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Entwicklung und Folgen des Materialismus

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Dieser Artikel handelt von den grundlegenden Strömungen der (ontologisch-)materialistischen Weltanschauung (naiv, paradox, subjektivistisch), ihren Folgen auf das alltägliche, soziale und wissenschaftliche Denken, ihren Irrtümern und Ungereimtheiten und schließlich davon, wie selbige zu überwinden sein könnten.Dies ist keine theologische, philosophische oder physikalische Abhandlung, sondern nur ein Versuch, das eigene Denken, insofern es materialistisch geprägt ist, distanziert-überschauend kennenzulernen, um sich selbst und die Umwelt besser zu verstehen und eventuelle Fehler korrigieren zu können.Insbesondere im Bereich der Religion/Spiritualität ist Materialismus fehl am Platz, trotzdem ist er in entscheidendem Maß dort eingedrungen. Auch hiervon berichtet der Artikel.

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Entwicklung und Folgen des MaterialismusEs ist nicht mglich, eine Definition des Materialismus zu geben, die alle von ihm umfassten Weltanschauungen, philosophischen Strmungen und von verschiedenen Menschen als Wahrheit erachteten Gedanken umfassen knnte. Die folgenden Ausfhrungen mssen also, jedenfalls zunchst, fr die meisten Leser unbefriedigend erscheinen, da es heutzutage wie noch zu zeigen ist kaum einen Menschen gibt, dessen Vorstellungsleben nicht tief von dem materialistischen Denken entsprungenen Inhalten und Begriffszusammenhngen gefllt ist. Um ein Ding untersuchen zu knnen, muss man es aus der Distanz betrachten und allen von Einfluss, der vom Experimentator ausgeht, ausschalten. Dieser Artikel mge dazu beitragen, das Denken des modernen westlichen Menschen distanzierter zu berschauen und dadurch begreifen zu knnen.Am Beginn steht eine Richtung des Materialismus, die im philosophischen Sprachgebrauch naiv genannt werden kann. Mit ihr wird die Neuzeit eingeleitet:1. Die Welt besteht aus Materie, die in den Zustnden fest, flssig, gasfrmig erscheint. Feste Materie findet sich als Gegenstnde mit fest umrissenener Form. Alle Materie ist aus einer bestimmten Anzahl an Grundelementen zusammengesetzt; deren Verbindungen ergeben alle Arten von Substanzen.2. An der Materie haften Eigenschaften wie Farbe, Schwere (Masse), Wrme; unsere Sinnes-erlebnisse (Farb-, Ton-, Geruchsempfinden etc.) sind durch bertragung innerhalb materieller Medien hervorgerufen, entweder direkt (z.B. Gerche durch Eindringen von Materie in das Geruchsorgan) oder indirekt (Tne vermittels bewegter Luft-Teilchen).

3. Materie ist im Raum angeordnet; alle Materie zusammen bildet das Universum, also alles, was es berhaupt nur gibt.

4. Das Universum verndert sich: Verschiedene Gegenstnde ben Wirkungen aufeinander aus, die sich als Bewegungen, Verbindung und Trennung von Elementen ausleben; das alles wird durch sogenannte Krfte bewirkt, die man Schwerkraft, Druck, Magnetismus usw. nennt.5. Was Seele, Geist, Denken, Innenleben usw. genannt wird, sind eigentlich Zustnde der Materie.

Hierauf knnte geantwortet werden: Diese Sichtweise ist ganz aus dem persnlichen Erleben der Auenwelt entnommen, d.h. aus dem, was wir sehen, hren, riechen, tasten. Dem eigenen Innenleben (Gedanken, Gefhle, Willensimpulse, Erlebnisse usw.) wird keine Realitt zugebilligt. Ist diese Voraussetzung statthaft? Die krperlichen Voraussetzungen fr das Erleben z.B. eines Schmerzgefhls knnen aufgefunden werden; aber sind diese Funde auch hinreichende Ursachen? Ist eine Substanz nicht etwas ganz anderes als ein Gefhls-Erlebnis? Das Berhren einer heien Herdplatte lst Wirkungen in meinem Krper aus; diese Wirkungen knnen von anderen Menschen beobachtet werden. Aber woher kommt meine Empfindung? Sie ist etwas, was ganz allein mir gehrt und von auen nicht beobachtbar ist. Ist sie deshalb aber weniger wirklich?Diese Sichtweise stellt nicht nur mein persnliches Innenleben nicht in Rechnung, sie ist berdies ganz anthropomorph, nach Magabe des Menschen geformt: Ich habe einen Begriff von Raum aus den vier Wnden eines Zimmers gewonnen; das ganze Universum soll nun auch in einem solchen Raum untergebracht sein. Ich erlebe z.B. am Lauf der Sonne, der Bewegung des Uhrzeigers, meines Atems, meiner wechselnden Gedanken, wie ein uerer oder innerer Zustand auf den anderen folgt; dieses Vergehen wird der ablaufenden Zeit zugeschrieben, und diese soll auch fr das ganze Universum gelten. Wenn ich einen schweren Gegenstand hochhebe, muss ich meine Muskelkraft einsetzen; wenn drauen in der Welt eine Bewegung beobachtet wird, soll diese auch durch Krfte hervorgerufen sein. Ich erlebe in mir einen planenden Gedanken (Ursache) und spter die Ausfhrung einer entsprechenden Tat (Wirkung); die Geschehnisse um mich herum sollen dementsprechend auch aus Ursachen und Wirkungen aufgebaut sein. An den Grenzen meiner Haut hrt meine Mglichkeit der Selbst-Wahrnehmung und meines Selbst-Empfindens auf; alles in der Welt soll eine solch feste Grenze haben, und innerhalb dieser Grenze soll alles zu suchen sein, was ein Ding konstituiert. Diese Aufzhlung lsst sich fortsetzen.

Von dieser Sichtweise ist viel im heutigen Alltagsdenken brig geblieben, sie hat auch unsere Sprache geprgt, insofern mit den meisten Begriffen nur mehr dasjenige verbunden wird, was augenfllig ist, und man mchte nur anerkennen, was man auch sehen kann. UV-Licht kann man zwar nicht sehen, aber es taucht seit langem in wissenschaftlichen Modellen auf, weshalb seine Existenz eben hingenommen wird. Die streng materialistische Sichtweise fhrt letzten Endes zu folgenden Konsequenzen:

1. Es gibt nur Materie, alles andere ist reine Kopfsache. Die Welt inklusive allen Lebewesen ist ein Mechanismus, es gibt keinen Unterschied zwischen totem Stoff und Pflanzen, Tieren, Menschen.

Es ist kein Platz fr Gott; oder hchstens, dass dieses Wort als stellvertretend fr die Energien des Universums gebraucht wird. Der Mensch ist auf Gedeih und Verderb dem blind wtenden Wechselspiel der Naturgesetze oder der unnachgiebigen Maschinerie des Universums unterworfen. Alle Hoffnung auf Hilfe von oben ist Kinderei. Ich bin ganz allein auf sich gestellt und muss mich gegen eine feindliche Umwelt behaupten: Gegen Umwelt, Klassenfeinde, Konkurrenten, Mitschler.

(Die Zeiten, aus denen Vorstellungen wie derjenigen von Gott als Mann mit weiem Bart sind nicht in diesem Sinne materialistisch; denn um diese zwar als physisch-fleischlich gedachte Person waren eben besondere Fhigkeiten herumgruppiert, die in einer wirklich materialistischen Welt nicht mglich sind.)2. Die Welt ist zufllig so geworden, wie sie ist. Vielleicht basiert sogar alles auf Ursache und Wirkung, und muss eben so gekommen sein, wie es jetzt ist; dann sind eben die Startbedingungen zufllig. Die Menschheit hat sich irgendwann aus verschiedenen Elementen gebildet und wird irgendwann auch wieder aus dem Universum verschwinden. Der Mensch ist also im Grunde genommen nicht mehr wert, als ein Staubkorn, wie ja auch die Erde eigentlich nichts Bedeutenderes als ein Staubkorn ist.

berhaupt wird die ganze Welt nur noch als Summe unvorstellbar kleiner Einzelteile angesehen; diese Summen-Sichtweise macht es ganz unmglich, von einem Ganzen, einer Einheit zu sprechen und ihr am Ende gar noch einen Sinn zu verleihen oder der Welt einen ihr zugrundeliegenden Plan zuzugestehen.

Der unbedeutende Mensch kann nun als Ware oder Arbeitstier angesehen werden, dessen Aufgabe es ist, zu funktionieren. Das Staubkorn-Denken kann soweit getrieben werden, dass die Frage entsteht: Wieso soll ich noch Rcksicht auf andere Lebewesen nehmen? Es ist doch ganz gesetzmig so festgelegt, dass der Strkere irgendwann obsiegen wird; was sollen da Vorbehalte wie Gefhle von Mitleid oder Erbarmen? Was macht es fr einen Unterschied ob bloen physikalischen Prozessen unterworfene Staubkrner erst lange miteinander reden oder die Sache schnell durch einen Krieg erledigen? Oder ob die Erde in hundert Jahren oder morgen schon ganz verseucht ist?3. Genauso, wie Stoffe nicht spurlos verschwinden, sondern nur ihre Daseinsform wechseln (z.B. kann Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerfallen; es kann zu festem Eis erstarren oder zu luftigem Dampf sich auflsen), so gibt es auch ein bestimmtes Ma an Energie, die den Kraftwirkungen zugrunde liegen soll.

Der Energie-Begriff wird untrennbar mit Materie verbunden: l, Gas, Kohle, Wind; der Daseins-Begriff ebenso: Was ich nicht anfassen kann, gibt es nicht. Und so geht es mit mehr und mehr Wrtern: Der Mensch beispielsweise ist auch nur ein Energie-Umwandler, etwa so wie ein Auto, allerdings sich selbst reproduzierend.

Indem immer mehr Begriffe blo mit dem ueren materiellen Dasein verbunden werden, gehen ihre ursprnglichen, jenseitigen Nuancen verloren. Das Denken wird jedoch steif und ungelenkig, wenn es sich immer nur mit dem befassen darf, was vor Augen liegt. Und diejenigen Lebensbereiche, in denen bloes Vor-Augen-Liegen nicht mglich ist dem sogenannten Geistesleben , arten immer mehr in Willkr und spekulative Trumerei aus, weil eine strikte Trennung zwischen ernsthaftem (Nach)Denken einerseits und Kunst, Literatur, Philosophie etc. andererseits gezogen wird. Entweder fehlt einem Gebiet das klare Denken, oder es wird langsam in den Mhlen der naturwissenschaftlichen Trockenheit zermahlen.4. Das Innenleben eines Menschen ist etwas rein Subjektives; es spielt fr die brige Menschheit keine Rolle, ja es hindert mich geradezu daran, so zu funktionieren, wie Andere das von mir erwarten.

Was hat mein persnliches Innenleben da fr einen Wert? Am besten schiebe ich es so weit wie mglich beiseite. Etwas anderes als materiellen Reichtum kann ich mir anschlieend nicht mehr erhoffen, da innere Erfllung in das Umfeld der gegenstandslosen Trumerei verwiesen wurde.

Entfremdung von sich selbst entsteht, gleichzeitig Abhngigkeit vom ueren. Jetzt ist es ntig, Geld, Statussymbole, Ruhm oder Macht zu erwerben, um sich selbst nicht als wertlos zu fhlen. Man muss dahin und dorthin in Urlaub fahren, weil es zu Hause so schwer ertrglich ist. Unterdrckte Emotionen fhren zu unbeherrschten Ausbrchen; uere Ereignisse dringen leicht auf einen ein, weil kein innerer Rckzugsraum mehr vorhanden ist.

Und weiter kann gedacht werden: Wenn ich sterbe, hat das alles aber eigentlich gar keinen Sinn gehabt; also denke ich nicht ber den Tod nach.

Einige Ideologien fgen dem noch hinzu: Schnheit was ntzt das?, Liebe was bringt das ein?, Genuss? hlt nur vom Arbeiten ab. Wertlos ist, was den fr die Allgemeinheit festgelegten Zielen nicht ntzt; Nutzen ist alles, was zu beachten ist. Leben, um zu arbeiten, arbeiten, um zu leben. Ntzlichkeit ist der Tod fr Handlungen, die nicht im Hinblick auf Gegenleistung oder Erfolg begrndet sind.

Wird dann darber nachgedacht, ob das Dasein nicht vllig sinnlos ist, knnten konsequenterweise Fragen wie diese entstehen: Warum soll ich berhaupt weiterleben? Wiegen die wenigen schnen Augenblicke denn all die Entbehrungen und Strapazen auf? Auch wenn viele sich diese Fragen nicht eingestehen, sind sie doch in den ignorierten Teilen des Innenlebens vorhanden. Das Wort Depression ist folgerichtig seit dem Beginn der Neuzeit im 16. Jahrhundert belegt.

5. Ohne hheren Sinn werden immer mehr Dinge unbedeutend: Das Leben selbst, die Ehe, Familienbande. Die Frage ist wieder: Was ntzt es mir noch? Ohne geistigen Halt entstehen Unruhe, Getriebenheit, Rastlosigkeit und alle Arten von Nervositt. Kleine Ereignisse werden bertrieben ernst genommen, wenn der Ewigkeitsbezug nicht gefhlt wird.Diese Weltansicht ist insofern inkonsequent, als zwar einerseits das Innenleben als blo von der Materie abgeleitet angesehen wird, aber gleichzeitig das Universum nach Magabe meines inneren Erlebens begriffen wird. Wie kann ich, nur weil ich in mir das Erleben eines Kraft-Aufwandes verspre, auch darauf schlieen, dass in der wirklichen Welt so etwas wie Krfte berhaupt existiert? Knnte ich da nicht genauso gut sagen: Weil ich Erlebnisse von Farbe, Wrme, Gefhl, Schmerz habe, so ist eben all dies ein objektiver Bestandteil der Auenwelt? Nur hieraus knnte man eine konsequente Sichtweise entwickeln, die vom menschlichen Innenleben nicht nur das eine oder andere (Kraft, Raum, Zeit, Grenze) herausgreift und es auf die Auenwelt projiziert, anderes (das Empfinden von Farbe, Klang, Wrme, Emotion, Gefhl usw.) aber ganz unbercksichtigt lsst. Auch dass so etwas wie Energie nicht so recht ins Schema des Alles-ist-Materie-Gedankens passt (weil sie nicht stofflich und notorisch nicht sichtbar ist), wird stillschweigend in Kauf genommen.Selbstverstndlich hat mein Empfinden der Farbe Rot einen objektiven Hintergrund; nach heutiger Sichtweise eine Lichtwelle einer bestimmten Frequenz; dies ist uerlich. Niemand kann jedoch sagen, ob ein anderer Mensch nach Auftreffen einer solchen Lichtwelle auf sein Auge innerlich dasselbe erlebt wie ich. Rotes Licht und Rot-Empfinden sind strikt voneinander zu trennen. Das Licht knnen wir mit unserer Sprache gut beschreiben: rot, orange, gelb, braun, rotbraun, kastanienbraun, dunkelbraun, hellrot... Diese Begriffe sind nur auf visuelle Eindrcke anwendbar. Bei anderen Sinneseindrcken (Geschmack, Geruch, Wrme) haben wir nicht so ein klares Schema von Kategorien wie beim Licht; darum wird diesen Erlebnissen weniger Bedeutung zugemessen. Beim Geschmack begngt man sich meistens mit den vier Grund-Geschmacksrichtungen; ein Weinkenner oder ein Gourmet hingegen haben ein weit reicheres Vokabular zur Verfgung und knnen deshalb aus einem Geschmacks-Erlebnis viel mehr fr sich gewinnen. Bei Emotionen, Gefhlen, Schmerzen hingegen fehlen eindeutige Begriffe; man behilft sich beispielsweise bei der Beschreibung von Schmerzen mit Metaphern (bertragungen): stechend, reiend, drckend, ziehend, beiend, pochend, klopfend, bohren... Alle hier aufgefhrten Vokabeln sind der Mechanik entnommen! Was sagt dies ber unsere Sprache aus? Erst wenn wir auf unser Innenleben genauso differenziert blicken knnen wie auf einen Farbeindruck, ist eine konsequente Sichtweise mglich.Weiter msste man sagen: Im Traum erlebe ich rote Farbe, selbst wenn im ganzen Zimmer um mich herum keine einzige rote Lichtwelle existiert. Welches von beiden ist wahr?

Es ist noch nicht allzu lange her, dass alle Erscheinungen mithilfe der obigen 5Punkte als erklrbar angesehen wurden. Die kleinsten Bestandteile der Welt sollten damals die Atome sein, die als kleine Kgelchen vorgestellt werden knnten. Erst allmhlich musste man fr Phnomene wie Licht und Elektrizitt nach anderen Erklrungen suchen. Diese fand man in der Welt der Elementarteilchen, die wir nicht selbst erleben, sondern nur von Apparaten messen lassen knnen. Was von den Apparaten aber eigentlich gemessen wird, kann niemand sagen; ein Messergebnis ist immer eine Wirkung, was ist aber ist deren Ursache? Auf Kgelchen musste man verzichten, seitdem Welleneigenschaften des Lichtes nachgewiesen wurden. Hierdurch entsteht die zweite Spielart des Materialismus; da bei den Elementarteilchen so etwas wie Festigkeit oder Stoff nicht gefunden wird (sondern so unbestimmte Dinge wie Ladung, Feld, Fernwirkung etc.), kann man hier nur noch insofern von Materialismus sprechen, als Vorstellung, die aus dem naiven Materialismus entsprungen sind, noch weitergetragen werden.Auf das menschliche Innenleben wird aber immer noch keine Rcksicht genommen: Was hat die Lichtwelle einer bestimmten Frequenz mit meinem Erleben von Rot zu tun? Die Welt der Elementarteilchen zeigt laut den wissenschaftlichen Theorien nur bestimmte Ursachen fr mein Erleben von Farben und Klngen; wenn man von meinem Innenleben absieht, besteht die Welt der Quantenphysik aber nur aus Dunkelheit und unvoraussagbar wabernden Energiefeldern. Es ist ganz unklar, was Energiefelder (aus denen die Welt ja bestehen soll) mit meinem Erleben von rot, s, sauer, warm, kalt gemeinsam haben sollen.Die Einbeziehung von Elementarteilchen-Wirkungen in Ansichten ber die Beschaffenheit des Universums lsst selbiges zwar komplizierter erscheinen, verlegt aber die grundlegenden Probleme blo in immer kleinere Welten hinein oder vertagt sie bis zu kommenden wissenschaftlichen Erfolgen. Die Elementarteilchen-Welt erfreut sich groer Beliebtheit bei allen mglichen Theoretikern, die sich erhoffen, durch sie bessere Aufschlsse ber das Ding an sich oder die Objektive Realitt zu finden, worum es im folgenden Abschnitt gehen soll. (Woraus das Ding an sich eigentlich besteht, kann man eigentlich gar nicht sagen, da man es ja nie unvermittelt betrachten kann; ob es aus Materie, aus Geist, aus irgendetwas anderem ist, kann man nicht wissen.)Allerdings sind diese Theorien einerseits immer noch auf die unhinterfragten Konzepte von Raum, Zeit, Krfte usw. angewiesen; andererseits ffnen sie Spielraum fr diverse Weltansichten, die sich gar nicht beweisen lassen z.B. die Stringtheorie: Die Strings der String-Theorie mgen fr manche Menschen eine verlockende Lsung fr die Suche nach dem Ding an sich bieten; aber da man diese Strings nicht wahrnehmen, beobachten oder begreifen kann, stellen sie nicht mehr dar als eine gedankliche Spielerei. Nicht wahrnehmen: Ich habe kein Sinnesorgan fr Strings; nicht beobachten: Sie lassen sich nicht messen; nicht begreifen: Die Ursachen fr das Entstandensein, das Wirken und das Verhalten von Strings knnen nicht gefunden werden, weil Ursachen nicht beobachtbar sind. Grundlegende Probleme werden nicht berhrt: Wodurch sind die Bewegungen der Strings geregelt? Wo kommen sie her? Warum breiten sie sich in soundsovielen Dimensionen aus? Kraft, Raum und Zeit bleiben auch hier wieder als Voraussetzungen fr eine Theorie unangetastet dastehen. Es ist unerheblich, wieviele Dimensionen ein Raum hat, ob er gekrmmt oder ringfrmig ist; ob die Zeit berall gleich vergeht, oder nicht; ob es nur eine Grundkraft geben soll, oder nicht: Raum, Zeit, Kraft werden weiterhin als objektiv existent angesehen und nicht hinterfragt. Immer noch besteht eine Trennung zwischen ich erlebe Raum und ich erlebe Schmerz: Raum soll ein Bestandteil des Universums sein, der existiert, auch wenn kein Mensch ihn beobachtet also objektiv; Schmerz hingegen soll nur so etwas wie ein Phantasie-Produkt im Inneren des Menschen sein, gbe es keine Menschen, gbe es auch keinen Schmerz also subjektiv.Wie wre es denn, wenn man annhme, dass beide gleichermaen real oder irreal wren? Im Traum erlebe ich schlielich auch einen Raum, der mit Dingen angefllt sind, die sich mir durch Farbe, Ton und Gegendruck kundgeben; ich empfinde Gefhle (Hitze, Lust, Furcht, Schmerz...) und erlebe, wie Zeit vergeht. Woher kommt die Legitimation fr die Annahme, dass Raum etwas ueres, Reales sei, hingegen das Schmerzgefhl geradezu eine Illusion? Was wre, wenn etwas in mir selbst sowohl den Raum des Traumes als auch den Raum des Wach-Erlebens hervorbrchte? Dann wre der Unterschied zwischen objektiv und subjektiv, auen und innen, materiell-real und vorgestellt aufgehoben.Wollte man diese unerhrte Annahme einen Augenblick gelten lassen, msste man weiter fragen: Woher nehme ich die Daten, aus denen ich mein Wach- und mein Traumes-Erleben zusammensetze? Man knnte als Analogon einen Computer heranziehen: Auf der Festplatte befindet sich nichts weiter als eine unablssige Abfolge von Nullen und Einsen, den Daten; aus diesen heraus wird nach festgesetzten Regeln das konstruiert, was ich auf dem Bildschirm sehe seien es ein paar Buchstaben oder ganze imaginre Animations-Welten voller Farben, Tne und Bewegungen, worin ich willkrlich agieren kann. Knnte ich mir nicht sowohl die Welt des Traumes- als auch die Welt des Wachzustandes aus irgendwelchen Daten heraus selbst konstruieren? Woher kommen aber diese Daten und welcher Natur sind sie? Mit diesen Fragen ist der naive Materialismus schon verlassen.Etwa gleichzeitig mit der schrittweisen Auflsung des naiven Materialismus entwickelten sich Gedankengebude ber die Welt, welche obige naive Sichtweise bersteigen (besonders seit Immanuel Kant, Ende des 18. Jhds.). In ihnen wird auch das menschliche Innenleben voll bercksichtigt, aber nur, um es gleich wieder als unmageblich weil unabwendbar subjektiv hinzustellen. Es geht um das Subjektive und das Objektive.Es entsteht, als Drittes, der subjektivistische Materialismus, welcher, ganz grob beschrieben, sich aus diesen Thesen zusammensetzt:1. Was ich innerlich erlebe (Farbe, Ton, Gefhl, Gedanke...), ist meine Vorstellung von der Welt ist subjektiv.2. Wie die Welt eigentlich, ihrem objektiven Wesen nach, beschaffen ist, ist etwas anderes. Die Welt besteht aus den objektiven Dingen an sich, von denen ich aber nur meine subjektiven Vorstellungen erhalte.3. Ich kann die Grenzen meiner Vorstellung nicht berspringen, kann also nie zur eigentlichen Realitt gelangen. Ich lebe immer nur in meiner Welt.Nach Sichtweise des subjektivistischen Materialismus verlren Trumen und Wachen ihren fundamentalen Unterschied: Beide Welten wren meine eigenen Hervorbringungen. Das Daten-Material, aus denen sie zusammengesetzt sind, mag freilich unterschiedlicher Herkunft sein: Die Daten des Wachens kmen aus den Dingen an sich, die Daten des Traumes aus meinen Erinnerungen frherer Erlebnisse.

Der Materialismus war ursprnglich als monistische Weltanschauung entstanden, der die ganze Welt nach einem Prinzip (eben der Materie) erklren konnte. Jetzt tut sich gleichzeitig eine dualistische Sichtweise auf, weil meine Welt und die wirkliche Welt eine absolute Trennung erfahren. Der Dualismus ist dem Materialismus jedoch eigentlich nicht fremd: Denn Materie allein ist keine Erklrung dafr, wieso ein Gegenstand auf den anderen wirkt (durch Schwerkraft, Magnetismus usw.); es mssen zwangslufig mysterise, verborgene Krfte herangefhrt werden, ohne dass man sagen knnte, wo sie herkommen und auf welche Weise sie die Gegenstnde ergreifen und bewegen. In diesem Sinne ist Materialismus zugleich eine okkulte Weltanschauung, nicht wesentlich verschieden von allen anderen Anschauungen, die mit einem Jenseits rechnen.Die heutzutage verbreitete Kombination von Materialismus und Subjektivismus nhert beide Ansichten aneinander an. Bevor ich auf die Berechtigung ihrer Grundlagen eingehe, sollen Resultate dieser Denkweise beschrieben werden:1. Ich kann meiner Subjektivitt, meinem subjektiven Innenleben nicht entfliehen. Ich bleibe auf mich selbst beschrnkt. Da ich strende Teile meines Innenlebens schon verdrngt habe, komme ich mir selbst aber ziemlich langweilig vor; ohne Ablenkung kann ich das Dasein gar nicht ertragen: Ich brauche regelmig Unterhaltung in Form von Kaffeekrnzchen, Fernsehen, Vor-Sich-Hin-Summen, stndige Ablenkung durch oder Sich-Fallen-Lassen in Musik, reale oder virtuelle Spiele, Rauschmittel, waghalsige Unternehmungen... Brot und Spiele.2. Mein Gefhlsleben wehrt sich gegen meinen Verstand und die mangelnde Aufmerksamkeit, die ihm geschenkt wird; es fordert seinen Tribut in der Sehnsucht nach einem zweiten Leben oder einer anderen Identitt, oder schrt das Verlangen nach Parallelwelten (Science Fiction, Fantasy). Emotional bleibt das Innenleben in seiner Reifung auf einem instabilen Zustand stehen; reagiert wird aufbrausend, trotzig, abwiegelnd, ignorant, verschmt in jedem Fall unverhltnismig. Verschiedene Arten von Aufmerksamkeit (bsd. im Internet) werden gesucht, um sie dem emotionalen Innenleben zuzufhren. Biographische Ereignisse werden vermehrt nicht verarbeitet, hinterlassen Traumata und knnen zu allerlei psychischen Erkrankungen fhren.3. Ich kann nichts ber die eigentliche Realitt erfahren. Alle Gedankenbildung erklrt mir nur mein eigenes Vorstellungsleben. Ich kann doch nichts ber das wissen, was ich mich insgeheim oft frage; also lenke ich mich lieber mit dem ab, was die herkmmliche Naturwissenschaft zu sagen hat.4. Eigentlich wre die Frage, wie man berhaupt noch Naturwissenschaft betreiben kann, wenn die eigene Erkenntnis an einer bestimmten Grenze aufhrt. Als Ausweg wird festgelegt:

a. Man stelle ab jetzt nur noch Hypothesen auf, die vielleicht irgendwann falsifiziert (widerlegt) werden. Eigentliches Beweisen gibt es nur noch in der Mathematik, weil dort alles (jeder Gedankenschritt) voll durchschaubar ist; durch das Aufgeben des positiven Beweises offenbart der Materialismus seine Unfhigkeit, zu wirklicher Erkenntnis zu fhren; denn man kann ja immer nur hoffen, dass nicht morgen schon ein Phnomen beobachtet wird, das alle Annahmen ber den Haufen wirft die wirkliche Sicherheit, wie sie der Mathematiker besitzt, fehlt deshalb.b. Man suche das den Hintergrund der Welt, vielleicht auch Ding an sich, in der Quantenwelt; vielleicht wird man dort irgendwann auf den letzten Grund der Welt stoen. Diese Hoffnung beflgelt unzhlige Forscher und Theoretiker.c. Philosophie, Metaphysik, Geisteswissenschaft, Religion (insofern sie nicht bloe Geschichtswissenschaft geworden ist) werden aus der Wissenschaftswelt verbannt, weil sie Elemente enthalten, die man nicht beweisen oder widerlegen kann.

(Dieser Schritt htte konsequenterweise auch schon zu Zeiten des naiven Materialismus getan werden mssen; allerdings bleibt das Innenleben der Menschen immer hinter den Theorien der fhrenden Gelehrten zurck, sodass diese vier Disziplinen sich noch lange Zeit eines gewissen Respekts erfreuen konnten oder viele Menschen sich in einen glaubend-religisen und wissend-aufgeklrten Teil gespalten fhlten.)

Die Philosophie wird damit zur Spekulationskunst und beschftigt sich mit abstrakten Begriffen, die nicht mehr bis ins Konkrete hinabfhren. Metaphysische Studien werden nur von Ausgestoenen praktiziert. Geisteswissenschaft beschrnkt sich auf das persnliche Empfinden, weil man die Qualitt einer Dichtung beispielsweise nicht messen kann; alle Kunst wird damit subjektiv und der reinen Willkr unterworfen. Religion spaltet sich in 1. den Abgleich religiser Schriften mit archologischen Funden; 2. die Bewahrung von alten Glaubensstzen, die widerspruchslos stehen gelassen werden mssen (um die Religion nicht vollends berflssig zu machen), unabhngig, ob man an sie glaubt oder sie als Fabeln empfindet.Naiver und subjektivistischer Materialismus miteinander verquickt, fhren auf religisem Gebiet zu folgenden Anschauungen, die nicht unbedingt gedanklich klar zu Bewusstsein kommen, aber zumindest untergrndig auch in den sich glubig nennenden Menschen unserer Zeit beheimatet sind:1. Gott und Jenseits (Himmel, Paradies etc.) sind unnahbar. Sie liegen jenseits der Grenze meiner Erkenntnis, meines Horizontes, meines Erfahrungs-Bereiches. Ich bin alleine und kann hchstens ins Blaue hinein beten in der Hoffnung, dass das jemand hrt. Ich selbst stehe dem Gttlichen jedoch ganz separat gegenber. Es ist heute fast vergessen, dass die Grenze zwischen Diesseits und Jenseits ursprnglich diejenige zwischen Subjekt und Objekt gewesen ist; in lteren Zeiten wurde die Wand zwischen dieser Welt und der jenseitigen nicht so undurchdringlich empfunden wie heute. Bis ins Sptmittelalter hinein waren z.B. die sogenannten Mystiker (Meister Eckhard, Johannes Tauler etc.) Menschen, die ihren Lebenszweck eben durchaus in einem Hinbergelangen sahen; desgleichen die Mysten in den vorchristlichen Einweihungssttten, die von einer Welt realer Ideen (im Sinne Platons) berzeugten Philosophen, Hindus und Buddhisten.2. Desgleichen fhrte der Subjektivismus zur Trennung zwischen Glaube und Wissen. Religise Substanz findet sich heute nur noch im Glauben, da alles, was man in alten religisen Vorstellungen zu wissen glaubte, sich durch die moderne Naturwissenschaft als unhaltbar erwiesen haben soll. Religion fhrt nur noch ein Schattendasein unter der Naturwissenschaft, die bald alles Wesentliche zu wissen glaubt.3. Der Himmel wird entweder als Raum vorgestellt, in welchem verschiedene Wesen vom Dmon bis zu Gott selbst herumfliegen, -schweben, -gehen und in den man nicht hineinsehen darf (eine eher kindlich-altertmlich-anthropomorphe Vorstellung); oder als unvorstellbare Parallelwelt, aus der lediglich Kraft-wirkungen zu uns herberstrmen (eine durch die Quantenwelt begnstigte Vorstellung).4. Gott, Engel, Teufel, Dmonen sind entweder persnliche Wesen, die irgendwie aussehen und irgendetwas tun (wiederum kindlich-altertmlich-anthropomorph); oder bloe Energien, die irgendetwas bewirken; oder Energien mit Bewusstsein. (Letzteres ist natrlich blo denkbar; es liegt aber ganz fern der Vorstellungsmglichkeit, wie eine Energie etwas von sich oder ihrer Umgebung wissen knnte.)5. Als Endergebnis ist man allein mit seiner Religion. berwiegen Glaube oder Zweifel? Kann ich noch ein wenig auf mein Innenleben schauen, oder wurde mir dies schon gnzlich abtrainiert? Ist mein religises Leben noch mit ein wenig Hoffnung und Freude erfllt, oder ist es eine rein uerliche Angelegenheit geworden: fr die Nachbarn, als Ablenkung, weil die Lieder so schn sind, oder weil man ja nie wei? Der Zweifel besteht im Denken, der Glaube drngt aus dem Gefhl herauf. Diese zwei Seiten des Seelenlebens knnen nicht gleichberechtigt nebeneinander bestehen, solange sie sich gegenseitig nicht verstehen knnen; und sie knnen nicht zu einem harmonischen Auskommen finden, solange eine knstliche Grenze zwischen ihnen errichtet wird.Es ist nicht zu vergessen, dass diese Art des Denkens und des religisen Lebens bis etwa zu den Zeiten Luthers und Galileis gnzlich unbekannt war. Der erste Gottesbeweis wurde durch Anselm von Canterbury (gestorben 1109 n.Chr.) ausgearbeitet, anderen Arten von Beweisen folgten durch Thomas von Aquin (gestorben 1274 n.Chr.); hier kommt berhaupt erstmals der Gedanke auf, dass es Gott nicht geben knnte. Alle mageblichen religisen Schriften sind lange vor dieser Grenze in die Neuzeit entstanden, und mssen daher betrachtet werden als Produkte einer von all den hier aufgefhrten Vorstellungen ledigen Weltanschauung.Was knnte man gegen den Subjektivismus einwenden? Unangefochten stnde er zunchst so dar:Ganz konsequent gesprochen, gibt es eigentlich gar keine wirkliche Erkenntnis, da ich immer nur meine Vorstellung von der Welt untersuchen kann. Auch andere Menschen und mich selbst kann ich nur durch eine Brille betrachten. Bis zu dieser Konsequenz kann die Naturwissenschaft nicht mitgehen, wenn sie sich nicht selbst abschaffen wollte. Sie denkt einfach nicht darber nach, ob sie nur Vorstellungen oder die Realitt erforscht; oder sie legt fest: was messbar ist, das ist echt; was nicht messbar ist, das ist eine Glaubensvorstellung. Die meisten Menschen halten ihre Hypothesen fr eine hinreichende Beschreibung der Wirklichkeit. Es ist anzumerken, dass die neuzeitliche Physik sich Gebiete unter den Nagel gerissen hat, die ihr gem lteren Auffassungen nicht zustanden. Ursprnglich war ihr Bereich auf die Physis, die irdische Natur, beschrnkt gewesen. Mit der Himmels-Mechanik wurde der Anfang gemacht, die irdischen Gesetzmigkeiten unbekmmert in chauvinistischer Weise in allerlei Gebiete hineinzutragen, wo sie vielleicht nicht hingehren: Astronomie, Leben, Evolution, Ursprung des Universums etc.Gibt es berhaupt die anderen Menschen? Und wenn ja, hat deren Erleben berhaupt etwas mit dem Meinen zu tun? Wenn jemand zu mir spricht bin das vielleicht ich selbst, oder ist das wirklich ein anderes Wesen, das mich selbst auch als Gegenber empfindet? Hier gelangt man in die unmglichsten Sackgassen des Denkens, aus denen das Denken selbst nicht mehr herausfhren kann.Nun macht diese Anschauung eine Voraussetzung, die sie gar nicht geprft hat, nmlich diejenige, dass mein Erleben der Welt eine bloe Vorstellung ist; oder dass eine Grenze zwischen meinem Innenleben und der realen Auenwelt bestnde. Kann diese Grenze aber einfach so vorausgesetzt werden? Ist es nicht schon ein Urteil, zu sagen, irgendetwas sei meine Vorstellung? Und: Wie kann ich postulieren, dass es auerhalb meines Erlebens noch etwas geben soll, wenn ich dieses Etwas gar nicht fassen kann? Was auer einer Theorie berechtigt mich, ein Ding an sich anzunehmen, von dem mich eine undurchdringliche Wand (die Wand des ich) trennt?

Diese Wand, diese unheilvolle Grenze des ganzen modernen Denkens, hinwegzuheben, ist nur eine voraussetzungslose Erkenntnistheorie imstande, die es verlangt, dass man in seinem Denken ganz bei Null anfngt. Wollte man sich darauf einlassen, knnte man zunchst feststellen, dass ein Ding unzweifelhaft gegeben ist:

Die Tatsache des Erlebens: Es werden erlebt das Denken einerseits und irgendwelche weiteren Inhalte andererseits, die durch das Denken benannt und kategorisiert werden (z.B. wren solche Kategorien: Gefhl, Farbe, Ton, Ich).Das Bewusstsein ist zwar das unmittelbar Gegebene, aber nur mithilfe des Denkens kann man berhaupt in irgendetwas Einsicht erlangen. Das Denken also kann sich auf die brigen Inhalte erstrecken; es kann sogar ber sich selbst nachdenken. Die brigen Inhalte werden nie wahrgenommen, ohne dass ihnen ein Denken beigemischt ist. Indem das Denken Ich-Gefhl und die brigen Inhalte verbindet, kommt es zu Schlussfolgerungen wie:Ich denke, ich fhle, ich nehme Farben, Tne usw. wahr, ich existiere, ich habe Bewusstsein...Der Gedanke, dass die Inhalte des Erlebens bloe Vorstellungen seien, und dass es irgendwo auerhalb noch eine andere Realitt geben sollte, tritt zu diesen Tatsachen als etwas Fremdes und Unbegrndbares hinzu. Es ist ein knstlicher Dualismus, der bei grndlicher Selbst-Beobachtung gar nicht aufkommen wrde. Die Welt kann jedoch, wenn man keine aus der Luft gegriffenen Annahmen hinstellt, als durchaus monistisch betrachtet werden, und das, ohne auf das Konzept der Materie zurckgreifen zu mssen. Dies wrde geschehen, indem man die Vorstellung des Dings an sich fallenlsst. Indem wir wissen, dass andere Lebensformen uns fremde Sinnesorgane besitzen (z.B. sehen Bienen UV-Licht, Schlangen Infrarotlicht und Zugvgel orientieren sich wohl am Erdmagnetfeld), knnte man schlussfolgern:

1. Die Erlebnisse, die ich mit der Welt habe seien es Farben, Tne, Wrme oder Gefhle gehren wirklich der Realitt an; ich brauche keine hinter ihnen stehende Realitt anzunehmen.2. Ich kann freilich nur Ausschnitte der Wirklichkeit erkennen; die Erde ist riesengro, aber in mein Gesichtsfeld geht nur ein Winziges davon, und meiner Aufmerksamkeit entgeht auch noch das meiste. Andere Lebensformen nehmen andere Ausschnitte der Wirklichkeit wahr, die sich ergnzen knnen.3. Meine Erlebnisse an der Welt sind durch meine Sinnesorgane (und andere Faktoren meines Krpers) bedingt; was mir diese Organe liefern, unterliegt aber nicht meiner Willkr. Wenn man berhaupt von Erkenntnis reden mchte, muss man zugestehen, dass meine Sinnesorgane (ebenso wie technische Apparate) ein getreues Bild der Realitt geben.

Hier knnte man, an Goethe anknpfend, sagen: Die Natur des Auges ist das Licht, darum nimmt es die Farbigkeit der Welt wahr; die Natur des Ohres ist der Klang, darum vermittelt es mir die Tne der Welt; die Natur des elektrischen Apparates ist die Elektrizitt, darum registriert er elektrische Zustnde. Farberleben, Ton und Elementarteilchen sind gleichwertige Ausschnitte derselben Wirklichkeit, von der ich durch nichts als durch mangelnde Aufmerksamkeit getrennt bin. Alle Erlebnisse, die sich in meinem Bewusstsein abspielen, mssen als gleichwertig hingenommen werden.

Im Traum geschehen Farberleben, Tonerleben usw. ohne uerliche Vorgnge (Lichtwellen oder Luftschwingungen). Im Wachzustand bei Wahrnehmung der Auenwelt ist die rote Lichtwelle der Anlass dafr, dass ich meine Aufmerksamkeit auf die Rte eines Gegenstandes lenke; im Traumzustand entsprechen dem ueren Licht bestimmte innerkrperliche Vorgnge. 4. Die Welt erscheint mir getrennt in Wahrnehmungen, die ich nicht ndern kann, und Gedanken, die ich selbst lenken und korrigieren kann. Meine Gedanken knnen zunchst falsch sein, aber durch sorgfltige Beobachtung und gewissenhafte Auswertung aller Weltbestandteile werden meine Schlussfolgerungen immer mehr an Qualitt gewinnen. In der Mathematik hat man sich an logisches, vorurteilsfreies, selbstloses, folgerichtiges, lckenloses Denken gewohnt. Fr andere Weltgebiete ist ein solches Denken erst zu erringen.Die Welt in Vorstellung und Realitt einzuteilen, ist dem Zwiespalt aus Festhalten an der religisen berlieferung und den naturwissen-schaftlichen Erkenntnissen entsprungen, sodass die beiden Hauptgebiete Glaube und Wissen entstanden sind. Was wre, wenn ich auch den subjektivistischen Materialismus zur Beschreibung der Welt als nicht hinreichend oder gar unzureichend ansehen msste, wenn der Materialismus seine berzeugungskraft verlre? Msste ich dann zu lngst abgelegten Weltbildern zurckkehren? Das wrde nur geschehen knnen, wenn ich die Naturwissenschaft insgesamt in Frage stellte da ja die Widersprche zwischen Religion und Wissenschaft so offensichtlich sind. Oder sind vielleicht die Widersprche nur scheinbare, dadurch entstanden, dass alte und neue Weltanschauungen nicht zu einer gemeinsamen Sprache gefunden haben?

Der Materialismus hat die Menschheit in Vereinsamung, Verdung und Verwahrlosung gefhrt: Der Mensch ist nichtswrdig, allein und muss sich gegen seine Umwelt behaupten; sein wertloses Innenleben macht ihn unzufrieden; als Konsequenz klammert er sich an die Befriedigung leiblicher Bedrfnisse, wobei er schrittweise in Ehrgeiz, Rcksichtslosigkeit und Selbstberschtzung, Gier und Machthunger, Fanatismus oder Suchtverhalten verfllt. Von dem, was die Alten als Natur, Wrde und Hoffnung des Menschen hinstellten, ist hierbei kein Platz. Religion erlaubt es nur unzureichend, Ehrgeiz und Machthunger zu befriedigen, auerdem knnen ihre unzeitgemen Formen das erstarrte Innenleben des heutigen Menschen nicht mehr erreichen, wodurch sie stetig an Wert verliert; ihr Verfall wird gerade durch die Zwangsmodernisierung noch beschleunigt.Ergnzung, Zusammenfassung und Ausblick.

Das Denken des Gegenwartsmenschen enthlt Elemente vieler verschiedener Richtungen; viele von ihnen wurden zuerst philosophisch vorgedacht und ausgearbeitet, bevor sie ihren Weg in die Wissenschaft fanden und schlielich Allgemeingut wurden. In dieser Schrift wurde der ontologische Materialismus in den Mittelpunkt gestellt. (Er ist dem Sensualismus verwandt, der nur die den Sinneseindrcken Beachtung schenkt; man knnte auch von praktischem Materialismus sprechen, insofern ein Forscher sich nur auf seine Sinne verlassen mchte.) Eine geistige oder Ideenwelt, berhaupt ein Jenseits, wie sie in anderen Weltanschauungen zumindest mglich sind, werden geleugnet; stattdessen steht das Postulat von der alleinigen Existenz eines leblosen, willenlosen, gefhllosen, planlosen (absichtslosen, chaotischen), unnahbaren Etwas, der Materie. Zu dieser Materie werden Krfte hinzugedacht, und aus ihr sollen Empfindungen, Gefhle und Gedanken hervorgehen obwohl diese Phnomene doch etwas grundverschiedenes von dem eigenschaftslosen Stoff sind. Diese Grundannahme wird von der modernen Physik verwssert (Materie sei komplexer als frher angenommen), aber noch nicht grundstzlich in Frage gestellt; die Elementarteilchenwelt erfordert allerdings eine gesonderte Abhandlung und kann hier nicht tiefer besprochen werden. Zu materialistischen Kern hinzu treten diverse andere Denkrichtungen, etwa der Dynamismus bzw. Voluntarismus: verborgenes, chaotisches Walten von Krften oder einem absichtlosen Willen; sodann der Mathematismus, in dem eine sichere Grundlage gesucht wird (die ganze Welt als mathematische Konstruktion schwebt hier vor), weil andererseits Relativismus, Falsifikatio-nismus und Skeptizismus alles in Frage zu stellen drohen. Solches Denken kann schlielich zum Nihilismus weitergefhrt werden. Wie hat sich die Entwicklung des abendlndischen Denkens bis zu diesem Punkt entwickelt?Sowohl in der persnlichen Biographie eines Menschen als auch in der Geschichte des Abendlandes kann sich folgender Verlauf der Gedankenentwicklung abspielen: Der Mensch erlebt sich durch die Entwicklung seines Bewusstseins als abgeschnitten von der geistigen Welt: Er kann in der Natur keinen geistigen Plan, keine wirkenden Naturgeister mehr erkennen, wie es seinen Vorfahren erschienen ist. Sein Glaube wird weiterhin aufrechterhalten; er beginnt jedoch, an den berlieferten Wahrheiten zu zweifeln. Er will sich Gewissheit und Sicherheit durch selbstndiges Prfen erwerben, und beginnt, sich auf die Erforschung der sinnenflligen Welt zu beschrnken; er sucht nach Gesetzmigkeiten, nicht mehr nach geistigen Hintergrnden oder Ursachen. Der naive Materialismus bildet sich langsam heraus. Weil Stoff (Materie) allein sich jedoch nicht selbst erklren kann, wird er gezwungen, eine verborgene Seite der Welt anzunehmen, in der Krfte den Lauf der Erscheinungen bewirken; der Dualismus Stoff-Kraft ist entstanden. Der Materialismus als einheitliche Erklrung (insofern er ein Monismus sein wollte) ist hier schon gescheitert, da sich die angenommenen Krfte gleichgltig, ob sie einen Planeten oder ein Elementarteilchen bewegen immer nur an ihren Auswirkungen beobachten lassen; ber ihre eigentliche Beschaffenheit kann nichts erfahren werden.

Schlielich wird der Stoff selbst in dieses Jenseits verschoben und Ding an sich genannt, sodass eine endgltige Trennung zwischen subjektivem, innerseelischem Erleben und trans-subjektiver (das Subjekt bersteigender), auerseelischer Wirklichkeit entsteht: Subjektivismus und subjektivistischer Materialismus; Religion ist nun wieder mglich, indem man die Begriffe Jenseits und Diesseits, Glaube/Religion und Wissen, Realitt und Vorstellung einander gegenberstellt. Gleichzeitig wird in verschiedenem Mae eingestanden werden, dass aus bloen Vorstellungen ber die Welt sich nur ein beschrnktes Wissen ableiten lsst; es entstehen Gedanken ber die Grenze dessen, was man wissen kann, und was man grundstzlich nicht wissen kann (Agnostizismus). Die Erforschung der Elementarteilchen fhrt zu Hoffnungen, dort auf den Grund der Dinge, das Ding an sich, ja Gott selbst zu stoen. Seit der Entdeckung des Unterbewusstseins wird die Unterteilung der Welt in Offenbares und Verstecktes verstndlich. Der subjektivistische Materialismus zerrinnt sozusagen unter seinen eigenen Fingern, weil er weder eine einheitliche noch berhaupt eine umfassende Erklrung der Welt liefern kann; er postuliert die Existenz von Stoff, aber muss diesen Stoff als unnahbar, unerfahrbar hinstellen.Der Materialismus ist damit unbeweisbar geworden, ebenso unbeweisbar, wie Hypothesen (Annahmen) der Naturwissenschaft. Selbige forscht immer weiter und denkt selten ber die Rechtfertigung ihrer Methoden und Hypothesen nach. Der Materialismus ist auch insofern gescheitert, als ein tatschlicher Beweis ins unerreichbare Jenseits verlegt werden muss (auer in der Mathematik), whrend heute nur noch Hypothesen aufgestellt werden, die irgendwann vielleicht widerlegt werden; solange keine Widerlegung gelungen ist, bleiben sie als Mglichkeiten stehen. Natrlich gibt es unendlich viele Denkmglichkeiten, wie die Welt beschaffen sein knnte.Alle diese Schritte der Geistesentwicklung haben ihre Spuren bis heute zurckgelassen. Selten findet man sie im persnlichen Gedankengang eines Menschen, da heute der Materialismus in allen seinen Facetten bereits mit der Muttermilch eingesogen wird und so gar nicht erst das Gespr dafr entsteht, dass eine geistige Welt existiere, von der man vorbergehend abgeschnitten sei.

Zusammen mit dem Glauben wird auch das Fhlen ins unmagebliche Jenseits verlegt und verdet. Es entsteht Gleichgltigkeit oder Ablehnung gegenber den meisten Dingen der Welt; denn der Blick dringt kaum noch in die Tiefen einer Erscheinung ein und vermag deshalb verborgene gute oder schne Seiten nicht mehr zu bemerken.Der Mensch ist nicht in der Lage, die Welt (das Universum) anders zu verstehen als anhand der Erfahrungen, die er mit sich selbst macht (anthropomorph). Der Materialismus greift bestimmte Elemente dieser Erfahrungen heraus, die gem dem Subjektivismus als wissensgerecht ansieht (Kraft, Raum, Zeit, Schwere), whrend er andere hchstens als fr die Psychologie relevant betrachtet (alle Arten des Empfindens, Gefhle...). Die Welt wird in Ursache (jenseitige Kraft) und Wirkung (diesseitiges Phnomen/Geschehen) zerteilt.Indem man auf das eigene Unterbewusstsein schaut, kommt man zu dem Schluss, dass es auch in der Welt Dinge geben soll, die man nicht wissen kann. Weiterfhrend wre hier allerdings nur die Frage, wie man die unbewussten Teile seiner Seele ins Bewusstsein heraufholt, um sie ebenso beobachtend zu untersuchen, wie man auch im ueren durch Beobachtung experimentiert. Sollte in diesem inneren Verborgenen nicht alles zu finden sein, was das das uere Verborgene geheimhlt?Der Materialismus hat das menschliche Denken von der Anbindung an berlieferungen losgelst, die nur treu geglaubt werden knnen. Der Mensch kann nun in freiester Weise denken, was immer er mchte, und sei es ein solch widersprchliches Weltbild wie der Materialismus. Will er wiederum zu wahrem Wissen fortschreiten, kann er auf dieser Stufe nicht stehenbleiben. Im ueren ist nichts Wesentliches zu finden; im eigenen Innern, das voll anzuerkennen ist, kann man das Forschen fortsetzen.Wir knnen ein Geschehen nur verstehen, wenn wir zur beobachteten Wirkung eine erklrende Ursache, zur Wahrnehmung den Gedanken ergnzen. Wir knnen einen Teil der Wirklichkeit nicht wahrnehmen, messen oder registrieren; das bedeutet noch nicht, dass mein eigenes (geschultes) Denken nicht in der Lage wre, die Ganzheit der Welt wiederherzustellen. Der subjektivistische Materialismus ist ein Glaube, ein Jenseitsglaube, weil er die Ursachen der Welt ins Unerreichbare setzt, ohne dort mit der Erkenntnis eindringen zu knnen. Nur eine Weltanschauung, die davon ausgeht, dass die Welt als Ganzheit erkennbar ist, kann Dualismus und Glaube endgltig berwinden.Solange der Mensch sich nur mit demjenigen forschend beschftigt, was vor Augen liegt, ist es dem Verstand nicht ntig, sich ber das Verstndnis uerer Erscheinungen zu erheben. Erst wenn dem Innenleben genausoviel Aufmerksamkeit zukommt, knnen die vorlufig berechtigten Erkenntnisgrenzen berwunden werden. Solange man einen Eindruck (z.B. einen singenden Vogel) nicht fr voll nimmt (fr das, was er ist) und aufhrt, etwas dahinter zu vermuten, kann der Subjektivismus nicht berwunden werden; solange man nicht den gesamten Eindruck (Farben, Gesang, Bewegung, Empfindungen, Begriff, Vogelartigkeit) fr voll nimmt, ist auf Sinnliches beschrnktes Denken nicht berwunden. Wie eine nicht-materialistische Weltanschauung aber zu denken ist, kann nicht Gegenstand dieser Schrift sein, da diese Frage schon in eine andere Weltanschauung hineinfhren wrde.

Als Ergnzung seien Teile einer Abhandlung von Goethe hinzugefgt. Die berschriften sind von mir hinzugefgt.J.W.Goethe: Der Versuch als Vermittler zwischen Subjekt und ObjektZum wissenschaftlichen Experiment

[...] Wenn wir die Erfahrungen, welche vor uns gemacht worden, die wir selbst oder andere zu gleicher Zeit mit uns machen, vorstzlich wiederholen und die Phnomene, die teils zufllig, teils knstlich entstanden sind, wieder darstellen, so nennen wir dieses einen Versuch [=wissenschaftliches Experiment].

Der Wert eines Versuchs besteht vorzglich darin, da er, er sei nun einfach oder zusammengesetzt, unter gewissen Bedingungen mit einem bekannten Apparat und mit erforderlicher Geschicklichkeit jederzeit wieder hervorgebracht werden knne, so oft sich die bedingten Umstnde vereinigen lassen. Wir bewundern mit Recht den menschlichen Verstand, wenn wir auch nur obenhin die Kombinationen ansehen, die er zu diesem Endzwecke gemacht hat, und die Maschinen betrachten, die dazu erfunden worden sind und man darf wohl sagen tglich erfunden werden.

So schtzbar aber auch ein jeder Versuch einzeln betrachtet sein mag, so erhlt er doch nur seinen Wert durch Vereinigung und Verbindung mit andern. Aber eben zwei Versuche, die miteinander einige hnlichkeit haben, zu vereinigen und zu verbinden, gehrt mehr Strenge und Aufmerksamkeit, als selbst scharfe Beobachter oft von sich gefordert haben. Es knnen zwei Phnomene miteinander verwandt sein, aber doch noch lange nicht so nah, als wir glauben. Zwei Versuche knnen scheinen auseinander zu folgen, wenn zwischen ihnen noch eine groe Reihe stehen mte, um sie in eine recht natrliche Verbindung zu bringen.

Man kann sich daher nicht genug in acht nehmen, aus Versuchen nicht zu geschwind zu folgern: denn beim bergang von der Erfahrung zum Urteil, von der Erkenntnis zur Anwendung ist es, wo dem Menschen gleichsam wie an einem Passe alle seine inneren Feinde auflauern, Einbildungskraft, Ungeduld, Vorschnelligkeit, Selbstzufriedenheit, Steifheit, Gedankenform, vorgefate Meinung, Bequemlichkeit, Leichtsinn, Vernderlichkeit und wie die ganze Schar mit ihrem Gefolge heien mag, alle liegen hier im Hinterhalte und berwltigen unversehens sowohl den handelnden Weltmann als auch den stillen, vor allen Leidenschaften gesichert scheinenden Beobachter.

[...]

Der Mensch erfreut sich [...] mehr an der Vorstellung als an der Sache, oder wir mssen vielmehr sagen: der Mensch erfreut sich nur einer Sache, insofern er sich dieselbe vorstellt; sie mu in seine Sinnesart passen, und er mag seine Vorstellungsart noch so hoch ber die gemeine heben, noch so sehr reinigen, so bleibt sie doch gewhnlich nur ein Versuch, viele Gegenstnde in ein gewisses faliches Verhltnis zu bringen, das sie, streng genommen, untereinander nicht haben; daher die Neigung zu Hypothesen, zu Theorien, Terminologien und Systemen, die wir nicht mibilligen knnen, weil sie aus der Organisation unseres Wesens notwendig entspringen.

Man wird bemerken knnen, da ein guter Kopf nur desto mehr Kunst anwendet, je weniger Data vor ihm liegen; da er, gleichsam seine Herrschaft zu zeigen, selbst aus den vorliegenden Datis nur wenige Gnstlinge herauswhlt, die ihm schmeicheln; da er die brigen so zu ordnen versteht, wie sie ihm nicht geradezu widersprechen, und da er die feindseligen zuletzt so zu verwickeln, zu umspinnen und beiseite zu bringen wei, da wirklich nunmehr das Ganze nicht mehr einer freiwirkenden Republik, sondern einem despotischen Hofe hnlich wird.

Einem Manne, der so viel Verdienst hat, kann es an Verehrern und Schlern nicht fehlen, die ein solches Gewebe historisch kennen lernen und bewundern und, insofern es mglich ist, sich die Vorstellungsart ihres Meisters eigen machen. Oft gewinnt eine solche Lehre dergestalt die berhand, da man fr frech und verwegen gehalten wrde, wenn man an ihr zu zweifeln sich erkhnte. Nur sptere Jahrhunderte wrden sich an ein solches Heiligtum wagen, den Gegenstand einer Betrachtung dem gemeinen Menschensinne wieder vindizieren, die Sache etwas leichter nehmen und von dem Stifter einer Sekte das wiederholen, was ein witziger Kopf von einem groen Naturlehrer sagt: er wre ein groer Mann gewesen, wenn er weniger erfunden htte.

Ich habe vorhin gesagt, da ich die unmittelbare Anwendung eines Versuchs zum Beweis irgendeiner Hypothese [wie es im heutigen Wissenschaftsbetrieb nicht anders gehandhabt wird] fr schdlich halte, und habe dadurch zu erkennen gegeben, da ich eine mittelbare Anwendung derselben fr ntzlich ansehe, und da auf diesen Punkt alles ankommt, so ist es ntig, sich deutlich zu erklren.

Zur Natur

In der lebendigen Natur geschieht nichts, was nicht in einer Verbindung mit dem Ganzen stehe, und wenn uns die Erfahrungen nur isoliert erscheinen, wenn wir die Versuche nur als isolierte Fakt[en] anzusehen haben, so wird dadurch nicht gesagt, da sie isoliert seien, es ist nur die Frage: wie finden wir die Verbindung dieser Phnomene, dieser Begebenheiten?

Wir haben oben gesehen, da diejenigen am ersten dem Irrtume unterworfen waren, welche ein isoliertes Faktum mit ihrer Denk- und Urteilskraft unmittelbar zu verbinden suchten. Dagegen werden wir finden, da diejenigen am meisten geleistet haben, welche nicht ablassen, alle Seiten und Modifikationen einer einzigen Erfahrung, eines einzigen Versuches, nach aller Mglichkeit durchzuforschen und durchzuarbeiten.

Da alles in der Natur, besonders aber die allgemeiner[e]n Krfte und Elemente, in einer ewigen Wirkung und Gegenwirkung sind, so kann man von einem jeden Phnomene sagen, da es mit unzhligen andern in Verbindung stehe, wie wir von einem freischwebenden leuchtenden Punkte sagen, da er seine Strahlen nach allen Seiten aussende. Haben wir also einen solchen Versuch gefat, eine solche Erfahrung gemacht, so knnen wir nicht sorgfltig genug untersuchen, was unmittelbar an ihn grenzt? was zunchst auf ihn folgt? Dieses ists, worauf wir mehr zu sehen haben, als auf das, was sich auf ihn bezieht. Die Vermannigfaltigung eines jeden einzelnen Versuches ist also die eigentliche Pflicht eines Naturforschers. Er hat gerade die umgekehrte Pflicht eines Schriftstellers, der unterhalten will. Dieser wird Langeweile erregen, wenn er nichts zu denken brig lt, jener mu rastlos arbeiten, als wenn er seinen Nachfolgern nichts zu tun brig lassen wollte, wenn ihn gleich [das Fehlen des richtigen Verhltnisses] unseres Verstandes zu der Natur der Dinge zeitig genug erinnert, da kein Mensch Fhigkeiten genug habe, in irgendeiner Sache abzuschlieen. [...]

Diese Bedchtlichkeit, nur das Nchste ans Nchste zu reihen oder vielmehr das Nchste aus dem Nchsten zu folgern, haben wir von den Mathematikern zu lernen, und selbst da, wo wir uns keiner Rechnung bedienen, mssen wir immer so zu Werke gehen, als wenn wir dem strengsten Geometer Rechenschaft zu geben schuldig wren.

Man sieht den groen Unterschied zwischen einer mathematischen Demonstration, welche die ersten Elemente durch so viele Verbindungen durchfhrt, und zwischen dem Beweise, den ein kluger Redner aus Argumenten fhren knnte. Argumente knnen ganz isolierte Verhltnisse enthalten und dennoch durch Witz und Einbildungskraft auf einen Punkt zusammengefhrt und der Schein eines Rechts oder Unrechts, eines Wahren oder Falschen berraschend genug hervorgebracht werden. Ebenso kann man, zugunsten einer Hypothese oder Theorie, die einzelnen Versuche gleich Argumenten zusammen stellen und einen Beweis fhren, der mehr oder weniger blendet.

Wem es dagegen zu tun ist, mit sich selbst und andern redlich zu Werke zu gehen, der wird auf das sorgfltigste die einzelnen Versuche durcharbeiten und so die Erfahrungen der hheren Art auszubilden suchen. Diese lassen sich durch kurze und faliche Stze aussprechen, nebeneinander stellen, und wie sie nach und nach ausgebildet worden, knnen sie geordnet und in ein solches Verhltnis gebracht werden, da sie so gut als mathematische Stze entweder einzeln oder zusammengenommen unerschtterlich stehen. [...]

Bei der andern Methode aber, wo wir irgend etwas, das wir behaupten, durch isolierte Versuche gleichsam als durch Argumente beweisen wollen, wird das Urteil fters nur erschlichen, wenn es nicht gar in Zweifel stehen bleibt. [...]

J.P. Eckerman: Gesprche mit Goethe in den letzten Jahren seines LebensMittwoch, den 11. April 1827

Es gibt in der Natur ein Zugngliches und ein Unzugngliches. Dieses unterscheide und bedenke man wohl und habe Respekt. Es ist uns schon geholfen, wenn wir es berhaupt nur wissen, wiewohl es immer sehr schwer bleibt, zu sehen, wo das eine aufhrt und das andere beginnt. Wer es nicht wei, qult sich vielleicht lebenslnglich am Unzugnglichen ab, ohne je der Wahrheit nahe zu kommen. Wer es aber wei und klug ist, wird sich am Zugnglichen halten, und indem er in dieser Region nach allen Seiten geht und sich befestiget, wird er sogar auf diesem Wege dem Unzugnglichen etwas abgewinnen knnen, wiewohl er hier doch zuletzt gestehen wird, da manchen Dingen nur bis zu einem gewissen Grade beizukommen ist und die Natur immer etwas Problematisches hinter sich behalte, welches zu ergrnden die menschlichen Fhigkeiten nicht hinreichen.

Dem Licht werden keine grundstzlich anderen Eigenschaften als der Materie zugeordnet. Der Begriff des Lichts stammt aus lteren, spirituellen Anschauungen. Denn sehen kann man Licht nicht: Der Weltraum erscheint schwarz; nur Farben kann man an den Gegenstnden erleben.

Wenn ich im Folgenden von Ursachen und Wirkungen spreche, ist dies nur behelfsweise zu verstehen; ich werde in der Zusammenfassung nher hierauf eingehen.

Beispiele wren Druck und Gleichgewicht. Am Ende des Artikels wird auch noch auf das Unterbewusstsein eingegangen.

Zum Beispiel Mensch oder Menschheit, worauf an spterer Stelle noch eingegangen wird.

Alleine schon, dass dieser Mann nicht ein Produkt, sondern die Ursache, der Schpfer der Welt sein sollte. Gott war sinnlich, nicht materiell.

Das Wort Menschheit wird allenfalls als Synonym fr alle Menschen gebraucht, also die Summe aller zu einem bestimmten Zeitpunkt lebenden Menschen. In lteren Zeiten waren andere Vorstellungen mit diesem Wort verbunden.

Nach Kluge, Etymologisches Wrterbuch der dt. Sprache, 24. Auflage 2001.

Es gibt durchaus mathematische Formeln, die funktionieren. Funktionieren bedeutet gem der heutigen Wissenschaft, dass aus einer Annahme Voraussagen abgeleitet werden knnen, die tatschlich zutreffen; z.B. kann die Schwerkraft-Theorie die Flugbahn einer Kanonenkugel voraussagen. Die Formeln erklren allerdings nicht, wodurch eine beobachtete Erscheinung (Flugbahn) hervorgerufen wird. Jedes Kind wei, dass ein losgelassener Gegenstand zu Boden fllt; wie kommt das? durch eine Kraft? durch Zufall? durch Gottes Willen? durch unsichtbare Heinzelmnnchen? Die Physik kann hier erst einmal nur eine Formel fr die Fall-Geschwindigkeit angeben. Krfte kann man eben niemals im Bereich der sinnlichen Naturwissenschaft beobachten, und das ist eben eine niemals zu behebende Schwachstelle der materialistisch orientierten Forschung. Vgl. auch die folgende Funote.

ber die Unmglichkeit, jemals hinter das Geheimnis von Krften und Energien zu kommen, wurde schon gesprochen. Es wird eben nicht die prinzipielle Unmglichkeit eingesehen, durch bloe Untersuchung von Materie und Elementarteilchen jemals etwas anderem zu begegnen als einer Wirkung; die eigentlichen Ursachen mssen stets spekulativ bleiben.

Eine wissenschaftliche Theorie muss nach gngiger wissenschaftstheoretischer Auffassung (Wikipedia) widerlegbar sein. Hierzu Peter Woit: The possible existence of, say, 10500 consistent different vacuum states for superstring theory probably destroys the hope of using the theory to predict anything. If one picks among this large set just those states whose properties agree with present experimental observations, it is likely there still will be such a large number of these that one can get just about whatever value one wants for the results of any new observation. (aus: Not Even Wrong: The Failure of String Theory and the Search for Unity in Physical Law. Basic Books, 2006, Seite105).

Monistisch: Das Universum ist eine Einheit, durch ein einheitliches Prinzip erklrbar, sei es Materie (Materialismus), Geist (Spiritualismus) oder etwas anderes.

Dualistisch: Die Ganzheit des Universums zerfllt in zwei Prinzipien, die streng voneinander getrennt betrachtet werden mssen und fr die es kein gemeinsames ber-Prinzip gibt.

Diese Frage wird an spterer Stelle wieder aufgegriffen. Das Festlegen von Grenzen dafr, was man berhaupt erkennen kann, wird Agnostizismus genannt.

Wissenschaft, die sich mit jenseitigen (daher meistens nicht messbaren) Dingen beschftigt, z.B. Nahtodeserlebnissen.

Zum Beispiel sind das Gute, die Wahrheit, das Ding an sich Themen, ber die man endlos diskutieren kann. Das gebrochene, sehnende, liebende Herz (religis-poetisch), das Knstlerherz, das emotionale Herz (Psychologie) und das physisch-krperliche Herz (westliche Medizin) sind ganz verschiedene Welten; nur die vier gemeinsamen Buchstaben Herz erinnern daran, dass in lteren Zeiten kein Unterschied zwischen den verschiedenen Ebenen des Daseins gemacht wurde. Wer damals etwas ber das Herz im religisen Sinn sagen wollte, kam um das krperliche Herz nicht drumherum. Aristoteles beispielsweise machte sich Gedanken um das physische Gehirn des Menschen, obwohl er Philosoph war! Welcher Philosoph redet heute noch von der Leber?

Dieser Ausdruck wurde vom Mnchener Astronomen Harald Lech in seiner Fernseh-Serie Alpha Centauri verwendet.

Im Tiefschlaf, wenn die Aufmerksamkeit ganz erlischt ist, wird eben gar nichts wahrgenommen; auch nicht das Denken.

d.h. nicht der eigenen Willkr, Sympathie, Ntzlichkeit etc. untergeordnetes. Wenn beispielsweise jemand 500 Euro auf seinem Konto hat, und 600 Euro ausgibt, schuldet er der Bank 100 Euro (inklusive Zinsen). Ob diesem Menschen das gefllt oder nicht die Wahrheit dieses Satzes ergibt sich durch die rein-gedankliche Gesetzmigkeit der Mathematik. Bei unberechenbaren Fragen obsiegen hingegen oftmals Gewohnheit, Sturheit, Bequemlichkeit, Furcht, Schmeichelei und andere Faktoren.

Hinzu kommt, dass eine wirklichkeitsgetreue Wissenschaft nicht durch wirtschaftliche oder politische Interessen sowie eigene Vorlieben und Fehler der Vergangenheit verflscht werden darf.

Beispiele sind in der jngeren Geschichte zu suchen.

Ob die Erde um die Sonne oder die Sonne um die Erde kreise; ob das Auto auf den Berg fhrt, oder der Berg sich zum Auto bewege alles nur eine Sache des Betrachters. Diese Anschauung ist aber sehr unpraktisch. Am Benzinverbrauch wird man durchaus merken, wer oder was hier unterwegs gewesen ist (das Auto, nicht der Berg).

Oder: kritischer Empirismus. Man kann nichts positiv beweisen, nur falsche Hypothesen widerlegen.

Zu Deutsch: Zweiflertum. Kann man die Wirklichkeit erkennen oder die Wahrheit finden?

nihil zu Deutsch: nichts. Die Mglichkeit jeglicher objektiven Seins-, Erkenntnis-, Wert- und Gesellschaftsordnung wird verneint (nach Wikipedia)

Blickt man auf sein inneres Vorstellungsleben und hat dabei den Gedanken von der Existenz einer in sich bestehenden Materie im Kopf, ist man gezwungen, eine Parallelwelt (man mag sie Hyperraum oder wie auch immer nennen) anzunehmen, in der das Ding an sich oder die Materie ewig unzugnglich ihr Dasein fristet. Der Subjektivismus ist also, insofern er aus materiellen Vorstellungen hervorging, auch eine Spielart des Materialismus. Er beginnt endgltig mit Descartes Dualismus von Materie und Geist.

Als Eigentmer einer Sache ihre Herausgabe vom Besitzer verlangen (Duden)

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