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Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten ERGEBNISSE UND NUTZUNGSPOTENTIALE DES FORSCHUNGSSCHWERPUNKTS

Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten...ren. Die erheblichen Beeinträchtigungen im Erlernen des Lesens, Rechtschreibens und/oder Rechnens werden zu oft nicht oder sehr spät

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Entwicklungsstörungen schulischer FertigkeitenERGEBNISSE UND NUTZUNGSPOTENTIALE DES FORSCHUNGSSCHWERPUNKTS

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INHALT

CODY 14 – 15

DISKRE 16 – 17

MathePeer 18 – 19

MatheSchrift 20 – 21

RABE 22 – 23

SCHUES 24 – 27

IRAGS 28 – 29

LEXI 30 – 31

Lautarium 32 – 33

ERI 34 – 35

FELICS 36 – 37

AGENT 8-1-0 38 – 39

NEUROFÖ 40 – 41

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Lesen, Schreiben und Rechnen sind wichtigekulturelle Fähigkeiten, ohne die eine aktiveund selbstbestimmte Teilhabe am gesellschaft-lichen Leben nur schwer möglich ist. ZahlreicheStudien belegen die schlechteren Bildungs-und Berufschancen für Menschen mit Defizitenin diesen Leistungsbereichen.Daher sind die Ergebnisse einer vom Bundes-bildungsministerium geförderten Studie, dievom Deutschen Institut für Internationale Päda-gogische Forschung, der Universität Hildes-heim, der Universität Frankfurt am Main undder Universität Oldenburg durchgeführt wurde,besorgniserregend: Fast jedes dritte Grund-schulkind in Deutschland hat Probleme, dasLesen, Rechtschreiben oder Rechnen zu er-lernen. Bei etwa der Hälfte der Kinder sind dieLernschwierigkeiten so erheblich, dass beiihnen eine schulische Entwicklungsstörung(Lese-, Rechtschreib- oder Rechenstörung)diagnostiziert wird. Hier besteht erheblicherForschungsbedarf sowohl zu Fragen derindividuellen Diagnostik als auch zu Möglich-keiten einer gezielten Förderung.An dieser Stelle setzt das Bundesministe-rium für Bildung und Forschung (BMBF) mitdem Forschungsschwerpunkt "Forschung zuDiagnostik und Intervention bei Entwicklungs-störungen schulischer Fertigkeiten" an. Im Rahmen dieses Schwerpunktes werdenForschungsprojekte zur Generierung empiri-schen wissens gefördert, das dazu beiträgt,eine individuelle, ursachenbezogene Diagno-stik und eine - daraus abgeleitete - evidenz-basierte individuelle Unterstützung für betrof-fene Kinder, Jugendliche und Erwachsenezu ermöglichen. Bisher erfolgte die Forschungsförderung inzwei Phasen. Nachdem im Zeitraum von 2010bis 2013 neunzehn Vorhaben mit einer Gesamt-summe von 5,4 Millionen Euro durchgeführtwurden, schloss sich daran eine zweite Phasevon 2013 bis 2017 an. In dieser Phase wurden

weitere 10 Vorhaben mit einer Gesamtsummevon über 3,7 Millionen Euro gefördert. Im zwei-ten Förderzeitraum stand verstärkt der Transferder Forschungsergebnisse in die Praxis imMittelpunkt der Arbeiten. Die Ergebnisse derzweiten Forschungsphase wurden jetzt fürInteressenten in wissenschaft und Praxisaufbereitet und in dieser Broschüre zusammen-gestellt.Mit der im Juli 2017 begonnenen dritten Phaseder Förderung werden auf Grundlage derbisherigen Forschungsergebnisse wissen-schaftlich fundierte Diagnose- und Förder-instrumente entwickelt und im Anschluss erst-mals auf einer Online-Plattform zur Verfügunggestellt. So können sich künftig Schulen,Schulpsychologen, Lerntherapeuten, kommu-nale Jugendämter und Eltern über die Instru-mente informieren und diese nutzen. Das Bundesministerium für Bildung undForschung verbindet damit die Hoffnung,dass die Ergebnisse eine gute Resonanz inder Öffentlichkeit finden und einen Beitragzu einer verbesserten Praxis in Diagnostikund Förderung von Kindern mit Entwicklungs-störungen geleistet werden kann.

Ursula Zahn-Elliott

Referatsleiterin

Referat 322 – Bildungsforschung

Im Bundesministerium für Bildung und Forschung

GELEITwORT

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Seit 2010 fördert das Bundesministerium fürBildung und Forschung (BMBF) im Rahmender Empirischen Bildungsforschung einenForschungsschwerpunkt zu den Entwicklungs-störungen schulischer Fertigkeiten mit demZiel, verlässliches und nützliches wissen zurindividuellen ursachenbezogenen Diagnostikund evidenzbasierten Förderung für Kinder,Jugendliche und Erwachsene mit einer Lese-,Rechtschreib- und Rechenstörung zu generie-ren. Die erheblichen Beeinträchtigungenim Erlernen des Lesens, Rechtschreibensund/oder Rechnens werden zu oft nicht odersehr spät festgestellt. Evidenzbasierte Förder-konzepte liegen kaum vor und vorliegendevielversprechende Ansätze sind oftmals nur fürsehr eingegrenzte Altersgruppen geeignet.Schüler und Schülerinnen mit schulischen Ent-wicklungsstörungen haben trotz allgemeinintakter Lernfähigkeiten oft massive Schulpro-bleme, sind überzufällig häufig Opfer vonMobbing und entwickeln nicht selten ausge-prägte emotionale Störungen, Ängste undDepressionen. Etwa jedes achte Schulkindin Deutschland erfüllt die Kriterien für eineschulische Entwicklungsstörung. Dies machtdeutlich, von welch weitreichender Bedeutungeine verbesserte Diagnostik und eine evidenz-basierte Förderung ist.

Die in dieser Broschüre beschriebenen 13Forschungsprojekte des Forschungsschwer-punkts “Entwicklungsstörungen schulischerFertigkeiten” haben das Ziel, neue diagnosti-sche Verfahren, vor allem aber Förderkonzepteund Methoden der Früherkennung undPrävention theoretisch fundiert zu entwickelnund zu evaluieren. Das inhaltliche und metho-dische Spektrum der Forschungsprojekteist sehr breit und zeigt, dass die Forschungs-fragen am besten in einem interdisziplinärenForschungsverbund gelöst werden können.Die Forschungsvorhaben werden durch einevom BMBF für diesen Zweck geförderteKoordinierungsstelle in Frankfurt und Münchenbegleitet und betreut.

Diese Broschüre gibt Ihnen einen Einblickin die Arbeitsschwerpunkte des BMBF-For-schungsschwerpunkts “Entwicklungsstörungenschulischer Fertigkeiten” und stellt Ihnen diewichtigsten Ergebnisse der Forschungspro-jekte und die damit verbundenen Nutzungs-potentiale für die Praxis vor.

wir wünschen Ihnen eine anregende Lektüre.

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VORwORT

Prof. Dr. Marcus Hasselhorn

Koordinator (Deutsches Institut für Internationale

Pädagogische Forschung (DIPF), Frankfurt am Main)

Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne

Koordinator (Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie,

Psychosomatik und Psychotherapie, LMU München)

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Hartnäckige Lernprobleme beim Erwerb von Lesen, Rechtschreiben undRechnen sind weit verbreitet. Ein Drittel aller Grundschulkinder zeigt inwenigstens einem dieser drei Fertigkeitsbereiche auffällig schwacheLeistungen. Dieses Phänomen wird in der Pädagogik mit Begriffen wieLernschwierigkeit, Lernstörung bzw. Teilleistungsstörung umschrieben.Verfügen betroffene Kinder über eine normale allgemeine Lernfähigkeit(Intelligenz), zeigen jedoch im Vergleich zu Gleichaltrigen erheblicheDefizite beim Lesen und/oder Rechtschreiben und/oder Rechnen, sospricht die weltgesundheitsorganisation (wHO) von einer “umschriebe-nen Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten“. Etwa jedes achteKind in Deutschland ist davon betroffen.

Wie erkennt man eine Lernstörung?

Kinder mit einer Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten fallendurch ausgeprägte und andauernde Schwierigkeiten beim Erlernen derSchriftsprache und/oder der Arithmetik auf. Die Symptome unterschei-den sich zwischen den unterschiedlichen Lernstörungen.

Eine Lesestörung zeigt sich in der Häufung verschiedener Lesefehler,wie beispielsweise das Auslassen, Verdrehen oder Hinzufügen von Buch-staben, wörtern oder wortteilen, in Schwierigkeiten beim lauten Vorlesensowie in einer niedrigen Lesegeschwindigkeit und in einem schlechtenLeseverständnis.

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wAS SIND ENTwICKLUNGSSTÖRUNGEN SCHULISCHER FERTIGKEITEN?

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Eine Rechtschreibstörung äußert sich durch die Symptome der Verdrehung, Vertauschungoder des Auslassens von Buchstaben im wort und das Einfügen zusätzlicher Buchstaben.Außerdem haben Betroffene Schwierigkeiten bei der lautgetreuen Schreibung von wörtern, diesich z. B. durch das Verwechseln ähnlich klingender Buchstaben zeigen und beim Einhaltengrammatikalischer Regeln, wie z. B. Groß- und Kleinschreibung im Deutschen oder Probleme beider lautgetreuen Schreibung von wörtern, die sich z. B. durch das Verwechseln ähnlich klingenderBuchstaben zeigen. Typisch ist auch, dass Kinder, die unter einer Rechtschreibstörung leiden,die gleichen wörter immer wieder unterschiedlich falsch schreiben.

Eine Rechenstörung, auch Dyskalkulie genannt, ist durch eine Vielzahl von Einzelsymptomengekennzeichnet. So zeigen Kinder mit einer Rechenstörung beispielsweise eine Beeinträchtigungin der Entwicklung der mathematischen Basiskompetenzen. Betroffene haben grundlegendeSchwierigkeiten im Umgang mit Mengen und Zahlen, der Vorstellung von Mengen und Größenund beim Aufsagen und Aufschreiben von Zahlen sowie bei der Zählfertigkeit. Manche Kinderzeigen Schwierigkeiten in Schritten größer als Eins zu zählen oder haben ein mangelhaftesVerständnis des Dezimalsystems. Für rechengestörte Kinder ist es oft auch schwierig Zahlenzu Ziffern zuzuordnen und umgekehrt, was sich in Zahlendrehern, Stellenwertfehlern und Fehlernbei Aufgaben zum Bündelungsprinzip niederschlägt. Außerdem zeigen betroffene Kinder oftSchwierigkeiten in der Beherrschung grundlegender Rechenfertigkeiten wie Addition, Subtraktion,Multiplikation und Division oder haben keine oder eine falsche Vorstellung davon, welcheRechenschritte zur Lösung einer bestimmten mathematischen Aufgabe notwendig sind.

Lernstörungen im Lesen, Schreiben und/oder Rechnen können sowohl isoliert als auch inKombination auftreten. Oft gehen Lesestörungen mit Rechtschreibstörungen einher. AktuelleErgebnisse zeigen, dass mehr als die Hälfte der leseschwachen Kinder auch eine Rechtschreib-störung haben. Auch Rechenstörungen treten häufig nicht isoliert auf. Störungen des Lesensund/oder Rechtschreibens und Rechnens werden häufig berichtet und als kombinierteEntwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten bezeichnet.

Infolge einer anhaltenden Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten können verschiedeneBegleitprobleme und psychische Belastungen auftreten. Insbesondere kann man bei betroffenenKindern vermehrt ein geringes Selbstwertgefühl beobachten, eine mit wenig Lernfreude einher-gehende geringe Anstrengungsbereitschaft, eine allgemeine Schulunlust und Schulangst oderauch psychosomatische Beschwerden, wie z.B. Bauch- oder Kopfschmerzen.

Wie wird eine Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten diagnostiziert?

Um eine umschriebene Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten im Bereich des Lesensund/oder Rechtschreibens oder Rechnens zu diagnostizieren, muss zunächst das Leistungsniveauim Lesen und/oder im Rechtschreiben und/oder Rechnen mithilfe standardisierter Schulleistungs-tests erfasst werden. Nur wenn hier auffällige Minderleistungen feststellbar sind, kann eineumschriebene Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten im Sinne der weltgesundheitsorga-nisation (wHO, Klassifikationssystem ICD-10) vorliegen.

Die Diagnose “Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten“ soll nur vergeben werden, wenneine lernbereichsspezifische Minderleistung, eine unauffällige allgemeine Intelligenz und einebedeutsame Diskrepanz zwischen der aufgrund der Intelligenz, oder des Alters, oder derKlassenstufe zu erwartenden und der aktuell gemessenen Lese-, oder Rechtschreib- oder

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Rechenleistungen nachweisbar ist. Die Minderleistung im Schulleistungstest wird über die Diskre-panz zwischen dem für die jeweilige Altersstufe erwartbaren und dem individuell erreichtenLeistungsniveau bestimmt. Für die zusätzlich nachzuweisende Diskrepanz zwischen lernbereichs-spezifischem Leistungsniveau und allgemeinem Lern- und Leistungspotential (Intelligenz) musszusätzlich ein ausführlicher Intelligenztest durchgeführt werden. Mit der Anwendung diesesKriteriums der Diskrepanz zur Intelligenz soll sichergestellt werden, dass die diagnostizierteschulische Minderleistung auftritt, obwohl die allgemeine Lernfähigkeit weit höhere Leistungenerwarten lässt. Inwiefern das Diskrepanzkriterium zur Intelligenz für die individuelle Förderungbedeutsam und angemessen ist, wird seit Jahren kontrovers diskutiert.

Darüber hinaus soll eine Eigen- und Familienanamnese, eine Erhebung der Lernentwicklungund eine Exploration durchgeführt werden. Liegen Probleme in der Aufmerksamkeit, emotionaleSymptome wie z. B. Angst vor der Schule, geringes Selbstvertrauen, negative Leistungserwartungin Bezug auf die Schule vor, sollten diese Belastungen ernst genommen werden und gegebenen-falls fachärztlich untersucht werden. Der Ausschluss neurologischer und/oder sensorischerBeeinträchtigungen im Bereich Hören und Sehen erfordert ebenfalls eine entsprechendefachärztliche Untersuchung.

Welche Ursachen haben Lernstörungen?

Es gibt vielfältige Ursachen, die für die Entstehung einer Lernstörung im Bereich des Lesensund/oder Rechtschreibens verantwortlich sein können. Es ist davon auszugehen, dass bei derEntstehung der Lese-Rechtschreibstörung neben Umweltfaktoren, wie z. B. die sprachlichenAnregungen in der Familie oder schulische Merkmale wie z. B. das Klassenklima und die Unter-richtsdidaktik, verschiedene biologische, kognitive und Verhaltensfaktoren eine Rolle spielen.Besonders hervorzuheben sind hierbei Funktionsdefizite in der phonologischen Informationsver-arbeitung, d. h. spezifische Defizite bei der Verarbeitung und Repräsentation von Sprachlauten.

Bei der Entstehung der Rechenstörung wird angenommen, dass ein Defizit im basalen Verständnisvon Anzahlen und Zahlen für das Entstehen von Rechenstörungen verantwortlich ist. Ebenso spieltdie eingeschränkte Funktionstüchtigkeit des visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnisses eine Rolle.Die neurowissenschaftliche Forschung hat Auffälligkeiten in Gehirnbereichen gezeigt, die beider Mengen- und Zahlenverarbeitung aktiv sind. Oft weisen diese Regionen eine abweichendeAktivität auf und sind weniger gut miteinander vernetzt als bei nicht-rechengestörten Kindern.

Was hilft bei Lernstörungen?

Liegt eine Lernstörung vor, ist eine frühzeitige Förderung von besonderer Bedeutung. Im deutsch-sprachigen Raum wird eine Vielzahl von Förderprogrammen zur Prävention und Interventionbei Lernstörungen im Lesen, Rechtschreiben und/oder Rechnen angeboten. Allerdings sindnur die wenigsten hinsichtlich ihrer wirksamkeit evaluiert.

Präventionsprogramme sollen späteren Schwierigkeiten vorbeugen und können bereits imKindergarten oder in den ersten Grundschuljahren eingesetzt werden. wird eine Lernstörungdiagnostiziert, so sind neben der Teilnahme am schulischen Förderunterricht meist auchaußerschulische Fördermaßnahmen erforderlich. Eine Intervention sollte dabei in Abhängigkeitvon den Ergebnissen der Diagnostik auf der individuellen Entwicklungsstufe ansetzen sowiedas Kind emotional stabilisieren und seine Lernmotivation fördern. Außerdem ist eine Entlastung

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des Kindes in der Schule durch eine spezifische Förderung und die Gewährung einesNachteilsausgleichs, z. B. durch Zeitverlängerung oder Notenschutz, angebracht. Hier gibt esallerdings große Regelungsunterschiede zwischen den Bundesländern. Nicht selten ist eineBehandlung psychischer Folgeprobleme erforderlich.

Ziele des Forschungsschwerpunkts Entwicklungsstörungen schulischerFertigkeiten

Im BMBF-Forschungsschwerpunkt “Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten” wurdenseit 2011 dreizehn Forschungsprojekte gefördert. Ein Schwerpunkt der Projekte lag in der Erfor-schung der Ursachen von Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten mit dem Ziel, darausAnsätze für eine angemessene förderrelevante Diagnostik und eine wirksame individuelle Förde-rung Betroffener zu gewinnen. Auch neuropsychologische Korrelate schulischer Entwicklungs-störungen und die Frage der wirksamkeit innovativer computerbasierter Übungsprogrammewurden thematisiert. Längsschnittlich angelegte Untersuchungen fokussieren außerdem dieBedeutung von Vorläufern bzw. frühen Fertigkeiten in der Entwicklung von Lese-, Rechtschreib-und Rechenfertigkeiten.

Nutzungsperspektiven der Forschungsergebnisse

Im Forschungsschwerpunkt “Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten“ wurden in denletzten Jahren insbesondere Erkenntnisse zu förderrelevanten diagnostischen Informationengewonnen, durch deren Einsatz sich die wirksamkeit von Fördermaßnahmen optimieren lässt.Auch das wissen darüber, welche Förderansätze unter welchen individuellen Voraussetzungenbesonders wirksam sind, konnte evidenzbasiert weiter entwickelt werden.

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Hohe Nutzungspotentiale

Die computerbasierten Förderprogramme Meister Cody - Talasia, Lautariumund Calcularis wurden im Rahmen des Forschungsschwerpunktes entwickeltund erfolgreich wissenschaftlich evaluiert. Die Programme sind bereitserhältlich bzw. werden in absehbarer Zeit zur Verfügung gestellt. MeisterCody Talasia und Calcularis können eingesetzt werden, um Kinder mit einerRechenschwäche oder Dyskalkulie zu fördern. Lautarium ist ein Förderpro-gramm für Grundschulkinder mit Lese-Rechtschreibstörung und Kinder miterhöhtem LRS-Risiko. Die Förderprogramme sind sowohl in der Schule alsauch zu Hause am Computer, Tablet und/oder Handy durchführbar.

Nutzungspotentiale im diagnostischen Bereich

Im Rahmen des Forschungsschwerpunkts wurden verschiedene diagnostische Testverfahrenempirisch überprüft. Im Projekt RABE wurde die Arbeitsgedächtnisbatterie für Kinder von 5 bis12 Jahren (AGTB 5-12) validiert. Die Arbeitsgedächtnisbatterie dient der differentialdiagnostischenDiagnose und kann bereits bei Schuleingangsuntersuchungen eingesetzt werden, um frühzeitigerhöhte individuelle Risiken für das spätere Auftreten von Lernstörungen festzustellen. Im ProjektMatheSchrift wurde der Test zur Erfassung mathematischer Basiskompetenzen (MBK) validiert.Im Projekt SCHUES wurde die neue Version des Screeningverfahrens Basisdiagnostik umschrie-bener Entwicklungsstörungen im Vorschulalter (BUEVA-III) validiert. Durch den Einsatz derim Rahmen des Forschungsschwerpunktes validierten diagnostischen Testverfahren könntenfrühzeitig Prognosen erstellt werden, welches Kind im Lesen, Schreiben, Rechnen oder in allenBereichen Schwierigkeiten entwickeln könnte. Langfristig gesehen, wäre es dann möglich betrof-fenen Kindern schon in den ersten zwei Schuljahren entsprechende Förderung anzubieten.

Im Projekt DISKRE wurden empirische Analysen durchgeführt, um die Anwendung des sogenann-ten doppelten Diskrepanzkriteriums als diagnostisches Kriterium bei der Rechenstörung zubewerten. Die Kinder, die das Diskrepanzkriterium zur Intelligenz erfüllen und so die DiagnoseRechenstörung erhalten, haben nach dem Sozialgesetzbuch (SGB VIII, § 35a) einen Anspruchauf zusätzliche Förderung über das schulische Angebot hinaus. Die Kinder, die das Diskrepanzkri-terium nicht erfüllen, d.h. eine Rechenschwäche haben, haben keinen vergleichbaren Rechtsan-spruch. Im Projekt DISKRE wurde belegt, dass die grundliegenden Schwierigkeiten der Kinder,die unter einer Rechenstörung oder an einer Rechenschwäche leiden, vergleichbar sind.Daher ist die Anwendung des doppelten Diskrepanzkriterium für die Diagnostik und den Rechts-anspruch auf zusätzliche Förderung in Frage zu stellen.

Die Forschungsergebnisse zeigen, dass Kinder mit Risiken für eine Lese-, Rechtschreib- und/oderRechenstörung frühzeitig identifiziert werden können. Die Vorhersage für Schriftsprachschwächenund Rechenschwierigkeiten sowie kombinierte Lernstörungen sind unterschiedlich. So zeigen sichunterschiedliche Profile im Arbeitsgedächtnis bei Kindern mit Schwierigkeiten im Lesen undRechtschreiben. Da Schwierigkeiten beim Erwerb der Schriftsprache und Rechenschwierigkeitenhäufig gemeinsam auftreten, ist es empfehlenswert bei der Diagnostik einer Lernstörung oderLernschwäche alle Bereiche zu berücksichtigen. Es konnten keine Ursachenunterschiede zwischeneiner Lernschwäche und einer Lernstörung belegt werden.

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Nutzungspotentiale im Bereich der Förderung

Im Bereich der Prävention und Intervention wurden ebenfalls verschie-dene Fördermaßnahmen entwickelt und evaluiert. Das Projekt MathePeerevaluierte Maßnahmen zur Prävention von Rechenschwierigkeiten durchdie Förderung mathematischer Basiskompetenzen im Kindergarten undin der Grundschule. Es zeigte sich, dass eine Förderung durch direkteInstruktion kurz nach der Einschulung der Entstehung von Rechenschwie-rigkeiten effektiv entgegenwirken kann. Diese Erkenntnisse sollten in dieAus-und weiterbildung von Lehrkräften und Erziehern einfließen. ImProjekt FELICS wurde ein Tablet-basiertes Förderprogramm mit gezieltenÜbungen zum Rechtschreiben für Kinder mit LRS entwickelt. Im ProjektERI wurden verschiedene Lesetrainings entwickelt und evaluiert. Diedifferenziellen Effekte verweisen auf die hohe Bedeutung gezielter undangemessener Diagnostik vor dem Einsatz einer Intervention.

Um die Nutzung der aktuellen Forschungsergebnisse zur Verbesserungder schulischen und außerschulischen Lernförderung für Kinder mit hart-näckigen Problemen beim Erwerb des Lesens, Rechtschreibens und/oderRechnens breitflächig zu ermöglichen, wird in den kommenden Jahreneine evidenzbasierte, praxistaugliche und online nutzbare Diagnose- undFörderplattform entwickelt werden.

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Übersicht der geförderten Projekte in dem nationalen Forschungsschwerpunkt“Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten”

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DER BMBF-FORSCHUNGSSCHwERPUNKT

ENTwICKLUNGSSTÖRUNGEN SCHULISCHER FERTIGKEITEN

KoordinierungsstelleDeutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF)Frankfurt am Main

Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München

CODYwestfälische wilhelms-Universität Münster

DISKRECarl von Ossietzky Universität Oldenburg

MathePeerJustus-Liebig-Universität Gießen

MatheSchriftJustus-Liebig-Universität Gießen

Pädagogische Hochschule Ludwigsburg

RABEDeutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF) Frankfurt am Main

Goethe-Universität Frankfurt

Carl von Ossietzky Universität Oldenburg

Stiftung Universität Hildesheim

SCHUESDRK Kliniken Berlin

Universität Potsdam

IRAGSFreie Universität Berlin

Max-Planck-Institut für Bildungsforschung Berlin

Max-Planck-Institut für molekulare Genetik Berlin

LEXIFreie Universität Berlin

LAUTARIUMTechnische Universität Kaiserslautern

ERIUniversität Kassel

Julius-Maximilians-Universität würzburg

Justus-Liebig-Universität Gießen

Pädagogische Hochschule Ludwigsburg

FELICSUniversität Lübeck

Leibniz Universität Hannover

AGENT 8-1-0Stiftung Universität Hildesheim

NEUROFÖKlinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München

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Zur fachlich-organisatorischen Unterstützungder Forschungsprojekte im BMBF-Forschungs-schwerpunkt “Entwicklungsstörungen schuli-scher Fertigkeiten” wurde im April 2011 eineinterdisziplinäre Koordinierungsstelle mit denStandorten Frankfurt am Main und Müncheneingerichtet. Sie wird von Herrn Prof. Dr. Mar-cus Hasselhorn (DIPF) und Herrn Prof. Dr. GerdSchulte-Körne (Klinikum der LMU München)geleitet. Für die Koordination und Umsetzungder verschiedenen Vorhaben sind in Frankfurtam Main die Mitarbeiterin Frau Dr. KathleenThomas und am Standort München die Mitar-beiterinnen Frau Isabelle Kessler und Frau Dr.Sini Huemer verantwortlich.

Die Hauptziele der Koordinierungsstelle sindder wissenstransfer, die nationale und interna-tionale Vernetzung der Forschungsprojekteund die Nachwuchsförderung.

Insbesondere zählen zu den Aufgaben derKoordinierungsstelle die Aufbereitung derwissenschaftlichen Ergebnisse für die wissen-schaftliche und allgemeine Öffentlichkeit undder Transfer der Forschungserkenntnisse in dieBildungspraxis, Bildungsadministration undBildungspolitik. Die Koordinierungsstelle suchtdazu in Gesprächen und workshops denregelmäßigen Austausch mit Stakeholdern

und Politikern. Zudemwerden in Pressebe-richten und praxisna-hen Zeitschriften pro-jektübergreifende Er-gebnisse für die allge-meine Öffentlichkeitaufbereitet. Außerdemwird der Erkenntnis-transfer in die Praxisüber den kontinuierli-chen Austausch mitpraxisnahen Institutionen gefördert. Für dasErreichen der wissenschaftlichen Öffentlichkeitwerden Publikationen in einschlägigen Fach-zeitschriften sowie Symposien und andereBeiträge auf Fachkongressen koordiniert.

Um die Forschungsprojekte untereinandersowie mit internationalen Experten zu vernet-zen, den wissenschaftlichen Austausch zu un-terstützen und den interdisziplinären Diskurs zufördern, organisiert das Koordinationsteamregelmäßige nationale und internationaleForschungskonferenzen.

Zur Förderung des wissenschaftlichen Nach-wuchses veranstaltet die Koordinierungsstellejährliche workshops für Postdocs und Dokto-randen.

DIE KOORDINIERUNGSSTELLE

Kontakt

DIPF- Deutsches Institut für InternationalePädagogische Forschung Schloßstraße 2960486 Frankfurt am Main

Prof. Dr. Marcus [email protected]. 069 - 24708 214

Dr. Kathleen [email protected] Tel. 069 - 24708 862

Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugend-psychiatrie, Psychosomatik und Psycho-therapie der Universität MünchenNußbaumstraße 5a80336 München

Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne [email protected]. 089 - 4400 55901

Isabelle [email protected]. 089 - 4400 56954

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Ziele

In der ersten Förderphase (2010-2013) wurde ein computergestütztesScreening für Zweit- bis Viertklässler entwickelt. Das Verfahren decktbasisnumerische, arithmetische sowie Arbeitsgedächtnis-Kompetenzenab und wurde an 1175 Grundschulkindern in verschiedenen Bundeslän-dern normiert. Ergänzend dazu wurde ein computergestütztes, adaptivesTraining konzipiert, mit Aufgaben zu basisnumerischen Fertigkeiten wieAbzählen oder der Orientierung auf dem Zahlenstrahl, Rechenfaktensowie dem Arbeitsgedächtnis. Die Ziele in der zweiten Förderphase(2013-2017) bestanden in einer langfristigen Erfassung des Dyskalkulie-verlaufs auf neuronaler und Verhaltensebene, dem Einsatz des CODY-Trainings im Rahmen eines Mehrebenen-Förderkonzepts mit zusätzlichemKleingruppentraining (Response-to-Intervention-Studie) sowie der wei-terentwicklung des Trainings durch Elemente direkter Instruktion (Videos)und regelmäßiger Lernverlaufsdiagnostik. Gleichzeitig wurde eineTablet-Version des CODY-Trainings und -Screenings entwickelt und eineentsprechende Normierungsstudie mit über 800 Kindern durchgeführt.

Forschungsdesign

In einer Längsschnittstudie (drei Jahre) wurden Verhaltensdaten und dieneuronale Aktivität während Mengenvergleichsaufgaben bei Kindern mitund ohne Dyskalkulie erhoben. Das CODY-Training wurde in einer Studiemit wartekontrollgruppen (wKG) mittels Prä-Post-Follow-Up-Messungenverschiedener basaler und Schulleistungs-Tests sowie begleitenderLernverlaufstestungen evaluiert. Die Instruktionsvideos wurden ausindividuellen Fehlermusteranalysen abgeleitet und ebenfalls mit einemwartekontrollgruppen-Design evaluiert.

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CODYCOMPUTERGESTÜTZTES DYSKALKULIE-SCREENING UND -TRAINING

DISKRE

MATHESCHRIFT

LAUTARIUM

FELICS

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Ergebnisse

Dyskalkulie kann mit dem CODY-Screeningzuverlässig diagnostiziert werden. Eine konfir-matorische Faktorenanalyse ergab vier Skalen:basale und komplexe Zahlenverarbeitung,Rechnen sowie Arbeitsgedächtnis. AktuelleNormierungsstudien belegen eine hoheSensitivität, Spezifität und Validität desCODY-Screenings. Die Studien aus der erstenFörderphase zeigten, dass das CODY-Trainingverglichen mit einem allgemeinen Denk-training bei Kindern mit Dyskalkulie zu deutlichmessbaren Verbesserungen in der Mengen-und Zahlenverarbeitung führt. Die Response-to-Intervention-Studie aus der zweiten Projekt-phase ergab für stark rechenschwache Kinder,die zusätzlich zu CODY ein Kleingruppen-training erhielten, hauptsächlich Verbesserun-gen beim Abruf von Rechenfakten. wenigerbeeinträchtigte Kinder, die nur mit CODYtrainierten, verbesserten sich darüber hinausin basisnumerischen Fertigkeiten und curricu-larer Leistung.Mit der Lernverlaufsdiagnostik wurden für dieTrainingsgruppen substanziell größere Lernzu-wächse gemessen als für die nach demogra-phischen Merkmalen vergleichbaren warte-kontrollgruppen.Die weiterentwicklung des CODY-Trainingsdurch elf Instruktionsvideos und zehn auditiveHinweise, die durch individuelle Fehlermuster-analysen aufgerufen werden, ist erfolgreichabgeschlossen. Erste Evaluationsergebnissezeigen für eine Trainingsgruppe, die mit dieserneuen Version übte, einen Lernvorsprung imFaktenabruf, verglichen mit einer Gruppe, diedie ursprüngliche Version ohne Videos nutzte.Außerdem belegt eine Evaluationsstudie, dassder neu intergierte Lernverlaufstest, bei demvor allem auf eine motivierende Gestaltunggeachtet wurde, zuverlässig und änderungs-sensitiv misst.

Praxisbezug

Das CODY-Screening ist ein zuverlässiges,leicht anzuwendendes Diagnosesystem. Com-putergestützte Verfahren haben den Vorteil,dass sie mit geringem Aufwand am heimischenPC, Notebook oder Tablet eingesetzt werdenkönnen und bei entsprechender technischerAusstattung auch in der lerntherapeutischenPraxis sowie im schulischen Alltag nutzbar sind.Diagnostisch relevante Informationen wieReaktionszeiten können automatisch undobjektiv ausgewertet werden. Für das Trainingbieten sich computergestützte Methodenbesonders an, da ortsungebunden und ohnefortdauernde Anleitung durch Eltern oderLehrkräfte Lernerfolge erreicht werden können.Im Sinne der Inklusion besteht so die Möglich-keit, Kindern, die im Regelunterricht nichtausreichend gefördert werden können, diffe-renzierte Lernangebote zu machen. Der in derzweiten Förderphase ergänzte Lernverlaufstestgibt Eltern, Lehrkräften und Lerntherapeutenregelmäßig eine verständliche Rückmeldungüber die individuelle Lernentwicklung derKinder in den Bereichen arithmetisches Fakten-wissen und Zahlenordnen. Zukünftig besteht die Aufgabe darin, das existie-rende Diagnose- und Fördermaterial so weiter-zuentwickeln, dass es noch besser auf dieBedürfnisse von Kindern mit komorbiden Schwie-rigkeiten, z. B. einer zusätzlichen Lese-Recht-schreibschwäche oder ADHS, abgestimmt ist.

Projektverantwortliche:Prof. Dr. Heinz Holling Prof. Dr. Christian Dobel

Ansprechpartner/inDr. Jörg-Tobias KuhnChristin Schwenk

Institut für PsychologieFliednerstraße 748149 MünsterTel. 0251 / 83 34 127

[email protected]://www.uni-muenster.de/CODY/

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Ziele

Beim Lösen einfacher Rechenaufgaben, wie zum Beispiel Additionenim Zahlenraum bis 20, haben Kinder mit Rechenschwierigkeiten oftmalsProbleme, das korrekte Ergebnis aus dem Gedächtnis abzurufen. DieKinder gelangen häufiger zu einem falschen Ergebnis und brauchen mehrZeit als Kinder ohne Rechenschwierigkeiten. Folglich kommt es auch beikomplexeren Rechenaufgaben, wie etwa dem schriftlichen Addieren imTausenderbereich, zu Problemen, da die Lösungen darin enthaltenereinfacher Rechnungen des kleinen Einspluseins nicht korrekt im Gedächt-nis gespeichert sind.Das Projekt verfolgt daher das Ziel, die Lösungen einfacher Rechenauf-gaben im Gedächtnis zu stärken, damit die Kinder beim komplexerenRechnen davon profitieren können. Hierzu wurde ein webbasiertesTraining für Kinder der vierten Klasse entwickelt und auf seine wirksam-keit überprüft.

Forschungsdesign

Kinder mit und ohne Rechenschwierigkeiten bearbeiteten in 20 kurzenSitzungen, über fünf wochen verteilt, einfache Subtraktionen und Addi-tionen im Zahlenraum bis 20 zuhause am Computer. Die Rechenaufgabenerschienen dabei nur kurz auf dem Bildschirm und sollten dann korrekterinnert und eingeben werden. wurde eine Aufgabe falsch erinnert,

LAUTARIUM

RABE

CODY

SCHUES

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DISKREZUR BEDEUTUNG DES DISKREPANZKRITERIUMS ZUR INTELLIGENZ FÜR DIE

DEFINITION DER RECHENSTÖRUNG: DIFFERENTIELLE MERKMALE UND

FÖRDERMÖGLICHKEITEN VON KINDERN MIT RECHENSCHwIERIGKEITEN

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so sollte diese abgetippt werden, damit sich die richtige Lösung im Gedächtnis festigt.Zur Motivation erhielten die Kinder für die bearbeiteten Aufgaben Sterne, die sie in einemvirtuellen Dschungel gegen Tiere eintauschen konnten. Die Rechenleistungen der Kinder wurdenvor und nach den Trainingsmaßnahmen erhoben. Um zu prüfen, ob mögliche Verbesserungennicht nur der Neuheit oder Interessantheit des Trainings geschuldet sind, bearbeitete eine weitereGruppe ein Kontrolltraining, das auch computergestützt ist, aber nicht das einfache Rechnenfördert (Lautarium).

Ergebnisse

Aus den Vergleichen der Rechenleistungen der Kinder vor und nach dem Training geht hervor,dass die Rechenleistungen jener Kinder, die am Rechentraining teilnahmen, stärker anstiegen, alsdie der Kinder, die das Kontrolltraining absolviert haben. Verbesserungen waren sowohl beiKindern mit als auch ohne Rechenschwierigkeiten zu beobachten. weiterhin deuten erste Analysendarauf hin, dass Subgruppen von Kindern mit Rechenschwierigkeiten (mit oder ohne Diskrepanzzur Intelligenz) gleichermaßen auf die Trainingsmaßnahmen reagierten.Die Rechenleistungen der Kinder verbesserten sich insbesondere in den trainierten Bereichen dereinfachen Subtraktion und Addition, wobei bei Kindern ohne Rechenschwierigkeiten ein tenden-ziell stärkerer Anstieg zu verzeichnen war, als bei jenen mit Rechenschwie-rigkeiten. Diese Kinder blieben auch nach dem Training hinter dendurchschnittlichen Rechenleistungen zurück. Bedeutsame Verbesserun-gen der Trainingsgruppe gegenüber der Lautarium-Kontrollgruppe beimfortgeschrittenen Rechnen (schriftliche Addition, Subtraktion, Multiplika-tion und Division im größeren Zahlenraum) zeigten sich bei Messungendirekt nach dem Training nicht. Daten zu längerfristigen Effekten werdenaktuell erhoben.Für beide Trainingsprogramme berichteten die Kinder, dass diese ihnengut gefallen haben und dass sie gern noch weiter trainiert hätten. Insbe-sondere für Kinder mit Rechenschwierigkeiten, die das Rechenniveaudurchschnittlicher Rechner nicht erreichen konnten, bietet sich hier einAnsatzpunkt in der Fortführung des Rechentrainings. So wäre zu prüfen,ob über einen längeren (Trainings-)Zeitraum hinweg weitere Verbesserun-gen im einfachen oder fortgeschrittenen Rechnen auftreten.

Nutzungspotential

Nach Abschluss des Projektes ist geplant, das Training einer großenAnzahl von Grundschülern zur Verfügung zu stellen. Als Ergänzung zumregulären Mathematikunterricht oder im Rahmen einer häuslichen Förde-rung kann das Training für Schüler unterschiedlicher Leistungsstufen ge-nutzt werden, um das einfache Rechnen zu fördern und zu festigen. Aufgrund der ansprechendenwebbasierten Umsetzung, des motivierenden Charakters hinsichtlich des virtuellen Belohnungs-systems sowie der einfachen Bedienbarkeit kann das Rechentraining Abwechslung in dieherkömmliche Praxis des Übens einfacher Rechenaufgaben bringen und gut selbständig von denKindern durchgeführt werden. Das Trainingsprogramm gibt sofortige Rückmeldung darüber, obeine Rechenaufgabe richtig eingegeben wurde und korrigiert falsche Eingaben wenn notwendig.Dadurch ermöglicht das Programm Kindern mit Rechenschwierigkeiten korrekte Lösungeneinfacher Rechenaufgaben im Gedächtnis zu festigen und fehlerhafte Gedächtnisassoziationenzu schwächen. Es ist auch vorstellbar, das Training ergänzend zu weiterführenden Maßnahmen,wie z. B. Strategietrainings, einzusetzen.

Projektverantwortliche:Prof. Dr. Dietmar Grube

Ansprechpartner/inArbeitseinheit Schulische Entwicklung

Dipl.-Psych. Jenny BuschM.A. Soz. Claudia Schmidt

Carl von Ossietzky Universität OldenburgFakultät I – Bildungs-undSozialwissenschaftenInstitut für PädagogikAmmerländer Heerstraße 114 -11826129 Oldenburg

[email protected]@[email protected]

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Welche Ziele verfolgte das Projekt?

Verschiedene internationale Langzeitstudien aus dem letzten Jahrzehntbelegen, dass vorschulische Zahl-Größen-Kompetenzen in bedeutsamemMaße die Mathematikleistungen in der Grundschule vorhersagen.Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass eine in Kleingruppen durch-geführte Förderung dieser mathematischen Basiskompetenzen mit demProgramm “Mengen, zählen, Zahlen“ (MZZ; Krajewski, Nieding & Schnei-der, 2007) geeignet ist, um der Entstehung von Rechenschwierigkeitenentgegenzuwirken. Das Projekt sollte dazu beitragen, die wirksamkeit präventiver Maßnah-men zur Vermeidung von Rechenschwäche in der Bildungspraxis zuoptimieren. Insbesondere wurde untersucht, zu welchem Zeitpunktdie frühe Förderung mathematischer Basiskompetenzen am effektivstenist (Kindergarten vs. Schulanfang) und ob sich die wirksamkeit derMaßnahmen durch die Durchführung in einem peer-gestützten Settingoptimieren lässt (Standardförderung vs. peer-gestützte Förderung).

Wie wurde das untersucht?

An der Studie nahmen 935 Kinder teil, die sich in fünf Gruppen unterteil-ten. Zwei Gruppen (EG 1 und EG 2) erhielten eine MZZ-Förderung

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MathePeerPEER-GESTÜTZTE PRÄVENTIONSMASSNAHMEN

ZUR FÖRDERUNG MATHEMATISCHER BASISKOMPETENZEN

MatheSchrift

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mathematischer Basiskompetenzen im Kindergarten, zwei weitere Gruppen (EG 3 und EG 4)dieselbe Förderung im Schulanfangsunterricht, die fünfte Gruppe durchlief das übliche Kinder-garten- und Schulanfangsprogramm (EG 5, Kontrollgruppe). In Gruppe EG 1 und EG 3 erfolgtedie Förderung vornehmlich in Form von direkter Anleitung durch die pädagogische Fachkraft(Standardförderung), während die Kinder in den Gruppen EG 2 und EG 4 nach einer Einleitungdurch die pädagogische Fachkraft in Lerntandems zusammenarbeiteten und hierbei wechselseitigdie Schüler- und Lehrerrolle einnahmen (peer-gestützt).

Welche Ergebnisse liegen vor?

Durch die in den Kindergartenalltag bzw. Schulunterricht integrierten Fördermaßnahmen konnteder Entstehung von Rechenschwierigkeiten effektiv entgegengewirkt werden. Für die Verbesse-rung der mathematischen Basiskompetenzen machte es dabei keinen Unterschied, ob die MZZ-Förderung im Kindergarten oder kurz nach der Einschulung stattfand. Hier war die Förderung zubeiden Zeitpunkten effektiv. Mit Blick auf die nachfolgenden Rechenleistungen ergaben sich fürdie Förderung kurz nach der Einschulung deutlich größere Effekte als im Kindergarten. Dies istinsofern bemerkenswert, als hier im Grunde lediglich der Anfangsunterricht in Mathematik durchdie entwicklungsorientierte Basiskompetenzförderung ersetztwurde. Darüber hinaus erzielte die Standardförderung, also einelehrergesteuerte Förderung durch direkte Instruktion, durchwegbessere Erfolge als die peer-gestützte Trainingsversion. Die Vorteilegegenüber den Kontrollgruppen zeigten sich sowohl für Kinder miteinem anfänglichen Risiko zur Ausbildung von Rechenschwierig-keiten als auch für unauffällige Kinder.

Was bedeutet das für die Praxis?

Die Ergebnisse zeigen, dass eine gezielte entwicklungsorientierteFörderung mathematischer Basiskompetenzen, eingebettet inden regulären Schulunterricht, geeignet ist, Rechenschwierigkeitenwirksam vorzubeugen. Ein großer Anteil kostspieliger unterrichts-ergänzender Fördermaßnahmen kann möglicherweise ohne zusätz-lichen Ressourcenaufwand in der Schule verhindert werden.Eine adäquate, im schulischen Anfangsunterricht durchgeführtemathematische Förderung ist hierbei besonders effektiv, wennsie sich wie das hier eingesetzte Programm “Mengen, zählen,Zahlen“ an der natürlichen Entwicklung mathematischer Kompe-tenzen orientiert und keine Entwicklungsschritte überspringt. Ferner scheint es besonders Erfolgversprechend, wenn die Förderung direkt vom Lehrer angeleitet und zumindest in diesem Alternoch nicht in selbständiger Gruppenarbeit durchgeführt wird. Obwohl eine solche, mit dergesamten Klasse durchgeführte Förderung noch nicht die Effekte erreicht wie in einer (lehrer-geleiteten) Kleingruppe, lassen sich dennoch langfristige Fördererfolge einer Förderung mit demProgramm “Mengen, zählen, Zahlen“ auf die mathematischen Schulleistungen der Kinder zeigen.

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Projektverantwortliche:Prof. Dr. Marco EnnemoserProf. Dr. Kristin Krajewski

Ansprechpartner/inProf. Dr. Marco EnnemoserProf. Dr. Kristin Krajewski

Pädagogische Hochschule LudwigsburgInstitute für Psychologie und Sonder-pädagogikReuteallee 4671634 Ludwigsburg

[email protected]@ph-ludwigsburg.de

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Welche Ziele verfolgte das Projekt?

Die Entwicklung des Lesens und Schreibens verläuft nicht unabhängigvon der mathematischen Entwicklung eines Kindes, sondern beideBereiche beeinflussen sich gegenseitig. Ziel der Studie war es, dasZusammenspiel der Bereiche ab einem sehr frühen Entwicklungsstadiumgenauer zu analysieren. Hierbei sollte auch untersucht werden, inwieweitDrittfaktoren wie etwa Fähigkeiten des Arbeitsgedächtnisses oder derSelbstregulation Einfluss auf die mathematischen und Schriftsprachlei-stungen in der Schule nehmen.

Wie wurde das untersucht?

Die Langzeitstudie startete 2010 mit 262 vierjährigen Kindern, von denenam Ende des fünften Schuljahres noch rund 180 Kinder teilnahmen.Im Kindergarten und der ersten Klasse wurden die Kinder halbjährlich,ab der zweiten Klasse jeweils einmal am Ende der Schuljahre untersucht.Schwerpunkt der Untersuchungen waren jeweils die detaillierte Erfassungder schriftsprachlichen und mathematischen Fähigkeiten der Kinder(vor Schuleintritt z. B. phonologische Bewusstheit, Mengen-Zahlen-Kompetenzen; nach Schuleintritt Lese-, Rechtschreib- und Mathematik-leistungen). Daneben wurden weitere Faktoren wie Gedächtnis- undselbstregulatorische Fähigkeiten der Kinder mehrfach untersucht.Schließlich wurden wiederholt auch die Eltern, Erzieher und Lehrkräfteum eine Einschätzung der Kinder etwa hinsichtlich deren Sozial- undLernverhalten gebeten.

MatheSchriftGEMEINSAME URSACHENFAKTOREN VON STÖRUNGEN IN DER

ENTwICKLUNG VON SCHRIFTSPRACHE UND RECHENKOMPETENZ

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MathePeer

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Welche Ergebnisse liegen vor?

Im Kindergartenalter zeigte sich ein Einfluss der Bewusstheit dafür, dass die gesprocheneSprache aus wörtern und Silben besteht auf den Erwerb der Zahlwortfolge. Kindergartenkinder,die sowohl in der schriftsprachlichen Entwicklung als auch in der mathematischen EntwicklungBeeinträchtigungen zeigten, wiesen zudem am Ende ihres ersten Schuljahres häufiger einekombinierte Lernschwäche im Lesen, Schreiben und Rechnen auf als Kinder ohne solcheBeinträchtigungen. Darüber hinaus hatten Kinder, die in der vierten Klasse Schwierigkeitenim Lesen und Rechtschreiben zeigten, bereits im Kindergartenalter nicht nur Beeinträchtigungenin ihrer schriftsprachlichen Entwicklung, sondern auch im Erwerb der Zahlwortfolge aufgewiesen.Viertklässler mit Schwierigkeiten in Mathematik wiederum waren bereits im Kindergartenalter nichtnur durch Schwächen in der Verknüpfung von Zahlen mit Mengen aufgefallen, sondern auch durchSchwächen in ihrer wort- und Silbenbewusstheit. Auch dies belegt die frühzeitigen Zusammen-hänge in der kindlichen Schriftsprach- und mathematischen Entwicklung.

Vor Schuleintritt nahm das visuell-räumliche Arbeitsgedächtnis Einfluss auf die mathematischeEntwicklung und das lautliche Arbeitsgedächtnis auf die schriftsprachliche Entwicklung. Im Laufeder Grundschulzeit gewannen zudem selbstregulatorische Fähigkeiten wie das Hemmen irrele-vanter Reize, das wechseln zwischen Informationen sowie das Aktualisieren von Gedächtnisinhal-ten an Bedeutung. während dies für die mathematischen Schulleistungen bereits in der 1. Klassegezeigt werden konnte, beeinflusste die Selbstregulation die Lese- und Rechtschreibleistungender Kinder in der 3. Klasse. Vorschulische selbstregulatorische Kompetenzen konnten schließlichauch das Lernverhalten der Kinder in der 2. Klasse vorhersagen.

Was bedeutet das für die Praxis?

Die (schrift-)sprachliche und mathematische Entwicklung vonKindern verläuft keinesfalls unabhängig voneinander. Bereits vorSchuleintritt stellen basale Probleme in den beiden Bereichewie etwa in der wort- und Silbenbewusstheit oder der Kenntnisder Zahlwortfolge nicht nur ein Risiko für die spätere Entstehungvon Schwierigkeiten im betroffenen Bereich dar (SchriftspracheODER Mathematik). Vielmehr ist hiervon auch der jeweils andereBereich betroffen. Zeigen sich in der Frühdiagnostik Auffälligkei-ten in der wort- und Silbenbewusstheit oder in der Kenntnisder Zahlwortfolge eines Kindes, sollte eine adäquate Förde-rung demnach nicht nur in einem, sondern beiden Bereichen(Schriftsprache UND Mathematik) ansetzen. So beeinflusst eineBewusstheit für wörter und Silben neben dem Lesen- undSchreibenlernen auch das Erlernen der einzelnen Zahlwörter.Die Kenntnis von Zahlwörtern und Ziffern (als deren Zeichen) wirkt sich wiederum auch aufdas Verständnis für die Zuordnung von Buchstabenzeichen zu Lauten und damit den Schriftsprach-erwerb aus. Um Lernschwierigkeiten durch begrenzte Gedächtnis- und Selbstregulationsfähig-keiten entgegenzuwirken, sollten Lernumgebungen, Lernmaterialien und Instruktionen sogestaltet werden, dass sie möglichst wenige Anforderungen an das Arbeitsgedächtnis unddie Selbstregulation stellen, z. B. durch kurze Instruktionen, das weglassen von überflüssigenInformationen und Ablenkungsreizen sowie die gezielte Aufmerksamkeitslenkung auf relevanteInformationen.

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Projektverantwortliche:Prof. Dr. Kristin Krajewski

Ansprechpartner/inProf. Dr. Kristin Krajewski

Pädagogische Hochschule LudwigsburgInstitut für Psychologie Reuteallee 4671634 Ludwigsburg

[email protected]

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Forschungsfragen

Funktionsbeeinträchtigungen im Arbeitsgedächtnis werden bei allenVarianten umschriebener Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeitenals mögliche Ursachenfaktoren diskutiert. Deshalb wurden im ProjektRABE die Entwicklungsverläufe von Kindern mit verschiedenen Entwick-lungsstörungen schulischer Fertigkeiten vom Anfang der Klasse 3bis Ende von Klasse 5 untersucht, um folgende Fragen zu klären:Lassen sich spezifische Funktionsbeeinträchtigungen des Arbeitsge-dächtnisses identifizieren, die den Lernstörungen zugrunde liegen?wie entwickeln sich die Funktionsbereiche des Arbeitsgedächtnisses beiKindern mit Lernstörungen im Vergleich zu unauffälligen Kindern? Spieltdie Funktionstüchtigkeit des Arbeitsgedächtnisses eine Rolle beimerfolgreichen Überwinden der mit der Lernstörung einhergehendenLeistungsprobleme?

Forschungsdesign und Methoden

Getestet wurden bei mehr als 3200 Kindern am Ende der 2. Klasse dasLesen, Rechtschreiben und Rechnen sowie die Intelligenz. Gemäß dia-gnostischer Kriterien wurden anschließend 365 Kinder mit Lernstörungen

DISKRE

AGENT 8-1-0

RABEDIFFERENTIALDIAGNOSTISCHE RELEVANZ DES ARBEITSGEDÄCHTNISSES

BEI KINDERN MIT UMSCHRIEBENEN ENTwICKLUNGSSTÖRUNGEN

SCHULISCHER FERTIGKEITEN

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und Lernschwächen im Lesen, Rechtschreiben und Rechnen sowie mit niedriger Intelligenz ausdieser Stichprobe ausgewählt. 100 Kinder ohne Lernschwierigkeiten dienten als Vergleichsgruppe.Die Kinder wurden über drei Jahre in halbjährlichen Abständen untersucht. Abwechselnd wurdenSchulleistungen und Arbeitsgedächtnisfunktionen sowie weitere spezifische Prädiktoren vonSchulleistungen erfasst, u.a. phonologische Bewusstheit und mathematische Basiskompetenzen.

Ergebnisse

Fast ein Viertel aller Kinder (23.3 Prozent) zeigt in einem oder mehreren SchulleistungsbereichenLernschwierigkeiten. Mehr als die Hälfte dieser Kinder (13.3 Prozent) erfüllt die diagnostischenKriterien für eine umschriebene Entwicklungsstörung schulischer Fertigkeiten nach dem Klassifi-kationssystem ICD-10. Dies liegt deutlich über der bisher angenommenen Prävalenzrate.Die Kombination von Schriftsprach- und Rechenschwierigkeiten tritt genauso häufig auf wiedie jeweiligen isolierten Störungen. Rund fünf Prozent der Kinder mitisolierten Rechenschwierigkeiten sind von einer Aufmerksamkeits-defizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) betroffen. Bei Kindern mitLernschwierigkeiten in der Schriftsprache sind sogar etwa 20 Prozentdavon betroffen. Kinder mit Leseschwierigkeiten zeigen primär Arbeits-gedächtnisbeeinträchtigungen in der zentralen Exekutive, währendRechtschreibschwierigkeiten primär mit phonologischen Speicherdefizi-ten einhergehen. Lernstörungen in der Mathematik gehen mit Defizitenim visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnis einher. Mädchen und Jungenmit Lernstörungen, bei denen vorausgesetzt wird, dass das Niveauder beeinträchtigten schulischen Fertigkeit deutlich unter dem Niveauder Intelligenz liegt (Diskrepanzkriterium), und Kinder mit Lernschwä-chen, die dieses Kriterium nicht erfüllen, sind in ihren Arbeitsgedächt-nisfunktionen weitgehend vergleichbar.

Transfer und Praxisbezug

Die Prävalenzzahlen der repräsentativen Stichprobe haben zu einereuropäischen Diskussion beigetragen, die das Vorhandensein einerisolierten Lesestörung neben der isolierten Rechtschreibstörung und derLese- und Rechtschreibstörung berücksichtigt und aufgrund derer die isolierte Lesestörung inZukunft in die wHO-Kriterien der ICD-11 aufgenommen werden soll. Die unterschiedlichen Profileim Arbeitsgedächtnis bei Kindern mit Lernschwierigkeiten im Lesen und Schreiben sprechen dafür,die beiden Lernschwierigkeiten zu trennen und sie nicht als Varianten derselben Lernstörungaufzufassen. Da Schriftsprach- und Rechenschwierigkeiten häufig gemeinsam auftreten, solltenim Rahmen der Individualdiagnostik von Lernstörungen alle drei Lernbereiche wie Lesen, Recht-schreiben und Rechnen berücksichtigt werden. Die unterschiedlichen Defizite in kognitivenBasisfunktionen bei verschiedenen Lernstörungen haben Implikationen für Fördermaßnahmen.Die Auffälligkeiten in der phonologischen Informationsverarbeitung sollten bei Kindern mit Recht-schreibschwierigkeiten als Schwerpunkt der Lerntherapie exploriert werden. Bei Kindern mitLeseschwierigkeiten könnte aufgrund der zentral-exekutiven Defizite die Förderung von Abruf-strategien und koordinativen Aspekten hilfreich sein. Bei Kindern mit Problemen beim Arithme-tik-Erwerb scheint ein ergänzendes Training visuell-räumlicher Verarbeitungsfunktionen ange-bracht zu sein.

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Projektverantwortliche:Prof. Dr. Marcus HasselhornProf. Dr. Gerhard BüttnerProf. Dr. Dietmar GrubeProf. Dr. Claudia Mähler

Ansprechpartner/in

Prof. Dr. Marcus Hasselhorn

Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung (DIPF)Schloßstraße 2960486 Frankfurt

[email protected]

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Ziele

Es ist wichtig, bedeutsame Vorläuferfertigkeiten des Lesens, Schreibensund Rechnens möglichst im Vorschulalter effektiv zu erfassen und Präven-tions- bzw. Interventionsmaßnahmen für eine optimale Unterstützung derKinder bereitzustellen. Das SCHUES-Projekt liefert Daten zu folgendenThemen:

n Natürlicher Entwicklungsverlauf von lese/rechtschreib- und rechen- gestörten Kindern bis zum Ende der 3. Klasse

n Langfristige wirkungen vorschulischer Fördermaßnahmen hinsichtlich der Entstehung von Lese- Rechtschreib- und Rechenstörungen

n Verlauf von Kindern mit Umschriebenen Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten von der 1. Klasse bis in die Sekundarstufe

n Entwicklung von Kindern, die in der ersten Förderphase ein Rechen- training absolvierten, sowie Bewertung zustandsadaptiver Erweiterungen von Calcularis

n Erforschung der Mathematikangst im Gehirn von Kindern mit Rechenstörungen

SCHUESSCHULBEZOGENE UMSCHRIEBENE ENTwICKLUNGSSTÖRUNGEN:

PRÄVENTION UND THERAPIE UNTER EINBEZUG NEURONALER KORRELATE

UND DES ENTwICKLUNGSVERLAUFS

CODY

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Forschungsdesign

Zur Untersuchung des natürlichen Entwicklungsverlaufs und der langfristigen wirkungen vor-schulischer Fördermaßnahmen wurden knapp 1.900 Kinder einmal jährlich vom vorletzten Kinder-gartenjahr bis in die 3. Klasse untersucht. Ein Teil der Kinder mit einem Risiko für die Ausbildungvon Lese-, Rechtschreib- und/oder Rechenschwierigkeiten erhielt im Kindergarten ein spezifischesTraining zur Förderung vorschulischer Fertigkeiten. Daneben wurde ein Teil der 3.541 Kinder-garten- und Schulkinder betrachtet, die vor Beginn des SCHUES-Projektes bereits zwei Malim Abstand von zwei bis drei Jahren untersucht worden waren, nach weiteren zwei sowie nachfünf Jahren erneut.

weiter wurden die Kinder, die an der Rechenintervention Calcularis teilgenommen haben,zwei Jahre nach Abschluss des Trainings untersucht. Gleichzeitig wurde das ComputerspielCalcularis weiterentwickelt und weitere Rechenoperationen sowie motivationssteigernde Kompo-nenten integriert. Die wirksamkeit des neuen Trainings wurde mittels Testung der Kinder vorund nach der Intervention ermittelt. Dabei wurde die Leistungsentwicklung der Kinder, die zusätz-lich zur Schule ein Training absolvierten, mit der Entwicklung von Kindern verglichen, die keinzusätzliches Training erhielten.

Mittels Magnetresonanztomographie wurde das Gehirn von Kindern mit Mathematikangstuntersucht. Dabei stand die Frage im Vordergrund, ob Mathematikangst mit Volumenänderungenvon neuronalen Strukturen im Zusammenhang steht.

Ergebnisse

Schwierigkeiten im Lesen, Rechtschreiben undRechnen zeigten in allen untersuchten Stichprobenüber einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren bis indie Sekundarstufe hinein eine hohe Persistenz.Der allgemeine Schulerfolg der Kinder mit Lese-Rechtschreib- oder Rechenstörung, der neben denSchulnoten in Deutsch und Mathematik auch denin der Sekundarstufe besuchten Schultyp berücksich-tigte, blieb deutlich hinter dem durchschnittlichintelligenter Kinder zurück und glich eher demunterdurchschnittlich intelligenter Kinder ohneLese-Rechtschreib- bzw. Rechenstörung.

Kinder des vorletzten Kindergartenjahres mit einemRisiko für die Ausbildung von Schulleistungsproble-men (schwache Leistungen in der phonologischenBewusstheit oder im Zahlen- und Mengenverständ-nis) zeigten über einen Zeitraum von vier Jahrenbis zur 3. Klasse deutlich schlechtere Lese-, Recht-schreib- und Rechenleistungen als Kinder ohneRisiko. Sie erzielten in allen Klassenstufen lediglichunterdurchschnittliche bis knapp durchschnitt-liche Schulleistungen in Deutsch und Mathematik.Von den im vorletzten Kindergartenjahr erhobenen

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kognitiven Prädiktoren (Schulvorläufer, Sprache, Arbeitsgedächtnis, Intelligenz, Aufmerksamkeit)leisteten stets die Schulvorläufer (phonologische Bewusstheit und Zahlen-/Mengenverständnis)den höchsten Beitrag zur Vorhersage von späteren Schriftsprach- und Rechenproblemen.

Durch den Einsatz des elfwöchigen Trainings zur phonologischen Bewusstheit und Buchstaben-Laut-Verknüpfung bei Risikokindern im Vorschulalter konnte im Lesen und Rechtschreiben einmindestens tendenzieller Leistungsvorsprung gegenüber den untrainierten Risikokindern bis indie 2. Klasse erreicht werden. Die wirksamkeit der elfwöchigen Förderung zum Zahlen- und

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Mengenverständnis konnte für das 2. und 3. Grundschuljahr nachgewiesen werden: Die trainiertenRisikokinder zeigten im Mittel bessere Rechenleistungen als die nicht-geförderten Risikokinder.

Die weiterentwickelte Version des computerisierten Rechentrainingsprogramms Calcularis 2.0führte zu Leistungssteigerungen im Bereich der Grundrechenarten sowie des räumlichen Zahlen-verständnisses, die über den reinen Lernfortschritt durch die Beschulung hinausgehen. DieseZugewinne blieben nach einem Intervall von drei Monaten stabil bestehen.

Die Untersuchungen zur Mathematikangst haben gezeigt, dass Kinder mit Rechenstörung gehäuftunter Mathematikangst leiden. Kinder mit stärkerer Mathematikangst schneiden zudem inarithmetischen Aufgaben schlechter ab. Von anderen kognitiven Leistungen (Intelligenz, Arbeits-gedächtnis, Leseleistung) ist die Mathematikangst dagegen unabhängig. Der Blick ins Gehirnhat aufgezeigt, dass erhöhte Mathematikangst bei Kindern mit strukturellen Veränderungenin angstregulierenden Arealen zusammenhängt. Kinder mit erhöhter Mathematikangst zeigtenein reduziertes Volumen der rechten Amygdala, welches das Angstzentrum in unserem Hirn ist.Danach steht Mathematikangst bei Kindern mit und ohne Rechenstörung mit klaren neuronalenVeränderungen im Zusammenhang, welche nicht Regionen des Rechnens, sondern Teile desangstverarbeitenden Netzwerkes betreffen.

Von der Theorie zur Praxis

Die in allen Stichproben gefundenen hohen Persistenzraten von Schriftsprach- und Rechen-schwierigkeiten und die nachteilige Schul- und spätere Berufslaufbahn zeigen die dringendeNotwendigkeit einer frühzeitigen Diagnostik und Therapie. So sollten bei Risikokindern bereitsvor Schuleintritt gezielt wichtige Schulvorläuferfertigkeiten durch spezifische Trainingsprogrammetrainiert werden, die bei schwacher Ausgangslage im Kindergarten – wie aufgezeigt – mit späterenSchulleistungsproblemen einhergehen. Die wirksamkeit solcher Trainingsprogramme konntein dieser Studie nachgewiesen werden. Ausgehend von den vielversprechenden Resultatender Rechentrainingsstudie ist nach weiterführenden Analysen zurdifferentiellen wirksamkeit des Trainings eine Implementierung inden schulischen und außerschulischen Förderbereich empfehlens-wert. Durch die hohe Adaptivität an den Lernstand des Kindes isteine individuelle Förderung mit direkter Rückmeldung und ohneErwartungsdruck durch soziale Vergleiche im Schulkontextmöglich. wünschenswert wäre dabei eine Verzahnung zwischenSchule und Training, um beispielsweise Strategiewissen in einemspielerischen Rahmen zu automatisieren.Mathematikangst bei Kindern geht mit strukturellen Veränderun-gen von angstverarbeitenden Arealen im Gehirn einher undist demzufolge ein ernst zu nehmender Faktor. Insbesondere beiKindern mit Rechenstörung sollte also die Mathematikangst auchbei der Diagnosestellung und in der individuellen Therapieberücksichtigt werden. Ein entsprechendes Interview bzw. Frage-bogenverfahren für Kinder und Eltern zur Mathematikangst sindim Rahmen des SCHUES-Projektes entwickelt worden.

Projektverantwortliche:Prof. Dr. Günter EsserProf. Dr. Michael von Aster

Ansprechpartner/in

Prof. Dr. Michael von AsterDRK Kliniken Berlin, westendKlinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie,Psychotherapie und PsychosomatikSpanndauer Damm 13014050 Berlin

[email protected]

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Ziele

Lernstörungen und damit auch die Lesestörung gehören zu den häufig-sten und am stärksten genetisch bedingten Entwicklungsproblemender Kindheit, die beträchtliche Auswirkungen auf den weiteren Lebens-lauf haben können. Im Rahmen des IRAGS-Projekts soll die Rolle dergenetischen Faktoren geklärt werden, die den vererbbaren Anteil indi-vidueller Unterschiede vermitteln. Die sehr breite Altersspanne derProbanden (10 – 84 Jahre) ermöglicht eine umfassende Betrachtung derLeseentwicklung über die nahezu gesamte Lebensspanne.

IRAGSGENETISCHE UND NEUROKOGNITIVE EINFLUSSFAKTOREN DER

LESEFERTIGKEIT: BESTIMMUNG DES INDIVIDUAL READING-ASSOCIATED

GENETIC SCORE

ERI

MATHESCHRIFT

RABE

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Vorgehensweise

Das Projekt verfolgt den Ansatz, dass ein umfassendes Verständnis der komplexen mentalenAktivität, die Lesen darstellt, nur im multimethodischen Verbund zu erreichen ist, der die neuro-genetischen, neurokognitiven und behavioralen Komponenten mit soziokulturellen Faktorendes Leseprozesses multikausal integriert. Mittels einer Kombination aus genanalytischen undbildgebenden Verfahren wurden zunächst Leseprofile von ca. 1.300 Probanden erstellt, die inBeziehung zu ihren genetischen Daten und anschließend zu deren funktionellen Hirndaten gesetztwurden. Dieses Vorgehen ermöglicht es, eine Skala zu erstellen, deren werte die individuelle,leserelevante genetische Ausprägung einer einzelnen Person abbilden.

Ergebnisse

Die Leseprofile wurden anhand vier verschiedener Aufgaben ermittelt, die die zentralen Subpro-zesse des Lesens (sublexikalisch, orthographisch, phonologisch, lexiko-semantisch) abbilden.Bei erwachsenen Lesern konnte gezeigt werden, dass orthographische und semantische Ver-arbeitung auch im hohen Alter stabil bleiben während sublexikalische und phonologische ProzesseUnterschiede zwischen den Altersgruppen aufweisen. Auf neuronaler Ebene werden unabhängigvom Alter lesespezifische Hirnregionen rekrutiert. Dabei zeichnet sich bei lesenden Kindern eineweniger klare Abgrenzung der neuronalen Muster bezüglich der Subprozesse des Lesens ab.Die abschließende Zusammenführung der Gen- und funktionellen Hirndaten findet derzeit statt.

Implikation für Forschung und Praxis

Trotz umfassender, qualitativ hochwertiger Forschung im Bereich der Leseentwicklung und desLesens fehlt bisher eine systematische Untersuchung der biologischen Determinanten, die denzentralen Subprozessen des Lesens zugrunde liegen. Die Befunde des vorliegenden Projektessollen die Grundlagen legen für ein umfassendes Verständnis der Lesefertigkeit und für eine neue,auf dem “imaging genetics“ Ansatz beruhende, ursachenbezogene Diagnostik und Behandlungvon Lesestörungen, die auf individuellen Fertigkeitsprofilen basiert.

Projektverantwortliche:Prof. Dr. Arthur Jacobs

AnsprechpartnerinDr. Eva Fröhlich

FU BerlinAB Allgemeine und Neuro-kognitive PsychologieHabelschwerdter Allee 4514195 Berlin

[email protected]

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Ziele

Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung eines Diagnostikinstrumenteszur Frühbestimmung einer sich aufgrund behavioraler, neuronaler undgenetischer Faktoren abzeichnenden zukünftigen Lesestörung. Gleich-zeitig besteht die Möglichkeit neue, wichtige Erkenntnisse zur Effizienzder neuronalen Lesenetzwerke und ihrer biologischen Determinanten zuerlangen. Neben dem sehr wichtigen anwendungsbezogenen Aspektsollen auch grundsätzliche Fragen zur Ursache bzw. Kausalität der Aktivi-tät neuronaler Strukturen bei dyslektischen Kindern beantwortet werden.Da Lesen ein stark individuell geprägter Prozess ist, an dessen Ausfüh-rung multiple genetische, neuronale und soziale Faktoren beteiligt sind,ist eine individuelle, ursachenbezogene, frühe Diagnose entscheidendfür einen erfolgreichen Therapieverlauf.

Vorgehensweise

Das Vorgehen der Lexi-Studie ist längsschnittlich angelegt. Dafür werdendie Daten der selben Kinder mit und ohne familiäres Risiko für dieEntwicklung einer Dyslexie im Abstand von zwei Jahren erhoben. Für dieerste Messung wurden behaviorale Prädiktoren der zukünftigen Lese-

LEXIGENETISCHE UND NEUROKOGNITIVE EINFLUSSFAKTOREN DER LESEFER-

TIGKEIT: ENTwICKLUNG EINES FRÜHDIAGNOSTISCHEN BIOMARKERS ZUR

PROGNOSE DER ZUKÜNFTIGEN LESEFERTIGKEIT IM VORSCHULALTER

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ERI

MATHESCHRIFT

RABE

IRAGS

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leistung wie die Fähigkeit zur Aufmerksamkeitslenkung und zum schnellen automatisiertemBenennen von Objekten sowie die Hirnaktivierungsmuster der Kernfunktionen der Lesefertigkeitvon Kindern im Vorschulalter erfasst. Zusätzlich wurden Gendaten erhoben. Gegen Ende derersten und zweiten Klasse wird die gleiche Stichprobe aktuell einer erneuten Messung unterzogen,um die tatsächliche Leseentwicklung auf behavioraler Ebene zu überprüfen.

Ergebnisse

Auf Grund des längsschnittlichen Studiendesigns liegen noch keine abschließenden Befundevor. Basierend auf den Testergebnissen des ersten Messzeitpunktes, die verschiedene lese-relevante behaviorale Vorläuferfertigkeiten umfassen, zeichnen sich bereits erste Unterschiedezwischen Kindern mit und ohne familiären Risiko zur Entwicklung einer Dyslexie ab. Darüber hinausermöglichen die erhobenen funktionellen Hirndaten einen ersten sehr wichtigen Einblick in diephonologische und visuelle Verarbeitung von wörtern bevor der systematische Schriftspracher-werb einsetzt. Aktuell ist die Studie in der zweiten Testphase, bei der die Lese- und Rechtschreib-leistung der Kinder erhoben werden. Dafür werden verschiedene standardisierte Testverfahreneingesetzt. Anschließend werden die Ergebnisse am Ende der Untersuchungen mit den Gen- undHirndaten der ersten Testphase in Bezug gesetzt. Diese abschließende Zusammenführung allerErgebnisse ermöglicht es, Aussagen zum prädiktiven oder mediativen Charakter des genetischenwerts auf die Lesefertigkeit sowie auf die Effizienz der neuronalen Lesenetzwerke zu treffen.

Implikation für Forschung und Praxis

Da das Vorhaben Fragestellungen der Grundlagenforschung und angewandten Forschungaufgreift, wird erwartet, dass sowohl die in der Lese- und Dyslexieforschung tätigen wissenschaft-ler, im Besonderen aber die Kinder und in der Praxis tätigen Psychologinnen, Pädagogen oderKinder- und Jugendpsychiater von den Ergebnissen der Studie profitierenwerden. Es wird erwartet, dass durch die im Projekt gewonnenen Erkenntnissebereits vor der Beschulung detaillierte Vorhersagen über die individuelleEntwicklung der Lesefertigkeit von Kindern getroffen werden können. Kinder,die tatsächlich gefährdet sind, eine Dyslexie zu entwickeln, haben dadurchden Vorteil, dass Therapie- bzw. Präventationsmaßnahmen zu einem sehrfrühen Zeitpunkt ergriffen werden können. So können dem betroffenenKind Frustrationserlebnisse im Unterricht sowie mögliche Ausgrenzung durchKlassenkameraden erspart bleiben und gleichzeitig wird eine positivekognitive Grundhaltung gegenüber dem allgemeinen Lernen bzw. demSchulbesuch erhalten. Zusätzlich erhöht ein früher Interventionszeitpunktdeutlich die Erfolgsaussichten einer therapeutischen Maßnahme wie zahl-reiche Belege aus der Praxis gezeigt haben. Durch kürzere, aber dennocherfolgreiche Interventionsmaßnahmen könnten so neben der psychischenEntlastung der Kinder und ihrer Familien gleichzeitig Einsparungen imBereich staatlich geförderter Therapieprogramme erzielt werden. Darüberhinaus können die Ergebnisse der Studie die Entwicklung neuer, gezielterund individuell abgestimmter Präventationsmaßnahmen ermöglichen, die dieManifestation einer Dyslexie verhindern.

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Projektverantwortliche:Prof. Dr. Arthur Jacobs

Ansprechpartner/in

Dr. Eva FröhlichJohanna Liebig, M.Sc.

FU BerlinAB Allgemeine und Neuro-kognitive PsychologieHabelschwerdter Allee 4514195 Berlin

[email protected]@[email protected]

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Ziele

Ziel des Projekts ist die Bereitstellung eines praktikablen und effektivencomputerbasierten Förderprogramms für Grundschulkinder mit Lese-Rechtschreibschwierigkeiten. Das Programm Lautarium eignet sich fürKinder ab der dritten Klassenstufe mit manifester Lese-Rechtschreibstö-rung, aber auch für Erst- und Zweitklässler, denen der Schriftspracherwerberhebliche Probleme bereitet.

Vorgehensweise und Untersuchungsdesign

Bei der inhaltlichen und formalen Ausgestaltung des ProgrammsLautarium wurden diejenigen Aspekte von Fördermaßnahmen berück-sichtigt, die sich in der internationalen Forschung als vielversprechenderwiesen haben. Dementsprechend umfasst das Lautarium aufeinanderaufbauende Übungen zur Phonemwahrnehmung und phonologischenBewusstheit sowie Übungen zur Graphem-Phonem-Zuordnung undzum Lesen und Schreiben lautgetreuer wörter. Zusätzlich wird in derÜbung „Blitzlesen“ das schnelle Erkennen von lautgetreuen und nichtlautgetreuen Schriftwörtern trainiert.

Zunächst wurde geprüft, ob die im Lautarium enthaltenen Übungen diephonologischen Defizite von Kindern mit Lese-Rechtschreibschwierig-keiten wirklich erfassen. Anschließend wurden die Effekte des Lautarium-Trainings auf die phonologischen und schriftsprachlichen Leistungen beiDrittklässlern mit LRS (Interventionsstudie 1 und 2) und bei Erst- undZweitklässlern mit und ohne Lese-Rechtschreibschwierigkeiten (Präven-tionsstudie 1 und 2) untersucht. Auf Grundlage der in den Studiengewonnenen Trainingsdaten wurde das Programm mehrmals modifiziertund unterschiedliche Programmversionen für die Klassenstufen 1 bis 2bzw. 3 bis 4 konstruiert.

Ergebnisse

Die Aufgabenprüfung bestätigte, dass die im Lautarium enthaltenenÜbungen die phonologischen Defizite von Kindern mit Lese-Recht-schreibschwierigkeiten tatsächlich abbilden. Leseschwache Grundschul-kinder zeigten in allen Aufgaben signifikant schlechtere Leistungen alsKontrollkinder mit mindestens durchschnittlichen Leseleistungen.

LAUTARIUMENTwICKLUNG UND EVALUATION EINES COMPUTERBASIERTEN

TRAININGSPROGRAMMS FÜR GRUNDSCHULKINDER MIT LESE-

RECHTSCHREIBSCHwIERIGKEITEN

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Projektverantwortliche:apl. Prof. Dr. Maria Klatte Prof. Dr. Claudia Steinbrink Prof. Dr. Thomas Lachmann

AnsprechpartnerinDr. Kirstin Bergström

TU KaiserslauternKognitive und EntwicklungspsychologieErwin-Schrödinger-Straße 5767663 Kaiserslautern

[email protected]

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In beiden Interventionsstudien erwies sich dasLautarium als effektive Fördermethode fürKinder mit LRS. In Interventionsstudie 1 zeigtensich signifikante Trainingseffekte niedriger bismittlerer Effektstärken im Rechtschreiben sowiein Untertests zur phonologischen Bewusstheitund zum Lesen. Interventionsstudie 2, in derdie optimierte Programmversion eingesetztwurde, bestätigte signifikante Trainingseffektemittlerer bis hoher Effektstärken in der phono-logischen Bewusstheit und im Rechtschreiben.Die Kinder der Trainingsgruppe verbessertenihre Rechtschreibleistung. In Präventions-studie 1 konnten bei 102 Erstklässlern mitschwachen schriftsprachlichen Ausgangslei-stungen Trainingseffekte mittlerer bis hoherEffektstärken nachgewiesen werden. Die Kin-der der Trainingsgruppe zeigten im Vergleichzur Kontrollgruppe größere Lernfortschritte inder phono- logischen Verarbeitung sowie imLesen und Rechtschreiben. Auch Kinder mitmindestens durchschnittlichen schriftsprachli-chen Ausgangsleistungen profitierten vomLautarium-Training. In dieser Gruppe zeigtensich Trainingseffekte in Untertests zur phono-logischen Verarbeitung und zum Lesen. Inkeinem Test zeigte sich ein Vorteil der Kontroll-kinder, die während der Trainingszeit am regu-lären Deutschunterricht teilnahmen.

Präventionsstudie 2 wurde als wartegruppen-design mit 99 Zweitklässlern aus zwei Grund-schulen in Einzugsgebieten mit vergleichs-weiser schwacher Sozialstruktur durchgeführt.

Die Kinder der einen Schule absolvierten dasLautarium-Training zu Beginn des Schuljahres.Nach Ende des Trainingszeitraums zeigtendiese Kinder im Vergleich zur wartegruppesignifikant stärkere Lernzuwächse in der Recht-schreibung, nicht jedoch im Lesen und inder phonologischen Bewusstheit. Da Analysender Trainingsdaten ergaben, dass nur wenigeKinder das Lautarium im vorgesehenen Zeit-raum abgeschlossen hatten, wurde das Lauta-rium nochmals modifiziert, um ein zügigeresDurcharbeiten zu ermöglichen. Am Schuljah-resende absolvierten die Kinder der warte-gruppe das Lautarium-Training mit der ver-änderten Programmversion. Nach Abschlussdieser Trainingsphase zeigten die Kinder derwartegruppe signifikant stärkere Lernfort-schritte in der phonologischen Bewusstheitund im Lesen und Rechtschreiben als dieKinder der anderen Gruppe. Die Effektstärkenlagen im mittleren bis hohen Bereich.

Transfer und Praxisbezug

Das Trainingsprogramm Lautarium wird voraus-sichtlich im September 2017 in der Reihe“Hogrefe Förderprogramme“ veröffentlicht.Es kann sowohl im Rahmen der schulischen undaußerschulischen Förderung als auch im Eltern-haus eingesetzt werden. Die Anwendung vonLautarium im Unterricht begünstigt die Beschu-lung von Kindern mit LRS in Regelklassen und un-terstützt so die Bemühungen um eine Inklusionvon Kindern mit Lernschwierigkeiten.

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Forschungsfragen

Gegenstand des Forschungsprojektes war die vergleichende wirksam-keitsüberprüfung verschiedener Lesetrainings, die unterschiedlicheTeilprozesse des Lesens auf wort-, Satz- und Textebene in der Grund-schule trainieren.

Um Schriftsprache verstehen zu können, müssen Schüler lernen, wörterkorrekt zu dekodieren, die für den Satzkontext angemessene Bedeutungzu aktivieren und diese durch semantische und syntaktische Integrations-prozesse zu einem kohärenten Satz- bzw. Textverständnis zu verbinden.Nicht allen Kindern gelingt es, diese Prozesse so effizient auszuüben, dasssie Texte sinnentnehmend lesen können. Schwierigkeiten können aufallen Teilprozessen auftreten. Das Ziel war herauszufinden, welchesLesetraining zu welchem Zeitpunkt der Leseentwicklung und unter wel-chen gegebenen individuellen Voraussetzungen am erfolgversprechend-sten ist. Dazu wurden ein silbenbasiertes worterkennungstraining undein textbasiertes Lesestrategietraining konzipiert.

Vorgehensweise

In experimentellen Prä-Post-Test-Studien mit Follow-Up wurde diewirksamkeit beider Lesetrainings für schwache Leser der zweiten undvierten Klassenstufe untersucht. Die Kinder wurden aufgrund ihrer Lese-leistungen in standardisierten Lesetests zu Beginn eines Schuljahres

ERIEVIDENZBASIERTE LESEFÖRDERUNG IN DER GRUNDSCHULE

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zur Teilnahme am Training ausgewählt und zweimal wöchentlich im Umfang von 24 Sitzungenzusätzlich zum regulären Unterricht in Kleingruppen trainiert. Kinder mit vergleichbaren Lese-leistungen wurden zufällig auf Klassenebene der wartekontrollgruppe zugewiesen.

Ergebnisse

Die Ergebnisse sprechen dafür, dass mit den entwickelten Trainings diejeweils angezielten kognitiven Teilprozesse des Leseverstehens trainiertwerden konnten. Die Effekte unterscheiden sich je nach Klassenstufe.

Silbenbasiertes WortlesetrainingDie Grundidee dieses Trainings ist das wiederholte Lesen und Segmen-tieren von wörtern in Silben, um Kinder mit Defiziten in der worterken-nung darin zu unterstützen, wörter ganzheitlich statt Buchstabe fürBuchstabe einzulesen. Sämtliche der im Training genutzten Materialienwurden aus den 500 häufigsten Schreibsilben des deutschen kindlichenGrundwortschatzes zusammengesetzt.Die Ergebnisse zeigten, dass Zweit- und Viertklässler, die zu Schuljah-resbeginn schwache worterkennungsleistungen zeigten, nachAbschluss der Intervention wörter schneller und genauer erkennenkonnten als die Kinder in der Kontrollbedingung. Für Zweitklässlerzeigten sich zudem positive Transfereffekte auf das sinnentnehmendeLesen, die durch die Verbesserungen in der worterkennung zustandekamen.

Textbasiertes LesestrategietrainingIn diesem Training wurden die Kinder darin geschult, verschiedene Lesestrategien anzuwenden(Überschrift eines Textes hinterfragen, Lesen mit kleinschrittigem wiederholen, Zusammenfassender Hauptaussage), um leseschwache Kinder darin zu unterstützen, Texte sinnentnehmend undselbstreguliert lesen zu können. Für die Zweit- und Viertklässler, die das Lesestrategietrainingerhielten, zeigten sich positive Effekte auf das Textverständnis. Im Vergleich zu Zweitklässlern,konnten Viertklässler die im Lesetraining vermittelten Strategien jedoch besser für das sinn-entnehmende Lesen nutzen. Aus einer vorangegangen Studie wissen wir, dass das Lesestrategie-training in der zweiten Klasse nur dann das Leseverständnis verbessern konnte, wenn die wort-erkennungsprozesse bereits effektiv ausgeübt werden konnten.

Implikationen für Forschung und Praxis

Zusammengefasst sprechen die Ergebnisse dafür, dass ein Lesetraining dann effektiv ist, wennes diejenigen Teilprozesse trainiert, die ein Kind bisher nur ineffizient ausüben kann. Dies verweistauf die Relevanz einer differenzierten Diagnostik der Leseleistung eines Kindes vor der Implemen-tation eines Trainings. Für leseschwache Zweitklässler scheint das wortlesetraining die größtenEffekte auf die Prozesse der worterkennung und des Textverständnisses zu haben. Für lese-schwache Viertklässler hingegen sollte, je nachdem welche Leseprozesse bislang nur defizitärausgeübt werden können, entschieden werden, ob das wortlesetraining zur Verbesserungder worterkennung oder das Lesestrategietraining zur Steigerung des Leseverständnisses ange-wendet wird.

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Projektverantwortliche:Prof. Dr. Marco EnnemoserProf. Dr. Tobias Richter

AnsprechpartnerinDr. Bettina MüllerProf. Dr. Tobias Richter

Julius-Maximilians-Universität würzburgLehrstuhl für Psychologie IV, Pädagogische PsychologieRöntgenring 1097070 würzburg

[email protected]@uni-wuerzburg.de

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Forschungsfragen und Ziele

Das Ziel des Vorhabens war die Erhöhung der Fehlersensitivität und dieUntersuchung des Einflusses verminderter Fehlschreibungen von wörternauf die Rechtschreib- und Leseleistung von LRS-Kindern im Grundschul-alter. Schwerpunkt des Teilprojekts A war die Untersuchung der trainings-abhängigen Entwicklung der neuralen Grundlagen von Fehlersensitivitätbei der Verarbeitung von Rechtschreibfehlern mit Hilfe ereigniskorrelier-ter Hirnpotentiale. Ziel des Teilprojektes B bestand in der Entwicklungeines Tablet-basierten Rechtschreibprogramms. Grundlage des Trainingswar die zeitnahe Rückmeldung über die Korrektheit handschriftlichgeschriebener wörter, um der Etablierung und Festigung fehlerhafterGedächtnisrepräsentationen entgegenzuwirken. Dies wurde auf Anwend-barkeit und Effektivität getestet.

Forschungsdesign

An der Lernstudie im Prä-Post-Retentionstest-Design nahmen 21 Schülerder 2. bis 5. Klasse mit diagnostizierter Lese-Rechtschreibstörung teil.Sie trainierten über vier wochen vier Mal wöchentlich für 20 Minutenselbstständig zu Hause. Geübt wurde in zwei verschiedenen Modi mittelseines wortdiktats mit zumeist visueller Unterstützung:Errorless Learning: Das Kind wird im wort selber – beim Schreiben desersten fehlerhaften Buchstabens – unterbrochen und bekommt dasdiktierte wort in seiner korrekten Schreibweise angezeigt.Errortolerating: Das Kind erhält nach zehn vollständig geschriebenenwörtern eine summative Rückmeldung über seine richtig und fehlerhaftgeschriebenen wörter.

In beiden Modi werden die fehlerhaften wörter direkt im Anschluss andie Fehlerrückmeldung bis zu zweimal wiederholt diktiert.Die Erhebung der Lese- und Schreibleistungen erfolgte mittels standar-disierter Testverfahren. Die potentielle Veränderung der neuralen Grund-lagen der Fehlersensitivität wurde mit dem bildgebenden Verfahren derereigniskorrelierten Hirnstrommessung erfasst.

Ergebnisse

Die Ergebnisse zeigten eine signifikante Verbesserung der Rechtschreib-und Leseleistungen von Pre- zu Posttest für alle Kinder. Ein Retentionstestca. 4 – 5 wochen nach Trainingsende zeigte, dass dieser Effekt über dieZeit stabil blieb. Kinder können also längerfristig von diesem Trainings-

FELICSERRORLESS LEARNING – DIE ROLLE VON FEHLERSENSITIVITÄT BEI DER

AUFRECHTERHALTUNG DER LESE-RECHTSCHREIB-SCHwÄCHE

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CODY

NEUROFÖ

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programm profitieren. Der Fehleranteil in den einzelnen Trainingssitzungen nahm deutlich ab undes gab keine bedeutsame Veränderung zum Retentionstest.

Die stimulusbezogenen ereigniskorellierten Potentiale (EKPs) zeigten eine trainingsabhängige Ver-änderung in Potentialen über frontalen Regionen, die in Zusammenhang mit der lexikalischen Ver-arbeitung von wörtern stehen. Die reaktionsbezogene Analyse der EKPs zeigt einen Trend zu einerVeränderung über frontozentralen Hirnregionen, der darauf hindeutet, dass es eine trainingsbe-dingte Veränderung von Hirnfunktionen gibt, die für das Erkennen von Fehlern relevant ist.

Transfer und Praxisbezug

Die rudimentäre Beta-Version eines Tablet-basierten Rechtschreib-trainingsprogramms zur zeitnahen Fehlerrückmeldung mit hand-schriftlicher Eingabemöglichkeit wurde bereits erfolgreich von21 LRS-Kindern genutzt. Die im Programm integrierte, zweifacheKorrekturmöglichkeit erlaubt zum einen die Korrektur bei eigenemVerschreiben durch Radierer-Buttons und zum anderen eine einfacheEingreifoption bei potentiellen Schrifterkennungsfehlern durch dieTastatur.

Das Basisprogramm hat eine einfache, kindgerechte Struktur, istkosteneffizient und grundsätzlich verfügbar. Das Programm kannvielfältig eingesetzt werden, insbesondere bei heterogenen undinklusiven Lerngruppen in der Schule wie auch in der LRS-Therapie.Die Methode kann zukünftig zudem auf individuelle Rechtschreib-profile und Fehlerschwerpunkte, wie z. B. der Übungswortschatz unddie Feedbackfrequenz, angepasst werden. Ein derart zielführenderund effizienter Einsatz von “Neuen Medien“ im Schulkontext unter-stützt motivierendes und selbstverantwortliches Lernen in hohemMaße. Durch die Verwendung von Kopfhörern für die akustischewortausgabe kann direkt in der Klassen- oder Gruppentherapie-situation individualisiert gearbeitet werden.

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Projektverantwortliche:Prof. Dr. Thomas Münte (Teilprojekt A)Prof. Dr. Alfred Effenberg (Teilprojekt B)

AnsprechpartnerTeilprojekt A:Dr. Marcus HeldmannUniversitätsklinikum Schleswig-HolsteinKlinik für NeurologieRatzeburger Allee 16023562 Lübeck

[email protected]

Teilprojekt B:Dr. Nicole MühlpforteLeibniz Universität HannoverInstitut für SportwissenschaftAm Moritzwinkel 630167 Hannover

[email protected]

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Fragestellung

Das Ziel dieses Forschungsprojektes bestand in der Entwicklung undEvaluation eines Arbeitsgedächtnistrainings für Kinder mit Lese-Recht-schreibstörung. wie aus der Forschungsliteratur seit langem bekannt ist,gehen Störungen des Schriftspracherwerbs mit Störungen der phono-logischen Bewusstheit und der phonologischen Informationsverarbeitungeinher. Das bedeutet, dass Kinder mit Lese-RechtsschreibproblemenSchwierigkeiten in der Verarbeitung von Lauten und Klängen haben unddass sie diese auch nicht gut kurzfristig behalten können. Hierfür ist dassogenannte Arbeitsgedächtnis verantwortlich, und Forschungsarbeitenhaben gezeigt, dass Kinder mit Lese-Rechtschreibstörung tatsächlichauch im Arbeitsgedächtnis Defizite aufweisen.

Entsprechend bestand das Anliegen dieser Studie darin, eine Antwortauf die Frage zu finden, ob vorhandene Arbeitsgedächtnisdefizitebehebbar oder zumindest reduzierbar sind. Dabei ist von besondererBedeutung, ob sich eine (mögliche) Steigerung der Arbeitsgedächtnis-kapazität bei Kindern mit Störungen des Schriftspracherwerbs positiv aufdie Entwicklung des Lesens und Schreibens auswirkt.

AGENT 8-1-0ENTwICKLUNG UND EVALUATION EINES TRAININGSPROGRAMMS ZUR

ÜBERwINDUNG VON ARBEITSGEDÄCHTNISDEFIZITEN BEI KINDERN MIT

LESE-RECHTSCHREIBSTÖRUNG

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RABE

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Vorgehen

Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde als erster Meilenstein das computergestützte adaptiveTraining AGENT 8-1-0 für die verschiedenen Subsysteme des Arbeitsgedächtnisses, d. h. diephonologische Schleife, der visuell-räumliche Notizblock und die Zentrale Exekutive entwickelt,welches in einem Prätest-Posttest-Follow-Up-Kontrollgruppendesign einer Evaluation unterzogenwurde. Im ersten Schritt wurden unbeeinträchtigte Kinder trainiert, anschließend Kinder mitLese-Rechtschreibstörung oder -schwäche. In diesem Training drehte sich alles um einen Detektiv,dem zu helfen die Aufgabe der Kinder war, wobei sie vor allem viele Dinge behalten mussten.Es gab Spiele, in denen verbale Information behalten werden mussten und solche, in denen esum visuell-räumliche Informationen ging. Außerdem erforderten komplexere Spiele die Koordi-nation von verbaler und räumlicher Information. Das Training lief über sechs wochen an drei Ter-minen pro woche von ca. 45 Minuten Dauer. Das Programm war adaptiv gestaltet, so dass dieAufgaben automatisch schwieriger wurden, wenn ein Kind sich verbesserte. Die meisten Kinderhatten viel Spaß beim Training und haben sich wirklich angestrengt, die Spiele gut zu bearbeitenund so ihre Gedächtnisleistungen zu verbessern.

Ergebnisse

Betrachtet man die Trainingsergebnisse, so sind die Befunde eherernüchternd. Durch das Training war es zwar möglich, einige Arbeits-gedächtnisfunktionen von Kindern mit und ohne Störungen des Schrift-spracherwerbs zu steigern. Ein halbes Jahr nach dem Training sind aller-dings nur noch in einzelnen Aufgaben die Trainingsgewinne nachweisbar,in anderen Aufgaben sind die Trainingsgewinne wieder zurückgegangen.Auch zeigten sich keine Effekte des Trainings auf die Schulleistungen imLesen und Rechtschreiben. Enttäuschend ist vor allem der Befund, dassgerade das phonologische Arbeitsgedächtnis, das für die Schriftsprach-schwierigkeiten mit verantwortlich ist, durch das Training kaum verbessertwerden konnte.

Implikationen für die Praxis

Obwohl das computergestützte Programm sehr nah an den theoretischen Grundlagen konstruiertwurde und für die Kinder ein attraktives Spiel geworden ist, hat es nicht zum gewünschten Erfolggeführt und kann in der jetzigen Form noch nicht für einen breiten Einsatz empfohlen werden.Vermutlich ist es nötig, die Gestaltung noch ansprechender zu machen, damit die Kinder auchnoch eine längere Zeit motiviert durchhalten. wenn es überhaupt möglich ist, das Arbeitsgedächt-nis erfolgreich langfristig zu verbessern, dann offenbar nur mit noch größerem Aufwand. Eineweiterentwicklung des Trainingsprogramms und erfolgreiche Evaluationsstudien wären jedochnötig, um ein Training des Arbeitsgedächtnisses zur Behandlung von Problemen beim Schrift-spracherwerb zu empfehlen. Möglicherweise führt dieser weg jedoch nicht zum Ziel: Obwohl dasArbeitsgedächtnis ursächlich mit verantwortlich ist für die Schwierigkeiten im Schriftspracherwerb,könnte es dennoch sein, dass es nicht gelingt, diesen Ursachenfaktor maßgeblich positiv zubeeinflussen. Für die Behandlung von Lese-Rechtschreibstörungen hätte damit ein Training desArbeitsgedächtnisses keine Bedeutung.

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Projektverantwortliche:Prof. Dr. Claudia Mähler

Ansprechpartner/inChristina Jörns, MSc.-Psych.

Universitätsplatz 131141 Hildesheim

[email protected]@uni-hildesheim.de

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Forschungsfragen und Ziele

Die neurobiologische Forschung der letzten 20 Jahre hat ein komplexesNetzwerk von Gehirnregionen entdeckt, das bei Menschen mit einerLesestörung durch eine verzögerte und z.T. erheblich verminderteAktivierung bei Leseprozessen gekennzeichnet ist.

Ziele des Projekts Neurofö sind: n die Registrierung der neuronalen Aktivität des normalen und des beeinträchtigten wortverarbeitungsprozess bei Grundschulkindern mittels einer zeitlich hochauflösenden Methoden die Identifikation der mit einem Lese-Fördereffekt einhergehen neurophysiologischen Prozesse anhand der zuvor identifizierten Gehirnfunktionen n die Identifikation von Gehirnprozessen, die eine individuelle Vorher- sage über Therapieeffekte ermöglichen.

Untersuchungsmethoden

An der Studie nahmen etwa 80 Drittklässler teil. Insgesamt wurden dreiGruppen von Kindern untersucht. Kinder mit Lese- und/oder Recht-schreibschwäche (LRS) wurden sechs Monate zweimal wöchentlich jeweils60 Minuten mit standardisierten und etablierten Förderkonzeptengefördert und mit zwei nicht geförderten Kontrollgruppen verglichen.

NEUROFÖEVALUATION VON ZwEI INTERVENTIONEN BEI KINDERN MIT

LESE-RECHTSCHREIBSTÖRUNG – NEUROPSYCHOLOGISCHE

UND NEUROPHYSIOLOGISCHE KORRELATE DER FÖRDEREFFEKTE

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Die eine Kontrollgruppe bestand aus Kindern mit einer LRS, die während der sechs Monateauf eine Förderung warten sollte und die zweite Kontrollgruppe aus Kindern ohne eine LRS. Vor und nach der Förderung wurden die Lese- und Rechtschreibfertigkeiten und die neuro-physiologischen Korrelate der Fördereffekte anhand einer phonologisch-lexikalischen Entschei-dungsaufgabe untersucht . Hierbei sahen die Kinder wörter wie zum Beispiel “Mund“, Pseudo-homophone wie “Munt“, Pseudowörter wie “Munk“ und Symbolfolgen wie “Жעπλ“ und musstenentscheiden, ob die präsentierte Buchstabenfolge wie ein richtiges wort klang oder nicht.

Ergebnisse

Die neurophysiologischen Korrelate der wortverarbeitung konnten in drei zeitlich getrenntenVerarbeitungsprozessen in verschiedenen Regionen der linken Gehirnhemisphäre lokalisiert werden:

n um 170ms nach Beginn der wort- bzw. Zeichenerkennung in der linken inferior temporo- occipitalen Regionn um 400ms im Bereich superior temporal-parietalen Cortex als neurophysiologisches Korrelat der Verbindung der Buchstaben zu Lauten und des Zugriffs auf das orthographische Lexikonn um 700ms im temporalen Cortex als Korrelat der phonologischen Verarbeitung.

Bei den Kindern mit LRS zeigten sich vor der Förderung in den neurophysiologischen KorrelatenMinderaktivierungen als Zeichen für gestörte Verarbeitungsprozesse im Lesen. Nach der sechs-monatigen Förderphase fand sich bei den Kindern mit einer LRS, die sich im Lesen verbesserten,eine Zunahme der neuronalen Aktivierung um 400ms – eine verbesserte Leseleistung geht dahermit einer Normalisierung der Gehirnfunktionen einher. Bereits vor der Förderung zeigen sich neuronale Muster, die auf unterschiedliche wirksamkeit derTherapie hinweisen könnten. Um 300ms ist eine Aktivierung zu beobachten, die mit phonologi-scher Verarbeitung assoziiert ist. Die Kinder mit einer LRS, die von der Förderung profitierten,hatten eine stärkere Aktivität in diesem Zeitfenster im Vergleich zu den Kindern, bei denen dieFörderung nichts verändert hat.

Implikationen für Forschung und Praxis

Mit neurophysiologischen Methoden konnten die verschiedenenStufen der wortverarbeitung, von der Buchstaben-Laut-Assoziationbis zum automatisierten Abruf aus dem phonologischen Gedächtnisim Gehirn dargestellt werden. Dadurch ist es möglich, detaillierterund genauer gestörte Leseprozesse bei Schulkindern abzubildenund dieses wissen für die Diagnostik und Therapie zu verwenden.Die Therapiestudie zeigte, dass trotz standardisierter Fördermetho-den insgesamt nur geringe Effekte erzielt werden konnten. Mögli-cherweise wurde bei der Therapieplanung zu wenig auf die indi-viduell gestörten wortverarbeitungsprozesse im Gehirn geachtet. Mit-hilfe der in diesem Projekt vorgestellten Methoden mag es zukünftigbesser gelingen, den individuellen Therapiebedarf und die wirksam-keit der Therapie vorauszusagen.

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Projektverantwortliche:Prof. Dr. Gerd Schulte-Körne

Ansprechpartner/inProf. Dr. Gerd Schulte-Körne

Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und PsychotherapieNußbaumstr. 5a80336 München

[email protected]

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Herausgeber

Koordinierungsstelle des BMBF-Forschungsschwerpunkts Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten www.esf-koordinierung.de

Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung Schloßstraße 2960486 Frankfurt am Mainwww.dipf.de

Klinik und Poliklinik für Kinder und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie der Universität München Nußbaumstraße 5a80336 Münchenwww.kjp.med.uni-muenchen.de

Konzeption und Redaktion

Koordinierungsstelle des BMBF-Forschungsschwerpunkts Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten

Gestaltung und Druck

ATELIER PAKMURFraunhoferstraße 3634127 Kassel www.atelier-pakmur.de

Bilder

photographie & make-up Barbara AndresSchleißheimerstraße 38 RG80333 Münchenwww.artphotostyle.de

Fotorismus Britta HüningHügelstrasse 164372 Ober-Ramstadt

Bild Marcus Hasselhorn Seite 5: Sonja Rode/Lichtfang.net Bilder Seite 10, Seite 14 rechts: Kaasa Health GmbHBilder Seite 11, Seite 35: FelicsBild Seite 31: Thomas Koziel

Verantwortlich für den Inhalt der ProjektbeschreibungenProjektdurchführende Stellen

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IMPRESSUM

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