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FRAUNHOFER-INSTITUT FÜR ANGEWANDTE POLYMERFORSCHUNG IAP Fraunhofer-Institut für Angewandte Polymerforschung IAP Wissenschaftspark Potsdam-Golm Geiselbergstr. 69 14476 Potsdam-Golm Kontakt Dr. Jens Buller Telefon +49 331 568 -1478 jens.buller @ iap.fraunhofer.de www.iap.fraunhofer.de Stärke und stärkehaltige Rohstoffe bieten ein vielfältiges Potenzial zur Entwicklung und Optimierung von Produkten für gewünschte Anwendungen. Neben physikalischer, säure- hydrolytischer und enzymatischer Behandlung der Stärke gewinnt die chemische Derivati sierung zunehmend an Bedeutung. Kationi sche, neutrale und hydrophobe Substituenten bedingen ein breites Spektrum unterschiedli- cher physikalischer Eigenschaften. Sowohl in der Lebensmittelherstellung als auch im technischen Bereich wird Stärke hauptsächlich verwendet als Viskositäts- regulator, Dispergierhilfsstoff, Emulgator, Gelbildner, Bindemittel und Filmbildner. Korrelationen zwischen Verfahrens- bedingungen und Eigenschaften Die Eigenschaften modifizierter Stärke produkte sind nicht nur abhängig von der Art der Modifizierung, sondern auch vom Rohstoff selbst. Die Zusammensetzung des Stärkekorns, seine Teilkristallinität als auch die Gehalte von Begleitstoffen beeinflussen nicht nur physikalische Eigen- schaften, sondern auch die enzymatische und chemische Modifizierbarkeit. Die Charakterisierung beinhaltet die Bestim- mung der molekularen Zusammensetzung, die molekulare Degradation der beiden Stärkekomponenten und die Verteilung der Substituenten auf die unterschiedlichen Molmassenbereiche bzw. auf Amylopektin- und Amylosefraktionen. Zur Ermittlung von Zusammenhängen zwischen Struktur und Applikationseigenschaften werden Untersuchungen zur Löslichkeit, Disper - gierbarkeit, Filmbildung, Extrudierbarkeit, ENTWICKLUNG VON STÄRKEPRODUKTEN 1 Morphologie nativer Kartoffelstärke. 2 Anhydroglucoseeinheit (AGE). 3 Jetkocher. 4 Parr-Reaktor. 5 Stärkefolie. 6 Kontaktwinkelmessung. O OH O HO O CH 2 OH n 2 3 A Übersicht zur Modifizierung von Stärke. Modifizierung der Stärke enzymatisch chemisch physikalisch Ester Ether Vernetzung Oxidation Pfropfung 30 μm 1

ENTWICKLUNG VON STÄRKEPRODUKTEN - iap.fraunhofer.de · hydrolysierender Enzyme, die eine Spaltung von 1,4 - αDBindungen und/oder 1,6-αDBindungen sowohl in der Amylose als auch

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F R A U N H O F E R - I N S T I T U T F Ü R A N G E W A N D T E P O LY M E R F O R S C H U N G I A P

Fraunhofer-Institut für

Angewandte Polymerforschung IAP

Wissenschaftspark Potsdam-Golm

Geiselbergstr. 69

14476 Potsdam-Golm

Kontakt

Dr. Jens Buller

Telefon +49 331 568 -1478

jens.buller @ iap.fraunhofer.de

www.iap.fraunhofer.de

Stärke und stärkehaltige Rohstoffe bieten ein

vielfältiges Potenzial zur Entwicklung und

Optimierung von Produkten für gewünschte

Anwendungen. Neben physikalischer, säure-

hydrolytischer und enzymatischer Behandlung

der Stärke gewinnt die chemische Derivati­

sierung zunehmend an Bedeutung. Kationi­

sche, neutrale und hydrophobe Substituenten

bedingen ein breites Spektrum unterschiedli-

cher physikalischer Eigenschaften.

Sowohl in der Lebensmittelherstellung als

auch im technischen Bereich wird Stärke

hauptsächlich verwendet als Viskositäts-

regulator, Dispergierhilfsstoff, Emulgator,

Gelbildner, Bindemittel und Filmbildner.

Korrelationen zwischen Verfahrens-

bedingungen und Eigenschaften

Die Eigenschaften modifizierter Stärke­

produkte sind nicht nur abhängig von der

Art der Modifizierung, sondern auch

vom Rohstoff selbst. Die Zusammensetzung

des Stärkekorns, seine Teilkristallinität

als auch die Gehalte von Begleitstoffen

beeinflussen nicht nur physikalische Eigen-

schaften, sondern auch die enzymatische

und chemische Modifizierbarkeit.

Die Charakterisierung beinhaltet die Bestim-

mung der molekularen Zusammensetzung,

die molekulare Degradation der beiden

Stärkekomponenten und die Verteilung der

Substituenten auf die unterschiedlichen

Molmassenbereiche bzw. auf Amylopektin-

und Amylosefraktionen. Zur Ermittlung

von Zusammenhängen zwischen Struktur

und Applikationseigen schaften werden

Untersuchungen zur Löslichkeit, Disper-

gierbarkeit, Filmbildung, Extrudierbarkeit,

ENTWICKLUNG VON STÄRKEPRODUKTEN

1 Morphologie nativer Kartoffelstärke.

2 Anhydroglucoseeinheit (AGE).

3 Jetkocher.

4 Parr-Reaktor.

5 Stärkefolie.

6 Kontaktwinkelmessung.

O

OH O

HOO

CH2OH

n

1 2 3

A Übersicht zur Modifizierung von Stärke.

Modifizierung der Stärke

enzymatisch chemisch physikalisch

Ester Ether Vernetzung OxidationPfropfung

30 μm1

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zum rheologischen Verhalten, zum Einsatz

in Trennprozessen als auch zur Wechsel-

wirkung mit anderen Polymeren und nieder-

molekularen Substanzen durchgeführt.

Die Molmassenverteilungen von Stärke-

produkten können zielgerichtet eingestellt

werden (Fig. B).

Papieradditive

Kationische Stärke ist ein wichtiges

Retenti onsmittel in der Papierproduktion

und trägt zur Störstoffbindung während

des Herstel lungsprozesses und zur Festig­

keitssteigerung des Papiers bei. Für die Ver-

fahrensoptimierung der Oberflächenleimung

werden produktimmanente und verfahrens-

technische Parameter beim Aufschluss und

bei der Verarbeitung von Stärke untersucht.

Eigenschaften wie Bindekraft, Viskosität und

Penetration stehen im Zusammenhang zu

den Eigenschaften des Papiers. Adsorptions-

mengen von kationischer Kartoffelstärke an

Cellulosefasern hängen von deren DS­Wert,

der Art des Faserstoffs und der Wasserhärte

ab (Fig. C; SEK – Sekundärfaserstoff,

SFZ – Sulfatzellstoff).

Stärke mit Film- und

Barriereeigenschaften

Stärkeprodukte mit speziellen Barriere-

eigenschaften sowie mit dem Vermögen

zur Bildung transparenter, flexibler und

reissfester Schichten erfahren eine zuneh-

mende Nachfrage. Sowohl wasserlösliche,

partiell quellbare als auch wasserstabile

Filme mit speziellen Eigenschaften werden

für verschiedene Applikationen entwickelt.

Der DS­Wert eines Stärkeacetats wird ent-

spechend der Erfordernisse der Anwendung

eingestellt (Fig. D).

Wellpappenkleber

Das Anwendungsgebiet der stärkehältigen

Klebstoffe erstreckt sich von der breiten

industriellen Verwendung bis zu den

Alltagsklebern. Für die Anwendung modifi-

zierter Stärke auf Wellpappen-Produktions-

maschinen werden Produkte entwickelt, die

die Ausbildung der Verklebung bei hohen

Maschinenlaufzeiten garantieren.

Enzymatische Modifikate

Die enzymatische Modifizierung ist

gekenn zeichnet durch die Anwendung

hydrolysierender Enzyme, die eine Spaltung

von 1,4 - α­D­Bindungen und /oder

1,6- α­D­Bindungen sowohl in der Amylose

als auch im Amylopektin bewirken. Es ent-

stehen grundsätzlich molekular abgebaute

Produkte. Eine Totalhydrolyse wird zur

Herstellung des Produktes Dextrose

(ca. 100 Prozent Glucose) durchgeführt. Eine

partielle Hydrolyse der Stärke führt zur Re-

duzierung der Viskosität von Stärkekleistern,

was auch durch Säure­Abbau, Dextrinierung

oder Oxidation erzeugt werden kann.

In Fig. E ist die Wirkung verschiedener

Enzyme dargestellt.

5 6

101 102 103 104 105 106 107 108 109

dW/d [log M]

Molmasse [g/mol]

MW [106 g/mol]

Kation.2 6.8 Kation.1 13.9

Kst. 43.9 Kst. abgeb. 9.5

B

SFZ SEK SFZ SEK

0

4

8

12

16

20

Wasser 55°dH

Adsorbierte Stärke [mg/g]

Wasser 18°dH

C

1 2 3 4 5

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

DS

Essigsäureanhydrid [mol/mol AGU]

R2 = 0,98604

D

C-Kette

A-Kette

B-Kette

α-Amylase

β-Amylase

Pullulanase

E