13
17. Jg. / Nr. 4 Dezember 2010 ALFRED KLAHR GESELLSCHAFT MITTEILUNGEN Preis: 1,10 Euro „Burgtheater unter den Kleinkunstbüh- nen“ bezeichnet. 7 Ihre politische Aus- richtung wird in der Literatur als „pro- österreichisch“, „gegen jede Diktatur“, „weitgehend liberal“ und ohne allzu lin- ke Schlagseite beschrieben. 8 Ihr Mitbe- gründer Rudolf Weys charakterisierte sie als „halb links“. 9 Nun existiert über diese Bühne des Bundes junger Autoren Öster- reichs eine reichhaltige Erinnerungs- und Forschungsliteratur, bishin zur ge- nauen Rekonstruktion aller dortigen Aufführungen in der Zeit ihres Beste- hens vom 3. November 1933 bis zum 12. März 1938, unter genauer Auflistung aller mitwirkenden Beteiligten. 10 Nach- dem Busch im Namensverzeichnis der hier wirkenden SchauspielerInnen nicht zu finden war, überkamen mich Zweifel an einem Auftritt des Künstlers in der Literatur am Naschmarkt. Es blieb noch die Möglichkeit, dass Busch nicht im Rahmen des regulären Spielplans auf der Bühne stand, sondern ein kurzfristig an- beraumtes Konzert gab, was jedoch vor dem Hintergrund der politischen Ge- samtsituation im austrofaschistischen Österreich wenig wahrscheinlich erschi- en. Ein Programmzettel einer solchen Veranstaltung, so viel stand fest, hatte sich nicht überliefert. 11 Auch in der Me- moirenliteratur österreichischer Kommu- nistinnen und Kommunisten hat ein Auf- tritt von Ernst Busch in Wien im Jahr 1935, zwei Jahre nach dem Verbot der KPÖ, keinen Niederschlag gefunden. Die kommunistische Rote Fahne und die sozialdemokratische Arbeiter-Zeitung schieden als mögliche Quellen aus, wa- ren doch die Tageszeitungen der Arbei- terInnenparteien zu diesem Zeitpunkt längst verboten. In der illegalen Publizis- tik wiederum spielte eine kontinuierliche Kulturberichterstattung naturgemäß eine untergeordnete Rolle. Sollte Busch tatsächlich in der Litera- tur am Naschmarkt aufgetreten sein, so ließ sich der in Frage kommende Zeit- raum auf Ende September 1935 eingren- zen: Das zehnte Programm der Klein- kunstbühne lief hier – nach Ende der Sommerpause – vom 23. September bis nem Weg nach Moskau machte Busch auch in Wien Station. Unklar ist, ob er sich im Jahr 1935 zum ersten Mal in Wien aufgehalten hat. Busch-Biograph Jochen Voit hält einen Wien-Besuch im Zusammenhang mit seiner Bekannt- schaft mit Hanns Eisler und dessen Schüler Herbert Breth-Mildner bereits vor 1933 für möglich. 2 Fest stehen dürfte aber, dass Busch 1935 zum ersten Mal in Wien auf einer Bühne gestanden ist, wobei dieser Auftritt den Historiker vor nahezu detektivische Anforderungen stellt: Die einzige bisher bekannte Quelle dafür sind Portraitfotos des Künstlers in seinem Nachlass mit der Beschriftung „Wien – auf dem Weg nach Moskau 1935 – Kabarett am Naschmarkt“. 3 Aus- gehend von dieser Bildquelle hat sein nicht näher bestimmter Auftritt im „Ka- barett am Naschmarkt“ den Weg in die Forschungsliteratur genommen. 4 Die Ermittlung der Umstände des Wie- ner Auftritts von Busch, des Veranstal- tungsortes und seine exakte zeitliche Einordnung, gestalteten sich schwierig. In den im Wiener Stadt- und Landes- archiv verwahrten historischen Melde- unterlagen konnte zu Ernst Busch keine Eintragung ermittelt werden. 5 Schon al- lein seine Reiseroute nach Moskau ließ die – offenbar von Busch selbst vorge- nommene – Datierung der genannten Fotos mit „Mai 1935“ unwahrscheinlich, ja unmöglich erscheinen. Im Juni war Busch bei der „Arbeitermusik- und Ge- sangs-Olympiade“ in Straßburg aufge- treten. Nach einer im Sommer beginnen- den „improvisierte(n) Tournee mit Zwi- schenstopps in Amsterdam, Zürich, Wien und Prag“ 6 traf er Anfang Oktober 1935 in Moskau ein. Auszugehen war al- so von einem Aufenthalt in Wien im Spätsommer 1935. Naheliegend war, dass mit dem von Busch so bezeichneten „Kabarett am Naschmarkt“ die Klein- kunstbühne Literatur am Naschmarkt im Café Dobner am Getreidemarkt im sech- sten Wiener Gemeindebezirk gemeint ist. Diese war die berühmteste öster- reichische Kleinkunstbühne der 1930er Jahre und wurde von einem Kritiker als I n diesem Jahr jährte sich zum 110. Mal der Geburtstag und zum 30. Mal der Todestag von Ernst Busch. Der Sänger und Schauspieler gilt als „Jahrhundertphänomen“, „unver- wechselbar und einzigartig“. 1 Vor allem die Kompositionen Hanns Eislers – nach Texten von Brecht, Weinert, Tucholsky und anderen – sind untrennbar mit den Interpretationen Ernst Buschs verbunden. Ihre Lieder gingen um die Welt und sind untrennbarer Bestandteil des kulturellen Erbes der ArbeiterInnenbewegung. In Wien ist Busch vier Mal aufgetre- ten: Ende September 1935 in der Klein- kunstbühne Literatur am Naschmarkt, im Oktober und November 1953 als Semjon Lapkin in der Aufführung von Bertolt Brechts „Die Mutter“ im Neuen Theater in der Scala, am 16. November 1953 in einem Konzert im Sowjetischen Informationszentrum, sowie am 14. De- zember 1958 mit einem Brecht-Pro- gramm im Rahmen eines Gastspiels des Deutschen Theaters Berlin im Wiener Konzerthaus. In der biographischen Lite- ratur über den Künstler werden seine Aufenthalte in der österreichischen Bun- deshauptstadt nur am Rande oder gar nicht erwähnt. Nicht zuletzt aus diesem Grund werden die Wiener Auftritte von Busch im vorliegenden Beitrag sowohl als künstlerische Ereignisse, als auch in ihrem kulturpolitischen und rezeptions- geschichtlichen Kontext dokumentiert. „Außertourliche Nummer“ Ernst Busch gehörte in den Jahren bis 1933 zu den bedeutendsten deutschen Schauspieler- und Sängerpersönlichkei- ten. Er wirkte nicht nur im Theater und Kabarett, im Rundfunk und Film, son- dern trat auch als Sänger in ArbeiterIn- nenversammlungen und politischen Ver- anstaltungen auf. Mit dem Machtantritt der Nazis im Jahr 1933 und der dadurch bedingten Emigration begann für Busch eine Odyssee, die ihn zunächst in die Niederlande und nach Belgien führte, wo er bis 1935 im Rundfunk und in zahlrei- chen Städten bei politischen Versamm- lungen und Konzerten auftrat. Auf sei- Ernst Busch in Wien MANFRED MUGRAUER

Ernst BBusch iin WWien - Alfred Klahr Gesellschaft · Brigadas Internacionales“ auf Schallplat-te auf und brachte Liederbücher heraus. Einige Dutzend Male trat er bei den In-ternationalen

  • Upload
    leduong

  • View
    216

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

17. JJg. // NNr. 44Dezember 22010AALLFFRREEDD KKLLAAHHRR GGEESSEELLLLSSCCHHAAFFTT

MITTEILUNGEN PPrreeiiss:: 11,,1100 EEuurroo

„Burgtheater unter den Kleinkunstbüh-nen“ bezeichnet.7 Ihre politische Aus-richtung wird in der Literatur als „pro-österreichisch“, „gegen jede Diktatur“,„weitgehend liberal“ und ohne allzu lin-ke Schlagseite beschrieben.8 Ihr Mitbe-gründer Rudolf Weys charakterisierte sieals „halb links“.9 Nun existiert über dieseBühne des Bundes junger Autoren Öster-reichs eine reichhaltige Erinnerungs-und Forschungsliteratur, bishin zur ge-nauen Rekonstruktion aller dortigenAufführungen in der Zeit ihres Beste-hens vom 3. November 1933 bis zum12. März 1938, unter genauer Auflistungaller mitwirkenden Beteiligten.10 Nach-dem Busch im Namensverzeichnis derhier wirkenden SchauspielerInnen nichtzu finden war, überkamen mich Zweifelan einem Auftritt des Künstlers in derLiteratur am Naschmarkt. Es blieb nochdie Möglichkeit, dass Busch nicht imRahmen des regulären Spielplans auf derBühne stand, sondern ein kurzfristig an-beraumtes Konzert gab, was jedoch vordem Hintergrund der politischen Ge-samtsituation im austrofaschistischenÖsterreich wenig wahrscheinlich erschi-en. Ein Programmzettel einer solchenVeranstaltung, so viel stand fest, hattesich nicht überliefert.11 Auch in der Me-moirenliteratur österreichischer Kommu-nistinnen und Kommunisten hat ein Auf-tritt von Ernst Busch in Wien im Jahr1935, zwei Jahre nach dem Verbot derKPÖ, keinen Niederschlag gefunden.Die kommunistische Rote Fahne und diesozialdemokratische Arbeiter-Zeitungschieden als mögliche Quellen aus, wa-ren doch die Tageszeitungen der Arbei-terInnenparteien zu diesem Zeitpunktlängst verboten. In der illegalen Publizis-tik wiederum spielte eine kontinuierlicheKulturberichterstattung naturgemäß eineuntergeordnete Rolle.

Sollte Busch tatsächlich in der Litera-tur am Naschmarkt aufgetreten sein, soließ sich der in Frage kommende Zeit-raum auf Ende September 1935 eingren-zen: Das zehnte Programm der Klein-kunstbühne lief hier – nach Ende derSommerpause – vom 23. September bis

nem Weg nach Moskau machte Buschauch in Wien Station. Unklar ist, ob ersich im Jahr 1935 zum ersten Mal inWien aufgehalten hat. Busch-BiographJochen Voit hält einen Wien-Besuch imZusammenhang mit seiner Bekannt-schaft mit Hanns Eisler und dessenSchüler Herbert Breth-Mildner bereitsvor 1933 für möglich.2 Fest stehen dürfteaber, dass Busch 1935 zum ersten Mal inWien auf einer Bühne gestanden ist,wobei dieser Auftritt den Historiker vornahezu detektivische Anforderungenstellt: Die einzige bisher bekannte Quelledafür sind Portraitfotos des Künstlers inseinem Nachlass mit der Beschriftung„Wien – auf dem Weg nach Moskau1935 – Kabarett am Naschmarkt“.3 Aus-gehend von dieser Bildquelle hat seinnicht näher bestimmter Auftritt im „Ka-barett am Naschmarkt“ den Weg in dieForschungsliteratur genommen.4

Die Ermittlung der Umstände des Wie-ner Auftritts von Busch, des Veranstal-tungsortes und seine exakte zeitlicheEinordnung, gestalteten sich schwierig.In den im Wiener Stadt- und Landes-archiv verwahrten historischen Melde-unterlagen konnte zu Ernst Busch keineEintragung ermittelt werden.5 Schon al-lein seine Reiseroute nach Moskau ließdie – offenbar von Busch selbst vorge-nommene – Datierung der genanntenFotos mit „Mai 1935“ unwahrscheinlich,ja unmöglich erscheinen. Im Juni warBusch bei der „Arbeitermusik- und Ge-sangs-Olympiade“ in Straßburg aufge-treten. Nach einer im Sommer beginnen-den „improvisierte(n) Tournee mit Zwi-schenstopps in Amsterdam, Zürich,Wien und Prag“6 traf er Anfang Oktober1935 in Moskau ein. Auszugehen war al-so von einem Aufenthalt in Wien imSpätsommer 1935. Naheliegend war,dass mit dem von Busch so bezeichneten„Kabarett am Naschmarkt“ die Klein-kunstbühne Literatur am Naschmarkt imCafé Dobner am Getreidemarkt im sech-sten Wiener Gemeindebezirk gemeintist. Diese war die berühmteste öster-reichische Kleinkunstbühne der 1930erJahre und wurde von einem Kritiker als

In diesem Jahr jährte sich zum110. Mal der Geburtstag und zum30. Mal der Todestag von Ernst

Busch. Der Sänger und Schauspieler giltals „Jahrhundertphänomen“, „unver-wechselbar und einzigartig“.1 Vor allemdie Kompositionen Hanns Eislers – nachTexten von Brecht, Weinert, Tucholskyund anderen – sind untrennbar mit denInterpretationen Ernst Buschs verbunden.Ihre Lieder gingen um die Welt und sinduntrennbarer Bestandteil des kulturellenErbes der ArbeiterInnenbewegung.

In Wien ist Busch vier Mal aufgetre-ten: Ende September 1935 in der Klein-kunstbühne Literatur am Naschmarkt,im Oktober und November 1953 alsSemjon Lapkin in der Aufführung vonBertolt Brechts „Die Mutter“ im NeuenTheater in der Scala, am 16. November1953 in einem Konzert im SowjetischenInformationszentrum, sowie am 14. De-zember 1958 mit einem Brecht-Pro-gramm im Rahmen eines Gastspiels desDeutschen Theaters Berlin im WienerKonzerthaus. In der biographischen Lite-ratur über den Künstler werden seineAufenthalte in der österreichischen Bun-deshauptstadt nur am Rande oder garnicht erwähnt. Nicht zuletzt aus diesemGrund werden die Wiener Auftritte vonBusch im vorliegenden Beitrag sowohlals künstlerische Ereignisse, als auch inihrem kulturpolitischen und rezeptions-geschichtlichen Kontext dokumentiert.

„„AAuußßeerrttoouurrlliicchhee NNuummmmeerr““Ernst Busch gehörte in den Jahren bis

1933 zu den bedeutendsten deutschenSchauspieler- und Sängerpersönlichkei-ten. Er wirkte nicht nur im Theater undKabarett, im Rundfunk und Film, son-dern trat auch als Sänger in ArbeiterIn-nenversammlungen und politischen Ver-anstaltungen auf. Mit dem Machtantrittder Nazis im Jahr 1933 und der dadurchbedingten Emigration begann für Buscheine Odyssee, die ihn zunächst in dieNiederlande und nach Belgien führte, woer bis 1935 im Rundfunk und in zahlrei-chen Städten bei politischen Versamm-lungen und Konzerten auftrat. Auf sei-

Ernst BBusch iin WWienMANFRED MUGRAUER

22 Beiträge

44//1100

24. November, Busch traf jedoch bereitsAnfang Oktober in Moskau ein. Auf demProgrammzettel dieser Aufführungs-serie12 ist Ernst Busch wie erwähnt nichtzu finden. Blieb noch die zeitgenössischePressekritik: In etwa der Hälfte der inFrage kommenden Zeitungen, etwa derReichspost, dem Kleinen Volksblatt, derKronen-Zeitung, der Stunde, dem Klei-nen Blatt oder der ÖsterreichischenAbendzeitung, findet sich keine Bericht-erstattung über das Herbstprogramm derBühne. Einige Blätter brachten in denTagen vom 28. September bis 5. OktoberBesprechungen des täglich um 20.30 Uhrwiederholten Programms, wobei dieseBerichte in der bürgerlichen Tagespresseinhaltlich sehr knapp gehalten sind. Spe-zialität der Literatur am Naschmarkt wardas so genannte Mittelstück, ein in dasProgramm eingeschobenes kleines Thea-terstück, zumeist ein Einakter. So wurdehier z.B. Jura Soyfers „Der Lechner Edischaut ins Paradies“ uraufgeführt. Daszehnte Programm im Herbst 1935 wurdevon zwei satirischen Szenenfolgen be-stimmt: „Die große Reise des HerrnSoundso und seines Hundes Strups“ desHausdichters Lothar Metzl und „DasMärchen vom Schlaraffenland“ vonRudolf Weys und Adam Quid, eine „uto-pische Satire“,13 die Österreich zumreichsten Erdölland der Erde werdenließ. Hilde Krahl stand im Mittelpunkteiner Neubearbeitung der einaktigenOperette „Liebeslist“ von CharlesLecocq. Das Programm war eine „Ge-mischtwarenliteratur“, eine „sehr bunteVortragsfolge, ernst und heiter, gesun-gen und gesprochen“.14 Neben Krahlwurden in den Kritiken u.a. noch die

wurde. An eine Aufsehen erregende poli-tische Demonstration war vor diesemHintergrund nicht zu denken. In den Jah-ren 1929 bis 1932 war Busch in Berlinnicht nur in Massenversammlungen undkleineren Veranstaltungen vor Arbeite-rInnenpublikum, sondern oftmals auchals Kabarettsänger aufgetreten und hattevor diesem Hintergrund genug Erfah-rung als politischer Kabarettist, um auchunter den Bedingungen der austrofaschi-stischen Diktatur auf einer antifaschi-stisch ausgerichteten Kleinkunstbühnespontan entsprechende Akzente setzenzu können. Zu berücksichtigen ist auch,vor welchem Publikum dieser Auftritt inder Literatur am Naschmarkt stattfand,handelte es sich doch nicht um eineArbeiterInnenveranstaltung: „Ich habeschon manches Publikum erlebt“,schrieb Busch im März 1936 nach einemAuftritt vor Rotarmisten in der Autono-men Sozialistischen Sowjetrepublik derWolgadeutschen: „Berliner Arbeiter, flä-mische Bauern, Sardinenfischer in Nea-pel und Intelligenzler in London, Parisund Wien.“19 Wie die Verbindung vonErnst Busch zu Rudolf Weys zustandekam, lässt sich ebenso wenig klären wiedie Frage, ob dieser Auftritt den Hinter-grund seines Aufenthalts in Wien dar-stellt, oder umgekehrt seine Zwi-schenstation in Wien Anlass bot für einespontane Auftrittsmöglichkeit.

„„KKäämmppffeennddeerr TTrroouubbaaddoouurr ddeerr RReevvoolluuttiioonn““

Ernst Busch hielt sich bis 1937 in Mo-skau auf. Hier gab er zahlreiche Lieder-abende, machte Aufnahmen für Rundfunkund Schallplatte und war „gefeierter Gastauf politischen Veranstaltungen“.20 Beiseinen legendären Auftritten im Moskau-er Klub ausländischer Arbeiter am26. Oktober 1935 und im Kolonnensaalder Moskauer Philharmonie am 10. De-zember 1936 wurde Busch jeweils vomösterreichischen Kommunisten HansHauska am Klavier begleitet.21 Hauskawurde 1901 in der Nähe von Karlsbad ge-boren und lebte ab 1915 in Wien. 1928ging er nach Berlin, wo er ein Jahr späterder KPD beitrat und im Rahmen derAgitpropgruppen Das Rote Sprachrohrund Kolonne links als Pianist und Kom-ponist wirkte. 1931 ging er in die Sowjet-union.22 Bereits im Jahr 1929 hatte Buschin Berlin mit österreichischen Klavierbe-gleitern gearbeitet: Im August und Sep-tember 1929 war der aus Prag stammen-de, nach dem Ersten Weltkrieg in Wienund seit 1928 in Berlin lebende Eisler-Assistent Herbert Breth-Mildner der Kor-

künstlerischen Leistungen von HaraldPeter Gutherz, Walter Engel, OskarWegrostek und August Rieger hervor-gehoben.15 Und dann die Überraschung:Im Neuen Wiener Journal wird in knap-per Form auch Ernst Busch als Solist er-wähnt,16 im liberalen Wiener Tag findetsich gar folgende Einschätzung über dasaus Solonummern, Ensemblekunst undTheater zusammengesetzte neue Pro-gramm der Literatur am Naschmarkt:„Es gab über ein halbes Dutzend interes-sante Darbietungen, den stärksten Beifallaber hatte eine ,außertourliche‘ Nummer:Ernst Busch, der mit fesselnder äußererKühle und innerer Glut moderne Chan-sons in knappen Umrissen aufzubauenund dramatisch zu gestalten wußte.“17

Ernst Busch ist also – „außerhalb“ derregulären Szenenfolge – im Rahmen desohnehin bunten Revueprogramms derLiteratur am Naschmarkt Ende Septem-ber 1935 in Wien aufgetreten. Da Buschnur in zwei Besprechungen vom 29. Sep-tember und 1. Oktober 1935 erwähntwird, nicht jedoch in solchen gleichenDatums und in jenen vom 28. Septemberund 5. Oktober, spricht vieles dafür, dasser wohl nur an einem Abend auf derBühne gestanden ist und die Kritiker derübrigen Zeitungen an anderen Abendendas neue Programm besucht haben. Hu-go Fetting berichtet, dass Busch in Wiennach der Melodie „It’s a long way to tip-perary“ folgende Verse gesungen habe:„Sie ist falsch eingestellt, die deutscheWeiche, / Es sollte nach links gehen, alsdie Fahrt begann. / So kommt im Umwegüber Hitlers Leiche / Der Rote Zug erstmit Verspätung an.“18 Nachdem es sichbei dieser ersten Busch-Biographie indeutscher Sprache um ein durch denKünstler autorisiertes Werk handelt,dürfte wohl Busch selbst diese Informa-tion dem Autor mitgeteilt haben. Welcheweiteren „modernen Chansons“ Buschim Rahmen dieses „außertourlichen“Auftritts dargeboten hat, lässt sich nichtermitteln. Es ist davon auszugehen, dasssein Auftritt im ersten Teil des dreiglie-drigen Programms, in dem Chansons undkurze Szenen im Mittelpunkt standen,stattgefunden hat. Weitgehend auszusch-ließen ist, dass er neben den fixen Pro-grammpunkten „Der Herzensverkäufer“,„Zeitmontage“, „Liebeslist“, „Lothar-kie“ und serbischen Volksliedern Arbei-terkampflieder im Stile seiner BerlinerMassenveranstaltungen zum Besten gab.Busch war 1935 mit Sicherheit auch inÖsterreich schon zu einem Begriff ge-worden, weshalb sein Auftritt von denBehörden wohl aufmerksam beobachtet

Ernst Busch mit Egon Erwin Kisch inMadrid (1937).

Beiträge 33

44//1100

dorthin soll ihn im Frühjahr 1937 überWarschau und Prag auch nach Wien ge-führt haben.27 Ein längerer Zwi-schenstopp in der Bundeshauptstadt istjedoch nicht belegt. Busch gab in Spani-en Konzerte an der Front, Rundfunk-konzerte, nahm die „Canciones de lasBrigadas Internacionales“ auf Schallplat-te auf und brachte Liederbücher heraus.Einige Dutzend Male trat er bei den In-ternationalen Brigaden auf.28 Der öster-reichische Interbrigadist Hans Landauerberichtet, dass Ernst Busch EndeJuli/Anfang August 1937 im Standquar-tier der 11. Brigade in Collado Villalba,wo das österreichische Bataillon umor-ganisiert wurde, einen Liederabend ge-geben hat.29 Als Busch in Benicàssimauftrat, kam er ans Krankenbett des In-terbrigadisten Franz Luda aus Wien, derim Jänner 1937 mit Granatsplitterverlet-zungen am rechten und schweren Erfrie-rungen an beiden Beinen hierher insFrontspital gekommen war. Luda, der alsFahnenträger des Tschapajew-Bataillonsbei einem Sturmangriff am 2. Jänner1937 schwer verwundet worden und beiacht Grad unter Null zwischen den Lini-en liegen geblieben war, schleppte sichmit zwei Beinschüssen tagelang zurück.Ihm mussten beide Beine amputiert wer-den. Vor seinem Liederabend kam Buschzu Luda: „[…] wir saßen an seinem Bettund machten einen Liederabend ganz fürihn, der schöner war als der offizielle“,berichtet die österreichische ÄrztinDr. Fritzi Brauner,30 die als Angehörigeder KPÖ nach Spanien gegangen warund dort im Sanitätsdienst arbeitete. Lu-da wurde im August 1937 nach Paris undvon dort aus in die Sowjetunion evaku-iert, wo er weiterbehandelt wurde undProthesen erhielt.31

Ernst Busch verließ Spanien im Juli1938 Richtung Belgien. Am Tag desdeutschen Einmarsches am 10. Mai 1940wurde er verhaftet und nach Südfrank-reich in die Internierungslager St. Cypri-en und Gurs deportiert. Nach seinerFlucht im Mai 1942 wurde er im Jänner1943 von Gendarmen der Pétain-Regie-rung aufgegriffen, an die Gestapo ausge-liefert und nach Berlin überführt. Hierwurde Busch angeklagt, mit seiner Kunst„für den Kommunismus geworben zuhaben“. Ende April 1945 wurde er vonder Roten Armee aus dem ZuchthausBrandenburg befreit. Busch nahm „unge-brochen und mit seiner ganzen Kraft“wieder die Arbeit auf. Er wurde „in denersten Aufbaujahren insbesondere alsüberzeugender Sänger von politischenLiedern, von Arbeiterkampfliedern, von

Aufbauliedern und Volksliedern in brei-ten Kreisen der Bevölkerung wahr-genommen und gewinnt eine ungemeinePopularität“.32 1946 erteilte ihm die sow-jetische Militärverwaltung die Lizenz zurGründung des Musikverlags Lied derZeit.33 Es begann seine „heroischeZeit“,34 eine Phase großer Schaffenskraft.

Über Buschs Arbeit als Leiter von Liedder Zeit, sowie über seine Aktivitäten alsSchauspieler und Sänger berichtete Bru-no Frei im Frühjahr 1949 in der von derKPÖ herausgegebenen kulturpolitischenZeitschrift Tagebuch.35 Der kommunis-tische Publizist hatte sich im Jänner 1949auf Einladung des Kulturbundes zur de-mokratischen Erneuerung Deutschlandsin Berlin aufgehalten, um dort über daskulturelle Leben in Österreich zu referie-ren. Er nutzte diese Gelegenheit, umErnst Busch zu besuchen, der im West-berliner Stadtteil Wilmersdorf, im briti-schen Sektor, „zwischen Manuskript-mappen, Notenheften und Fotoshauste“.36 Bei dieser Gelegenheit über-gab Busch an Frei ein Foto aus dem Jahr1945, das dieser als „kämpfender Trou-

repetitor von Busch bei der Inszenierungvon Walter Mehrings „Der Kaufmannvon Berlin“ im Nollendorf-Theater vonErwin Piscator. Breth-Mildner begleiteteBusch auch bei seinen ersten BerlinerAuftritten außerhalb des Theaters,23 erstdanach trat Busch mit dem österreichi-schen Komponisten Hanns Eisler auf,den er ebenso 1929 bei den Proben zumTheaterstück „Der Kaufmann von Ber-lin“ kennen gelernt hatte und mit dem ihneine enge, lebenslange Freundschaft ver-band. Busch wurde zum wichtigsten In-terpreten der Kampfmusik und politi-schen Lieder Eislers. Ihre Lieder „gehör-ten zum politischen Tageskampf jenerJahre zwischen 1929 und 1933“.24

Sowohl Hauska als auch Breth-Mild-ner, beide Mitglieder der Kommunis-tischen Partei, wurden in den Jahren desStalin-Terrors Opfer ungerechtfertigterAnschuldigungen und von Verfolgung:Breth-Mildner, der 1931 in die Sowjet-union ging und als Fachmann für Obst-anbau in Mitschurinsk und Maikop ar-beitete, wurde 1938 unter der Anschuldi-gung, Dienstgeheimnisse an die Ameri-kaner verkauft zu haben, verhaftet undim selben Jahr hingerichtet.25 Hauskawurde Ende 1937 in Moskau der Spiona-ge bezichtigt, inhaftiert und nach ein-jähriger Haft nach Deutschland ausge-wiesen, wo er sogleich von der Gestapoverhaftet wurde. Zu eineinhalb JahrenZuchthaus verurteilt, wurde er im Juni1941 entlassen. Im August 1948 kehrteHauska von Ulm nach Wien zurück undarbeitete u.a. als Notenklischeezeichnerund Korrektor bei der Universal-Edition.Er wurde Mitglied der KPÖ und bemüh-te sich offensiv um seine parteimäßigeRehabilitierung. In einem Anfang desJahres 1951 an die KPÖ gerichteten Le-benslauf machte er auch Ernst Busch alsZeugen für seine Angaben namhaft.26

Vor dem Hintergrund der weitgehendenTabuisierung der Verbrechen der Stalin-Zeit stieß Hauska jedoch auf Argwohnund Misstrauen, was im selben Jahr zuseinem Austritt bzw. parallel dazu zu sei-nem Ausschluss aus der Partei führte.Erst nach dem 20. Parteitag der KPdSUwiderfuhr Hauska Gerechtigkeit: 1958erhielt er in der DDR eine Anstellung alsHauptreferent in der Musikabteilung derDeutschen Konzert- und Gastspieldirek-tion und übersiedelte nach Berlin. Nachdem Tod Eislers war er maßgeblich amAufbau des Hanns-Eisler-Archivs derAkademie der Künste beteiligt.

Um auf Seiten der Republik am Bür-gerkrieg teilzunehmen, ging Ernst BuschAnfang 1937 nach Spanien. Seine Reise

Ernst Busch (1945), abgedruckt im Ta-gebuch, März 1949. Auf der RückseiteWidmung für Salomon de Vries jun.

44 Beiträge

44//1100

badour der Revolution“ zunächst demmit ihm befreundeten Salomon de Vriesjun. gewidmet hatte und das nun im Ta-gebuch zum Abdruck gelangte.37 WenigeWochen später, nachdem Busch FreisText erhalten hatte, schloss er einen Briefan Hanns Eisler, der zu diesem Zeitpunktvor seiner Übersiedlung nach Berlin inWien lebte, mit den Worten: „Gruß an Lu[Lou Eisler] und Bruno Frei für seinenSchmonzettenartikel“.38 Frei blieb Buschauch in den Folgejahren freundschaftlichverbunden, wovon sein Glückwunsch-brief anlässlich dessen 70. Geburtstagszeugt: „In meinen Augen bist Du einerder wenigen authentischen Künstler un-serer Kampfgemeinschaft, sicher der mitder größten Zündkraft, was soviel heißtwie der politisch wirksamste“, so Frei imJänner 1970 an den Jubilar.39

GGaassttssppiieell iimm „„NNeeuueenn TThheeaatteerr iinn ddeerr SSccaallaa““Der erste Auftritt von Ernst Busch in

Wien nach Kriegsende fand im Herbst1953 im Rahmen eines Gastspiels desBerliner Ensembles am Neuen Theater inder Scala statt. Die Scala war 1948 nacheinem längeren Vorlauf von kommunis-tischen RemigrantInnen, u.a. von Wolf-gang Heinz, Karl Paryla, Emil Stöhr undGünther Haenel, gegründet worden. Sieverstand sich als volksbildnerische Büh-ne und wurde von der KPÖ finanziell un-terstützt. Das Theater war in den Folge-jahren permanentes Angriffsziel anti-kommunistischer Kampagnen und Diffa-mierungen. Im Zuge der kulturellenWestorientierung reagierte das bürger-liche und sozialdemokratische Establish-ment vor allem mit Boykottmaßnahmenauf diese Theaterneugründung. Obwohlhier Werke der Weltliteratur, der moder-

an Ruth Berlau schrieb Brecht, dass dasEssen in Wien „sensationell“ sei, „sogarBusch frißt“,49 was wohl so zu verstehenist, dass Busch sonst nicht als Gourmetoder Genießer aufgefallen war.

Entsprechende Fühlungnahmen zurAnbahnung des Gastspiels waren bereitsetwa ein Jahr zuvor erfolgt. So wandtesich am 20. Jänner 1953 Lou Eisler mitder Frage an Karl Paryla und WolfgangHeinz, ob es bei den bereits vereinbartenTerminen bleibe. „Busch und Weigelwollen ja unbedingt kommen, sogarBrecht hat Lust dazu geäußert“,50 so Eis-ler, die sich im Dezember 1952 gemein-sam mit ihrem Ehemann in Wien beimVölkerkongress für den Frieden in Wienaufgehalten und zu diesem Anlass offen-bar dahingehende Gespräche geführt hat-te. Mitte März 1953 berichtete die Volks-stimme, das Zentralorgan der KPÖ, dassBrecht mit dem Berliner Ensemble be-reits während der Wiener Festwochen inder Scala gastieren und „Die Mutter“drei Wochen lang zur Aufführung brin-gen werde.51 Aus nicht näher bekanntenGründen verzögerte sich jedoch diesesProjekt. Am 3. September 1953 konnteHeinz schließlich den Vertrag für dieGastinszenierung der „Mutter“ an Brechtübermitteln.52 Kurz vor der Premiereveranstalteten die Theaterfreunde, diePublikumsorganisation der Scala, einenBrecht-Abend, bei dem der Chor vonBrown-Boveri, eines sowjetisch verwal-teten Betriebes, von Hanns Eisler kom-ponierte Lieder sang.53

Helene Weigel verkörperte die Rolleder „Mutter“ Pelagea Wlassowa, jene„einfache Frau aus dem Volke, deren Le-bensweg aus der Schlichtheit des Prole-tarieralltags hinausführt in die stilleGröße bewußten Kämpfertums“,54 ErnstBusch den Semjon Lapkin. Die übrigen35 Rollen wurden mit Ensemblemitglie-dern der Scala besetzt, u.a. mit KarlBachmann, Trude Bechmann, HellaFerstl, Fritz Hofbauer, Mario Kranz,Friedrich Lobe, Erika Pelikowsky, LillySchmuck, Walter Sofka, Peter Sturm undOtto Tausig. Tausig, der den ArbeiterArchip verkörperte, schildert Buschwährend der Probenarbeiten als„schlicht“ und völlig ohne Starallüren.55

Es handelte sich bei der Wiener Auf-führung der „Mutter“ um eine Neuein-studierung der Inszenierung des BerlinerEnsembles aus dem Jänner 1951. DasBühnenbild und die Kostüme (beide vonCaspar Neher) wurden ebenso wie diemusikalische Gestalt aus Berlin über-nommen. Brecht hatte für diese Auf-führung die Figur des Semjon Lapkin, ei-

nen amerikanischen und sowjetischenDramatik gleichermaßen wie Zeitstückeösterreichischer Autoren auf dem Spiel-plan standen, blieb die Scala bis zu ihrerSchließung im Jahr 1956 als kommunis-tisches Propagandatheater stigmatisiert.Die Ensemblemitglieder fanden sich inden Jahren 1953 bis 1955 ebenso wie je-ne KünstlerInnen, die für die RussischeStunde der Ravag oder in den Filmpro-duktionen der Wien-Film am Rosenhügelwirkten, auf „schwarzen Listen“ wiederund waren damit für ein Engagementaußerhalb des kulturellen Einflussberei-ches der sowjetischen Besatzungsmachtund der KPÖ gesperrt.40 Die Scala wurdeso – neben den Auseinandersetzungenüber die kommunistischen Mitglieder imösterreichischen PEN-Club oder der Dif-famierung der österreichischen Friedens-bewegung als kommunistische Tarnorga-nisation – zu einem Hauptschauplatz deskulturellen Kalten Krieges in Österreich.

Aufgrund des Brecht-Boykotts inÖsterreich41 war der Auftritt von ErnstBusch in der Scala in doppelter Hinsichtin diese kulturpolitische Konstellationverstrickt, stand doch mit der „Mutter“eines der Lehrstücke des Dichters aufdem Programm.42 Die künstlerische Ge-samtleitung dieser Aufführung lag beiBertolt Brecht selbst. Fünf Wochen vorder Premiere, am 24. September 1953,traf bereits der Regisseur des BerlinerEnsembles Manfred Wekwerth in Wienein, um die Vorarbeiten aufzunehmen.Wekwerth, der spätere Chefregisseurund Intendant dieses Theaters, leitetenach dem Regiebuch von Brecht unddem Modell des Berliner Ensembles dieersten Proben,43 nachdem der zunächstdafür vorgesehene Egon Monk in denWesten gegangen war.44 Es war diesWekwerths „erste größere Arbeit […]mit Brecht zusammen“.45 Brecht fuhr am15./16. Oktober gemeinsam mit HeleneWeigel und Ernst Busch per Bahn überPrag nach Wien, um die Endproben zuleiten.46 „fahre mit helli nach wien, uman der scala die MUTTER zu inszenie-ren. pension am karlsplatz. wekwerth be-reitete inszenierung vor, ausgezeichnet.die schauspieler der scala gut, aber anpsychologie und diskussion gewöhnt“,notierte Brecht in Wien in sein Arbeits-journal,47 womit er darauf anspielte, dassdie Scala-SchauspielerInnen an der Sta-nislawski-Methode und nicht an Brechts„epischem“ Theaterkonzept geschult wa-ren. In der erwähnten Pension am Karls-platz wohnte auch Busch, während Wek-werth ein billigeres Quartier im zwölftenGemeindebezirk bezog.48 In einem Brief

Beiträge 55

44//1100

nes im Klassenkampf erfahrenen Prole-tariers, neu entwickelt, um Busch, der inder Berliner Uraufführung im Jahr 1932noch Pawel Wlassow verkörpert hatte, indie Einstudierung zu bekommen. Buschsang mit Chor u.a. das „Lied vomFlicken und vom Rock“, das „Lob desLernens“, das „Lob des Revolutionärs“,„Grabrede“, „Die Partei ist in Gefahr“und das „Lob der Dialektik“.56 Brechtwürdigte Busch in seiner Rolle als Sem-jon Lapkin in einem Aufsatz mit demTitel „Der Volksschauspieler ErnstBusch“.57 In einem kurz danach verfas-sten Brief an den Dichter Kurt Barthel(„Kuba“) bezeichnete er Busch als einender „wenigen echten großen Volkskünst-ler, beim Proletariat weit über die Gren-zen Deutschlands hinaus berühmt, fastein Mythos“.58 Insgesamt setzte Busch indiesen Jahren am Berliner Ensemble, amDeutschen Theater und an der Volksbüh-ne Maßstäbe in der Schauspielkunst, u.a.in der Titelrolle in Juri Burjakowskis„Julius Fuèik“, als der Matrose FranzRasch in den „Matrosen von Cattaro“von Friedrich Wolf, als Feldkoch inBrechts „Mutter Courage und ihre Kin-der“, als Jago in Shakespeares „Othello“,als Richter Azdak in Brechts „Der kau-kasische Kreidekreis“, als Mephisto inGoethes „Faust“ oder in der Titelpartievon Brechts „Leben des Galilei“.

Wegen Erkrankung von Helene Wei-gel musste die zunächst am 28. Oktoberangesetzte Premiere der „Mutter“ aufden 31. verschoben werden.59 Brecht warbereits einen Tag zuvor nach Berlinzurückgefahren.60 Die musikalische Lei-tung der Premiere lag bei Gottfried Kas-sowitz, dem Dirigenten der Orchester-konzerte und des Opernstudios der Rus-sischen Stunde der Ravag, der auch alsLehrer an der Kapellmeisterschule derWiener Musikakademie wirkte und auf-grund seines Engagements in der Frie-densbewegung der KPÖ nahe stand. Beiden Proben war auch Hanns Eisler anwe-send gewesen. Die Chöre studierte KarlHeinz Füssl ein,61 der die Musik zur„Mutter“ in der Volksstimme als „ein be-deutendes und (leider) einmaliges Werkunserer Zeit“ würdigte.62

Die konservative österreichische Pres-se reagierte auf die Premiere wie auf dasWerk insgesamt ablehnend. Die von derÖVP herausgegebene Neue Wiener Ta-geszeitung wertete das Revolutionsstückals unzeitgemäße „politische Propagan-da, die nicht gewahrt, daß die Scheibegewechselt hat, auf die sie schießt“. AufKritik stieß hier auch die „hämmerndeMusik von Hanns Eisler mit ihren gifti-

gen Tönen“, die „ein übriges (tut), denHaß recht zu schüren“.63 Die katholischeWochenzeitung Furche prangerte die„Primitivität der Thesen Pelagea Wlas-sowas an“, deren Gestalt „ganz hinterdem Gedanken der Revolution“ zurück-trete und sie damit zum „anonymenMaulwurf“ werde.64 Seine ideologischenScheuklappen hielten den Rezensentendavon ab, gerade Brechts „Mutter“ – ei-ne Arbeiterfrau, die zunächst weder le-sen noch schreiben kann, dann jedochbewusst den revolutionären Weg be-schreitet – als Beispiel dafür zu werten,dass der Mensch durch Erkenntnis seinerLage seine Lebenswelt, wie die gesell-schaftlichen Zustände insgesamt, durchpraktisches Handeln verändern und ver-bessern könne. Eine ähnliche, ideolo-gisch motivierte Abwertung erfuhr dasStück in der Wiener Zeitung, dem Amts-blatt der Republik: Der Autor habe „aufseine bekannte, bewußt primitivistischeliterarische Manier ein kommunistisches,Lehrstück‘“ geformt, „dessen stark ent-fleischte Figuren sich ausschließlich inmarxistischer Dialektik und papierenenSongs ergehen, daher nur wie wandelndeTheoreme wirken“. Es habe sich deshalbbei der Aufführung „ausschließlich umpolitische Propaganda mit dem unver-hüllten Bekenntnis zum Totalitarismus“gehandelt.65 Die OberösterreichischenNachrichten wiederum bezweifelten daspolitische Echo dieser auf eine Aktivie-rung des Publikums abzielenden Gestal-tung des proletarischen Klassenkampfes:Die Reaktion des Publikums sei „lahm“gewesen, „wenn man von den in bewähr-

ter Tradition organisierten ,Applaus-Kommandos‘ absieht, und von politi-scher Erregung unter den Zuschauernwar nicht das Geringste zu spüren“.66

Allein im Dreiparteienorgan NeuesÖsterreich wurde das Stück nach seinemkünstlerischen Gehalt bewertet und die„grandiose Darstellung“ der „Mutter“durch Helene Weigel hervorgehoben.67

Die Kritiker der Arbeiter-Zeitung, derkonservativen Presse, der SPÖ-nahenWeltpresse und des von der US-amerika-nischen Besatzungsmacht herausgegebe-nen Wiener Kuriers ignorierten die in derVolksstimme „als bedeutsamstesTheaterereignis in Wien seit 1945“68

charakterisierte Aufführung. Heute wird„Die Mutter“ im Neuen Theater in derScala als „Wiener theatergeschichtlicherMeilenstein eingeschätzt“.69

Allgemeiner Hintergrund der Ableh-nung bzw. des Boykotts der Aufführungdurch die etablierte Kritik ist neben derantikommunistischen Grundstimmungund der allgemeinen Anti-Scala-Kampa-gne dieser Jahre die politisch motivierteVerbannung Bertolt Brechts aus demösterreichischen Kulturleben. „Die Mut-ter“ wurde im Herbst 1953 am erstenHöhepunkt des Brecht-Boykotts darge-boten. Wie so oft in den Jahren des kal-ten Kulturkrieges nahm die Arbeiter-Zei-tung hierbei eine führende Rolle ein:Nach den Unruhen des 17. Juni 1953 inBerlin wurde Brecht, der sich öffentlichauf die Seite der SED gestellt hatte, als„Leichenschänder“ diffamiert, der die„Niederknüppelung der Freiheiten“ ge-priesen und sich mit Arbeitermördern

„Die Mutter“ im Neuen Theater in der Scala, von links: Erika Pelikowsky, AlfonsLipp, Helene Weigel, (?), Peter Sturm, Ernst Busch und Otto Tausig.

66 Beiträge

44//1100

solidarisiert hätte: „Er kotzt die gleicheekelerregende Speichelleckerspracheaus, mit der die Kommunisten aller Län-der die Hingemordeten des ostdeutschenFreiheitskampfes besudelt haben [...]“,so der Kulturkritiker Felix Hubalek, ei-ner der Hauptprotagonisten des „totalenAntikommunismus“,70 im sozialdemo-kratischen Zentralorgan.71 Die WienerTageszeitung wiederum versuchte,Brecht im Vorfeld der Aufführung als„Repräsentanten ostzonaler Geisteshal-tung“ abzuqualifizieren.72

In der kommunistischen und Partei-na-hen Presse wurde die Scala-Aufführungder „Mutter“ mit Begeisterung aufge-nommen: Die Volksstimme charakteri-sierte Brecht als „den größten lebendenDramatiker und Lyriker, der gegenwärtigin deutscher Sprache dichtet“ und wür-digte die Regie von Wekwerth nach demModell des Berliner Ensembles als eine„Revolte gegen die traditionelle Drama-tik und Regiekunst, die zur Diskussionanregt“. Was der bürgerlichen Kritik alsplumpe Propaganda erschien, wurde vonRichard Neumann in seiner umfangrei-chen Besprechung als „Einheit des Agi-tatorischen und Künstlerischen“erkannt.73 Peter Loos stellte im Abendden Lehrstückcharakter in den Mittel-punkt und umriss das Stück als einKunstwerk „mit politischem Dynamitgeladen“. Es sei ein Werk, „das geholfenhat und hilft, die Welt zu verändern“.74

Neben Helene Weigel stand Ernst Buschim Mittelpunkt der Aufmerksamkeit: Ihn„kennen und schätzen wir von denSchallplatten her. Daß er auch in naturaeine so schöne, kräftige Stimme hat miteiner so einprägsamen Diktion, wird jetztzum unmittelbaren Erlebnis eines zu-tiefst ergriffenen Publikums“, so MartinRathsprecher, vormaliger Dramaturg undDirektor der Scala, im Tagebuch.75 Erhabe dem Mechaniker Semjon Lapkin„scharfe eindringliche Konturen“ verlie-hen, so Richard Hoffmann in der Öster-reichischen Zeitung,76 und mit seinemWort und Gesang das Publikum „imSturm erobert“, wie die kommunistischeWoche berichtete.77 Er sang „die Liedermit jener metallenen, prägnanten undvom Herzen kommenden Stimme, dieaufwühlt und aufweckt“, schrieb OskarWiesflecker im Neuen Vorwärts, demOrgan der linkssozialistischen Sozialisti-schen Arbeiterpartei (SAP), einemBündnispartner der KPÖ.78 Busch sei alsSemjon Lapkin „ein prächtiger Proleten-typ, ein vorbildlicher Schauspieler undein hinreißender Sänger, ausgestattet miteiner metallisch klingenden Stimme“, so

Volksstimme-Kulturredakteur Neumann,der auch Helene Weigel als „ein unver-gleichliches künstlerisches Erlebnis“ be-schrieb: „In dieser Schauspielerin trium-phiert die große Kunst der Einfachheit.“79

In der Zeitung der DemokratischenUnion, die mit der KPÖ im Rahmen desWahlbündnisses Österreichische Volks-opposition zusammen arbeitete, wurdedie Aufführung als „der Höhepunkt zu-mindest der bisherigen Theatersaison“eingeschätzt.80 Dass Busch im Bildtextder Stimme der Frau, der Zeitschrift desKPÖ-nahen Bundes demokratischerFrauen, als „der berühmte Sänger derBrechtschen Arbeiterlieder Wilhelm [!]Busch“ Erwähnung fand, sei hier als Ku-riosum angeführt.81

Am 22. November 1953, drei Wochennach der Premiere, fand in der Scala dieletzte Vorstellung der „Mutter“ statt.Laut Verlautbarungen in der kommunis-tischen Presse war eine Prolongierungdes Gastspiels nicht möglich, „da diebeiden in Hauptrollen beschäftigten Ber-liner Gäste Helene Weigel und ErnstBusch anderwärtigen Verpflichtungennachkommen müssen“.82 Konkret ginges dabei um Buschs Engagement alsAzdak in Brechts „Der kaukasischeKreidekreis“ am Berliner Ensemble, fürden am 17. November bereits die Probenbegonnen hatten.83

KKoonnzzeerrtt iimm „„SSoowwjjeettiisscchheenn IInnffoorrmmaattiioonnsszzeennttrruumm““

Bemerkenswert ist, dass Busch imRahmen seines Wiener Aufenthalts am16. November 1953 auch ein Konzertgab. Busch war ab 1946 auch wieder alsSänger und Rezitator aufgetreten, im Zu-ge der Anfang der 1950er Jahre in derDDR anlaufenden Realismus-Formalis-mus-Debatte geriet jedoch auch er insBlickfeld der Kritik. Man warf ihm dieVerwendung von Jazzrhythmen in Songsgegen den Korea-Krieg vor, seine po-pulären Arbeiterkampflieder wurden imZuge der allgemeinen Vernachlässigungder revolutionär-proletarischen Kunsttra-dition als „Proletkult“ abgewertet.Buschs Liedkunst wurde „ausrangiert“,84

im Rundfunk wurde er nicht mehr gesen-det, seine Platten wurden aus den Ge-schäften zurückgezogen. Ab 1951 tratBusch mehrere Jahre lang nicht mehr alsSänger auf und konzentrierte sich ganzauf seine schauspielerische Arbeit. Vordiesem Hintergrund beklagte der Schrift-steller Willi Bredel Ende des Jahres1954, dass Busch „seit einigen Jahren[…] verstummt“ sei. „Wir haben ein An-recht darauf, ihn singen zu hören, und

wir wollen ihn hören“, schrieb derSchriftsteller in der kulturpolitischenZeitschrift Sonntag.85 Hinzu kamen Aus-einandersetzungen von Ernst Busch mit„seiner“ Partei, der SED, der er seit ihrerGründung im Juni 1946 bzw. seit seinemBeitritt zur KPD im August 1945 an-gehörte. Aus verschiedenen Gründen en-dete im September 1952 seine (für alleMitglieder obligatorische) Parteiüber-prüfung ohne Ergebnis. 1953 lief dieÜberführung der Lied der Zeit in Volks-eigentum und Buschs Abwicklung alsDirektor „kaum in freundschaftlicher At-mosphäre und in vollem Einverständnis“ab. Busch erhielt im Zuge des Umtau-sches der Parteidokumente kein neuesMitgliedsbuch, weshalb seine Mitglied-schaft ab 1953 ruhte. Seit den frühen1960er Jahren, nachdem sich Busch vonder Theaterbühne zurückgezogen hatte,wurden ihm im Rahmen der Akademieder Künste große materielle Mittel zurVerfügung gestellt, um sein Lebenspro-jekt, die Reihe „Aurora“, eine „Chronikin Liedern, Balladen und Kantaten ausder ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts“zu realisieren, worin auch der Wunschder SED zum Ausdruck kam, „einzulen-ken und zu normalisieren“.86 Busch kon-zentrierte sich fortan ganz auf die Schall-plattenproduktion. Es entstanden so über200 Lieder auf knapp 50 Schallplatten,die „zum kostbarsten Besitz der sozialis-tischen Kunst […] der Welt des Fort-schritts“ gehören.87 Im Juni 1972 erfolgtemit der Verleihung des Lenin-Friedens-preises seine „stillschweigende, unspek-takuläre Rehabilitierung“.88 In diesemZuge soll Busch auch ein neues Partei-dokument entgegen genommen haben.89

Das „große Ernst-Busch-Konzert“90 imSowjetischen Informationszentrum(„Porr-Haus“) in der Treitlstraße im vier-ten Wiener Gemeindebezirk fiel damit ineine Periode, in der Busch in der DDRals Sänger öffentlich nicht in Erschei-nung getreten ist. Im Zentralorgan derKPÖ war zunächst sogar zu lesen, dassBusch anlässlich seines Gastspiels in derScala „in den kommenden Wochen inzahlreichen Betrieben auftreten“ wer-de,91 was aber offenbar nicht der Fallwar. Jedenfalls sind keine Berichte darü-ber überliefert. Veranstaltet wurde dasKonzert vom Sowjetischen Informations-zentrum gemeinsam mit der RussischenStunde der Ravag, die es am 10. Dezem-ber 1953 in einer Teilübertragung sende-te.92 Das Informationszentrum war imSeptember 1950 eröffnet worden und botneben populärwissenschaftlichen Vorträ-gen, Ausstellungen, Film- und Theater-

Beiträge 77

44//1100

vorführungen auch musikalische Darbie-tungen. Das Radioprogramm RussischeStunde wurde unter sowjetischer Leitungvom Sender Wien der Ravag, des öster-reichischen Rundfunks, ausgestrahlt.Das Konzert ist offenbar improvisiert an-beraumt worden, findet sich doch imMonatsprogramm des SowjetischenInformationszentrums vom Novemberund auch im wenige Tage zuvor veröf-fentlichten Wochenplan keine Ankündi-gung.93 Manfred Wekwerth hat mir be-stätigt, dass der Liederabend – auf eineIdee von Busch hin – kurzfristig ange-setzt worden ist.94 Darauf deutet auchhin, dass er an einem Montag stattfand,also an einem Tag, der sonst im „Porr-Haus“ spielfrei war. Am 14. November,zwei Tage vor dem Konzert, schicktenBusch und seine ihn begleitende Lebens-gefährtin Margarete („Tete“) Körting ei-ne Postkarte an den Publizisten und Ver-leger Wieland Herzfelde, in der sie ihnüber den bevorstehenden Auftritt infor-mierten. „Die Mutter“ schätzten sie hier-in als „großen Premierenerfolg“ ein.95

Trude Bechmann, die als Schauspiele-rin in der Scala tätig war und später indie DDR ging, machte im Vorfeld desKonzerts darauf aufmerksam, dass dieStimme von Ernst Busch im Jahr 1943 inder deutschsprachigen Sendung von Ra-dio Moskau erklungen war, die in Öster-reich illegal empfangen werden konnte:„Die Stimme, die durchs Leben der Ar-beiterschaft klang hier und dort in all denLändern, in denen arbeitende Menschenum Brot und Arbeit kämpften, dieseStimme ließ uns nicht allein im Kampfgegen den Faschismus. Sie hielt zu uns.Sie war da. Die Stimme von Ernst Buschrief uns auf, ermutigte uns [...]“, soBechmann über „die Stimme des un-sichtbaren Sängers, der uns nun sichtbargeworden ist“.96 Am Tag des Konzertserreichte Busch auch ein Schreiben eines1927 der KPÖ beigetretenen kommunis-tischen Polizeibeamten, der ihm von sei-ner frühen Begegnung mit KampfliedernBuschs in der Ersten Republik berichte-te: „Unsere Herzen schlugen flammend,mit noch mehr Kraft und voller Schwungstürzten wir uns in die Arbeit“, so KarlLöb, der Busch „mit heißen Kampfes-grüßen und Dank“ begrüßte.97 Nicht aus-zuschließen ist, dass Schallplatten vonErnst Busch auch in Österreich währendder Zeit des Faschismus illegal gehörtworden sind. Nach 1945 waren die vonBusch gesungenen Lieder, vor allem sei-ne antifaschistischen und Spanienlieder,fixer Bestandteil der Kultur österreichi-scher KommunistInnen. Die Kampflie-

der der ArbeiterInnen-klasse waren und sindauch hierzulande un-trennbar mit dem Na-men Ernst Busch ver-bunden.

Neben Busch wirkteam Konzert im „Porr-Haus“ der Schauspie-ler und Direktor derScala Wolfgang Heinzmit.98 Zu Beginn derVeranstaltung stellteHeinz den rund 500ZuhörerInnen Buschdurch Konstantin Si-monows Gedicht „EinDeutscher“ vor. Da-nach sang Busch vorallem von Hanns Eis-ler vertonte Lieder, dieEisler zum Teil fürBusch, der für ihn „dassingende Herz derArbeiterklasse“99 ver-körperte, komponierthatte. Der Abend standso ganz im Zeichendieser beispiellosenKünstlerbeziehung.Am Flügel wurdeBusch von Karl HeinzFüssl, am Akkordeon von Rolf Truxa be-gleitet. Der später als Komponist be-kannte Füssl war 1950 der KPÖ bei-getreten und arbeitete in den Jahren1952/53 als musikalischer Leiter des Ka-baretts und Theaters im SowjetischenInformationszentrum.100 Im Unterschiedzur Aufführung der „Mutter“ in derScala stieß das Konzert nur in der kom-munistischen Presse auf Resonanz. Sowar in der Welt-Illustrierten, derWochenbeilage der von der sowjetischenBesatzungsmacht herausgegebenenÖsterreichischen Zeitung, zu lesen, dassder „revolutionäre deutsche Arbeitersän-ger Ernst Busch […] die Zuhörer zu Be-geisterungsstürmen“ hingerissen habe.101

In der sozialdemokratischen und bürger-lichen Presse wurde über diesen Auftrittvon Busch nicht berichtet.

Zur Begrüßung sang Busch das Lied„Deutschland“ aus den „Neuen Deut-schen Volksliedern“ von Johannes R.Becher und Hanns Eisler. Es folgten Lie-der aus der Zeit der Weltwirtschaftskrise,des heraufbrechenden Faschismus unddes antifaschistischen Widerstandes, u.a.das „Stempellied“, das „Einheitsfront-lied“, das „Lied der Moorsoldaten“ undpopuläre Lieder aus dem Spanienkriegwie die „Thälmann-Kolonne“ und „Am

Rio Jarama“. Der erste Teil wurde abge-schlossen mit der „Ballade vom NegerJim“, der „Ballade von den Säcke-schmeißern“ und Liedern gegen den US-Imperialismus, u.a. das selbst verfasste„No, Susanna“, das sich gegen die Wie-deraufrüstung Deutschlands wandte.„[…] immer ergriff es die atemlos lau-schenden Zuhörer dadurch am stärksten,daß sie den Hauch echten Erlebnissesund das persönliche Bekenntnis zur welt-verbindenden Sache des Proletariats ver-spürten, das hier auf packende Weise ab-gegeben wurde“, so die ÖsterreichischeZeitung über den „Interpreten vonKampfliedern und Chansons der interna-tionalen Arbeiterbewegung“. Im zweitenTeil erklangen „Lieder vom Kampf undSieg der Sowjetunion“, u.a. „Tschapa-jews Tod“ und „Lenin“ aus den „NeuenDeutschen Volksliedern“. WolfgangHeinz rezitierte Majakowskis „LinkenMarsch“. Das Programm wurde mit Lie-dern der internationalen Friedensbewe-gung, wie „Frieden der Welt“ von Dmi-trij Schostakowitsch und Eislers „Frie-denslied“ (Text von Bertolt Brecht nachPablo Neruda) fortgesetzt. Nach weite-ren Eisler-Liedern aus dem „neuenDeutschland“ nach Gedichten vonBrecht, u.a. „Die Pappel am Karlsplatz“

Ernst Busch in Wien (November 1953)

88 Beiträge

44//1100

und „Anmut sparet nicht noch Mühe“(Kinderhymne), sang Busch zum Ab-schluss Louis Fürnbergs „Was ich singe,sing’ ich den Genossen“, danach folgte„nicht enden wollender, durch mehrereZugaben belohnter Applaus“.102 „DasPublikum singt mit, singt ihm zu. SeinBegleiter Karl Heinz Füssl sitzt gar nichtmehr am Klavier, Wolfgang Heinz, derin großartiger Ergänzung Majakowskyund Simonow las, hat auch schon dieBühne verlassen – niemand glaubt mehr,daß er noch singen wird – und trotzdemKlatschen, Rufen, Schreien – man willihn ja nur noch einmal sehen. Ihm zei-gen, wie dankbar man ist für diesenAbend, wie stolz, daß er zu uns gehört!“,berichtete der Theaterkritiker Peter Loosim kommunistischen Abend.103 In derVolksstimme würdigte der Komponistund Musikkritiker Marcel Rubin Buschals „ein Stück internationaler Arbeiter-bewegung“ und charakterisierte dasKonzert demgemäß als „eine kleine klin-gende Geschichte der internationalenArbeiterbewegung“.104

Von der großen Bedeutung dieses Kon-zerts für die Kulturpolitik der KPÖ zeugtdie Tatsache, dass die Volksstimme weni-ge Tage später eine zweite Hommage anBusch aus der Feder von Eva Priesterbrachte: „Nur eine menschliche Stimmekann das alles, und nur eine menschlicheStimme kann jene, die sie gehört haben,noch lange danach an den kalten Winter-tagen so mit Wärme erfüllen. Es ist dieseStimme, der wir danken, die Stimme ei-nes deutschen Arbeiters, der ein Sängerwurde und dabei niemals aufhörte, einArbeiter zu sein – deine Stimme, Genos-se Ernst Busch“, so die kommunistischeJournalistin. Die Menschen seien imüberfüllten Saal nach dem Konzert noch20 Minuten lang „beifallklatschend undrufend gestanden“. Busch wurde „immerund immer wieder vor den Vorhang ge-holt“ und wurde „gezwungen, ein Liednach dem anderen dazuzugeben“. Insge-samt dauerte das Konzert zweieinhalbStunden, wobei Busch dem Publikum„Glanz und Glorie der großen weltum-wandelnden Bewegung, die man Arbei-terbewegung nennt“, näher gebracht ha-be, „das Glück und die Herrlichkeit, die-ser Bewegung angehören zu dürfen“.105

IImm ZZiisstteerrssddoorrffeerr EErrddööllggeebbiieettErnst Busch nutzte seinen Wiener Auf-

enthalt im Herbst 1953 auch dazu, dasZistersdorfer Erdölgebiet zu besuchen.Die dortigen Ölquellen waren im Juli1946 von der sowjetischen Besatzungs-macht – nach erfolglosen Verhandlungen

mit der österreichischen Regierung überein bilaterales Abkommen – als „Deut-sches Eigentum“ beschlagnahmt worden.Die Betriebe der Sowjetischen Mine-ralölverwaltung (SMV) boten fortangroße Entwicklungsmöglichkeiten fürdie KPÖ: Sie wurden neben den USIA-Betrieben zu einem Hauptzentrum derParteiarbeit. Hintergrund dieses Aus-flugs von Busch war die bevorstehendePremiere des Schauspiels „Das tote Tal“des sowjetischen Dramatikers AlexanderKron am Deutschen Theater in Berlin.Hauptthema dieses unter den Erdölarbei-tern von Baku im Wüstengebiet Aser-baidschans spielenden Werkes, das ansowjetischen Bühnen viel gespielt wurde,ist die Formierung des neuen sozialis-tischen Menschen im Arbeitsprozess.Busch spielte bei der deutschen Urauf-führung des Schauspiels am 17. Dezem-ber 1953 die Rolle des ChefingenieursAlexander Majorow, der fähig ist, einKollektiv zu formen und Persönlich-keiten heranzubilden.106

Busch besuchte nun die Bohrung 100des Förderbetriebs Mühlberg im nieder-österreichischen Bezirk Gänserndorf,führte Gespräche mit dem Abteilungslei-ter, dem Obermeister und zwei Ingenieu-ren und konnte dabei „die praktische Ar-beit am Bohrturm und eine Menge Fach-ausdrücke kennenlernen“, wie in derWochenzeitschrift des Zentralbetriebs-rats der Erdölarbeiter über den Besuchdes „Arbeitersängers“ zu lesen war. Eswurden dabei auch drei Fachausdrückeim Rollenbuch ausgetauscht, z.B. „Ab-weichung“ statt „Knickung“: „Von der,Bühne‘ des Bohrturms wird also dieArbeit naturgetreu abgepaust und auf dieBühne des Theaters übertragen.“ Auf dieFrage, ob es auch in der Hauptstadt derDDR eine Theaterkrise gebe, antworteteBusch: „Kulturgroschen107 brauchen wirkeenen, denn bei uns verdienen auch dieArbeiter so viel, daß sie sich und ihrerFamilie öfter einen Theaterbesuch leistenkönnen. Manche Stücke müssen wirmehr als hundertmal aufführen, damit wirzumindest die Abonnenten versorgenkönnen. Einige Stücke sind so beliebt,daß sie schon drei bis vier Jahre ununter-brochen auf dem Programm stehen.“ Vordem Hintergrund der angesprochenen po-litischen Probleme mit der SED-Bürokra-tie ist folgende, im Bildtext der Reporta-ge zitierte Aussage des Künstlers von be-sonderem Interesse: „,Jetzt erst weiß ich‘,meinte Ernst Busch […] auf dem Mühl-berg, ,daß es auf der ganzen Welt keinschnurgerades Bohrloch gibt. So hat auchjeder Mensch dann und wann seine ,Ab-

weichungen‘, und es kommt nur daraufan, ob er den Willen hat, wieder ,auf dieGerade‘ zurückzufinden!‘“108

BBrreecchhtt-MMaattiinneeee iimm WWiieenneerr KKoonnzzeerrtthhaauuss

Der vierte und letzte öffentliche Auf-tritt von Ernst Busch in Wien fand imDezember 1958 im Rahmen eines Gast-spiels des Deutschen Theaters Berlin imWiener Konzerthaus statt. Am Pro-gramm stand die Brecht-Matinee mitdem Titel „Lieder. Gedichte. Geschich-ten“, die am 10. Februar 1957 in Berlinerstmals aufgeführt worden war. ZweiWochen zuvor, am 27. Jänner, hatte dasDeutsche Theater bereits eine Tuchols-ky-Matinee veranstaltet, die „nach lan-gen Jahren des Schweigens“ als erstesöffentliches Auftreten des Sängers ge-wertet werden kann. Im Mittelpunkt die-ses Programms standen die Tucholsky-Vertonungen von Hanns Eisler, die die-ser im Oktober 1956 komponiert hatte.109

In beiden Programmen stand nebenBusch Gisela May auf der Bühne, dieBusch auch bei Auslandsgastspielen desDeutschen Theaters in zahlreiche eu-ropäische Metropolen begleitete. So gin-gen dem Wiener Brecht-Abend entspre-chende Auftritte im Mai und Juni inBrüssel, Stuttgart und Mailand im Gero-lamo-Theater, sowie wenige Tage zuvoram 11. Dezember im Teatro Quirino inRom voraus. Bis Jänner 1959 wurde dieTournee in Hamburg, Kiel und Schles-wig fortgesetzt. Im November 1959 folg-te ein Auftritt mit demselben Programmim Kammermusiksaal der Royal FestivalHall in London. Ende 1960 schloss sicheine Gastspielreise mit dem Brecht-Pro-gramm nach Warschau, Helsinki, Stock-holm und Lund an. Ein letztes Mal wur-de dieses Programm am 3. September1962 im Ausland in Prag dargeboten.110

Veranstaltet wurde die Matinee vonder Wiener Konzertdirektion Cieplik, derentsprechende organisatorische Vorlaufdürfte jedoch über die KPÖ gelaufensein. „Die Veranstaltung wird durch eineKonzertagentur gemacht, doch soll einTeil der Karten durch uns vertriebenwerden“, so der Beschluss des Politi-schen Büros der KPÖ vom 13. Novem-ber 1958 über die „Matinee des Gen.Wolfgang Heinz und einer Gruppe desdeutschen Theaters, Berlin“. Heinz, bis1956 Direkter des Neuen Theaters in derScala, war nach der Schließung des Hau-ses in die DDR gegangen. Für die Vorbe-reitung wurde die Mitarbeiterin des Kul-turreferats der Partei, Nelly Bohl, verant-wortlich gemacht.111 Bereits vor der

Beiträge 99

44//1100

die Berliner KünstlerInnen im Vorfelddes Konzerts als „Stoßtrupp des Ost-Ber-liner Staatstheaters“ verunglimpft, der„Lieder und Prosatexte des StalinistenBrecht zum Zweck des Nachweises“ ex-portiere, „daß Kunst nichts mit Politik zutun habe und daß Brecht ein Dichter sei“.Dem „rührigen“ Konzertdirektor Cieplikwurde empfohlen, für die eben affichier-ten Plakate einen Klebezettel „Abgesagt“drucken zu lassen.116 Eine Zeitung derÖVP nutzte das in ihren Augen „makabreGastspiel“ zur Mutmaßung, dass diesesgar nicht stattgefunden hätte, hätte Brechtein Jahr länger gelebt, „denn die Reakti-on des Dichters auf die ungarische Tragö-die wäre wahrscheinlich kaum im Sinnedes Kremls ausgefallen“. Gleichermaßenkritisiert wurden die „erschütterndschwachen, mittelmäßig flachen Songs“der letzten Schaffensperiode vonBrecht.117 Dieselbe offen Brecht-feindli-che Tendenz kam im Express zum Aus-druck, der die „graue Trostlosigkeit ver-alteter Kampflieder“ von Eisler/Brechtkritisierte und empfahl, auch über die„monströse ,Gesinnungslyrik‘ der Nach-kriegszeit […] lieber gleich mit demSchwamm der Tafelklasse (zu) wischen“.Die „ostdeutschen Propagandisten“ hät-ten „die Auswahl aus seinen Werken nurnach den Schlagworten, die ihren partei-geschulten Ohren am besten gefallen“,getroffen. Besonderen Anstoß erregte beidieser Boulevardzeitung der Auftritt vonBusch: „Drei Viertel des Abends langkonnte man sich den Kopf darüber zer-brechen, warum Ernst Busch in Ostberlinwohl als Brecht-Chanson-Spezialist gilt.

Vielleicht, weil er zu Hanns Eisler infer-nalischer Musik (die schrecklich moderntut, aber doch nur ein sehr schwacherKurt-Weill-Aufguß ist) auf dem Podiummitmarschiert? Oder weil er bei seinenDraufgaben von ,Arbeitereinheitsfront‘und ,Solidarität‘ das Publikum, wie beieiner Parteifeier, zum Mitsingen auffor-dert?“,118 so die Entrüstung darüber, dassBusch als singender Schauspieler dieGrenzen des bürgerlichen Kunstbetriebsgesprengt und das Publikum aus seinerrein passiv konsumierenden Haltung her-ausgerissen hatte.

Auch beim Konzertveranstalter, TheoCieplik, war der kämpferische Auftrittvon Ernst Busch, vor allem seine Wahlder beiden Zugaben – das populäre „Ein-heitsfrontlied“ und das „Solidaritätslied“von Brecht/Eisler –, auf wenig Gegenlie-be gestoßen. Cieplik machte seinem Un-mut in einem Schreiben an Walter Kohls,den Verwaltungsdirektor des DeutschenTheaters, Luft: „Das Programm als sol-ches hat […] ein starkes Interesse gefun-den, nicht nur weil BERT BRECHT beiuns ziemlich selten am Programm steht,sondern auch weil man sich von IhrenKünstlern, die ja mit dem Dichter innäherem Kontakt standen, Besonderesund Authentisches inbezug auf die Inter-pretationen versprach.“ Wolfgang Heinzsei „nach langer Abwesenheit hier wie-der freudigst begrüßt“ worden, „denn ererfreute sich hier ja bei weitesten Krei-sen großer Beliebtheit. / Das Programmgab einen aufschlußreichen Einblick indas Schaffen des Dichters und machtezweifellos einen starken Eindruck auf

Erstaufführung der Berliner Brecht-Matinee hatte sich die Kulturabteilungdes Zentralkomitees der KPÖ im Sep-tember 1956 an Ernst Busch, Hanns Eis-ler und Helene Weigel gewendet, umnach dem Tod des Dichters eine „würdi-ge Bert Brecht-Feier“ Ende Novemberoder Anfang Dezember dieses Jahres inWien ausrichten zu können. Eisler hättebei dieser Gelegenheit Busch am Klavierbegleiten, Weigel rezitieren sollen. AlsVeranstalter wurden die Zeitschrift Ta-gebuch und die kommunistische Buch-gemeinschaft Buchgemeinde ins Augegefasst. Als Redner war Ernst Fischer,das intellektuelle Aushängeschild derPartei, vorgesehen. Wohl aus Zeitgrün-den – Eisler wurde gebeten, mit Buschund Weigel zwecks Koordinierung Kon-takt aufzunehmen – ist diese Veranstal-tung nicht zustande gekommen.112

Helene Weigel hatte in einer ersten Reak-tion auf die Einladung gleich zu beden-ken gegeben, dass Busch „sehr überarbei-tet“ sei, weil er eben mit den Proben zu„Leben des Galilei“ begonnen habe.113

An der Brecht-Matinee im Mozart-Saal des Wiener Konzerthauses am14. Dezember 1958 wirkten neben ErnstBusch und Gisela May (Gesang) Wolf-gang Langhoff und Wolfgang Heinz(beide Lesung), sowie am Klavier PeterFischer mit. Die Ensemblemitglieder desDeutschen Theaters sangen und sprachenLyrik und Prosa Bertolt Brechts ausmehreren Jahrzehnten, u.a. die von Eislervertonten Lieder „Gegen Verführung“,„Erinnerung an die Marie A.“, „Seeräu-berballade“, „Ein Pferd klagt an“, die„Resolution der Kommunarden“ (Busch),das „Friedensland“ und Songs aus derDreigroschenoper von Kurt Weill wie das„Lied von der Seeräuber-Jenny“ (May),weiters die Eisler-Lieder „Das Lied vomSA-Mann“, die „Ballade von der Juden-hure Marie Sanders“, die „Ballade vomWeib und dem Soldaten“, das „DeutscheMiserere“, das Lob der Dialektik“(Busch/May), die „Ballade vom armenB.B.“ (Langhoff) sowie Brechts „Ge-schichten vom Herrn Keuner“ (Heinz),sowie abschließend u.a. „Die Pappel vomKarlsplatz“, „Anmut sparet nicht nochMühe“ und „An die Nachgeborenen“(Busch).114 Das Publikumsinteresse warso groß, dass das Konzert bereits Tagezuvor ausverkauft war.115

Die Wiener Presse verschwieg dasKonzert mehrheitlich. Die wenige Blät-ter, die darüber berichteten, überschlugensich in ihrer antikommunistisch motivier-ten Herabsetzung des als Propaganda ge-werteten Gastspiels: Im Kurier wurden

Brecht-Matinee im Wiener Konzerthaus am 16. Dezember 1958, von links: ErnstBusch, Gisela May, Wolfgang Langhoff, Peter Fischer und Wolfgang Heinz.

1100 Beiträge

44//1100

schen antikommunis-tischen Publizisten undBrecht-Verhinderer.Hauptprotagonisten dieserKommunistenhetze warendie beiden PublizistenHans Weigel und Fried-rich Torberg, denen es„durch ihren Anti-Brecht-Feldzug und eine massivePressekampagne“ gelang,„dass das Werk und vorallem die Stücke von Ber-tolt Brecht in Österreichund zum Teil im deut-schen Sprachraum einelängere Zeit nur noch aus

der antikommunistischen Position herausgelesen und beurteilt wurden“.124

Während nun die meisten der Schreiberfür eine gemäßigte Variante der Brecht-Gegnerschaft eintraten, prolongiertenWeigel und Torberg auch 1958 ihre pri-mitive Variante des Brecht-Boykotts:Die Theater müssten „mit Sinn für Lau-terkeit und Würde, mit Gefühl für politi-sche Sauberkeit sich die Berührung mitden Werken Bertolt Brechts selbst ver-bieten“, so Weigel.125 „Wir kämpfen ge-gen den Kommunismus, und es geht da-bei um unsere – geistige und physische –Existenz. Wir werden den Feinden nichtdie Tore öffnen, nirgendwo, keinem vonihnen, und wäre er der größte Dramatikerdes Jahrhunderts“, umriss Günther Nen-ning den Standpunkt von Weigel: Kom-munisten „haben von der Demokratiekeinerlei Freiheiten zu fordern, nicht ein-mal die ihrer nackten politischen Exis-tenz“, so der spätere Nachfolger vonTorberg als Herausgeber des FORVM,der sonst in seinem Beitrag – trotz politi-scher Bedenken – für die Aufführung derWerke Brechts eintrat. Torberg wieder-um argumentierte gegen diese „Aufwei-chung“ der antikommunistischenFront.126 Erst in den 1960er Jahren – unddamit mit im internationalen Vergleichgroßer Verspätung – wurde auch inÖsterreich der Brecht-Boykott überwun-den und eine unbefangenere Brecht-Rezeption ermöglicht.

„„KKüünnssttlleerr vvoonn SSääkkuulluummss GGnnaaddeenn““Österreich-Bezüge von Leben und Wir-

ken Ernst Buschs nach seinem WienerAuftritt im Jahr 1958 sind ebenso rar wierezeptionsgeschichtliche Aspekte: Als„ewiger Bewunderer“ übermittelte 1960und 1965 Hugo Huppert Glückwünschean Busch, der bereits in seiner MoskauerZeit Kontakt zum kommunistischen Lyri-ker und Publizisten hatte.127 „Ich denke

Beginn ihrer Weltkarriere stehendenGisela May eine Zeile wert.

In den kommunistischen Blättern wur-de Ernst Busch, „dieser mitreißende Ar-beitersänger“, besonders hervorgehoben:Seine Zuhörer „fühlten: hier sind Gesangund Vortrag – und der Dienst für die guteSache des Friedens und des Wohlstandes– zu einer großen Einheit verschmol-zen“, so die Stimme der Frau über dieses„Fest für den verstorbenen und doch solebendigen Dichter Bert Brecht“.121 ImZentralorgan der Partei nahm EdmundTheodor Kauer den Brecht-Abend zumAnlass, den anhaltenden Boykott desDichters zu kritisieren: „In Wien [...]verschweigen die Bühnen, die Säle, dieStraßen (außer am 1. Mai, an dem wirihn singen) Brecht. Die Schmuser der,freien Welt‘ – ihnen verschlägt BertBrecht die Rede. […] Und sie verschwie-gen und verschweigen jetzt den Abendim Konzerthaus: sie, die sonst zum leise-sten Stimmchen, das sich irgendwo er-hebt, in Scharen herbeieilen, ihm ihrenZuspruch lautverstärkend zu bieten. Hierhaben sie sich, oder hier hat man ihnenden Maulkorb umgehängt. Hier habensie den Knebel in den Mund steckenmüssen [...]“, so der kommunistischeTheaterkritiker über die Anti-Brecht-Kampagne in Österreich.122

Erst wenige Wochen zuvor war derBrecht-Boykott in eine neue Runde ge-gangen: Unter dem Titel „Soll manBrecht im Westen spielen?“ debattiertenim FORVM nach einer Aufführung von„Mutter Courage und ihre Kinder“ imGrazer Opernhaus am 30. Mai 1958 13Brecht-Kritiker, ob Brecht auch aufösterreichischen Bühnen Einzug haltensolle. Diese seit Jänner 1954 erscheinen-de, vom Kongress für die Freiheit derKultur und damit vom CIA mitfinanzier-te Zeitschrift123 war bereits in den Vor-jahren das Sprachrohr der österreichi-

das Publikum, aber eine Enttäuschungbereitete es, dass im Programm so wenigPlatz für WOLFGANG HEINZ vorgese-hen war, dagegen viel zu viel für ERNSTBUSCH. Auch hätte man unbedingtnoch mehr von Frau May, dieser sympa-thischen Diseuse gehört sowie vonDirektor WOLFGANG LANGHOFF,dessen Vortragskunst tiefen Eindruckmachte. / Aber auch ohne diese geradefür WIEN angebrachten ,Korrekturen‘war der Erfolg des Programms sicherge-stellt, leider wurde dieser offensichtlichbeeinträchtigt, weil ERNST BUSCH die,Zugaben‘ anvertraut wurden und er hier-führ ausgesprochen politische ,Kampf-lieder‘ wählte. Ich als ,Parteiloser‘ fragemich: wem wurde damit genützt? Ihnenbestimmt nicht! Welch schöner Aus-klang wäre es gewesen, wenn z.B. an-stelle von Ernst BUSCH der beliebteWOLFGANG HEINZ nochmals aufsPodium gekommen wäre, und jeder ne-gativen Kritik wäre von vornherein dasWasser abgegraben worden“, so Cieplikin seiner „freimütigen Äußerung“.119

Im Neuen Österreich wurden zwar diekünstlerischen Leistungen der Beteilig-ten in den Mittelpunkt gestellt, z.B. die„schöne Tenorstimme“ von Busch, dieDarbietungen der „interessanten Diseu-se“ May und der „ausgezeichneten Vor-leser“ Heinz und Langhoff. Um Dich-tung und politischen Klassenkampf aus-einanderzudividieren, wurde in diesemBeitrag jedoch unterschieden zwischendem „geist- und wortgewaltigen Dich-ter“ der „frühen und freien Jahre“ und„dem späteren Propagandisten“ Brecht,dessen Schöpfertum versiegt sei.120

Allen übrigen, und damit der überwie-genden Mehrheit der Tageszeitungen,darunter auch die sozialdemokratischePresse, war weder der Auftritt von ErnstBusch, noch des in Wien bestensbekannten Wolfgang Heinz oder der am

Beiträge 1111

44//1100

lutionären Volkssängers“wurde Busch im Nachrufder Volksstimme charakte-risiert.137

Obwohl Ernst Buschheute, dreißig Jahre nachseinem Tod, den Nachge-borenen nur noch von Auf-nahmen her bekannt ist, istseine Faszination und Aus-strahlungskraft ungebro-chen. Es gibt kaum einenanderen Künstler, der invergleichbarer Form in sei-nem Werk fortlebt, und mitihm die sozialistische Idee,die in seinem künstleri-schen Vermächtnis be-wahrt bleibt. Seine Kunstist auch heute noch, trotzzeitweiliger Rückschlägeund Niederlagen, eineQuelle der Zuversicht.

Anmerkungen:1/ Schramm, Carola/Elsner,Jürgen: Dichtung und Wahr-heit. Die Legendenbildung umErnst Busch, 1. Halbband.Berlin: trafo Verlag 2006, S. 11.2/ Mitteilung von Jochen Voit vom 23.1.2010.3/ Vgl. die sieben Aufnahmen in zwei Fotoserienim Archiv der Akademie der Künste, Berlin(AdK), Ernst-Busch-Archiv (EBA), 961, vorallem 961/7/1.4/ Hoffmann, Ludwig/Siebig, Karl: Ernst Busch.Eine Biographie in Texten, Bildern und Doku-menten. Berlin: Henschelverlag Kunst undGesellschaft 1987, S. 165 und 369.5/ Mitteilung des Magistrats der Stadt Wien, MA8, Wiener Stadt- und Landesarchiv, 11.2.2010.6/ Voit, Jochen: Er rührte an den Schlaf derWelt. Ernst Busch. Die Biographie. Berlin:Aufbau Verlag 2010, S. 91.7/ Vgl. Rösler, Walter: Aspekte der Wiener Klein-kunst 1931 bis 1938, in: Haider-Pregler,Hilde/Reiterer, Beate (Hg.): Verspielte Zeit. Öster-reichisches Theater der dreißiger Jahre. Wien:Picus Verlag 1997, S. 233–245, hier S. 237.8/ Trdy, Katharina Erika: „Ein Brettl muss mir dieWelt bedeuten…“ Die Wiener Kleinkunstbühne,Literatur am Naschmarkt‘ und ihre Protagonis-ten Rudolf Weys und Friedrich Vas Stein. EineSpurensuche in die Vergangenheit. Diplom-arbeit Universität Wien 2006, S. 65 und 175.9/ Weys, Rudolf: Literatur – am Naschmarkt.Kulturgeschichte der Wiener Kleinkunst in Kost-proben. Wien: Erwin Cudek Verlag 1947, S. 8.10/ Ebd.; ders.: Cabaret und Kabarett in Wien.Wien, München: Jugend und Volk 1970,S. 35–52; Reisner, Ingeborg: Kabarett als Werk-statt des Theaters. Literarische Kleinkunst inWien vor dem Zweiten Weltkrieg. Wien: Verlag

der Theodor Kramer Gesellschaft 2004,S. 75–207 und 325–379; Trdy (wie Anm. 8), v.a.S. 42–173.11/ Vgl. die Programmzettel der Literatur amNaschmarkt im Nachlass von Rudolf Weys in derHandschriftensammlung der Wien-Bibliothek.12/ Abgedruckt im Faksimile bei Trdy (wieAnm. 8), S. 203.13/ H. W-e. [Hans Winge]: (Saisonbeginn der„Literatur am Naschmarkt“), in: Neue FreiePresse. Morgenblatt, 1.10.1935, S. 8.14/ St.: „Literatur am Naschmarkt“, in: WienerZeitung, 29.9.1935, S. 12.15/ -ee-: Literatur am Naschmarkt, in: Volks-Zei-tung, 28.9.1935, S. 7; M.F.: Herbstprogrammder „Literatur am Naschmarkt“, in: Das Echo,1.10.1935, S. 6; mmd. [Milan Dubrovic]: (Litera-tur am Naschmarkt.), in: Neues Wiener Abend-blatt. Abend-Ausgabe des Neuen Wiener Tag-blatts, 5.10.1935, S. 4.16/ (Literatur am Naschmarkt.), in: Neues Wie-ner Journal, 1.10.1935, S. 11.17/ Saisonbeginn der Literatur am Naschmarkt,in: Der Wiener Tag, 29.9.1935, S. 10.18/ Fetting, Hugo: Ernst Busch – Leben undWerk, in: Ihering, Herbert/Fetting, Hugo: ErnstBusch. Berlin: Henschelverlag Kunst undGesellschaft 1965, S. 14–143, hier S. 64.19/ Busch, Ernst: In Engels an der Wolga, in:Deutsche Zentral-Zeitung, 16.3.1936, zit. nach:Hoffmann/Siebig (wie Anm. 4), S. 171–172, hierS. 171.20/ Schramm/Elsner (wie Anm. 1), 1. Halbband,S. 241.

an Dich großen Künstler von SäkulumsGnaden“, schrieb Huppert anlässlich des65. Geburtstags von Busch, dem er beidieser Gelegenheit seine Nachdichtung ei-nes Gedichts von Majakowski zueignete:„Und Lied

und VersSind Bombe und Banner,

die Klasse sprichtaus des Sängers Kunst.“128

Anfang 1970 richtete kurioserweiseder Österreichische Rundfunk eine An-frage an Busch, ob er im geplanten Fern-sehspiel „Finsternis bedeckt die Erde“des polnischen Autors Jerzy Andrzeje-wski in der „Zentralfigur des Großinqui-sitors“ mitwirken könne. Die Produktionhätte im September und Oktober diesesJahres stattfinden sollen.129 Busch ließsich zwar mit Hinweis auf Termin-probleme entschuldigen,130 gewiss wareine Teilnahme an diesem (letztlich nichtrealisierten) Projekt aber vor allem ausinhaltlichen Gründen keine Option fürihn. Am 23. April 1979 war die Stimmevon Ernst Busch im Großen Saal desWiener Konzerthauses zu hören, als einehistorische Tonbandaufnahme von„Marsch der Zeit“ aus Eislers Bühnen-musik zu Majakowskis „Schwitzbad“ er-klang. Darüber hinaus standen in diesemKonzert im Zyklus „Wege in unsererZeit“ Werke von Hanns Eisler und KurtWeill am Programm.131 Im April 1985zeigte der Kommunistische Kulturkreis,eine im Rahmen der KPÖ Anfang der1970er Jahre gegründete Kulturinitiative,den in der DDR produzierten sechsteili-gen Dokumentarfilmzyklus „Buschsingt“ von Konrad Wolf.132

Während Ernst Busch in den bürgerli-chen Medien Österreichs in seinen letztenLebensjahrzehnten kaum noch Erwäh-nung fand, wurde in der kommunis-tischen Presse zumindest im Fünfjahres-intervall anlässlich runder Geburtstage anden Sänger und Schauspieler erinnert:„Seine Kunst war Generationen kämp-fender Arbeiter Rat und Stütze in härte-sten Kämpfen“, hieß es 1960 im Zentral-organ der Partei.133 Auch fünf Jahre da-nach wurde hier der „ungewöhnlicheVolksschauspieler und Volkssänger“ ge-würdigt.134 1970 wurden neben dem „sin-genden Agitator und Propagandisten“seine schauspielerischen Leistungen her-vorgehoben: „[…] in ihm gewann dasMenschenbild der Arbeiterklasse eine le-bendige Kunstgestalt“.135 1975 bot seinGeburtstag Anlass dazu, Zeugnisse überihn von Sergej Tretjakow, Willi Bredel,Konstantin Simonow und Bertolt Brechtabzudrucken.136 Als „Inbegriff des revo-

Ernst Busch in Wien (Dezember 1958)

1122 Beiträge

44//1100

21/ Diezel, Peter (Hg.): Hans Hauska. Von Stalinzu Hitler. Ein Schicksal aus den Zeiten des Ter-rors. Aufzeichnungen, Briefe und Dokumente.Berlin: Bostelmann & Siebenhaar 2003 (akteexil, Bd. 8), S. 277. Der zweite Klavierbegleiteram 10. Dezember 1936 war Grigori Schneerson.22/ Kanzler, Christine: Vom Kulturrevolutionärzum „Volksfeind“. Hans Hauska und die „Kolon-ne Links“, in: Schafranek, Hans (Hg.): DieBetrogenen. Österreicher als Opfer stalinis-tischen Terrors in der Sowjetunion. Wien: PicusVerlag 1991, S. 47–73, hier S. 47–49.23/ Siebig, Karl: „Ich geh’ mit dem Jahrhundertmit“. Ernst Busch. Eine Dokumentation. Rein-bek bei Hamburg: Rowohlt 1980 (das neuebuch), S. 62 und 72; Hoffmann/Siebig (wieAnm. 4), S. 76.24/ Fetting (wie Anm. 18), S. 64.25/ Dokumentationsarchiv des österreichischenWiderstandes (DÖW), Exilbibliothek 8834,Beer-Jergitsch, Lilli: 18 Jahre in der UdSSR.Wien 1978, S. 90–92; DÖW-Datenbank „Biogra-phisches Handbuch der österreichischen Opferdes Stalinismus (bis 1945)“ (für die Übermitt-lung der Daten danke ich Dr. Josef Vogl); Mittei-lung von Peter Deeg vom 4.3.2010. Eine Publi-kation von Jana Kempe und Peter Deeg überBreth-Mildner ist in Vorbereitung.26/ Zentrales Parteiarchiv der KPÖ (ZPA), HansHauska: Lebenslauf, 24.1.1951, S. 3.27/ Vgl. Fetting (wie Anm. 18), S. 100.28/ AdK, EBA, II.b.10, Ernst Busch an GrigoriSchneerson, 10.12.1937; ebd., II.b.13., ErnstBusch an Grigori Schneerson, 19.5.1938, beideabgedruckt in: Schramm/Elsner (wie Anm. 1),2. Halbband, S. 11–12, hier S. 12 und S. 13–14,hier S. 14.29/ Landauer, Hans: Das österreichische Batail-lon „12. Februar“, in: Für Spaniens Freiheit.Österreicher an der Seite der SpanischenRepublik 1936–1939. Eine Dokumentation, hg.vom Dokumentationsarchiv des österreichi-schen Widerstandes. Wien, München: Öster-reichischer Bundesverlag, Jugend und Volk1986, S. 141–157, hier S. 145.30/ Brauner, Fritzi: Unser tapferster Verwundeter,in: Kantorowicz, Alfred (Hg.): „Tschapaiew“. DasBataillon der 21 Nationen. Dargestellt in Aufzeich-nungen seiner Mitkämpfer. Berlin: Verlag desMinisteriums für nationale Verteidigung 1956,S. 96–99, hier S. 98 (Hervorhebung im Original).31/ Rossijskij gosudarstvennyj archiv social’no-polièeskoj istorii [Russisches Staatsarchiv fürSozial- und Politikgeschichte, Moskau] (RGA-SPI) 415/187/996/50–51, Franz Luda: Biogra-phie, 12.9.1938 (Kopie in ZPA der KPÖ).32/ Schramm/Elsner (wie Ann. 1), 1. Halbband,S. 11, 193, 265, 275 und 279f.; ebd., 2. Halb-band, S. 51–53, hier S. 52.33/ Hoffmann/Siebig (wie Anm. 4), S. 253.34/ Zit. nach Jürgen Elsner im Rahmen einesRundtischgesprächs, in: Ernst Busch – Schau-spieler und Sänger. Materialien des Internatio-

kamp Verlag 1998 (Werke. Große kommentierteBerliner und Frankfurter Ausgabe, Bd. 30),S. 218 (Hervorhebung im Original).50/ AdK, Hanns-Eisler-Archiv, 4756, Lou Eisleran Karl Paryla, 20.1.1953; ebd., 5140, Lou Eis-ler an Wolfgang Heinz, 20.1.1953.51/ Bert-Brecht-Ensemble in der Scala, in:Österreichische Volksstimme, 14.3.1953, S. 5.52/ Hecht, Werner: Brecht-Chronik 1898–1956.Frankfurt/M.: Suhrkamp Verlag 19982, S. 1078.53/ Zur Wiener Konferenz der „Theaterfreunde“,in: Österreichische Volksstimme, 29.10.1953, S. 7.54/ Bert Brecht inszeniert „Die Mutter“, in: Welt-Illustrierte, Nr. 44 (375), 1.11.1953, S. 15.55/ Mitteilung von Otto Tausig vom 3.2.2010.Vgl. dazu auch: Tausig, Otto: Kasperl, Kum-merl, Jud. Eine Lebensgeschichte. Wien: Man-delbaum-Verlag 2005, S. 114–116.56/ Hoffmann/Siebig (wie Anm. 4), S. 272–275.57/ b. [Bertolt Brecht]: Der VolksschauspielerErnst Busch, in: Theaterarbeit. 6 Aufführungendes Berliner Ensembles, hg. vom BerlinerEnsemble. Dresden: Dresdner Verlag 1952,S. 150–152.58/ Brief Nr. 1589, An Kurt Barthel/Kuba,Ahrenshoop, Ende Juli 1951, in: Brecht: Briefe 3(wie Anm. 49), S. 80.59/ Heute Premiere der „Mutter“ in der Scala, in:Österreichische Volksstimme, 31.10.1953, S. 7.60/ Hecht (wie Anm. 52), S. 1085.61/ h.n. [Fritz Herrmann]: Bertolt Brecht insze-niert „Die Mutter“. Zur morgigen Premiere in derScala, in: Österreichische Zeitung, 27.10.1953,S. 6; Vor einem bedeutenden Theaterereignis, in:Österreichische Volksstimme, 27.10.1953, S. 7.62/ Füßl, Karl Heinz: Hanns Eislers Musik zur„Mutter“, in: Österreichische Volksstimme,30.10.1953, S. 7.63/ K.M.G. [Karl Maria Grimme]: Aufruf zumHaß. Politische Propaganda in der Scala, in:Neue Wiener Tageszeitung, 4.11.1953, S. 8.64/ Dialektischer Bilderbogen, in: Die österreichi-sche Furche, 9. Jg., Nr. 45, 7.11.1953, S. 7.65/ F.K.: „Die Mutter“ in der Scala, in: WienerZeitung, 7.11.1953, S. 4.66/ L.D.: Kommunistisches Lehrstück ohneEcho, in: Oberösterreichische Nachrichten,4.11.1953, S. 3.67/ F.H.: „Die Mutter“, in: Neues Österreich,5.11.1953, S. 4.68/ Neumann, Richard: Die unbekannte Vor-kämpferin der Menschheit. Scala-Premiere von„Die Mutter“ von Bert Brecht, in: ÖsterreichischeVolksstimme, 3.11.1953, S. 4.69/ Aspetsberger, Friedbert: >arnolt bronnen<.Biographie. Wien, Köln, Weimar: Böhlau Verlag1995 (Literatur in der Geschichte, Geschichte inder Literatur, Bd. 34), S. 761.70/ Rathkolb (wie Anm. 450), S. 41.71/ Hubalek, [Felix]: Der Leichenschänder BertBrecht, in: Arbeiter-Zeitung, 5.7.1953, S. 2.72/ Bert Brecht kommt nach Wien, in: NeueWiener Tageszeitung, 16.9.1953, S. 8.

nalen Wissenschaftlich-künstlerischen Kolloqui-ums „Ernst Busch – Sänger und Schauspieler“anläßlich des 100. Geburtstags Ernst Buschsam 22. Januar 2000, hg. vom FreundeskreisErnst Busch e.V. Berlin: Eigenverlag 2003,S. 110–122, hier S. 114.35/ Frei, Bruno: Ein Sänger der Arbeiterklasse.Gespräch mit Ernst Busch, in: ÖsterreichischesTagebuch, 4. Jg., Nr. 3, März 1949, S. 21.36/ Frei, Bruno: Der Papiersäbel. Autobiogra-phie. Frankfurt/M.: S. Fischer Verlag 1972,S. 291 und 297.37/ ZPA, Bildarchiv.38/ AdK, EBA, 5471, Ernst Busch an HannsEisler, 27.5.1949.39/ DÖW, 20126/M20, Bruno Frei an ErnstBusch, 24.1.1970.40/ Vgl. Rathkolb, Oliver: Die Entwicklung derUS-Besatzungskulturpolitik zum Instrument desKalten Krieges, in: Stadler, Friedrich (Hg.): Kon-tinuität und Bruch. 1938–1945–1955. Beiträgezur österreichischen Kultur- und Wissenschafts-geschichte. Wien, München: Verlag Jugend undVolk 1988, S. 35–50, hier S. 40f.; Wagnleitner,Reinhold: Coca-Colonisation und Kalter Krieg.Die Kulturmission der USA in Österreich nachden Zweiten Weltkrieg. Wien: Verlag für Gesell-schaftskritik 1991 (Österreichische Texte zurGesellschaftskritik, Bd. 52), S. 137 und 219.41/ Vgl. dazu: Palm, Kurt: Vom Boykott zur An-erkennung. Brecht und Österreich. Wien, Mün-chen: Löcker Verlag 1983.42/ Vgl. die bisherigen Darstellungen dieserAufführung und ihrer Rezeption: Pellert, Wil-helm: Roter Vorhang. Rotes Tuch. Das NeueTheater in der Scala (1948–1956). In Sachen,Heft 8, Wien 1979, S. 70–71; Palm (wieAnm. 41), S. 105–114; Köper, Carmen-Renate:Ein unheiliges Experiment. Das Neue Theater inder Scala (1948–1956). Wien: Löcker Verlag1995, S. 187–192.43/ Vorbereitungen zur Brecht-Premiere in derScala, in: Der Abend, 25.9.1953, S. 5; Ein Werkvon Bert Brecht in der Scala, in: ÖsterreichischeZeitung, 26.9.1953, S. 6.44/ Wekwerth, Manfred: Erinnern ist Leben.Eine dramatische Autobiographie. Leipzig:Faber & Faber 2000, S. 91.45/ Ein Gespräch zwischen Erwin Leiser unddem Autor, in: Wekwerth, Manfred: Notate. ZurArbeit des Berliner Ensembles 1956–1966. Ber-lin, Weimar: Aufbau-Verlag 1967, S. 209–218,hier S. 209.46/ [Bildtext], in: Der Abend, 15.10.1953, S. 5.47/ Brecht, Bertolt: Journale 2 1941–1955. Berlin,Weimar: Aufbau Verlag, Frankfurt/M.: SuhrkampVerlag 1995 (Werke. Große kommentierte Ber-liner und Frankfurter Ausgabe, Bd. 27), S. 348.48/ Mitteilung von Manfred Wekwerth vom17.3.2010.49/ Brief Nr. 1864, An Ruth Berlau, Wien, EndeOktober 1953, in: Brecht, Bertolt: Briefe 3. Ber-lin, Weimar: Aufbau Verlag, Frankfurt/M.: Suhr-

44//1100

Beiträge 113373/ Neumann (wie Anm. 68).74/ Loos, [Peter]: Des Menschen Schicksal istder Mensch. „Die Mutter“ in der Scala, in: DerAbend, 2.11.1953, S. 3.75/ Rathsprecher, Martin: Theaterbrief, in:Tagebuch, 8. Jg., Nr. 22, 7.11.1953, S. 8.76/ Hoffmann, Richard: Brechts „Mutter“ in derScala, in: Österreichische Zeitung, 3.11.1953,S. 6.77/ G.R.: Die Mutter, in: Die Woche, 9. Jg.,Nr. 46, 15.11.1953, S. 5.78/ o.w. [Oskar Wiesflecker]: Kulturspiegel, in:Der neue Vorwärts, Nr. 45, 8.11.1953, S. 6.79/ Neumann (wie Anm. 68).80/ t.: Bertolt Brecht inszenierte „Die Mutter“, in:Die Union. Das Wochenblatt der Demokra-tischen Union, 5. Jg., Nr. 44, 7.11.1953, S. 7.81/ S. Sp.: Bertolt Brecht. Dichter der arbeiten-den und denkenden Menschen, in: Stimme derFrau, Nr. 35, 1.9.1956, S. 12.82/ „Die Mutter“ nur noch bis 22. November, in:Österreichische Volksstimme, 11.11.1953, S. 7.83/ Vgl. Hecht (wie Anm. 52), S. 1087.84/ Schramm/Elsner (wie Anm. 1), 1. Halbband,S. 161.85/ Bredel, Willi: Ernst Busch – der Sänger derFreiheit und des Friedens, in: Sonntag.Wochenzeitung für Kulturpolitik, Kunst undWissenschaft, Nr. 51, 19.12.1954.86/ Schramm/Elsner (wie Anm. 1), 1. Halbband,S. 25–114 (über Lied der Zeit), hier S. 87 und114, sowie S. 115–235 (über die „Legende vomParteiausschluss“), hier S. 154, 192 und 220.87/ Wolf, Konrad: Für Ernst – den Arbeiter. Redeauf dem Trauerakt für Ernst Busch, 17. Juni1980, in: Heinze, Dieter/Hoffmann, Ludwig (Hg.):Konrad Wolf im Dialog. Künste und Politik. Ber-lin: Dietz Verlag 1985, S. 400–405, hier S. 401.88/ Schramm/Elsner (wie Anm. 1), 1. Halbband,S. 228–235, hier S. 234.89/ Hoffmann/Siebig (wie Anm. 4), S. 287; Ha-ger, Kurt: Erinnerungen. Leipzig: Faber & Faber1996, S. 328f.90/ Ernst Busch singt, in: Österreichische Volks-stimme, 13.11.1953, S. 6.91/ Ernst Busch wird in Betrieben auftreten, in:Österreichische Volksstimme, 4.11.1953, S. 7.92/ Ernst Busch singt, in: Österreichische Volks-stimme, 10.12.1953, S. 7.93/ Wien-Bibliothek, Plakatsammlung, P6845,Sowjetisches Informationszentrum, November-Programm 1953; Sowjetisches Informationszen-trum. Porrhaus, in: Der Erdölarbeiter. Wochen-organ der Arbeiter und Angestellten in der Erd-ölindustrie, Nr. 37 (272), 12.11.1953, S. 16.94/ Mitteilung von Manfred Wekwerth vom17.3.2010.95/ AdK, Wieland-Herzfelde-Archiv, 350, ErnstBusch an Wieland Herzfelde, 14.11.1953.96/ Bechmann, [Trude]: Sein Lied hat uns be-gleitet, in: Österreichische Volksstimme,15.11.1953, S. 11.97/ AdK, EBA, 861, Karl Löb an Ernst Busch,

16.11.1953, S. 1f.; ZPA, Karl Löb: Fragebogen,15.9.1950.98/ Ernst Busch-Liederabend im Informations-zentrum, in: Österreichische Zeitung,13.11.1953, S. 6.99/ Eisler, Hanns: Das singende Herz der Arbei-terklasse. Ernst Busch zum 60. Geburtstag, in:Berliner Zeitung, 22.1.1960, nachgedruckt in:Hoffmann/Siebig (wie Anm. 4), S. 334–335, hierS. 335.100/ ZPA, Karl Heinz Füssl: Lebenslauf, o.D.[September 1955].101/ Bilder der Woche, in: Welt-Illustrierte,Nr. 48 (379), 29.11.1953, S. 2–3, hier S. 3.102/ W. St.: Ernst Busch-Konzert im SIZ. „Wasich singe, sing’ in den Genossen“, in: Öster-reichische Zeitung, 18.11.1953, S. 6.103/ Loos, [Peter]: Er ist das Schwert, er ist dieFlamme!, in: Der Abend, 18.11.1953, S. 5.104/ Rubin, Marcel: Wien feiert den Arbeiter-sänger Ernst Busch, in: Österreichische Volks-stimme, 18.11.1953, S. 4.105/ Priester, Eva: Dank an eine Stimme, in:Österreichische Volksstimme, 22.11.1953, S. 9.106/ Hoffmann/Siebig (wie Anm. 4), S. 292.107/ Das im Juli 1949 beschlossene „Kultur-groschengesetz“ sah vor, dass ein gewisser An-teil der Einnahmen aus Filmvorführungen u.a.für die Subventionierung privater Theaterhäuserverwendet werden sollte.108/ Arbeitersänger Ernst Busch im Oelfeld:„Abweichungen“ – nicht nur bei der Tiefboh-rung!, in: Der Erdölarbeiter, Nr. 39 (274),26.11.1953, S. 1 und 3, hier S. 3.109/ Siebig (wie Anm. 23), S. 237;Hoffmann/Siebig (wie Anm. 4), S. 308 und 319.110/ Kuschnia, Michael (Hg.): 100 Jahre Deut-sches Theater 1883–1983. Berlin: Henschelver-lag Kunst und Gesellschaft 1983, S. 496–497.111/ ZPA, Protokoll der Sitzung des PolitischenBüros des ZK der KPÖ am 13.11.1958, S. 2.112/ AdK, EBA, 719, ZK der KPÖ, Kulturabtei-lung, Nelly Bohl an Ernst Busch, 25.9.1956.113/ Literaturarchiv der Österreichischen Natio-nalbibliothek, Wien, 37/96, NL Ernst Fischer,37/B492, Berliner Ensemble, Helene Weigel anErnst Fischer, 6.10.1956.114/ Archiv des Wiener Konzerthauses, Pro-grammzettel „Deutsches Theater, Gastspiel imMozartsaal Wien am 14. Dezember 1958“.Herzlichen Dank an Dr. Erwin Barta.115/ Vgl. Kauer, E. Th. [Edmund Theodor]: DasBrecht-Ensemble in Wien, in: Volksstimme,16.12.1958, S. 7.116/ -eig-: Ost-Berliner Propaganda uner-wünscht, in: Neuer Kurier, 3.12.1958, S. 5.117/ Dr. Mll.: „Laßt euch nicht verführen…“ Ost-berlin reist mit Brecht – Ein makabres Gastspiel,in: Österreichische Neue Tageszeitung,19.12.1958, S. 4.118/ G.O.: Doch mehr Propaganda als Literatur:Brecht bis zum Mitsingen, in: Express,16.12.1958, S. 5.

119/ Archiv des Deutschen Theaters Berlin,Konzertdirektion Dr. Theo Cieplik an WalterKohls, 27.12.1958 (Hervorhebungen im Origi-nal). Für die Übermittlung dieses Dokumentsdanke ich Hans Rübesame (Archiv des Deut-schen Theaters Berlin).120/ F.K.: Brecht über Brecht nicht den Stab, in:Neues Österreich, 16.12.1958, S. 8.121/ Das Brecht-Ensemble gastierte in Wien, in:Stimme der Frau, Nr. 1, 3.1.1959, S. 15.122/ Kauer (wie Anm. 115).123/ Vgl. dazu: Corbin, Anne-Marie: FriedrichTorbergs Wiener Zeitschrift Forum. Ein Beispielfür den konterkarierten Einfluss der USA inEuropa, in: Stephan, Alexander/Vogt, Jochen(Hg.): America on my mind. Zur Amerikanisie-rung der deutschen Kultur seit 1945. München:Wilhelm Fink Verlag 2006, S. 109–121.124/ Wüthrich, Werner: „… dass es eine be-glückende Internationale der Kunst gibt“. BertoltBrecht, Österreich und das Theater in der Josef-stadt, in: Bauer, Gerald M./Peter, Birgit (Hg.): DasTheater in der Josefstadt. Kultur, Politik, Ideologiefür Eliten? Wien: Lit Verlag 2010 (Wien – Musikund Theater, Bd. 3), S. 155–181, hier S. 180.125/ Brecht soll trotzdem gespielt werden. Ant-worten auf eine FORVM-Umfage, in: FORVM.Österreichische Monatsblätter für kulturelleFreiheit, 5. Jg., Heft 57, September 1958,S. 329–334, hier S. 333.126/ Nenning, Günther: Warum Brecht im Wes-ten gespielt werden soll. Zur Aufführung der„Mutter Courage“ im Grazer Schauspielhaus, in:ebd., 5. Jg., Heft 54, Juni 1958, S. 230; Torberg,Friedrich: Dreierlei Theater, in: ebd., 5. Jg., Heft55/56, Juli/August 1958, S. 295.127/ Vgl. Schramm/Elsner (wie Anm. 1),1. Halbband, S. 242.128/ AdK, EBA, 1042, Postkarte von Hugo Hup-pert an Ernst Busch, 3.2.1960; ebd., 510, HugoHuppert an Ernst Busch, 22.1.1965.129/ AdK, EBA, 2551, Österreichischer Rund-funk, Oberspielleitung/Fernsehspiel, AbteilungBesetzungsbüro, Dr. Hans Mayr an ErnstBusch, 17.2.1970.130/ AdK, EBA, 2552, Ernst Busch an dieÖsterreichische Rundfunk GmbH, 2.3.1970.131/ www.konzerthaus.at [3.2.2010].132/ Ernst Busch im Film, in: Volksstimme,7.4.1985, S. 7.133/ „Und weil der Mensch ein Mensch ist…“.Zum 60. Geburtstag des MenschendarstellersErnst Busch, in: Volksstimme, 24.1.1960, S. 6.134/ Ernst Busch 65 Jahre, in: Volksstimme,26.1.1965, S. 7.135/ [ohne Titel], in: Volksstimme, 25.1.1970, S. 6.136/ Die Trompete der Revolution. Zeugnisseüber den Sänger und Volksschauspieler ErnstBusch. Gesammelt und kommentiert von F.[Fritz] H. Wendl, in: Volksstimme, 19.1.1975,S. 13–14.137/ Rizy, Helmut: „Kommunismus nach Europagetragen“, in: Volksstimme, 10.6.1980, S. 4.