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EPIGENETIK WIR SIND MEHR ALS DIE SUMME UNSERER GENE. Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik Max Planck Institute for Immunobiology and Epigenectics ZELLE EIWEISS DNA GENE KERNBASEN GUANIN ADENIN CYTOSIN THYMIN Bestimmte Abschnitte auf der DNA, die die vollständigen Anweisungen für ein Eiweiß enthalten, werden Gene genannt. GEN EPI GENETIK ? GENE TIK In jeder unserer Zellen findet sich im Zellkern die DNA. Dieser molekulare Code enthält Anwei- sungen, um Eiweiße zu produzieren. Eiweiße sind die Grundbausteine der Zellen. Als Baustoff für Gewebe und Zellen – zum Beispiel für Blut, Muskelfasern und Organe – halten sie so den Körper zusammen. Aber nicht alle Gene der DNA werden immer zu jeder Zeit genutzt. Gene können entweder aktiv sein, d.h. ihre Informa- tion wird genutzt, um Eiweiße zu produzieren, oder aber inaktiv sein. Man kann sich die DNA als einen Text in ein- er speziellen Sprache aus den vier Buchstaben A T G C vorstellen, die wie andere Sprachen Informationen enthält. Die Epigenetik fügt diesem Text spezielle Format- ierungen hinzu. Wenn etwa in einem Lexikon ein Stichwort hervorge- hoben dargestellt ist, hat es für den Leser eine an- dere Bedeutung als das- selbe Wort im Fließtext. Die Epigenetik formatiert also den DNA-Text und legt fest, welche Informa- tionen in welchen Situ- ationen wichtiger sind als andere. DNA FORMATIERUNG EPIGENETIK UMWELT Epigenetischer Schalter für Übergewicht? Forscher des MPI Freiburg haben ein Netzwerk aus Ge- nen entdeckt, dass bei Men- schen mit identischem Erb- gut entweder zu Normal- oder Übergewicht führt. Die Aktivität dieser Gene wird epigenetisch gesteuert. Die Genetik beschäftigt sich vorwiegend mit der Erbsub- stanz DNA selbst. Die Epigenetik (wörtlich: zusätzlich zur Genetik) nimmt Mechanismen in den Blick, die die Aktivi- tät der DNA bzw. der darauf befindlichen Gene bestim- men. Dies geschieht, indem eine Reihe von chemischen Verbindungen an der DNA selbst oder an den Histonen an- gehängt werden. Sie regulieren, welche Gene abgelesen werden sollen – und wie oft. Die Summe aller epigenetischen Modifizierungen an der DNA nennt man Epigenom. Epigenetik ist bekannt als das Bindeglied zwischen Erbgut und Umwelt. Das Epigenom kann durch zahlreiche Faktoren moduliert: Muster epigenetischer Modifzierungen einer bestimmten DNA-Region… … aktivieren Gene oder legen diese still und… … bedingen damit verschiedene Phänotypen (Ausprägungen) trotz gleicher DNA-Sequenz. WIE FUNKTIONIERT EPIGENETIK? Die DNA liegt nicht nackt im Zellkern vor, sondern ist um Proteinkugeln gewickelt. Diese schützen und verpacken die DNA. Der Komplex aus Proteinkugeln und DNA wird Chromatin genannt. Durch chemische Veränderungen kann die Verpackungs- dichte des Chromatins verändert werden. Man spricht entweder von offenen oder geschlossenen Chromatin: Methylgruppen hemmen die Aktivität eines bestimmten DNA-Abschnitts und bewirken eine dichtere Verpackung des Chromatins. Dadurch wird die Zugänglichkeit der DNA erschwert und Gene stillgelegt. Acetylgruppen docken an den Histonarmen an und steigern die Aktivtät der Gene, indem sie Verpackungsdichte des Chromatins senken und die DNA für den Ableseapparat leichter zugänglich machen. HISTON OFFENES CHROMATIN HISTONARM NUKLEOSOM DNA C(O)CH 3 ACETYL- GRUPPE GESCHLOSSENES CHROMATIN BLOCKIEREN GENE GEN GEN METYLGRUPPEN DIREKT AUF DER DNA INAKTIV AKTIV AKTIV CH 3 METHYL- GRUPPE Toxine (z.B. Benzol) oder hormo- naktive Chemikalien (z.B. Diethyl- stilbestrol oder Bisphenol A) Stress, Krankheit oder Altern Nahrung mit Methyvldonoren wie Folsäure oder Vitamin B12 (Bananen, Avocados) Circadiane Rhythmen (z.B. Schlaf-Wach-Rhythmus) Als Enzyme, Antikörper oder Hormone sind Proteine aber auch an zahlreichen Prozessen unseres Körpers beteiligt. Die bei jedem Menschen einzigartige DNA bestimmt also nicht nur wie wir aussehen und welche Eigenschaften wir haben, sondern kontrolliert auch alle Körper- funktionen. Max Planck Institute of Immunobiology & Epigenetics, Freiburg (2017) www.ie-freiburg.mpg.de used material: human silhouettes created by freepik; switch created by Dooder - free- pik.com; light bulb created by Cornecoba - freepik.com; DNAs created by sunshine-91 & zhaolifang – vecteezy.com; icons created by freepik & Madebyoliver for freepik.com © © Jörg Bittner Unna © Advertising campaign Scholz & Friends for DOSB

EPIGENETIK WIR SIND MEHR ALS DIE SUMME UNSERER GENE. · EPI GENETIK? GENE TIK In jeder unserer Zellen findet sich im Zellkern die DNA. Dieser molekulare Code enthält Anwei- sungen,

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EPIGENETIK WIR SIND MEHR ALS DIESUMME UNSERER GENE.Max-Planck-Institut für Immunbiologie und EpigenetikMax Planck Institute for Immunobiology and Epigenectics

ZELLE

EIWEISS

DNA

GENE

KERNBASENGUANIN

ADENIN

CY TOSINTHYMIN

Bestimmte Abschnitte auf der DNA, die die vollständigen Anweisungen für ein Eiweiß enthalten, werden Gene genannt.

GEN

EPIGENETIK?

GENETIKIn jeder unserer Zellen findet sich im Zellkern die DNA. Dieser molekulare Code enthält Anwei- sungen, um Eiweiße zu produzieren. Eiweiße sind die Grundbausteine der Zellen. Als Baustoff für Gewebe und Zellen – zum Beispiel für Blut, Muskelfasern und Organe – halten sie so den Körper zusammen.

Aber nicht alle Gene der DNA werden immer zu jeder Zeit genutzt. Gene können entweder aktiv sein, d.h. ihre Informa-tion wird genutzt, um Eiweiße zu produzieren, oder aber inaktiv sein.

Man kann sich die DNA als einen Text in ein-er speziellen Sprache aus den vier Buchstaben A T G C vorstellen, die wie andere Sprachen Informationen enthält. Die Epigenetik fügt diesem Text spezielle Format- ierungen hinzu. Wenn etwa in einem Lexikon

ein Stichwort hervorge-hoben dargestellt ist, hat es für den Leser eine an-dere Bedeutung als das-selbe Wort im Fließtext. Die Epigenetik formatiert also den DNA-Text und legt fest, welche Informa-tionen in welchen Situ- ationen wichtiger sind als andere.

DNA FORMATIERUNG

EPIGENETIK

UMWELT

Epigenetischer Schalter für Übergewicht?

Forscher des MPI Freiburg haben ein Netzwerk aus Ge-nen entdeckt, dass bei Men-schen mit identischem Erb- gut entweder zu Normal- oder Übergewicht führt. Die Aktivität dieser Gene wird epigenetisch gesteuert.

Die Genetik beschäftigt sich vorwiegend mit der Erbsub-stanz DNA selbst. Die Epigenetik (wörtlich: zusätzlich zur Genetik) nimmt Mechanismen in den Blick, die die Aktivi- tät der DNA bzw. der darauf befindlichen Gene bestim-men.

Dies geschieht, indem eine Reihe von chemischen Verbindungen an der DNA selbst oder an den Histonen an-gehängt werden. Sie regulieren, welche Gene abgelesen werden sollen – und wie oft.

Die Summe aller epigenetischen Modifizierungen an der DNA nennt man Epigenom.

Epigenetik ist bekannt als das Bindeglied zwischen Erbgut und Umwelt. Das Epigenom kann durch zahlreiche Faktoren moduliert:

Muster epigenetischer Modifzierungen einer bestimmten DNA-Region…

… aktivieren Gene oder legen diese still

und…

… bedingen damit verschiedene Phänotypen (Ausprägungen) trotz gleicher DNA-Sequenz.

WIE FUNK TIONIERT EPIGENETIK?Die DNA liegt nicht nackt im Zellkern vor, sondern ist um Proteinkugeln gewickelt. Diese schützen und verpacken die DNA. Der Komplex aus Proteinkugeln und DNA wird Chromatin genannt. Durch chemische Veränderungen kann die Verpackungs-dichte des Chromatins verändert werden. Man spricht entweder von offenen oder geschlossenen Chromatin:

Methylgruppen hemmen die Aktivität eines bestimmten DNA-Abschnitts und bewirken eine dichtere Verpackung des Chromatins. Dadurch wird die Zugänglichkeit der DNA erschwert und Gene stillgelegt.

Acetylgruppen docken an den Histonarmen an und steigern die Aktivtät der Gene, indem sie Verpackungsdichte des Chromatins senken und die DNA für den Ableseapparat leichter zugänglich machen.

HISTONOFFENES

CHROMATIN

HISTONARMNUKLEOSOM

DNA

C(O)CH3

ACET YL-

GRUPPE

GESCHLOSSENES

CHROMATIN

BLOCKIEREN GENE

GEN

GEN

MET YLGRUPPEN

DIREK T AUF

DER DNA

INAK TIV AK TIVAK TIV

CH 3

METHYL-

GRUPPE

Toxine (z.B. Benzol) oder hormo-naktive Chemikalien (z.B. Diethyl-

stilbestrol oder Bisphenol A)

Stress, Krankheit oder Altern

Nahrung mit Methyvldonoren wie Folsäure oder Vitamin

B12 (Bananen, Avocados)

Circadiane Rhythmen (z.B. Schlaf-Wach-Rhythmus)

Als Enzyme, Antikörper oder Hormone sind Proteine aber auch an zahlreichen Prozessen unseres Körpers beteiligt. Die bei jedem Menschen einzigartige DNA bestimmt also nicht nur wie wir aussehen und welche Eigenschaften wir haben, sondern kontrolliert auch alle Körper-funktionen.

Max Planck Institute of Immunobiology & Epigenetics, Freiburg (2017)www.ie-freiburg.mpg.de

used material: human silhouettes created by freepik; switch created by Dooder - free-pik.com; light bulb created by Cornecoba - freepik.com; DNAs created by sunshine-91 & zhaolifang – vecteezy.com; icons created by freepik & Madebyoliver for freepik.com

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