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268. PTB-Seminar Berechnung der Messunsicherheit, 19. und 20. März 2013, Berlin M. Neugebauer 1
Ermittlung der Unsicherheit von Formmessungen
Michael Neugebauer PTB-Braunschweig
Fachbereich Koordinatenmesstechnik
Kontakt: [email protected]
268. PTB-Seminar Berechnung der Messunsicherheit, 19. und 20. März 2013, Berlin M. Neugebauer 2
Kontakt: [email protected]
1. Einführung 2. Normen und Richtlinien 3. Definition der Messgröße 4. Mathematisches Modell 5. Einflussgrößen 6. Beispiel
268. PTB-Seminar Berechnung der Messunsicherheit, 19. und 20. März 2013, Berlin M. Neugebauer 3
Einführung 1.
Rundheitsmessgerät mit Glashalbkugel
Zylinderformmessgerät mit Referenzring, -dorn
Prinzip von Formmessungen
Die Form eines Werkstücks wird mit der Form einer Formverkörperung verglichen (hier Dreh- oder Linearführung).
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Einführung
Rundheit
Zylindrizität Ebenheit
Geradheit
1.
DIN EN ISO 1101 – Geometrische Tolerierung
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DIN EN ISO 12180-1, Zylindrizität, Begriffe und Kenngrößen der Zylinderform
DIN EN ISO 12181-1, Rundheit, Begriffe und Kenngrößen der Rundheit
DIN EN ISO 12780-1, Geradheit, Begriffe und Kenngrößen der Geradheit
DIN EN ISO 12781-1, Ebenheit, Begriffe und Kenngrößen der Ebenheit
Kenngrößen: (Referenzelemente) CYLt Spitze-zu-Tal-Zylindrizitätsabweichung (MZCY, LSCY, MICY, MCCY) RONt Spitze-zu-Tal-Rundheitsabweichung (MZCI, LSCI, MCCI, MICI) STRt Spitze-zu-Tal-Geradheitsabweichung (MZLI, LSLI) FLTt Spitze-zu-Tal-Ebenheitsabweichung (MZPL, LSPL)
folgend allgemein: FAt Spitze-zu-Tal-Formabweichung
weiterhin: RONp Spitze-zu-Referenz-Rundheitsabeichung (LSCI) RONv Referenz-zu-Tal-Rundheitsabweichung (LSCI) (Die Angabe von Spitze-zu-Referenz- und Referenz-zu-Tal-Abweichungen ist unüblich.)
Normen und Richtlinien (1) 2.
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DIN EN ISO 16610-21, Filterung und allgemeine Meßbedingungen
VDI/VDE 2631, Blatt 1-9, Formprüfung (mit Formmessgeräten)
VDI/VDE 2617, Blatt 2.2, Genauigkeit von Koordinatenmessgeräten, Formmessung
DKD-R 4-4, Kalibrieren von Normalen und Messgeräten für die Formmesstechnik -
Kalibrieranweisung und Ermittlung der Messunsicherheit
DKD-R 4-4 ist speziell für Kalibrierlaboratorien erarbeitet worden.
Für die industrielle Praxis wird z.Z. VDI/VDE 2631, Blatt 10 „Ermittlung der Messunsicherheit von Formmessungen“ erarbeitet.
Normen und Richtlinien (2) 2.
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Definition der Messgröße (1) 3.
Begriffe und Kenngrößen der Formabweichung aus der Normenreihe DIN EN ISO 12180-1, 12181-1, 12780-1, 12781-1: Spitze-zu-Tal-Formabweichung*, Wert der größten positiven örtlichen Formabweichung addiert zum Betrag der größten negativen örtlichen Formabweichung. Örtliche Formabweichung, Abweichung eines Punktes auf dem Profil/der Oberfläche zu einem Referenzelement. Referenzelement, zugeordnetes Element, das nach einer festen Regel in das Profil/die Oberfläche eingepasst wird und auf das die Formabweichungen und deren Kenngrößen bezogen sind: Referenzelemente der minimalen Zone (MZ) Referenzelemente der kleinsten Abweichungsquadrate (LS). Das Profil/die Oberfläche, erfasste Linie/Oberfläche, absichtlich modifiziert durch ein Filter.
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3.
Die Definition macht deutlich: Das mathematische Modell ist abhängig von der Regel zum Einpassen des Referenzelementes und von dem verwendeten Filter. Bei Auswertung ein- und derselben erfassten Linie/Oberfläche mit verschiedenen Regeln zur Einpassung eines Referenzelementes bzw. mit verschiedenen Filtern folgt, dass die mathematischen Modelle prinzipiell voneinander verschieden sind. Deshalb können die entsprechenden Messergebnisse und die ihnen beigeordneten Messunsicherheiten nicht ohne Weiteres miteinander verglichen werden. Die Kenngröße der Formabweichung sagt nichts über die Form der erfassten Linie/Oberfläche aus. Beispiele
Definition der Messgröße (1)
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RONt(LSCI) = 3,3 µm RONt(MZCI) = 2,9 µm
Regel zur Einpassung des Referenzelementes
Ein Rundheitsprofil, ausgewertet mit zwei verschiedenen Verfahren: minimale Zone (MZCI) kleinste Abweichungsquadrate (LSCI)
3.
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STRt(MZ) = 0,23 µm STRt(LS) = 0,26 µm
Minimum Zone vs. Kleinste Abweichungsquadrate
Ein Geradheitsprofil, ausgewertet mit zwei verschiedenen Verfahren: minimale Zone (MZ) kleinste Abweichungsquadrate (LS)
3.
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RONt(50 W/U) = 0,22 µm RONt(500 W/U) = 0,31 µm
Filterung mit verschiedenen Grenzwellenlängen
Ein Rundheitsprofil, gefiltert mit verschiedenen Grenzwellenlängen: (Kugel ∅ 8 mm, Auswertung kleinste Abweichungsquadrate, Filter Gauß)
500 W/U (0,05 mm) 50 W/U (0,5 mm)
3.
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RONt = 21 nm
RONt = 20 nm
Rundheitsprofile ermittelt an zwei Glashalbkugeln (MZC, Filter Gauß 150 W/U):
Parameter Formabweichung vs. Profilabweichung 3.
0°
30°
60°90
°
120°
150°
180°
210°
240°
270°
300°
330°
0°-40 -30 -20 -10 0 10 20
nm
0°
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Mathematisches Modell (1) 4.
FAt Spitze-zu-Tal-Formabweichung:
minmaxt LDLDFA +=
LDmax maximale örtliche Formabweichung (Local Deviation) LDmin minimale örtliche Formabweichung
Das mathematische Modell ist nach der Definition der Wert der größten positiven örtlichen Formabweichung addiert zum Betrag der größten negativen örtlichen Formabweichung:
Üblicherweise wird nur der Parameter FAt ausgegeben. Der Messwert ist der Anzeigewert + Korrekturwert.
t*tt FAFAFA ∆+=
)t(*)t()t( 22 FAuFAuFAu ∆+=
Für die Standardunsicherheit der Formabweichung gilt:
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4.
Der Korrekturwert ∆FAt kann als Summe aus m Korrekturwerten ∆FAti betrachtet werden. Diese Korrekturwerte werden als unkorreliert angenommen.
( )∑=
∆=∆m
iiFAuFAu
1
22 t)t(
Mathematisches Modell (2)
Die Standardunsicherheit der Formabweichung beträgt demnach
∑=
∆+=m
iiFAu
nFAsFAu
1
2
1
2
)t(*)t()t(
Üblicherweise wird für den Erweiterungsfaktor k = 2 verwendet. Der Wert der Messgröße liegt dann unter der Annahme einer Normalverteilung mit einer Wahrscheinlichkeit von annähernd 95 % im zugeordneten Überdeckungsintervall.
)t(2)t( FAuFAU ⋅=
s²(FAt*) Varianz der Anzeige für n1 Wiederholmessungen
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Einflussgrößen (1) 5.
Wesentliche Einflussgrößen auf die Unsicherheit von Formmessungen sind:
Standardabweichung der Anzeige s(FAt*)
Führungsabweichungen ∆FAt1
Empfindlichkeit des Tastersignals ∆FAt2
Thermische Drift ∆FAt3
Formabweichungen des Messobjektes ∆FAt4
Ausrichtung, Deformation des Messobjektes ∆FAt5
Beschaffenheit des Messobjektes ∆FAt6
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5.
Führungsabweichungen, Variante 1: Die Führungsabweichungen ∆FAt1 werden mit einem Formnormal nach VDI/VDE 2631 Blatt 4-6) ermittelt. Üblicherweise ist keine Korrektur möglich. Die Führungsabweichungen müssen dann bei der Ermittlung der Messunsicherheit berücksichtigt werden.
)(t)t()t( 2221
*
2
1*2
1 FNuFNFAnFAsFAu ++∆+
∆=∆
s²(∆FAt1*) Varianz der Anzeige für n2 Wiederholmessungen ∆FAt1* Führungsabweichung FN Formabweichung des Normals lt. Kalibrierschein u(FN) Kalibrierunsicherheit für diese Abweichung (k = 1)
Unsicherheitsbeitrag:
Einflussgrößen (2)
268. PTB-Seminar Berechnung der Messunsicherheit, 19. und 20. März 2013, Berlin M. Neugebauer 17
5.
Führungsabweichungen, Variante 2: Die Führungsabweichungen ∆FAt1 können nicht ermittelt werden. Zur Ermittlung des Unsicherheitsbeitrages werden die Herstellerspezifikationen FS verwendet. Dabei ist der Erwartungswert und die ihm beigeordnete Unsicherheit zu bestimmen.
Einflussgrößen (3)
Folgende zusätzliche Informationen treffen aber üblicherweise zu: • Die Führungsabw. sind größer als Null, ∆FAt1 > 0. • Die Führungsabw. sind eher an der Spezifikationsgrenze als an Null, ∆FAt1 → FS.
Diese Informationen führen zu einer schiefen Dreieckverteilung der Führungsabw.
Ohne Zusatzinformationen folgt bei Verwendung der Herstellerspezifikationen: • Die Führungsabw. liegen zwischen Null und den spezifizierten Führungsabw., d.h. 0 ≤ ∆FAt1 ≤ FS. • In diesem Bereich sind die Führungsabw. gleich wahrscheinlich.
Diese Informationen führen zu einer Rechteckverteilung der Führungsabw.
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5.
2FS
23FS
Unsicherheitsbeitrag u(∆FAt1)
Erwartungswert
22
2332
+
FSFS
Unsicherheit des Erwartungswertes
Einflussgrößen (4)
22
322
+
FSFS
Rechteckverteilung
32FS
schiefe Dreieckverteilung
32FS
p
FS 0 E[FS]
p
FS 0 E[FS]
Unsicherheitsbeiträge bei FS = 0,3 µm 0,17 µm 0,21 µm
Die Annahme einer Rechteckverteilung führt hier zu geringeren Unsicherheitsbeiträgen. Nach den vorhandenen Informationen ist die Annahme einer Rechteckverteilung aber nicht vertretbar.
Verteilung
Wahrscheinlichkeits- dichtefunktion (PDF)
268. PTB-Seminar Berechnung der Messunsicherheit, 19. und 20. März 2013, Berlin M. Neugebauer 19
5.
Empfindlichkeit des Tastsystems: Die Empfindlichkeit wird nach VDI/VDE 2631-2 mit Vergrößerungsnormalen ermittelt, üblicherweise in eingeschränktem Umfang an einem Punkt der Tasterkennlinie.
Voraussetzungen dafür sind: ein hinreichend lineares Tasterverhalten, die Amplitude der Formabweichungen am Werkstück ist kleiner oder gleich der Formabweichung des Vergrößerungsnormals: FA t ≤ VN.
xVy ⋅= N
relative Varianz: 22
N
N2
)()()(
+
=
xxu
VVu
yyu
y Messwert für das Vergrößerungsnormal VN Größe des Vergrößerungsnormals lt. Kalibrierschein x einheitenlose Anzeige des Messgerätes
Modell:
Einflussgrößen (5)
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5.
Empfindlichkeit des Tastsystems: u(x) wird bestimmt durch die Anzeigeauflösung bzw. Standardabweichung und Drifteffekte. u(x)/x beschreibt quasi das reziproke Signal-Rausch-Verhältnis des Tastsystems.
)(t)t( NN
2 VuVFAFAu =∆Unsicherheitsbeitrag:
Üblicherweise gilt:
es folgt für die relative Varianz:
Bei Übertragung auf Formmessungen an Werkstücken:
Einflussgrößen (6)
N
N)()(VVu
xxu
<<
)()( NN
VuVyyu =
2
N
N2
)()(
=
VVu
yyu
und für die Unsicherheit des Messwertes:
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Einflussgrößen (7) 5.
Thermische Drift ∆FAt3
Verzerrung des erfassten Profils / der erfassten Oberfläche bei Rundheitsmessungen z.T. Korrektur des Schließfehlers Formabweichungen des Messobjektes ∆FAt4
Abweichung der Lage des erfassten Profils von der definierten Lage Abschätzung durch Wiederholmessungen mit Variation der Lage Ausrichtung, Deformation Messobjekt ∆FAt5
Ausrichtung bei Formmessgeräten meist hinreichend genau kann bei kleinen Messobjekten signifikant sein Beschaffenheit des Messobjekts ∆FAt6
Sauberkeit und Beschädigungen u.U. Einschätzung anhand der Profil-/Oberflächenpunkte
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6. Beispiel
Einflussgröße X Symbol x ∆x u (x ) u i(y )µm µm µm µm
Formabweichungen FA t 2.5Anzeige u (FA t*) 0.03empirische Standardabweichung der Anzeige s (FA t) 0.1 0.03Anzahl der Messungen n 10Führungsabweichungen u (∆D 1) 0.26gemessene Führungsabweichungen ∆D 1 0.25empirische Standardabweichung der Anzeige s (∆D 1) 0.05 0.02Anzahl der Messungen p 10Abweichungen Formnormal FN 0.05Standardunsicherheit Formnormal u (FN ) 0.05Tastsystem u (∆D 2) 0.03Wert Vergrößerungsnormal VN 12Standardunsicherheit Vergrößerungsnormal u (VN ) 0.15Thermische Drift u (∆D 3) 0.2 0.06Formabweichung Messobjekt u (∆D 4) 0.2 0.06Ausrichtung, Deformation u (∆D 5) 0.1 0.03Sauberkeit u (∆D 6) 0 0.00kombinierte Standardunsicherheit u c(FA t) 0.28Erweiterungsfaktor k 2Erweiterte Messunsicherheit U (FA t) 0.56
Beispiel für Formmessungen ohne Korrektur der Führungsabweichungen:
268. PTB-Seminar Berechnung der Messunsicherheit, 19. und 20. März 2013, Berlin M. Neugebauer 23
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit