfassen. Bei den Versuchen wurden Prozeßzustände wie Leerlauf, Plan- und Außenrundein-stechschleifen, Abrichten und auch Werkzeugbruch zum Gegenstand der Untersu-chungen gewählt. Die Untersuchungen machten in Verbindung mit FE-Simulationen deutlich, daß die Integration der verwendeten konventionellen Sensorik eine prozeß-einschränkende Veränderung des Werkzeugs darstellt. Wie ausgeführt, ist trotz der beträchtlichen Änderung des Werkzeugaufbaus für die Sensor- und Telemetrieein-bindung nachgewiesen worden, daß bei entsprechender Weiterentwicklung der werk-zeugseitigen Sensorik der mit den Entwicklungsansätzen aufgezeigte Weg das Po-tential besitzt, entstehungsnah, werkstück- und prozeßunabhängig Schleifprozesse zur Einstellung von Randzoneneigenschaften oder zur Verfolgung von Prozeß-führungsstrategien zu kontrollieren.

Im Sinne des angestrebten Fernziels der Arbeit, durch werkzeugseitige Messung der Prozeßgrößen Randzoneneigenschaften während der Bearbeitung einzustellen und Prozeßführungsstrategien zu verfolgen, muß die hier in einem ersten Entwicklungs-schritt erfolgreich aufgebaute Schleifscheibe weiterentwickelt werden. Sensorinte-grierte Schleifwerkzeuge werden nur dann innerhalb einer industriellen Fertigungs-kette wirkungsvoll, wenn einerseits die das Werkzeug ergänzenden Komponenten, wie Telemetrie und Sensorik, den Aufbau der Schleifscheibe nicht oder nur vernach-lässigbar beeinträchtigen und andererseits die Peripherie des Prozesses zu einem geschlossenen Regelkreis weiterentwickelt wird. Die von einem derartigen Schleif-werkzeug bereitgestellten Meßdaten stehen dann prinzipiell für die Verwendung innerhalb einer Prozeßregelung zur Verfügung, so daß sich bezogen auf den

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10 Zusammenfassung und Ausblick

98

Schleifprozeß das geschlossene, in-prozeß geregelte Verhalten des Werkzeugs erst durch die Einbindung weiterer Systemkomponenten, wie der Werkzeugmaschinen-steuerung und der Werkzeugmaschine ergibt. In Abbildung 63 ist eine mögliche Einbindung der ergänzenden Systemkomponenten schematisch dargestellt.

Nur durch den prozeßumfassenden, geschlossenen Kreis aus Meßgrößenbestim-mung, der Informationsverarbeitung und der Korrektur von Prozeßgrößen läßt sich die Einbindung des mit Sensoren ausgestatteten Schleifwerkzeugs in seinem gesam-ten Potential nutzen. Besondere Beachtung verdient dabei die Einbindung der Werk-zeugmaschinensteuerung, an die besondere Anforderungen gestellt werden müssen. Wie aus den Untersuchungsergebnissen zur werkzeugseitigen Prozeßgrößenbestim-mung abgeleitet wurde, stehen die Signalverläufe bei der Übergabe von der Tele-metrie zur Steuerung nur für kurze Zeit zur Verfügung. Insofern kann nur dann eine effiziente Regelung des Schleifprozesses gewährleistet werden, wenn entsprechend geringe Regelungszeiten von der Steuerung erfüllt werden können.

Boe285

Schleifmaschine

Reg

elg

röß

e

Pro

zeß

größ

en

Schleifscheibe

Energie

Daten

Spule rotierendeTelemetrie

T [°C]

F [N]stationäreTelemetrie

Datenver-arbeitung

Schnittstellezur

Maschinen-steuerung

Spule

f [Hz]

Telemetrie Abbildung 63: Einbindung der mit Sensoren ausgestatteten Schleifscheibe in einen

geschlossenen Regelkreis

Neben den hier behandelten Systemlösungen für die werkzeugseitige Erfassung maßgeblicher Prozeßgrößen, wie den Schleifkräften und der Kontaktzonentempera-tur, kann die Funktionsfähigkeit der Schleifscheibe noch durch die werkzeugseitige Erfassung von Körperschallsignalen zur Anschnitterkennung sinnvoll ergänzt werden. Die geschilderten Funktionen zielen insgesamt auf ein grundlegend neues Werkzeugkonzept ab, mit dem die Haupteinflußgrößen auf die Bauteilrandzone beim Schleifen verfahrens-, material- und bauteilgeometrieunabhängig in-prozeß bestimmt werden können. Da die in dieser Arbeit vorgestellte Gewinnung von Prozeßgrößen mit bekannten Prozeßüberwachungssystemen nicht vergleichbar ist, können die Meßsignale neben der Werkzeugmaschinensteuerung auch anderen Bestandteilen der Prozeßperipherie für die Erfüllung unterschiedlichster Regelungsaufgaben zur Verfügung gestellt werden. Beispielgebend ist die Regelung einer Kühlschmierstoff-pumpe zur Förderung unterschiedlicher Kühlschmierstoffmengen in Abhängigkeit der in-prozeß erfaßten Prozeßgrößen zu nennen.

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11 Anhang

99

11 Anhang

Anforderungskatalog für sensorintegrierte

Schleifscheiben zur werkzeugseitigen Kraft- und Temperaturmessung

F, W

Anforderung

Geometrien F Grundkörper mit umlaufender Zentriernut und aufgeklebten Schleifbelag-

segmenten

F Schleifbelagsegmente

Berücksichtigung der Dicke und der Bogenlänge

Berücksichtigung der Spaltweite zwischen den Schleifbelagsegmenten

F Telemetrie

mehrkanaliges System zur drahtlosen Übertragung von Normal-, Tangential- und Axialkräften, bzw. von 3 Temperaturmeßwerten

F W

Werkzeugmaschine

Berücksichtigung der Anschlußmaße der Werkzeugmaschine

universelle Einsetzbarkeit in allen Werkzeugmaschinen

F F

F

Kinematik

Rotation; normale, tangentiale und axiale Vorschubbewegung

Überprüfung der Festigkeit des präparierten Segments unter Berücksichtigung der Schleifscheibenumfangsgeschwindigkeit

Überprüfung des statischen und dynamischen Verhaltens

Kraftmessung F Meßbereiche

F´sn = 100 N/mm, F´st = 30 N/mm, F´sa = 30 N/mm

F Möglichkeit der Kalibrierung im Einbauzustand

F Meßort nahe der Schleifscheibenumfangsfläche

F Miniaturisierbarkeit der Sensorik

F – Festforderung, W – Wunsch

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11 Anhang

100

Temperaturmessung F Meßbereiche

ϑs < 1300 °C

F Möglichkeit der Kalibrierung im Einbauzustand

F Meßort nahe der Schleifscheibenumfangsfläche

W Austauschbarkeit durch Überschliff zerstörter Sensoren ohne Ausbau des Werkzeugsystems aus der Werkzeugmaschine

F Miniaturisierbarkeit der Sensorik

Energie F drahtlose Energieversorgung der werkzeugseitigen Signalverarbeitung, keine

Batterieversorgung

Stoffe F rostfrei

F resistent gegen Kühlschmierstoff und gegen Umgebungseinflüsse

F

Sicherheit Schutz des Bedienpersonals

F

Fertigung Berücksichtigung der Toleranzangaben der Kraftsensorik

F

Gebrauch

Erprobung bei Werkzeugbruch und in typischen schleiftechnischen Teilprozessen, insbesondere

• Leerlauf

• Kontakterkennung

• Abrichten

• Plan- und Außenrundschleifen

F F

Sonstiges keine Verunreinigung der Werkzeugmaschine

Isolierung der Sensorik und der Telemetrie vor Umgebungseinflüssen (Kühl-schmierstoff, Späne, ...)

F – Festforderung, W – Wunsch

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