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-- ------- ERNST CASSIRER NACHGELASSENE MANUSKRIPTE UND TEXTE Begründet von Klaus Christian Köhnke, John Michael Krois und Oswald Schwemmer Herausgegeben von Christian Möckel Band 17 FELIX MEINER VERLAG HAMBURG ERNST CASSIRER DAVOSER VORTRÄGE VORTRÄGE ÜBER HERMANN COHEN Mit einem Anhang: Briefe Hermann und Martha Cohens an Ernst und Toni Cassirer 1901-1929 Herausgegeben von Jörn Bohr und Klaus Christian Köhnke t FELIX MEINER VERLAG HAMBURG

Ernst Cassirer Davoser Vortrage

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Page 1: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

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ERNST CASSIRER

NACHGELASSENE MANUSKRIPTE UND TEXTE

Begründet von

Klaus Christian Köhnke,

John Michael Krois und

Oswald Schwemmer

Herausgegeben von

Christian Möckel

Band 17

FELIX MEINER VERLAG HAMBURG

ERNST CASSIRER

DAVOSER VORTRÄGE

VORTRÄGE ÜBER HERMANN COHEN

Mit einem Anhang: Briefe Hermann und Martha Cohens an Ernst und Toni Cassirer 1901-1929

Herausgegeben von

Jörn Bohr und Klaus Christian Köhnke t

FELIX MEINER VERLAG HAMBURG

Page 2: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

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Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über <http://portal.dnb.de> abrufbar.

ISBN 978-3-7873-1263-4

Zitiervorschlag: ECN 17

©Felix Meiner Verlag GmbH, Hamburg 2014. Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der fotomechanischen Wiedergabe und der "l!.bersetzung, v?rbehalten. Dies betrifft auch die Vervielfältigung und Ubertragung emzelner Textabschnitte durch alle Verfahren wie Speicherung und Übertragung auf Papier, Transparente, Filme, Bän­der, Platten und andere Medien, soweit es nicht §§ 53 und 54 URG ausdrücklich ~estatten. - Satz: Da-TeX Gerd Blumenstein, Leipzig. Druck und Bmdung: Beltz, Bad Langensalza. Einbandgestaltung: Jens Peter Mardersteig. Werkdruckpapier: alterungsbeständig nach ANSI Norm resp. DIN-ISO 9706, hergestellt aus 100 % chlorfrei gebleichtem Zellstoff. www.meiner.de

INHALT

Vorwort der Herausgeber . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX

I. DAVOSER VORTRÄGE

Heidegger-Vorlesung (Davos) März 1929. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3

BEILAGE I

Heidegger-Aufsatz. Notizen zu Heideggers „Kant und das Problem der Metaphysik". . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

BEILAGEN II

Arbeitsgemeinschaft Cassirer und Heidegger. Davos, 26. März 1929 ... „ „ .. „. „. „ ..... „ „. „. „. „. : 108

Cassirer, Leben und Geist bei Seheier. Davos, 27. März 1929. . . . . 121

II. VORTRÄGE ÜBER HERMANN COHEN

Hermann Cohens Philosophie in ihrem Verhältnis zum Judentum. Vortrag der Franz Rosenzweig-Gedächtnisstiftung am 12. April 1931 ........................ 125

The Philosophy of Hermann Cohen and his Conception ofJewish Religion „ ••• „ .. „ . „ .... „ . „ .......... „ . . . . . 141

BEILAGEN III

Hermann Cohen (Malmö, 23.3.41) .......................... 161

Briefe Hermann und Martha Cohens an Ernst und Toni Cas~irer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165

1. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 30. April 1901 . . . . . . . . 165

2. Martha Cohen an Ernst Cassirer, 1. Dezember 1901 ....... 166

3. Martha Cohen an Ernst Cassirer, 2. Dezember 1901..... . . 167

4. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 4. Dezember 1901. .... 168

Page 3: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

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VI Inhalt

5. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 19. Februar 1902. . . . . . 170

6. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 15. April 1902 . . . . . . . . 175

7. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 4. Juni 1902 .......... 178

8. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 6. Juni 1902 . . . . . . . . . . 179

9. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 7. Juni 1902 . . . . . . . . . . 180

10. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 26.Juli 1902 .......... 184

11. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 14.Januar 1903 ....... 187

12. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 9. Februar 1903 ....... 188

13. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 31. Mai 1903 . . . . . . . . . 191

14. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 30. April 1904 . . . . . . . . 197

15. Hermann u. Martha Cohen an Ernst Cassirer, 3. Mai 1904 ......................................... 200

16. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 18. Mai 1904 ......... 201

17. Hermann u. Martha Cohen an Ernst Cassirer. 27. Juli 1904 ........................... : . . . . . . . . . . . . 204

18. Hermann u. Martha Cohen an Ernst u. Toni Cassirer, 12. August 1905 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206

19. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 22. November 1905 .................................. 209

20. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 29. November 1905 ... 214

21. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 5. Dezember 1905. . . . . 215

22. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 13.Januar 1906 ....... 216

23. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 19. Januar 1906 . . . . . . . 219

24. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 23. Februar 1906 ...... 220

25. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 8. Mai 1906 .......... 224

26. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 29. Mai 1906 ......... 225

27. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 12. Juni 1906 . . . . . . . . . 229

28. Martha u. Hermann Cohen an Ernst u. Toni Cassirer, 6. Juli 1906 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

29. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 22. Juli 1906. . . . . . . . . . 233

30. Hermann u. Martha Cohen an Ernst u. Toni Cassirer, 27.Juli 1906 ........................................ 236

31. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 23. September 1906 .... 237

Inhalt VII

32. Hermann u. Martha Cohen an Ernst Cassirer 6. Dezember 1906 ...................... : . . . . . . . . . . . . 238

33. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 14. Dezember 1906 .............. ·.· .................. 242

34. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 31. Januar 1907 ....... 244

35. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 21. Februar 1907. . . . . . 246

36. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 3. April 1907 . . . . . . . . . 247

37. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 21. Mai 1907 ......... 248

38. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 16. Juni 1907 ......... 253

39. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 1. Dezember 1907. . . . . 255

40. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 27. März 1908 ........ 258

41. Hermann u. Martha Cohen an Ernst u. Toni Cassirer, 5. Juni 1908 ......................................... 260

42. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 29.Juli 1908 .......... 261

43. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 14. September 1908 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264

44. Hermann u. Martha Cohen an Ernst Cassirer. 27.Juli 1909 „ ..•. „. „ „ ........ „ .•.. : .....•.. „ .. 265

45. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 24. August 1910 ...... 268

46. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 6. Juni 1911 . . . . . . . . . . 273

47. Hermann Cohen an Ernst Cassirer, 31. August 1911 ...... 279

48. Martha u. Hermann Cohen an Ernst u. Toni Cassirer, 13. April 1916 ....................................... 283

49. Hermann u. Martha Cohen an Ernst Cassirer 16. März 1917 .. „. „ „ .. „. „ .... „ .. „: ..... „ ..... 285

50. Martha Cohen an Ernst u. Toni Cassirer, 12. April 1917. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 287

51. Martha Cohen an Toni u. Ernst Cassirer, 17. Septemberl 919 „ ....... „. „. „ ....... „ ........ 289

52. Martha Cohen an Ernst u. Toni Cassirer, 30. April 1924 ....................................... 292

53. Martha Cohen an Ernst Cassirer, 27.Juli 1924 ............ 295

54. Martha Cohen an Ernst u. Toni Cassirer, 11. Juli 1929 . . . . . 298

55. Martha Cohen an Ernst Cassirer, undatiert .............. 300

Page 4: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

VIII Inhalt

ANHANG

Zur Textgestaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305

1. Zeichen, Abkürzungen, Siglen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305

2. Regel~ der Textgestaltung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310

Editorische Hinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313

Anmerkungen der Herausgeber ............................. 347

Literaturverzeichnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403

Personenregister .......................................... 413

VORWORT DER HERAUSGEBER

ECN 17 besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil publiziert die im Nachlaß Cassirers überlieferten Zeugnisse über seine Davoser Vorträge, die soge­nannte Heidegger-Vorlesung, und dokumentiert die parallelen Überliefe­rungen der Vorträge und der Arbeitsgemeinschaft Cassirer und Heidegger durch Helene Weiss und Hermann Märchen sowie die Notizen Cassirers über H eideggers Kant und das Problem der Metaphysik Der zweite Teil enthält die unveröffentlichten Vorträge Cassirers über Hermann Cohen sowie-als Anhang-die 55 überlieferten Schreiben Hermann und Martha Cohens an Ernst (und Toni) Cassirer.

Die Herausgeber danken Prof Dr. Karlfried Gründer t und Prof Dr. Helmut Holzhey für manchen Ratschlag bei der Vorbereitung der Edition. Für vielfältige Unterstützung danken wir Prof Dr. Christian Möckel von der Arbeitsgruppe Ernst-Cassirer-Nachlaß-Edition an der Humboldt-Universität zu Berlin. Besonderes Andenken bewahren wir Prof Dr.John Michael Krois, der 2010 verstorben ist. -Für die finanzielle und institutionelle Unterstützung dieser Edition danken wir der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Universität Leipzig. Johannes Duschka, Antje Woldt und Marie Wilke haben in Leipzig als studentische Hilfs­kräfte zum Gelingen des Projektes beigetragen. Wir danken außerdem den Mitarbeitern der Beinecke Rare Book and Manuskript Library der Yale University, New H aven (USA), die die nötigen Archivrecherchen ermöglichten, sowie für ihre besondere Hilfe Valerie Harris und Ann C. Weller vom Special Collections Department der University Library, University of Illinois, Chicago. Weiteren Dank schulden wir Dr. Claudia Wedepohl und Dr. Eckart Marchand vom Archiv des Warburg Institute, London.

Leipzig, im Mai 2013 Jörn Bohr· Klaus Christian Köhnke

J eh widme diesen Band meinem Lehrer und Freund Klaus Christian Köhnke. Er ist viel zu früh am 24. Mai 2013 verstorben - kurz nach dem Abschluß der intensiven gemeinsamen Arbeit am vorliegenden Band. Ich bin ihm überaus dankbar für all diese Zeit.

Leipzig, im Juni 2013 JörnBohr

Page 5: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

lt 1. DAVOSER VORTRÄGE

. (

Page 6: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

I. DAVOSER VORTRÄGE

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Page 7: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

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Montag, 18. März 1929, Vormittag: 10-11/ E. Cassirer I Grundprobleme der philosophi­schen Anthropo­logie

2 Davoser Vorträge

Hermann Märchen

CASSIRER: PHILOSOPHISCHE ANTHROPOLOGIE, I.

Immer wieder Problem der Anthropo­logie in der Philosophie. Seheier, beson­ders am Ende seiner Arbeit, langt bei dieser Frage an. Phänomenologie: Bus­serl - Heidegger. Kritischer Idealismus: ebenfalls diese Entwicklung.

Gibt es hier heute einen einheitlichen Problemkreis oder ganz verschiedene, sich durchkreuzende Tendenzen? Der Fragenkreis der Anthropologie ist nicht spezifisch modern; diese Orientierung findet sich überall im philosophischen Denken, wo es wirklich bewegt ist. Über­all, wo nach der apJCll der Philosophie gefragt wird.

Helene Weiss

CASSIRER DAVOS

Heidegger-Vorlesung 3

Cassirer

HEIDEGGER-VORLES[UNG] (DAVOS) MÄRZ 1929A

[Konvolut 94, Box 42, folder 839]B

af Problem der philosophischen Anthropologie rückt wieder in das Zen -t rum der modernen philos[ ophischen] Probleme - Mehr und mehr als ein Brennpunkt philosoph[ischer] Forschung u[nd] philosoph[ischer] Frage­stellung - von ganz verschied[ enen] Seiten her[:]

a) Metaphysik (Seheier) b) Phänomenologie c) krit[ischer] Idealismus

Aber es kann l\:eineswegs als ein spezifisch0 „modernes" Problem angesehen werden - es eignet überhaupt nicht einer bestimmten Zeit, einer einzelnen . En twi ckl un gs stufe des philosoph[ischen] Denkens-sondern es tritt überall auf, wo die philosophische Reflexion zu einer bestimmten Reife und Höhe gediehen ist und wo sie sich vor bestimmte letzte Entscheidungen gestellt sieht[.] - Die großen Epochen der Scheidung und Entscheidung[,] der „Krisis" im eigentl[ichen] Wortsinne - sie führen immer wieder zum Probl[em] d[er] phil[osophischen] Anthropol[ogie.] Es liegt im Wesen der Philosophie, daß sie nicht nur, ja nicht einmal in erster Linie Besinnung über die Welt, über den Kosmos, sondern daß sie wesentlich Se 1 b s t bes in -nun g ist - und diese S e 1 b s t besinnung findet als erstes, als wesentliches Problem die Frage nach dem Wesen des Menschen[.] -

A Heidegger-Vorles[ ung] (Davos) März 1929] im Ms. unterstrichen B Synoptische Darstellung mit den Aufzeichnungen von Hermann Märchen und Helene Weiss, siehe die editorischen Hinweise, S. 314 u. 322f -ca)] Cassirer hat die Reihenfolge seines Ms. während der Niederschrift und für den Vortrag mehrfach verändert, ohne die Gliederungspunkte jeweils anzupassen. Die Herausgeber haben sich entschlossen, dies nur in Ausnahmefällen, bei starker Widersprüchlichkeit, zu korrigieren. Weiteri; Glättungs- und Korrekturversuche wären problematische Eingriffe, denn der Überlieferungszustand von Cassirers Ms. (siehe die editorischen Hinweise, S. 316-318) zeigt deutlich, daß es sich hierbei nicht um eine abgeschlossene oder in irgend einem Sinne fertige Fassung handelt, sondern um eine provisorische Disposition des Vorzutragenden. D spezifisch] spezifisch.

Page 8: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

4 Davoser Vorträge

Griechentum: Beginn mit der kosmolo­gischen und physiologischen Spekula­tion; Problem des Menschen von hier aus zu begreifen gesucht. Der Mensch ist wesenhaft das, was der KÖcrµo~ selbst ist: Empedokles. Auf dieser Gleichord­nung beruht die Möglichkeit der Erkenntnis: Gleiches wird nur durch Gleiches erkannt: nur so Erkenntnis der Welt durch den Menschen möglich. Mensch als µtKpoK6crµo~. Sokrates: Zurückführung der Philosophie vom Himmel auf die Erde: der Mensch rückt einseitig und gewaltsam in den Mittelpunkt der philosophischen Frage­stellung. Anfang des Phaidros: Sokrates vor dem Stadttor, entzückt über die Land­schaft; Phaidros verwundert[,] daß Sok­rates jetzt erst die Landschaft zu erblicken scheint. Dann Sokrates: ich bin lernbe­gierig; Bäume und Felsen wollen mich nichts lehren, wohl aber die Menschen in der Stadt.

Heidegger-Vorlesung 5

Mitten in der griech[ischen J Philosophie bricht noch in der ersten „kos­mologischen" Epoche dies Problem durch - Kosmolog[ie]: Empedok­les- das Wesen des Menschen bestimmt sich aus dem Wesen der Natur­Kosmologie u[ nd] Physiologie - Empedokles[:J Gleiches durch Gleiches erk[ennen.]2

Im Griechentum pflegt man Sokrates als den eigentlichen Entdecker des Problems des Menschen anzusehen - er hat die Philosophie nach dem bekannten Worte des Cicero „vom Himmel auf die Erde zurückge­führt"l)- Wort des Sokrates im Phaidros: die Bäume u[nd] Felsen wol­len mich nichts lehren[,] wohl aber die M ens eh en in der Stadt . 4 -

(Aber doch mitten in der kosmolog[ischen] Betrachtung- Heraklit sucht den Myoc; im äußeren Geschehen, im Wandel u[nd] Werden.A Der Myoc; ist das µei:pov, der Rhythmus, das ewige Gesetz dieses Werdens[:] f] A. to c; oux Uirnpßtjmmu µEi:pa[.] 5 Aber daneben steht das Wort: elit~T]cr<'tµ1iv sµsroui:6vB[.l Der Seele Grenzen kannst Du nicht ausfinden -OUt(J) ßa.0\Jv Myov exetc - Der tiefste Logos ist der der See 1 e [.]7}

A Werden.) Werden, B efüsl'JO'nµfJV i\µeOOU'tOV) EÖlsl]crnµfJt EµCJ.U'tOV c OU't(J) ßa0i>v A.6yov sxei] OU'tffi ßo.8ov Myov txea

Page 9: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

6 Davoser Vorträge

Theätet: Aufgabe der Philosophie ist Erkenntnis der Wesenheit des Menschen. Der Philosoph weiß nichts von den Men­schen in ihrer individuellen Verschie­denheit; er weiß nichts von seinem Nach­barn; fast weiß er nicht einmal, ob er ein Mensch sei oder ein anderes Geschöpf; was aber d er Mensch sei usw., das unter­sucht er: ri i56 itot' scniv ö.v0pconos „. ~11Wi TE Kat itpuyµat' EXEt litspsuvffiµsvos.

Heidegger-Vorlesung 7

Platon - er ist der Erste, der gestützt auf die Sokrat[ische] Frage die Wesensfrage für den Menschen stellt[.] Platon Theaetet[us] 174 B: Der Philos[oph] kümmert sich nicht um die Menschen u[nd] ihr Tun u[ nd] Treib[ en]. (Dieser Spott genügt noch für alle, die in der Philosophie leben.)A Denn ein solcher weiss von seinen Nächsten und seinen Nach­barn nicht nur nicht, was sie tun und treiben, sondern fast weiss er nicht einmal, ob er ein Mensch ist oder ein anderes Geschöpf. „Was aber der Mensch ist und was einer solchen Natur im Unterschied von allen ande­ren zukommt, zu tun und zu leiden, das untersucht er und um dessen Erforschung müht er sich"[.]

-c( Ot 7t0't' Ecr'ttV av0p007tO<; Kat 't( tj'j 'tOtalrrTJ !pUCJet irpOm'JXEl OUl!pOpOV 'tWV ÜAACOV 1to\ElV tj 7tCtCJXElV, Sf]'tEi 'tE Kai npayµm' ~XEl ornpsuvooµsvoi;[.]

8

Geschichte der philosoph[ischen] Anthropologie - (sie ist bisher nicht geschrieben; aber sie wäre eine der reizvollsten phi­losophiegeschichtlichen Aufgaben - ich hebe hier nur einige Hauptpha­sen heraus - ich verzichte insbesondere darauf, das Problem in der Antike weiterzuverfolgen-was es der Aristotelischen Psychologie u [ n d] E t h i k, was es der St o a verdankt, liegt auf der Hand.

A (Dieser Spott ... leben.)] Klammersetzung mit Bleistift

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Page 10: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

8 Davoser Vorträge

Mittelalter: Augustins ganze Problem­stellung dadurch charakterisiert, daß er diese entscheidende Wendung vollzieht: er fragt nicht mehr nach dem esse~] dem Sein der Natur, sondern er fragt nach dem Sein, Bewußtsein, des Menschen: nicht esse, sondern nasse, velle, vivere. Hinwendung zur Innerlichkeit des Lebens; von hier zur Bestimmung des Seins und der Wahrheit vorzustoßen; Noli foras ire; in te ipsum redi, in homine habitat veritas. Korrelation der Wahr­heitsfrage und der Frage nach der Natur des Menschen. Renaissance von dieser Augustinschen Grundrichtung bestimmt. Petrarca: De secreto conflictu curarum suarum: Schilderung seiner ersten Berg­besteigung; statt sich in das Bild der Landschaft zu verlieren, greift er nach Augustins Confessiones und findet die Stelle: die Menschen gehen dahin und bewundern hohe Berge und Meeresflu­ten und Gestirne; sich selbst aber bleiben sie fremd. Der gleiche typische Gegen­satz findet sich dann weiter in der moder­nen Philosophie.

Heidegger-Vorlesung 9

Mittelalter Augustin-) Augustin beginnt geradezu mit der charakterist[ischen] Wendung­

mit der Wendung von esse als dem Sein der Dinge zum Dasein u[nd] zum Bewusstsein des Menschen-vom esse zum nosse, zum v e 11 e, zum viver e [. „]N oli foras ire in te ipsum redi in interiore homine habitat veritas[. "]9 Ren a iss an c e knüpft immer wieder an diese Augus­tin-Stelle an - für Petrarca ist Augustin der ihm „unter Tausenden Teu­erste". (De secreto conflictu curarum suarum).10

Besteigung des Mont Ventoux - sein Blick fällt nicht auf die Land­schaft, sondern auf das Buch, das sein ständiger Begleiter ist -Confess[iones: „]die Menschen gehen dahin u[nd] bewundern hohe Berge u[nd] weite Meeresfluten u[nd] versenken sich in die Betrachtung des Laufs der Gestirne - sich selbst aber bleiben sie fremd.["] 11

1 St.Jahrhundert Pope: [„]the proper study of mankind is man[. "]12

Page 11: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

10 Davoser Vorträge

Kant: seine Stellung zur Anthropologie ist nicht einfach. Äußerlich: Anthropo­logie als Lehrfach von Kant eingeführt und immer wieder behandelt. Engste Verknüpfung der Ethik mit der Anth­ropologie. Nachricht von der Einrich- · tung seiner Vorlesung 1765/66: in der Ethik wolle er die Methode deutlich machen, nach welcher man den Men­schen studieren muß, ... und zwar die Natur des Menschen, die immer bleibt, nicht veränderlich ist. Diese Methode der Sittenuntersuchung ist eine schöne Entdeckung unserer Zeit und den Alten gänzlich unbekannt.

Anthropologischer Ausgangspunkt fixiert, und zugleich prinzipieller Fort­schritt über diesen Ausgangspunkt hin­aus gefordert.

Immanenz des Anthropologischen gefor­dert, die doch nicht ausschließt, daß der Philosoph übergeht in ein Reich der Transzendenz, in ein Reich der objekti­ven Geistigkeit: dies läßt sich freilich nur mit kritischer Vorsicht sagen. Es darf nicht so gefaßt werden, daß es aus der Immanenz herausfällt, aber doch so, daß es von ihr deutlich unterschieden ist.

Heidegger-Vorlesung 11

Kant: In seiner Wirksamk[eit] als akadem[ischer] Lehrer bildet die Anthropologie einen Höhepunkt - einen Gegenst[and], zu dem er in seinen Vorles[ ungen] immer wieder und mit besonderer Vorliebe zurück­gekehrt ist. Ja es gibt eine Epoche, in der das Thema der An thro p o -1 o g i e für Kant so sehr zum Mittelpunkt wird, daß er selbst die Ethik, deren Grundlegung er später so scharf u[nd] grundsätzlich von der Anthropol[ogie] ablöst, auf die Anthropol[ogie] zurückzuführen sucht. In der Ethik will er „die Methode deutlich machen, nach welcher man den Menschen studieren muss, nicht allein denjenigen, der durch die veränderliche Gestalt, welche ihm sein zufälliger Zustand eindrückt, entstellt und als ein solcher selbst von Philosophen fast jederzeit verkannt worden, sondern die Natur des Menschen, die immer bleibt und deren eigentümliche Stelle in der Schöpfung". „Diese Methode der sittl[ichen] Untersuchung ist eine schöne Entdeckung unserer Zeiten und ist, wenn man sie in ihrem völligen Plane erwägt, den Alten gänzlich unbekannt gewesen" (II. 326). Erst auf Grund einer solchen Methode lasse sich erkennen, [„]welche Vollkommenheit dem Menschen im Stande der rohen und welche im Stande der weisen Einfalt angemessen sei, was dagegen die Vorschrift seines Verhaltens sei, wenn er, indem er aus bei­derlei Grenzen herausgeht, die höchste Stufe der physischen oder mora­lischen Vortrefflichkeit zu berühren trachtet, aber von beiden mehr oder weniger abweicht[. "]13 -

Hier ist beides gesehen: der „anthropologische" Ausgangspunkt und der prinzipielle Fortschritt über diesen Ausgangspunkt hinaus, die „Transzendenz" gegenüber dem Anthropologischen, die Wendung zum >Transzendentalen<[.]-

Damit scheint sich ein unlösbarer Gegensatz[,] ein Widerstreit zwi­schen Immanenz u[nd] Transzendenz, zwischen anthropologischer Re! a t i V i tä t (nilvtcov xp11µfrrrov µfapov av0pcon0\;14) u[nd] e th is eher Unbedingtheit, dem Abs o 1 u te n des kategor[ischen] Imperativs, auf­zutun[.]-Aber vielleicht ist es eben dieser Widerstreit, dieser polare Gegensatz, der das Wesen des Menschen am tiefsten kennzeich­net[.] - Er kann nicht dogmatisch-metaphysisch g e 1 ö s t, aber er kann u[nd] muss als solcher erkannt werden[.]-

Der Mensch wäre dann eben der tiefste Ausdruck dieses Ur-Gegen­s atze s selbst - ein §v limcpep6µevov icmtcp[.]~

A sau'tcj'J.] danach gestrichen; Heidegger würde die Konsequenz vermutlich ziehen.

Page 12: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

12 Davoser Vorträge

Sprung in die Gegenwart der philo­sophischen Anthropologie.

Drei Probleme, im Anschluß an Heideg­ger:

1) Raumproblem, 2) Sprachproblem, 3) Todesproblem.

1) Raump ro blern; So alt wie die Geschichte der Philosophie.

Raum-Problem Sprach-Problem Todes - Problem

I.) Raum, uralte Spekulationen über Wesen d[es) Raums. Myth[isches] Welt­begreifen enthält es schon.

Heidegger-Vorlesung 13

II) Aber von dieser g es chic h t 1 ich e n Vorbereitung versetzen wir uns nun niit einem Sprung mitten in die Problematik der Philo­sophie der Gegenwart hinein. Wir gruppieren sie um einen s y s t e m a t i s c h e n Gegensatz - und wir stellen zugleich zwei Den­ker in den Mittelpunkt, die diese Problematik heute vielleicht am schärfs­ten u[nd] am lebendigsten verkörpern-Schelers u[nd] Heideggers Plan der philos[ophischen] AnthropologieA[.]- In den Grenzen dieser Vor­träge ist es nicht8 möglich, auf das Ganze von Sc.helers und Heideggers Problem einzugehen - keine Kritik, geschweige eine Po 1 e m i k [.]

Ich greife nur einen Kernpunkt heraus-u[nd] ich stelle der Behand­lung dieses Kernproblems bei Seheier u[nd] bei Heidegger, die eigene Auffassung gegenüber, wie sie sich mir aus dem Problem der Philosophie der symbol[ischen] Formen ergeben hat. _c

Raumproblem Sprachproblem Todesprobl[em]n

u)E Das Raumproblem. Die Stufen des Raumbewusstseins. -

A philosophischen Anthropologie] philosophischen Terminologie e Vorträge ist es nicht] Vorträge nicht cergeben hat.-] danach folgt im Ms. ein Verweis auf o.) Leben und Geist/ Der Gegens[atz] von L[eben] u[nd] G[eist] in Schelers Anthropologie s[iehe] Vortr[ag.] Cassirer trug über dieses Thema erst am 27. März 1929 vor, siehe S. 121f im vorliegenden Bd. sowie Hrsg.-Anm. 339. n Ra um prob le m/S p rach prob lern/Todes prob lern] am Rand unter­einander geschrieben, darunter mit Bleistift senkrechter Pfeil nach unten E a)] y) Reihenfolge von Cassirer selbst geändert, aber ohne Korrektur der Glie­derung

Page 13: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

14 Davoser Vorträge

Der Raum ist nach Heidegger kein festes Gefäß, kein daseiendes Ding, in dem die Menschen und Dinge sind; es gibt so wenig einen absoluten und objektiven Raum, wie es einen Raum als bloße Anschauungsform gibt; der Raum kon­stituiert sich in der Weltlichkeit des Daseins, in .der Sphäre der Zuhandenheit, des Sorgens und Besorgens. Platz und Platzmannigfaltigkeit sind nicht das Wo eines beliebigen Vorhandenseins der Dinge; Platz ist das Dort und Da des Hingehörens eines Zeugs:.Gegend als Wohin des Gehörens von Zeug. Aprio­rität des Raumes bei Heidegger: Vorgän­gigkeit des Begegnens von Raum als Gegend im jeweiligen umweltlichen Begegnen des Zuhandenen. D. h.: Prius des reinen Aktionsraums vor jedem objektiv Vorhandenen; Primat des Akti­onsraums, in dem uns Gegenstände begegnen, vor dem Darstellungsraum und symbolischen Raum.

Ich bestreite den Heideggerschen Aus­gangspunkt nicht. Aber: These, daß die­ser so aufgewiesene Raum zwar notwen­dig den Anfang alles menschlichen Lebens mit den Dingen ausmacht, daß aber die spezifisch menschliche Auffas­sung des Raumes darin liegt, daß sich eine Wendung vollzieht, die mehr und mehr von dem Aktionsraum wegführt und hinführt zum Darstellungs- (Sym­bol-)Raum. Heideggers Raum ist termi­nus a qua; er ist aber nicht zureichend als terminus ad quem. Dreifache Entgegensetzung, um allmäh­lich das Eigentümliche des spezifisch menschlichen Raumes entstehen zu sehen.

Prius des r[ einen] Aktionsraums vor jed[em] obj[ektiv] vorh[andenen] u[nd] bloß vorgestellten R[aum]. Primat des Aktionsraums vor Darstellungsr[aum] u[nd] symbol[ischem] R[aum].

Demgegenüber: der Raum not­w[ endig] der Anfang alles Lebens, aber spezif[isch] menschl[iche] Auffassung v[on] R[aum], Wendung innerh[alb] der Sphäre, führt hin zum terminus ad quem: Darstellungsr[aum], symb[olischer] R[aum]. Heideggers R[aum] der term[inus J a quo, aber ob auch der zurei­chende term[inus] ad quem??

Jfache Entgegensetzung, um die Eigentüml[lichkeit] des spezif[isch] menschl-[ichen] Raums entstehen zu lassen.

Heidegger-Vorlesung 15

a) Der Raum bei Heidegger. Der Raum kein festes Gefäss, in dem die Menschen und Dinge „sind". Es giebt sowenig einen absoluten, objektiven Raum - wie einen R[ aum] als blosse „Anschauungsform". Sondern R[ aum] konstituiert sich in der „Weltlichkeit des Daseins", in der Sphaere der „Zuhandenheiten", des >Sorgens< und >Besorgens<[.]16

„Der Platz und die Platzmannigfaltigkeit dürfen nicht als das Wo eines beliebigen Vorhandenseins der Dinge ausgelegt werden. Der Platz ist je das bestimmte Dort und Da des Hi n gehören s eines Zeugs ... Dieses im bewegenden Umgang umsichtig vorweg im Blick gehaltene Wohin des möglichen zeughaften Hingehörens nennen wir die Gegend." (103 )17

[„]Apriorität besagt hier Vorgängigkeit des Begegnens von Raum (als Gegend) im jeweiligen umweltlichen Begegnen des Zuhandenen[."] (111)

18

Es besagt also das Prius des reinen Aktions-Raums vor jedem objektiv­vorhandenen und jedem bloss- vor g es t e 11 t e n Raum; - den Primat des „pragmatischen" Raumes vor dem Darstellungs-Raum, dem symbol[ischen] Raum.

Wiederum leugnen wir diesen Ausgangspunkt als solchen nicht -wir behaupten nur, daß der anthropologische Raum, der Raum, in dem der M ens eh lebt, erst dadurch erobert wird, daß dieser Ausgangspunkt verlassen, i.i b e rw und e n wird[.]

Zu diesem Zweck betrachten wir: a) den tierischen „Raum" b) den Raum des Aphasischen c) den Symbolraum-als

a) Ausdrucksraum (Mythos) ß) Darstellungsraum [(]Sprache, KunsrA DJ y) den Bedeutungsraum (Mathemat[ik] u[nd] Physik)

A Sprache, Kunst] untereinander geschrieben und mit geschweifter Klammer zusammengefaßt

Page 14: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

16 Davoser Vorträge

a) Ausgang von den Fragen der moder­nen Biologie: Innenwelt und Umwelt der Tiere zu edorschen und von der des Menschen zu unterscheiden. Uexküll. Was unterscheidet den Raum, in dem das Tier lebt, von dem charakteristisch menschlichen Raum? Der pragmatische Raum, wie Heidegger ihn schildert (Gegend), hat nach den Ergehnissen der modernen Biologie auch in der tierischen Welt sein genaues Ana­logon. Freilich dieser tierische Raum für uhs nicht vorstellbar. Das wäre Anthro­pomorphismus. Anderer Weg: Uexküll hat als charakteristisches Moment her­vorgehoben, daß jede Tierart in einem besonderen Raum lebtGJ sofern die Art aus ihrer Umgebung Reize empfängt und sich zu ihnen verhält: dies ist immer räumlich bestimmt. Alles, was in diese Welt gehört, hat schon ein Wo, einen Ort. Bestimmtes Verhältnis der Koor­dination. Das Koordinationsschema aber ist nicht gleichförmig, sondern es variiert von Art zu Art. Objektives Kriterium p.ur zu gewi.l)nen im Ausgang vom ana­tomischen Bau des Tieres. Beziehung zwischen Merk- und Wirknetz des Tie­res: sein Funktionskreis.

Ausgehen von der modernen Biologie. Innen-und Umwelt der Tiere. Uexküll. So fragen wir: was unterscheidet den Lebensraum, in dem das Tier lebt, vom menschl[ichen?]

Heideggers pragmatischer R[aum] (Gegend) hat auch b[ei] Tieren, nach moderner biolog[ischer] Forschung, sein Analogon. Wir können ihn uns zwar nicht vorstellen. Uexküll will uns auf Umweg, mittelb[ar] hinführen: jede Art lebt i[m] bes[onderen] R[aum]; sofern sie aus Umgebung Reize empfängt und mit charakt[ eristischer] Bewegung dar­auf reagiert, ist alles räuml[ich] best[immt.] Best[immtes] Verhältnis der Zuordnung der Teile. Das Koordinati­onsschema variiert v[ on] Art z[ u] Art. (Uexküll) Kriterium nur der anatom[ische] Bauplan des Tieres: von ihm hängt Merk- und Wirknetzab: zus[ ammen ]: Funktionskreis des Tieres.

Heidegger-Vorlesung 17

Zua)

Der „pragmatische" Raum, wie ihn Heidegger schildert und wie er ihn im Begriff der „Gegend" als des „jeweiligen umweltlichen Begegnen des Zuhandenen" umschreibt,„ hat auch in der tierischen Welt, bis hinab zur Welt der niederen Tiere, sein genaues Analogon. Wir müssen freilich darauf verzichten, uns diesen tierischen „Raum" irgendwie „vorstellen" zu wollen, wir können ihn nicht mit unseren psychischen Qualitäten ausstatten und gleichsam „ausmalen". Das würde purer Anthropomor­phismus sein. Die moderne theoretische Biologie hat uns jedoch einen anderen Weg gewiesen, auf dem wir uns dem Problem annähern können. U exküll hat in seinen Arbeiten zur Erforschung der „U mwelt und Innen­welt der Tiere" 20 als eines der charakteristischen Momente, der für jede Tierart bezeichnend ist, hervorgehoben, daß jede Art in einem besonde­ren „Raume" lebt. SofernA die Art aus ihrer Umgebung Reize empfängt und sofern sie selbst in irgend einer Weise auf diese Reize re-agiert, sofern sie irgendwelche Wirkungen auf die Umgebung ausübt, ist stets beides, dieses Empfangen wie dieses Bewirken, in irgend einer Weise räumlich bestimmt. Es hat sein >Wo<, seinen >Ürt<. Die Bewegungen der Tiere bil­den eine Gesamthandlung, deren einzelne Teile nur dadurch ein Ganzes ausmachen, daß sie zu einander in einem ganz bestimmten Verhältnis der Zu-Ordnung, der Ko-ordination stehen. Hierbei aber ist, wie Uexküll auf Grund umfangreicher experimenteller Untersuchungen gezeigt hat, das Koordinations- S c h e m a keineswegs g 1 eich förmig, sondern es variiert im allgemeinen von Art zu Art.Jede Art lebt in ihrem Raum, der sich nicht einfach in den Raum einer anderen, von ihr verschiedenen, „übersetzen", der sich nicht einfach „transponieren" lässt. Suchen wir nach irgend einem objektiven Kriterium, um diesen für die Tierart charakteristischen >Raum< zu bestimmen - so können wir hierbei nach Uexküll immer nur vom anatomischen Bau der Tierart ausgehen. Der „Bauplan" des Tieres bestimmt sein Verhältnis zur Umgebung, seine >Umwelt< wie seine >Innenwelt<. Von ihm hängt einerseits sein >Merk­netz<, wie sein >Wirknetz< ab; und die Beziehungen zwischen diesem >Merknetz< und >Wirknetz< konstituieren dasjenige, was Uexküll den >Funktionskreis< des Tieres nennt:

A Sofern] So fern

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18 Davoser Vorträge

Die Erforschung des anatomischen Bau­plans kann allein die gesicherte Grund­lage der Biologie abgeben.

Wie der spezifische Raum für jede Art verschieden ist, Sö'sind es auch die Dinge.

Was vom Tier als Veränderung der Umwelt überhaupt bemerkt wird, das hält sich stets innerhalb eines ganz bestimmten, engen Kreises; alles daraus Herausfallende ist für das Tier nicht vorhanden, In der Welt des Regenwurms gibt es nur Regenwurmdinge. Es gibt für verschiedene Arten kein gemeinsa­mes Schema der Gegenständlichkeit.

Uexkülls Schilderung einer Infusorien­art: Tier und Umwelt bilden eine in sich geschlossene· Zweckmäßigkeit. Sein Lebensraum ist zugleich der Schutz und die Schranke des Tieres. Wie die niederen Tiere sich die passendenchemischen und physikalischen Reize aussuchen, so sucht das höhere Tier die passenden Formen und Reflexionen aus ...

So sind auch die Dinge, die f[ür] das Tier vorhanden sind, spezif[isch] ver­schieden. Nicht vorgestellte, objizierte Inhalte, sondern sie greifen in sein Hand­lungsgefüge ein ....

Der Raum des Infusoriums ... zugleich f[ür] es Schutz u[nd] Schranke.

Heidegger-Vorlesung 19

„Über der Innenwelt u[nd] Umwelt steht der Bauplan alles beherrschend. Die Erforschung des Bauplans kann allein die gesunde und gesicherte Grundlage der Biologie abgeben. Wird die Ausgestaltung des Bauplans für jede Tierart in den Mittelpunkt der Forschung gestellt, so findet jede neuentdeckte Tatsache ihre naturgemäße Stelle, in der sie erst Sinn erhält u[nd] Bedeutung."21

Und wie der spezifische „Raum", in dem jedes Tier lebt, verschieden ist, - so sind es auch die > D i n g e <, die für das Tier „ vorhanden" sind, d.h. die nichtfür seine „Vorstellung" als Objekte dieser Vorstellung „da sind" (im Sinne des Objiziert-Seins), sondern die irgendwie in das Hand-1 u n g s g e fü g e des Tieres eingreifen.

Was vom Tier, als Veränderung der Umwelt, überhaupt „bemerkt" wird­d.h. worauf es mit bestimmten charakteristischen Reaktionen antwortet, das hält sich stets innerhalb eines ganz bestimmten, eng-umzirkelten Kreises - alles was aus diesem Kreise herausfällt, ist für das Tier über­haupt nicht „da"[.] >In der Welt des Regenwurmes giebt es nur Regen­wurmdinge, in der.Welt der Libelle nur Libellendinge<22 - und beide las­sen sich sowenig wie der „Raum" der Libelle u[ nd] der des Regenwurmes unmittelbar vergleichen u[ nd] auf ein gemeinsames Schema der Räum­lichkeit „überhaupt" oder der „Gegenständlichkeit" überhaupt zurück­führen.

So die Schilderung vom Paramaecium caudatum, einer Infusorienart. Von ihm sagt U[exküll], daß dieses Tier sicherer in seiner Umwelt ruhe als ein Kind in seiner Wiege. „ Überall ist es von den gleichen wohltätigen Reizen umgeben, die es vor Irrfahrten schützen und ihm immer wieder die Wege weisen zu den Quellen seiner Nahrung und seines Wohlbefin­dens. Paramaecium ist so in die Welt eingebaut, daß alles ihm zum Heile ausschlagen muss. Tier u[nd] Umwelt bilden zusammen eine geschlossene Zweckmässigkeit[. "]23 Der Funktionskreis, in dem das Tier steht und den es mit seinen Bewegungen und seinen Handlungen erfüllt, der „Lebens­raum", in welchem es existiert, ist so zugleich sein Schutz, wie er die Schranke bildet, aus der es nicht herauszutreten vermag. „Wie die niederen Tiere sich die passenden chemischen und physikalischen Reize aussuchen, so sucht sich das höhere Tier mit seinem entwickelten Augen­apparat die passenden Formen, Farben u[nd] Bewegungen aus, die seinen Reflexionen als Anknüpfungspunkte dienen können u[nd] von denen es allein abhängt, unbekümmert und sicher schwebend in der Unendlich­keit der Aussenwelt. Die Reize der Umwelt bilden zugleich eine feste Scheidewand, die das Tier wie die Mauern eines selbstgebauten Hauses umschliessen und die ganze fremde Welt von ihm abhalten." 24

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20 Davoser Vorträge

Das Tier lebt innerhalb einer Schutz­mauer, ist seiner Umgebung angepaßt, besteht darin in gewissem Sinne ruhig und sicher, aber vermag die Mauer nicht als solche zu bemerken. Hegel: die Grenze zu wissen ist nur möglich, wenn man in gewissem Sinne schon über diese Grenze hinaus ist. Wendung, die die Grenze der Welt des Menschen von der des Tieres trennt. Der Mensch gelangt an den Punkt, wo die Grenze als solche zum Bewußtsein kommt: und mit diesem Bewußtsein steht er bereits jenseits dieser Grenze.

Dieses Jenseits ist freilich nicht unmit­telbar zu erreichen,. sondern nur durch ein Medium: das der Sprache, der Gestal­tung in der bildenden Kunst u. a. Medium der symbolischen Form.

Bemerkt diesen Schutzraum nie als sol­chen. (Hegel: Grenze zu wissen nur mögl[ich], wenn man im gew[issen] Sinne über sie hinaus.)

Hier Unterschied v[on] Tier u[nd] Mensch. Mensch lebt ursprüngl[ich] auch inner h[al b] der Grenze; aber sie kann ihm als Grenzez[u]Bewußts[ein] kom­men, damit kommt er jenseits.

Dies Jenseits [nich]t unmittelb[ar] z[u] erreichen, nur durch Medium (Sprache, Mythos, Kunst)[.] Medium der symbol[ischen] Form.

Heidegger-Vorlesung 21

Das Tier 1 e b t innerhalb dieser Mauer und es steht ruhig und sicher in ihr; aber eben deshalb vermag es sie nie zu bemerken, sie a 1 s Grenze zu wissen. Denn um die Grenze zu wissen, muss man nach Hegels Wort schon über sie hinaus sein.25

Zub) Aber eben dieses Phaenomen des> Wissens der Grenze< ist es nun, was in der Welt des Menschen zuerst auftritt. Der Mensch ist das Wesen, das nicht nur, wie jedes andere, Grenze hat; sondern das zum Bewusst­s ein dieser Grenze gelangt- ja das sich selbst diese Grenze setzt. Und deshalb ist auch der menschliche „Lebensraum" spezifisch von jedem tierischen Raum geschieden. Dieser Raum hat seine eigentliche „Objek­tivität" darin, daß er nicht nur gelebt, sondern zugleich auch >objiziert< wird.

Page 17: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

22 Davoser Vorträge !

II. 19.III.29. bienstag 19. Cassirer, II. März 1929, Vor-truttag: 10-11/ E. Cassirer/ Grundprobleme der philosophi-~chen Anthropo-logie

1

!

Nun zu zeigen, wie der Herausschritt in den spezifisch menschlichen Raum möglich ist und geschieht. Der bloße Handlungsraum des Tieres bleibt auch für den Menschen erhalten (Aktionsraum), sonst wäre der Mensch entwurzelt. Aber der Aktionskreis bleibt nicht b 1 o ß er Aktionskreis, sondern wird zum Gesichtskreis. Allein der Mensch hat in diesem Sinne einen geis­tigen Horizont, weil er nicht in den blo­ßen Kreis des Handelns gebunden bleibt, sondern weil er sich von dem Lebens­raum erheben kann zum symbolischen Raum.

Erst im Ineinander von Merken u[nd] Wirken kommen die eigentüml[ichen] tierischen Umwelt[en] zur Ausbildung.

Die Form des Aufbaus der mensch­l[ichen] Welt geschieht in verschiede­nen Stufen. Gemeinsamer Titel: Symbol[ische] Form. (Sprache, myth[isches], relig[iöses] Bewußtsein, Kunst, Wissenschaft = theoret[ische] Erkenntnis)[.]

Hier [ nich ]t Skizze der Entwicklung mögl[ich], auch hier [nich]t stringenter Beweis, obwohl er sich führen läßt.

Was ich hier anführe, nur Andeutung, napaföyµa. Orientation des Weges, [ nich ]t das Ganze.

Ziel der Entwicklung (insbes[ondere] auf R[ aum ]problem hin):

Der bloße Handlungsraum, der schon dem Tier eigen, dem Menschen notw[ endig] auch, zum reinen Blickraum wird. Aktionsr[aum] wird [nich]t ver­lassen, sonst wäre Mensch entwurzelt, bleibt aber [nich]t bloßer Aktionskreis, wird Gesichtskreis. Geistiger Hori­zont. Symbolischer Raum.

Heidegger-Vorlesung 23

Der blosse Handlungsraum wird zum Blick-Raum, der Aktionskreis wird nicht verlassen, aber er wird zugleich zum Gesichtskreis. Nur der Mensch hat in diesem Sinne einen geistigen „Horizont" - und er hat ihn deshalb, weil er aus dem Kreis des Handelns in den des Betrachtens über­zugehen vermag, weil er sich von dem Lebensraum, in dem er lebt~] webt und ist[,] zum s y m b o 1 i s c h e n Rau m zu erheben vermag.A

A vermag.] danach mit Bleistift Strich zu Verweis am Rand: Mythos s. S[.] 8, d. i. das folgende BL 15v, das mit 8 bezeichnet ist. l m Ms. folgt nach einem gestrichenen Einfügungszeichen (dieses ist nochmals zusammen mit Verweis aufß) am Rand wiederholt und gestrichen): Und ein wichtiges ja ein unentbehrliches Mittel dieser Erhebung scheint wiederum die Sprache zu bilden. Das wird besonders deutlichwiederandernegativen Instanz der Aphasie. DieRaum­welt des Aphasischen scheint geradezu dadurch charakterisiert zu sein, daß sie den „Handlungsraum" unverändert bewahrt; aber daß es für sie einen reinen Symbolraum nicht mehr giebt.

Page 18: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

24 Davoser Vorträge

Räumlichkeit, wie sie im Mythos erscheint. In den primitivsten mythischen Gestalten ist diese Räumlichkeit noch nicht vollständig, sondern sie muß Schritt für Schritt erobert werden. Der mythi­sche Raum ist im wesentlichen Aus­drucksraum, im Unterschied vom Dar­stellungsraum (Kunst) und Bedeutungsraum (Theoretische Erkennt­nis). Der mythische Raum hält schon verschiedene Gegenden auseinander, aber nicht abstrakt auseinandergelegt. Links und rechts, Tiefe und Höhe usw.: All dies mit starkem Ausdruckscharak­ter geladen: Tiefe ist Dunkel, Tod; Höhe ist Licht, Sonne; links Unheil rechts Glück usw. Der Raum ist nie bloße Sphäre, die sich in Einzelbestimmungen gliedert, sondern er hat immer eine eigen­tümliche Atmosphäre um sich, ist gela­den mit dämonischen Kräften: diese bauen die mythische Welt des Raumes. Vgl. den "Richtungsplan" (?)Ader altme­xikanischen Kultur. Der Mensch steht nicht als irgendein Seiendes in diesem Raum, sondern er lebt wirklich in ihm, er wird ganz bestimmt von dieser räum­lichen Atmosphäre. Die Lage eines Din­ges im Raum ist nicht zufällig, sondern notwendig, nicht nur im physischen Kosmos, sondern erst recht im sozialen Kosmos. Z.B. gehört ein Teil eines Volks­stammes wenn ein Lager bezogen wird selbstverständlich immer in einen bestimmten Teil des Lagers. Besonders deutlich ist das bei den nordamerikani­schen Zufiis• (Indianer).

Wird erst deutlich durch Einzelheiten.

Alles Mythische gebunden an doppelte Orientierung: spezif[ische] Auffassung des Zeitlichen und Räumlichen. Probl[em] d[er] Zeit im Mythos hier auslassen. Um Räumlichkeit zu bespre­chen. Jede Umbildung im Mythos (Göt­terwelt etc.) zugleich Umbildung d[er] Räumlichkeit [.]Der myth[ische] R[ aum] wesentlich Ausdruckraum (Gegen­satz zum späteren Darstellungsraum). Mythos hat schon klar d[ie] Verschie­denheiten räumlicher Gegenden. Die Tiefe zugleich dunkel, Tod (also starker Ausdruckscharakter), links Unglück, rechts Glück u[nd] dergl[eichen.] Der R[aum] nie bloße Sphäre, sondern Atmosphäre, geladen mit dämon[ischen] Kräften. Bildliche Dar­stellung der Richtungsgötter in Alt­Mexiko. Der Mensch lebt u[nd] webt in dem Raum. Nicht nur sein Sein, auch sein Handeln davon durchzogene. Durk­heim zeigt das mal, wie Aufbau der sozi­alen Welt b[ei] Primitiven mit Raumwelt zus[ammen]hängt. Unterschiede sozia­ler Struktur auch in best[immter] räum­licher Struktur ausgedrückt. (Zuiiis)

Heidegger-Vorlesung

Zu c) Die Stufen des menschlichen Raumbewusstseins a) Ausdrucks-Raum ß) Darstellungs-Raum y) Bedeutungs-Raum

25

a) Der Ausdrucks-Raum wird amD deutlichsten in der mythischen Welt. Die Unterschiede der räumlichen Gegenden u[nd] der räumlichen Richtungen: sie sind gefühlte, physiognomische Unterschiede. Das Oben u[nd] Unten, das Rechts u[nd] Links: dies alles hat seine eigene magisch­rnythische Physiognomie. Das Rechts ist das Glückverheissende, das Links das Drohende Unheilsschwangere. Und ebenso ist auch die Spha­ere des „Oben" und „Unten" niemals bloss S phae re; sie ist zugleich von einer eigenen mythischen At m o s p h a er e umwoben u[ nd] erfüllt. Denn das Oben ist das Reich des Lichts, das Unten das Reich der Finsternis.

Die mythischen Richtungsgötter u[ nd] Richtungsdämonen LJ z.B. im altmexikanischen KulturkreisE sind aufsF stärkste ausdruckser­füllt u[nd] ausdrucksgesättigt - der mythische Raum ist wesentlich Kraftraum u[nd] als solcher dämonis eher Raum - der Mensch steht nicht nur in diesem myth[ischen] Raum; er lebt u[nd] atmet in ihm. Nicht nur sein S ein [ ,] auch sein Hand e 1 n erfolgt in den Grund -r ich tun gen dieses myth[ischen] Raumes. Nicht nur die Welt, sondern auch die Gemeinschaft ist in ihn einge b ettet[.]26 _G

";,Richtungsplan"(?)] Fragezeichen von Märchen gesetzt • Zufiis] Zungis (?) c durchzogen] durchzieht 0 Raum wird am] Raum am E Kulturkreis] darunter Fortsetzungshinweis mit Pfeil auf 8 a, das meint das fortsetzende Bl. 16r, bezeichnet mit Bleistift als 8 a. F Kulturkreis sind aufs] Kulturkreis aufs G eingebettet.-] danach folgt im Ms. ß) Der Darstellungs-Raum/der Akt der >Deixis<, das ;;6Ö& 'tt erster Schritt zur Objektivierung überhaupt- Die >Demons­trativa< als U rschicht alles Sprechens - in ihnen der erste Grund der „Substan­tialisierung" [am Rand Literaturhinweise: Durkheim Annee Soc[iologique] VI., Cushing, Zufii[:] Lager beziehen-] die Demonstrativpronomen sind es, aus denen der sprachliche Art i k e 1 entspringt[.]27 Danach Verweis mit Pfeil auf ß Sprachproblem; danach gestrichen (zurückschlagen!), statt dessen Fortsetzungs­hinweis mit Pfeil auf doppelt unterstrichen S. 10, das mei:nt das fortsetzende Bl. 5v, bezeichnet mit Bleistift als 10.

Page 19: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

26 Davoser Vorträge

Sprachproblem. Welche Verän­derung tritt ein, wenn der Mensch zu sprechen beginnt? Besser: was ist der spezifische Unterschied zwischen der Welt des sprechenden Menschen und der des sprachlosen Tieres? Heidegger: die primäre Sphäre ist nicht die Welt des Seins der Dinge, des Vorhandenen, son­dern die Welt des Zuhandenen.

Zeug.

Neue Schicht der symbol[ischen] Formen: Welt d[er] Sprache. Wel­che Veränderung tritt ein, wenn Mensch zu sprechen beginnt. Oder: was der spez[ifische] Unterscheid, der die geistige Welt des sprechenden Menschen v[ on J der des sprachlosen Tieres trennt: Anknüpfend an Formulierungen aus Sein u[nd] Zeit: Beginn [nich]t beim Vorhan­denen, sondern Zuhandenen. Vorhanden­hdt, wenn ich recht sehe, ein Abfall. Welches ist das Seiende, das in dem Zuhandenen begegnet? Wir nennen es das Zeug ....

Heidegger-Vorlesung 27

ß) Das SprachproblemA Heideggers Charakteristik der Sphaere des „Zuhandenen" - Die Gege­benheit einer Welt als „Vorhandenheit" ist schon ein ab künftiger defizi­enter Modus der „Zuhandenheit". -cf. [S.] 68B[.)

28

Das Se in des Menschen ist immer ein „Sich-Verhalten zur Welt"[.];

[S.] 68: [„]Wir nennen das im Besorgen begegnende Seiende das Zeug. Im Umgang sind vorfindlich Schreibzeug, Nähzeug, Werk-, Fahr- Meß­zeug ... Der je auf das Zeug zugeschnittene Umgang, darin es sich einzig genuin im reinen Sein zeigen kann, z.B. das Hämmern mit dem Hammer, erfasst weder dieses Seiende thematisch als vorkommendes Ding, noch weiss etwa gar das Gebrauchen um die Zeugstruktur als solche ... Je weniger das Hammerding nur begafft wird, je zugreifender es gebraucht wird, um so ursprünglicher wird das Verhältnis zu ihm, um so unver­hüllter begegnet es als das, was es ist, als Zeug .... Die Seinsart von Zeug, in der es sich von ihm selbst her offenbart, nennen wir die Zuhandenheit ... Das schärfste Nurnoch-hinsehen auf das so und so beschaffene Aussehen von Dingen vermag Zuhandenes nicht zu entdecken. Der nur >theoretisch< hinsehende Blick auf Dinge entbehrt des Verstehens von Zuhandenheit." (69),0

A Sprach p ro b 1 e m] danach gestrichen: cf. Seheier-Vortrag S. 7 4 ff. - siehe dazu S. 53 im vorliegenden Bd. sowie Hrsg.-Anm. 58. 8 cf. S. 68] mit Bleistift hinzugefügt cwelt".] danach mit Bleistift gestrichen: Heidegger [S.] 61: „Wenn wir darnach fragen, was sich an dem phaenomenalen Befund des Erkennens selbst zeigt, dann ist festzuhalten, daß das Erkennen selbst vorgängig gründet in einem Schon-sein-bei-der-Welt, als welches das Sein von Dasein wesenhaft konstitu­iert. Dieses Schon-sein-bei ist zunächst nicht lediglich ein starres Begaffen eines puren Vorhandenen. Das In-der-Welt sein ist als Besorgen von der besorgten Welt benommen. DamitErkennen als betrachtendes Bestimmen des Vorhandenen möglich sei, bedarfesvorgängigeiner Defizienz des besorgenden Zu-tun-habens mit der Welt"[. Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 13, S. 61.]Am Rand Vermerk: von mir gesp[errt]!

Page 20: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

28 Davoser Vorträge

Doch Frage: dies ist als terminus a quo, als Ansatzpunkt, anzuerkennen: aber fehlt nicht.die Blickrichtung auf den terminus ad quem? Ist es so, daß 4as theoretische Verhalten notwendig ein Begaffen bleiben muß? Geht nicht alle Theorie über das bloß passive Verhalten hinaus? Verschafft sie sich nicht ganz bestimmte Blickpunkte, die die Welt des Logos für uns ausmachen?

Hier setzt unsere eigene Frage ein: gebe die Beschreibung als Ansatzpunkt z[u], term[inus] a quo. Aber gehört [nich]t ande[re] Blickrichtung auf term[ mus] ad quem dazu, schon um auch Ansatzpunkt nun als solchen zu begrei­fen? Bloßes Begaffen gibt freilich nie Bedeutung. Aber ist Theo r et [ i -sieren] [nich]t gerade etwas ganz ander[es] als Begaffen, geht hinaus, schafft sich Blickrichtungen, die nun die Welt des Logos, des theoret[ischen] Gedankens eröffnen.

Heidegger-Vorlesung 29

Hier aber setzt unsere eigene Frage wieder ein: wir geben Heidegger diese seine „Analyse der Umweltlichkeit"; diese Beschreibung des Seins als des in der Umwelt, als Zeug, begegnenden Seienden durchaus zu -aber wir fragen: lässt sich bei diesem Anfang steh e n b 1 e i b e n ? - oder ist nicht vielmehr die „ Transzendenz" über ihn hinaus, die µinaßam<; Ei<; liA.A.o yevo<;"' der Schritt vom >Zuhandenen< zum >Vorhandenen< das eigentliche Prob 1 em A? Besteht nicht eben das >Wesen< des Menschen darin, daß er dieser Wendung, der >Wendung zur Idee<, wie Simmel sie genannt hat"' fähig ist?- wird ernichtmitihrerstzumMenschen, ist sie nicht ein Teil u[nd]Moment der Anthropogonie-und hat sie somit nicht einen ganz anderen Sinn u[nd] Wert als den einer blossen „Defi­zienz", eines Ab f a 11 s von seiner ursprünglichen Natur? Ist wirklich die >theoretische< Haltung ein blosses „ Begaffen von Dingen" - oder ist sie nicht vielmehr ein Betrachten, d. h. nicht ein blosses E rf a s -s e n von dinglich-Vorhandenem, sondern ein Bestimmen zur „Objek­tivität", ein Bestimmen zur Vorhandenheit[?]" -

A Prob 1 e m] im Ms. doppelt unterstrichen n Hier aber ... ein Bestimmen zur Vorhandenheit?] dazu eine vorbereitende Notiz auf Bl. 20r, am oberen rechten Rand bezeichnet mit 3.: Vgl. ganz besond[ers] [S.] 3 3 4 [:] „Der ontolog[ische] Ursprung des Seins des Daseins ist nicht gerin­ger als das, was ihm entspringt, sondern er überragt es vorgängig an Mächtigkeit und alles Entspringen im ontologischen Felde ist Degen er a -t i o n. "! ([Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 67, S.] 334)/Demgegenüber Goethe[:] Max[imen und Reflexionen, hrsg. v. Max Hecker, 1907, S. 141, Nr. 643:]- Das Hervorgehende ist nicht geringer etc. [bei Goethe heißt es: Das Gezeugte ist nicht geringer als das Zeugende, ja es ist der Vortheil lebendiger Zeugung, daß das Gezeugte vortrefflicher sein kann als das Zeugende ].!Die >Wendung zur Idee< bleibt eben auch für Heideggers religiöse Einstellung ein Abfall, „Sündenfall"[.]

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30 Davoser Vorträge

Goethe: Einleitung zur Farbenlehre: das bloße Anblicken einer Sache kann uns nicht fördern; es muß übergehen in Betrachten, Sinnen, Verknüpfen. Der Mensch soll, wenn er sich seine eigene Welt aufbaut, sich nicht fürchten vor der Abstraktion, vor der Trennung, vor dem Zurücktreten gegen die unmittelbare begegnende Welt des Zuhandenen. Frei­lich soll diese Abstraktion mit Selbst­kenntnis vollzogen werden: wir sollen wissen, was wir damit tun.

Goethe: (Einl[eitung) z[ur] Farbenlehre) ganz prinzipiell, scharf, method[isch]: „Das bl[oße] Anblicken kann uns [nich]t fördern, Sinne, Verknüpfen ... ["]

Das der entscheidende Punkt f[ür] unsere Betrachtung. Handelt sich daruin, sich [nich)t z[u] fürchten vor Abstrak­tion, aber sie muß, soll sie [nich]tgefähr­lich werden, mit „Ironie", mit Selbst­kenntnis vollzogen werden.

Heidegger-Vorlesung 31

So hat es Goethe gesehen - Einleit[ung] zur Farbenlehre[:] „Denn das blosse Anblicken einer Sache kann uns nicht fördern.Jedes Ansehen geht über in ein Betrachten, jedes Betrachten in ein Sinnen, jedes Sinnen in ein Verknüpfen, und so kann man sagen, daß wir schon bei jedem aufmerk­samen Blick in die Welt theoretisieren. Dieses aber mit Bewusstsein, mit Selbstkenntnis, mit Freiheit und um uns eines gewagten Wortes zu bedie­nen, mit Ironie zu tun und vorzunehmen, eine solche Gewandtheit ist nötig, wenn die Abstraktion, vor der wir uns fürchten, unschädlich und das Erfahrungsresultat, das wir hoffen, .recht lebendig u[nd] nützlich wer­den soll[.]"

33 Diese Goethische >Ironie< suchen wir gegenüber der objek­

tiven Welt des Theoretikers zu wahren[.]- Wir wollen u[nd] wir können die'„Abstraktion" nicht ausmerzen -denn sie gehört zum Wesen des Geistes selbst - aber wir müssen uns mit Freiheit über sie erheben; wir wollen nicht lediglich von ihr b e fang e n s ein, sondern sie als das, was sie ist, wissen und unsA auf ihren Urgrund besinnen.

A wissen und uns] wissen uns

Page 22: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

32 Davoser Vorträge

Hier setzt die entscheidende Leistung der zweiten symbolischen Form ein: diesen Schritt vollzieht die Sprache. Sie stellt den Menschen heraus aus der bloß pragmatischen Beziehung zur Umwelt und ermöglicht eine neue, theoretische Beziehung zur Umwelt.

Hier die entscheidende Leistung der 2'. symbol[ischen] Form: es ist die Funk­tion der Sprache, daß sie den Schritt vollzieht, Menschen aus pragmat[ischer] Beziehung zur Umwelt herausstellt und neue, theoret[ische] Beziehung zur Umwelt entwickelt.

Heidegger-Vorlesung 33

Wir fragen somit: welches ist das Medium, das von der Welt des bloss­Zuhandenen zu der des Vorhandenen, von der blossen „Zeughaftigkeit" zur echten „Gegenständlichkeit" herüberführt?A Und als das allge­meine Medium bezeichnen wir hierbei die Welt der s y m b o 1 i s c h e n F o r rn e n. Aber wir können hier nicht auf die Gesamtheit dieser Formen reflektieren - sondern wir greifen aus ihr nur eine wesentliche u[nd] entscheidende heraus: wir betrachten die Welt der Sprache [.JB

A herüberführt?] herüberführt. "Sprache.] danach folgt im Ms. a) Humboldts Wort-[„]der Mensch lebt mit den Gegenständen [haupts~~hlich, ja sogar ausdrücklich so, wie die Sprache sie ihm zuführt." Humboldt: über die Verschiedenheit des menschlichen Sprach­baues und ihren Einfluß auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts (1830-1835). In: Gesammelte Schriften, 1. Abt. Bd. 7, 1907, S. 60].

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34 Davoser Vorträge

Wir knüpfen an an Erscheinungen der Sprachpathologie. Besonders wo Stö­rungen eintreten, lassen sich sprachliche Erscheinungen am besten erfassen (vgl. Pos).„ Erforschung der aphasischen Erscheinungen, in Deutschland beson­ders Goldstein und Gelb. Erscheinung, daß Aphasische in ihrer Orientierung in der Umwelt durch Verlust der Sprache keine wesentliche Einbuße erleiden. Der Zeugcharakter der Dinge hat für sie nichts verloren. Aber oft begegnet eine charakteristische Einschränkung: man geht nur dann richtig mit den Gegen­ständen um, wenn man sie in der kon­kreten Situation ergreift. Aber wenn man außerhalb der Situation der Mahlzeit dem Kranken Messer und Gabel gibt, weiß er damit nichts anzufangen, ver­wechselt beide. Das weist darauf hin, worin die eigentümliche Kraft der Spra­che, des Namens besteht. „Synthesis der Rekognition im Begriff" (Kant):

Ich wähle hier Umweg: über Sprach­pathologie der letzten Jahrzehnte. (Pos mit Recht: bei Störung Betrachtung leichter mögl[ich]). Aphasieforschung ist sich der Zusammenhänge so klar u[nd] bewußt wie keine andere medizin[ische] Disciplin. In allen Ländern: Pierre Marie, anJackson anknüpfend, Henry Head, Goldstein u[nd] Gelb.

Aphasische erleiden durchA Sprach­verlust im allgem[einen] keine große Einbuße in Umweltorientierung. „Zeugchar[akter]" der Inhalte hat [nich]ts verloren. Aber Heilbronner berichtet einen Fall: gehen mit Gegen­ständen nur richtig um in konkreter Situ­ation, z.B. während Mahlzeit richtige Handhabung v[ on] Besteck. Aber außer­halb kennt er Messer etc. [nich]t nur· [nich]t b[eim] Namen, sondern weiß auch [ nich ]ts damit anzufangen, verwechselt sie. Weist darauf hin, worauf Kraft der Sprache, des Namens beruht. Der Gesunde hat durch Namen ein Mittel f[ür] d[ie] .Synthesis der Recognition im Begriff." Er hält sich an den Namen.

Heidegger-Vorlesung 35

b) Beobachtung an Aphasikern.B

Es ist sehr gewöhnCTich], daß Aphas[iker] Gegenstände des tägl[ichen] Gebrauchs >erkennen< - in dem Sinne, daß sie mit ihnen umzugehen verstehen - aber die Erkenntnis des Objekts geht auch in einer Gesamt­heit von Hantierungen, von Manipulationen auf. >Messer<, >Gabel< werden richtig benutzt, aber nicht als solche benannt. Wo eine Benennung versucht wird, da erfolgt sie auf einem Umwege - das Messer "zum Schneiden", der Bleistift „zum Schreiben"[.]-

Aber daraus folgt nun ein anderes - die Einschmelzung in den jewei­ligen Situationszusammenhang-die Situationsgebundenheit der „Objekte" der Aphasiker-Messeru[nd] Gabel werden zur Stunde der Mahl­zeit richtig gebraucht; aber ausserhalb derselben weiss der Kranke mit ihnen nichts anzufangen.36 - Wer über den Namen des Messers verfügt, der besitzt an ihm nicht eine blosse Marke, sondern der Name ist ihm ein Moment der Funktion der Iden ti fi zi erung -er ist das Vehi­kel für die Rekognition im Begriff 37[.]-c

A Aphasische erleiden durch] Aphasische durch •Beobachtung an Aphasikern.] am Rand Vermerk: wertvollstes Material[;] Marie - Moutier[,] Jackson - Head[,] v[an] Woerkom - Grünbaum[,) Gold­stein - Gelb„ c Be griff. -] danach mit Bleistift gestrichen: Wir können das am genauesten gerade an der Sphaere der „anschaulichen Begriffe" verfolgen -Aphasische haben keine >generellen< Fa~~namen (Head, Farbennamen-Amnesie)[.]/ Allgemeine Leistung der Sprache: Ubergangvom pragmatischen zum symbolischen Verhalten (Pat[ient] Schaf kein Markierer)[;] er kann nicht auf ein „mögliches" Objekt wirken. Abstraktion vom >Zuhandenen< hier nicht möglich- die Mücke wird nicht >erkannt< in der fremden Situation (Volkelts Spinne)[.] Die Abstraktion aus der jeweil[igen] Situationsgebundenheit ist hier nicht möglich.

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36 Davoser Vorträge

diese fehlt dem Aphasischen. Die Spra­che vollzieht den entscheidenden Schritt zur Gegenständlichkeit. Ist das eine bloße Defizienz, wenn durch das Medium der Sprache dieser Schritt geschieht? Die Sprache (Humboldt) ist das "Vehikel" des Begriffs.

Loslösbar v[on] konkreter Situation. Ist diese Formung als Objekt durch den Namen e[ine] bloße Defizienz? Sprache hier (Humboldt) Vehikel des Begriffs.

Heidegger-Vorlesung 37

c) Aber - so fragen wir - ist diese Leistung der Sprache lediglich Abfall, Sündenfall[,] „Defizienz" - oder ist sie nicht vielmehr der Anfang von allem echt geistigen Verhalten[?JA Als solchen geistigen Grund­akt von positiver, schöpferischer Bedeutung hat Humboldt die Sprache gesehen.

Humb[oldt] VII, 1, 53[:] [„]Die Sprache ist das bildende Organ des Gedankens. Die intellektuelle Tätigkeit, durchaus geistig, durchaus inner­lich u[nd] gewissermassen spurlos vorübergehend, wird durch den Laut in der Rede äusserlich u[nd] wahrnehmbar für die Sinne. Sie u[nd] die Sprache sind daher Eins u[nd] unzertrennlich von einander. Sie ist aber auch in sich an die Notwendigkeit geknüpft, eine Verb[indung] mit dem Sprachlaute einzugehen; das Denken kann sonst nicht zur Deutlichkeit gelangen, die Vorstellung nicht zum Begriff werden[.]"39

Dies ist keineswegs nur eine so z i a 1 e Erscheinung- das Soziale gehört nicht zum geistigen Wesen der Sprache, sondern es ist nur ihre notwen­dige Erscheinungsform[.]

ibid. [S.] 55[:] „Ohne daher irgend auf die Mitteilung zwischen Men­schen u[nd] Menschen zu sehen, ist das Sprechen eine notwendige Bedin­gung des Denkens des Einzelnen in abgeschlossener Einsamkeit[.] In der Erscheinung entwickelt sich jedoch die Sprache nur gesellschaftlich und der Mensch versteht sich selbst nur, indem er die Verstehbarkeit seiner Worte an Anderen versuchend geprüft hat. Denn die Objektivität wird gesteigert, wenn das selbstgebildete Wort aus fremdem Munde widertönt. Der Subjektivität aber wird nichts geraubt, da der Mensch sich immer eins mit dem Menschen fühlt; ja auch sie wird verstärkt, da die in Sprache ver­wandelte Vorstellung nicht mehr ausschließend Einern Subjekt angehört." 40

Das ist die k r i t i s c h e Stellung zur Sprache, ihre idealistische „Deduk­tion ",ihr >quid juris< wird aufgewiesen, indem sie als Grundmittel der objektivierenden Bestimmung erkannt u[nd] anerkannt wird[.]

A Verhalten?] danach Pfeil nach unten und Fortsetzungshinweis: zurück zu S. 7! !, d. i. Bl. 15r, mit Bleistift bezeichnet als 7.

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/

38 Davoser Vorträge

Doch der Rau · . Problem K k mfi1st unser eigentliches

. ran e nd f "hr vom Krankenhaus n en o t • en Weg sich auf ihm ach Hause, kennen Schritt, doc:us,tacher: keinen falschen

ge mgt es ihnen nicht d gegangenen We b . en auf d K g z~ eschre1 ben oder

er. arte zu zeigen. Primitive ken ?hen oft 1:de.Stelle eines Flußlaufs s d ß-1 nen me em Zweifel , o a steht, doch sind sie nie~ .dem Wo e~t­Karte des Flußla f _imstande, eme b

u s zu zeichne d egreifen. Ähnliches hat H d n o e.r zu

Kranken beobachtet. Hea~a k~n seinen dem Resultat daß A h . . mmt zu heit ist die ru'cht pdiasie eme Krank-

, nur e Sp h all . sondern das symb ]" h rac e em, haupt b . o isc e Verhalten über-

esttmmt.

Besondere Beobachtungen über Raum der Aphasischen (Head). Räuml[iche] Orientierung als solche unbeeinflußt. Wenn aber die Kranken den zurückge­l:gte~ Weg beschreiben sollen, versagen sie. Sie kennen sich auf dem Weg aus, aber können keine Skizze geben. Erin­nert an Erscheinungen b[ ei] Primiriv~n. Selbst Head nennt die hier fehlende Leis­tung .symbol[ische] Leistung". Sag_r, daß Aphasie e[ine] Krankheit ist, die [nich]t nur Sprache, sondern symbol[isches] Verhalten überhaupt betrifft.

Heidegger-Vorlesung 39

. Heads Kranke- kein Zweifel über das >WO< der einzelnen Dinge-über 1~re >Gegend< - können aber' keine Skizze anfertigen - Sie finden ei~e~ Weg; aber sie können ihn nicht beschreiben. Vergleich mit den Pr i -mi t1ven, die jede Wendung eines Flusslaufs kennen, aber keine Karte

desselben aufzuzeichnen vermögen.~,

: ~Geg'::'d' - können aber] >Gegend< aber . er'?ogcn.] Danach Vorverweis mit Bleistift auf Fortsetzung siehe S. 196,

'fu::emt is~ die Fortsetzung des Textes durch das Ms. zum ?· Kapitel von Zl'.r

H taphys1k der symbolischen Formen, siehe S. 41 im vorliegenden Bd. sowie

rsg.-Anm. 43.

Page 26: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

40 Davoser Vorträge

Welt des ästhetischen Verhaltens, der Kunst: sie ist ein unentbehrlicher Schritt auf diesem Fortgang. Übergang vom bloß pragmatischen (Aktions-) Raum zum Darstellungsraum. Der Zugang zu einer gegenständlich angeschauten Welt ist nur durch die Pforte der Darstellung zu gewinnen. Darstellung ist nicht eine bloße Wiedergabe, nicht nur Einfangen einer schon draußen vorhandenen Welt; der Darstellung liegt ein ganz originäres "Geben" zu Grunde. In dem Akt der bildenden Verkörperung gewinnt die Welt für den Menschen erst Gestalt, Umriß, Horizont, Körperlichkeit. Diese Determination ist an Sprache und Kunst gebunden. Die ästhetische Gestaltung schafft mit der sprachlichen Gestaltung erst einen klaren Umriß der Gegenständ­lichkeit. Besonders, wenn wir die Formen der Raumwelt begreifen. Zusammenhang besonders der bildenden Kunst mit der theoretischen Betrachtung; vgl. beson­ders „Einheit von Malerei und Philoso­phie" bei Lionardo da Vinci. Beide haben eine gemeinsame Funktion. Wissenschaft und Kunst stellen erst den Umriß der Dinge auf. Sie sind Sehensmodi, die nicht getrennt sind, sondern wesentlich zusam­mengehören.

Nun Welt des Aesthetischen, der Kunst im weitesten Sinne. Unentbehr­licher Schritt, notw[endig] auf diesem eigentüml[ichen] Fortgang. Übergang vom pragm[atischen] zum Anschau­ungsr[aum], v[om] Akt[ions-] z[um] Darstellungsr[aum] [nich]t mögl[ich] ohne bildendes Gestalten, ohne Darstel­lung. Darstellung [nich]t bloße Wieder­gabe (weder b[ei] Sprache noch Kunst), sondern notw[ endig] echtes, originäres Geben. Hier gewinnt Welt erst Gestalt u[nd] Körperlichkeit[,] Grenze u[nd] Umriß. Determination, [ nich]t Imitation. Nicht Nachzeichnung der Kontur, son­dern Schaffung, Vorzeichnung. Alle Künste sind beteiligt am Aufbau eines spezif[lschen] Raums. Spezif[isch] male­rischer, spezif[isch] plastischer, architekton[ischer] Raum. So vor allem bildende Künstler empfunden, bes[onders] von Lionardo, bei dem sich theoret[ische] u[nd] ästhet[ische] Betrachtung nicht sondern[.] „Einheit v[ on] Malerei u[ nd] Philosophie." Male­rei u[nd] Wissenschaft stellen Umriß der Dinge auf, lehren sehen, sind Sehens -m o d i [.] saper vedere.„

ß2)die Kunst cf.Ms. S. 195 ff.~

Heidegger-Vorlesung

A Kunst „. S. 1 9 5 ff.] im Ms. doppelt unterstrichen

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42 Davoser Vorträge

Letzte Stufe: theoretische Erkenntnis. Gestaltung des Raumes in der theoreti­schen Erkenntnis. Welt der Mathematik und mathematischen Physik. Losreißen und Ühergang in eine neue Welt des Seins, weil wir hier in einer neuen Welt des Sehens stehen. Die theoretische Physik verzichtet mehr und mehr auf alle Dar­stellung, auf alle Mittel der bloßen Anschauung, und schafft eine neue Gedankenwelt. Es wird ein geistiger Hori­zont erobert, der mit dem Horizont der Anschauung nicht mehr zusammenfällt. Die Grenzen der Welt liegen nicht mehr in den Grenzen der Darstellung. Neue Dimension: die der reinen Bedeutung. Dieser neue Raum hat nichts mehr mit dem schematischen Raumbegriff zu tun; der Raum wird zu einem rein symboli­schen Raum. Wenig fruchtbar hier noch zu fragen, ob dieser Schritt berechtigt ist, ob es nicht Hybris des Menschen ist, wenn so über der Welt des empirischen Raumes ein abstrakter Raum, ein solches Gefüge aufgebaut wird, wo vom Unter­schied von Raum- und Zeitcharakteren keine Rede mehr ist. Nicht fruchtbar, weil wir hier nicht zu wählen haben. Würden wir uns diesem Fortgang entziehen, so würden wir das Spezifische des Men­schentums verlieren. Doch ist diese ganze Entwicklung, nach Goethe, mit Freiheit, d.h. mit Ironie zu betrachten. Die Philosophie kann nicht die Arbeit der einzelnen Kultudormen bezweifeln, sondern soll jede von ihnen in ihrem relativen Wert und ihrer relati­ven Notwendigkeit zu verstehen suchen.

Letzte Stufe: theoret[ische] Erkenntnis: umwiedereinenPunkt herauszugreifen: Gestaltung des Raumes. Welt der Mathem[atik] u[nd] mathemat[ischen] Physik. Hier Über­gang in neue Welt des Seins, weil neue Welt des Sinns. Physik verzichtet mehr und mehr auf alle Mittel der Darstellung, Anschauung, schafft s y m b o 1 [ i s c h e] Gedankenwelt. Diese Symbole mißversteht man, wenn man v[on] ihnen Anschauungen verlangt. Neue geistige Welt über d[er] Anschauung, neue Dimension: die des Geistigen[.]

Raum gibt seinen schematischen Cha­rakter ganz auf. Wenig fruchtbar zu fra­gen, ob der Schritt berechtigt, ob es ilßp1s. Kein Unterschied mehr von Raum[-] u[nd] Zeitcharakteren. N[ich]t fruchtbar deshalb, weil wir in der ganzen Entwick­lung nicht z[u] wählen haben. Würden wir uns dem entziehen, kehren wir [nich]t zum Menschentum zurück, son­dern verlieren es. Zu fordern nur, daß wir, goethisch, die Entwickelung mit Freiheit, d. h. mit Ironie vollziehen, daß wir uns der Bedingtheit bewußt werden.

Heidegger-Vorlesung 43

ß 3) der Bedeutungsraum -der mathematisch-physikalische Symbolraum als Funktionsraum ! cf. M s . S . 2 3 3 ff. ~4

A Ms . S . 2 3 3 ff.] im Ms. doppelt unterstrichen

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kontag 25. März [929, Nachmit­~g: 5"-6/ ~. Cassirer/ Grundprobleme ler philosophi­lchen Anthropo-r 1

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44 Davoser Vorträge

Cassirer, III.

Verfall an eine Welt von Formen, Symbolen, Uneigentlichkeiten, Mittel­barkeiten. So auch Wilhelm v. Hum­boldts Interpretation der Sprache. Ver­lassen des unmittelbaren Verhaltens zur Wirklichkeit, Sich-verlieren in künstliche Formen.

III. 25.III.29

Jede Äusserung notw[ endig] E n t ä u -ß e ru n g. Kreis der Innerlichkeit ver­schlossen. Statt der eigentl[ichen] Wirkl[ichkeit] der Existenz, jetzt Welt der Formen, Bilder, Symbole, Uneigent­lichkeiten. Also Verfall an diese Mit­telbarkeiten. Am deutlichsten in der Sprache. (Humboldt; Mensch lebt mit den Gegenständen so, wie Sprache sie ihm zuführt.)

Heidegger-Vorlesung 45

Entscheidender Einwand gegen den Übergang in die Welt der „For­men" [.]Die Welt der Form ist die notwendige, die für den Menschen allein mögliche Weise, in der er sich „äussern", in der er sowohl sich sel­ber wie anderen >objektiv< werden kann - aber jede solche Äusserung ist eben Ent-Äusserung-ist Herausgehen über die reine Innerlichkeit u[nd] damit Ver 1 u s t dieser Innerlichkeit[.]- Statt der unmittelbaren „Wirk­lichkeit", statt der eigentlichen Existenz umgibt ihn jetzt nur noch eine Welt von Bildern, von Zeichen, von Symbolen - u[nd] das heisst von lauter Mittelbarkeiten und Uneigentlichem[.]- Der Übergang in die Welt der >Form< ist also der Verfall der Existenz u[nd] der Verfall des Lebens an diese Uneigentlichkeit. -

Am deutlichsten an der Sprache: W[ilhelm] v[on] Humboldt[:] „Wie der einzelne Laut zwischen den Gegenstand u[nd] den Menschen, so tritt die ganze Sprache zwischen ihn u[nd] die innerlich u[nd] äusserlich auf ihn einwirkende Natur. Er umgiebt sich mit einer Welt von Lauten, um die Welt der Gegenstände in sich aufzunehmen u[nd] zu bearbeiten. [.„] Der Mensch 1 e b t mit den Gegenständen hauptsächlich, ja sogar aus­drücklich so, wie die Sprache sie ihm zuführt." Aber hier setzt nun eben das eigentl[iche] Bedenken ein[.] - Denn wie H[umboldt] gleichf[alls] sagt: indem der Mensch die Sprache aus sich heraus spinnt, spinnt er sich zugleich immer tiefer in sie hinein. 45 Er ver 1 ä s s t das lebend[ige ], das unmittelbare Verh[ältnis] zur Wirklichkeit u[nd] er verliert sich in seinen eigenen Schöpfungen.

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46 Davoser Vorträge

Auf diesen Einwand zweifache Ant­wort:

In der Welt des Mythos der Sprache usw. ist der Mensch nicht frei im Sinne der Willkür, sondern darin besteht sein Menschsein, daß er notwendig auf diesen Weg geführt wird. Non ridere, non lugere, sed intelligere ist hier allein am Platze (Spinoza); die Philosophie hat dies Faktum zu zeigen und zu verstehen, nicht es zu rechtfertigen.

Goethe: man weicht der Welt nicht sich­rer aus als durch die Kunst und man verknüpft sich mit ihr nicht besser als durch die Kunst. Distanz zwischen Ich und Welt muß immer erst künstlich geschaffen werden. Prozeß der geistigen Distanzsetzung, der freilich zuletzt ein neues Verhältnis der Verknüpfung mit der Welt herstellt.

Solange es überhaupt eine Sprachphilo­sophie gibt, hat es auch Sprachkritik gegeben. Wie kann die Sprache die gegen­ständliche Wirklichkeit bezeichnen, von der sie dauernd durch eine Kluft getrennt ist?

Gorgias: es redet der Redende aber nicht Farbe oder Ton.

2fache Antwort auf diesen Einwand: 1.) Mensch in Sprache, Mythos nicht frei im Sinne von Willkür. Diese µsrußmm; nicht nach Belieben tun od[ er] nnterlas­sen. Notw[endig] als Mensch auf den Weg geführt. Philosophie kann [nich]ts ändern, nur aufweisen. Spinoza: Non ridere, non lugere, sed intelligere! Wir wollen das Faktum nicht rechtfertigen, sondern verstehen. Die Struktur nicht einfach, sondern in sich gespalten und gegensätzl[ich]. Polarität, doppelte Bewegung. Impuls auf d[ie] Wirklichkeit hin und v[ on J ihr fort.

Goethe der f[ür] Kunst formuliert: „Man weicht der Welt nicht sicherer aus als durch d[ie] K[unst] und verknüpft sich mit ihr [nich]t sichrer als durch d[ie] K[unst]." Schließlich doch neues Ver­hältnis der crov0sa~ mit der Welt.

Erläuterung an der Sprache: Solange es Sprachphilosophie gibt, auch Sprach­kritik.

Einsicht in die Sp[rache] und Skepsis.

So Sophistik. (Gorgias).

Heidegger-Vorlesung 47

Hierauf ist eine doppelte Antwort zu erteilen: a) der Mensch ist in diesem Erschaffen der geistigen Form nicht frei im Sinne der Willkür. Er kann diesen Schritt[,] die µirraßacni;46 zur Form nicht nach Belieben tun oder unterlassen, sondern eben sein Wesen, sein Mensch-Sein ist es, was ihn notwendig auf diesen Weg hinführt. Die Philosophie kann an diesem Sachverhalt als solchem nichts ändern, sie kann ihn nur als solchen aufweisen u[nd] als solchen verstehen. Non ridere, non lugere, sed intelligere!47

Es liesse sich dies an allen Arten symbol[ischer] Formung aufweisen. Jeder Form wohnt in ihrem Verhältnis zur Wirklichkeit eine notwendige Po 1 a r i t ä t inne. Es ist immer eine d o p p e 1 t e Bewegung, die sich in ihr auswirkt: ein Impuls auf die Wirklichkeit hin u[nd] ein Impuls von ihr fort - ein ständiges Wechselspiel der Kräfte der Anziehung und Abstossung, der Attraktion u[nd] Repulsion.

„Man weicht der Welt nicht sicherer aus als durch die Kunst u[nd] man verknüpft sich mit ihr nicht sicherer als durch die Kunst." 48

Diese Doppe 1 bestimm u n g giltfür jegl[iche] symbol[ische] For­mung[.] Sie beginnt stets damit, daß sie sich die Welt gleichsam in die Ferne rückt, daß sie eine künstl[iche] Distanz zwischen dem Ich u[ nd] der Welt schafft. Durch diese Distanz erst ergiebt sich die Möglichkeit des „Blickpunkts", des geist[igen] Horizonts. Die Sprache u[nd] die bil­dende Kunst, der Mythos, die Religion, die theoret[ische] Erkenntnis -sie alle arbeiten - eine jegliche in ihrer Weise u[ nd] nach eigenem inne­ren Gesetz - an diesem Prozess der geistigen Distanz-Setzung mit[.]

- Ich führe dies hier nur für die Sprache durch[.] -

a)Adie skeptische

Gorgias: es redet der Redende, aber nicht Farbe u[nd] Ton[.]49

A a)] Davor nach Textumstellung stehengeblieben: -Aber ihr stehen zwei andere gegenüber

Page 30: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

48 Davoser Vorträge

Platon: die Philosophie wird zur Dialektik, die begründet (ist) im 5w./..Syscr9at, die Sprache und Denken in einem erfaßt; aber trotzdem ist der Zwei­fel an der Sprache nicht beschwichtigt; besonders 7. Brief: Stufenfolge der Erkenntnis, anhebend mit övoµa und A.Oyos, dann iimcr'rljµtj, das höchste Wis­sen aber ist die Schau der Idee des Guten; dem bleibt die Sprache immer inad­äquat.50 Berkeley: wir brauchen nur den Vorhang von Worten hinwegzuziehen, um den Baum der Erkenntnis zu sehen.

Wesentl[ich] anderes Verhältnis zur Spra­che bei Plato. Einsames Denken, Gespräch der Seele mit sich selbst. VII. Brief (hebt an mit 6voµa und A.öyo~, dann Eittot~µTj, konkretes Wissen greift aber darüber hinaus, Ideen sehen, schon der

··Idee des Guten bleibt die Sprache inad­äquat.) Nichtsdestoweniger muß nach Pl[ ato] Vernunft als .durch Sprache ver­mittelt gedacht werden.

Berkeley (Einleitung z[u] Princip[ien] d[er] menschl[ichen] Erk[enntnis]: Vor­hang d[er] Worte wegziehen!)

Heidegger-Vorlesung 49

Berkeley[:] „ Vergeblich erweitern wir unseren Blick in die himmlischen Räume; vergeblich ziehen wir die Schriften gelehrter Männer zu Rate u[nd] verfolgen die dunklen Spuren des Altertums - wir brauchen nur den Vorhang von Worten wegzuziehen, um klar und rein den Baum der Erkenntnis zu erblicken, dessen Frucht vortrefflich und unserer Hand erreichbar ist." 51

DiesA auch der Kern der Mau thne rs chen Sprachkritik -die Sprache ist das schiech t- Generelle, das nur- „Abstrakte"; sie reicht niemals an die Konkretion, an die Fülle der „Wirklichkeit", die schlecht­hin individuell ist, heran.5,

A Dies] dies

Page 31: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

50 Davoser Vorträge

[bei Mörchen und Weiss nicht aufgezeichnet]

Heidegger-Vorlesung 51

ß) die „mystische" - (ohne Wertbezeichnung!) Das Wort verbindet Mensch u[ nd] Mensch; es ist das eigentlich soziale Band; aber es ertötet eben dadurch die eigentliche, die tiefere Beziehung, - es zerschneidet das unmittelbare Band, das die Seele mit Gott verbindet[.] - So haben alle grossen Mystiker empfunden - die „unio Dei" bedarf weder des Wortes noch braucht sie des Bildes - sie entsteht in der Abkehr von der Welt der Bilder, wie von der der Worte[.]-Die Negation der Sprache ist der Anfang der mystischen Erkenntnis~] das „Nein, Nein" (Om, Om) der einzige Ausdruck, der der Sprache für das Göttliche zur Verfügung steht[.] Alles Sprechen ist keineswegs, wie Humboldt will, Steigerung der Subjektivität5i - es ist Abfall von dem wahren Kern des Ich-jede Äuss erung ist Ver­ä u s s er lieh un g - [„]Spricht die Seele, so spricht ach schon die Seele nicht mehr[."]54 -

In diesem Sinne fasst auch Heidegger als eine Grundform der Spra­che das „ Gerede"[.] Er versichert zwar, daß dieser Ausdruck bei ihm nicht in einer herabziehenden Bedeutung gebraucht werden solle[.] (S. 167) Aber das Gerede ist ihm doch wesentlich „die Seinsart des e n twu r­z e 1 t e n Daseinsverständnisses"[.] (169) „Die Rede, die zur wesenhaften Seinsverfassung des Daseins gehört und dessen Erschlossenheit mit ausmacht, hat die Möglichkeit, zum Gerede zu werden und als dieses das In-der-Welt sein nicht so sehr in einem gegliederten Verständnis offenzuhalten, sondern zu verschliessen, und das innerweltlich Seiende zu verdecken." 55

Im Gerede enthüllt sich eine Grundart des Seins der Alltäglichkeit, die Heidegger das Verfallen des Daseins nennt[.]56

Page 32: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

52 Davoser Vorträge

So auch Goethe (Venezianische Epi­gramme): Klage, daß er an das Mittel der deutschen Sprache gebunden sei. Aber auch ein anderes Gedicht „Sprache": „ Was reich was arm ... " Gefühl des Sprachschöpfers. Die Sprache ist nur, was der jeweilige Impuls, was der lebende Augenblick aus ihr macht, und nicht, was sie an sich sein mag. Es ist nicht die starre Substanz der Sprache, sondern ihre dynamische Funktion, die über ihren Wert entscheidet. Sie ist nichts Dinghaf­tes zwischen den Menschen und der umgebenden Wirklichkeit. Sie ist ein kristallhelles, aber auch kristallhartes Medium. Aber dies Bedenken schwindet, wenn man sieht, daß diese Antinomie nicht der Sprache selbst zur Last fällt sondern in der metaphysischen Beschrei­bung der Sprache begründet ist. Sie ist nie !lpyov, sondern reine livepyew.: dann gewinnt das Problem eine andere Gestalt. Sie wird zur Formzeugung, die freilich stets auch Formzerstörung sein muß.

Nur in dynamischen, nicht in stati­schen Gleichnissen läßt sich all dies erör­tern.„

Zweifel u[nd] Verzweiflung an der Spra­che auch b[ei] den Poeten. Goethe in Venez[ianischem] Epigramm („Im schlechtesten Stoff" .DJ Aber b[ ei] Goethe auch der Gegenpol „ Was reich, was arm, was stark, schwach ... " Gefühl des ech­ten Sprachschöpfers. Sirm und Wert der Sprache hängt [nich]t v[on] ihrem metaph[ysischen] Wesen ab, sondern v[ on der] Art ihres Gebrauchs. Sie ist [nich ]t selbst dinghaft, substantiell, kein Medium das sich zw[ischen] Mensch u[nd] Welt schiebt. Denn Medium wäre zugleich Bindeglied und Schranke. Kris­tallhell u[nd] zugleich kristallhart. Faßt man sie in ihrem reinen Vollzugs­char[akter] (Humboldt: [nich]t spyov sondern reine iiv&pyew.)[,] dann wird sie form zeugende Kraft, freilich zugleich formzerstörend und formzerbrechend. Grammatik [nich ]t fester Damm (Voßler) [,]sondern eben diese Kräfte gehen auch neue Bewegungsimpulse.

Schöpfung des Augenblicks erhält anderseits hier einen Halt. Alle diese Wendungen freilich nur Gleichnis, aber es läßt [sich] nur in dynamischen, [nich]t in statischen Gleichnissen spre­chen.

Heidegger-Vorlesung 53

Platon - Vossler - dagegen unsere eigene Grundansicht der Sprache S. 75ff. des Vortrags r.n,

AVortrags .] am Rand Markierung mit waagerechtem Strich

Page 33: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

54 Davoser Vorträge

[bei Märchen und Weiss nicht aufgezeichnet]

Heidegger-Vorlesung 55

Das TodesproblemA Zeit u[nd] „Zeitigung" nach Heidegger[.J Heideggers gesamte Erörterung auf das Todesproblem zentriert[.]- Die Analyt[ik] der Existenz findet hier ihren Mittelpunkt - denn im Sinn u[ nd] Wesen der m e n s c h 1 [ich e n J Existenz liegt es, daß diese Exis­tenz ein Ende haben muss[.] - Daß der Mensch stirbt: dies ist also nicht ein Schicksal, das ihn von aussen trifft, sondern es liegt zutiefst in seiner Wesenheit gegründet. - Und so ist es das Phaenomen des Todes, das das Dasein des Menschen dauernd üb er schattet - aber dieser Schatten entstammt doch derselben Quelle, aus der sein Dasein erst Sinn u[ nd] erst Licht erhält[.] - Der Tod ist ein immanentes Moment des existierenden Daseins - dieses ist „Sein zum Tode[" .Js9 Die in den Tod vorlaufende Entschlossenheit ist der Modus eigentlicher Existenz[.] „Die existenziale Interpretation des Todes liegt vor aller Biologie u[nd] Ontologie des Lebens"[.] (247) „Den Fragen einer Biologie, Psychologie, Theodizee u[nd] Theologie des Todes ist die existenziale Analyse metho­disch vorgeordnet"[.] (248)60 „Die eigenste, unbezügliche und unüber­holbare Möglichkeit beschafft sich aber das Dasein nicht nachträglich u[nd] gelegentlich im Verlaufe seines Seins. Sandern wenn Dasein exis­tiert, ist es auch schon in diese Möglichkeit geworfen. Daß es seinem Tod überantwortet ist, und dieser somit zum In-der-Welt sein gehört, davon hat das Dasein zunächst u[nd] zumeist kein ausdrückliches oder gar theoretisches Wissen[.] Die Geworfenheit in den Tod enthüllt sich ihm ursprünglicher u[nd] eindringlicher in der Befindlichkeit der Angst". (251 )

61 Und hier gibt es keine Ver t r c t bar k e i t des einen Daseins durch

das andere - hier steht jeder auf sich selbst u[nd] nur auf sich selbst. „Selbst wenn es möglich u[ nd] angängig wäre, das Sterben der Anderen im Dabeisein sich >psychologisch< zu verdeutlichen, die damit gemeinte Weise zu sein, als Zu-Ende-kommen nämlich wäre keineswegs erfasst. Die Frage steht nach dem ontologischen Sinn des Sterbens des Sterben­den als einer Seinsmöglichkeit seines Seins und nicht nach der Weise des Mitdaseins u[nd] Nochdaseins des Verstorbenen mit den Gebliebenen." (239)

62 Hier klingen bei Heidegger ganz tiefe religiöse insbesondere pro -

t es ta n t i s c h e Motive an[,] cf. Luther", Acht Sermone gepredigt in Wittenberg in den Fasten 1523[:] „Wir sind alle zum Tode gefordert und

A Das Todes prob 1 e m] Diese Variante des Themas wurde offensichtlich nicht vorgetragen (vgl. die Aufzeichnungen.von Märchen und Weiss). Eine nahezu gleichlautende Auseinandersetzung mit dem Todesproblem findet sich auch in Box 31,folder 602, Bl 5v, 6v, 5v, 6r, lr, abgedruckt in ECN 1, S. 222-224. B cf. Luther] Am Rand wiederholtes Einfügungszeichen, das das Ziel der Ver­weisung von BI. 23v markiert, siehe S. 65 im vorliegenden Bd.

Page 34: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

56 Davoser Vorträge

[bei M örchen und Weiss nicht auf gezeichnet]

Heidegger-Vorlesung 57

wird keiner für den anderen sterben, sondern ein jeglicher in eigener Person muss geharnischt u[nd] gerüstet sein für sich selbst mit dem Teu­fel u[nd] Tode zu kämpfen. In die Ohren können wir wohl einer dem anderen schreien, ihn trösten u[nd] vermahnen zu Geduld, zum Streit u[nd] Kampf; aber für ihn können wir nicht kämpfen noch streiten, es muss ein jeglicher allda auf seine Schanze selbst sehen und sich mit den Feinden, mit dem Teufel und Tode selbst einlegen u[nd] allein mit ihnen im Kampf liegen. Ich werde dann nicht bei Dir sein noch Du bei mir." (Luther, acht Sermone, erste Predigt[.])63

Und dasselbe M o t i v klingt uns immer wieder entgegen, wo der reli­giöse In div i du a 1 i s m u s sich gegen die „objektive" Form der Religion erhebt. So auch im Katholizismus - Pascal[:) „Nous sommes plaisant de nous reposer dans la societe de nos semblables[.] Miserables comme nous, impuissants comme nous, ils ne nous aideront pas; on mourra seul; il faut clone faire comme si on etait seul ... " ([Blaise Pascal: Pensees, Publiees ... par Ernst) Havet[, 5. ed. Bd.] I,[ 1897, S.] 197[.]) Auch hier wird das >Man< verworfen-dem Tode gegenüber giebt es keine Gemeinschaft u[nd] keine A 11 gemein h e i t - hier ist das individuelle Selbst auf sich a 11 ein zurückgeworfen - und hier verschwindet auch die Illusion einer absoluten „Wahrheit"; einer an sich seienden u[nd] an sich gültigen theoretis eh en Objektivität [ .]- Heidegger hat diesen Schluß entschlossen gezogen. 226[: „]Wahrheit >gibt es< nur, sofern und solange Dasein ist ... Die Gesetze Newtons, der Satz vorn Widerspruch, jede Wahrheit überhaupt sind nur solange wahr, als Dasein ist. Alle Wahrheit ist gemäss dieser wesenhaften daseinsmässigen Seinsart relativ auf das Sein des Daseins[. "L 314[,] 212[: „]Die Substanz des Menschen ist die Existenz[."ls 227[: „]Daß es >ewige Wahrheiten< gibt, wird erst dann zureichend bewie­sen sein, wenn der Nachweis gelungen ist, daß in alle Ewigkeit Dasein war u[nd] sein wird. Solange dieser Beweis aussteht, bleibt der Satz eine phan­tastische Behauptung" 66 [-]hier hilft auch nicht der Rekurs auf ein „ideales Subjekt". (229) Denn dieses ist eben nach Heidegger ein phantastisch-ide­alisiertes Subjekt[.] „Wird mit dem Begriff eines solchen Subjekts nicht gerade das Apriori des nur „tatsächlichen" Subjekts, des Daseins, verfehlt? Gehört zum Apriori des faktischen Subjekts, d. h. zur Faktizität des Daseins nicht die Bestimmtheit, daß es gleichursprünglich in der Wahrheit u[nd] Unwahrheit ist[?"l7 Für ein endliches Wesen kann es daher keine „ewi­gen Wahrheiten" geben.

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58 Davoser Vorträge

[bei Mörchen und Weiss nicht aufgezeichnet]

Heidegger-Vorlesung 59

Demgegenüber kehren wir wieder zu Pascal zurück- er steht an einer merk-würdigen Grenzscheide zwischen religiös[ em] Individualismus u[ nd] Rationalismus - zwischen Religion u[ nd] Mathematik[,] zwischen Port Royal u[nd] Descartes. Und so klingt bei ihm auch das andere Motiv stark u[nd] klar durch: >L'homme n'est qu'un roseau le plus faible de Ja nature, mais c'est un roseau pensant. II ne faut pas, que l'univers entier s'arme pour l'ecraser. Une vapeur, une goutte d'eau suffit pour Je tuer. Mais quand l'univers l'ecraserait l'homme serait encore plus noble que ce qui le tue, parce' qu'il sait qu'il meurt, et l'avantage que l'univers a sur lui. I:univers n' en sait rien. Taute notre dignite consiste donc en la pensee. C'est de fa qu'il faut nous relever, et nous ne saurions rempJir. Travaillons dorre a bien penser: voila Je principe de la morale.'~•

Der Mensch unterliegt nichtledigJich dem Tode, noch erleidet er ihn schlechthin[;] er beweist auch ihm gegenüber die Grundfähigkeit, die ihn über das Tier hinaushebt; die Fähigkeit der Distanzierung; er denkt den Begriff der „Natur" u[nd]in ihm die Notwendigkeit des Entstehens u[nd] Vergehens des Individuellen- er gibt dem Phaenomen des Todes seine „Stelle" im Sein. U[nd] damit erst wird das Leben selber über den blossen Bereich der „Sorge" und über die Befindlichkeit der Angst erhoben[.] Schiller[:] Mit dem Geschick in hoher Einigkeit.,9

Das mag „heidnisch" sein - aber es ist e eh t philosophisch!

A morale.<] Danach ein Bl. mit Bleistift gestrichen: Dem Menschen also ent­hüllt sich der Tod nicht nur in der „Grundbefindlichkeit der Angst"; er weiss vom Tode. D. h. der Tod wird ihm zur N otwendigkei t[.]/stoische <'mxpa~ia [ Leidenschaftslosigkeit als Erlösung von der Angst, vgl. Epicuri ad Herodotum. Epistula prima. In: Epicurea, 1887, bes. Abschnitt Slf, S. 31f]-/P1aton: Phi­losophieren ist sterben lernen [vgl. Hrsg.-Anm. 75]./In diesem Wissen der sterblichen Existenz von sich gelangt sie zu der ihr eigenen Uns t erb 1 ich -k e i t [.]Platon zieht den entgegengesetzten Schluss, weil es Ideen, weil es ewige Wahrheiten gibt, darum kann die Seele, die diese Wahrh[eiten] erkennt, nicht schlechthin sterben -denn Erkenntnis ist µ&Sc:~~ [vgl. Hrsg.-Anm. 76]. -/ Nicht anders Spinoza sub specie aeterni [vgl. z.B. Spinoza: Ethica V, Lehrsatz 30. In: Opera Bd. l, S. 264]-hier tritt der Mensch aus der Angst um die eigene Sterblichkeit heraus - Homo liber de nihilo minus quam de morte cogitat [vgl. Hrsg.-Anm. 78]. Im Wissen wird die blasse Tat sä c h 1 ich k e i t des Todes überwunden: das Fatum wird Notwendigkeit - u[ nd] daraus quillt der >amor fati< als amor Dei intellectualis [vgl. Spinoza: Ethica V, Lehrsatz 33 sowie ders.: Ethica V, Lehrsatz 19. In: Opera Bd. 1, S. 257].

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60 Davoser Vorträge

Todesproblem. Gehört zu den Urphänomenen, die der Mensch nach Goethe nicht erklären soll. Trotzdem soll darüber einiges gesagt werden.

Für den philosophischen Positivismus galt das Todesproblem für unwissen­schaftlich, wenn nicht biologisch gestellt. Besonders Simmel hat diesen Bann gebrochen,,, und Heidegger hat das Pro­blem in seiner ganzen Einfalt und Schlichtheit und Ursprünglichkeit hin­gestellt.

Stellung entwickeln, die durch Hei­deggers Anthropologie dem Todespro­blem gegeben ist. Ich kann das nur mit Scheu. Tod Urphän[omen], von denen Goethe gesagt, Mensch soll sie nicht erforschen, einfach stehen lassen.

Gefahr des „ d i s - cutere", zerschlagen. Trotzdem tue ich es aus Gefühl der Ver­pflichtung. Man kann Heideggers Schrift nicht gerecht werden, wenn man am Todesprobl[em] vorbeigeht. Philo­soph[ischer] Positivismus fand dieses Probl[em) unwissenschaftl[ich]. Der Bann gebrochen, vor allem dankSimmel. Heidegger behandelt wieder dies Prob­lem in Wahrheit, Ernst, Einfalt, Ursprünglichkeit, Schlichtheit, Tiefe. Schon dies allein begründet Verdienst des Buches.

Heidegger-Vorlesung 61

Ich wende mich nun dem letzten großen Problem zu, das im Lauf dieser Betracht[ ungen J noch behandelt werden sollte: dem Todesproblem. Aber ich will Ihnen sogleich[,] m[eine] D[amen] u[nd] H[erren) gestehen, daß ich an dieses Problem nur mit Zögern u[nd] mit einer gewissen Befan­genheit, mit einer inneren Scheu herantrete. Denn wenn irgend ein Phae­nomen, so gehört das Phänomen des Todes zu jenen Ur p h a e n o m e -n e n, von denen Goethe sagt, daß der Mensch darauf verzichten solle, sie weiter „erklären" zu wollen, sondern daß er sie in ihrer unerforsch­lichen Grösse stehen lassen solle. 70

Jede Diskussion des Problems birgt daher hier, mehr als anderswo, dieA Gefahr des dis-cutere im eigentlichen Wortsinne - dieR Gefahr des Zerschlagens eines Phaenomens, das, wenn es überhaupt gesehen werden soll, in seiner Einheit und Ganzheit, in seiner erhabenen Schlichtheit gesehen werden muss. Wenn ich mich trotz dieser inneren Bedenken, die ich zu überwinden habe, u[nd] trotz der Kürze der Zeit, die jede irgend erschöpfende Darlegung verbietet, dem Problem noch kurz zuwende, so geschieht es aus dem Gefühl der Ver p f 1 i c h tun g heraus. Denn niemand kann, wie ich glaube, der modernen philos[ophischen] Anthropologie, kann insbesondere Heideggers Buch gerecht werden, der an diesem Punkt, an seiner Behandl[ung] des Todes­problems, vorbeigeht. Es gab eine Zeit - u[nd] sie liegt noch gar nicht lange hinter uns - in der die Philosophie dieses ihr eigenstes originäres Problem fast ganz aus den Augen verloren hatte.

A die] der nach Streichung stehengeblieben • die] der nach Streichung stehengeblieben

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62 Davoser Vorträge

Der Gegensatz zu Heidegger liegt für uns weniger im Inhalt als in der Richtung der Betrachtung. Historische Orientie­rung wählen wir als Weg der Untersu­chung. Zwei Grundorientierungen: 1) christlich-religiös, 2) heidnisch-antik. Auch in der Antike ist das Problem nicht rein philosophisch; vgL Mysterien; und die christliche Todesauffassung ist auch nicht völlig abtrennbar von der klassi­schen Philosophie. Trotzdem Grundge­gensatz durch die Geschichte zu verfol­gen.

Trotzdem gewisser Gegensatz zw[ischen] uns, [nich]t i[m] Inhalt der B,etrachtung, aber in Richtung, die sie nimmt. Kann das hier [nich]t sys­temat[isch] ausschöpfen. Darum Mittel­weg: histor[ische] Orientierung des Probl[em]s. 2 durchgehende große Orientierungen: 1.) christl[ich-]religiös 2.) antik-heidnisch, eigentl[ich] philo­soph[isch]

Natürlich diese Einteilung nicht erschöpfend. (Antikes Todesbewußtsein darf [nich]t allein philos[ophisch] betrachtet werden. Mysterien, Erlö­sungsreligionen führen auf anderen Ursprung. Andererseits christl[iche] Todeslehre [nich]t v[on] Antike zu tren­nen.)

Heidegger-Vorlesung 63

Trotzdem bleibt auch an diesem Punkte zwischen seiner u[nd] meiner Grundauffassung ein gewisser Gegensatz zurück- ein Gegens[atz,] der jedoch vielleicht weniger den In h a 1 t der Betrachtung als die R ich -tun g der Betrachtung angeht. Ich kann jedoch hier nicht entfernt mehr daran denken, diesen Gegensatz s y s t e m a t i s c h auszuschöpfen oder ihn auch nur systemat[isch J zu b e z e i c h n e n. Erlauben Sie mir daher[,] m[eine] D[amen] u[nd] H[erren], daß ich einen anderen Weg gehe, der mich mit t e 1 bar zu dem Punkte des Gegensatzes hinführen soll. Ich wähle den Weg der historischen Orientierung. In zwiefacher Form hat sich das Prob![ em] des Todes der europäischen Mensch­heit gestellt. Zwei grosse 0 r i e n t i er u n gen lassen sich hier unter­scheiden, die ich kurz als die christlich-religiöse u[nd] als die antik-heid­nische, die eigentlich „philosophische" Orientierung bezeichnen will. N atürlichA ist dieser Gegensatz kein vollständiger u[ nd] kein ausschlies­sender: Denn auf der einen Seite: wollen wir das antike Todesbewusst­sein charakterisieren, so dürfen wir nicht bei seinem lediglich phi 1 o -s 0 phi s c h e n Ausdruck; bei dem Ausdruck, den es in den großen Systemen der klass[ischen] griech[ischen] Philosophie, bei Platon, bei Aristoteles, im Stoizismus gefunden hat, stehen bleiben.B Auch die Antike besitzt in ihren Mysterien, in ihren Erlösungsreligionen Quellen, die auf einen ganz andern Ursprung, als den des reinen Logos, des philosophi­schen Denkens u[nd] der philosoph[ischen] >Theorie< zurückweisen. Und auf der anderen Seite sind in die christliche Lehre vom Tode, wie sie von Augustin an sich aufbaut u[nd] ausbaut, fort u[nd] fort die Ströme des griech[ischen] theoret[ischen] Denkens eingeströmt. Ohne die dauernde Mitwirkung u[nd] Einwirkung des Platonismus u[nd] des Stoizismus hätte auch die christliche Todeslehre sich nicht bilden, sich nicht philo­sophisch aussprechen können.c Der Gegensatz der geistigen Motive als solcher aber bleibt trotz dieses ihres ständigen g es chic h t 1 ich e n In-Einander-Greifens u[nd] In-Einander-Übergreifens unverkennbar.

A Natürlich] davor öffnende Klammer; die schließende Klammer fehlt " bleiben.) bleibt. causspre chen können.] aus sprechen zu können.

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64 Davoser Vorträge

Christliche Grundauffassung in einer Predigt Luthers, 1523: acht Sermone dieses Jahres beginnen mit Predigt über den Tod. „Wir sind alle zum Tode gefor­dert und wird keiner für den Anderen sterben, sondern ein jeder für sich selbst muß gerüstet sein, mit dem Teufel und Tod zu kämpfen ... " Das endliche Dasein ganz auf sich selbst gestellt; erst dadurch wird es seiner Endlichkeit ganz über­führt. Lösung aus allen sozialen Ver­flechtungen usw. Der Tod wirlt das Indi­viduum auf sich selbst zurück und zeigt ihm darin seine eigentliche Wahrheit und Wesenheit; Lösung aus der Welt des Man und der Alltäglichkeit.

Kurz skizzieren: 1.) christl[ich-]relig[iös]: Schlagend in Predigt Luthers 1523 in Wittenberg. (8 Sermone beginnen mit Predigt über den Tod). „Wir sind alle z[um] Tode gefor­dert, wird keinerf[ür] d[en] andern ster­ben, jeg[licher] in eigen[ er] Person ... " Endliches Dasein ganz auf sich gestellt, reine Endlichkeit erst überführt. Aus allen Scheinverbindungen gelöst. Tod wirft Indiv[iduum] i[m] eigentl[ichen] Sinne auf sich selbst zurück. Löst es „aus d[er] Welt des Man u[nd] der Alltäglich­keit."

Heidegger-Vorlesung 65

Beginnen wir mit dem zweiten, dem spezif[isch] christl[ich]-relig[iösen] Motiv1', so stellt es sich uns vielleicht am reinsten, am klarsten u[nd] präg­nantesten bei Luther darB[,J vgl. Luther, Acht Sermone gepredigt in Wit­tenberg in den Fasten 1523[:] „Wir sind alle zum Tode gefordert und wird keiner für den anderen sterben, sondern ein jeglicher in eigener Person muss geharnischt u[ nd] gerüstet sein für sich selbst mit dem Teufel u[ nd] Tode zu kämpfen. In die Ohren können wir wohl einer dem anderen schreien, ihn trösten u[nd] vermahnen zu Geduld, zum Streit u[nd] Kampf; aber für ihn können wir nicht kämpfen noch streiten, es muss ein jegli­cher allda auf seine Schanze selbst sehen und sich mit den Feinden, mit dem Teufel und Tode selbst einlegen u[nd] allein mit ihnen im Kampf liegen. Ich werde dann nicht bei Dir sein noch Du bei mir." (Luther, acht Sermone, erste Predigt)72 Das also ist der Sinn des Todes bei Luther, daß er das endliche Dasein ganz auf sich selbst stellt u[nd] daß er es damit seiner Endlichkeit erst eigentlich überführt. Er löst es aus all den Schein-Verbindungen, an denen es seinen Halt sucht; aus den physischen Verbindungen wie aus den sozialen Verpflichtungen. „Ich werde dann nicht bei Dir sein, noch Du bei mir"[.] Der Tod wirft das Individuum auf sich selbst zurück - er löst es, um es in Heideggers Sprache auszudrü­cken, aus der Welt des Man und der Alltäglichkeit[.],3 -

A Motiv] Motivs a dar] danach Einfügungszeichen, das sich auf das Luther-Zitat in der ersten Fassung des Abschnitts über das Todesproblem bezieht, vgl. S. 55 im vorliegenden Bd., philologisch-editorische Anm. B.

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66 Davoser Vorträge

Antik-klassische Auffassung: Platon, Phaidon. Gerade die christliche Ent­wicklung hat sich oft auf ihn berufen; ebenso auch der Rationalismus.

Trotzdem liegt hier (im Unsterblich­keitsbeweis) nicht das Zentrum der Pla­tonschen Schrift. Selbst wenn diese Beweise brüchig sind (dies gilt seit Kant), so liegt das Wesentliche doch in der Gestalt des sterbenden Sokrates, der sterben kann und sterben darf; Reifwer­den zum Tode, nicht erlangt durch Reli­gion, sondern durch die Kraft der reinen Philosophie. Philosophie definiert mit Bezug auf dies Zentrum: Philosophieren heißt Sterbenlernen. Der Mensch, der in den Ideen lebt, braucht den Tod nicht zu fürchten. Freiwerden vom Tode im Denken des Todes.

2.) antik-klass[isch:] Tiefster, herrlichs­ter Ausdruck im Platon[ischen] Phaidon. Freilich beruft sich gerade auf ihn die relig[iös] christl[iche] Entwicklung. Auch Rationalism[us] d[es] 18. Jahrhunderts (Moses Mendelssohn) sieht Phaid[on] in diesem Licht.

Doch liegt hier [ n ich] t sein eigentli­ches Zentrum (in der Unsterblichkeit). Seit Kant alle Unsterblichkeitsbeweise brüchig. Rührt [ nich ]t an tiefen Gehalt, der konstimiert durch die Gestalt des sterbenden Sokr[ ates ]. Reifwerden z[ um] Tode, [nich]t durch religiöse Kraft, son­dern durch Kraft des reinen Gedankens, der reinen Philos[ ophie ]. Philosophieren einzig auf das Zentrum bezogen, Philo­sophieren= sterben lernen. In der µt0E~t~ der Idee geht uns Gewißheit der Gren­zen auf, brauchen Tod [nich]t z[u] fürch­ten. Im Denken an Tod vom Tode frei werden.

Heidegger-Vorlesung 67

Dem stellen wir nun die antike, die klassisch-philosophische Auffas­sung gegenüber. Sie stellt sich am reinsten u[nd] am klarsten in Platons Phaidon dar. Der Platon[ische] Phaidon hat auch innerhalb des Chris­tentums Jahrhunderte durch als eigentlicher Kronzeuge für die christl[iche] Grundanschauung vom Tode gegolten. Das erschien hier als das eigent­liche Wunder, daß Platon rein vermöge der Kräfte de~ natürl[ichen] Vernunft den Tod überwunden, daß er ohne die HilfeB der christl[ichen] Offenbarung, den wesentlichen In h a 1 t dieser Offenbarung, die Lehre von der Unsterblichkeit, erfasst habe. Und nicht nur das Christen­t um, sondern auch der Rationalismus, auch die Aufklärungsphilos[ ophie] des 18t. Jahrh[underts] sah das Verh[ältnis] noch in diesem Licht. Auch Moses Mendelssohns Phaedon sieht das Grosse u[nd] Erstaunliche des Werkes darin, daß es die Unsterblichkeit, die dem Gläubigen auf dem Weg der Offenbarung zu Teil wird, aus reinen Begriffen u[nd] durch bündige Vernunfts chlüss e erweise.74

Und doch liegt das eigentliche Zentrum des Platon[ischen] Phaidon an einer anderen Stelle. Wenn auch alle dogmat[isch-]metaphysischen Unsterblichkeits beweise, die Platon giebt, brüchig wären u[nd] vor der strengen Logik verschwinden müssten - wie sie mit Kant in der Tat ver­schwinden müssen - so würde doch dies nichts an dem e i gen t 1 [ich e n] Gehalt des Werkes ändern. Denn dieser wird nicht durch die einzelnen dogmat[isch]-metaphys[ischen] Unsterblichkeitsbeweise konstituiert, sondern durch die Gestalt des sterbenden Sokrates. Sokrates ist der Weise, der sterben kann u[nd] sterben darf, weil er, lange bevor ihn der Tod als äusserliches Schicksal trifft, zum Tode reif geworden ist. Und dieses

reif werden zum Tode" kraft des reinen Gedankens ist nach Platon der ;igentl[iche] Sinn al 1 er Philosophie. Philosophie ist sterben 1 er­n e n

75 - es heisst sich der Urtatsache des Todes in Gedanken gegen­

überstellen u[nd] ihr in Gedanken gewachsen zu werden[.] Der Mensch, der in der Idee lebt, braucht den Tod nicht zu fürchten - denn in der Teilhabe an der Idee, in der µil0el;tc; an ihr,76 geht ihm die Gewiss­heit eines Ewigen auf, das alles Dasein, in seiner notwendigen End­lichkeit, überstrahlt u[ nd] überdauert. So wird der Weise der Philosoph, der Mensch, der den Tod denkt eben damit vom Tode frei.

A der] des " daß er ohne die Hilfe] daß er auf ohne die Hülfe

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68 Davoser Vorträge

Vgl. besonders Spinoza. Affektenlehre, wurzelnd im Stoizismus, wie Dilthey zeigte; aber noch wichtiger ist Spinozas Kritik, Erkenntniskritik, der Zeit und der Zeitlichkeit überhaupt. Tractatus de emendatione intellectus: drei Stufen der Erkenntnis: 1) imaginatio, 2) ratio, 3) intuitio; nur der letzteren wohnt eigent­lich philosophische Erkenntnis inne. Nur sie erfaßt das Ganze der Wirklich­keit sub specie aeterni. Die imaginatio hat daran nicht teil; sie stellt alles unter die Form der Zeit. Die eigentliche Frei­heit, die von der Todesfurcht, wird gege­ben nur durch die intuitive Erkenntnis. Das Denken des Todes ist immer noch Denken von der Endlichkeit; diese soll die Intuition verlassen und in die Ewig­keit aufsteigen.

Wieder im deutschen ästhetischen Humanismus des 18. Jahrhunderts, besonders Schiller, „Die Künstler". Hier nicht mehr Kritik des philosophischen Denkens, sondern ästhetische Grundkraft des Menschen. Der Mensch wird inner­lich vom Tode frei.

Ich frage nicht mehr, wie die Philo­sophie sich zwischen diesen beiden Polen entscheiden soll. Eine objektive Ent­scheidung vielleicht nicht möglich. Nur dies zu fordern, daß wir beide Pole sehen.

Wirkt weiter in Neuzeit. In Verbin­dung mit stoischen Elementen bei Spi­noza. Die Verbindung best[immt] Spinozas ganze metaph[ysische] Denkart. Anfang im Stoizismus hat vollendet Dilthey gezeigt. Hier handelt es sich um anderes. Sp[inoza] geht es um die „Erkenntniskritik" d[er] Zeit u[nd] Zeit­lichkeit. Tractatus des intellectus emen­datione. 3 Stufen: lmaginatio, ratio, intu­tio. Der 3. wohnt allein Kraft der philos[ ophischen] Erk[ enntnis] inne. (Sub specie aeterni). lmaginatio kann an sol­cher Orientierung nicht teilhaben, stellt alles unter ihre charakt[ eristische] Form: Zeitlichkeit. Wer die 3. Stufe hat, wird frei von der Form des endl[ichen] Daseins das sich im Tode ausdrückt. Überwindet jegl[ichen) Affekt, bes[onders] Todes­furcht; eigend[iche] Freiheit. „Homo liber de nulla re minus quam de morte cogitat."

Grundanschauung des deutschen aesth[etischen) Humanismus des 18.Jahrhunderts ebenso. Schiller: „Die Künstler."

Wage [nich]t z[u] fragen, wie sich Philos[ophie] zw[ischen] beiden Todes­betrachtungen entscheiden soll. Zu for­dern nur dies, daß wir beide Pole sehen. Gerade diese Ergänzung vermag das eigentl[iche] Probl[em] des Todes aufzu­hellen.

Heidegger-Vorlesung 69

Ich verfolge hier nicht die unendl[ich ]-vielfält[igen J Auswirkungen, die diese Platon[ische] Auffassung u[nd] weiterhin die stoische Auffas­sung in der Geschichte des Geiste gehabt hat. Spinoza (Dilthey!) scientia intuitiv~7 - Homo Iiber78 [-]

Nur ein markantes Beispiel- Schiller - aesthet[ischer] Humanismus; nicht mehr die Kraft der Vernunft, des Denkens, der Ideenschau ist es die den Menschen über den Tod erhebt, sondern die a es th et [isch e J Anschauung des Kosmos wandelt in Notwendigkeit, was zuvor als blos­ses Schicksal, als unbegreifl[icher] Zufall erschien[.)79 -

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70 Davoser Vorträge

Beide Momente vereinigt bei Pascal. Nicht nur aus der Sphäre des religiösen Erlebens kam er zum Problem des Todes, sondern er rückte zugleich doch alles auch unter den Gesichtspunkt der Philosophie, Logik, Mathematik. Er ist Cartesianer. „Der Tod trifft den Menschen allein ... " Doch daneben: "Der Mensch ist der Schwächste der Natur, aber ein denken­des Wesen. Nicht das ganze Universum braucht sich zu waffnen, ihn zu stürzen; ein Hauch kann ihn töten. Trotzdem ist der Mensch edler als das Universum, weil er weiß, daß er stirbt. Alle unsere Über­legenheit besteht im Gedanken, nicht im Raum, nicht in der Dauer, die wir nicht erfüllen können."

Heideggers Grundauffassung vom Tode. Befindlichkeit der Angst als Zen­tralpunkt des Daseins.

Nicht zu bestreiten. Doch nur als Aus­gangspunkt annehmbar, nicht Endpunkt. Das eigentlich philosophische Problem liegt nicht in der Angst als solcher, son­dern in der Fähigkeit des Menschen, von dieser Angst frei zu werden, sei es durch Theorie, Kunst oder Religion.

Das z[u] erläutern an einem, der beide Momente erfahren u[nd] verschmolzen hat: Pascal. „II faut donc faire, comme si on etait seul." Einer der tiefsten Grundgedanken, der sich in „Pensees" wiederholt. Daneben: „L'homme n'est qu'un roseau. Taute notre dignite existe en la pensee.["] An ihn halten, nicht an Raum u[nd] Dauer. Arbeiten wir daran, richtig z[ u] denken, das ist das Princip der Moral.

Zum Schluß z[u] Heideggers Todes­probl[em] zurückkehren:

Nur best[immter] Ausgangspunkt, [nich]t letzter rein philos[ophischer] Endpunkt. Das eigentl[iche] Prob![ em] [ nich ]t in der Angst als solcher, sondern in der Fähigkeit, v[ on] der Angst loszu­kommen, sei es durch 0eropia, Kunst od[er] Religion. -

Heidegger-Vorlesung 71

Pascal[:]Jansenismus als Phase der Verinnerlichung etc.A „Nous sommes plaisants de nous reposer dans la societe des nos semblables. Miserables comme nous, impuissants comme nous, ils ne nous aideront pas; on mourra seul, il faut clone faire, comme si on etait seul[."]8~ Wiederurne Zurückgeworfen-Sein° des Individ[uums] auf sich selbst, äusserste I so 1 i er u n g - Aber dem steht Pascal, der Logiker[,] der Mathematiker, der Cartesianer gegenüber.

Wir kehren nunmehr zu Heidegger zurück[.) „Die eigenste unbezügliche und unüberholbare Möglichkeit beschafft sich das Dasein nicht nach­träglich u[nd] gelegentlich im Verlaufe seines Seins. Sondern wenn Dasein existiert, ist es auch schon in diese Möglichkeit geworfen. Daß es seinem Tod überantwortet ist, und dieser somit zum >In der Welt Sein< gehört, davon hat das Dasein zunächst u[ nd] zumeist kein ausdrückliches oder gar theoretisches Wissen. Die Geworfenheit in den Tod enthüllt sich ihm ursprünglicher u[nd] eindringlicher in der Befindlichkeit der Angst."

81 Heidegger hat gezeigt, wie diese Befindl[ichkeit] der Angst zum

Zentralpunkt des Daseins wird.

Aber wieder ist damir' nur der Ausgangspunkt, der terminus a quo, nicht der terminus ad quem bezeichnet. Nicht die Angst vor dem Tode als sol­che, sondern die Überwindung dieser Angst - mag diese wie bei Platon als gedankliche, mag sie wie bei Schiller als aesthetische, mag sie schließl[ich] als r e I i g i ö s e Überwind[ ung] gedacht werden ist es, was für das Dasein des Menschen charakteristisch ist.

A etc.] danach mit Bleistift über das Zitat geschrieben: Gestatten-französ[isch] "seul."] danach mit Bleistift hinzugefügt:-Man wird all[ein] st[erben.] c Wiederum] wiederum o Zurückgeworfen-Sein] Zurückgeworfen sein E Aber wieder ist damit] Aber wieder damit

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72 Davoser Vorträge

Der Mensch ist nach Heidegger das spezifisch endliche Wesen. Aber Frage: ist der Mensch nicht zugleich das end­liche Wesen, das seine Endlichkeit weiß und darin irgendwie über seine Endlich­keit hinaus ist? Das Wissen von der End­lichkeit ist selbst nichts Endliches mehr, sondern enthält die Potenzialität zur Unendlichkeit in sich.

Der Mensch (siehe Kant-Vorträge„) ist das spez~fisch] end 1 [ich e] Wesen. Ich leugne den Ausgangspunkt nicht, aber Gegenthese (die ich hier [nich]t begriin­den kann): er ist das endl[iche] Wesen, das seine Endlichkeit weiß, dadurch dar­über hinaus[.] Das Wissen um sie ist ab[ er] [ nich Jts endliches mehr, Potenzialität zum Unendlichen hin.

Heidegger-Vorlesung 73

Der Mensch ist das endliche Wesen, das seine Endlichkeit weis s -u[nd] das in diesem Wissen seine Endl[ichkeit] überwindet, u[nd] seiner Unendl[ichkeit] gewiss wird.

3facher Dank - meinen Dank an Sie m[ eine] D[amen] u[ nd] H[ erren] für die Geduld u[nd] für das Interesse, mit dem Sie diesen Darlegungen gefolgt sind - meinen Dank an Heidegger für die Bereicherung, die ich aus der sachl[ichen] Auseinanders[etzung] mit seinem Buche83 gewon­nen -und last not least meinen herzl[ichen] Dank an die Herren des Komitees der Davoser Hochschulkurse84, die mir die freudig ergriffene Gelegenheit dargeboten haben, diese sachl[iche] Auseinanders[etzung] durch eine persönl[iche] Aussprache zu ergänzen u[nd] wie ich hoffe zu vertiefen.85

Page 43: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

BEILAGE I

Page 44: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

HEIDEGGER-AUFS[ATZ. NOTIZEN ZU HEIDEGGERS „KANT UND DAS PROBLEM DER

METAPHYSIK"]A.

[Konvolut 100, Box 42, folder 837)

I) Kant u[nd] die Metaphysik -Woran liegt es, daß die Frage nicht verstummen will ?B Ist Kantledigl[ich] der Kritiker der Vernunftu[nd] damit der Kritiker der Erkenntnis? Ist er Logiker oder Metaphysiker? Ist er der Totengräber der Metaphysik- oder Neubegründer einer Meta­physik? Jede Epoche hat anders hierauf geantwortet. -Riehl- cf. m[einen] Artikel ,Neukantianismus' 86

Subjektive oder objektive Deduktion - Heidegger tritt entschlos­sen wieder auf den Boden der obj[ektiven] Deduktion[.]­Gewaltsamkeit-aber er entschliesst sich zu dieser Gewalts[amkeit]-c er will das Problem Kants wieder auf den eigenen ursprünglichen Boden zurückversetzen - u[nd] dieser Boden ist der subjektive Boden - die Fundamental-Ontologie als Ontologie des Menschen - s[iehe] ... 87

II) Von dieser Stellungnahme aus: Endlichkeit als Zentralproblem s[iehe] Zettel0 ,Endlichkeit'E L rJünfzehn Zeilen freigelassen]

A Heidegger-Aufsatz ... Metaphysik"] Zur Wahl des Titels siehe die editorischen Hinweise, S. 319. Die von Cassirer im Text mit Seitenzahlen nachgewiesenen wörtlichen Zitate stammen sämtlich aus Martin Heidegger: Kant und das Pro­blem der Metaphysik, 1929 (Sigle KPM), wobei in den Hrsg.-Anm. zusätzlich die Fundstellen in Bd. 3 der Martin Heidegger Gesamtausgabe angegeben wer­den (vgl. Martin Heidegger Gesamtausgabe, Abt. 1: Veröffentlichte Schriften 1910-1976. Bd. 3, Kant und das Problem der Metaphysik, 1991, Sigle HGA 3). BI) Kant ... nicht verstummen will?] 1) über a) geschrieben. Am Rand mit Bleistift geschrieben u. unterstrichen: Heide g g er c Gewaltsamkeit-] danach mit Bleistift eingefügt: cf. Methode!, verweist auf BI. 46r, siehe S. 98 im vorliegenden Bd. 0 Zettel] Ztt. E siehe Zettel ,Endlichkeit'] verweist auf BI. 23r, 25r u. 27 rlv, siehe S. 87 f. im vorliegenden Bd.

Page 45: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

78 Beilage I

2) nähere B es tim m u n g der Endlichkeit - nicht als Ausdruck irgend­welcher „Unvollkommenheiten" 88 [-]cf. letztesA Cap[itel]89 [-]sondern sie muss im Wesen des Menschen begründet liegen - u[ nd] das heisst in seiner Erkenntnisart[.] a) intuitus originarius u[nd] derivativus90 - GegenständeB als Gegenüber­stehen91 b) Anschauung u[ nd] Verstand Angewiesenheit auf die Anschauung >Dienststellung< des Verstandes,2 L [sieben Zeilen freigelassen] c) Zentrale Rolle der Einbildungs kraftL [fünfzehn Zeilen freige­lassen] d) Zentrale Rolle des Schematismus.L [zwanzig Zeilen freigelassen]

III) Zur Kritik dieses Standpunktes -völlig zu zus tim m e n für Kants >Erkenntnislehre< = Erfahrungslehre positivL [eine Zeile freigelassen] Aufheb[ ung] des Du a 1 i s m u s L [zwei Zeilen freigelassen] richtig auch, daß dieser Dualismus nicht von der Logik her bewältigt werden kann

R[aum] u[nd] Z[eit] keine Kategorien-L [zwei Zeilen freigelassen] Problem der Repraesenta tion cf. Philos[ophie] d[er] symbol[ischen] F[ormen Bd.] III,, von Heidegger dadurch unterschieden, daß nicht , a 11 e' Repraesentation auf die Zeit allein zurückgeführt werden kann -Stellung des Raumes etc. Repraes[entation] überhauptc - nicht bloss zeitliche Repraes[ entation]

IV) Ideenlehre - Dialektik- Vernunft Hier ver s a g t Heideggers Kriterium -

End[ichkeit] u[nd] Unendlichkeit- Idee d[er] Erfahning.L [fünf Zeilen freigelassen]

A letztes] ltzt. B Gegenstände] Gegenstande c überhaupt] im Ms. doppelt unterstrichen

Heidegger-Aufsatz

StimmungA Angst bestärken oder aufhellen.

Nur der KörperB L [zwei Zeilen freigelassen]

Stil Dunkelheit des „Abgrunds", des >Nichts<c Gegenü herstell[ ung]

79

Heideggers Stil nicht dunkel aus einem Mange 1 heraus - geschweige, weil er die Dunkelheit sucht[;] dieser Stil ist vielmehr der Mensch - er trägt die Farbe seines Temperaments[.]L [eine Zeile freigelassen] Kant dringt in die letzen Tiefen - aber er bleibt in dieser Tiefe noch „Aufklä­rer" [,)der Licht-Spender. Heideggers Philos[ ophie] will uns das Dunkel spenden - uns den >Abgrund< erkennen lassen,4[,] cf. seine Definit[ion] der Metaphys[ik:] Kant Metaphysik- die Lehre von den ersten Prinzipien der menschlUchen] Erkenntnis[;] Heidegger- Lehre vom - Nichts -von der Nichtigkeit[.]95

L [eine Zeile freigelassen] Hier kein „Vergleich" möglich[.]L [sieben Zeilen freigelassen]

Zeitcharakter Vernunft u[nd] Zeit Re ko gni tion &.Ei Öv96 L [zwanzig Zeilen freigelassen]

Heideggers Darst[ ellung] gibt ein Stück - Erkenntnistheorie[.]L rJünfundzwanzig Zeilen freigelassen]

V)0 Ist Kant vor der „Endlichkeit der Vernunft" zurückgewi­chen? 97

Dies eine zu einfache Erklärung!L [eine Zeile freigelassen] , Aufklärung< ist nicht Mangel an Tiefe, noch Er s c h r e c k e n vor der Tiefe des Abgrunds - Homo liber ... etc. (Todesproblem!)„ L rJünfzehn Zeilen freigelassen]

A Stimmung] am Rand mit Bleistift Verweis auf cf. um[ er] Allg[emeines], verweist auf Bl. 12 r u. 13 r/v, siehe S. 80 im vorliegenden Bd. • Nur der Körper J bricht ab c >Nichts<] am Rand Verweis auf cf. unt[ er J Allg[ emein ]; verweist auf Bl. 12 r u. 13 r/v, siehe S. 80 im vorliegenden Bd. 0 V)] VI) Zählung berichtigt, durch Blattzusammenhang vorgegeben

Page 46: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

80 Beilage I

VI)A Antwort aufdieFrage Kant u[nd] die Metaphysik Kants Lehre enthält in unlösl[icher] Correlation beide Momente -Der Mensch ist das Wesen, das der objektiven Erkenntnis u[nd] der objekt[iven] Idee fähig ist[.]

cf.99 L rfünfzehn Zeilen freigelassen]

AllgemeinesB Zum „Stimmungscharakter" -Heidegger hat sich mit echtem Tiefsinn in die Tiefen des kan[ tischen] Systems versenktu[nd] in sie gleichsam einge bohrt -aber er hat sich nicht mit dem gleichen Erfolg in die freie, lichte Höhe dieses Systems erhoben[.]- Und doch beruht die Gewalt von Kantsc System auf dieser Verbindung von Tiefe u[nd] Höhe- auf der Freiheit der Überschau beim Wurzeln im fruchtbaren Bat h o s der Erfahrung[.]100 - Beileibe nicht der höhere aber doch: -auch Stil - h e 11 es Zimmer101

furchtbareD Dumpfheit bei Heidegger

204: es handelt sich nicht um das was Kant sagt, sondern um das was in seiner Grundlegung g es chi eh t ! 102 Richtig - unser Einwand geht aber dahin, daß in Kants Grundlegung weit mehr g es chi eh t, als Hei­degger aufweist - die ,Bewegung' ist viel zu eng gefaßt - es ergibt sich das „Zurückweichen"[.]L [siebzehn Zeilen freigelassen]

StilcharakterE von Heidegger „Dunkelheit"

weit[ere] Belege s[iehe] z.B. 218 „Der Mensch vermöchte nicht das g e wo r f e n e Seiende als ein Selbst zu sein, wenn er nicht überh[aupt] Seiendes als ein solches sein-lassen könnte" etc. (218)103 etc[.] 219: [„]Auf dem Grunde des Seinsverständnisses ist der Mensch das D a [ "]104 etc.

A VI)] V) Zählung berichtigt, durch Blattzusammenhang vorgegeben B A 11 gemeines] ab hier mit Bleistift geschrieben c Kants]K's D furchtbare] fruchtbare E Stilcharakter] davor Zuordnungshinweis Allgem[ eines]

Heidegger-Aufsatz 81

Allgem[eine] Auffass[ung] der Phil os op hie bei Heidegger. selbst immer endlich, kann nie >absolut< werden

227: [„]Die je erneute Besinn[ung] auf die Endl[ichkeit) kann nicht gelin­gen durch ein gegenseit[iges) Ausspielen u[nd) vermittelndes Ausglei­chen von Standp[unkten]" um dann doch in absolut[ er] Erk[enntnis) zu münden - [„)es bleibt vielmehr nur die Ausarbeimng der Prob 1 e­m a t i k der Endl[ichkeit] als solcher["]- durch einen Einsatz, [„]der nie als der einzig mögliche beansprucht werden kann[."]105 -Washier behauptet wird ist nur dies[,] daß der Kam[ische] Einsatz ein anderer als der Heideggersche ist[,] daß er in wesentl[ichen] Grundbest[immungen] anders gerichtet, andersge-sinntA ist[.]

Grundvorzug von Heideggers Buch, daß es sich nicht am Peripheren hält, sondern den Blick unverrückt auf das zentrale Problem der Meta­physik als Fundament a 1- Ontologie gerichtet hält- daß es sich mitten hin eins teilt in die Gi gan to machie um das Sein[,] cf. 230!106 [-]

aber es steht in dieser Gigantomachie anders als Kant[.]L [sieben Zeilen

freigelassen]

Endlichkeit als Grundproblem derganzenHeideggerschenB Auslegung 208: [„]Die Grundlegung der Metaphys[ik] gründet in der Frage nach der Endl[ichkeit] imMenschen[."]107

209: ["]Um dieses fundamentale Prob![ em] der Norw[ endigkeit] der Frage nach der Endl[ichkeit] im Menschen in Abs[icht] auf eine Grundleg[ung] der Metaphys[ik] ans Licht zu bringen, wurde die vorsteh[ende] Ausleg[ung] der Kr[itik] d[er] r[einen] V[ernunft] unternommen["]! 108

Das stand s t ä n d i g im Mittelpunkt der Interpretation[. J 212: [„]es muss der Wesenszusammenhangc zwischen dem Sein als sol­chem (nicht dem Seienden) u[nd] der Endlichk[eit] im Menschen ans Licht gehoben werden[. "J10• - ·

222: dies Fundamental-Ontologie[: „]Im Gehalt dieses Titels ist das Pro­blem der Endlichk[ eit] im Menschen in Absicht auf die Ermögl[ichung] des Seinsverständnisses als das Entscheidende eingeschlossen[."]110

keinerlei „Erkenntnistheorie" (221)111

A ge-sinnt]-sinn t im Ms. doppelt unterstrichen B Heideggerschen] H's c Wesenszusammenhang] Wesenszushg.

Page 47: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

82 Beilage I

Schematismus Heidegger besteht mit Nachdruck auf der Angewiesenheit des Denkens auf die Anschauunlf -das Denken hat blosse Diensts t e 11 u n g - ist schlechthin auf Ansch[auung] angewiesen[,] cf. z.B. S. 140112 -Aber ist das unbedingt richtig?-Als logische >Formen< sind die Kat[egorien], wie Kant immer wieder betont, durchaus s e 1 b ständig - sie bedürfen ihrem Sinne nach „der Ansch[ auung] auf keine Weise"[,] cf. Kr[itik] d[ er] r[einen] V[ernunft.]113 Wofür also bedürfen sie der Ansch[auung]­wo rin sind sie auf sie angewiesen[?] -Für den Aufbau der Erfah­rung- des empir[ischen] Gegenstands, der> Natur<[.] Daneben aber steht die ganz s e 1 b s t [ ä n d i g e] Funktion, in der sie das Reich des >Intelligiblen< aufbauen: hier können sie gerade n i c h t auf Schemata >restringiert< werden[.] Irrig ist es daher, wenn Heidegger den „Einbildungscharakter" auch auf die reine Vernunft ausdehnen will[.] (144) 114

Behaupt[ ung], daß a 11 e m Verstand eine reine Rezeptivität beigemischt sei (146) 115

Nur dem empirisch im Aufbau d[er] Erfahrungs[-]= Er schei­n u n g s w elt sich betät[igenden] Verstand kommt sie B zu[,] im Gebiet der , Vernunft' (der Idee) aber ist das Denken ab so l u t ·spontan[.] Freiheits­idee enthält absolute Spontaneit[ät.] Idee geht über die Erfahrung hinaus [-]cf. Bleist[ift]-Bemerk[ung] auf S. 146116 [-]hier beginnt erst die eigentl[iche] Transzendenz [ ,] die sich Heidegger verbaut hat, weil erden empirisch-phaenomenal[en] Gegenst[and] trans cend [ en tal] nennt.117

Heidegger ist im Grunde - Empirist statt >Idealist<[.]

Einbildungskraft _c

[„]Die Synthesis als solche ist weder Sache der Ansch[auung] noch des Denkens. Sie hat gleichsam zwischen beiden vermittelnd mit beiden Verwandtsch[aft. "]Sie ist [„]die blosse Wirkung der Einbildungs­kraf t [,)einer blinden obgleich unentbehrl[ichen] Funkt[ion] der Seele, ohne die wir überall gar keine Erkenntn[is] haben würden.["] (A 78, Heidegger 57)118 [„]Die reine Synth[esis] handelt rein s yno pti sch in der reinenAnsch[auung] u[nd] zugleich rein reflektierend im reinen

A Anschauung] Anschg B sie] im Ms. doppelt unterstrichen c Ein b i 1 dun g s kraft -] Daneben Zählung 1 ). Ab hier mit Tinte geschrieben. Am Rand: cf. Menschl[ichkeit]-Endl[ichkeit], verweist auf Bl. 32r u. 30r, siehe S. 89f im vorliegenden Bd.

Heidegger-Aufsatz 83

Denken["] (58)119[,] d. h. [„]unser reines Denken ist jederzeit vor die es angehende Zeit gestellt[."] (57)120

Die reine Synthesis fällt demn[ach] weder der reinen Ansch[auung] noch dem reinen Denken zu. Die Erhellung ihres Ursprungs kann daher weder eine transzendental-aesth[etische] noch eine transzendental-logi­scheA sein. UEntsprech[end] ist die Kategorie weder ein Probl[em] der transz[endentalen] Aesth[etik] noch der transz[endentalen] Logik[."]

(61)121 - N[ota]b[ene]: Das hat auch Cohen immer wieder betont, der diese

Eins[icht] aber durchaus nach der objektiven Seite wendet (Einheit der Grundsätze als Grundbed[ingung] der m a t h [ e m a t i s c h e n] N [ a tu r ]- W [iss ens eh af t] ).122

Hier also völlige Übereinstimmung - aber bald die Umkehr nach dem Gegenpol, demPolder „subjektiven Deduktion"[.]

Ausdrückl[ich] wendet sich Heidegger gerade an d i es e m Punkt gegen die >Neigung<, die Kr[itik] d[er] r[einen]V[ernunft] als eine „ Logik der r [einen] Er k [ e nn tn i s]" zu fassen[.] (61)~23 So selbstverst[ändlich] die vielfält[ige] Herrsch[aft] der Logik in der Kr[itik] d[er] r[einen] V[ernunft] sein mag: die Interpretation muss durchdringen zu dem „innern Zug der Problematik"[.] (63)125

[„]alle Synthes[is] wird von der Einbildungskr[ aft J erwirkt; demnach ist die transzendentale Apperz[ eption] wesenhaft auf die reine Einbildungskraft bez 0 gen. Diese kann als reine nicht etwas empir[isch} Vorgegebenes vor-stellen, dem gegenüber sie nur reprod[uktiv] wäre, sondern sie ist a priori b i 1 den d d. h. rein produktiv[. "](7 4 )126

Reine Einbildungskraftc bezieht sich wesenhaft auf die Zeit (s[iehe] d[ort]) und so enthüllt sie sich als Mittlerin zwischen transz[endentaler] Apperz[eption] u[nd] Zeit. (75),,,

Die Verhältnisse allererst bildende Kraft ist die reine Einbildungs­kraft[.] (77)

128 Die reine Erkenntnis bricht den für ein endliches Wesen

notwendigen Spielraum erst auf, in dem „alles Verhälmis des Seins oder Nicht-Seins stattfindet" u[ nd] muss deshalb die o n t o 1 o g i s c h e heis­

sen[.] (79)129

A transzendental-logische] transsz.-logische B Ausdrücklich ... zu fassen. (61)] Am Rand: sucht >Gültigkeit</ sucht >Rechts-handel</quid juris etc./ cf. S. 81 f.! 124 c Einbildungskraft] Einb.

Page 48: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

Beilage I

Der' >Verstand< gibt jetzt [,,]seinen Vorrang auf u[nd] bekundet sich lbst durch dieses Aufgeben in seinem Wesen, das darin liegt, in der auf e Zeit bezogenen reinen Synthes[is] der transz[ endcntalen] Einbildungs­:aft gründen zu müssen[."] (79)no [,,]Der Transzendenzhorizont mn sich nur in einer Versi nnli eh u ng bilden["](85),3, (also nur das :in von - Ph a e n o m e n e n ergeben, cf. Heidegger 111: [„]Mögl[ich­:it] der Erfahrung ist gleichbedeutend mit Transzendenz["J!m)[,] 1s reine Bild aller Gegenstände überhaupt aber ist die Z c i t s[iehe] :ort].

ehre vom Schematismus das entscheidende Stadium der Grundlegung ;r >Metaphysica generalis< (105)13i(;] das Schematismuskapitel führt „mit ner unerhörten Sicherheit in den Kern der ganzen Problematik der .ritik d[er] r[einen] V[ernunft]." (107)13,

: h a r a kt er ist i k der Einbildungskraft ,]Nichtgebundenheit an das Seiende - sie ist freizügig im Hinnehmen Jn Anblicken, d.h. sie ist das Vermögen, solche sich in gewisser Weise :lbst zu geben[."] (121 )m [„]Diese bildende Kraft ist zumal ein hin­ehmendes (rezeptives) u[nd] ein schaffendes (spontanes) „Bilden". In iesem ,Zumal' liegt das eigentliche Wesen ihrer Struktur[."] ( 1 2 1) ~36 Diec Spontaneität behält doch den Anschauungscharakter; sie ist

1bjectio sub aspectum- exhi bi ti o originaria0 -diese aber ist nicht so :höpferisch wie der intuitus originarius[.]137 - In der exhibitio originaria eisst die Einb[ildungskraft] pro d uk ti ve (123)08[;] diese prod[uktive] inb[ildungskraft) bezieht sich nie auf das Bilden von Gegen s t ä n -en, sondern auf den reinen Anblick von Ge genstän d 1 ichke i t berhaupt[. „]Sie ist erfahrungsfreie, Erfahr[ung] allererst ermöglichende eine prod[ uktive] Einbildungskraft[") (125 )139[;] die transz[ endentale] inb[ildungskraft] ist die Wurzel der beiden Stämme [-]die :ine Ansch[ auung] u[ nd] das reine Denken sind auf die transz[ endentale] inbildungskraftE zurückzuführen [ .] (131 )140

Aber Problem, ob durch eine solche Reduktion der Erk[ enntis ]vermö­en des endl[ichen] Wesens auf die Einbildungskraft nicht alle Erkenntnis

Der] der ( 121 )]am Rand Vermerk N[ota]b[ene]! Die] die originaria] originario Einbildungskraft] Eb.

Heidegger-Aufsatz 85

zur b 1 o s s e n Ein b i 1 dun g herabgesetzt wird - ob sich nicht das Wesen des Menschen in einen Schein auflöst?„, DemA ist aber entgegenzusetzen, daß [,,]der in der transz[endentalen] Einb[ildungskraft] gebildete Horizont der Gegenstände - das Seins­verständnis - überh[aupt] erst so etwas möglich macht wie eine Unterscheid[ung] zwischen ontischer Wahrheit u[nd] ontischem Schein[."] (131)142

Die Interpretat[ion] der reinen Anschauung ist daher nur von der der reinen Einbildungskraft aus m ö g 1 i eh n (cf. S. 13 4 ff. 14 3 )[.] [,,]Soc unhaltbar es ist, Raum und Zeit0 im Sinne der „Marburger" Auffass[ung] als Kategorien im log[ischen] Sinne zu fassen u[nd] die transz[ endentale] Aesth[ etik] in die Logik aufzulösen["], so ist doch richtig, [„]daß die tr[ anszendentale] Aesth[ etik] für sich genommen nicht das Ganze sein kann, das in ihr der Mögl[ichkeit] nach beschlossen liegt.["] (138)„,

Auch [„]die scheinbare Eigenleistung des reinen Verstandes im Den­ken der Einheiten ist als spontan bildendes Vorstellen ein reiner Grundakt der transz[ endcntalen J EinbildungskraftE[. "] (14 3 )

145

Das ur s prü n gl i ehe Denken ist „reines Einbilden"[.] (144),46

Aber [„]Kant isrvor dieser „unbekannten Wurzel" zu rü ckg ew ich e n (153)

147 [-]in der zweiten Aufl[age] der Kr[itik] d[er] r[cinen] V[ernunft]

wird die transzendentale Einbildungskraft abgedrängt u[nd] umgedeu­tet- zu Gunsten des Verstandes[."](153)148

Das ist der Vorwurf all derer, die die •subjektive< Deduktion herausheben auf Kosten der >objektiven< - Kant hat selbst, um der Mißdeutung des psychol[ogisch]-anthropol[ ogischen] Idealismus zu entgehen, in der 2t[.J Aufl[age] das Schwergewicht auf die •objektive< Seite seines Problems gelegt-aber er hat damit die Ergebnisse der subjekt[ivcn] Dedukt[ion] keineswegs verleugnet [ .] Subj[ektive] u[nd] obj[ektive] Ded[uktion] sind vielmehr Korrelate[.] - Wogegen sich Kant in der 2t. Aufl[age]

A Dem] davor Zuordnungshinweis Einbildungskraft 2 B Einbildungskraft aus m ö g 1 ich J Einbildungskraft m ö g 1 ich c So] so 0 Raum und Zeit] RuZ E Einbildungskraft] Einb.kraft

Page 49: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

86 Beilage I

mit Recht gewendet hat, ist nur die Accentvers chiebung [-]die t ran s z enden t a 1 e Subjektivität verträgt solche Accentverschieb[ ung] nicht[.]- Das zeigt auch das Beispiel SchopenhauersL] der eben durch sie wieder in die Bahnen des psycholo g [is chen] Idealism[us] gedrängt wird. Und auch Heideggers Interpretation bleibt einseitig >anthropolo­gisch<[.]- Die wahre transzendentale Interpretation findet das >Wesen< der Subjektivität eben von der >Vernunft<, von der vollendeten Objektivität, vom >objektiven Geiste< aus. Auch Heidegger erkennt an (157)149[,J daß die transz[endentale] Dedukt[ion] in sich notwendig objektiv-subjektiv zugleich sei. Denn sie ist Enthüllung der >Transzendenz<, die ja die für eine endl[iche] Subj[ ektivität] wesenhafte Zuwendung zu einer Objektivit[ät] überhaupt erst bildet. Es war nach HeideggerA nicht allein, [„]daß ihn die transzendentale Einbildungskr[aft] sehre ck te, sondern daß ihn inzwischen die reine Vernunft als Vernunft noch stärker in ihren Bann gezogen hatte[."] ( 15 9),,0 Aber es giebt hier keinen Beweis für ein S eh wanken in Kants Verhalten: er war immer >Newtonianer< u[nd] immer >objek­tiver< Ethiker! 151

In der 2[.] Aufl[age] hat sich Kant [„]für den reinen Verstand gegen die reine Einb[ildungskraft] entschieden, um die Herrschaft der Ver­nunft zu retten. ["](161)152

Aber war diese Herrsch[aft] für K[ant] jemals ernstlich in Frage gestellt u[nd] angefochten gewesen? Ich glaube kaum!1 [zwanzig Zeilen freigelassen]

Ein bildungskraft 8

zentrale Stellung -diese herausgehoben zu haben ist Heideggers entscheid[endes] Verdienst-hier stimme ich völlig mit ihm überein[-] vgl. bes[ onders] 125 ff .153 - s[iehe] auch Ph[ilosophie] d[ er] symb[ olischen] F[ ormen Bd.] IIl,54 - doch bewegt sich seine Interpretation freilich "gleich­sam in entgegenges[etzter] Richtung" wie die des deutschenc Ideal[ismus,] cf. 130 Anm[erkung.]155

transzendentale Einb[ildungskraft] als Wurzel der beiden Stämme: cf. 130156

Aesth[ etik] [„]hat nur vorbereitenden Charakter u[ nd] kann eigentlich erst aus der Perspektive des Schemat[ismus] gelesen werden["] (137)157

A Heidegger] K.; im folgenden Zitat ist jeweils Kant gemeint "Ein b i 1 dun g kraft] daneben Zählung 3) mit Tinte, statt gestrichen: 2) c deutschen] dtsch.

Heidegger-Aufsatz

gegen die Marburger 137f.,58

dies richtig!

87

140: Was Heidegger den [„]primären Vors t e 11 u n gs -Charak­ter["] ( = Darstellungscharakter) des Denkens nennt159 - das nenne ich seinen Symbol-Charakter[.] Angewiesenheit auf sinnl[iche] Zei­chen[.]

EndlichkeitA Charakt[er] der „Endlichkeit" bekundet sich bei Kant also immer nur in der Gegenstands - Erkenntnis als phaenomenaler8 ErkenntnisL] nicht in der Ich-Erkenntnis= noumenaler Erkenntnis, Freiheits­idee [.]Daher auch Stellung zum Todesp ro bl em ganz anders als bei Heidegger - denn nur der empirische Mensch (Mensch als >Phae­nomenon<) stirbt - der noumenale Mensch, der Mensch der Freiheit ist >unsterblich<[.]160 - Ist das wirklich nur ein Ausweichen, ein Zurückschritt vor dem Abgrund des >Nichts< wie Heidegger meint - dannc wäre alle Philosophie ein solches Zurückschrecken - Platon - Philosophieren ist sterben 1ernen 161 - Spinoza[:] homo liber de nihilo minus quam de morte cogitat162 - Kant0

- Unsterbl[ichkeit] Philos[ophie] als Erhebung ins Reich der Idee - das ist keineswegs ein Vorbeisehen am Phaenomen des Todes - sondern eine Erhebung in das Reich der Freiheit - als Reich der Ewigkeit[.] Ganz willkürl[ich], daß Heidegger das verwehren wilJ!L [zehn Zeilen freigelassen]

cf[.]E 139[:] Sinnlichkeit hiesse soviel wie „endliche Anschauung" 163 vgl. S. 23 f.

164 - Aber wo steht das bei Kant? Oder vielmehr: spielt es

dieselbe Ro 11 e, die es bei Heidegger spielt? DerF Satz, daß die Transzendenz als solche a priori sinnlich ist (Heidegger 164 )

165 ist in dieser Fassung nicht richtig- das gilt eben nur für die

theoretische Transzendenz [-]für den Gegenstand als Objekt[,] nicht für die F reiheits-Transz[ endenz] (Reich der Zwecke)[.]

A End 1 ich k e i t] ab hier mit Bleistift geschrieben "Erkenntnis als phaenomenaler] Erkenntnis phaenomenaler c dann] Dann 0 Spinoza: homo liber de nihilo minus quam de morte cogitat - Kant] Spinoza homo liber de nihilo minus/Kant Zitat ergänzt E cf.] davor Zuordnungshinwe_is Endlichkeit F Der] der, davor Zuordnungshinweis End 1 ich k e i t (2), am Rand wiederholt: 2

Page 50: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

88 Beilage I

SieA ist nicht sinnlich-sie ist vielmehr, wie K[ant] fortu[nd] fort betont, prinzipiell übersinnlich[.] Streicht man den Begriff des Üb er sinnlichen, so streicht man die gesamte Kant[ische] Metaphysik [-] u[nd] das eben tut Heidegger[,] er ist­Empirist!! Hier13 herrscht auch nicht das Gesetz der Z e i i - sondern das Über­Sinnliche ist zugleich das Über-Zeitliche[.]L rJünfundzwanzig Zeilen freigelassen]

Schematismus (= Einbildungskraftf bei K[ant] als Antwort auf die Frage der objektiven Erkenntnis -der Naturerkenntnis als Stück der Kantischen „Erkenntnistheorie[",] aber gerade nicht als Stüc~ der Kant[ischen] Lehre vom Menschen -Wo wir s c h e m a t i sie r e n, da stempeln wir den Gegenst[ and] dieser schemati[sierten} Erkenntnis damit zum Gegenst[and] in der Er s c h e i -nun g - aber der „Mensch" ist nach Kant sich selbst nicht als blosse Erscheinung0 gegeben - zwar uns s e 1 b s t erfassen wir ebenfalls nur in der Form der Zeit als der Form des „inneren Sinnes" - aber wir sind uns nicht nur Gegenstand[,] >Objekt< des inneren SinnesE - sondern das echte >Selbst< ist noumenales Selbst[.]166 -Diesesnoumenale Selbst gehört der intelligiblen Welt an-u[nd] hier gibt es kein Sche­matisieren[.]-Die F reihei tsid e e lässt sich nicht schematisieren[-] hier würde der Schematismus zur Mystik führen - Hineinträumen[.] -Hier giebt es nur eine Typik der reinen prakt[ischen] Vern[unft]- es gibt ein nicht-gegenständliches Erkennen-wo das Erkannte kein blosses Gegenstehen u[nd] kein blosser Gegenstand ist- u[nd] in diesem nicht gegenständl[ichen] Erkennen erschließt sich erst das >Wesen< des >Ich<[,] denn das Ich gehört nicht der blossen Sachwelt an; es ist Person[.]-Personen-Erkenntnis ist unbildliche, unschemat[isierte] Erkenntnis[.] Sa eh- Erkenntnis, Ding- Erkenntnis ist schematisierte Erkennt[nis]- Personale Erkenntnis ist unendliche Erkenntnis, Sach­Erkenntnis ist endliche Erkenntnis.F In der letzteren allein giebt es so etwas wie Tod[.]- Das Ich (als Noumenon) stirbt nicht[.]

A Sie] sie 8 Hier] hier c (=Einbildungskraft)] am Rand Zählung 5) 0 Erscheinung] Erscheig E Sinnes] Sinnen F Personale Erkenntnis ... endliche Erkenntnis.] Personale Erk ist unendliche/ Sach " ist endliche beide Zeilen rechts mit gesckweifter Klammer zusammen­gefaßt, daneben geschrieben: Erk[ enntnis]

Heidegger-Aufsatz 89

Menschlichkeit (Endlichkeit) der VernunftA cf. 19[: „]Der8 Quellgrund für die Grundlegung der Metaphysik ist die m ens c hl i ehe reine V[emunft], sodaß für den Kern dieser Probl[ematik] gerade die Me nschl [ichkei t] der Vernunft d.h. ihre Endlichkeit wesentlich wird. [„.] Diese Endl[ichkeit] [„.] liegt im Wesensbau der Erk[ enntnis J selbst[. "]167 -

[„]Erkennen ist primär Anschauen[."]- alles Ur t e i 1 e n hat ledigl[ich] eine Dienststellung zur Anschauung[.]168 -

Durchc die Bindung an die Anschauungn, die für die menschl[iche] Er k[ enn tnis] notwendig ist, wird diese von vornherein zur endlichen Erk[enntnis] 21169 (im Untersch[ied] von der göttl[ichen] Erk[enntnis] oder einem andern höheren Geiste)[.]170

Abheb[ung] gegen >intuitus originarius< 21 171

[„]Denken als solches ist demnach schon das Siegel der Endlichkeit[."] 22112

Endliche Erk[enntnis] als nicht-schöpferische, sondern hinnehmende Erk[enntnis] (23)173

intuitus derivativus1„ [„]Charakter der Endl[ichkeit] der AnschauungE liegt demnach in der Rezeptivität["] - >uns Menschen wenigstens<[.] (23 )175

DeshalbF alle Ansch[auung] sinnlich-[„]K[ant] hat zuerst den ontologi­schen, nicht-sensualistischen Begriff der Sinnlichk[eit] gewonnen[. "]176 -

Für den Verstand ist seine zu seinem Wesen gehörige Umwegigkeit (Diskursivität) der schärfste Index seiner Endlichkeit[.] (26)177 28ff. (bes[onders] 31) Unterscheid[ung] von Erschein[ung] u[nd] Ding an sich überhaupt nur bei ausdrückl[icher] Zugrundelegung der Proble­matik der Endlichkeit des menschl[ichen] Wesens verständl[ich] zu machen (denn daß der Verstand nur „Erscheinungen" erkennt, heißt eben daß er intuitus derivativus ist, der Seiendes hin-nimmt, nicht intuit[us] originar[ius], der erkennt indem er s eh afft) n„ 34f. Andererseits erfordert „die endl[iche] Erk[enntnis] von Seiendem zu ihrer eigenen Möglichk[eit] ein nicht-hinnehmendes (scheinbar nicht-end­liches) Erkennen, dergl[ eichen] wie ein schöpferisches Anschauen [ ... ] als Beibringen der Seinsverfassung des Seienden d. h. eine o n t o 1 o g [ i s c h e] Synthesis möglich?["Jm

A Menschlichkeit (Endlichkeit) der Vernunft] ab hier mit Tinte geschrieben •Der] der cDurch] durch 0 Anschauung] Anschg E Anschauung] Anschg F Deshalb] deshalb

Page 51: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

90 Beilage 1

(cf. Brief an Herz! 1772180)

Analytik= ["]Sehenlassen der Genesis des Wesens der endl[ichen] r[einen] Vern[unft] aus ihrem eigenen Grunde["] (38)181

Grundfrage: [„]wie kann endl[iches] menschl[iches] Dasein im vorn­herein das Seiende überschreiten (transzendieren)[,] welches Seiende es nicht nur nicht selbst geschaffen hat, auf das es sogar, um selbst als Dasein existieren zu können, angewiesen ist?["] (39)182

[„]Probl[em] der Mögl[ichkeit] der Ontol[ogie] ist daher die Frage nach dem Wesen u[nd) Wesensgrund der Trans zend [ enz) des vorgäng [ige n] Seinsverständni s ses. ["]183

reineA Anschauung; als (quasi-)schöpferisch · Raum als „gebendes Anschauen" S. 40184~] als „ursprüngliches Vor­

stellen"( 42)185 [„]reines Erkennen ist reine Anschauung durch reine Begriffe[") ( 47)1s6 Die reinen Begriffe nicht als reflektierte, sondern als r e f 1 e kt i er end e Begriffe[.] ( 49)187

[„]Endlichk [ ei t] der Erk[enntnis] bekundet gerade eine eigentüm­liche innere An g e wie s e n h e i t des Denkens auf die Ansch[ auung], umgek[ehrt) eine BestimmungsbedürftigkeitB dieser durch jenes[."]

(53)188 [„]Endl[iches] Wesen bedarf dieses Grundvermögens einer entgegen­

stehenlassenden Zuwendung - zu [. "]1, 9

Kant stellt die entscheid[ende) Frageu[nd] zwar als erster-was man denn unter einem Gegenstand der Erk[enntnis) verstehe[.)-(67),., Das Gegenstehenlassen von „. ist demnach der Urbegriff u[nd] somit die Urhandlung des Verstandes. AberhatdamitK[ant)nicht die Endlichkeit des Verstandes vergessen? Wenn jetzt gerade der Verst[and] das Gegenstehenlassen ermögl[icht] _:_wird er nicht damit o b er s t es Vermögen - wandelt sich da nicht der Knecht iurn Herrn [ ?) (69)191 Antwort: [„]der Verstand ist in der Tat das oberste Vermögen-in der End 1 ich k e i t, d. h. er ist das zuhöchst Endlichec [;] ist dem aber so, dann muss eben im Gegenstehenlassen seine Angewies[enheit] auf die Ansch[auung] (=Zeit!) am schärfsten ans Licht kommen[."] (70)192

A reine] davor Aufzählungszeichen a), Aufzählung wird nicht fortgeführt 8 Bestimmungsbedürftigkeit] Bestimgsbedürftigkeit c Endliche] Endliche (70)

Heidegger-Aufsatz 91

Auch die Frage nach der Mögl[ichkeit) der Erfahrung bedeutet nichts anderes[,] denn ["]Erfahrung heisst endliche, anschauend-hinnehmende Erkenntnis von Seiendem["] (110),93 (aber hier tritt eben der andere AccentA der Endl[ichkeit] bei Kant hervor - mein Feld ist das fruchtbare Bathos der Erfahrung194 [-] blosse Grille: das Innere der Dinge~] ganz unvernünftig etc.195 [„]Mögl[ichkeit) der Erfahr[ung]­gleich b ed eu t[ end] mit Transzendenz [ "] Heidegger 111[.]196)

Durchs den >schöpferischen< Charakter wird die End 1 ich k e i t der Transzendenz nicht gesprengt, denn der Untersch[ied) vom >intu­itus originarius<197 bleibt immer bestehen[,] cf. 114 ff. 198 [-) immer nur ontologischec u[nd] nie ontisch-schöpfer[ische] Erkennt­nis[.]

Diese sprengt die End 1 ich k e i t nicht, sondern senkt gerade das endliche „Subjekt" in seine eigen dich e End 1 ich ke i t ein! [„]Kant will jedoch den stolzen Namen einer Ontologie durch den einer Transz[ endental-]Philos[ ophie] ersetzen u[nd] das mit Recht, solange der Titel Ontol[ ogie] im Sinn der überlief[ erten J Met[ aphysik] genommen wird[."] (118)199

Der menschl[ichen] Vern[unft] geht es nicht etwa darum „. [„)die End­lichkeit aus zu 1 ö s chen, sondern umgekehrt darum, dieser End­lichkei t gerade gewiss zu werden, um sich in ihr zu halten. 0 DieE Endl[ichkeit) hängt der menschl[ichen] Vern[unft] nicht einfach nur an, sondern ihre Endlichk[eit] ist Ve rendl i eh u n g d. h. „Sorge" um das Endlich-Sein-können[."] (207)200

[„]Die Grundleg[ung] der Metaphys[ik] gründet in der Frage nach der Endlichk[ eit) im Menschen - so zwar, daß diese Endlichk[ eit] jetzt erst Problem werden kann[."] (208 f.)2°' [„]es muss der Wesenszusammenhang zwischen dem Sein als solchen (nicht dem Seienden) u[nd] der Endlichk[eit] im Menschen ans Licht gehoben werden[."] (212)202

Die S einsfrage als Frage nach der Möglich k[ e i t] des Begreifens von Sein überhaupt hat eine Wes e ri s bezieh [ u n g] zur Endlichkeit im Menschen[.] (215)203

A Ac c e n t] im Ms. doppelt unterstrichen 8 Durch] davor Zuordnungshinweis M ens chi [ichkei t] EndlUchkeit] 2) contologische] ontologisch 0 Der menschlichen Vernunft .„ um sich in ihr zu halten.] mit Bleistift am rechten Rand mit zwei senkrechten Strichen u. unterstrichenem N [ o t a] b [ en e] ! markiert. EDie] die

Page 52: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

92 Beilage I

[„]Wesen des Verstehens von Sein überhaupt["] (216)204

[„]Ursprünglicher als der Mensch ist die Endlichkeit des Daseins[".] (219)~5

Zurückweichen (Endlichkeit) 8

1 5 3 [„]Kant ist vor der unbekannten Wurzel zurück g e w i -chen["Ji06 - Im Gegenteil: er hat sich darüber erhoben H schon die philol[ogische] Erklärung 153 (Untersch[ied] der ersten u[nd] zweiten Auflage!)

207 ist hier nicht triftig. K[ant] hat der Stellung der

transz[endentalen] Einbild[ungskraft] prinzipiell genügec getan-denn er hat ja das Schematismus-Kapitel bestehen lassen! U[ nd] dieses deckt doch den positiven Grundgehalt der tr[ anszendentalen] Einb[ildungskraft J aufl cf. 1 5 4 Heidegger selbst208

vgl. Ausführ[ung] 154ff.209

159ff.210

Das Motiv, das Heidegger für dieses „Zurückweichen[") anführt, ist gleichfalls nicht das Entscheidende [-]es handelte sich für Kant nicht darum, den Primat der >ratio<[,] den Primat der L o g i k auf­rechtzuerhalten[.]211 - An der Logik ist er gar nicht mehr als formaler Logik, sondern als trans cenden t[ ale r] Logik interessiert. - Und für diese >ratio< sieht er sehr deutlich die Grenze - er hat diesen Ver­stand, der alten Metaphysik, des d o g m a t i s c h e n Rationalen ja gerade der >Kritik< unterworfen-er hat gezeigt, wie er sich nur realisieren kann, indem er sich zugleich durch den Schematismus, also durch die transc[ endentale J Einbildungskraft r e s tri n g i er t. Gegen eine solche Restriktion der L o g i k hat also K[ ant J sicher nichts einzuwenden. Wogegen er sich zur Wehr setzt, ist die Restriktion der Freiheitsidee der Vernunft[.]-Das Sittenges[ etz J- so sagt er daher fort u[ nd] fon - gilt nicht nur für alle Menschen sondern für alle vernünft[igen J Wesen überhaupt! Hier wird die Grenze des bloss-Anthropolog[ischen] endgültig durchbrochen[.]­Eine anthropolog[ische] Begründ[ung] der Sittlichkeit würde diese

A (219)] (218f.)Angabe berichtigt 8 Zurückweichen (Endlichkeit)) daneben Zählung 1, ab hiermit Blei­stift geschrieben c genüge] genüg

Heidegger-Aufsatz 93

um ihren eigentl[ichen] Gehalt[,] um ihre Allgemeinh[eit] u[nd] Not­wendigkeit bringen!

Es ist nicht richtig, daß K[ant] die reine Einbildungskraft schreckte -sie schreckt ihn nicht in ihrer theoretischen Bedeutun( - er sieht die Endlichkeit - die Beschränk[ ung] auf „Erscheinungen" - aber er für c h -tet sie nicht[.] Denn das schlechthin Innere ist eine „blosse Grille".212

ln8 der prakt[ischen] Sphaere aber sieht er die Vernunft= Frei­heitsidee über die Endl[ichkeit] erhoben[.] Heidegger hat das sehr richtig gesehen ( 1 6 0 ) [,] aber s eine r Einstellung nach sieht er darin nur ein Ausweichen, ein Zurückschrecken - also eine [,]Verlegenheits­Lösung'213 - aber ist es das wirklich? Oderc ist hier nicht vielmehr der tiefste positive Sinn von Kants Freiheitslehre und von seinem „Ide­alismus der Freiheit" zu suchen[?]

Kant hat sich nicht [„]für den reinen Verstand gegen die reine Einbildungs­kraft entschieden um die Herrschaft der Vernunft zu retten["]-(161)214

einer solchen Retmng a tout prix bedurfte es für ihn nicht[.]

Für die Grundlegung der Metaphysik ist nach Heidegger die spezifi­sche Endlichkeit der menschl[ichen] Natur entscheidend! (162)215 Aber0

gerade nicht für die Grundlegung der Kant i s c h e n Metaphysik als einer Metaphysik der Freiheit!

205E: eigentl[iches] Ergebnis, [„]daß Kant bei der Enthüll[ung] der Subjekt[ivität] des Subjektes vor dem von ihm selbst gelegten Grunde z urückw ei eh t [.")216

A Bedeutung] Bedeutg B In] in c Oder] oder 0 Aber] aber E 205] davor Zuordnungshinweis Zurückweichen (Endlichkeit)

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94 BeilageI

209[:] aber Kant habe den zuvor angesetzten Boden „unter sich wegge­graben"217 Frage bleibt dann nur: ist er mit diesem Unter sich Weggraben des Bodens der Endl[ichkeit] sich selbst wirklich untreu geworden? Is~ er erschreckt zurück gewichen ? Oder bedeutet dies „ unter sich Weggraben" nicht etwas eminent Positives? EinB „ Tiefer legen des Fundaments" von der Endlichkeit in die Freiheit? c

Metaphysik u[nd] Anthropologie 196[: „]Die Kant[ische] Grundlegung ergibt: Begründung der Metaphysik ist ein Fragen nach dem Menschen, d. h. Anthropologie[. "]218 - Kants Ant­wort ist aber gerade[:] Die meta p h y s i s c h e Frage nach dem Menschen ist durch An t h r o p o 1 o g i e nicht zu lösen - denn die Anthropologie hat es nur mit der endlichen, sinnlichen Natur des Menschen- nicht mit seiner intelligiblen Natur zu thun[.]219 - Vom intelligiblen Sein des Menschen handelt die Ethik u[ nd] A es t h et i k [;] vorn [„]über­sinnlichen Substrat der Menschheit" 220 - aber nicht die Anthropologie!

A Ist] ist B Ein] ein c Freiheit?] Freiheit, Danach ist ein einzelnes BI. eingefügt, dessen Text mit Tinte und quer zur Laufrichtung des übrigen Ms. geschrieben ist: Kant hat hierbei wahrlich nicht, wie Schopenhauer ihm spottend vorgeworfen hat, „an die lieben Engelein gedacht" [vgl. Arthur Schopenhauer: Preisschrift über die Grundlage der Moral. In: Sämmtliche Werke, Bd. 3, [1892], S. 512]- sondern er spricht auch hier als Kritiker und Methodiker, dem es darauf ankommt, die Grenzen der Wissenschaft nicht „ineinanderlaufen" zu lassen, der scharf und prin­zipiell zwischen den Aufgaben der Ethik und denen der Anthropologie scheiden will. Danach Fußnotenzeichen und -text: Vgl. auch hierzu bes[ onders] Cohen, Kants Begründung der Ethik, Berlin 1877 [im Ms. a. a. O.J, S. 123ff. Diese Demarkationslinie ist ihm durch den Gegensatz von >Erscheinung< und >Ding an sich<, von Zeit und Freiheit gegeben. Es war Heideggers gutes Recht, das ihm niemand strittig machen wird, seine eigene Auffassung von der „Fundamental-Ontologie" als einer „Lehre vom Menschen" der Kantischen gegenüberzustellen und sie gegen Kant zu vertreten; abererhätte nicht versuchen sollen, sie in Kant, insbesondere in die Kantische Ethik, hin­ein zu 1 e gen. Hier hat er, wie mir scheint, jene Maxime, daß man gegen einen philosophischen Autor, den man interpretieren will, notwendig Gewalt brau­chen müsse (vgl. oben S .... ),entschieden zu weit getrieben. Oben rechts findet sich von Cassirers Hd. die Paginierung 32. Dieser Text ist eine Vorfassung eines Abschnitts der später publizierten Rezension Cassirers Kant und das Problem der Metaphysik. Bemerkungen zu Martin Heideggers Kant-Interpretation. In: Kant-Studien36 (1931), S. 16-17(ECW17, S.238-239). Der Verweis(vgl. oben S .. „) ist nicht aufgelöst.

Heidegger-Aufsatz 95

ProblemAderM[etaphysik] als das einer Fun damen talon tolo gie [„]F[undamental]-Ont[ologie] heisst diej[enige] ontolog[ische] Ana­lytik des endl[ichen] Menschenwesens, die das Fundament für die zur „Natur des Menschen gehörige" Metaphysik bereiten soll - [ ... ] F[undamentalontologie] = Metaphys [ik] des mens chi [ichen] Daseins [ ... ]sie bleibt von der Anthrop[ologie], auch der philos[ophischen], grundsätzl[ich] geschieden[ ... ] was ist der Mensch? [ ... ] DieB Idee der F[untamental]-Ont[ologie] soll sich in einer Ausleg[ung] der Kr[itik] d[er] r[einen] V[ernunft] als einer G ru n dle gun g der Met ap hy s ik bewähr[en] u[nd] darstellen[."](S. 1)211

[„]Die Kant[ische] Grundleg[ung] ergibt: Begründ[ung] der Metaphysik ist ein Fragen nach dem Menschen[,] d. h. Anthropologie[."] (196 f.)222

Was ist der Mensch? darauf die 3 anderen Fragen bezogen cf. 198223[.]

[„]Ist also nicht mit der Idee einer philos[ ophischen] Anthropol[ ogie] diejenige Disziplin gewonnen, auf die sich das Ganze der Philos[ophie] konzentrieren muss[?"] (200)224 Aberc [„]ebenso zwangsläufig wird auch immer der Anthropologismus in der Philos[ophie] bekämpft[."]

(202)225

[„]Nicht die Antwort gilt es zu suchen auf die Frage, was der Mensch sei, sondern es gilt allererst zu fragen, wie denn in einer Grund­legung der M[etaphysik] überh[aupt] nach dem Menschen allein gefragt werden kann° u[nd] muss[."] (205)226

221: Die Metaphysik des Daseins ist es die die für eine Grundleg[ung] der Metaphys[ik] notw[endige] Frage, was der Mensch sei, übernimmt[.]227

222 Idee einer Fundamentalontologie -[,,Jim Gehalt dieses Titels ist das Probl[em] der Endlichkeit im Menschen in Abs[icht] auf die Ermögl[ichung] des Seinsverständnisses als das Entscheidende eingeschloss[ en. "]228

Wieder-Erinnerung cf. 224.229

Der Einsatz u[nd] der Gang der Fund[amental]-Ontologie (224)230

A Problem] davor Zuordnungshinweis Metaphysik, ab hier mit Tinte geschrie­ben, am Rand bezeichnet mit Prozentzeichen % B Die] die c Aber] aber 0 kann] kan

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96 Beilage 1

,Metaphysik' u[nd] ,Erkenntnistheorie' Gegens[atz] der Richt[ungen] tritt besonders hervor, wenn man Riehls Freib[urger] Antrittsrede „über wissensch[aftliche] u[nd] nichtwiss[enschaftliche] Philosophie" 231 zu Grunde legt[.]- Hier das ein­samste Extrem-Philosophie als wissensch[ aftl iche] Philos[ophie] ist >Erkenntnislehre<[,] alles andere wird dem blossen „Gefühl" über­lassen[.] Heute wird ein ähnlicher Standp[unkt] z.B. von Schlick u[nd] der „ Wiener Schule" vertreten, die dem >Positivismus< noch ganz nahe steht[.]232 -

ReaktionA bei Heidegger - Metaphys[ik] als Lehre vom Menschen -als Sinnfrage gegenüber der menschl[ichen] Existenz[.] Schroffen Ablehn[ung] aller blossen Erkenntnislehre[,] s[iehe] die Auss[age S.] 11: [„]Ontol[ ogie] primär überh[ aupt] nicht auf die Grundl[ egung] der pos[itiven J Wiss[ enschaften J bezogen." [- S. J 1 6 'i33

hierz[ u J Cohen - [„]Nur ein N ewtonianer konnte als Kant aufstehen["]234 -

[„]Wissenschaft, die in gedruckten Büchern vorliegt["],235 Einleit[ung] zu Lange!236

Wie ist Kants eigene Stellung in diesem Gegensatz? Unterschied von Schulbegriff u[nd] Weltbegriff237- u[nd] doch gehören beide in Kants Entwicklung u[ nd] in Kants System unlöslich zusammen - Kants Entwickl[ ung]:

Allg[emeine] Naturgesch[ichte] u[nd] Theorie des Himmels Träume eines Geistersehers -Nachricht von der Einricht[ung] seiner Vorles[ungen]­

deutlich die Stellung des an thro pol o g[is chen] Problems[.] [„]the proper study of mankind is man["]238

Ich lerne den Menschen kennen (Rousseau),39

Nachr[icht] von der Einr[ichtung seiner Vorlesungen: „] ... rohen u[nd] weisen Einfalt ... ["]240

Wenn man diese Frage nach dem Sein und der Bestimmung des Men­schen als >Metaphysik< bezeichnet-dann freilich ist K[ant] von Anfang an ,Metaphysiker' gewesen u[nd] er ist allezeit Metaphysiker geblie­ben[.] - Aber trotzdem ist er der Erkenntniskritiker, der Theoretiker der mathemat[ischen] Naturerkenntnis, der ,Newtonianer' - [,]nur ein Newtonianer konnte als Kant aufstehen' (Cohen)[.]241

Wie vereint sich dies beides? Für K[ant] in sehr einfacher, durchaus unproblematischer Weise-das >Wesen< des Menschen bestimmt sich eben nicht durch >psychologische< Reflexion, sondern >transscendental<. d.h.

A Reaktion] Heigg Reaktion " Schroffe] schroffe c 16] im Ms. doppelt unterstrichen

Heidegger-Aufsatz 97

von Seiten des objekt[iven] Geistes[.] Hie0 die drei großen Gestaltun­gen: Freiheit, N amr = obj[ ektive J Naturerkenntnis, Kunst[.] ErB liest das >Wesen< des Menschen ab vom Sittengesetz (Autonomie)[,] Verstandes­gesetz[.] ([„]Intellektuell ist, dessen Begriff ein Tun ist["],4,)[,] Kunst als Kunst des Genies (Heautonomie[,] Kr[itik] d[ er] Urteilskr[ aft]243)

Der Mensch ist ihm das Wesen, das der Sei bs tges etzgebung auf sittl[ichem ], auf theoret[ischem ], auf aesthetischem Ge biet fä h i g ist (capere formae244)[.J Und so vereinen sich ihm >Schulbegriff< u[nd] >Weltbe­griff,, Metaphysik u[ nd) Erkenntnislehre schon von den ersten Anfän­gen an[-] als Newtonianer entdeckterdie sittliche Welt! Allg[emeine] Naturgesch[ichte] u[nd] Theorie des Himmels - gibt unausgewickelte Begriffe- [„]der bestirntec Himmel über mir u[nd] das moral[ische] Gesetz in mir ... ["]245 etc. Weltbegriff- Schulbegriff[-] letzterer nicht genug- Ideal des Weisen ! 0

aber doch: [„]Wissenschaft [ ... ] die enge Pforte["Ji46 etc. Diese beiden Pole darf man nicht von einander trennen, ohne damit die Einheit des Kant[ischen] Systems u[nd] die der Kant[ischen] Pe rsönlichk[ ei tP zu sprengen !247

Metaphys[ica] specialis (=Lehrevom Menschen) istnachK[ant] die ,Metaphysik im Endzweck' (Fortschr[itte der Metaphysik seit Leibniz und Wolff] (Cass[irer: Kantausgabe Bd. 8]), S. 238) = Hei­degger S. 8,48

Beschränkung der Rolle der mathematischen NaturwissenschaftF auf die ,Anzeige' (Heidegger S. 10!)31 daher zu wenig-die m[athematische] N[aturwissenschaft] ist zugleich >Analogon<[,] als ,Stolz der menschlichen Vernunft' stellt sie diese als ein >Vermögen< erst fest - beweist durch das F ak tu m, daß Erk[enntnis] aus reiner Vern[unft] möglich ist[.] Heidegger beruft sich auf Kants Wort, die Kr[itik] d[er] r[einen] V[ernunft] enthalte die „Metaphysik der Metaphysik" (Cass[irer: Kantausgabe Bd.] IX, 198) S. 220f., um daraus zu folgern[,] daß dieses Wort jeden Versuch, in der Kr[itik] d[er] r[einen] Vem[unft] auch nur teilweise eine „Erkennt­nistheorie" zu suchen, endgültig niederschlage[.]250 -Aberdie­ses Wort sagt ja im Grunde nichts anderes, als daß die Kr[itik] d[er] r[ einen] V[ ernunft] metaphys[ische] Anfangsgründe der - Metaphysik

A Hier] hier "Er] er c bestirnte] gestirnte 0 Weisen ! ] im Ms. doppelt unterstrichen E per s ö n 1 ich k e i t] im Ms. doppelt unterstrichen F mathematischen Naturwissenschaft] math. NW

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98 Beilage I

enthält[.] Frage nach der Metaphysik als Erkenntnisart- dies eben die transsz[endentale] Frage[.] (221) [,,]Die für eine Grundleg[ung] der Metaphys[ik] notw[endige] Frage, was der Mensch sei, übernimmt die Metaphysik des Daseins[."] (221 )251

L [zehn Zeilen freigelassen]

Methode 192f. Interpret[ation] darf nicht lediglich das wiedergeben, was Kant selbst gesagt hat- sondern was er nicht mehr zu sagen vermochte[.] 192f. vgl. Stelle gegen Eberhard (193) daher Gewalt brauchen 192252

Wiederholung-[„]Grundleg[ung] der Metaphys[ik] in einer Wiederho­lung["]: 195 ff.25,

man muss [„]nicht nach dem fragen, was K[ am] sagt, sondern nach dem, was in seiner Grundlegung geschieht[."] (204)254

Repraes entaiion: [„]Die Verwandtschaft, Herkunft aus dems[elben] Geschlecht (genus) drückt sich für Ans c hau u n g u[ nd] D e n k e n darin aus, daß für beide „Vorstellung überhaupt" (repraesentatio) die Gattung ist["]! A 320, B 3 76 f.255 Heidegger 20[: „]Vorstell[ ung] hat hierbei den weiten formalen Sinn, wonach etwas ein anderes anzeigt, meldet, darstellt.["]256 -

>Repraesentat[ion]< allgemeiner als Zeit-die Zeit nur ein Sonderfall der Repraesentat[ion] cf. unter Zeit ! A u. 190

257 -.,

Dies geht auch daraus hervor, daß Kant wo er dartun will, daß die objekt[ive] Realität der Kateg[ orie] der Anschauung B bedarf, nicht nur auf die Zeit, sondern immer auch auf den Raum als die Form der äusseren Anschauung verweist.-Jagerade diese Verweisung ist das Kunststück s eine s Idealismus, durch das er ihn vor der Verwechs­lung mit dem p sych olo g [ischen] Idealismus sicher stellt! s[iehe] hierzuc Kr[itik der reinen Vernunft] B. 291 (von Heidegger selbst citiert 191)258

Synthesis der Rekognition _D

unterscheidendes Moment-nicht blosser Zeit-Charakter - sondern hier enthüllt sich das Über-Zeitliche des Begriffs - der Begriff der Idee im

A cf. unter Zeit!] Zeit! im Ms. doppelt unterstrichen; Verweis auf Bl 69r-70r, siehe S. 105 f. im vorliegenden Bd. Vgl. S. 101 u. 84. •Anschauung] Anschaug c hierzu] hrz 0 Syn thes is der Rekognition -] ab hiermit Bleistift geschrieben

Heidegger-Aufsatz 99

Platon[ischen] Sinne als ad öv[.] Die Zeit ist hier in der höchsten Stufe aufgelöst in reine Ewigkeit- in der Math[ ematik] gibt es kein >jetzt< sie ist ein >nunc stans<[.]259 Aus diesem Grunde sagt schon Galilei, daß in der geometr[ischen] Erk[enntnis]-Art kein Unterschied zwischen menschl[ichem] u[nd] göttl[ichem] Intellekt besteht;

260

derA Anthropologismus hat hier seine Sehr anke (Busserl! !)[.]261

Herausarbeiten dieses Ewigkeit s - Charakters a priori heisst mehr als zu a 11 er B Zeit! Esc heisst etwas von der Zeit =von der Erfahrung U n abhängiges - wir können nur in der Zeit empfinden...: u[ nd] nur in ihr anschauen u[ nd] denken [-]wenn wir Ansch[auung] u[nd] Denken als psych[ischen] Vorgang nehmen - aber >im< Denken erfassen wir ein Über-Zeitliches~] cf. Heidegger 175ff.262 Kant: [„]das Wort Begriff konnte uns schon hierauf führen[. "]263 - In der Symhesis der Re k o g n i t i o n verlassen wir in der Tat die blosse Zeitsphaere-erheben uns zur reinen Begriffssphaere -zur Allgem[einheit] u[nd] Notwendigkeit als Über-Zeitlichkeit.

cf. Leibniz - Locke versch[iedene] Formen der Unendlichkeit [„]la meme raison subsiste toujours["J,„ Vernunft u[nd] Zeit -cf.175~65 Zeit aus dem Satz des Widerspruchs ausgeschlossen[,] cf. 175[.]266

Hegel [,,]wesentlich itzt["]267 - dies die Parusie der Idee (Platon)268

A Intellekt besteht; der] Intellekt/der 8 a 11 er] im Ms. doppelt unterstrichen c Es] es "175] 174 Angabe berichtigt

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100 Beilage!

In dieser ganz „zeitabgewandten" Analyse Kants komme zum Vorschein, daß sie sich primär aus der Zukunft zeitigt? 269 Aber Begriff ist nich~ blasse „Zukunft" [- „]Ja meme raison subsiste toujours[. "]270

endliche reine sinnliche Vernunft Heidegger 179, 188~71 Dieserc Begriff einer endl[ichen] reinen sinnl[ichen] Vernunft ist trotz allem, was Heidegger sagt, entschieden Unkantisch! lnnerhalb0 der Kant[ischen] Philos[ ophie] ist ein solcher Begriff ein hölzernes Eisen[.]

Urteils kraftE von Heidegger ausgeschaltet (cf.S.153!)27/f{ünfundzwanzig Zeilen freigelassen]

Intellectus archetypus 273

Mens chl[icher] Verstand auf die VerbindungF von Begriff u[nd] Anschauung angewiesen - darin liegt seine Eigenart. cf. Fortschr[itte] d[er] Metaphys[ik seit Leibniz und Wolff;] Heidegger 163274 L [zwanzig Zeilen freigelassen]

(Verh[ältnis] zw[ischen] Vernunft, Freiheit )G Vern[ unft] auf sie nicht zurückführbar[.]-Daran ändert auch Kants Lehre von der Achtung als „Gefühl" nichts (cf. S. 148ff.)[.]275 Im Gegenteil - dennH dieser ganze Abschnitt von den Triebfedern geht gar nicht auf den Inhalt des Sittengesetzes als s o 1 c h e n [ ,] nicht auf die Idee der Sittlichkeit (=Freiheit, kategor[ischer] Imperativ) sondern nur auf ihre Anwendbarkeit[.]- Im endl[ichen] Menschenwesen stellt sich diese Idee als Gefühl der Achtung dar 1

- aber „an sich" ist sie über diese Dar s t e II u n g durchaus erhaben (cf. Cohen -Achtung als Prob 1 e m der „Anwendung" - von Heidegger s e 1 b s t 150 betont.276)

A Begriff ist nicht] Begriff nicht • 179, 188] 179/188 mit geschweifter Klammer zusammengefaßt c Dieser] dieser 0 Innerhalb] innerh. EU rteilskraft] ab hiermit Tinte geschrieben P Verbindung) Verbigg. c (Verhältnis zwischen Vernunft, Freiheit)] Ab hier mit Bleistift geschrie­ben. Davor gestrichen: Einbildungskraft H denn] Denn 1 dar] im Ms. doppelt unterstrichen

Heidegger-Aufsatz 101

Im Sittl[ichen] begibt sich tatsächlich das Wunder, das uns über die blasse Endlichkeit hin weghebt[;] hier sind wir niemals b 1 o s s e Geschöpfe[,] wir sind zugleich Schöpf er[.]- Im Theoret[ischen] sind wir beschränkt - der Gegenstand steht uns >entgegen<[,] begrenzt uns~] de te rmi nie rt uns (,Zwang' der Kausalität)[.) Im Gebiet der Frei­heit aber sind wir dem Gesetz nicht lediglich unterworfen - wir sirid zugleich Gesetzgeber-wir sind Untertanen u[nd] Herrscher in ein er Person[.]- Das trennt das >regnum gratiae< vom [>]regn[um] naturae[<.]

zum Gef[ühl] der Achtung cf. 151 (Bleist[ift]-Notiz!)277 L lfünf Zeilen freigelassen]

Vernunft u[nd] ZeitA Heidegger behauptet, daß die Ewigkeit als nunc stans genommen nur aus der Zeitlichk[eit] ver s tänd 1 ich sei (230D;J das ist aber gerade die Frage! B

hier liegt eine petitio principii vor w n ~v dvm heisst auch c nicht: was immer schon war im Sinne des - >Imperfectums[<]0 sondern im Sinne der (Form) Vo 11- Endung!~78 HeideggerF s e 1 b s t zitiert: (175) [„]Die reine Vernunft als ein blass intelligibles Vermögen ist der Zeitform u[nd] mithin den Bedingungen der Zeitfolge nicht unterworfen["]! 279 EbensoG aus der Form des Denkens (Satz vom Widerspruch) Zeitcharakter zu tilgen. (cf. 175)280

cf. Kr[ritik der reinen Vernunft B] 4 3 0 prakt[ische] V[ernunft] ist reine Spontaneität~] nicht auf empir[ische] Bedingung[en] eingeschränkt281

Idee, I de alism u s (Vernunft)H Sch[iller: „]Wollt Ihr frei auf ihren Flügeln schweben["]282 - Heidegger dagegen will uns immer wieder ins Endliche, in die Angst des Irdischen, in den >Tod< zurückziehen-Frage des Schülers in Davos283 - Stil [-]

AVernunft u[nd] Zeit]danebenZählung1 • Frage!] im Ms. doppelt unterstrichen c w n ~v dvm heisst au eh] TO i:t ~v elvm auch 0 - >lmperfectums<] Zeichensetzung uneindeutig. Es könnte auch -t Imperfec­tums gemeint sein. E Vo 11-Endung!] Vo 11- im Ms. doppelt unterstrichen F Heidegger] davor Zuordnungshinweis , Vernunft' und Zeit, davor gestrichen: Ein bild ungskraf t c Ebenso] ebenso H Idee, Idealismus (Vernunft)] daneben Zählung 2

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102 Beilage I

„helles Zimmer"284

gegen die „Dunkelheit" des Heidegger-Stils- ci ti e -ren! S.112u[nd]S. 67!~85 Ich muss gestehen-mir geht es, wie wenn ich in die Platon[ischc] Höhle zurückkehren sollte - an Hals" u[ nd] Schenkeln gefesselt- die Schatten286 -

aber vergessen wir nicht: ein Kantisches Motiv ist kaumc bezeichnet[.]­So verlicss Platon die Sinnenwelt- zurück zur Sinnenwelt, zur End­lichkeit, zum fruchtbaren B a t h o s der Erfahr[ ung]287 - die Idee muss sich schematisier[en] u[nd] restringieren[.]- Aber doch andrerseits ist ,Idee' so etwas, dem keine Erfahrung k o n g r u i er e n kann[.] - Mit der transz[endendtalen] Dialektik beginnt bei Kant wieder der Durchblick u[nd] der Ausblick auf die ,noumenale' Welt

288 - freilich nicht als eine

ontische[.]- Und vollends in der Kr[itik] d[er] pr[aktischen] V[ernunft] u[nd] in der Kr[itik] d[er] U[rteilskraft] schweben wir frei auf den Flügeln der Idee289 - wir werfen die Angst des Irdischen von uns[.)-M e n s c h sein heisst eben unmittelbar beides sein[:] ans Endl[iche J gebunden u[nd] in° dasselbe verstrickt u[nd] doch der Idee des Unendl[ichen] fähig[.] nicht der Schematismus, nicht der AnschauungE >capere infinite<290

Freiheit =(Vernunft? Freiheit nicht zeit gebunden s[iehe] Kr[itik] d[ er J pr[ aktischen] V[ernunft] als letzter „Grund" - auch der Einbildungskraft

Idealismus der Freiheit Nach HeideggerG 133 ist dem Menschen als endlichem Wesen seine metaphys[ische] Natur das Unbekannteste u[nd] Wirklichste zugleich[.]291 - In welchem Sinne „unbekannt"[?] ln 11 dem Sinne, daß Freiheit ,unbegreiflich' ist: wir begreifen zwar nicht, aber doch -Schlusss[atz] der Metaphys[ik] d[er] Sitten[-] aber doch Freiheit das Bekannteste u[nd] Zugänglichste[.] Beide brauchen wir nicht - etc„92

A 67!] im Ms. doppelt unterstrichen „

" Hals] Füssen; stark verschrieben, darunter noch lesbar Ha -in der Ubersetzung Schleiermachers heißt es Hals c kaum] Lesung unsicher n in] an E Anschauung] Anschg FFr e i h e i t =(Vernunft)] daneben Zählung 3 G Nach Heidegger] nach Hd. H In] in

Heidegger-Aufsatz 103

SieAistetwasUnbegreifliches, aber unmittelbar Gewisses -nur darf diese Gewissheit nie s eh ema ti s i ert (=objektiviert!) werden[.]­Freiheit ist das >Unbedingte<, was nie zum blosscn Ding =Entgegen im Stand gemacht werden darf!

Vernunft" Ganz irrig ist die Behaupt[ ung], (147) daß die Vernunft nicht deshalb frei sei, weil sie den Charakter der Spontaneität hat[, „]sondern weil diese Spontaneität eine rein rezeptive Spontaneität d. h. transzendentale Einbildungskraft ist[."Jm Wo hat Kant etwas Derartig es gesagt? Wo hat er die Vernunft als transzendentale Einbildungskraft bestimmt-u[nd] sie damit der Sphaere der End 1 ich k e i t „der Erscheinungen wge­wiesen"? Vernunft ist gerade das Vermögen der Ideen u[nd] daher das Vermögen z[um] Unendlichen[;] sie ist das was über die (phaenomenale) Dingwelt zur Welt des reinen Noumenon294 hinausführt[.]- Nur darf das , Unendliche< nicht selbst wieder ver-dinglicht - dennc das hiesse verendlicht werden - es ist keine Welt von >Substanzen< sondern von >Personen< u[nd] >Zwecken<[.]

Ideenlehre „Vernunft"n Hcidegger versucht nicht nur die ,Anschauung' u[nd] den ,Verstand' an die Einbildungskraft zu binden (was treffend ist u[nd] jedenfalls der Tendenz Kants entspricht-) (s[iehe] unt[er] EinbildungskraftE) son­dern auch die Ideen[.]-Auch die Idee bleibt ihm wesentlich ,endlich': [„]die „Idee" als Vorstell[ung] einer Regel kann nur vorstellen in der Weise eines Hinnehmens[."] (146 )295 Damit aber wird die eigentümliche Transzendenz" der Idee verkannt-die Idee überschreit[ et] die mögl[iche J

Erfahrung noch in einem andern Sinne als Verstand u[nd] Anschauung1,

die auch in ihrer aprior[ischen J Spontaneität auf Er s c h c in [ u n gen] gehen, nichts anderes als die Mögl[ichkeit] des Erfahrungs gegen­standes zum Ziele haben[.] -Freiheit: „Der Verst[ and] u[nd] die Vernunft sind nicht deshalb frei, weil sie den Char[ akter] der Spontaneität haben, sondern weil diese Spontaneität eine rein rezeptive Spontaneität, d. h. transzendentalcG

A Sie] sie B Vernunft] daneben Zählung 4, davor gestrichen: Einbildungskraft c denn] den D I d c enl eh rc „ V crn u nf t"] ab hier mit Tinte gesclm.cben; „ Vernunft" mit Bleistift hinzugefügt F Einbildungskraft] Einbkr r Anschauung] Anschg G transzendentale] transzcntalc

Page 58: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

104 Beilage I

Einb[ildungskraft] ist[.]" (147)296 Dies gilt vom Verstand, aber nicht von der Vernunft[.] - Die Vernunft greift schon als t h eo r et [ i s c h e] Vern[unft] über das Reich der >Erscheinungen<, also des Schematismus, hinaus[.)- Der >Idee< entspricht kein Schema, sondern ein S y m b o 1 [,] sie lässt sich nicht charakterisieren, da ihr kein >kongruierender< Gegenst[ and] gegeben werden kann\ sondern nur symbolisieren - Idee als >focus ima­ginarius<[.]297 noch mehr gilt dies von der prakt[ischen] Vernunft

Typik der reinen prakt[ischen] Vernunft Schematisierung führt zur Mystik- Bildhaftem Du sollst Dir kein Bildnis machen[.)2, 8

Gottes- I de e ! Kr[itik J d[ er] U rteilskr[ aft] cf. Kants Leben u[nd] Lehre2,9

ganz besonders aber Freiheitsidee Wir11 >begreifen< die Freiheit nicht, wenn begreifen s c h e m a t i s i er e n heisst. Daher könnenc auch die Fesseln der Endlichkeit definitiv abge­streift werden - die° Freiheit ist nicht mehr ,menschlich' gebunden[.]­DiesE gilt in gew[issem] Sinne noch von den Anschauungsformen von R[aum] u[nd] Z[eit]- ,uns Menschen wenigstens'300 -s[iehe] das WonF aus den Fortschr[itten] d[er] Metaphys[ik] 163,301 allen Freiheit, für alle Vernunftwesen überhaupt (cf. Cohen, Kants Begründung der EthikG)[.]302

Vernunft als theoret[ische] u[ nd] praktische ist nicht reine rezeptive Spontaneität d. h. transzendentale Einbildungskraft - sondern sie ist pro­duktive Spontaneität! Auch die Berufung auf das „Gefühl der Achtung" (Heidegger 150ff.303)

fruchtet hier nicht: denn das Gefühl der Achtung k o n s t i tu i er t kei­neswegs das Sittengesetz - dies kann als autonomes Vernunftgesetz auf kein Gefühl g e gründe t werden[,] sondern dies Gefühl ist nur die Art, in der sich uns die Geltung des Sittengesetzes, die als solche absolut ist, psychologisch repraes enti ert[;] cf. hierzuH Cohen, K[ants] Begr[ündung] der Ethik„04

A kann] kan 8 Wir]wir c können] kon 0 abgestreift werden - die] abgestreift - die E Dies] dies FWort]Wt. G Cohen, Kants Begründung der Ethik] Cohen, Ethik H hierzu] hrz.

Heidegger-Aufsatz 105

Zeit als universale reine Ansch[auung]- Vorrang der Z[eit] vor dem Raum cf. 44f'305

[„]Das Begegn[ ende J selbst ist im vorhinein schon umgriffen durch den in der reinen Anschauung vorgehaltenen Ho r i z o n t d er Z e i t [. "] (71 )306 [„]DieA im vornherein rein hinnehmend gebende universale Anschauung8 ist die Zeit - die reine Einbild[ ungskraft] muss sich daher wesenhaft auf sie beziehen.["] (75 ),0,

[„]Dasc reine Bild aller Gegenst[ände] der Sinne überh[aupt] ist die Zeit [ ."] (97)308 Ausf[ührung] s[iehe S.] toOff.309

Die >Transzendenz< ist (beim Menschen) „a priori sinnlich", weil sie in der Zeit gründet (164)310G] cf. S. 165 ff.311

[„]Das0 Bilden der Einbildung ist in sich zeitbezogen[. "] (167)312

innerer Zeitcharakter der tr[ anszendentalen] Einbildungskraft 167i,, Darin liegt der letzte entscheidende Beweis dafür, [„]daß die Interpretat[ion] der transzendent[alen] Einbildungskr[aft] als der Wur­zel der beiden Stämme notwendig ist.["Jm Apprehension -[„]Die reine appreh[endierende] Synthesis bildet erst dergleichen wie das Jetzt u[nd] dieJetztfolge[."] (171)315 Rekognition= Zukunft (175)316

das ad öv ist nicht= in alle Zukunft Seiendes!~17 Rekognoscere =im voraus erkunden[,] hindurchspähend (177)318

die reine Synthesis zeitigt sich erst primär aus der Zukunft (178)~19 Die Zeit als „reine Selbstaffektion"[,] denn sie gehört zur inneren M ö gli chkei t des „Gegenstehenlassens von"[.] (181)320

A Die] die • Anschauung] Anschag c Das] das 0 Das] das E Das Bilden der Einbildung ... Einbildungskraft 167] am Rand Anm.: dieser Begriff der Einb[ildungskraft] ist zu eng wie Ph[llosophie] d[er] s[ymbolischen] F[ ormen Bd.] III zeigt F Rekognition= Zukunft ... in alle Zukunft Seiendes!]am Rand Anm.: dies aber schon etwas gekünstelt! G (178)] (179) Angabe berichtigt

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106 Beilage I

[„]Nur auf dem Grunde dieser Selbstheit kann das endl[iche] Wesen sein, was es sein muss: angewiesen auf Hinnahme[."] (181),21

Die Zeit u[ nd] das „ Ich denke" sind d a s s e l b e - was K[ ant J freilich nicht ausdrücklich gesehen hat[.] (183),22

Aber Bleiben der Form als solcher[,] nicht der blossen Zeitform cf. S. 184

323[,] weiter zu fassen - Beständigkeit nicht als bloss zeitliche

sondern als ,Gestalt' (Idee) überh[aupt] zu verstehen[.] Die transz[endentale] Einbild[ungskrafi:] [„]als das urprüngl[iche] drei­fach-einigende Bilden von Zukunft, Gewesenheit u[nd] Gegenw[artJ überh[aupt] ermögl[icht] die reine Syn thesis - nämlich die Einigung der drei Elemente der ontolog[ischen] Erk[enntnis], in deren Einh[eit] sich die Transzendenz bildet[. "](187)324

BEILAGEN II

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108 Beilagen II

ARBEITSGEMEINSCHAFT CASSIRER UND HEIDEGGER

Davos, 26. März 1929

Daten325

Hermann Mörchen

Dienstag 26. Diskussion über Cassirer- Heidegger März 1929, Vor-mittag: Arbeits-gemeinschaft E. Cassirer und M. Hei-degger/ 10-12

Vier Punkte: 1) die Kant-Interpretation Heideggers. 2) die Kritik Cassirers an der Rolle der Räumlichkeit bei Heidegger. 3) die Kritik Cassirers an der Rolle der Sprache bei Heidegger. 4) die Kritik Cassirers an der Rolle des Todes bei Heidegger.

Cassiter: Frage an Heidegger: was ist Neukantianismus?

Stein,„: Einbildungskraft als Wurzel von Anschauung und Verstand? 2. Auflage gebe diese ursprüngliche Sicht der zentralen Konzeption der Einbildungskraft auf? Kant bebe zurück vor den Konsequenzen? Ist dies Zurückbeben nicht zu verstehen als eine Scheu der theoretischen Vernunft, einen Begriff als zentralen Begriff der theo­retischen Philosophie hinzustellen, der den strengen Anforderungen an theoretische Philosophie nicht entspricht? In der 2. Auflage geht parallel mit dem Zurücktreten der Einbildungskraft ein Hervortreten des praktischen Pathos (vgl. Vorrede zu B). Um dem Glauben Platz zu machen wird das Wissen zurückgedrängt. Heidegger: Cohen; Windelband, Rickert, Riehl, Erdmann. Das Gemeinsame des Neukantianismus ist aus seinem Ursprung zu zeigen. Die Genesis der Philosophie der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ist die Verlegenheit der Philosophie bezüg­lich der Frage, was ihr eigentlich noch bleibt im Ganzen der Erkenntnis. Situation: sowohl die Geisteswissenschaften als die Naturwissenschaften haben die Allheit des Seienden besetzt. Der Philosophie bleibt nicht mehr Erkenntnis des Seienden, son­dern nur noch Erkenntnis der Wissenschaft als solche. Die Kritik der reinen Vernunft wurde gesehen als Theorie der Erfahrung (Cohen). Erkenntnistheorie der mathe­matisch-physikalischen Erkenntnis. Rickert usw. ergänzten ihn nach der geisteswis­senschaftlichen Seite. Ähnlich Dilthey. Auch Husserl ist zwischen 1900 und 1910 in die Arme des Neukantianismus gefallen. Übernahme der Grundfragestellungen Natorps. Neukantianismus ist die Auffassung der Kritik der reinen Vernunft, die sie interpretiert als Theorie der Erkenntnis. Der Ansturm gegen den Neukantianis­mus hat ganz verschiedene Motive. Das Suchen nach Metaphysik bei Kant ist heute allgemein. Man sagt, es gibt neben der Erkenntnistheorie metaphysische Einflüsse bei Kant.

Arbeitsgemeinschaft Cassirer und Heidegger

Helene Weiss

26.III.1929. Arbeitsgemeinschaft Cassirer- Heidegger„,

1.) Heideggers Kant-Interpr[etation] 2.) Cassirers Kritik an Heideggers Räumlichkeit 3.) Sprache (als Beispiel der Differenz zw[ischen] Heidegger u[nd] Cassirer) 4.) Tod (als Beispiel der Differenz zwischen Heidegger und Cassirer)

109

1.) Cassirer: Was versteht Heideggerunter N eukan tian [is mus]? Ganz unein­deutig. Versteht sich ab[ er] mit manchen "berühmten" Neukantianern gar nicht. Andrerseits mit Husserl immer gut verstanden. -

Dr. Stein: Einbildungskraft entspricht [nich]t Kants Anforderungen an theo ret [is ehe] Philos[ophie.] Moment der Objektivität verbürgt durch die Ver­standesseite. Darum bebte Kant vor d[ er] theoret[ischen] Untat zurück. In der 2. Auflage zugleich Vortreten des prakt[ischen] Pathos. (cf. Vorrede zu B). Im Wesen der pr[ aktischen] V[ ernunft] liegt etwas was theoret[isch] [nich ]t mehr erfaßt w[ erden] kann.

Heidegger: Cohen, Windelband, Rickert, Erdmann. Zwar 2 verschiedene Richtun­gen, aber ein Gemeinsam es: Verlegenheit d[er] Philos[ophie] bezüglUch] d[er] Frage: was ihr noch bleibt im Ganzen der Erkenntnis. (So um 1850/60). Es bleibt Erkenntnis der Wiss[enschaft] als solcher. Unter diesem Leitfaden Rückgang auf Kant („Theorie der Erfahrung"). Rickert-Windelband (ähnlich Dilthey) versuchten unter dieser Voraussetzung (Theorie der Naturwiss[enschaft]) Kant nach der ande­ren Seite zu ergänzen. Husserl selbst 1900-1910 in die Arme des Neukantian[ismus] gefallen. (Innere Verwandtschaft, die Cassirer fühlt.)- K[ritik J d[ er] r[ einen] V[ernunft] (bis zur tr[ anszendentalen J Dialekt[ik ]) als Theorie der Erkenntnis interpretiert. Kant als Metaphysiker Gemeinplatz. Aber selbst Heimsoeth u[nd] M[ax] Wundt (rein historisch gearbeitet) sehen nur metaph[ysische J Einflüsse Kants als „daneben" .328

Page 61: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

110 Beilagen II

Heidegger dagegen: gerade in der Ästhetik und Analytik ist die Kantsche Proble­matik die der metaphysica generalis. Welches ist nun der innere Zusammenhang zwischen Analytik und Dialektik? Aufgrund meiner Interpretation der Analytik als Grundlegung der Metaphysik will ich zeigen, daß, was bei Kant nur negativ in der Dialektik ist als Logik des Scheins, ein positives Problem ist. Das ganze Problem der Vernunft und des Menschen ist so zu fassen, daß zur Natur des Menschen notwen­dig der Schein gehört.

Zu Steins Frage: schärfster Einwand gegen Heidegger: Kant hat in den Paralogis­men gezeigt, daß wir über das Wesen der Seele nichts auszusagen vermögen, also auch nicht über die Wurzel der beiden Stämme. Doch vgl. Vorrede zur 1. Auflage: „Ich kenne keine Untersuchungen, „."329 Spricht gegen und zugleich für Hei­deggers Interpretation.

Arbeitsgemeinschaft Cassirerund Heidegger 111

Kommt gerade darauf an: Kant wollte k [eine] Theorie d[ er] Naturwissenschaft, sondern Problematik der Met[aphysica] generalis. So allererst Probl[em] z[u] stellen: innerer Zusammenhang der Aesthet[ik] und Anal[ytik] mit Dialektik. „Dialektik d[es] Scheins" p o s [i ti ves J Problem. Schein gehört notw[endig] z[ur] Nat[ur] d[es] M[enschen] in seiner Endlichkeit. Das das Wesentl[iche].

Zu Steins Frage: Freilich liegt hier ein wesentl[iches] Problem. N[ich]t so sehr Wert legen auf Motiv des Zurückschreckens. Vielmehr nach einer anderen Seite. Will mir den schärfsten Einwand selbst machen. Kant hat üb[ er] die Paralogismen geschrie­ben, diese vermögen über Wesen der Seele und unserer selbst nichts auszusagen. Also Mögl[ichkeit] abgeschnitten, die gemeinsame Wurzel d[er] beid[en] Stämme z[u] begründen. Aber merkw[ürdige] Stelle in Vorrede z[u] A. XVI .Ich kenne k[eine] Unters[uchungen] „. z[u] meinen." (Charakteristischerweise nur in Vorrede zu A!} Spricht gegen meine Interpr[ etation J und zugleich für sie, berühn den eigcntl[ichen] Kern des Problems.

Kant innerhalb des Theoret[ischen] schon in e[ine] Dimension geraten die schon prakt [is eh] ist. - Verstand hält sich selbst e[ine] Verb indli chkei t seines Verhaltens vor. Damit das sein kann, muß dieses Wesen frei sein. So daß im Begriff des endl[ichen] Wesens bzw. des Verstandes schon aufbricht die Freiheit. Reduk­tion auf Einbildungskraft ist Reduktion des Erkennens auf Freiheit. So aus ursprüngl[icher] Dimension die ursprüngl[iche] Transcendenz selbst z[u) zeigen.

Einerseits begrenzt Kant in Paralog[ismen] Erkenntnis d[ er] Seele. Andrerseits nirgends so in Tiefen d[ er] Seele eingedrungen wie hier. Woran liegt das?

Motiv des Zurückschreckens noch radikaler nehmen, nicht nur Festhalten am Theoret[ischen], sondern an Vernunft u[nd] Logos.

Neukant[ianismus] stößt so auf Problem, das er wieder nicht radikal ursprüngJUch] nimmt. Zwar hat das Problem der Psychologie Neukant[ianer] (Cohen, Natorp) zeitlebens beschäftigt. Windelband- Rick[ ert] Unverstehen. Grotesker Versuch[,] mit Exper[imental]psychologie Kant wiss[enschaftlich] zu machen. Deutet darauf hin, daß Problematik: hier Erkenntnisth[eorie], Logik, dort Psychologie. Hieraus Huss[erls] Log[ische] Unt[ersuchungen] erwachsen. Diese Problematik geistesgesch[ichtlich] wesentl[ich]. Aber im Ganzen der Philos[ophie] falsche Sicht Kants. Kant doch Metaphysiker, weil er das Probl[em] d[er] Metaph[ysik] z[um] 1. Mal seit Aristoteles wieder begriffen. -

Cassirer hat die Enge der Marburger überschritten, große Weite des Ganzen der Philos[ophie.] Trotzdem eine Basis festgehalten, bzw. eine Dimension nicht gehabt.

Page 62: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

112 Beilagen II

Cassirer: Übereinstimmung mit Heidegger: die produktive Einbildungskraft ist in der Tat von zentraler Bedeutung bei Kant. Das zeigt sich wenn man das Problem des Symbolischen stellt. Symhesis speciosa.„0

Wie sind synthetische Urteile a priori möglich, d. h.: wie sind, unbeschadet der aufgewiesenen Endlichkeit doch allgemeine, notwendige (ewige) Wahrheiten für den (die?) Menschen möglich?

Arbeitsgemeinschaft Cassirer und Heidegger 113

Cassirer: Nie in Cohen bloßen Erkenntnistheoretiker sehen können. Historische Situation zwang ihn dorthin zurück. Grundlage in Theor[ie] d[er] Erfahrung. Aber sofort ergänzt durch Eth[ik], Aesth[etik], Religionsphilosophie.

In einem weitgehende Übereinstimmung zw[ischen] uns: produkt[ive] Einbil­dungskraft zentrale Bedeutung. Dorthin werde ich geradeA jetzt in meiner Fortführung der symbol[ischen] Formen geführt. Synthesis speciosa. Synthesis Grundkraft d[ es] Verstandes, r[einen] Denkens; aber die Symh[esis], auf die es ihm ankommt, ist die[,] die sich der species bedient. Bildbegriff. Symbolbegriff. So bin ich v[on] andrer Seite dahin geführt, Einbildungskraft ins Centrum zu stellen.

Hier brechen 2 Probleme auf. 1.) Freiheit. Wenn wir gebunden an Sinnlichkeit (Verbildlichung), welcher Raum bleibt dann f[ür] Kants Zentralprobl[em]: Freiheit. Den Weg dazu konnte er s[ich] nur bahnen durch Erkenntniskritik. Wenn wir das Probl[em] so stellen, wie Kant es einmal stellt: „Wie ist Fr[eiheit] möglich[?]" „Wir können sie [nich]t begreifen, begreifen nur ihre Unbegreiflichkeit.",,. Auch in dieser immanenten Seite bringt das Prob![ em] noch e[ine] Schwierigkeit. Liegt in Anlage d[er] Kr[itik] d[er] th[eoretischen] u[nd] d[er] pr[aktischen] Vernunft. Kants Ethik einen immer wieder betonten Grundsatz: d[er] kateg[orische] Imp[erativ] u[nd]jedes sittl[iche] Gesetz muß f[ür] alle Vernunftwesen überhaupt gelten. Also Übergang üb er Endlichkeit hinaus. (Anders als in Erkenntnis). Hier das entscheidende meta ph [ysis ehe] M om en t. Nicht in über­wundener Met[ aphysik] (Lieber" Gott), wie Heidegger richtig zeigt, aber Übergang in intelligible Welt. Dort ein Absolutes stabilisiert. Das kann h ist o r i s c h [ nich]t geleug­net werden.

Außerordentl[iche] Bedeutung des Schematism[us] ist mirc selbst immer klarer geworden. Aber beim Übergang zu[r] Ethik verbietet er den Schemat[ismus]. Unsere Gedanken v[om] Sollen sind Einsichten ([nich]t Erkenntnisse)~] die sich [nich]t mehr schematisieren lassen, nur Typik, [nich]t Schema. Schematism[us] ist term[inus] a quo, f[ür] Kant aber [nich]t term[inus] ad quem. In Kr[itik] d[er] pr[aktischen] V[ernunft] u[nd] d[er] Urteilskraft brechen neue Probleme auf. Kant nie starrer Sys­tematiker, hält seine Kateg[orien] [nich]t fest, schafft f[ür] neues Gebiet neue Kate­g[orie].

Noch e[inen] Punkt kurz berühren: Unsere Erkenntniskraft ist end 1 ich. Wie kommt aber endliches Wesen zur Vernunft, Wahrheit? Hier über Kant hinaus gleich zu sachl[ichen] Fragen gehen. Heidegger sagt im Buch: „Wahrheiten an sich (ewige) kann es [ nich]t geben. Sind relativ auf Dasein. E[in] endl[iches] Wesen kann überh[aupt] ewige Wahrheiten [nich]t besitzen."332 Für Kant gerade Probl[em]: Wie kann es unbe­schadet d[ er] endl[ichen J Wahrheiten doch notw[ endige] u[nd] allgem[ eine] geben? Wie sind synthet[ische] Urt[eile] a pr[iori] möglich? Synthet[ische] Urteile sind [nich]t endl[ich], sondern in ihrem Gehalt allg[emein], notw[endig.]

A werde ich gerade] werde gerade •Lieber] Liebe c Schematismus ist mir] Schematismus mir

Page 63: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

114 Beilagen II

[bei Mörchen nicht aufgezeichnet]

Arbeitsgemeinschaft Cassirer und Heidegger 115

Heidegger: Natur das paradigmatische Seiende. Im Sinne des Vorhandenen. Viel wei­ter als „Gegenstand d[er] mathemat[ischen] Naturwissenschaft"[.] Was er geben wollte, [nich]t Auslegung des Gegenstands d[ er] math[ ematischen J Naturwissenschaft, obwohl er fakt[isch] daran exemplifiziert, sondern Auslegung des Seienden. Zu belegen aus Stelle am Ende d[ er] K[ritik] d[ er] r[ einen] V[ ernunft B] 873: „Alles sofern es ist ... , wird auf folgende Art eingeteilt".m Sucht allg[emeine] Ontologie d[er] Nat[ur] vor Ontol[ogie] d[er] Natur als Gegenstand der Naturwissenschaft u[nd] Psychol[ogie]. Ebenso auseinandergelegt in „Met[aphysische] Anfangsgründe d[er] Naturwissen­schaft". Stelle in Fortsch[ritte) d[er] Met[aphysik] ([nich)t mehr von Kant herausge­geben): [„]Wenn Problem wäre z[u] fragen n[ach] Gegenstand d[er] Naturwissenschaft, so wäre Ontologie nie entstanden."„,

3 Schichten in „Religion innerh[alb] d[er] Grenzen [der bloßen Vernunft]": Tier­heit, Menschheit kommt durch Verstand, 3.) Personalität (Achtung). Aber Frage: Was ist d[er] Mensch? [nich]t ursprüngl[ich] gestellt. Kant [nich)t ursprüngl[iche] Einheit.

Page 64: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

116 Beilagen II

Heidegger: Die Idee des „Imperativs" zeigt den inneren Bezug auf ein endliches Wesen; grob metaphysisch: dies Hinausgehen über die Endlichkeit im kategorischen Imperativ besagt immer noch einen Übergang zu Ge schaffen e m, etwa zu Engeln. Endlichkeit auch des sittlichen Handelns bei Kant; sie ist nicht zu erörtern ohne die kritische Frage: was ist Gesetz? ... Sobald ich über Endliches aussage, muß ich schon eine Idee von Unendlichkeit haben, kann man zunächst formal einwenden. Kant bezeichnet in der Anthropologie die produktive Einbildungskraft als exhibitio originaria. Vgl. Gottes intuitus origina­rius.,,, In der Einbildungskraft kommt dies also zum Vorschein. Aber: es ist exhibi­tio, Darstellung, d. h.: freies Sich-geben in Angewiesenheit auf ein Hinnehmen. Der Mensch als endliches Wesen hat eine gewisse Unendlichkeit im 0nto1 o g i s c h e n. Er ist unendlich nicht im Schaffen des Seienden selbst, sondern im Verstehen des Seins . Sofern ich Sein nur verstehe im Miterfahren von Seiendem, ist diese Unendlichkeit des Ontologischen wesentlich gebunden an die endliche Erfahrung. Darum ist diese Unendlichkeit des Menschen gerade der schärfste Index seiner Endlichkeit. Gott braucht keine Ontologie.

Gegenfrage Cassirers: Begriff der Wahrheit: bei Kant ist ontologische Erkenntnis in der Tat allgemein und notwendig; aber: Kant sagt mehrmals: die Möglichkeit der Erfahrung, das, was Erfahrung überhaupt möglich macht, ist zufällig.

[Heidegger:] Frage der ewigen Wahrheiten. Wahrheit ist relativ auf Dasein. Dies ist keine ontische Aussage: wahr sei nur das, was der faktische einzelne Mensch denkt; sondern: Wahrheit hat als Wahrheit überhaupt nur einen Sinn und kann nur sein, wenn Dasein existiert. Die Frage nach der Ewigkeit der Wahrheit wird gewöhn­lich orientiert am Problem der Gültigkeit, d. h. am ausgesprochenen Satz, und dann kommt man zurück auf das, was da gilt, und dann findet man Werte usw ....

Arbeitsgemeinschaft Cassirer und Heidegger 117

Personalit~s moralis: f[~r) sie Achtung ~onstitutiv. Im kat[egorischen] Imp[erativ] etw[as] was ub[er] endl[1ches] Wesen hmausgeht[.] Aber im lmp[erativ] gerade i~er[er] Bezug auf endl[iches] Wesen. Das Hinausgehen geht auch noch z[ u] End­lichem, (Engeln) Geschaffenem, Kreatum. (Ens creatum dabei f[ür] Kant [nich]t glaubensmäßig wesentlich.) Vernunft d[es] Menschen Selbsthalterin" zw[i~chen] ewigem J.'bsolute': und Welt der Triebe; das i;t das Wesen d[~;j pr[akt1schen] Vernunft: d1~ses ~w1s c_h en .. Fehl~e~en (gerade auch b[ei] Seheier) fragt wonach das Handeln sich richtet, sieht [ ruch }t die mnere Struktur dieser Gesetz-lichkeit". "

Gewiß liegt etw[as] vor, das üb[ er] Endlichkeit hinausgeht. Aber die innere Struk­tu~ d[es] Daseins s:lbst, ist sie endlich ?d[er] unendlich? Hier zentrales Probl[em]: es JSt bes[ onders] die Frage: nach der ph1los[ ophischen] Erörterung v[ on] Endlichkeit z[u] fragen. Formal: muß schon Leitfaden d[er] Unendlichkeit haben. Inhaltl[ich:] gerade in Constit[ution] d[es] Endl[ichen] (Einbildungskraft) gerade Charakter der Unendlichkeit z[um) Vorschein kommend. Kant bezeichnet gerade Einbildungs­kraft als exhibi ti o originaria. Also im Transc[endentalen] kommt der Char[~k:erJ z[um] Vorschein[,] ~er i? der abs[oluten] Erkenntnis wesentl[ich]. Aber ex h [ I b I t I o] , Darstellung, freies Sich-Geben, also Angewiesenheit auf ein Hin -nehmen. Der Mensch als endl[iches] Wesen hat e[ine] gew[isse] Unendlichkeit im ?mologisi;hen~ unendlich im Versteh:n des S:ins .. Sofern dieses nur mögl[ich] in mn(erer] Emhe1t des Erfahrens d[es) Se1enden, 1st die Unendlichkeit des Verstehens v[on] Sein gebunden an Erfahren des Ontischen. Ontologie ein Index der Endlich­keit. Erkenntnis kann nur endl[ich] sein auf Grund der Unendlichkeit im Ontolo­gischen .

.. ~reilich erheb: s[ic.h] Gegenfra~e, mit Bezug auf Begriff der Wahrheit: allg[emein] gult1ge Erkenntrus, die aller fakt[1schen] Erfahrung voraus liegt.

Freilich s~gt Kant (da~ Tie~ste nebe':. Sch:mat[ismus]): die Mögl[ichkeit] der Erfahrung,_ d1:ser Unendhchk~1t d:s Sc~opfenschen, ist zu f ä 11 i g.

Wahrheit, m der Unwahrheit-Sem. Hier Problem, wo Kants „Schein" verwurzelt ist, Zusammenhang" d[er] Metaph[ysica] gen[eralis] u[nd] specialis. -

Fra~e der ew[!gen] Wahrheiten: 1:'1ein Satz [nich]t ontisch, sondern met[aphysisch]: Nur mit der Ex[1stenz]v[on] Dasem kommt Wahrheit ins Sein.

Ewigkeit d[er] Wahrheit [nich]t am Satz, sondern anders, metaph[ysisch] aufzu­rollen.

A verwurzelt ist, Zusammenhang] verwurzelt, Zusammenhang

Page 65: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

118 Beilagen II

Die Wahrheit hat gemäß der jeweiligen faktischen Einzelexistenz einen bestimmten Wahrheitsgehalt; die Gültigkeit wird nicht interpretiert, wenn man sagt, gegenüber dem Fluß und Wechsel gibt es ein Ewiges, Beständiges. Was ist denn diese Ewigkeit? Ist sie nicht nur die Beständigkeit[,] das ud der Zeit? Die Interpretation der Zeitlich­keit hat zu zeigen, daß die traditionellen Zeitcharaktere in der Interpretation der Zeit nur dadurch möglich sind, daß in der Zeit selbst eine Transzendenz liegt.

Cassirer: Der Mensch hat einen Weg zur Unendlichkeit nur durch das Medium der Form. Seine Unendlichkeit besitzt er lediglich in dieser Form. Das Unendliche ist nicht ein metaphysischer, transzendenter Bezirk, sondern die vom Menschen selbst geschaffene geistige Welt. Daß er sie schaffen kann, zeigt, daß er Zugang hat zur Unendlichkeit.

Indem die Endlichkeit wirklich sich erfüllt, schreitet sie in die Unendlichkeit hinaus. Unendlichkeit ist nicht Privation, sondern das Gegenteil von Privation. Wie weit hat die Philosophie die Aufgabe, den Menschen frei zu machen von der Angst, oder ihn gerade in die Angst zu führen? Die Philosophie als Befreiung hat den Men­schen in der Tat von der Angst frei zu machen.

Heidegger: Zentraler Unterschied der beiden Positionen: terminus a quo und ad quem: letzterer ist das Ganze einer Kulturphilosophie, als Aufhellung der Ganzheit der Formen der Gestaltungen des gestaltenden Bewußtseins selbst. So für Cassirer; für Heidegger dagegen: Grundlegung der Metaphysik.

Arbeitsgemeinschaft Cassirerund Heidegger 119

Ein Wahrheitsgehalt, der üb[ er] das Seiende etw[as] sagt. Was heißt „ewig" hier? Woher wissen wir von ihr? Ist es [nich]t nur die Beständigkeit i[m] Sinne des äEi der Zeit? Nur mögl[ich] auf Grund d[er] Transcendenz der Zeit selbst. Apriori, uel öv, w n ~v tlvm, oi>uia"', alle nur z[u] verstehen dadurch[,] daß im Wesen der Zeit innere Tr[anszendenz] liegt; Zeit [ nich ]t nur das, was Tr[anszendenz] ermöglicht, ( ekstat[ischer] Char[akter]), sond~rn Zeit in sich selbst horizontaler Char[akter]; aus d[em] Hori­zont (Dynamik des Verstehens, die Kam im Schematismus ahnt), transc[endentale] Zeitbestimmungen.

Problem des Todes, der Angst nur aus der ontologischen Frage her aufgerollt. Nur wenn ich das Nichts verstehe in der Angst, kann ich Se in verstehen.

Und in der Einheit beider springt das Warum auf. Nichts, Sein, Warum sind die konkretesten Probleme.

Wenn man den ontolog~schen] Boden [ nich ]t versteht, dann Cassirers Kritik an meiner „Anthropologie" berechtigt. Ähnlich meine näheren Schüler:

Natur (i[m] Sinne d[er] Romantik) Das Aesthetische. Kunst. käme zu kurz[.]

Gehört zur Met[aphysik] d[es] Daseins lnterpr[etation], in der Kierkegaard und Augustin vorkommt? Freilich [nich]t standpunktsfrei, ohne „Weltanschauung". Aber was hier als Fundamentalontologie gesagt, eine ganz andre Frage, als die der Verbindlichkeit f[ür J e[inen] Anderen.

Philos[ophie] hat [nich]t Weltanschauung auszubilden. Wohl aber ist Weltan­schauung Voraussetzung des Philosophierens. Beruht darin, daß es i[m] Philoso­phieren gelingt, die Transcendenz des Daseins (Verhalten z[um] Seienden) radikaler z[u] machen. Anders gewendet: die Freiheit. Ich würde b[ei] Unbegreiflichkeit d[er] Freiheit [nich]t stehen bleiben, Kant schärfer interpr[etieren] hins[ichtlich] dessen was er in der Philos[ophie] getan. Weil Freiheit überh[aupt] [nich]t Gegen­stand theoret[ischen] Erfassen, sondern „Gegenstand" des Philosophierens, kann Freiheit nur sein im Sich - Befreien. Die Aufhellung der inneren Tr[anszendenz] ist der Sinn des Philosophierens. Philosoph hat sich ihr z[u] beugen in der inner[en] Endlichkeit seiner Arbeit. Die innere Befreiung der Sinn des Philosophierens.

Term[inus] ad quem (Kultur) erst ihre Funktion i[m] Menschheitsgeschehen, wenn so verwurzelt, daß sie metaph[ysisch], v[on] vornherein in der Metaph[ysik] des Daseins selbst als Grundgeschehen sichtbar wird.A Abends:~„

A wird.] Danach waagerechter Strich über die ganze S. •Abends:] bricht ab

Page 66: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

CASSIRER, LEBEN UND GEIST BEI SCHELER

Davos, 27. März 1929339

Aufgezeichnet von Hermann Mörchen

Heinrich v. Kleist, „ Über das Marionettentheater", 1810 (Berliner Abend­blätter). Ludwig Klages, „Bewußtseinslehre". Byron, Manfred: „The tree of knowledge is not that of life."

Grundgedankenvon Schelers Anthropologie: Dualismus zwischen Leben und Geist nicht zu versöhnen gesucht, aber von dem Sinn dieses Dualismus entwirft er ein durchaus neues Bild. Es gibt nach Scheler keine Entwicklung vom Leben zum Geist, keinen Monismus, keine Identi­tätsphilosophie. Was den Menschen zum Menschen macht ist ein allem Leben entgegengesetztes Prinzip. Nicht Steigerung, sondern Hemmung der natürlichen Kräfte des Lebens. Der Mensch ist nur dort ganz Mensch, wo er diese Abkehr vollzieht. Die Grundbestimmung eines geistigen Wesens ist daher seine existenzielle Entbundenheit von der Abhängig­keit vom Organischen: Umweldreiheit, Weltoffenheit. Geist ist Sachlich­keit, Bestimmbarkeit durch das Sosein von Sachen selbst. Verwandt mit, aber auch ganz verschieden von Klages; das Wertvorzeichen hat sich bei Seheier durchaus geändert: Superiorität des Geistes, seinem Werte nach, doch nicht dem Sein nach. Seheier wendet sich entschieden dagegen, daß dem höheren Wert auch die höhere Macht zukommen müsse. Der Mensch ist das Lebewesen, das sich zu sich selbst prinzipiell asketisch verhalten kann; er ist der Nein-sagen-könner, der "ewige Protestant" . . . . Der Geist ist ursprünglich machtlos. Irrig ist nach Seheier die Lehre von der Selbstmacht der Idee. Das gelobte Land ist und bleibt ein Land der bloßen Verheißung. Scharfe Scheidung von der Lehre des deutschen Idealismus, besonders von Hegel. Der Geist ist nur Leiter und Lenker, hat keine eigene Macht. Die Verlebendigung des Geistes ist das Ende alles Geschehens, das der Theismus fälschlich an den Ausgangspunkt gestellt hat.

Zwei Fragen zu stellen: wenn Leben und Geist völlig verschieden sind, wie können sie trotzdem eine einheitliche Leistung vollziehen? Ist dies Ineinandergreifen nicht mehr als ein glücklicher Zufall? Wie ist möglich, daß der Drang des Lebens sich überhaupt aus seiner Richtung abdrängen läßt? Der Geist begnüge sich mit einer bloß symbolischen Funktion, der des Zeigens und Leitens. Wie aber kann das Leben diese gezeigten Ideen auch nur sehen? Will man dies verstehen, so muß man

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122 Beilagen II

nach Seheier den Sprung ins Dunkel des Weltgrundes wagen. Der Geist sei nicht aus dem Leben ableitbar und erklärbar; wenn auf etwas, so falle er nur auf den obersten Grund der Dinge überhaupt zurück. Leben und Geist treffen sich nur in der Unendlichkeit. Aber mit solcher Antwort wäre der Knoten zerhauen, wir werden vor die gleichen Schwierigkeiten geführt wie durch die aristotelische Lehre vom voui; (Scheler: Geist). Aristoteles fand die Antwort in der Teleologie. Gott bewegt die Welt, weil er ihr i;eA.oi; ausmacht. KtvEi ro~ eproµsvov. Doch diese Idee ist für Scheler in der letzten Phase seiner Philosophie nicht mehr brauchbar. Gegensatz gegen die theistisch-teleologische Lösung. Welche Lösung bleibt dann?

Frage zu stellen: besteht zwischen der klassischen und (der) Seheier­sehen Lösung das Verhältnis des strikten Gegensatzes? Ein solcher bestände nur dann, wenn der Begriff der Macht klar genug bestimmt wäre. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Äquivokation. Seheier unter­scheidet nicht zwischen der Energie des Wirkens und der des reinen Gestaltens (Bildens). Doch zwischen beiden besteht eine spezifische Dif­ferenz. Erstere richtet sich unmittelbar auf die Umwelt des Menschen; letztere bleibt in sich selbst zentriert, bewegt sich in der Dimension des reinen Bildes, nicht in der der Wirklichkeit. Goethe: «Vergangenes in einBildzuverwandeln.»Schiller:„der Mensch ist nur da ganz M e n s c h, wo er spie 1 t . " Bei Schiller Einschränkung auf die ästhe­tische Sphäre; der Mensch solle nur mit der Schönheit spielen. Aber genügend weit genommen, erschließt das Spiel auch die Sphäre der Wahrheit erst richtig (vgl. Kant, produktive Einbildungskraft).340

II. VORTRÄGE ÜBER HERMANN COHEN

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Sperrdruck

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Abkürzungen

Abt. ahd. Anm. Aufl. Aug. bearb. bes. betr. Bd„Bde. Bg„Bgn. BI. bzw. Cap. cf. d. dass. ders. Dez. d.h. d.i. Dr, Dr. dt. durchges.

ZUR TEXTGESTALTUNG

1. Zeichen, Abkürzungen, Siglen

Hervorhebung Cassirers; in Zitaten: Hervorgehobenes H erausgeberrede Eckige Klammern: Hinzufügungen des Herausgebers Runde Klammern: in Cassirers Manuskript Spitzklammern: eckige Klammern in Cassirers Ms. Schließende eckige Klammer: Abgrenzung des Lemmas Titel und Auflage der Schrift in Cassirers Besitz Schrägstrich in Anmerkungen signalisiert Zeilenwechsel verstorben

Abteilung althochdeutsch Anmerkung Auflage August bearbeitet besonders betreffend Band, Bände Bogen, Bögen Blatt beziehungsweise Capitulum confer in Datumsangabe: den dasselbe derselbe Dezember das heißt das ist Doktor deutsch durchgesehen

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306

~d. ;d. ~tc. ~rw.

[.,ff. Pebr. iol. ~eh. H:d. flrsg. ~rsg. rtrsg.-Anm. 1s. fls. 1 1an. ig. ~ap. L i i.b Ll . h.e.U. hsl. ~s.,Mss. ~ov. Nr. ~.J. Dkt. ~.s. i i 1.

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i 1

1

I __ _

Anhang

edidit, edited, edition edition et cetera erweitert folgende Februar folio geboren· Hand. Herausgeber herausgegeben Herausgeber-Anmerkung handschriftlich Handschrift Januar Jahrgang Kapitel (hochgestellt) nachfolgende Leerzeile(-n) getilgt liebe, lieben, lieber, liebes Liber mit eigenhändiger Unterschrift maschinenschriftlich Manuskript, Manuskripte November Nummer ohne Jahresangabe Oktober ohne Seitenangabe recto Seite siehe scilicet (das heißt) siehe dort September siehe oben Spalte Sommersemester Straße siehe unten translated, translation Typoskript und unter anderem; und andere übersetzt unter dem Titel

unles. usw., u.s.w. u.U. V

v. v.a. verb. verm. vgl. Vol. WS z. z.B.

Siglen

Zur Textgestaltung

unleserlich und so weiter unter Umständen versa von vor allem verbesserte vermehrte vergleiche Volume, Volumen Wintersemester Zeile zum Beispiel

30

Mit Rücksicht auf ein internationales Publikum ist auf weitere Abkür zungsmöglichkeiten von Titeln und bibliographischen Angaben verzieh tetworden.

AA AZJ BEdPh

Berliner Adreßbücher Bw Hartmann-Heimsoeth

DLZ DVD zuECN 18

ECN

ECW

Kant: Akademie-Ausgabe Allgemeine Zeitung des Judentums Biographische Enzyklopädie deutschspra ehiger Philosophen. Bearb. v. Bruno Jahn München 2001. Datenbank: http://adressbuch.zlb.de Frida Hartmann u. Renate Heimsoetl (Hrsg.): Nicolai Hartmann und Hein: Heimsoeth im Briefwechsel. Bonn 1978. Deutsche Literaturzeitung ECN 18 enthält eine Auswahl des Brief wechsels Cassirers. Die zugehörige DVD ROM enthält Reproduktionen des größtei Teils der etwa 1400 bislang aufgefunde nen Briefe von und an Ernst Cassirer. De Briefwechsel Cassirers ist auch zugänglic! über das Internetangebot der Staats- unc Universitätsbibliothek Hamburg (http:/ agora.sub.uni-hamburg.de/subcass/digbib. ssearch). Ernst Cassirer: Nachgelassene Manuskript1 und Texte Ernst Cassirer: Gesammelte Werke. Ham­burger Ausgabe

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308

EP I/II

Geflügelte Worte

Germanistenlexikon

GgA HCW HGA3

HN Holzhey l/II

Jüdische Schriften I/II/III

Kr V KPM

Kp V KU LZ N:ÖB PhB PersMarburg

Anhang

Cassirer: Das Erkenntnisproblem in der Philosophie und Wissenschaft der neueren Zeit Bd. 1 u. 2. Berlin 1 906-1907. Geflügelte Worte. Der Zitatenschatz des deutschen Volkes gesammelt u. erläutert v. Georg Büchmann. Fortgesetzt von Walter Robert-tornow [!]. 22„ verm. u. verb. Aufl. (129.-139. Tausend) bearb. v. Eduard lppel. Berlin 1905. Internationales Germanistenlexikon 1800-1950. Hrsg. u. eingeleitet v. Christoph König. 3 Bde. Berlin 2003. Göttingische gelehrte Anzeigen Hermann Cohen Werke Martin Heidegger: Kant und das Problem der Metaphysik. Frankfurt a.M. 1991 (Mar­tin Heidegger Gesamtausgabe. Abt. 1: Ver­öffentlichte Schriften 1910-197 6 Bd. 3 ). Hochschul-Nachrichten. München. Helmut Holzhey: Ursprung und Einheit. Die Geschichte der ,Marburger Schule' als Auseinandersetzung um die Logik des Denkens. Basel/Stuttgart 1986 (Cohen und Natorp Bd. 1). - Ders.: Der Marburger Neukantianismus in Quellen. Zeugnisse kritischer Lektüre, Briefe der Marburger, Dokumente zur Philosophiepolitik der Schule. Basel/Stuttgart 1986 (Cohen und Natorp Bd. 2). Hermann Cohens Jüdische Schriften. 3 Bde., 1924. Kant: Kritik der reinen Vernunft Heidegger: Kant und das Problem der Metaphysik, 1929. Kant: Kritik der praktischen Vernunft Kant: Kritik der Urteilskraft Literarisches Zentralblatt Neue Deutsche Biographie Philosophische Bibliothek Verzeichnis des Personals und der Studie­renden auf der König!. Preußischen Uni­versität Marburg/Personal-Verzeichnis der Königlichen Universität Marburg (http:// archiv.ub.uni-marburg.de/opus/schriften­reihen_ebene2.php?sr_id=24&la=de)

PJ PSF I/II/III

PWLZ

Sieg

Sieg: Testament

Toni Cassirer

VVBerlin

VVMarburg

WA WEIS Würffel

Zur Textgestaltung 309

Preußische Jahrbücher Cassirer: Philosophie der symbolischen Formen Bd. 1-3. Philosophische Wochenschrift und Litera­tur-Zeitung Ulrich Sieg: Aufstieg und Niedergang des Marburger Neukantianismus. Die Geschichte einer philosophischen Schulge­meinschaft. Würzburg 1994 (Studien und Materialien zum Neukantianismus. Hrsg. v. H. Holzhey u. E. W. Orth. Bd. 4). Ulrich Sieg (Hrsg.): Das Testament von Hermann und Martha Cohen. Stiftungen und Stipendien für jüdische Einrichtun­gen. In: Zeitschrift für neuere Theologiege­schichte 4 (1997), S. 251-264. Toni Cassirer: Mein Leben mit Ernst Cassi­rer. Hamburg 2003. Verzeichnis der Vorlesungen an der König­lichen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin Verzeichnis der Vorlesungen welche „. an der Universität Marburg gehalten werden sollen, mit Angabe des Halbjahrs (http:// archiv.ub.uni-marburg.de/opus/schriften­reihen_ebene2.php ?sr_id=15&la=de) Goethes Werke (Weimarer Ausgabe) World Biographical Information System Reinhard Würffel: Lexikon deutscher Verlage von A-Z. 1071 Verlage und 2800 Verlagssignete vom Anfang der Buchdru­ckerkunst bis 1945. Adressen - Daten -Fakten - Namen. Berlin 2000.

Page 71: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

310 Anhang

2. Regeln der Textgestaltung

Alle Texte sind ohne Auslassungen vollständig wiedergegeben. Den Text begleiten drei Anmerkungsarten: 1) Cassirers eigene Anmerkungen ste­hen als Fußnoten und sind, wie sonst in Cassirers Werken, auf jeder Seite jeweils neu numeriert. Im laufenden Text sind sie. mit hochgestellten Indexziffern bezeichnet. 2) Editorisch-philologische Anmerkungen zum Ms.-Befund stehen mit Lemma-Angabe ebenfalls als Fußnoten und sind im Text durch hochgestellte lateinische Großbuchstaben markiert; hier werden auch Streichungen mitgeteilt, die von Belang sind. 3) Herausge­ber-Anmerkungen sind durchnumeriert, im laufenden Text durch tief­gestellte Indexziffern bezeichnet und im Anhang zusammengefaßt; aus­genommen bei den Schreiben Cohens an Cassirer, wo die Annotationen direkt auf den Brieftext folgen.

Auf Markierungen des Seiten- und Zeilenumbruchs des Originalms. ist zugunsten der Lesbarkeit des Textes verzichtet worden. Ergänzungen von ausgesparten Wörtern sind- wie Eingriffe der Herausgeber (Einfü­gungen, Änderungen) - durch eckige Klammern [ J kenntlich gemacht bzw. werden in einer editorischen Anmerkung mitgeteilt. Cassirer zitiert in seinen Mss. mit einfachen und doppelten Anführungszeichen („ . .', „ ... ", '. .. ', "„. "), die manchmal schwer voneinander zu unterscheiden sind, sowie mit Guillemets (>„ .<, » .•. «). Weil eine einheitliche Verwen­dung dabei nicht feststellbar ist, wird diese Zeichensetzung beibehalten. In einigen Fällen handelt es sich bei den in Anführungszeichen gesetz­ten Phrasen um uneigentliche Rede oder Hervorhebungen Cassirers und nicht um eigentliche Zitate.

Uneinheitlichkeiten und Eigenarten in Cassirers Orthographie (z.B. ss und ß, ae und ä, gibt und giebt usw.) und Interpunktion wurden beibe­halten, ebenso die Besonderheiten von Schreibweisen (z. B. anderseits, zu einander, jenseit). Cassirer läßt Kommata öfters weg oder setzt sie, wo sie unüblich sind; Texteingriffe wurden nur in Fällen vorgenommen, wo eine Sinnentstellung entstehen könnte. Bei Kürzeln ist die Schreibweise Cassi­rers uneinheitlich, an vielen Stellen auch undeutlich. Cassirer verwendet sowohl Wortabkürzungen (mit Punkt), z.B. symbol. F., wie auch Kürzel (ohne Punkt) bei Wörtern mit der Endung ung. Abgekürzte Wörter wur­den in eckigen Klammern ergänzt, wobei aber nicht erkennbar ist, ob bei der Endsilbe ung das u, das n oder beides suspendiert wurde. Wo der Sinn dieser Kürzel eindeutig ist, wurden sie im Gegensatz zu den Abkürzun­gen ohne Nachweis aufgelöst. Eindeutige Schreibfehler (z.B. gelegentlich vergessene Akzente oder uneinheitliche An- und Abführungszeichen) wurden stillschweigend berichtigt. Die uneinheitliche Schreibung f oder f. bzw. ff oder ff. wurde stillschweigend zu f. und ff. vereinheitlicht. Mehr­fach verschriebenes ad in dem englischsprachigen Text wurde stillschwei­gend mit and korrigiert. Lochungsverluste an einzelnen Buchstaben in den Briefen wurden stillschweigend ergänzt. Die vielfach gebrauchten

Zur Textgestaltung 311

unterschiedlichen Kürzel für den Namen Heidegger wurden ohne geson­derten Hinweis aufgelöst.

Alle Hervorhebungen Cassirers bleiben erhalten. Unterstrichene Wör­ter bzw. Wortteile in Cassirers Text sind, wie sonst in seinen Werken, durch Sperrung ausgezeichnet. Die allgemeinen Regeln der Textgestal­tung gelten auch für den englischsprachigen Text. Eingriffe in den Text wurden hier nur im Falle schwerwiegender Fehler vorgenommen, die das Verständnis beeinträchtigt hätten. Ansonsten wurden Cassirers charak­teristischer Duktus und seine mitunter ans Deutsche erinnernde Syntax beibehalten.

Cassirers Zitierungen sind anhand der von ihm benutzten Ausgaben überprüft worden; Abweichungen bei Hervorhebungen und bloß ortho­graphische Modernisierungen sind nicht mitgeteilt. Die angeführten Quellen sind im Literaturverzeichnis vollständig aufgeführt. Von den Herausgebern nachgewiesene Zitate sind Cassirer zugänglichen Quel­len entnommen und folgen nach Möglichkeit den von ihm (hier oder in anderen Schriften) zitierten Ausgaben. Hierfür wurde eine mehrfach ergänzte Liste der Bücher in Cassirers Privatbibliothek zugrunde gelegt. 1

'Diese Liste enthält die Verkaufsliste der Bibliothek Ernst Cassirers (Bemard M. Rosenthal, Inc. Rare Books- Manuscripts. 120 East 85th Street New York, NY 10028, USA, Ts. o.].) sowie einen Karteikatalog (Department of Philosophy, University of Illinois, Chicago), dessen Erstellung beim Erwerb der Bibliothek Cassirers durch die University of Illinois Library (Chicago) veranlaßt wurde, eine Erfassung der Separata und anderer unkatalogisierter Schriften aus Cassirers Bibliothek im Besitz der University of Illinois Library sowie eine Liste von Teilen der Bibliothek aus Familienbesitz.

Page 72: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

EDITORISCHE HINWEISE

1. Ziel und Gestalt der Ausgabe »Ernst Cassirer ·Nachgelassene Manuskripte und Texte«

Ziel der ECN ist die Präsentation nachgelassener und bis dato nicht pub­lizierter Mss. Cassirers. Dabei werden Cassirers Ms.-Texte annähernd textdiplomatisch wiedergegeben. Editorische Eingriffe (Emendationen und Konjekturen) wurden auf das Notwendigste beschränkt und sind immer angegeben.

2. Überlieferungsgeschichte und Inhalt dieses Bandes

Die in diesem Band publizierten Mss. Ernst Cassirers befinden sich im Nachlaß Cassirers in der Beinecke Rare Book and Manuskript Library der Yale University, New Haven (USA). 2 Der vorliegende Band besteht aus zwei Teilen. Ziel des 1. Teils ist die Veröffentlichung der im Nach­laß Cassirers überlieferten Zeugnisse über seine Davoser Vorträge 1929. Dazu treten die Notizen Cassirers über Heideggers Kant und das Prob­lem der Metaphysik. Ziel des 2. Teils ist die Dokumentation von Cassirers Vorträgen über Hermann Cohen sowie -als Anhang - die kommentierte Veröffentlichung der 55 überlieferten Schreiben Hermann und Martha Cohens an Ernst (und Toni) Cassirer.

Alle drei Teile bedurften tiefer Kommentierung, die Davoser Vorträge vor allem wegen des ungeklärten zeitlichen Ablaufs. Die Vorträge Cas­sirers über Cohen bedurften einer Rekontextuierung in den unterschied­lichen jüdischen öffentlichen und halböffentlichen Zusammenhängen, in denen sie vorgetragen wurden. Für die Briefe Cohens an Cassirer war außer der üblichen biographischen und historischen Kommentierung eine Aufschlüsselung der vielen Anspielungen auf den auch akademisch ver­breiteten Antisemitismus nötig.

Die Vorträge Cassirers und Heideggers und die Diskussion zwischen Cassirer und Heidegger bei den II. Davoser Hochschulkursen im März 1929 haben eine umfangreiche Sekundärliteratur und vielfache Legen­denbildung hervorgerufen, obwohl Cassirers umfangreiches Vortragsma­nuskript Heidegger-Vorlcs[ ung] (Davos) März 1929 und die im Anschluß an die Hochschulkurse verfaßten Notizen wm Heidegger-Aufs[atz] der

2 Ernst Cassirer Papers, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Gen Mss 98 bzw. Ernst Cassirer Papers -Addition, Gen Mss 355, Series II: Corrc­spondence. Eine Geschichte der Überlieferung des Cassirer-Nachlasses ist im ersten Band dieser Ausgabe nachzulesen, ECN 1, S. 279-284.

Page 73: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

314 Anhang

Forschung bisher unbekannt geblieben sind. Dieses Desiderat wird im vorliegenden Bd. behoben.

Die Rekonstruktion der Heidegger-Vorl[ esung] gelang v. a. im Ver­gleich mit den Protokollen von Helene Weiss und Hermann Märchen, dir: Inhalt und Ablauf der Vorträge sowie der Diskussion mit Heidegger sichtbar machen. Das ist aus den im Cassirer-Nachlaß vorgefundenen Zeugnissen nicht zu entnehmen. Die Protokolle dokumentieren zugleich die Abweichungen des Wortlauts von Cassirers tatsächlich gehaltenem Vortrag zum überlieferten Ms. Die bisher in Cassirers Mss. verbliebenen Lücken wurden geschlossen und die Verweise auf andere Mss. Cassirers entschlüsselt. Das situativ bedingte Eingehen Cassirers auf die Vorträge von Hendrikus Josephus Pos z.B. (siehe S. 34 im vorliegenden Bd.) ist nur in den Protokollen überliefert. Diese Möglichkeit, direkte Zeugnisse eines Vortrags von Cassirer mit dem Vortragsms. zu vergleichen, ist im Rah­men der ECN von besonderem Wert. Die Herausgeber haben sich daher für eine synoptische Darstellung dieser Textgruppe entschlossen, um die­sem Forschungsdesiderat umfassend nachzukommen.

Cassirers Notizen über Heideggers Kant und das Problem der Meta­physik nehmen ausdrücklich auf die Davoser Hochschulkurse Bezug und artikulieren dabei nicht nur den prinzipiell-philosophischen Gegensatz zu Heidegger, sondern führen auch den der Auffassungen von Aufklärung weiter aus: Kant dringt in die letzen Tiefen - aber er bleibt in dieser Tiefe noch „Aufklärer", der Licht-Spender. Heideggers Philosophie will uns das Dunkel spenden -uns den >Abgrund< erkennen lassen [„ .] Hier kein „Vergleich" möglich.' Das Konvolut dieser Notizen wurde nach ausführ­licher Analyse für den vorliegenden Band erstmals und vollständig in eine plausible Ordnung gebracht.

Die ungedruckten Vorträge Cassirers über Cohen bieten - jeder für sich - Einblick in unterschiedliche Facetten von Cassirers festem Einge­bundensein in spezifisch jüdische Kontexte, das allerdings erst durch das Internetarchiv jüdischer Periodika' und das Internetarchiv Exilpresse' in seinem vollen Umfang sichtbar und der Öffentlichkeit wieder zugäng­lich gemacht worden ist. Die weit über 100 dort einsehbaren Berichte über Cassirer bzw. seine Publikationen in jüdischen Organen zeigen, daß sich seine Beziehung zu Cohen nicht auf eine bloße Anhänglichkeit an seinen verehrten philosophischen Lehrer und väterlichen Freund redu­zieren läßt, sondern vielmehr, daß die jüdische Presse, angefangen mit der Vermeidung von Cassirers Habilitation im Sommer 1906 die Karriere dieses späterhin so prominenten deutschen Juden aufmerksam begleitet

' Siehe S. 79 im vorliegenden Bd. 4 Volltext-Datenbank http://www.compactmemory.de 5 Volltext-Datenbankhttp://deposit.ddb.de/online/exil!exil.htm (seit Juli 2012

nur noch in den Räumen der Deutschen Nationalbibliothek Leipzig/Frankfurt wgänglich).

Editorische Hinweise 315

hat- ebenso wie Cassirer seinerseits als Teil der jüdischen Öffentlichkeit agiert hat.

Der in diesem Band abgedruckte Text Hermann Cohens Philoso­phie in ihrem Verhältnis zum Judentum, ein Vortrag, den Cassirer am 12.4.1931 in Hamburg bei der Franz-Rosenzweig-Gedächtnisstzftung gehalten hat, geht näher auf Cohens Verhältnis zu Rosenzweig ein, worüber Cassirer sonst keine Zeugnisse hinterlassen hat. In dem Vortrag vom 16.6.1935 [The Philosophy of Hermann Cohen and his Conception of Jewish Religion], gehalten vor der studentischen Organisation Oxford University Jewish Society,'' sowie in der kleinen Vortragsdisposition Her­mann Cohen (Malmö, 23.3.41) bestimmt Cassirer viel weiter ausholend seinen Gegenstand, als er dies in seinen deutschsprachigen, gedruckten wie ungedruckten Vorträgen zu tun pflegte, da er sich an ein Publikum wendet, das, anders als das jüdische Bildungsbürgertum Deutschlands, allenfalls den Namen Hermann Cohens kennt.

Die Briefe Hermann und Martha Cohens an Ernst Cassirer, 55 Schrei­ben 1901-1929, sind ihrem Charakter nach zum weit überwiegenden Teilkultur-, philosophie- und wissenschaftsgeschichtlich von hohem Wert, da Cohen weniger eigene Befindlichkeiten oder Privates ausz1Ua11schen pflegte, sondern teils sehr sachlich, teils sarkastisch und kritisch zeitge­nössische Ereignisse, zumal akademische, brieflich kommentierte, wie das bereits die Edition der Schreiben Cohens an Natorp deutlich gemacht hat.' Die Briefe geben darüber hinaus den besten Kommentar ab zu den Vorträgen Cassirers über Cohen, weil sie Einblick in deren Verhältnis gestatten.

Cassirer hat zu keinem Zeitpunkt Rechenschaft über seine persönli­che Beziehung zu Cohen abgelegt. Es wiegt daher besonders schwer, daß Cassirers Briefe an Cohen nicht überliefert sind. Erst kurz vor seinem Tod hat Cassirer, als Paul Arthur Schilpp ihn um die Abfassung einer Selbstbiographie für Bd. 6 der Reihe der Library of Living Philosophers (erschienen 1949) bat, seiner Frau gegenüber das Bedü1fnis geäußert, das Verhältnis 211 seinem Lehrer Cohen darzustellen. Toni Cassirer berichtet in ihren Lebenserinnerungen: Die einzige Äußerung, an die ich mich in diesem Zusammenhang erinnere, ist die, daß er zu mir sagt: „Nun werde ich mein Verhältnis zu Cohcn endlich doch für die anderen klarmachen, und darauf freue ich mich. Meine Bindung an ihn und meine spätere Loslösung von ihm - beides ist wichtig.""

6 Die Edition dieses Vortrags ersetzt die frühere, durch Dominik Kaegi vorge­nommene, vgl. Ernst Cassircr: Cohen's Philosophy of Religion. In: Internationale Zeitschriftfür Philosophie 1996, Heft 1, S. 89-104.

7 Helmut Holzhey: Der Marburger Neukantianismus in Quellen. Zeugnisse kritischer Lektüre, Briefe der Marburger, Dokumente zur Philosophiepolitik der Schule. Basel/Stuttgart 1986 (Cohen und Natorp Bd. 2).

8 Toni Cassirer: Mein Leben mit Ernst Cassirer. Hamburg 2003, S. 94.

Page 74: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

316 Anhang

3. Für die Bearbeitung dieses Bandes herangezogene Manuskripte

a) Heidegger-Vorles[ung] (Davos) März 1929 (Konvolut 94, Box 42,fol­der 839)

1) Äußere Beschreibung: Umschlag: Papier: braun; 1 Bl. im Format 25 x 20,4 cm; bedruckt; Tinte: blau, roter Kugelschreiber, Bleistift.

Text: verschiedene Sorten Papier: Bl. 1-21 grau-weiß; übeF<fJiegend r/v beschrieben; von Cassirer paginiert (r rechts oben, v links oben) auf Bl. 5r-8v: 9-16, auf Bl. 12r-15v: 1-8, auf Bl. 16r: (unterstrichen) 8a, die übrigen Bl. unpaginiert; Wasserzeichen: keine; 9 Bgn. im Format 33 x 21 cm, mittig gefaltet zu 18 Bl. im Format 16,5 x 21 cm, dazu 3 einzelne Bl. im Format 16,5 x 21 cm; angefalteter Rand von 4,5 cm; Tinte: bläulich-schwarz, vereinzelte Bleistiftergänzun­gen und -streichungen. Bl. 22-24: gelblich-weiß; rlv beschrieben; unpaginiert; Wasserzeichen: zwei fünfzackige Sterne; 1 Bg. im Format 34 x 21 cm, mittig gefaltet zu 2 Bl. im Format 17x21 cm, dazu 1 einzelnes Bl. im Format J7x2J cm; angefalteter Rand von 4,2 cm; Tinte: blau, vereinzelte Bleistiftergänzun­gen und -Streichungen.

BI. 25-32: gelblich, rot kariert; rlv beschrieben; unpaginiert; Wasser­zeichen: keine; 4 Bgn. im Format 36 x 22,5 cm, mittig gefaltet zu 8 Bl. im Format 18 x 22,5 cm; Tinte: blau.

2) Datierung: Das Ms. ist auf März 1929 datiert bzw. anläßlich der Vortragstermine Cassirers während der II. Davoser Hochschulkurse (18„ 19. u. 25.3.1929) verfaßt worden. 9 Cassirers Beschäftigung mit den Themen seiner Davo­ser Vorträge läßt sich darüber hinaus bis ins Jahr 1928 zurückverfolgen. Der thematische und chronologische Zusammenhang ist belegt durch die Einschaltung von Teilen des Ms. von Der Gegensatz von „Geist" und „Leben" in der modernen philosophischen Anthropologie/Vortrag: Frankfurt a/M.; 3.X.28 sowie des Ms. vom 2. Kapitel von Zur Metaphysik der symbolischen Formen: Das Symbolproblem als Grundproblem der philosophischen Anthropologie (datiert in Box 31, f older 610, Bl. 4 5 u.: beendet 16/IV 28) in die Davoser Vorträge.

9 Die Daten der Vorträge Cassirers sind dokumentiert in [Gottfried Salomon/ Celestin Bougie (Hrsg.):] Davoser Hochschulkurse. 17. März bis 6. April. Les Ilmes Cours Universitaires de Davos du 17 Mars au 6 Avril 1929. Davos: Heintz, Neu & Zahn [1929], S. 90-95. Helene Weiss bestätigt diese Daten in ihren Auf­zeichnungen vom 19. u. 25. März 1929, siehe S. 22 u. 44 im vorliegenden Bd.

Editorische Hinweise 317

3) Inhalt: Bl. lrträgt die Überschrift Heide g ger- Vor 1 es [ u n g] (Davos) März 192 9 u. bildet mit Bi. 21 einen die Bl. 2-20 zusammenfassenden Bg., Bl. lv leer, Bl. 2r Textbeginn, Bl. 2v-5r, Bl. 5r mit Bleistift paginiert als 9, Fortsetzung des Textes auf Bl. 11 rlv, Bl. 12r mit Bleistift paginiert als 1, Bl. 12v mit Bleistift paginiert als 2, Bl. 13r mit Bleistift paginiert als 3, Bl. 13v mit Bleistift paginiert als 4, BI. 14r mit Bleistift paginiert als 5, Bl. 14v mit Bleistift paginiert als 6, Bl. 15r mit Bleistift paginiert als 7, mittig auf dem Rand mit Bleistift gestrichener Einfügungshinweis auf ß), darunter Verweis mit Bleistiftstrich auf Mythos s[iehe] S[.] 8, Fortsetzung des Textes auf Bl. 15v, mit Bleistift paginiert als 8, Bl. 16r mit Bleistift paginiert als (unterstrichen) Sa, mittig am Rand Verweis mit Pfeil auf ß Sprachproblem; danach gestrichen (zurückschlagen!), statt dessen Fort­setzungshinweis mit Pfeil auf doppelt unterstrichen S. 1 0, Fortsetzung des Textes auf Bl. 5vunterderÜberschriftß) Das Sprachproblem, mit Bleistift paginiert als 10, am unteren Rand Anm. von mir gesp[errt]!, Bl. 6r mit Bleistift paginiert als 11, Bl. 6v mit Bleistift paginiert als 12, Bl. 7r mit Bleistift paginiert als 13, Bl. 7v mit Bleistift paginiert als 14, Bl. Br mit Bleistift paginiert als 15, am oberen Rand Anm. wertvollstes Material[:] Marie - Moutier[,] Jackson - Head[,] v[an] Woerkom - Grünbaum[,] Goldstein- Gelb, BI. 8v bis auf die letzten 4 Zeilen gestrichen, am unteren Rand mit Bleistift mit Pfeil Verweis auf zurück zu S. 7! !, Fortsetzung des Textes auf der unteren Hälfte von Bl. 15r, mit Bleistift paginiert als 7, Fortsetzung des Textes mit der 1. Zeile auf Bl. 15v (mit Bleistift paginiert als 8), darunter Verweis mit Bleistift auf Forts[ etzung] s[iehe] S. 196, gemeinte Fortsetzung des Textes auf der unteren Hälfte von Bl. 16r (mit Bleistzft paginiert als (unterstrichen) Sa) durch den Verweis auf ß 2) die Kunst/ cf. Ms. S. 1 9 5 ff. konkretisiert, Fortsetzung des Textes durch Cassirers Ms. zum 2. Kapitel von Zur Metaphysik der symbolischen Formen: Das Symholproblem als Grundproblem der philosophischen Anthropologie in Box 31, folder 609, Bl. 13r-16r, paginiert als 195-198, Fortsetzung des Textes wieder in Box 42,folder 839 auf der unteren Hälfte von BI. 16r, dort Verweis aufß 3) der Bedeutungsraum-/der mathematisch-physikalische Symbolraum als Funktionsraum!/cf. Ms. S. 233 ff.,Fortsetzung des Textes durch Cassirers Ms. zum 2. Kapitel von Zur Metaphysik der symbolischen Formen: Das Symbolproblem als Grundproblem der phi­losophischen Anthropologie in Box 31,folder 609, BI. 52r-56r, paginiert als 233-237, Fortsetzung des Textes wieder in Box 42, folder 839 auf Bl. 27r-28r, Bl. 28v leer, Fortsetzung des Textes auf BI. 9r-10r, Bl. JOv in der Mitte am Rand Anm. (169), Bl. 1 Jr die ersten drei Zeilen am Rand mit waagerechtem Strich markiert: Platon - Vosslcr- dagegen unsere c i gen c Grundansicht der Sprache S. 75 ff. des Vortrags, Fortsetzung des Textes durch das Ms. Cassirers zu Der Gegensatz von „Geist" und „Leben" in der modernen philosophischen Anthropologie/Vortrag: Frankfurt a/M.; 3.X.28 in Box 40, folder 783, Bl. 50r-51r, paginiert als 74-75,fortgesetzt

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318 Anhang

durch Box 40, folder 784, Bl. 64r-68r, ursprünglich paginiert als 76-78, nach Überarbeitung 78-80, Fortsetzung des Textes wieder in Box 42, folder 839 auf Bl. 24r, paginiert als 81, Bl. 16v-21r Einschub der nicht vorgetragenen Fassung des Abschnitts über das Todesproblem (Beginn Bl.16vunterderzentrierten Überschrift Das Todesproblem, Bl.17r, Bi. 17v am Rand mit Bleistift Wiederholung des Verweisungszeichens von Bl. 23v als Markierung des Luther-Zitats, auf das von Bl. 23v ver­wiesen wird (s. u.), Bl. 18r mittig am Rand Anm. (Havet I, 197), Bl. 18v mittig am Rand Anm. (229), Bl. 19r, Bl. 19v vollständig mit Bleistift gestrichen, Fortsetzung des Textes auf Bl. 21r, Text nur zu drei Vierteln, Bl. 21v leer), Fortsetzung des Textes auf Bl. 24v mit der offensichtlich vorgetragenen Fassung des Abschnitts über das Todesproblem, beginnend mit den Worten Ich wende mich nun dem letzten großen Problem zu, das im Lauf dieser Betracht[ungen] noch behandelt werden sollte: dem Todesproblem., Fortsetzung des Textes auf Bl. 22r-23r, Bl. 23v Text nur bis zur Hälfte, dann Verweisungszeichen für das Luther-Zitat auf Bl. 17v (s.o.), BI. 24r vollständig mit Bleistift gestrichen (enthält den Schluß des Vortrags Der Gegensatz von „Geist" und „Leben" in der modernen phi­losophischen Anthropologie/Vortrag: Frankfurt a/M.; 3.X.28 aus Box 40, folder 783), Fortsetzung des Textes auf Bl. 25r-26v, Fortsetzung des Textes auf Bl. 29rlv, Textende, Bl. 3~-32 leer, Bl. 33 LJ.mschlagvorderseite, trägt die Aufschrift (gedruckt:) GOTEBORGS HOGSKOLAl(von fremder Hd. mit blauer Tinte:) Heideggervorlesungen Davos 1929/(mit rotem Kugelschreiber, umkreist:) 94/(mit Bleistift von fremder Hd.:) Cassirer/ Deposit/94, Bl. 33v Umschlagrückseite, leer.

b) Heidegger-Aufs[atz. Notizen zu Heideggers „Kant und das Problem der Metaphysik"] (Konvolut 100, Box 42,folder 837)

1) Äußere Beschreibung: Umschlagfragment: Papier: dunkelbraun; 1 Bl. im Format 17,2x12,3 cm; Tinte: blau u. schwarz, roter Kugelschreiber. Text: Papier: gelblich- bis bräunlich-weiß; uneinheitlich rlv oder nur r beschrieben; von fremder Hd. in amerikanischer Schreibweise (die 1 ohne Aufstrich, die 7 ohne Querstrich) blattweise rrechts oben paginiert: S. 1-81 '0; Wasserzeichen: EPPEN NORMAL 4a/HAMBURGER STAAT; 40 Bgn. im Format 29,8 x 21 cm, mittig gefaltet zu 80 Bl. im Format 14,9 x 21 cm, dazu 2 einzelne Bl. im Format 14,9 x 21 cm; schräg angefal­teter Rand von 4,5-5,2 cm; Tinte: schwarz bis bläulich-schwarz, Bleistift.

10 Diese von dritter Hd. stammende Paginierung diente offenbar lediglich der archivarischen Erfassung des Ms. und entspricht nicht der eigentlichen Blattrei­henfolge.

Editorische Hinweise 319

2) Datierung: Das Ms. ist undatiert. Der Text des Ms. besteht aus Notizen, die eine lek­türebegleitende Auseinandersetzung mit Heideggers Schrzft Kant und das Problem der Metaphysik, 1929 darstellen, auf jeden Fall vorbereitenden Charakter für die im ersten Heft der Kant-Studien 36 (1931), S. 1-26 erschienene Rezension Cassirers Kant und das Problem der Metaphysik. Bemerkungen zu Martin Heideggers Kant-Interpretation haben. Cassi­rer nimmt in den Notizen auf eine Frage des Schülers in Davos Bezug. Heideggers Schnft erschien als Ausarbeitung seiner Davoser Vortriige" am 10.7.1929. 12 Somit kann die Abfassung von Cassirers Notizen auf den darauffolgenden Zeitraum bis Anfang 1931, als das 1. Heft der Kant­Studienfür 1931 erschien, zeitlich eingegrenzt werden.

3) Inhalt: Das Ms. trägt keinen Titel, auf dem überlieferten Umschlag ist jedoch das Thema der Notizen dokumentiert. Die Ergänzung des von den Hrsg. vergebenen Titels bezieht sich auf die Funktion des Notizenkonvoluts, denn um einen regelrechten Aufsatz handelt es sich dabei nicht. Bl. 1 beschnittenes Fragment eines Briefumschlags, trägt r von fremder Hd. mit Tinte die Aufschrift Vorarbeiten, darunter von Cassirers Hd. mit Tinte Davos er Aufs ätz e/Heideggcr-Aufs[atz]/Natorp-Aufs[atz)'1, die beiden letzten Zeilen mit geschweifter Klammer zusammengefaßt, daneben etc., darunter mit rotem Kugelschreiber, umkreist: 100, Bl Jv leer, Bl. 2r Beginn der Notizen unter der Überschrift I) Kant und die Metaphysik - ,am Rand Vermerk mit Bleistift Heidegger! ,von fremder Hd. mit Bleistift rechts oben paginiert als 1 (fortlaufend bis Bl. 83,

11 Vgl. das Vorwort Heideggers zu Kam und das Problem der Metaphysik, 1929, [S. VIII]: Das Wesentliche der folgenden Interpretation wurde erstmals in einer vierstündigen Vorlesung des W.S. 1927 /28 und später mehrfach in Vorträgen und Vortragsreihen (am Hcrdcrinstitut zu Riga im September 1928 und bei den Da vo ser Hochschulkursen im März d.J.) mitgeteilt.[ ... ] Todtnau bc rg im bad. Schwarzwald/Pfingsten [19./20.5.] 1929. Am 14.4.1929 hatte Heideggcr an Karljaspers geschrieben, daß er das Manuskript seiner Kantinterpretation bis Ende des Monats fertig haben müsse (Heidegger anjaspers vom 14.4.1929, Nr. 82 in Martin Heidegger/Kar!Jaspers: Briefwechsel 1920-1963. Hrsg. v. Walter Bicmcl u. Hans Saner. München u. Frankfurt a.M. 1992, S. 120).

12 Seit Mai 1929 lag das Ms. vor, siehe die vorstehende Anm. Das Erscheinen ist gemeldet im Börsenblatt, Nr. 157 vorn 10.7.1929. Das LZ meldete das Erschein.en erst in Nr. 17 vom 15.9.1929. Die erste Rezension (von DolfSternbergcr) erschzen am 29.9.1929 in der Frankfurter Zeitung.

"Die letzte Angabe bezieht sich auf den übrigen Inhalt von Box 42, die in folder 838 Entwürfe verschiedener anderer Aufsätze enthält, u. a. Bl. 25-61 Zum Na torp-A uf sa tz (als Entwurf zu Cassirers Nachruf Paul Natorp. 24.Januar 1854-17. August 1924. In: Kant-Studien 30 (1925), S. 273-298).

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320 Anhang

paginiert als 81 "), BI. 2v leer, Fortsetzung der Notizen auf Bl. Jr, in der Mitte 15 Zeilen freigelassen, Bl. 3v trägt nur Stichpunkte: b) Anschauung u[nd] Verstand/ Angewi es e nhei t auf die Anschauung/> Dienststellung< des Verstandes, dann 7 Zeilen freigelassen, dann: c) zentrale Rolle der Einbildungskraft, dann 15 Zeilen freigelassen, Bl.4r trägt nur den Text d) zentrale Rolle des Schematismus, dann 20 Zeilen freigelassen, Fortset­zung der Notizen auf Bl. 4v, Bl. 5r am Rand zwei Vermerke cf. unt[er] Allg[emein](mit Bleistift) u. cf. unt[er] Allg [ e mein] (mit Tinte), in der Mitte 5 Zeilen freigelassen, unten 2 Zeilen freigelassen, Bi. 5v nur zu zwei Dritteln Text, Bi. 6r trägt nur den Text Zei tch arak ter /Vernunft u[nd] Zeit/Reko gni tio n Ul'.t öv, BI. 6v trägt nur den Text Heid[eggcrs] Darst[ellung] gibt ein Stück - Erkenntnistheorie, BI. 1r nur zu einem Drittel Text, BI. lv-10 leer, Fortsetzung der Notizen auf Bi. 1 lr, nur 8 Zeilen Text, Bl llv leer, Fortsetzung der Notizen auf Bl. 12r-11v (mit Bleistift geschrieben), Bl. 12r Text unter der Überschrift Allgemeines, Bi. 12v nur 7 Zeilen Text, Bl. 13r Text unter der Überschrift All ge mei­nes, Bl. 13v nur zu drei Vierteln Text, Bl. 14-15 leer, Fortsetzung der Notizen auf Bl. 16r, Text unter der Überschrift End 1 i eh kei t, Bl. 16v leer, Fortsetzung der Notizen auf BI. llv, nur 6 Zeilen Text, Fortsetzung der Notizen auf Bl. 18r, Text unter der Überschrift Schematismus, BI. 18v, Bi. 19r Text unter der Überschrift Einbildungskraft -, am Rand darüber cf. Menschl[ichkeit] - Endl[ichkeit], am rechten Rand Zählung 1), BI. 19v-20v (BI. 19r-21v mit Tinte geschrieben), Bl. 21r Text unter dem Zuordnungshinweis Ein b i 1 dun g s kraft, am Rand Zählung 2, Fortsetzung der Notizen auf BI. llr, Text unter dem Zuord­nungshinweis Ein b i 1 dun g s kraft, am Rand rechts oben mit Tinte Zählung 3) neben gestrichen 2), Fortsetzung der Notizen auf Bl. 21v-22v, BI. 22v trägt nur den Text Aber war diese Herrsch[aft] für K[ant] jemals ernstlich in Frage gestellt u[nd] angefochten gewesen?/Ich glaube kaum!, Fortsetzung der Notizen auf Bl. 23r unter der Überschrift End 1 ich -kei t (BI. 23-29 mit Bleistift geschrieben), BI. 23v nur bis zur Hälfte Text, BI. 24 leer, Fortsetzung der Notizen auf Bl. 25r, nur 6 Zeilen Text unter dem Zuordnungshinweis End li chkei t, BI. 25v-26 leer, Fort­setzung der Notizen auf Bl. 27r, Text unter dem Zuordnungshinweis End lieh kei t (2), am Rand Zählung 2 wiederholt, BI. 27v trägt nur den Text sondern das Über-Sinnliche ist zugleich das Über-Zeitliche, BI. 28 leer, Fortsetzung der Notizen auf Bl. 29r unter der Überschrift Schematismus (=Einbildungskraft), am Rand Zählung 5), Bl. 29v, Fortsetzung der Notizen auf Bl. 32r (Bl. 30r-33v mit Tinte geschrieben), Text unter der Überschrift M ens chi ichk e i t (End 1 ich k ei t) der Vernunft, Bi. 32v-33v, Fortsetzung der Notizen auf Bl. 30r, Text unter dem Zuordnungsvermerk M e nschl [ichk ei t] End 1 [ic hkc i t] 2),

" Die Paginierung zur archivarischen Erfassung des Ms. (s.o.) wird im Fol­genden nicht eigens mitgeteilt.

Editorische Hinweise 321

im letzten Drittel 4 Zeilen Text Der menschl[ichen] Vcrn[unft] ... um sich an ihr zu halten. am Rand mit Bleistift mit zwei senkrechten Strichen und Vermerk N [ o t a J b [ e n e] ! markiert, Bl. 30 r nur bis zur Hälfte Text, Bl. 31 leer, Fortsetzung der Notizen auf Bi. 34r (Bl. 34-36 mit Bleistift geschrieben), Text unter der Überschrift Zu rü ckw c ich cn (End 1 i eh k [ e i t] ), am Rand Zählung 1, Bl. 34v-35v, Bl. 36r Text unter dem Zuordnungshinweis Zurückweichen (Endlichkeit), Bl. 36v-38r leer, BI. 38v/39r trägt quer zur Laufrichtung des übrigen Ms. mit Tinte den in der editorisch-philologischen Anm. C (s. S. 94 im vorliegenden Bd.) wiedergegebenen Text einer Vorfassung des entsprechenden Abschnitts der späteren Rezension, Fortsetzung der Nothen BI. 40r (mit Bleistift geschrieben) unter der Überschrift Metaphysik u[nd] Anthro­pologie, Bl. 40v leer, Fortsetzung der Notizen auf Bl. 41r (BI. 41-48 mit Tinte geschrieben), Text unter der Überschrift Metaphysik, am Rand mit Prozentzeichen % markiert, Bl. 41v Text nur zu zwei Dritteln, Fortsetzung der Notizen auf BI. 42r unter der Überschrift, Metaphysik' u [nd] ,Erkenn tn i sth eo ri e', Bl. 42v-43v, Bl. 44r Text unter dem Zuordnungshinweis Meta ph y s [i k] u [n d] Erkenntnis t b eo ri e, am Rand Zählung 2, Text nur zu zwei Dritteln, Bl. 44v-45 leer, Fort­setzung der Notizen auf Bl. 46r unter der Überschrift Methode, Text nur bis zur Hälfte, Bi. 46v-47 leer, Fortsetzung der Notizen auf BI. 48r unter der Überschrift Repraesentation, BI. 48v-49leer, BI. 50-51 mit Bleistift gestrichen, Fortsetzung der Notizen auf Bl. 50r, Text unter der Überschrift S y n th es i s der Re k o g ni ti o n -, Bi. 50v, BI. 51r Text unter der Überschrift V c rn u nf t u [nd] Zeit - cf. 174, BI. 51v leer, Fortsetzung der Notizen auf BI. 52r (mit Tinte geschrieben), trägt nur den Text Urteilskraft/von H. aus ge s c h a 1 te t (cf. S. 153!), Bi. 52v leer, Fortsetzung der Notizen auf BI. 53r (mit Tinte geschrieben), trägt unter der Überschrift In t e 11 e c tu s a r c h et y p u s nur 4 Zeilen Text, Bl. 53v-54 leer, Fortsetzung der Notizen auf BI. 55dv, Text unter der Überschrift (Verh[ältnis] zw[ischcn] Vernunft, Freiheit), davor gestrichen Ein b i 1 dun g s kraft, Bl. 56 leer (Bl. 55-65 mit Bleistift geschrieben), Fortsetzung der Notizen auf Bl. 61r unter der Überschrift Vernunft u [nd J Zeit, am Rand Zählung 1, Text nur bis zur Hälfte, Bi. 61v-62 leer, Fortsetzung der Notizen auf Bl. 57r unter der Über­schrift , Vernunft' u[nd] Zeit, davorgestn'chen Ein b i 1 dun g s kraft, Text nur zu zwei Dritteln, Bl. 57v-58 leer, Fortsetzung der Notizen auf BI. 63rlv unter der Überschrift Idee, I de a 1 i s m u s (Vernunft), am Rand Zählung 2, Bi. 64 leer, Fortsetzung der Notizen auf BI. G5r unter der Überschrift Freiheit =(Vernunft), daneben schräg an den oberen Rand geschrieben Freiheit nicht/zeit g c b und e n / s[ichc] Kr[itik] d[er] pr[aktischen] V[ernunft], daneben Zählung 3, Bl. 65v-66 leer, Fortsetzung der Notizen auf Bl. 59r unter der Überschrift Vernunft, davor gestrichen Ein b i 1 dun g s kraft, am Rand mit Tinte Zählung 4) über Zählung mit Bleistift 2), BI. 59v-60 leer, Fortsetzung der Notizen

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322 Anhang

auf Bl. 67r unter der Überschrift mit Tinte Ideen 1 ehre, daneben mit Bleistift" Vernunft", Bl. 67v-68r, Bl. 68v leer, Fortsetzung der Noti­zen auf Bl. 69r unter der Überschrift Zeit, am unteren Rand Anm. dieser Begriff der Einb[ildungskraft] ist zu eng wie Ph[ilosophie] d[er] s[ymbolischen] F[ormen Bd.] III zeigt, Bl. 69v am oberen Rand Anm dies aber schon etwas gekünstelt!, Bl. 70 r nur 6 Zeilen Text, Ende der Notizen, BI. lOv-83 leer.

Beilagen

a) Hermann Mörchen: Notizen von Hermann Mörchen während des Internationalen Hochschulkurses in Davos vom 17. März bis 1. April 1929. (Ts.) Der Heidegger-Schüler Hermann Märchen (1906-1990)' 5 hat seine wäh­rend der II. Davoser Hochschulkurse angefertigten Notizen, aus denen hier zitiert wird, 1989 selbst transkribiert u. zusammengestellt.'6 Mär­chen bemerkt dazu: Diese Maschinenabschrift, hergestellt im September 1989 von mir selbst, löst in der damaligen Handschrift nur die Kürzun­gen auf und läßt sie im übrigen unverändert. [. „] An wenigen Stellen wurden offensichtliche Schreibversehen stillschweigend berichtigt. Nur gelegentlich wurden inhaltliche Unklarheiten durch ein Fragezeichen angedeutet oder fehlende Wörter in Klammern ergänzt. Frankfurt a~M., Bruchfeldstr. 76, am 9. September 1989. In dem zugehörigen Schreiben Märchens vom 9.9.1989 an Gründer heißt es: Es sind eben keine wirk­lichen Nachschriften; sie enthalten nur, was mich (damals) interessierte [ ... ].Die Daten der Vorträge sind nicht verzeichnet, aber sie stehen in der chronologischen Reihenfolge; das mag für den, der sich in den Ver 1 auf

15 SS 1924-WS 1924125 Studium in Halle, anschließend bis SS 1929 an der Universität Marburg ( u. a. bei H eidegger): Philosophie, Theologie, deutsche u. englische Philologie. Rigorosum am 25.7.1929, im selben Jah~ Staatsexam_en für das höhere Lehramt. Von Oktober 1929 bis 1971 im Schuldienst. Vgl. die Vita zur Dissertation (Berichterstatter: Heidegger): Die Einbildungskraft bei Kant (Teildruck). Marburg 1930 sowie die Zeittafel in Hermann Märchen: Denken -Glauben- Dichten- Deuten. Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1953-1990. Anlässlich des 100. Geburtstags von Hermann Mörchen (1906-1990) mit einem Vorwort u. einer Einleitung hrsg. v. Ulrich Mörchen u. Willfred Hartig. Münster 2006.

1• Dies geschah auf Bitten Karlfried Gründers (1928-2011), der seit den 1970er

Jahren eine umfangreiche Sammlung über das Zusammentreffen von Cassirer und Heidegger in Davos zusammengestellt hat. Vgl. Karlfried Gründer: Cassirer und Heidegger in Davos 1929. In: Hans-Jiirg Braun, Helmut Holzhey u. Ernst Wolfgang Orth (Hrsg.): Über Ernst Cassirers Philosophie der symbolischen Formen. Frankfurt a. M. 1988, S. 290-302. Die Herausgeber verdanken noch Karlfried Gründer selbst den Einblick in seine Sammlung.

Editorische Hinweise 323

der Davoser Wochen hineinversetzen möchte, ganz reizvoll sein. Ob S. 6 der Zusatz „vgl. Pos"" von Cassirer stammt oder von mir, weiß ich nicht mehr. [„.] Da in eine der Diskussionen zwischen Cassirer und Heidegger Pos ausdrücklich eingriff, vermute ich, daß die S. 18 f. wiedergegebene18

nicht die einzige war; aber dann habe ich darüber nichts aufbewahrt.

ß) Helene Weiss: Davos/Frühjahr 1929 (Hs.) Die während der II. Davoser Hochschulkurse angefertigten Notizen der Heidegger-Schülerin Helene Weiss (1901-1951), 19 aus denen hier zitiert wird, sind überliefert in Helene Weiss Heidegger lecture notes, 1920-1949. Department of Special Collections and University Archives. Stanford University Libraries. Collection number M0631; Box 5, folder 3 u. 4.

Offensichtliche Hör- und Schreibfehler wurden, besonders bei Eigen­namen und im Wortlaut von Zitaten, stillschweigend korrigiert, wenn sie unstrittig sind. Abweichungen, die den protokollierten Wortlaut Cassirers betreffen, wurden jedoch als signifikante beibehalten, so daß es z.B. auf S. 42 im vorliegenden Bd. bei Märchen neue Welt des Sehens heißt, bei Weiss jedoch neue Welt des Sinns. Dies ist ein bedeutsamer Unterschied, bei dem nicht gesagt werden kann, welche Variante dem Wortlaut von Cassirers Vortrag tatsächlich entsprochen hat. In der synoptischen Dar­stellung folgen von links nach rechts die Angabe der Daten i~ der Mar[fi­nalienspalte, dann die Aufzeichnungen von Märchen und dze von We1SS, auf der jeweils linken Seite. Die jeweils rechte Seite ist dem Text Cassirers vorbehalten.

c) Hermann Cohens Philosophie in ihrem Verhältnis zum Judentum. Vortrag der Franz Rosenzweig-Gedächtnisstiftung am 12. April 1931 (Konvolut 207, Box 38,folder 731)

17 Siehe S. 34 im vorliegenden Bd. 18 Siehe S. 108-118 im vorliegenden Bd. "1919-1920 Studium in Marburg, SS 1920 in München, WS 1920121 u.

1922-1923 in Freiburg i. Brsg., WS 1924/25 in Marburg (u. a. bei Heidegger): Philosophie, Geschichte, klassische Philologie, Theologie, Kunstgeschichte u. Archäologie.1930-1934Arbeit an der Dissertation in Freiburg, zunächst bei Heidegger. Nach der Emigration Abschluß des Studiums 1934-1936 in Basel bei Hermann Schmalenbach (Annahme der Dissertation am 1.7.193 5 ). Vgl. die Vita zur Dissertation: Der Zufall in der Philosophie des Aristoteles. London (1942]. Weiss unterrichtete zuletzt an der University of Glasgow, vgl. http:!! www.stanford.edu/dept!relstud!Sheehan!heleneweiss.htm (14.12.2012).

Page 78: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

324 Anhang

1) Äußere Beschreibung: Papier: bräunlich-weiß; überwiegend rlv beschrieben; unpaginiert; Was­serzeichen: EPPEN NORMAL 4a/HAMBURGER STAAT; 1 Lage bestehend aus 13 Bgn. im Format 29,8 x 21 cm, mittig gefaltet zu 26 Bl. im Format 24,9 x 21 cm; schief angefalteter Rand von 5-4,5 cm; Tinte: bläulich-schwarz, Markierungen und Streichungen mit Bleistift und rotem Buntstift.

2) Datierung: 12. April 1931 bzw. davor verfaßt. Das Vortragsdatum ist mehrfach dokumentiert. ' 0

3) Inhalt Bl. lr als ein das ganze Ms. umfassender Bg. zusammenhängend mit Bl. 26, am Kopf Vermerk von fremder Hd. mit Bleistift #207 b, trägt zentriert den unterstrichenen Titel Hermann Co h e n s Phi 1 o so -phie in ihrem/Verhältnis zum Judcntum.NortragderFranz Rosenzweig-Gedächtnis-/stiftung am 12[.] April 1931, darunter nach Trennstrich Entwürfe für die persönliche Vorbemerkung, die auf Bl. 26v (der Rückseite des Ms.) ausgeführt werden, Bl. lv leer, Bl. 2r Textbeginn, Bl. 3-13, BI. 14rvollständig gestrichen, Bl. 14v bis auf die letzten 4 Zeilen gestrichen, Fortsetzung des Textes auf BI. 15r-17v, Textende, Bl. 1 lv letzte 4 Zeilen gestrichen, Bl. 18r 4 Zeilen gestrichen, darunter Schlußstrich, sonst leer, BI. 19-26r leer, BI. 26v trägt die persönliche Vorbemerkung, zusammenhängend mit BI. 1 als das Ms. umfassender Bg.

d) [fhe Philosophy of Hermann Cohen and his Conception of Jewish Religion] (Konvolut 201, Box 37,folder 732)

1) Äußere Beschreibung: Papier: gelblich-weiß; überwiegend r beschrieben; von Cassirer ab Bl. 1r-45r mit Tinte paginiert (rechts oben): S. 1-44, dabei 39 doppelt gezählt (1 S. vollständig gestrichen); Wasserzeichen: BI. 1-48: Darstellung der Fortuna in ovaler Kartusche, darüber eine Krone, Bl. 50-51 keine; 2 Lagen a 12 Bgn. im Format 32,8x20,5 cm (1. Lage: BI. 1-24, 2. Lage: Bl. 25-48), mittig gefaltet zu insgesamt 48 Bl. im Format 16,4 x 20,5 cm, dazu 1 einzelner Bg. im Format 32,8 x 21,1 cm, mittig gefaltet zu 2 BI. im Format 16,4 x 21,1 cm; Tinte: schwarz bis bläulich-schwarz, Ergänzungen, Korrekturen und Streichungen mit Bleistift.

20 Vgl. die Ankündigung im Gemeindeblatt der Deutsch-Israelitischen Gemeinde zu Hamburg 7 (1931), Nr. 4 vom 1.4.1931, S. 3 sowie den Bericht im Gemeindeblatt der Deutsch-Israelitischen Gemeinde zu Hamburg 7 (1931 ), Nr. 5 vom 8.5.1931, S. 2.

I~

Editorische Hinweise 325

2) Datierung: Das Ms. ist undatiert, aber die kurze Mitteilung in The Jewish Chronicle vom 21.6.1935 läßt die Datierung auf den 15.6.1935 zu. 21 Kurze Zeit später übersiedelte Cassirer nach Göteborg (er traf dort am 23.8.1935 ein). Über den bevorstehenden Vortrag vor der Oxford University Jewish Society äußert sich Cassirer außerdem am 4.6.1935 gegenüber Friedrich Sax!." Aussprache- und Betonungszeichen, die über einzelnen Worten des Ms. mit Bleistift angebracht sind, zeugen davon, daß das vorliegende Ms. wahrscheinlich auch das Vortragsms. war.

3) Inhalt: Das Ms. trägt keinen Titel. Das Thema des Vortrags wird in der dritten Zeile des Ms. benannt. Der Kurzbericht über den Vortrag in Thc Jcwish Chronicle 94 (1935), Nr. 3454 vom 21.6.1935, S. 36 nennt als Titel Thc Philosophy of Hermann Cohcn and his Conccption of Jewish Religion. Bl. 1r paginiert als 1, am Kopf Vermerk von fremder Hd. mit Bleistift #207 e, Textbeginn, BI. 2r-12r, BI. 12v unten Textfragment auf dem Kopf Before giving a detailed account of my present subject, before, Bl. 13r-22r, Streichungen mit Tinte und Bleistift, Bl. 22v unten Notiz Jahreszahl?, Bl. 23 v unten 1 Zeilen Text als Ersatz für die St1·eichung auf BI. 24r, Bl. 24r untere Hälfte gestrichen, Bl. 27v Mitte Notiz N [ o ta] b [ e n c] ! Band-No?, Bl. 28r-29r, Bl. 29v u. 30v (unpaginiert) Text als Ersatz für die vollständig gestrichenen Bl. 30r u. 31r (paginiert als 30-31), Fortsetzung des Textes auf Bl. 32r (paginiert als 32) nach Streichung von 4112 Zeilen, Bl. 32v unten 3 Zeilen Text als Ersatz für die Streichung auf Bl. 33r, Bl. 33r umfangreiche Streichungen, Bl. 33v Mitte gestrichenes Textfragment And this idea of God, Bl. 34r fast vollständig gestrichen, Fortsetzung des Textes auf Bl. 35r nach Streichung von einem Drittel, Bl. 36r-38r, Bl. 39r (pagi­niert als 39) vollständig gestrichen, Fortsetzung des Textes auf Bl. 40r-4 5r (paginiert als 39-44), Textende, BI. 46r-48 leer, Bl. 49r trägt den (nicht direkt zugehörigen) beigelegten Text, 23 Bl. 49v-50 leer.

e) Hermann Cohen (Malmö, 23.3.41) (Konvolut 207, Box 38,folder 124)

1) Äußere Beschreibung: Bl. 1 u. 4: Papier: gelblich-weiß; nur BI. lr/v beschrieben; unpaginiert; keine Wasserzeichen; 1 Bg. im Format 28,4 x 22,5 cm, mittig gefaltet zu 2 Bl. im Fomiat 14,2 x 22,5 cm; Tinte: bläulich-schwarz. In den Bg. aus

11 Siehe Abschnitt 4 der editorischen Hinweise zur Entstehung der Texte, S. 338 f 22 Vgl. die Postkarte Cassirers vom 4.6.1935 an Prof. Friedrich Saxl/Thc

Warburg Institute, 3 Thames House,/Millbank/L o n d o n [S]. W. 1; mit Poststempeln [OXFOR]D 3 [?]-PM 4 ]UN 1935; Archives of the Warburg Institute, London.

"Siehe S. 154 im vorliegenden Bd., editorisch-philologische Anm. A.

Page 79: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

326 Anhang

BI. 1 u. 4 sind eingelegt BI. 2 u. 3: Papier: bräunlich-weiß; nur BI. 2r beschrieben; keine Wasserzeichen; 1 Bg. im Format 28 x 21 cm, mittig gefaltet zu 2 Bl. im Format 14 x 21 cm; Tinte: schwarz.

2) Datierung: BI. 1 u. 4 sind datiert mit (Malmö, 23.3.41), Bl. 2 u. 3 sind undatiert. Zusammengehörigkeit und gleichzeitige Datierung der beiden Vortragsdis­positionen sind nicht sicher, zumal ein weiterer, den beiden abgedruckten Dispositionen sehr ähnlicher Vortragsentwurf aus den (vermutlich) 1920er Jahren existiert. 24

3) Inhalt: 1. Disposition: Bl. 1r trägt den unterstrichenen Titel Hermann Co h e n, daneben die Datierung (Malmö, 23.3.41 ), darüber Vermerk von fremder Hd. mit Bleistift #207 f, unter dem Titel Beginn der Notizen, Bl. lv Ende der Notizen, Bl. 4 leer. 2. Disposition: Bl. 2r trägt die Notizen, Bl. 2v-3 sind leer.

f) Briefe Hermann und Martha Cohens an Ernst und Toni Cassirer (Ernst Cassirer Papers - Addition, Gen Mss 355, Series II: Correspon­dence)

Hermann Cohens Nachlaß ist seit der Deportation seiner Frau Martha 1942 nach Theresienstadt verschollen. 25 Von Cassirer wie von vielen anderen sind deswegen keine Schreiben an Cohen erhalten. Die im vor­liegenden Band abgedruckten 55 Schreiben Cohens an Cassirer bieten somit lediglich einen Teil der Korrespondenz, die mit Unterbrechungen von 1901bis1917 nachweisbar ist und mit vereinzelten Briefen Martha Cohens eine gewisse Fortsetzung bis 1929 findet. Mit Ausnahme der feh­lenden letzten Seite des Schreibens vom 12.4.191726 und dem - womöglich bereits postalischen Verlust - eines Schreibens von 1919, das sich im Nach­laß Cassirers nicht befindet,2' gibt es keine Hinweise auf etwaige weitere Verluste. Die größeren Lücken (keine Briefe vor 1901, keine in den Jah­ren 1912-1915) sind darauf zurückzuführen, daß Cahen und Cassirer in ihrer gemeinsamen Marburger Zeit im engen persönlichen Verkehr standen, der nach Cahens Übersiedlung Mitte 191228 in Berlin fortgesetzt

24 Ernst Cassirer Papers, Gen Mss 98, Box 37, folder 722, BI 3r. Vgl. Hrsg.­Anm. 424.

"Helmut Holzhey: Das Hermann-Cohen-Archiv in Zürich. In: Zeitschrift für philosophische Forschung 31 (1977), S. 443-452, hier S. 450-452.

26 Im vorliegenden Bd. S. 287f 27 Vgl. Cohen an Cassirervom 17.9.1919, im vorliegenden Bd. S. 289-291. "Vgl. Dimitry Gawronskys Mitteilung an Cassirervom 11.2.1912: Er [Cohen]

kommt im Frühjahr nach Berlin, um für Herbst zu mieten (DVD zu ECN 18).

Editorische Hinweise 327

und auch telefonisch unterhalten wurde, 29 so daß z.B. die Auseinander­setzung, die Cohen und Cassirer 1916 mit Bruno Bauch führten, 30 oder die Querelen um Cahens Nachfolge in Marburg in den Schreiben Cahens an Cassirer nicht dokumentiert sind."

Die Wiedergabe der 55 Schreiben erfolgt grundsätzlich getreu der Orthographie und Interpunktion der Handschriften bzw. Typoskripte. Dabei waren Emendationen höchst selten vonnöten und sind in die Annotationen eingerückt warden. Offensichtliche (kaum vorkom­mende) Schreib- oder (gelegentliche) Tippfehler wurden stillschweigend korrigiert. Abkürzungen, die nicht völlig konventionell sind, wurden aufgelöst. Hervorhebungen durch Unterstreichung oder Wechsel zu lateinischer Schrift sind einheitlich durch Sperrung wiedergegeben. Die Darstellungsform aller Schreiben ist nach dem Schema: Anrede - Brief­text - Grußformel - Unterzeichnung vereinheitlicht, d. h. die oft mehr­zeiligen Grußformeln sind nicht im Zeilenfall wiedergegeben, sondern werden zusammengezogen. Angaben über Absendeort und Datum werden jedoch getreu der Vorlage angeführt. Angaben der Herausgeber über Schreiber, Adressat und Art der Uberlieferung (Hs.; Ts.) sind jeweils vor Beginn des Briefes gesetzt. Die Herausgeberannotationen finden sich typographisch abgesetzt im Anschluß an den Brieftext, jeweils mit Lemma zugeordnet.

Eine Besonderheit der Cahen-Briefe ist, daß nahezu sämtliche Schrei­ben nicht von Hermann Cohen, sondern von Martha Cohen hand- bzw. maschinengeschrieben sind. Lediglich den ersten überlieferten Brief vom 31.4.1901 und einige wenige handschriftliche Zusätze in anderen Brie­fen hat Hermann Cohen eigenhändig geschrieben. Das betrifft selbst die Unterschriften, die nur zum Teil eigenhändige sind. Diese Eigentümlich­keit der Briefe geht zurück auf das Jahr 1892, in dem Hermann Cohen eine Netzhautablösung des rechten Auges erlitt, die durch das andere, stark kurzsichtige Auge nur wenig kompensiert werden konnte." Seit­her hatte Martha Cohen so gut wie alle Schreibarbeiten für ihren Mann übernommen, der ihr diktierte. Dazu gehörte neben der Korrespondenz

" Vgl. Toni Cassirer, S. 92. '

0 Vgl. ECN9. 31 Eine Kompensation in sachlicher Hinsicht bietet v. a. die Edition von Helmut

Holzhey: Der Marburger Neukantianismus in Quellen. Zeugnisse kritischer Lektüre, Briefe der Marburger, Dokumente zur Philosophiepolitik der Schule. Basel/Stuttgart 1986 (Cohen und Natorp Bd. 2);/erner Frida Hartmann u. Renate Heimsoeth (Hrsg.): Nicolai Hartmann und Heinz I-Icimsocth im Briefwechsel. Bonn 1978.

32 Vgl. das Entlassungsgesuch Cohens vom 5.6.1912, abgedruckt in Holzhey II, S. 514f.

Page 80: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

328 Anhang

v. a. die ausgedehnte literarische Tätigkeit Cohens. 33 Die eigenhändigen Zusätze und Unterschriften Hermann Cohens sind durchweg nach­gewiesen.

Unter der Prämisse, daß die Korrespondenz Cohens mit Cassirer so weit als nur irgend möglich zu dokumentieren ist, ist als Grenzfall brief­licher Mitteilung eine im Nachlaß Cassirers überlieferte Porträtfotografie Hermann Cohens aufgenommen, die auf ihrer Rückseite einen von Mar­tha Cohen geschriebenen Gruß trägt (Fundort: Ernst Cassirer Papers -Addition, Gen Mss 355, Box 6, folder 152). Reproduktionen sämtlicher Briefe befinden sich, ausgenommen des letztgenannten Schreibens, auf der DVD zu ECN 18.

4. Zur Entstehung der Texte

a) Heidegger-Vorles[ung] (Davos) März 1929 (Konvolut 94, Box 42, fol­der 839)

Die Davoser Hochschulkurse fanden insgesamt viermal, von 1928-1931 jährlich im Frühjahr während der akademischen Ferien statt. Veranstal­tet wurden sie mit Unterstützung der Gemeinde Davos und der ansässi­gen Hotels auf Initiative des Zahnarztes Paul Müller, der zusammen mit dem Gemeindepräsident für Davos, Erhard Branger, das örtliche Orga­nisationskomitee bildete. Dazu trat der Frankfurter Soziologieprofessor Gottfried Salomon als wissenschaftlicher Leiter. 1929 wurden außerdem Regierungsvertreter für Deutschland und Frankreich entsandt.-"

Cassirer hat seine Vorträge anläßlich der II. Davoser Hochschulkurse (17.3.-6.4.1929; Veranstaltungsort: Hotel Belvedere, Davos) gehalten, und zwar unter dem Ankündigungstitel Grundprobleme der philoso­phischen Anthropologie in drei Teilen vormittags von 10-11:00 Uhr am 18. u. 19.3. sowie nachmittags von 17:15-18:00 Uhr am 25.3.1929. Damit befand sich Cassirer im thematischen Zentrum der Hochschul­kurse, da 1929 programmgemäß die Frage: Was ist der Mensch, eine phi­losophische Anthropologie anstelle der bloßen Vernunftphilosophie, die Grundlage der Diskussionen bildete." Am 26.3.1929 fand vormittags von

33 Hermann Cohen hat dieser Unterstützung durch seine Frau in seiner Wid­mung zur 2. Aufl. der Logik der reinen Erkenntnis, Berlin 1914 ein Denkmal gesetzt, s. d. S. VIJf

34 Für eine detaillierte Vorgeschichte vgl. Karlfried Gründer: Cassirer und Heidegger in Davos} 929. In: Hans-Jürg Braun, Helmut Holzhey u. Ernst Wolf­gang Orth (Hrsg.): Uber Ernst Cassirers Philosophie der symbolischen Formen. Frankfurt a.M. 1988, S. 290-302; Paul Müller: Davoser Hochschulkurse. In: Davoser Revue 3 (1928), Nr. 5 vom 15.3.1928, S. 5-8.

35 Gottfried Salomon: Die Davoser internationalen Hochschulkurse. In: Davo­s er Revue 4 (1929), Nr. 5 vom 15.3.1929, S. 122-123, hier S. 123.

Editorische Hinweise 329

10:00-12:00 Uhr (es gibt Hinweise auf eine abendliche Fortsetzung, siehe S. 119 im vorliegenden Bd.) die berühmt gewordene Arbeitsgemein­schaft E. Cassirer und M. Heidegger statt (die später sogenannte Davoser Disputation); am Vormittag des 27.3.1929 folgte von 10:15-11:00 Uhr noch Cassirers Vortrag Der Gegensatz von Geist und Leben in Schelers Philosophie. Heidegger hat seine Vorträge über Kants Kritik der reinen Vernunft und die Aufgabe einer Grundlegung der Metaphysik am 18. u. 19.3. jeweils von 17:00-18:00 Uhr u. am 20.3. von 17:00-19:00 gehalten."'

Von Cassirers Vorträgen ist eine von Joachim Ritter verfaßte" Zusam­menfassung erschienen: Vorträge von Prof. Ernst Cassirer. In: Davoser Revue 4 (1929), Nr. 7 vom 15. April 1929," S. 196-198: Prof. Ca s s i r c r, Hamburg, stellte seine Vorträge über die philosophische Anth­ropologie unter den Gesichtspunkt einer Auseinandersetzung mit der Ontologie und Existenzialanalyse Heideggers. An Hand der Prob­leme des Raumes, der Sprache und des Todes zeigte er, dag die Welt des Menschen und damit das Sein des Menschen zwar ihren Ausgangspunkt (terminus a quo), ihren ursprünglichen Grund in der Welt des besor­genden Handelns, des Umgehens mit „zuhandenem Zeug", in dem all­täglichen Dasein haben, dag sie aber zu ihrem Zielpunkt (terminus ad quem) erst in dem autonomen und freien Reich des Geistes kommen und damit auch hier allererst ihren eigentlichen Sinn entfalten. Dieses Reich des Geistes wird im Schritt über die pragmatische Umwelt hin­aus, im Uebergang vom „Greifen zum Begreifen" in der Mannigfaltig­keit der symbolischen Formen als die Welt des formenden Gestaltens

"Daten der Vorträge Cassirers u. Heideggers nach den Stundenplänen in [Gottfried Salomon/Celestin Bougle (Hrsg.):] Davoser Hochschulkurse. 17. März bis 6. April. Les Ilmes Cours Universitaires de Davos du 17 Mars au 6 Avril 1929. Davos: Heintz, Neu & Zahn [1929], S. 90-95. Ursprünglich hatte Cassirer angekündigt: 3 Vorträge und Seminar, 17. März bis 29. März: Grundprobleme der philosophischen Anthropologie. Grundfragen der Philosophie des kritischen Idealismus. Vgl. das Programm der II. Davoser Hochschulkurse. [n: Davoser Revue 4 (1929), Nr. 5 vom 15.2.1929, S. 123-126, hier S. 124.

37 Autorschaft ermittelt nach Karlfried Gründer: Cassircr und Heidegger in Davos 1929. In: Hans-Jürg Braun, Helmut Holzhey u. Ernst Wolfgang Orth (Hrsg.): Über Ernst Cassirers Philosophie der symbolischen Formen. Frankfurt a. M. 1988, S. 290-302, hier S. 293. Im Anschluß an die Zusammenfassung der Vorträge Cassirers ist in der Davoser Rei•ue die von H eidegger selbst stammende Zusammenfassung seiner Vorträge über Kants Kritik der reinen Vernunft und die Aufgabe einer Grundlegung der Metaphysik abgedruckt, vgl. H GA 3, S. 270-273.

38 Zum tatsächlichen, vorgezogenen Erscheimmgsdati<m vgl. die redaktio­nelle Anm. in Davoser Revue 4 (1929), Nr. 7, S. 208: Unsere heutige den beiden wichtigsten Davoser Ereignissen letzter Zeit- den II. Hochschulkursen und dem IV. Frühlings-Skilauf- gewidmete Nummer kommt einige Tage vor ihrem gewöhnlichen Erscheinungsdatum [das wäre der 15. April 1929 gewesen] heraus, um den Teilnehmern an diesen Veranstaltungen noch vor ihrer Abreise von Davos einen authentischen Bericht vorlegen zu können.

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ßo Anhang

6d Bildens konstituiert. Die Bewegung, in der dieses Reich des Geistes hd der symbolischen Formen, des Ausdrucks, der Darstellung und der ledeutung sich gründet, ist eine doppelte, indem der Mensch von der Veit des Wirkens abrückt, um gerade in diesem Abrücken und Abse­bn diese Welt wie das Leben selbst sich zu eigen zu machen und als ~ine eigene Welt und seine eigene Objektivität zu begreifen. Cassirer pterschied diese symbolische, gestaltende und spontane Energie prin­ipiell von jeder bloß vitalen Kraft. Der Raum ist zwar zunächst Akti­hsraum, ehe er Vorstellungs- und Symbolraum wird, aber als dieser ist ~zugleich doch nur der Ursprung jenes Raumes, der die menschliche Velt als menschliche bestimmt. An der Hand der biologischen Umwelt­~eorie Uexkülls grenzte C[assirer] vom bloßen Lebensraum den Raum es Menschen ab, der schon in der mythischen Welt nicht eine bloße 1Sphäre", sondern eine „Atmosphäre" bedeutet, die mit dämonischen lräften geladen, die eigensten Lebensrichtungen des Menschen selbst bm Ausdruck bringt. Indem sich nun über diesem Ausdrucksraum der Ünstlerische Darstellungsraum und endlich der mathematisch-physi­hlische Bedeutungsraum aufbaut, zeigt sich damit jene eigentümliche ~anszendenz, in der der Mensch kraft der ihm eigenen symbolset­bnden Energie sich selbst in seiner Welt und die Welt in sich begreift. 1 Das wird weiter deutlich an der Sprache. Sie ist es, die ursprünglich iese Transzendierung der Aktionen in Repräsentationen vollzieht, ~dem sie dem Menschen im vorhinein aus der pragmatischen Umwelt brausstellt. Die Phänomene der Aphasie zeigen, daß der aphasische lranke zwar innerhalb einer Situation sich zu orientieren vermag, daß f aber, sobald er außerhalb ihrer steht, desorientiert ist. Demgegen­ber hat der Gesunde in den Namen ein Mittel für die „Synthesis der iekognition in Begriffen". Die Namen sind eigentlich das, „woran man eh hält" (Kant). Hier ist es die Sprache, die den Schritt aus der Akti-6.swelt zur Gegenständlichkeit vollzieht. Damit aber ist „Gegenstand" bin defizienter Modus des Zuhandenen, sondern macht allererst das lgentliche Sein aus, in dem die Welt des Menschen symbolhaft bedeut­[m und damit begrifflich faßbar wird. Und wie die Sprache, so sind die lünste und Wissenschaften konstituierende Formgestaltungen der Welt, l denen diese Horizont des menschlichen Daseins ist, und zwar so, daß ~er die Darstellungswelt der Kunst hinaus schließlich in der Mathe­latik und Physik die Anschauung in einem System reiner Funktions­~d Beziehungszusammenhänge sublimiert wird. Damit aber zeigt sich fe Welt des Menschen in ihrem Ursprung zwar als Welt der Aktion rrd des Werkes, wird aber erst in dieser Umformung zur Symbol- und ~nktionswelt vollendet. Und diese Entwicklung ist keine willkürliche, ~ndern eine notwendige; notwendig im Sinne der eigentlichen Mensch­t:hkeit selbst, in der der Mensch seine Freiheit mit Selbsterkenntnis ltualisieren und begreifen soll. Dabei kann die Aufgabe der Philosophie l!r dies sein, diesen Zusammenhang in seiner Notwendigkeit in einer

Editorische Hinweise 33

dynamischen Interpretation zu verstehen, ohne daß sie es unterneh men kann, in diesen Prozeß verändernd einzugreifen. Freilich ist dies Dynamik ein Impuls zur Distanzierung von der Welt, aber diese Distan zierung führt zugleich zu einer Synthesis von Geist und Wirklichkei1 3. Zum Schluß behandelte Prof. Cassirer das Todesproblem. Er stefü hier die christlich-religiöse Auffassung, in der das Leben im Tode gan: auf sich selbst und vor seine Einsamkeit und Endlichkeit gestellt win (Luther), der heidnisch-antiken gegenüber, in der das Denken den Toc überwindet, in der Philosophieren nichts anderes ist als "Sterben lernen' (Platon). Auch hier gilt es, den eigentümlichen geistigen, weltgelöste1 Sinn der menschlichen Existenz in der Abgrenzung gegen die Weltverfal lenheit und Weltverlorenheit zu erkennen. Der Mensch ist zwar endlich aber er ist zugleich jenes endliche Wesen, daß um seine Endlichkeit weiß und in diesem Wissen, das selbst nun nicht mehr endlich ist, sich über di1 Endlichkeit hinaus erhebt.

In einem besonderen Vortrag sprach Professor Ca s s i r er übe „ Geist und Leben in der Philosophie Schelers". Wi1 für Klages Geist und Leben in unversöhnbarer Trennung auseinander gerissen sind, und dem Menschen in seiner Weltabgeschiedenheit keim Möglichkeit gegeben ist, Natur zu verstehen, so lehnt auch Seheier jed< monistische Interpretation von Welt und Geist ab. Aber er kehrt in Gegensatz zu Klages das Wertvorzeichen prinzipiell um. Wenn auch am vitalen Zusammenhang gemessen, der Geist machtlos ist und soga: eine Hemmung und Störung der Lebendigkeit bedeutet, so ist er auf de: anderen Seite doch weltoffen und zugleich umweltfrei. Er hat im Gegen satz zum Tier die Möglichkeit des Nein als der ewige Protestant geger die Wirklichkeit. Aber diese Möglichkeit ist für ihn im Grunde seine1 vitalen Machtlosigkeit nur in der Askese, in der Abkehr von der vita· len Welt zu verwirklichen. Demgegenüber zeigte C[assirer], daß zwi sehen der Anschauung Schelers und der idealistischen Auffassung vor der Macht des Geistes, die sich in der Durchdringung von Welt unc Natur zeigt, kein kontradiktorischer Gegensatz besteht. Der Begriff de1 Macht ist zweideutig. Seheier sieht nur die Energie des Wirkens. Wem der Geist hier auch machtlos bleibt, so ist er doch auf der anderen Seite als die Macht der symbolischen Gestaltung und Bildung jene Energie die Leben, Natur und Welt aus der Umweltfunktion zum Bild und ZUJ

Gestalt, zur Welt der symbolischen Formen erheben kann. Die Möglich· keit jener von Seheier gezeigten Weltoffenheit des Geistes läßt sich nu1 in der Welt der Formen verstehen, in der der Mensch im Absehen vor der Wirklichkeit und in der Lösung aus der Verfallenheit an sie zu ihrei Beherrschung aufsteigt und sie in den B 1 i c k gewinnt, um so in de1 Erhebung der Wirklichkeit zur Sichtbarkeit das Leben und die Welt sid zu eigen zu machen.

Einen weiteren Bericht lieferte Hermann Herrigel: Denken die· ser Zeit. Fakultäten und Nationen treffen sich in Davos [Teil l]. In

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332 Anhang

Frankfurter Zeitung, Nr. 297 vom 22.4.1929, Abendblatt, Beilage Für Hochschule und Jugend, S. 4: Cassirer zeigte in seinen drei Vorträgen den Unterschied der Aktionswelt des praktischen Handelns (Werk-, Fahr-, Schreib- usw. -„Zeug") und der Welt der „symbolischen For­men", und entwickelte an den Problemen des Raumes, der Sprache und des Todes, unter Auseinandersetzung mit Heideggers Interpretation des „Daseins", den Fortgang aus der einen in die andere Welt. Im Werken und Wirken, im Tun, zeichnet sich die Umwelt ab. Ihre Reize bilden für das Tier eine feste Scheidewand, die es umschließt und die fremde Welt von ihm abhält. Die menschliche Welt durchbricht diesen Hori­zont. Der Mensch ist in seiner Welt frei, da er sie frei aufgebaut hat. Er ist aus der biologisch gebundenen Umwelt fortgeschritten in die freie Welt des Geistes, vom Greifen zum Begreifen. Die Aktionswelt Heideg­gers, die „Zurhandenheit", erkennt Cassirer als Ausgangspunkt an, aber zum Menschsein gehört für ihn die Blickrichtung auf den Zielpunkt, das heißt den menschlichen Darstellungs- und Symbolraum. Am deut­lichsten wird der Gegensatz zu Heidegger beim Todesproblem. Der Tod ist für Heidegger eine „Seinsmöglichkeit des Daseins", die ausgehalten werden muß. Die Angst vor dem Tode ist ein Existenzial des Daseins. Diese Bestimmung ist für Cassirer wieder nur der Ausgangspunkt des Problems, aber nicht sein Endpunkt, der nicht in der Angst liegen kann, sondern in der Fähigkeit, davon frei zu werden. Der Bestimmung Hei­deggers, daß der Mensch das spezifisch endliche Wesen ist, stellt Cassirer die These gegenüber: der Mensch ist ein endliches Wesen, aber zugleich das endliche Wesen, das seine Endlichkeit weiß und in diesem Wissen, daß nichts Endliches ist, darüber hinausgeht. Darin liegt für ihn die Fähigkeit zur Unendlichkeit."

3' Der 2. Teil des Artikels von Hermann Herrigel: Denken dieser Zeit. Fakul­

täten und Nationen treffen sich in Davos. II*)['') Vgl. diese Beilage vom 22. April]. In: Frankfurter Zeitung, Nr. 345 vom 10.5.1929, Abendblatt, Beilage: Für Hochschule und Jugend, S. 4, beschäftigt sich mitden historischen Vorträgen und mit den Vorträgen der französischen Teilnehmer sowie mit den übrigen Arbeits­gemeinschaften. - Eine prominente Reaktion auf H errigels Artikel stammt von Franz Rosenzweig: Vertauschte Fronten. In: Der Morgen 6 (1930) Nr. 1 vom April 1930, S. 85-87, nach dem nachgelassenen Ms; wieder abgedruckt in Franz Rosenzweig: Kleinere Schriften. Berlin: Schocken 1937, S. 354-356 sowie in Franz Rosenzweig: Zweistromland. Kleinere Schriften zu Glauben und Denken. Hrsg. v. Reinhold u. Annemarie Mayer. Dordrecht 1984 (Franz Rosenzweig: Der Mensch und sein Werk. Gesammelte Schriften Bd. 3), S. 235-237.

Editorische Hinweise 333

Neben diesen detaillierten erschienen zahlreiche zusammenfassende Berichte in unterschiedlichen Presseorganen. 40

Die Entstehungszusammenhänge der begleitenden Notizen von Her­mann Märchen und u. Helene Weiss sind evident. Beide gehörten sie zu den Teilnehmern der II. Davoser Hochschulkurse. Märchen hat in seinen Erinnerungen, die er 1989 Karlfried Gründer mitgeteilt hat, berichtet, daß Heidegger mit Hilfe eines Stipendiums der Studienstiftung einige seiner Schüler mitbringen konnte.41 Zu dem Kreis der von Heidegger Eingeladenen gehörten neben Märchen z.B. auch Eugen Fink u. Otto Friedrich Bollnow."

b) Heidegger-Aufs[atz. Notizen zu Heideggers „Kant und das Problem der Metaphysik"] (Konvolut 100, Box 42, folder 837)

Diese Notizen dienten der Vorbereitung auf Cassirers Rezension: Kant und das Problem der Metaphysik. Bemerkungen zu Martin Heideggers Kant-Interpretation. In: Kant-Studien 36 (1931), S. 1-26 (abgedruckt in ECW 17, S. 221-250). In gewisser Hinsicht stellen sie dadurch eine Fort­setzung der Diskussionen mit H eidegger in Davos dar!3

40 Vgl. z.B. Otto Grau toff: Die Davoser Hochschulkurse. In: Berliner Tage­blatt, Nr. 161vom5. April 1929, Abend-Ausgabe, S. [4]; Harald Landry: Philo­sophische Verständigung. Cassirer contra Heidegger. In: Das Unterhaltungsblatt Nr. 101 der Vossischen Zeitung vom Mittwoch, 1.5.1929. Zu: Vossische Zeitung, Nr. 204 vom 1.5.1929 sowie die Preisschriften der studentischen Teilnehmer Georg Böse (Heidelberg): Die Davoser Hochschulkurse. o. 0. [Davos: Heintz, Neu & Zahn] 1929, 8 S:; Ludwig Englert: Als Student bei den zweiten Davoser Hoch­schulkursen sowie Jean Cavailles: Les deuxiemes Cours Universitaires de Davos. Beide in [Gottfried Salomon/Celestin Bougie (Hrsg.):] Davoser Hochschulkurse. 17. März bis 6. April. Les Ilmes Cours Universitaires de Davos du 17 Mars au 6 Avril 1929. Davos: Heintz, Neu & Zahn [1929], S. 5-81;/erner Constanze Glaser (Wien): Die zweiten Davoser Hochschulkurse. In: Zeitschrift für Völ­kerpsychologie und Soziologie 5 (1929), Heft 3 vom Sept. 1929, S. 377-378.

41 Vgl. die Zeittafel in Hermann Mörchen; Denken - Glauben - Dichten -Deuten. Aufsätze und Vorträge aus den Jahren 1953-1990. Anlässlich des 100. Geburtstags von Hermann Märchen (1906-1990) mit einem Vorwort u. einer Einleitung hrsg. v. Ulrich Märchen u. Willfred Hartig. Münster 2006, S. 360.

42 Otto Friedrich Bollnow: Gespräche in Davos. In: Günther Neske (Hrsg.): Erinnerung an Martin Heidegger. Pfullingen 1977, S. 25-29, hier S. 26.

43 Zu Cassirers Rezension machte sich wiederum Heidegger replizierende Notizen, diese sind abgedruckt in Martin Heidegger: Kant und das Problem der Metaphysik. Frankfurt a.M.1991 (Martin Heidegger Gesamtausgabe. Abt. 1: Veröffentlichte Schriften 1910-1976. Bd. 3), Anhang 5: Zu Odebrechts und Cassirers Kritik des Kantbuches, S. 297-303.

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334 Anhang

Bereits am 29.5.1929 hatte Erich Rothacker, der als Gast bei den II. Davoser Hochschulkursen teilgenommen hatte,44 an Cassirer geschrieben: Wie Sie vermutlich wissen, werden Heideggers Davoser Vorträge als ein kleines Buch bei Cohen in Bonn erscheinen. Wären Sie nich[ geneigt, mir Ihre Vorträge oder eine Zusammenfassung derselben auf ca. 32 Seiten a 720 Silben für meine Deutsche Vierteljahrschrift zu überlassen? Sie wür­den damit vielen Leuten und ganz besonders mir eine ausserordentliche Freude bereiten.'5 Cassirer antwortete am 20.6.1929 ablehnend: Ich bin lange mit mir zu Rate gegangen, ob ich dieser Aufforderung Folge leisten könnte und hätte es an sich sehr gern getan, zumal ich Ihnen schon seit langer Zeit einen Beitrag für die Vierteljahrsschrift schulde. Schliesslich bin ich aber doch zu einer negativen Entscheidung gelangt. Denn die Vorträge sind in der Form, in der ich sie gehalten habe, für mein Gefühl doch noch zu unfertig, und ich möchte sie erweitern und vertiefen, ehe ich sie publiziere. Dazu aber wird mir in den nächsten Monaten, die mit Arbeit stark belastet sind, und in denen ich vor allem mit der Drucklegung des 3. Bandes der „Philosophie der symbolischen For­men" beschäftigt sein werde, leider keine Zeit bleiben. Vielleicht darf ich mich später einmal, wenn ich in einem grösseren Zusammenhang auf das Thema meiner Davoser Vorträge wieder zurückkomme, wieder einmal bei Ihnen melden."

Ein größerer Zusammenhang, in dem Cassirer auf das Thema seiner Davoser Vorträge zurückkam, sind die hier edierten Notizen bzw. die daraus hervorgegangene Rezension über Heideggers Kant-Buch sowie Cassirers Aufsatz „Geist" und „Leben" in der Philosophie der Gegen­wart.4' In: Die Neue Rundschau. 41. Jahrgang der freien Bühne (1930), S. 244-264 (abgedruckt in ECW 17). Über das Thema Der Gegensatz von Geist und Leben in Schclers Philosophie hat Cassirer am 27.3.1929 in Davos gesprochen (siehe Hrsg.-Anm. 339), wozu er auf das 1928 ent­standene Ms.-Konvolut Der Gegensatz von „Geist" und „Leben" in der modernen philosophischen Anthropologie/Vortrag: Frankfurt a/M.; 3.X.28 in Box 40, folder 783 zurückgriff Die Schlußpassage dieses Ms. ist bemerkenswerterweise innerhalb des Ms. der im vorliegenden Band edierten Heidegger-Vorles[ung] (Davos) März 1929 in Box 42, folder 839, auf Bl. 24r überliefert.

In der von Rothacker herausgegebenen Deutschen Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte hat Cassirer nichts aus

" Vgl. das Programm der II. Davoser Hochschulkurse. In: Davoser Revue 4 (1929), Nr. 5 vom 15.2.1929, S. 123-126, hier S. 125.

45 Rothacker an Cassirervom 29.5.1929, DVD zu ECN 18. 46 Cassirer an Rothacker vom 20.6.1929, DVD zu ECN 18. "So lautet der redaktionelle Titel des Beitrags. Cassirers Ms. ist betitelt: Die

Polarität von „Geist" und „Leben" in Max Schelers philosophischer Anthropo­logie (Ernst Cassirer Papers, Gen Mss 98, Box 40, folder 784, BI. 1 r, dort auch die redaktionellen Änderungen).

Editorische Hinweise 335

seinen Davoser Vorträgen veröffentlicht." Er erwähnt das Zusammen­treffen mit Heidegger noch einmal brieflich gegenüba Georg Misch 49

und ein letztes Mal öffentlich am Schluß der Rezension über Heideggers Kant-Buch: Ich habe schon in meinen Gesprächen mit Heidegger in Davos betont, daß ich nicht den Wunsch und die Hoffnung hege, ihn zu meinem „Standpunkt" zu bekehren und ihn auf ihn herüberzuziehen. Aber was in aller philosophischen Auseinandersetzung erstrebt werden sollte und was in irgendeinem Sinne erreichbar sein muß, ist dies, daß auch die Gegensätze sich richtig s c h e n lernen und daß sie sich in eben dieser Gegensätzlichkeit selbst zu verstehen suchen.'0

c) Hermann Cohcns Philosophie in ihrem Verhältnis zum Judentum. Vortrag der Franz Rosenzweig-Gedächtnisstiftung am 12. April 1931 (Konvolut 207, Box 38, folder 131)

Die Franz-Rosenzweig-Gedächtnisstiftung war im ]uni 1930 in Hamburg auf Initiative des Tuchgroßhändlers Hermann Philipp (f 1938) gegründet worden. Ihr Zweck war neben der Ehrung Rosenzweigs die Weiterfüh­rung der jüdischen Bildungsarbeit in dessen Sinne, d. h. wissenschaftlich u.

48 Statt dessen erschien die ausführliche Auseinandersetzung mit H cideggcr von Eberhard Grisebach: Interpretation oder Destruktion? Zum kritischen Ver­ständnis von Martin Heideggers ,Kant und das Problem der Metaphysik'. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 8 (1930), S. 199-232. Dazu merkt Grisebach an: Diese Arbeit verdankt ihre Anre­gung den Davoser Hochschulkursen im Frühjahr 1929 und der anschließenden Diskussion zwischen Ernst Cassirer und Martin Heideggcr. Sie möchte zeigen, weshalb es in Davos im letzten Grunde weder zu einem Sieg noch zu einer Einigung kommen konnte. Cassirers Vorträge spielen in Grisebachs Aufsatz, der eine eingehende Besprechung von Heideggers Kant-Buch bietet, jedoch keine Rolle. - Eberhard Grisebach (1880-194 5, 1913-1930 Philosophieprofessor in Jena, ab 1931 in Zürich; NDB) hatte wie Rothacker als Gast an den Davoser Hoch­schulkursen teilgenommen (vgl. das Programm der II. Davoscr Hochschulkurse. In: Davos er Revue 4 (1929), Nr. 5 vom 15.2.1929, S. 125).

49 Cassireran Georg Misch vom 12.6.1929, DVD zu ECN 18. 5° Cassirer: Kant und das Problem der Metaphysik. Bemerkungen zu Martin

Heideggers Kant-Interpretation. In: Kant-Studien 36 (1931), S. 26; vgl. ECW 17, s. 250.

Page 84: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

340 Anhang

Am 21.6.1935 erschien schließlich in The Jewish Chronicle innerhalb eines kurzen Überblicks über die neuesten Veranstaltungen der Oxford University ]ewish Society folgende Notiz: On Saturday last, in Mr. Solomon's Rooms (Magdalen), Professor Ernst Cassirer addressed the Society on "The Philosophy of Hermann Cohen and his Conception of Jewish Religion." Messrs. E.J. Lowbury and Kursbatt, in expressing the Society's thanks to Dr. Cassirer, expressed the regret of the Oxford Jew­ish students that he was leaving Oxford and their hope for his happiness in Sweden, where he bad been offered a Chair of Philosophy.58

e) Hermann Cohen (Malmö, 23.3.41) (Konvolut 207, Box 38, folder 724)

Der Anlaß dieser Vortragsentwürfe ist nicht ermittelt. Seit März 1941 bereitete Cassirer, der seit 1935 in Schweden lebte und arbeitete, seine Übersiedlung nach den USA vor. Die Abreise war zunächst für den 26.4.1941 geplant, konnte aber erst am 20.5.1941 stattfinden. Für den März 1941 sind vier Vortragstermine im nur 20 km nördlich von Malmö liegenden Lund durch Zeitungsberichte dokumentiert: Über Goethes geistige Leistung am 19., 21. u. 24.3. (siehe ECN ll) und Zur Erkennt­nistheorie der Kulturwissenschaften am 20.3.1941 (wiederholt am 4.3.1941 in Göteborg; siehe ECN 5). Für Malmö ist lediglich die Existenz einer jüdischen Gemeinde belegt, die Cassirer eingeladen haben könnte. 59

f) Briefe Hermann und Martha Cohens an Ernst und Toni Cassirer (Ernst Cassirer Papers - Addition, Gen Mss 355, Series II: Correspon­dence)

Die Entstehungszusammenhänge der Schreiben sind in den jeweiligen Annotationen rekonstruiert.

;s Thejewish Chronicle 94 (1935), Nr. 3454 vom 21.6.1935, S. 36. "Angaben nach: Jonas Hansson u. Svante Nordin: Ernst Cassirer: The Swe­

dish Years. Bern 2006, S. 103, S. 241u.244.

Editorische Hinweise 341

5. Zusammenhang mit anderen Nachlaßtexten

a) Hcidegger-Vorles[ung] (Davos) März 1929 (Konvolut 94, Box 42,fol­der 839)

Im Ms. sind drei längere Passagen nicht ausgeführt worden, statt dessen hat Cassirer in zwei Fällen auf sein Ms. zum 2. Kapitel von Zur Meta­physik der symbolischen Formen: Das Symbolproblem als Grundpro­blem der philosophischen Anthropologie in Box 31, folder 609, Bl. 13r-16r (abgedruckt in ECN 1, S. 75-76) sowie BI. 52r-56r (abgedruckt in ECN 1, S. 90-92) veF..viesen. Generell läßl sich eine enge thematische Überschneidung des Ms. der Heidcgger-Vorles[ung] und des Ms. Das Symbolproblem als Grundproblem der philosophischen Anthropologie feststellen. An einer dritten Stelle innerhalb der Heideggcr-Vorles[ung] verweist Cassirer zur Fortsetzung auf sein Ms. zu Der Gegensatz von „Geist" und „Leben" in der modernen philosophischen Anthropolo­gieNortrag: Frankfurt a/M.; 3.X.28 in Box 40, folder 783, BI. 50r-51r sowie in Box 40, folder 784, Bl. 64r-68r (innerhalb des Ms. der Heideg­ger-Vorles[ung] ist auf Bl. 24r außerdem die Schlußpassage dieses Ms. überliefert). Eine nahezu gleichlautende Auseinandersetzung mit dem Todesproblem (siehe im vorliegenden Bd. S. 55-59) findet sich in Box 31, folder 602, Bl. 5v, 6v, 5v, 6r, 1r; abgedruckt in ECN 1, S. 222-224. Die mitlaufenden Notizen von Weiss u. Märchen bestätigen jeweils die Identifikation der von Cassirer gemeinten Passagen.

In den weiteren Zusammenhang gehören außerdem die Mss. aus Box 31, folder 599-602 zu 'Geist' und 'Leben' (Heidegger), abgedruckt in ECN 1, S. 219-222 sowie Zeit [bei Bergson und Hcidegger], abgedruckt in ECN 1, S. 225-226;/erner, da sie auf den im vorliegenden Bd. abge­druckten Mss. aufbauen, die in ECN 6 versammelten Vorlesungen und Studien zur philosophischen Anthropologie aus den Jahren 1939-1943.

b) Heidegger-Aufs[atz. Notizen zu Heideggers „Kant und das Problem der Metaphysik"] (Konvolut 100, Box 42, folder 837)

Das Ms.-Konvolut gehört in dieselben weiteren Zusammenhänge wie die Davoser Mss. Cassircrs. Mehr noch: Da Heideggers Kantbuch als Ausarbeitung seiner Davoser Vorträge gelten kann, stehen Cassirers diesbezügliche Notizen unweigerlich in einem besonders engen Verwei­sungsverhältnis zu seinen eigenen Davoser Vorträgen. Das reicht bis zur Wiederholung von systematisch zentralen Zitationen von Spinoza, Schil­ler u. a. An einer Stelle der Notizen weist Cassirer sogar ausdrücklich auf die Frage eines Teilnehmers während der Diskussion mit Heidegger hin (siehe im vorliegenden Bd. S. 101).

Page 85: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

342 Anhang

Die Notizen bereiten die spätere Rezension von Heideggers Kantbuch nicht nur inhaltlich vor, indem sie die wesentlichen Kritikpunkte auffüh­ren und aus Heideggers Buch und den Werken anderer Autoren zitieren, sondern entwerfen bereits die Gliederung der schließlich veröffentlichten Rezension.

c) Hermann Cohens Philosophie in ihrem Verhältnis zum Judentum. Vortrag der Franz Rosenzweig-Gedächtnisstiftung am 12. April 1931 (Konvolut 207, Box 38,folder 731)

d) [The Philosophy of Hermann Cohen and his Conception of Jewish Religion] (Konvolut 207, Box 37,folder 732)

e) Hermann Cohen (Malmö, 23.3.41) (Konvolut 207, Box 38,folder 724)

Cassirers nachgelassene Vorträge über Cohen hängen miteinander und mit den gedruckten Vorträgen und Aufsätzen über Cohen eng zusam­men. Außerdem geht Cassirer in seinen Notizen zu Heideggers Kant und das Problem der Metaphysik wiederholt auf Cohens Schriften ein.

Cassirer hat zwischen 1918 und 1941 zu nachweislich mindestens 8 Gelegenheiten Vorträge über Hermann Cohen gehalten und zwischen 1912und1943 5 Aufsätze über Cohen verfaßt. 3 Vorträge sind gedruckt worden, während 3 Ms. ungedruckt geblieben sind und im vorliegenden Bd. erstmals veröffentlicht werden. Von einer Geburtstagsrede Cassi­rers zum 70. Geburtstag Cohens am 4.7.1912 ist kein Ms. überliefert."° Einzelne Ms. dienten mehrfach als Vortragsgrundlage, so ging Cas­sirers Gedächtnisrede am Grabe Cohens auf dem Gemeindefriedhof

60 Vgl. den Bericht über Die Feier von H. Cohens 70. Geburtstag. In: AZJ, Nr. 29 vom 19.7.1912, S. 340. Der Bericht enthält kein Referat der Worte Cassirers.

Editorische Hinweise 343

Berlin-Weißensee vom 6.7.1919" in den Vortrag vom 17.5.1920 ein.6' Cassirers Vortrag über Cohen und Rosenzweig vom 12.4.1931 wurde in veränderter Form am 22.1.1933 wiederholt. Deswegen sind weniger Manuskripte überliefert, als Vortragstermine ermittelt sind.

Im Einzelnen sind die folgenden Mss. und Texte Cassirers über Cohen überliefert:

1912 Aufsatz: Hermann Cohen und die Erneuerung der Kantischen Philosophie. In: Kant-Studien 17 (1912), S. 252-273. Abgedruckt in ECW 9, S. 119-138.

61 Vgl. die Ankündigung in Der Gemeindebote. Beilage zur AZJ, Nr. 27 vom 4.7.1919, S. 4. Darüber ist kein Bericht ermittelt.

62 Dieser ist abgedruckt in ECW 9, 498-509. Vgl. den Bericht in Der Gemein­debote. Beilage zur AZJ, Nr. 22 vom 28.5.1920, S. 246-247, E.M.: Die erste Gene­ralversammlung des Vereins zur Gründung und Erhaltung einer Akademie für die Wissenschaft des Judentums. Mit Inhaltsreferat über Cassirers Vortrag über Cohen: Der Verein zur Gründung und Erhaltung einer Akademie für die Wissenschaft des Judentums hieltam17.d[es]M[onats]imLogenhausin der Kleiststraße seine erste öffentliche Mitgliederversammlung ab, die von zahlrei­chen namhaften jüdischen Gelehrten und führenden Persönlichkeiten des geistigen jüdischen Berlins besucht war. Ein Vortrag über Hermann Co h e n, den eifrigen Förderer des Akademiegedankens, den der berühmte Schüler des Verstorbenen Professor Dr. Ernst Ca s s i r er (Hamburg) hielt, bildete den Höhepunkt der Veranstaltung.[ ... ] Professor Dr. Ernst Ca s s i r er (Hamburg) würdigte die Per­sönlichkeit und das Schaffen Hermann Co h e n s in begeisterten Ausführungen. Er hob Cohens Verdienste um die Begründung der Akademie für die Wissenschaft des Judentums, die sich der Tote zur philosophischen Aufgabe gestellt hatte, hervor. Hermann Co h e n erwartete von der Akademie eine Vertiefung und Erneuerung des Judentums, dem er mit ganzer Seele verbunden war. Der Drang nach Wahrheit und Klarheit war der Quell des gesamten Schaffens des großen Toten. In seinem Suchen nach der Wahrheit wurde der große Philosoph zum religiösen Seher, zum Propheten. Auf drei Grundpfeilern ruht Cohens Lehrgebäude: auf P 1 a t o, Kant undden Propheten. Platos Ideenlehreverbanderharmonischmit Kants transzendentaler Methode. Der Monotheismus ist der schärfste Protest gegen jede Vermischung des Geistig-Sittlichen mit dem Sinnlichen. Wurzel und Schwerpunkt der Religion sind durch den Monotheismus von den Naturkräften zum Sittlichen übergegangen. Diese geistige Urkraft des Monotheismus ist in den Propheten am klarsten für Co h e n in die Erscheinung getreten. Hier fand seine rein geistige Auffassung der Religion immer wieder neue Kraftquellen. Mit der höchsten Schärfe des Denkens verband der Verewigte die tiefe Glut sittlichen Empfindens. Religion und Wissenschaft wurden ihm zu einer neuen, wahrhaft philosophischen Einheit. Di.e tiefsten W~rzeln seiner Kraft lagen in.sein~r eigenen Brust. Ein durch Namen mcht zu bezeichnender besonderer Geist bildete den Urgrund der lauteren Persönlichkeit des großen Philosophen.

Page 86: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

344 Anhang

1918 Aufsatz: Zur Lehre Hermann Cohens t 4. April 1918. In: Berliner Tageblatt und Handels-Zeitung, Nr. 184 vom 11.4.1918, Abend­ausgabe, S. 2. Abgedruckt in ECW 9, S. 494-497. Trauerrede: Hermann Cohen. Worte gesprochen an seinem Grabe am 7. April 1918. In: Neue Jüdische Monatshefte 2 (1918), Heft 15 vom 10.5.1918, S. 347-352.63 Abgedruckt in ECW 9, S. 487-493.

1919 Gedächtnisrede: Ms. in Ernst Cassirer Papers, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Gen Mss 98, Box 37, folder 722: Cohen­Vortrag, das lediglich eine andere, etwas umfangreichere Fassung des Vortrags vom 17.5.1920 darstellt. Wahrscheinlich ist dies das Ms. der Gedächtnisrede (6.7.1919). Ungedruckt.

1920 Druck des Vortrags vom 17.5.1920: Hermann Cohen. Vortrag von Prof. Ernst Cassirer, Hamburg, auf der Mitgliederversammlung des Vereins am 17.5.1920. In: Korrespondenzblatt des Vereins zur Gründung und Erhaltung einer Akademie für die Wissen­schaft des Judentums 1 (1920), S. 1-10. Abgedruckt in ECW 9, s. 498-509.

61 Wieder abgedruckt in Hermann Cohens Schriften zur Philosophie und Zeitgeschichte. Hrsg. v. Albert Görland u. Ernst Cassirer. Bd. 1, Berlin 1928 (Veröffentlichungen der Hermann Cohe~~Stiftung bei der Akademie der Wis­senschaft des Judentums), S. IX-XVI.- Uber die Beisetzung Cohens, u. a. mit Inhaltsreferat über Cassirers Trauerrede, existiert ein längerer Bericht, vgl. Der Gemeindebote. Beilage zur AZJ, Nr. 15 vom 12.4.1918, S. 1, E.M.: Berlin, 9. April. Auf dem Friedhof in Weißensee wurde am Sonntag­nachmittag Geheimer Regierungsrat Prof. Dr. Hermann Cohen zur letzten Ruhe bestattet. Um den Sarg des großen Philosophen hatte sich eine Trauergemeinde geschart, die an Zahl wie an Bedeutung der erschienenen Per­sönlichkeiten gleich hervorragend war. [ ... ]Als Freund und Schüler rief Prof. Dr. Ernst Cassirer vonder Berliner Universität dem Heimgegangenen warmempfundene Gedächtnisworte nach. Das Urteil über die Leistungen des toten Forschers und Denkers wird einst die Geschichte fällen, heute soll nur die große Persönlichkeit gewürdigt werden, die geradezu als Verkörperung der Sachlichkeit in der philosophischen Welt anzusprechen ist. Sein philosophisches System war ebensosehr Idealismus in der Theorie wie in der Tat: es ließ keine Unterscheidung zwischen Handeln und Denken zu. Er fühlte sich als Glied in einer großen Kette, die von Platon zu Kant führt. Er war von unbeugsamer Willensstärke, wo es sich um die Vertretung seiner Sache handelte, aber von rührender Bescheidenheit für seine Person. Sein Wesen war eingestellt auf den Kampf gegen die geistige Unfreiheit, den er bis zum letzten Atemzuge führte. Seine Schüler verlieren in ihm den großen Lehrer und den fürsorglichen Freund.

1 ----------~

Editorische Hinweise 345

1924 Aufsatz: Hermann Cohen und die Renaissance der Kantischen Philosophie. In: Jüdisch-liberale Zeitung, Nr. 11vom25.4.1924, 1. Beilage [unpaginiert = S. 5-6]. Abgedruckt in ECW 24, S. 645-649.

1926 Aufsatz: Von Hermann Cohens geistigem Erbe. In: Almanach des Verlages Bruno Cassirer. Berlin 1926, S. 53-63. Abgedruckt in ECW 16, S. 480-486.

1931 Vortrag: Ms. in Ernst Cassirer Papers, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Gen Mss 98, Box 38, folder 731: Hermann Cohens Philosophie in ihrem Verhältnis zum Judentum. Vortrag der Franz Rosenzweig-Gedächtnisstiftung am 12. April 1931. Abgedruckt im vorliegenden Bd. S. 125-140.

1933 Druck des Vortrags vom 22.1.1933: Hermann Cohens Philoso­phie der Religion und ihr Verhältnis zum Judentum. Von Prof. Dr. Ernst C ass i ere r [!],Hamburg. In: Gemeindeblatt der Jüdi­schen Gemeinde zu Berlin, Nr. 4 vom April 1933, S. 91-:94. Abge­druckt in ECW 18, S. 255-264.

1935 Vortrag: Ms. in Ernst Cassirer Papers, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Gen Mss 98, Box 37, folder 723: [fhe Philos­ophy of Hermann Cohen and his Conception of Jewish Religion]. Vortrag, gehalten am 15.6.1935 vor der Oxford University ]ewish Society. Abgedruckt im vorliegenden Bd. S. 141-157.

1941 Vortragsnotizen: Ms. in Ernst Cassirer Papers, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Gen Mss 98, Box 38, folder 724: Hermann Cohen (Malmö, 23.3.41). Abgedruckt im vorliegenden Bd. S. 161-163.

1943 Aufsatz: Hermann Cohen, 1842-1918. In: Social Research 10 (1943), Heft 2, S. 219-232. Abgedruckt in ECW 24, S. 161-173.

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ANMERKUNGEN DER HERAUSGEBER

1 Daten der Vorträge Cassirers nach den Stundenplänen in [Gottfried Salo­mon/Celestin Bougie (Hrsg.):] Davoser Hochschulkurse. 17. März bis 6. April. Les Ilmes Cours Universitaires de Davos du 17 Mars au 6 Avril 1929. Davos: Heintz, Neu & Zahn [1929], S. 90-95.

2 Kosmologie: Empedokles „. Gleiches durch Gleiches erkennen.] Vgl. Empedokles B 109. In: Diels, Fragmente, 1903, S. 213: Denn mit uns e­r e m Erdstoff erblicken wir die Erde, mit unserem Wasser das Wasser, mit uns er er Luft die göttliche Luft, mit unserem Feuer endlich das vernichtende Feuer; mit unsrer Liebe ferner die Liebe (der W e 1 t) und ihren Hass mit unserem traurigenHasse.

' Sokrates ... hat die Philosophie nach dem bekannten Worte des Cicero „vom Himmel auf die Erde zurückgeführt"] Vgl. Cicero: Tusculanarum Dis­putationum, Liber V, IV, 10: Socrates autem primus philosophiam devocavit e caelo, et in urbibus collocavit, et in domus etiam introduxit, et coegit de vita et moribus, rebusque bonis et malis quaerere. Vgl. die Parallelstelle in Cicero: Academicorum Posteriorum liber primus ad M. Terentium Varronem, IV, 15.

4 \'gl. Platon: Phaidros 230 D. 5 Heraklit ... Der A.6yor; ist das µüpov, der Rhythmus, das ewige Gesetz

dieses Werdens: ~A.tor:, oux uncpß~oum µtTpa.] Vgl. Heraklit B 94. In: Diels, Fragmente, 1903, S. 79: ijA.wr; yup oux uncpß~cn:rn1 µti:pa [„.]; in Diels' Übersetzung: Denn die Sonne wird ihre Maasse nicht überschreiten[ ... ].

6 Aber daneben steht das Wort: il0t/;T)<JUflllV i:µswur6v.] Vgl. Heraklit B 101. In: Diels, Fragmente, 1903, S. 80: Ich habe mich selbst erforscht.

7 Der Seele Grenzen kannst Du nicht ausfinden - ofnm ßa8uv A.6yov EXEl -Der tiefste Logos ist der der Seele.] Vgl. Heraklit B 45. In: Diels, Frag­mente, 1903, S. 73.

8 Vgl. Platon: Theaitetos 174 B. 9 Augustin ... „Noli foras ire in te ipsum redi in interiore homine habitat

veritas."J \'gl. Aurelius Augustinus: De vera religione, Kap. 39. ln: Opera omnia, Sp. 154 f. (Gehe nicht nach außen, kehre in dich selbst zurück. 1 m inneren Menschen wohnt die Wahrheit).

10 für Petrarca ist Augustin der ibm „ unter Tausenden Teuerste". (De secreto conflictu curarum suarum).] Vgl. Petrarca: De secreto conflictu curarum suarum, Liber primus incipit feliciter, Prohemium incipit: Care michi ex milibus Augustinc [ ... ].

11 Besteigung des Mont Ventoux „. sich selbst aber bleiben sie fremd."] Vgl. Pctrarca: De rebus familiaribus lihcr quartus, Epistola 1: francicus Petrarca Francisci Dionysio a Burgo Sancti Sepulchri S. P. D. De Suo in Montem Ventosum ascensu. Inders.: Epistola: de rcbus familiaribus et varia:, Studio et cura Ioscphio Fracassetti, Vol. Primum, 1859, S. 193-202, auf S. 200 das

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348 Anhang

Augustinus-Zitat aus den Confessiones 10, 8, 15. Übersetzung nicht ermit­telt. Vgl. die Darstellung von Jacob Burckhardt: Die Cultur der Renaissance in Italien, 8., durchgearbeitete Aufl. v. Ludwig Geiger, Bd. 2, 1901, S. 18 f.

12 Alexander Pope: An Essay on Man. Epistle II. In: The Select Poetical Works, 1848, S. 188.

13 In der Ethik will er „die Methode deutlich machen ... mehr oder weniger abweicht."] Vgl. Kant: Nachricht von der Einrichtung seiner Vorlesungen in dem Winterhalbjahre von 1765-1766. In: Werke Bd. 2, S. 326 (vgl. AA Bd. 2, S. 311 f.).

14 7tUV't(!)V XP1WU't(!)V µ!\rpov iiv0p(!)7tü~] Vgl. Protagoras B 1. In: Diels, Frag­mente, 1903, S. 518: Aller Dinge Maß ist der Mensch.

15 !lv Öta<pep6µevov fo.utC(>.] Vgl. Heraklit B 51. In: Dicls, Fragmente, 1903, S. 74: Sie verstehen nicht, wie das auseinander Strebende ineinandergeht [!iv litmpep6ftEvov fout0]: gegenstrebige Vereinigung wie beim Bogen und der Leier.

16 Sondern Raum konstituiert sich ... >Sorgens< und >Besorgens<.] Vgl. Hei-degger: Sein und Zeit, 1927, § 22-24, S. 101-113.

17 Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 22, S. 102 f. "Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 24, S. 111. 19 Der „pragmatische" Raum, wie ihn Heidegger schildert ... Begegnen des

Zuhandenen" umschreibt,] Vgl. Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 24, S. 111. 20 Uexküll ... „Umwelt und Innenwelt der Tiere"] Vgl. Jakob von Uexküll:

Umwelt und Innenwelt der Tiere, 1909; dass., 2., verm. u. verb. Aufl., 1921. 21 Vgl. Uexküll: Umwelt und Innenwelt der Tiere, 2. Aufl., 1921, S. 5. 22 Vgl. Uexküll: Umwelt und Innenwelt der Tiere, 2. Aufl., 1921, S. 45. 23 Vgl. Uexküll: Umwelt und Innenwelt der Tiere, 2. Aufl., 1921, S. 41. 24 Vgl. Uexküll: Umwelt und Innenwelt der Tiere, 2. Aufl., 1921, S. 182. "Denn um die Grenze zu wissen, muss man nach Hegels Wort schon

über sie hinaus sein.] Vgl. Hegel: Wissenschaft der Logik, 1. Teil. In: Sämt­liche Werke Bd. 4, 1928, S. 153: Es pflegt zuerst v i e 1 auf die Schranken des Denkens, der Vernunft u. s. f. gehalten zu werden, und es wird behaup­tet, es könne über die Schranke nicht hinausgegangen werden. In dieser Behauptung liegt die Bewußtlosigkeit, daß darin selbst, daß etwas als Schranke bestimmt ist, darüber bereits hinausgegangen ist. Denn eine Bestimmtheit, Grenze, ist als Schranke nur bestimmt, im Gegensatz gegen sein Anderes überhaupt, als gegen sein U n beschränktes; das Andere einer Schranke ist eben das Hinaus über dieselbe.

26 Die mythischen Richtungsgötter „. in ihm eingebettet.] Vgl. Cassirer: Die Begriffsform im mythischen Denken, 1922, abgedruckt in ECW 16, S. 3-73 sowie ders.: Begriffs- und Klassenbildung im mythischen und religiösen Denken. In: ECN 7, S. 3-91. In diesen Texten geht Cassirer auf die Zuiiis ein.

27 tolle n] dies da; ein Dieses, i. S. v. ein bestimmtes Seiendes; zur termino­logischen Funktion im Zusammenhang mit den Begriffen von ouofo (Wesen) u. dem in der Philosophiegeschichte umstrittenen Passus TO n ~v dvm siehe Aristoteles: Metaphysik V, 1017b 21-25. Die Literaturangaben beziehen

Anmerkungen der Herausgeber 349

sich au/Emile Durkheim, Marcel Mauss: De Quelques Formes Primitives de Classification. In: I: Annee Sociologique 1901-1902, 1903, S. 1-72 sowie Frank Hamilton Cushing: Outlines of Zufii Crcation Myths. In: Thirteenth Annual Report of the Bureau of Ethnology to the Secretary of the Smithso­nian Institution 1891-'92, 1896, S. 321-462. Cushing äußert sich besonders zum in sieben Teile gegliederten Weltbild der Zuiiis, das eng mit der sozialen Gliederung, wie sie sich z.B. beim Bezug eines Lagers zeige, zusammenhänge.

28 cf. S. 68.] Vgl. Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 15, S. 68. 29 Heideggers Charakteristik ... „Sich-Verhalten zur Welt".] Als Heidegger­

Zitat nicht nachgewiesen; interpretativer Von1er-..veis auf das im Folgenden zitierte.

30 Vgl. Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 15, S. 68 f. " µnaßacr1~ Eis iiU,o yevos] Der Übergang in eine andere Gattung, eigentlich

das Abschweifen in nicht zur Argumentation gehörende Themen, wodurch die Argumentation insgesamt unplausibel wird, vgl. Aristoteles: Zweite Analyti­ken, 75b 38-40. Cassirer verwendet hier jedoch den Topos von der metabasis eis allo genas abweichend im Sinne einer bloßen Problemverschiebung.

32 >Wendung zur Idee<, wie Simmel sie genannt hat,] Vgl. Simmel: Lebens­anschauung, 1918, S. 28-98, 2. Kap.: Die Wendung zur Idee.

33 So hat es Goethe gesehen „. recht lebendig und nützlich werden soll."] Vgl. Goethe: Zur Farbenlehre. Didaktischer Theil. WA Abt. lI Bd. 1, S. XII.

34 Besonders wo Störungen eintreten, lassen sich sprachliche Erscheinungen am besten erfassen (vgl. Pos).] Vgl. die Aufzeichnungen von \Veiss. Diese Referenz auf die Vorträge von Hendrik]osephus Pos entstammt dem situ­ativen Kontext von Cassirers Vortrag 11nd findet sich daher nicht im Ms. Cassirers. Pos' erster Vortragstermin war der 18. März 1929, also einen Tag eher, bevor Cassirer seinen ersten Vortrag hielt. Siehe die Zusammenfassung der Vorträge von Hendrik]osephus Pos, in [Jules Ferdmann (Redaktion) u.a.]: Bericht über die II. Davoser Hochschulkurse 17. März-6. April. Davoser Revue 4 (1929), Nr. 7 vom 15.4.1929, S. 202f.: Prof. H. J. Pos aus Amsterdam sprach über Grundfragen der Theorie der Auslegung als Spezialproblem einer philosophischen Grundlegung der Philologie. Die philologische Textaus­legung ist von ihrem Ursprung im Gespräch her zu betrachten. Dabei sind zwei Grundfunktionen zu unterscheiden.II. Die Se 1bstaus1 e g u n g, in der der Sprechende selbst die Störung des Verstehens im Hörenden durch sprachliche Mittel zu verhüten sucht. Es ist die Eigenart dieser Mittel, vor Mißverständnis zu schützen, ohne unbedingt dasselbe auszuschließen (Labi­lität der Selbstauslegung). Neben der Gebärde sind es Wiederholung und Substitution, die das nicht Verstandene durch ihm Identisches ersetzend, sich zur Aufhebung der Störung eignen. Wo diese Mittel versagen, tritt das Bild auf, das sich selbst als nur ähnlich dem Gesagten, nicht ihm identisch, gibt. Die Mittel der Selbstauslegung spalten den Strom der Rede in Sach­liches und Auslegendes. Tiefer umgestaltend auf das eigene Gesagte wirkt die Selbstkorrektion. Sie führt zu einer nachträglichen Scheidung zwischen der Ordnung, in der die Sprache, als der Zeit unterstehend, jedes Gesagte

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darstellt und dessen sachlicher Ordnung.III. Die Auslegung der Rede eines Anderen. Auch diese stellt sich nur im Störungsfall ein. Dem Verständ­nis nicht gleich erreichenden Leser ist der Text ein Mannigfaltiges, das er durch stufenweises Zusammennehmen von je zwei Elementen in eine Einheit umzuwandeln sucht. Die allen anderen grammatischen Bestimmungen vor­angehenden Zwei sind Subjekt und Prädikat. Dieselben haben keine einzige sich in jedem Falle ihrer Auffindung durchhaltende Bestimmtheit der inneren Bedeutung. Sie sind nur Ausdruck dafür, daß die Auslegung versucht, einem Etwas ein Anderes in der Weise zuzuordnen, daß Einheit des Verständlichen erreicht wird. Die Eigenart der grammatischen Begriffe, Frageworte zu sein, wird durch den Dogmatismus der hergebrachten grammatischen Theorie verkannt. Auch der Begriff des Sinnes hat fragende Funktion; stellt sich die Antwort ein, so verschwindet er./Die methodische Grundlage des Obigen gibt das Bestreben ab, die Theorie der sprachlichen Verstehensphänomene nicht von innen her, sondern durch jeweilige Beziehung von Innerem auf Aeußeres zu begründen. Ist dabei die Einheit-im-Ursprung von Innerem und Aeußerem Grundlage, so ist das Ziel die Ueberwindung des Gegensatzes von Innerem und Aeußerem bis in die höchsten Komplikationen geistigen Meinens und Verstehens hinein.

35 Cassirer verweist auf die Autoren der Werke zum Thema, die er in PSF III zitiert hat: Leendert Bouman u. Anton Abraham Grünbaum: Experimentell­psychologische Untersuchungen zur Aphasie und Paraphasie. In: Zeitschrift für die gesamte Neurologie und Psychiatrie 96 (1925), S. 481-538; Adhemar Gelb u. Kurt Goldstein: Über Farbennamenamnesie nebst Bemerkungen über das Wesen der amnestischen Aphasie überhaupt und die Beziehung zwischen Sprache und dem Verhalten zur Umwelt. In: Psychologische For­schung. Zeitschrift für Psychologie und ihre Grenzwissenschaften 6 (1925), S. 127-186; Henry Head: Aphasia and Kindred Disorders of Speech, 2 Bde., 1926; ders.: Aphasia and Kindred Disorders of Speech. In: Brain. AJournal ofNeurology43 (1920), S. 87-165; ders.: HughlingsJacksononAphasia and Kindred Affections of Speech. In: Brain 38 (1915), S. 1-27; John Hughlings Jackson: On Affections of Speech from Disease of the Brain. In: Brain 38 (1915), S. 107-129; ders.: On Affections of Speech from Disease of the Brain. In: Brain 38 (1915), S. 147-174; Pierre Marie: Revision de la question de l'aphasie: que faut-il penser des aphasies sous-corticales (aphasies pures)? In: La semaine medicale 26 (1906 ), S. 493-500; Fran~ois Moutier: L'aphasie de Broca, Paris 1908. - Willem van Woerkom: Sur la notion de l' espace (Je sens geometrique), sur la notion du temps et du nombre. Une demonstra­tion de l'influence du trouble de l'acte psychique de l'evocation sur la vie intellectuelle. In: Revue neurologique 26 (1919), S. 113-119.

36 Messer und Gabel ... mit ihnen nichts anzufangen.] Vgl. PSF III, S. 315, mit Verweis au/Karl Heilbronner: Ueber Asymbolie, 1897, S. 16.

;7 Rekognition im Begriff] Vgl KrV A 103-110: Von der Synthesis der Rekognition im Begriffe.

" Vgl. Henry Head: Aphasia and Kindred Disorders of Speech, 2 Bde., 1926; Adhemar Gelb u. Kurt Goldstein: Über Farbennamenamnesie nebst

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Bemerkungen über das Wesen der amnestischen Aphasie überhaupt und die Beziehung zwischen Sprache und dem Verhalten zur Umwelt. In: Psycholo­gische Forschung. Zeitschrift für Psychologie und ihre Grenzwissenschaften 6 (1925), S.127-186 sowie Hans Volkelt: Uber die Vorstellungen der Tiere, 1914, S. 15-18. Zu Cassirers persönlichen Erfahrungen mit dem Patienten Schaf in Frankfurt siehe Cassirer an Kurt Goldstein vom 24.3.1925 in ECN 18, S. 79-83; zum Zusammenhang mit Volkelts Untersuchungen siehe Cassirer an Goldstein vom 26.3.1925 in ECN 18, S. 83f.;femer PSF III, S. 281u.311.

39 Vgl. Wilhelm von Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geistige Entwicklung des Menschen­geschlechts (1830-1835). In: Gesammelte Schriften 1. Abt. Bd. 7, 1907, S. 53.

40 Vgl. Humboldt: Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts (1830-1835). In: Gesammelte Schriften 1. Abt. Bd. 7, 1907, S. 55.

41 Heads Kranke ... aufzuzeichnen vermögen.] Vgl. die Parallelstelle in PSF III, S. 178: Die Berichte über Naturvölker lassen erkennen, wie sehr ihre räumliche »Orientierung«, so sehr sie an Genauigkeit und Schärfe der des Kulturmenschen überlegen zu sein pflegt, sich nichtsdestoweniger durchaus in den Bahnen eines »konkreten« Raumgefühls bewegt.Jeder Punkt ihrer Umgebung, jede einzelne Stelle und jede Windung eines Flußlaufes z.B. kann ihnen aufs genaueste vertraut sein, ohne daß sie imstande wären, eine Karte des Flußlaufes zu zeichnen, ihn also in einem räumlichen Schema festzuhalten. - Sowie in PSF III, S. 284: He ad berichtet über viele seiner Patienten, daß sie einen bestimmten ihnen bekannten Weg, z.B. den Weg vom Krankenhaus zu ihrer Wohnung, zwar richtig finden, nicht aber die einzelnen Straßen, durch die sie zu gehen hatten, bezeichnen, noch über­haupt eine zusammenhängende Darstellung des Gesamtverlaufs des Weges geben konnten~ [Fußnotenzeichen und -text: Vgl. Heads Krankengeschichte Nr. 2; [Aphasia and Kindred Disorders of Speech,] Bd. II, S. 31; zum Früh­eren s[iehe] H ead [, Aphasia and Kindred Disorders of Speech, Bd.] I, [S.] 264, 339, 393, 415 f. u. ö.] Das erinnert durchaus an jene »primitivere«, mit symbolischen Elementen noch nicht gesättigte Form der Raumanschauung, wie wir siez. B. bei Naturvölkern finden, die zwar jede Stelle eines Flußlaufs kennen, nicht aber eine Karte des Flußlaufs zeichnen können.

42 saper vedere.] zu sehen verstehen bzw. verstehen, um zu sehen - sehen, um zu verstehen. Diese Leonardo da Vinci zugeschriebene Formel ist in dessen Schriften nicht nachgewiesen. In Individuum und Kosmos in der Philosophie der Renaissance, 1927, S. 167 schreibt Cassirer: So ist es freilich zutreffend, daß auch Leonardos Wissenschaftsideal auf nichts anderes als auf die Vollendung des Sehens, auf das „ s aper v e der e" gerichtet ist, daß das darstellend bildnerische Material auch in seinen mechanischen, optischen und geometrischen Aufzeichnungen überwiegt, daß „Abstraktion" und „Vision" in ihm untrennbar zusammenwirken. Cassirer verweist dafür auf Leonardo Olschki: Die Literatur der Technik und der angewandten Wissenschaften vom Mittelalter bis zur Renaissance, 1919, S. 342 u. 379.

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43 ß 2) die Kunst/ cf. Ms. S. 195 ff. J Vgl. das Ms. Cassirers zum 2. Kapitel von Zur Metaphysik der symbolischen Formen: Das Symbolproblem als Grundproblem der philosophischen Anthropologie. In: Ernst Cassirer Papers, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Gen Mss 98, Box 31, folder 607-610, hier folder 609, BI. 13r-l6r,paginiert als 195-198 (abgedruckt in ECN 1, S. 75f.): Aber in dieser ihrer Grundfunktion steht die Sprache nicht allein; sondern hier ist sie von Anfang an mit einer anderen Potenz des Geistes aufs nächste verbündet. Denn die Erhebung zur Gegenständlichkeit vollzieht sich nicht lediglich durch die Kraft der Benennung, sondern nicht minder durch die der bildnerischen Gestaltung. Hier liegt die zweite starke und triebkräftige Wurzel für alle gegenständliche Anschauung überhaupt. Der Zugang zur Welt der >Vorstellung< ist stets nur durch die Pforte der >Darstellung< zu gewinnen - diese selbst aber weist hierbei zwei verschie­dene aufeinander nicht zurückführbare Urformen auf. Derselbe Prozess der Objektivation, der >Gewärtigung<, der uns zuvor an der Sprache entgegen­trat, stellt sich uns, gleichsam in einer neuen Dimension, in aller bildenden Kunst dar. Wie die geistige Leistung der Sprache, so wird die der bildenden Kunst völlig unzulänglich beschrieben, wenn man in ihr nichts anderes als die >Wiedergabe< einer schon vorhandenen Formwelt sieht. Hier wie dort liegt vielmehr der Wiedergabe ein echtes, ein originäres >Geben< zu Grunde. Der Mensch gelangt zur Anschauung der Form der Dinge nicht dadurch, daß er sie von diesen, als eine ihnen anhaftende Bestimmung, einfach abliest, sondern dadurch, daß er ihr Bild in sich entwirft und daß er diesen Entwurf bildend aus sich herausstellt. In diesem Akt der bildenden Verkörperung gewinnt die Welt für ihn erst Gestalt und Körperlichkeit, gewinnt sie erst Grenze und Bestimmung. Der Grundakt dieser Determination ist daher ebensowohl an die Funktion der Sprache, wie an die der Kunst gebunden. Auch sie hat die gleiche Aufgabe zu bewältigen, wie die Sprache: sie kann das Bild der Wirklichkeit nicht einfach nach einem vorhandenen Muster, nach einem gegebenen „Modell", nachzeichnen, sondern sie muss es als solches hervorbringen. Sie zieht nicht die Kontur der Dinge, die sie als solche passiv empfängt, bloss nach; sondern ihre Kraft besteht in der Erschaffung dieser Kontur, in ihrer ideellen Vorzeichnung. Die aesthetische Gestaltung schafft, gemeinsam mit der sprachlichen Gestaltung, erst einen klaren und bestimm­ten Umriss der Gegenstandswelt. (Und sie bedient sich hierbei desselben Mittels wie diese: des Grundmittels der „ Verdichtung". Wie die sprachliche Benennung kraft der Auswahl, die sie vollzog, den unbestimmten Fluss der sinnlichen Erlebnisse in sich abteilte, wie sie in ihm feste Zentren der Bedeutung schuf, wie sie dem, was hier gleichsam flächenhaft neben einander lag, eine verschiedene Tiefe, einen Vordergrund und Hintergrund gab - so geschieht das Gleiche auch in jedem künstlerischen Bild-Entwurf und in jeder künstlerischen Bild-Gestaltung.} Hier liegt der Kern jener mehr als b 1 o s s - „aesthetischen", jener echt „theoretischen" Leistung, die das echte Kunstwerk vollbringt. Die Darstellung der Welt, die es in sich schliesst, ist eine wahrhafte Welt-Entdeckung. Goethe sagt vom künstlerischen Stil, daß er auf den tiefsten Grundfesten der Erkenntnis ruhe: „auf dem Wesen

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der Dinge, in so fern es uns erlaubt ist, es in sichtbaren und greiflichen Gestalten zu erkennen" [Goethe: Einfache Nachahmung der Natur, Manier, Stil. In: WA Abt. I Bd. 47, S. 80]. Und so ist ihm allgemein das Schöne eine „Manifestation geheimer Naturgesetze, die uns ohne dessen Erscheinung ewig wären verborgen geblieben" [Goethe: Maximen und Reflexionen, hrsg. v. Max Hecker, 1907, S. 32, Nr. 183]. Daneben nach einem Querstrich auf den Rand geschriehen: Raum -/Renaissance -/Leonardo - guter Maler/ saper vedere! Schluß des von Cassirer gemeinten Abschnitts Konjektur, vgl. die Aufzeichnungen von Märchen und Weiss. "ß 3) der Bedeutungsraum -/der mathematisch-physikalische Symbol­

raum als Funktionsraum!/cf. Ms. S. 233 ff.] Vgl. das Ms. Cas­sirers zum 2. Kapitel von Zur Metaphysik der symbolischen Formen: Das Symbolproblem als Grundproblem der philosophischen Anthropologie. In: Ernst Cassirer Papers, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Gen Mss 98, Box 31, folder 607-610, hier folder 609, BI. 52r-56r, paginiert als 233-237 (abgedruckt in ECN 1, S. 90-92): Und doch stehen wir auch hier, wo der Kreis der Gestaltung sich endgültig zu schliessen scheint, wo die >innere< und die >äussere< Wirklichkeit in einander eingreifen und sich zu Einern Kosmos zusammenfassen, noch nicht am Ende des Weges der geistigen Entwicklung. Denn eben dies bezeichnet diese Entwicklung[,] daß sie, ebenso wie sie die „Grenzen der Menschheit" erst setzt, so auch schon mitten in dieser Setzung, über sie hinausdräng t. Alle objektive und alle subjektive Wahrheit, alle Gewissheit der Aussenwclt, wie alle Gewissheit von sich selbst, die der Mensch zu erringen vermag, scheint an die Funktion der Dar s t e 11 u n g geknüpft zu sein. Der Mensch kennt die Welt und er kennt sich selbst nur in dem Bilde, das er von beiden entwirft. Aber zugleich erweist sich, daß er in diesem Kreise der anschaulichen Wahrheit und der anschaulichen Wirklichkeit nicht stehen bleiben, daß das Streben nach rei­ner Erkenntnis sich in ihm nicht begnügen und befriedigen kann. Die Erkenntnis wagt es, diesen Boden, kaum daß er gegründet ist, wieder zu verlassen -sie geht den Weg „ins Unbetretene, nicht zu Betretende" [Goe­the: Faust II, Z. 6222-6223. In: WA Bd. 15. J, S. 70]. lhr geistiger Horizont fällt mit dem Horizont der Anschauung nicht zusammen: der ideelle Sinn der Welt erscheint ihr nicht als in den Grenzen der Dar s t e 11 bar k e i t beschlossen. Über der Dimension der Darstellung baut sich jetzt eine neue Dimension: die Dimension der reinen „Bedeutung" auf. (Wir haben den Weg, der von der einen zur andern hinführt, im einzelnen zu verfolgen gesucht.) Im Aufbau der Naturerkenntnis zeigte es sich, wie sie, je schärfer sie sich auf die eigentliche Aufgabe der Objektivierung besinnt, um so mehr darauf verzichten muss, diese Aufgabe mit rein anschaulichen Mitteln zu erfüllen. Immer mehr werden die Bilder und Modelle, in denen der Gedanke die Wirklichkeit zu erfassen und in welche er sie zusammenzufassen ver­suchte, zurückgedrängt und an ihre Stelle treten reine Gedankensymbole. In ihnen wird nicht mehr eine wirkliche oder mögliche Anschauung, wird kein anschauliches , Datum< und kein anschauliches [> J Da b i 1 e [<] mehr beschrieben - sondern es wird eine reine 0 r d n u n g s bezieh u n g erfasst;

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es wird ein Gesetz der Reihung und Verknüpfung aufgestellt und aus ihm, als konstruktivem Prinzip, die> Einheit eines Mannigfaltigen< rein gedanklich aufgebaut. Am klarsten trat uns dies in der Umbildung entgegen, die die Grund- und Urform der >reinen Anschauung<, die der Raum selbst all­mählich erfährt. (Wenn wir uns noch einmal, in einem kurzen Überblick und Rückblick, die mannigfachen Vermittlungen vergegenwärtigen, die vom ers­ten primitiven „Raumgefühl" bis zum „Raumbegriff" der Wissenschaft, der exakten theoretischen Erkenntnis, hinführen -so zeigt sich, daß das Ganze dieser Entwicklung im Zeichen einer eigentümlichen Dialektik steht. Hier findet kein einfacher und geradliniger >Fortschritt< statt: sondern an einem bestimmten Punkte scheint die Entwicklung sich zurückzubiegen, scheint sie eine Art von geistiger Peripetie zu erfahren. Es ist als kehrte, vermöge dieser Rückwendung, das Ende wieder in den Anfang zurück - als würde ein bestimmtes Resultat der Formung, kaum erreicht, wieder preisgegeben und aufgegeben. In der geistigen Mitte dieser Entwicklung tritt uns der Raum in seiner reinen Gegenständlichkeit, gewissermassen in seiner substantiellen Gediegenheit, entgegen. Er ist die Aufnahmestätte, das np&wv 6tKttK6v der Gegenstandswelt überhaupt - er giebt jedem Sein seinen festen Platz und damit seinen festen Halt. Aber wenn in den Anfangsstadien diese Art der >Verfestigung< des Raumes - oder besser gesagt diese Art der Verfestigung zum objektiven Anschauungsraum- noch nicht erreicht ist, so ist sie in den Endstadien bereits wieder verlassen und überwunden. In ihnen ist an Stelle der sub s t anti e 11 e n Raumauffassung wieder eine rein funkt i -onale Auffassung getreten: der Raum ist kein Dingraum mehr, sondern ein reiner System-Raum. So scheinen sich Ausgangspunkt und Resultat in einem gemeinsamen Zuge zu begegnen, sofern in beiden ein ganz bestimmter Gegensatz zur Struktur der „Dingwelt"[,] zur Welt der empirischen Gegen­ständlichkeit, sich bekundet. Aber dieser Gegensatz hat freilich für beide nicht denselben Sinn und nicht die gleiche Richtung. Man könnte sagen, daß die „primitive" Raumauffassung der Form der Dingwelt noch voraus, daß die begrifflich-exakte Auffassung über sie hinaus liegt: daß jene gleichsam unter-dinglich, diese gleichsam über-dinglich ist. Der Raum der tierischen >Wahrnehmung< und >Vorstellung<, und im gewissen Sinne auch der mythische Raum, ist noch nicht der feste Gegenstandsraum, der für die Welt der empirischen Anschauung bestimmend und charakteristisch ist -der mathematisch-physikalische Ordnungsraum ist es nicht mehr. Der erstere ist nicht sowohl eine Gesamtheit von Dingen, als ein Ganzes von Aktionen und Aktionsrichtungen; der letztere ist nicht sowohl ein Komplex gegenständlicher Elemente, als vielmehr ein System von Relationen. Schluß des von Cassirer gemeinten Abschnitts Konjektur, vgl. die Aufzeichnungen von M örchen und Weiss.

45 Am deutlichsten an der Sprache: Wilhelm von Humboldt ... spinnt er sich zugleich immer tiefer in sie hinein.] Vgl. Humboldt: Über die Ver­schiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geis­tige Entwicklung des Menschengeschlechts (1830-1835). In: Gesammelte Schriften 1. Abt. Bd. 7, 1907, S. 60.

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46 µt'taßmm;] Vgl. Hrsg.-Anm. 31. 47 Non ridere, non lugere, sed intelligere!] Vgl. Spinoza: Tractatus politicus,

Kap. 1, § 4. In: Opera quae supersunt omnia Bd. 2, 1844, S. 52. Bei Spinoza heißt es: non ridere, non lugere, neque detestari, sed intelligere (nicht zu verlachen, nicht zu beklagen und auch nicht zu verdammen, sondern zu begreifen).

48 Vgl. Goethe: Die Wahlverwandtschaften. In: WA Abt. I Bd. 20, S. 262. 49 Gorgias: es redet der Redende, aber nicht Farbe und Ton.] Vgl. [Pseudo­

Aristoteles ]: De Melisse, Xenophane et Gorgia, Cap. 6, 980a 20-980b 3. '0 Platon: die Philosophie wird zur Dialektik ... dem bleibt die Sprache

immer inadäquat.] Vgl. die Aufzeichnungen von Weiss. Vgl. Platon an die Verwandten und Freunde Dions. VII. In: Die Briefe Platons, hrsg. v. Ernst Howald, 1923, S. 92f„ Stephanus-Zählung 343a.

51 Berkeley ... dessen Frucht vortrefflich und unserer Hand erreichbar ist."] Vgl. Berkeley: A Treatise concerning the Principles of Human Knowledge, Introduction, § 24. In: TheWorks Bd. 1, 1897, S. 176f.: In vain do we extend ourview into the heavens [ ... ],in vain do we consult the writings oflearned menand trace the dark footsteps of antiquity- we need only draw the curtain of words, i:o behold the fairest tree of knowledge, whose fruit is excellent, and within the reach of our hand. Übersetzung nicht ermittelt.

52 Kern der Mauthnerschen Sprachkritik ... schlechthin individuell ist, heran.] Grundtenor der Sprachkritik Fritz Mauthners, der seine Beiträge zu einer Kritik der Sprache, 3 Bde„ 3., verm. Aufl. 1923, mit den Worten beginnt: „Im Anfang war das Wort." Mit dem Worte stehen die Menschen am Anfang der Welterkenntnis und sie bleiben stehen, wenn sie beim Worte bleiben. Wer weiter schreiten will, auch nur um den kleinwinzigen Schritt, um welchen die Denkarbeit eines ganzen Lebens weiter bringen kann, der muß sich vom Worte befreien und vom Wortaberglauben, der muß seine Welt von der Tyrannei der Sprache zu erlösen versuchen (Bd. 1, S. 1); alles andere hieße mit Wortschällen Fangball spielen (Bd. 2, S. 716).

5; Alles Sprechen ist keineswegs, wie Humboldt will, Steigerung der Subjektivität] Vgl. Humboldt: Uber die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geistige Entwicklung des Menschen­geschlechts. In: Gesammelte Schriften 1. Abt. Bd. 7, 1. Hälfte, 1907, S. 59f.: In die Bildung und in den Gebrauch der Sprache geht aber nothwendig die ganze Art der subjectiven Wahrnehmung der Gegenstände über. Denn das Wort entsteht eben aus dieser Wahrnehmung, ist nicht ein Abdruck des Gegenstandes an sich, sondern des von diesem in der Seele erzeugten Bildes. Da aller objectiven Wahrnehmung unvermeidlich Subjectivität beigemischt ist, so kann man, schon unabhängig von der Sprache, jede menschliche Indi­vidualität als einen eignen Standpunkt der Weltansicht betrachten. Sie wird aber noch viel mehr dazu durch die Sprache, da das Wort sich der Seele gegenüber auch wieder, wie wir weiter unten sehen werden, mit einem Zusatz von Selbstbedeutung zum Object macht, und eine neue Eigenthümlichkeit hinzubringt. In dieser, als der eines Sprachlauts, herrscht nothwendig in derselben Sprache eine durchgehende Analogie; und da auch auf die Sprache

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in derselben Nation eine gleichartige Subjectivität einwirkt, so liegt in jeder Sprache eine eigenthümlichc Weltansicht. Wie der einzelne Laut zwischen den Gegenstand und den Menschen, so tritt die ganze Sprache zwischen ihn und die innerlich und äusserlich auf ihn einwirkende Natur. Er umgiebt sich mit einer Welt von Lauten, um die Welt von Gegenständen in sich aufzu­nehmen und zu bearbeiten.

54 Schiller: Sprache. In: Sämtliche Werke Bd. 1, S. 149. 55 In diesem Sinne fasst auch Heidegger ... zu verdecken."] Vgl. Heidegger:

Sein und Zeit, 1927, § 35, S. 167 u. 169f. 56 Vgl. Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 38, S. 175. 57 So auch Goethe ... Nur in dynamischen, nicht in statischen Gleichnissen

läßt sich all dies erörtern.] Vgl. die Aufzeichnungen von Märchen u. Weiss mit Hrsg.-Anm. 58.

58 Platon - Vossler - dagegen unsere eigen c Grundansicht der Sprache S. 75ff. des Vortrags] Vgl. die letzten Absätze des Ms. von Cassirer: Der Gegensatz von „Geist" und „Leben" in der modernen philosop hi sehen An th ro p olo gi e/Vortrag: Frankfurt a/M.; 3.X.28; Textbeginn nach Markierung mit zwei senkrechten Strichen: Ich versuche zum Schluss dieses Grundverhältnis nun noch an der Betrachtung einer einzigen symbolischen Form: an der Betrachtung der Sprache aufzuweisen. Man kann sagen daß, solange es eine Sprachphilosophie giebt, es auch eine Sprachkritik gegeben hat - daß der Einsicht in das, was die Sprache ist und will die Skepsis an der Sprache stets wie ein Schatten gefolgt ist. Schon in der griechischen Sophistik tritt dieser Zusammenhang hervor. Der erste bewusste Gebrauch der Sprache als Kunstmittel, die Erkenntnis dessen, was sie als unentbehrliches Rüstzeug des Geistes bedeutet, ruft zugleich die ers­ten Zweifel gegen ihre Möglichkeit wach. Wie vermöchte sie die gegenständ­liche Wirklichkeit zu bezeichnen und zu erreichen, da sie von ihr doch durch eine unübersteigliche Kluft getrennt ist, da schon das Material des Lautes, in dem sie sich bewegt, sie dauernd von dieser Wirklichkeit scheidet. [„]Es redet der Redende["] - so heisst es schon bei Gorgias, einem der ersten „Sprachkritiker" -[„]aber nicht Farbe oder Ton" [vgl. Hrsg.-Anm. 49]. Ein wesentlich anderes und ein wesentlich tieferes Verhältnis zur Sprache stellt sich sodann in der klassischen griechischen Philosophie her. Für Platon ist die Philosophie selbst zur Dialektik geworden, ist sie in der Funktion des öm).eyecr0at gegründet, die Sprechen und Denken in einem befasst. Auch das einsame Denken ist noch Dialog - ist ein Gespräch, das die Seele mit sich selbst führt. Aber trotz dieses Bekenntnisses zur Kraft des gesprochenen Logos ist der Zweifel an der Sprache, an dem was sie ist und vermag, auch für Platon keineswegs beschwichtigt. Wenn er- im siebenten Brief- eine Stufenfolge der Erkenntnis aufstellt, so beginnt er zwar mit ihr; so hebt er mit övoµa und Myo<; an, um auf beide die Stufe der wissenschaftlichen Ein­sicht, die Stufe der Entcr'l'~µT] erst folgen zu lassen. Das höchste Wissen aber greift nach Platon auch über diese ganze, durch das Wort und durch den sprachlich definierten Begriff bezeichnete Sphaere hinaus. Der höchsten Form der Ideenschau, insbesondere der Schau der Idee des Guten als µ!\ymi:ov

1 -

1

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µci81iµa, muss die Sprache immer und notwendig inadaequat bleiben. „Daher wird kein Vernünftiger es jemals wagen, das von ihm mit dem Geiste Erfasste diesen unzulänglichen sprachlichen Mitteln anzuvertrauen, und noch dazu, wenn dieselben ein für alle Mal festgelegt sind, wie es bei dem im Buchstaben Niedergeschriebenen der Fall ist" [vgl. Hrsg.-Anm. 50]. Aus dieser Einsicht in das innerlich-Ungenügende und Unangemessene der Sprachform für die höchsten philosophischen Einsichten, flüchtet sich die Platon freilich nicht in die entgegengesetzte Behauptung. Er sucht nicht Ruhe und Genügen in der Negation dieser Form, in dem mystischen Nein-Nein, sondern er lehrt ausdrücklich, daß alle Vernunfterkenntnis, so wenig sie in der Sprache auf­gehen und sich in ihr vollkommen erfüllen kann, nichtsdestoweniger durch sie vermittelt sein muss. Aber die Versuche, dieser Vermittlung los und ledig zu werden, brechen freilich in der künftigen Entwicklung der Philosophie nicht ab. Immer wieder hofft man, die Wirklichkeit selbst ergreifen, ihr gewissermassen Auge in Auge gegenübertreten zu können, wenn es nur gelingt, den Schleier zu heben, den die Sprache um sie gewoben hat. „Ver­geblich erweitern wir unseren Blick in die himmlischen Räume" - so heisst es in der Einleitung zu Berkeleys [>]Prinzipien der menschlichen Erkennt­nis[<]- [„]vergeblich ziehen wir die Schriften gelehrter Männer zu Rate und verfolgen die dunklen Spuren des Altertums; wir brauchen nur den Vorhang von Worten wegzuziehen, um klar und rein den Baum der Erkenntnis zu erblicken, dessen Frucht vortrefflich und unserer Hand erreichbar ist" (Einl[eitung] XXIV) [vgl. Hrsg-Anm. 51]. Und dieser Zweifel an der Spra­che, ja diese Verzweiflung an ihr bleibt keineswegs auf die Philosophie beschränkt; er ist auch den großen Poeten, er ist auch den größten Sprach­schöpfern im Bereich der Dichtung nicht fremd. So hat Goethe, in jenem bekannten venezianischen Epigramm darüber geklagt, daß er, an das Mittel der deutschen Sprache gebunden, in dem „schlechtesten Stoff" leider nun Leben und Kunst verderben müsse [vgl. Goethe: Epigramme. Venedig 1790. [Vieles hab' ich versucht, gezeichnet, in Kupfer gestochen]. In: WA Abt. I Bd. 1, S. 314]. Aber in seinen Werken findet sich auch ein anderes, >Sprache< überschriebenes Gedicht, das verglichen mit diesem venezianischen Epi­gramm, wie dessen Gegenpol und wie seine Palinodie erscheint: „Was reich und arm! Was stark und schwach! Ist reich vergrabner Urne Bauch? Ist stark das Schwert im Arsenal? Greif milde drein, und freundlich Glück- Flicsst, Gottheit, von Dir aus - Fass an zum Siege, Macht, das Schwert, Und über Nachbarn Ruhm" [Goethe: Sprache. In: WA Abt. I Bd. 2, S. 256]. Hier bricht wieder das Gefühl des echten Sprach schöpfe r s durch: das Gefühl[,] daß die Sprache im Grunde nur das ist, was der jeweilige Impuls, was der belebende und beseelende Augenblick aus ihr macht. Ihr Sinn und ihr Wert hängt nicht davon ab, was sie „an sich", ihrem metaphysischen Wesen nach, sein mag, sondern von der Art ihres Gebrauchs, ihrer geistigen Handhabung. Denn es ist nicht die starre Substanz der Sprache, sondern ihre lebendige dynamische Funktion, die über diesen Sinn und Wert entscheidet. Man verkennt die Sprache, wenn man sie in irgendeiner Weise als ein selbst Ding­haftes, als ein substantielles Medium nimmt, das sich zwischen den Menschen

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und die ihn umgebende Wirklichkeit schiebt. Wie immer man dieses Mittlere näher bestimmen mag: Es erscheint, indem es das Binde g 1 i e d zwischen zwei Welten sein will, doch zugleich immer als die Schrank c, die beide voneinander scheidet. Mag man die Sprache als noch so klares und als noch so reines Medium ansehen: Es bleibt doch stets dabei, daß dieses krystallhelle Medium auch krystallhart bleibt, daß es für den Gedanken wie immer durch­sichtig, so doch niemals völlig durchdringlich ist. Seine Transparenz hebt seine Impenetrabilität nicht auf. Aber dieses Bedenken schwindet, sobald man sich daran erinnert, daß es sich hier im Grunde um eine selbstgeschaf­fene Schwierigkeit handelt, - daß die Antinomie nicht sowohl der Sprache selber zur Last fällt, als sie vielmehr in einer unzulänglichen metaphorischen Beschreibung ihres Wesens gegründet ist. Fasst man sie, statt sie einem sub­stantiellen Ding zu vergleichen, vielmehr in ihrem reinen Vollzug, nimmt man sie, gemäß der Forderung Humboldts, nicht als Ergon, sondern als ~nergeia, so gewinnt das Problem alsbald eine andere Gestalt [vgl. Humboldt: Uber die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Einfluß auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts (1830-1835). In: Gesammelte Schriften 1. Abt. Bd. 7, 1907, S. 46: Sie selbst [die Sprache] ist kein Werk (Ergon), sondern eine Thätigkeit (Energeia)]. Sie ist dann keine bestehende starre Form mehr; sondern sie wird zu einem Formzeugenden, das freilich zugleich ein Formzerstörendes, Formzerbrechendes sein muß. Auch die Welt der grammatischen, der syntaktischen Formen ist nicht [danach gestrichen: wie sie z.B. in Vosslers Sprachphilosophie dargestellt wird-] nur eine Art fester Deich und Damm, an dem sich die bildenden, die eigentlich schöpferischen Kräfte der Sprache brechen [vgl. Karl Voßler: Positivismus und Idealismus in der Sprachwissenschaft, 1904; ders.: Sprache als Schöpfung und Entwicklung, 1905; ders.: Geist und Kultur in der Spra­che, 1925]. Vielmehr sind es eben diese Kräfte, die auch diese Welt ständig durchfluten und dieser immer neue Bewegungsimpulse zuführen. In diesem Prozess wird auch das Festgewordene immer wieder umgeschmolzen, so daß es sich nicht „zum Starren waffnen" kann [vgl. Goethe: Eins und Alles. In: WA Abt. I Bd. 3, S. 81]; aber andererseits erhält in ihm auch der momen­tane Antrieb, auch die Schöpfung des Augenblicks erst ihre Stetigkeit und Ständigkeit. Diese Schöpfung müßte als Spiel vor jedem Hauch der Luft zergehen, wenn sie nicht, mitten in ihrem Entstehen und Werden, auf frühere Gebilde, auf schon Entstandenes und Gewordenes träfe, an dem sie sich anhalten und festigen kann. So ist auch dieses Entstandene für sie nicht lediglich Stoff, dem sich immer fremd und fremder Stoff andrängt [vgl. Goe­the: Faust I. In: WA Abt I. Bd. 14, S. 37, Z. 635], sondern es ist Erzeugnis und Bezeugnis der gleichen bildenden Kräfte, denen auch sie selbst ihr Dasein verdankt. Jeder einzelne Sprachakt fließt wieder in das große Strombett der Sprache ein, ohne doch schlechthin in ihm auf- und unterzugehen. Je stärker vielmehr seine eigene, von der Individualität seines Schöpfers ent­lehnte Individualität war, um so mehr bleibt sie erhalten und um so kräftiger pflanzt sie sich fort- derart, daß durch den neuen momentanen Impuls die Strömung als Ganzes in ihrer Richtung und Intensität, in ihrer Dynamik

Anmerkungen der Herausgeber 359

und Rhythmik sich ändern kann. Auch all diese Wendungen können freilich nicht mehr sein wollen, als Gleichnisse; aber, wenn überhaupt, so läßt sich nur in solchen dynamischen Gleichnissen, nicht in irgendwelchen Bildern, die der statischen Welt, der Welt der Dinge und Dingverhältnisse entlehnt sind der Zusammenhang des Besonderen mit dem Allgemeinen in der Spra­che, das Verhältnis von Leben und Geist in ihr beschreiben./J~assen Sie mich damit m[eine] D[amen] u[nd] H[erren] diese Betrachtungen abschliessen. Daß sie das Thema, das ich mir gestellt habe, in keiner Weise erschöpft haben- dessen bin ich mir natürlich bewusst. Aber nicht auf eine in irgend einem Sinne „vollständige" Behandlung dieses an sich unerschöpflichen Themas kam es mir an. Keineswegs konnte ich daran denken den gesamten Problemkreis, hier in irgend einer Weise zu umschreiten; worauf es mir ankam, war lediglich eine bestimmte R ich t 1 in i e zu fixieren, in der, wie mir scheint die künftige Untersuchung, sich wird bewegen müssen. Der Verlauf dieses Abschnitts ist rekonstruiert aus den Mss. Der Gegensatz von „Geist" und „Leben" in der modernen philosophischen Anthropologie/ Vortrag: Frankfurt a/M.; 3.X.28. In: Ernst Cassirer Papers, Beinecke Rare Book and Manuscript Library, Gen Mss 98, Box 40, folder 783, BI. 50r-51r, paginiert als 74-75;/ortgcsetzt durch Seheier-Aufsatz. Die Polarität von „Geist" und „Leben" in Max Schelers philosophischer Anthropologie. In: Box 40, folder 784, BI. 64r-68r (ursprünglich paginiert als 76-78, später neu als 78-80; die während der Umarbeitung zu einem Aufsatz gemachten umfangreichen Streichungen, durch andere Tinte gut unterscheidbar, sind für die vorliegende Edition zuriickgenommen);fortgesetzt durch die Sehfuß­passage, die innerhalb des Ms. der im vorliegenden edierten Heidegger­Vorles[ung] (Davos) März 1929 in Box 42, folder 839, auf Bl. 24r, paginiert als 81, überliefert ist. Diese Passagen gingen nur zu einem kleinen Teil in die spätere Veröffentlichung ein, vgl. Cassirer: „Geist" und „Leben" in der Phi­losophie der Gegenwart. In: Die Neue Rundschau. 41. Jahrgang der freien Bühne (1930), S. 244-264 (abgedruckt in ECW 17).

59 Vgl. Heidegger: Sein und Zeit, 1927, S. 235-267: Erstes Kapitel. Das mögliche Ganzsein des Daseins und das Sein zum Tode,§ 46-53.

60 Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 49, S. 247 u. S. 248. "Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 50, S. 251. "Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 47, S. 239. 1·' Vgl. Luther: Predigten des Jahres 1522. 1-8. Acht Sermon D.M. Luthers

von jm geprediget zu Wittemberg in der Fasten/Sieben Predigten D. Martini Luthers. Die erste Predigt, am Sonntage lnvocavit. In: Werke Abt. 3 Bd. 10, 1905, S. 1 f.: Wir sind alle zum tode gefoddert und wird keiner fur den andern sterben, sondern ein jglicher in eigner Person mus geharnischt und gerues­tet sein fur sich sclbs mit dem Teufel und Tode zu kempffen. In die ohren koennen wir wo! einer dem andern schreien, jn troesten und vermanen zu gedult, zum streit und kampf, aber fur jn koenncn wir nicht kempffcn noch streiten, es mus ein jglichcr alda auff seine schantz selbs sehen und sich mit den feinden, mit dem Teufel und Tode selbs einlegen und allein mit jnen im kampff liegen: ich werde denn nicht bey dir sein noch du bcy mir.

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360 Anhang

64 Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 44 c), S. 226. 65 Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 43 c) u. § 63, S. 212 u. S. 314. 66 Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 44 c), S. 227. 67 Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 44, S. 229. 68 Blaise Pascal: Pensees, Publiees ... par Ernst Havet, 5. ed., Bd. 1, 1897,

S.10. 69 Vgl. Schiller: Die Künstler. In: Sämtliche Werke Bd. 1, S. 186: Mit dem

Geschick in hoher Einigkeit,/ Gelassen hingestützt auf Grazien und Musen,/ Empfängt er das Geschoß, das ihn bedräut,/Mit freundlich dargebot'nem Busen/Vom sanften Bogen der Nothwendigkeit.

70 jenen Ur p h a e n o m e n e n, von denen Goethe sagt ... in ihrer uner­forschlichen Grösse stehen lassen solle.] Goethe bezeichnet mit Urphänome­nen das Leben, das Erlebte und dasjenige, was wir als Handlung und That, als Wort und Schrift gegen die Außenwelt richten, vgl. Goethe: Maximen und Reflexionen, S. 76f., Nr. 391-393 sowie ders.: Maximen und Reflexionen, hrsg. v. Max Hecker, 1907, S. 82: Vor den U rphänomenen, wenn sie unseren Sinnen enthüllt erscheinen, fühlen wir eine Art von Scheu, bis zur Angst. Die sinnlichen Menschen retten sich in's Erstaunen; geschwind aber kommt der thätige Kuppler Verstand und will auf seine Weise das Edelste mit dem Gemeinsten vermitteln. Vgl. auch ECN 1, S.111-195.

71 Besonders Simmel hat diesen Bann gebrochen,] Vgl. Simmel: Zur Meta­physik des Todes. In: Logos 1 (1910), S. 57-70 sowie ders.: Lebensanschauung, 1918, S. 99-153, Drittes Kap.: Tod und Unsterblichkeit.

72 Vgl. Hrsg.-Anm. 63. 73 in Heideggers Sprache auszudrücken ... Welt des Man und der Alltäg­

lichkeit.] Vgl. Heidegger: Sein und Zeit, 1927, 1. Teil, 1. Abschnitt, 4. Kap.: Das In-der-Welt-sein als Mit- und Selbstsein. Das „Man".

74 Auch Moses Mendelssohns Phaedon ... durch bündige Vernunftschlüsse erweise.] Vgl. Moses Mendelssohn: Phaedon oder über die Unsterblichkeit der Seele in drey Gesprächen, zuerst 1761.

75 Platon ... Philosophie ist sterben lernen] Vgl. Platon: Phaidon, 63b-84c, bes. 67 e 4-6: In der That also, o Simmias, trachten die richtig philosophie­renden danach zu sterben und todt zu sein ist ihnen unter allen Menschen am wenigsten furchtbar.

76 in der Teilhabe an der Idee, in der µe9ESt<; an ihr,] Vgl. Platon: Sophistes, 256a 1 u. 259a.

77 Spinoza (Dilthey!) scientiaintuitiva] Vgl. Wilhelm Dilthey über Spinoza und die stoische Tradition. In: Dilthey: Die Autonomie des Denkens, der konstruktive Rationalismus und der pantheistische Monismus nach ihrem Zusammenhang im 17. Jahrhundert. Gesammelte Schriften Bd. 2, 1914, s. 283-296.

78 Spinoza ... Homo liber] Vgl. Spinoza: Ethica IV, Lehrsatz 67. In: Opera Bd. 1, S. 232: Homo über de nulla re minus quam de morte cogitat, et ejus sapientia non mortis, sed vitae meditatio est (Spinoza: Die Ethik, 1905, S. 229: Der freie Mensch denkt an nichts weniger, als an den Tod; und seine Weisheit

1-Anmerkungen der Herausgeber 361

ist nicht ein Nachsinnen über den Tod, sondern ein Nachsinnen über das Leben).

79 Schiller ... als unbegreiflicher Zufall erschien.] Cassirer bezieht sich auf Schiller: Die Künstler. In: Sämtliche Werke Bd. 1, S. 176-191, vgl. die Auf­zeichnungen von Märchen u. Weiss.

• 0 Pascal ... il faut clone faire, comme si on etait seul"] Blaise Pascal: Pensees, Publiees ... par Ernst Havet, 5. ed., Bd. 1, 1897, S. 197.

81 Vgl. Hrsg.-Anm. 61. 81 Kant-Vorträge] Weiss verweist auf H eideggers Vorträge anläßlich der

II. Davoser Hochschulkurse, die dieser unter dem Titel Kants Kritik der reinen Vernunft und die Aufgabe einer Grundlegung der Metaphysik am 18., 19. u. 20. März 1929,jeweilsvon 5-6 Uhrnachmittagsu. am 20. März zusätzlich von 6-7 Uhrnachmittags gehalten hat (vgl. die Stundenpläne in [Gottfried Salomon, Celestin Bougle (Hrsg.):] Davoser Hochschulkurse. 17. März bis 6. April. Les Ilmes Cours Universitaires de Davos du 17 Mars au 6 Avril 1929, [1929], S. 90-95). Zum Inhalt dieser Vorträge siehe [Martin Heidegger ]: Vorträge von Prof. M. Heidegger über Kants Kritik der reinen Vernunft und die Aufgabe einer Grundlegung der Metaphysik. In: [Jules Ferdmann (Redaktion) u.a.]: Bericht über die II. Davoser Hochschulkurse 17. März-6. April. Davoser Revue 4 (1929), Nr. 7 vom 15.4.1929, S. 194-196 (abgedruckt in HGA 3, S. 271-273).

83 seinem Buche] Heidegger: Sein und Zeit, 1927. 84 Dank an die Herren des Komitees der Davoser Hochschulkurse] Vgl. die

Bildunterschrift unter der Fotografie des Organisationskomitees der Davoser Hochschulkurse in [Jules Ferdmann (Redaktion) u. a.J: Bericht über die II. Davoser Hochschulkurse 17. März - 6. April. Davoser Revue 4 (1929), Nr. 7 vom 15.4.1929,S.187: Prof. Gottfried Salomon, der wissenschaftliche Leiter der Kurse; Landammann Dr. E [ r h a r d] Br an g er, Präsident des Kommitees; Dr. P au! Müll er, der Leiter der technischen und finanziellen Organisation. Cassirer hielt anläßlich des Eröffnungsbanketts eine Dankes­rede, siehe den Bericht über die II. Davoser Hochschulkurse 17. März-6. April. Der Eröffnungsakt. In: Davoser Revue 4 (1929), Nr. 7 vom 15.4.1929, S.181-189,hierS.188:ProfessorDr. Cassirer, Hamburg, dankte im Namen der Dozenten für die freundliche Aufnahme. Er führte aus, wenn es ihn und andere immer wieder nach Graubünden locke, so sei es u. a., weil ein Aufenthalt in diesen Bergen heilsam sei gegen akademische Selbstüberschät­zung. Die Schaffung der Davoser Hochschulkurse war nur möglich durch die Arbeit, die in Davos selbst geleistet worden ist. Der Redner dankt dafür.

85 Gelegenheit ... durch eine persönliche Aussprache zu ergänzen und wie ich hoffe zu vertiefen.] Vgl. die Aufzeichnungen von Märchen und Weiss über die Arbeitsgemeinschaft E. Ca s s irer und M. Heide g g er, angekündigt für Dienstag, 26. März 1929, vormittags 10-12 Uhr, im vor­liegenden Bd. S.108-119.

86 Riehl - cf. meinen Artikel ,Neukantianismus'] Zu Alois Riehl vgl. Cassirer: Neo-Kantianism. In: The Encyclopa:dia Britannica, 14. Aufl.

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362 Anhang

1929, Val. 16, Mushroom to Ozonides, S. 216 (abgedruckt in ECW 17, s. 308-315).

87 die Fundamental-Ontologie als Ontologie des Menschen - siehe ... ] Vgl. KPM, S.1(HGA3, S. 1): Fundamentalontologie heißt diejenige ontologische Analytik des endlichen Menschenwesens, die das Fundament für die zur „Natur des Menschen gehörige" Metaphysik bereiten soll. Die Fundamen­talontologie ist die zur Ermöglichung der Metaphysik notwendig geforderte Metaphysik des menschlichen Daseins. Sie bleibt von aller Anthropologie, auch der philosophischen, grundsätzlich unterschieden. Die Idee einer Fundamentalontologie auseinanderlegen bedeutet: die gekenn­zeichnete ontologische Analytik des Daseins als notwendiges Erfordernis aufzeigen und dadurch deutlich machen, in welcher Absicht und Weise, in welcher Begrenzung und unter welchen Voraussetzungen sie die konkrete Fragestellt:wasist der Mensch?

88 nähere Bestimmung der Endlichkeit-nicht als Ausdruck irgendwel­cher „Unvollkommenheiten"] Vgl. KPM, S. 210-212 (HGA 3, S. 219-222), § 39: Das Problem einer möglichen Bestimmung der Endlichkeit im Men­schen, hier S. 210 (HGA 3, S. 219): Selbst wenn es gelingen könnte, die Summe aller menschlichen Unvollkommenheiten zusammenzurechnen und das Gemeinschaftliche derselben zu „abstrahieren", wäre nichts vom Wesen der Endlichkeit erfaßt, weil im vorhinein fraglich bleibt, ob die Unvollkom­menheiten des Menschen überhaupt seine Endlichkeit unmittelbar sehen lassen, ob sie nicht vielmehr entfernte faktische Folgen des Wesens seiner Endlichkeit sind und daher nur aus diesem verständlich werden.

89 cf. letztes Capitel] Vgl. den letzten Paragraph von KPM, S. 233-236 (HGA 3, S. 243-246), § 45: Die Idee der Fundamentalomologie und die Kritik der reinen Vernunft.

90 intuitus originarius und derivativus] ursprüngliche und abgeleitete Anschauungsart, vgl. Kr VB 72.

91 Gegenstände als Gegenüberstehen] Vgl. KPM, S. 67-69 (HGA 3, s. 73-75).

92 >Dienststellung< des Verstandes] Vgl KPM,S. 69 (HGA 3, S. 75) u. passim. 93 Problem der Repraesentation cf.Philosophiedersymbolischen

Formen Bd. III] Vgl. PSF III, S. 125-323: 2. Teil. Das Problem der Reprä­sentation und der Aufbau der anschaulichen Welt.

94 Heideggers Philosophie will uns das Dunkel spenden -uns den >Abgrund< erkennen lassen] Vgl. KPM, S. 204-209: § 38. Die Frage nach dem Wesen des Menschen und das eigentliche Ergebnis der Kantischen Grundlegung (HGA 3, S. 214-218).

95 cf. seine Definition der Metaphysik:/Kant Metaphysik - die Lehre von den ersten Prinzipien der menschlichen Erkenntnis; Heidegger Lehre vom -Nichts -von der Nichtigkeit.] Vgl. KrV B 871 sowie Heidegger: Was ist Metaphysik? 1929. " ad öv] Zum stets Seienden siehe Platon: Symposion 211 B. "Ist Kant vor der „Endlichkeit der Vernunft" zurückgewichen?]

Vgl. KPM, S. 153 u. 205 (HGA 3, S.150 u. 214).

Anmerkungen der Herausgeber 363

98 Homo liber ... etc. (Todesproblem!)] Zu Spinozas Satz homo liber de nihilo minus quam de morte cogitat siehe Hrsg. -Anm. 78. Zum systematischen Zusammenhang mit dem Todesproblem vgl. S. 68f im vorliegenden Bd.

99 cf.] Verweis nicht aufgelöst. An der entsprechenden Stelle der auf die vor­liegenden Notizen zurückgehenden Rezension zitiert Cassirer aus Schillers Gedicht Das Ideal und das Leben, vgl. Cassirer: Kant und das Problem der Metaphysik. Bemerkungen zu Martin Heideggers Kant-Interpretation. In: Kant-Studien 36 {1931), S. 24 (ECW 17, S. 248).

100 im fruchtbaren Bathos der Erfahrung.] Vgl. Kant: Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik. In: Werke Bd. 4, S. 129, Anm. 1 (vgl. AA Bd. 4, S. 373).

101 helles Zimmer] Vgl. Arthur Schopenhauer: Die Welt als Wille und Vorstellung Bd. 2. In: Werke Bd. 2, [1892], S. 167: Goethe sagte mir ein Mal, daß wenn er eine Seite im Kant lese, ihm zu Muthe würde, als träte er in ein helles Zimmer.

102 HGA 3, S. 214. 103 HGA 3, S. 228. 104 HGA 3, S. 229. 10

' HGA 3, S. 236f. 106 die Gigantomachie um das Sein, cf. 230!] Vgl. KPM, S. 229f.

(HGA 3, S. 239f.) 107 HGA 3, S. 217. 10

' HGA 3, S. 218. 109 HGA 3, S. 221 f. 110 HGA 3, S. 232. 111 keinerlei „Erkenntnistheorie" (221)] Vgl. KPM, S. 220f.: Er [Kant]

schreibt im Jahre 1781 über dieses Werk [KrV] an seinen Freund und Schüler Markus Herz: „Schwer wird diese Art von Nachforschung immer blei­ben, Denn sie enthält die Metaphysik von der Metaphysik .„". Dieses Wort schlägt jeden Versuch, in der Kritik der reinen Vernunft auch nur teilweise eine „Erkenntnistheorie" zu suchen, endgültig nieder (HGA 3, S. 230). Heidegger zitiert Kants Brief an Markus Herz vom 11.5.1781 in Werke Bd. 9, Teil 1, 1918, S. 198 (vgl. AA Bd. 10, S. 269).

112 HGA 3, S. 148. m die Kategorien ... „der Anschauung auf keine Weise" cf. Kritik der reinen

Vernunft.] Vgl. Kr VB 123. 114 wenn Heidegger den „Einbildungscharakter" auch auf die reine Ver­

n unf t ausdehnen will (144)] Vgl. KPM, S. 144 (HGA 3, S. 151): Der Ein­bildungscharakter des reinen Denkens wird noch deutlicher, wenn wir ver­suchen, von der jetzt erreichten Wesensbestimmung des Verstandes aus, dem reinen Selbstbewußtsein, seinem Wesen noch näher zu kommen, um ihn als Vernunft zu fassen.

115 Behauptung, daß allem Verstand eine reine Rezeptivität beigemischt sei (146)] Vgl. KPM, S.146 (HGA 3, S. 154): Ob jetzt nicht auch ebenso u n w i der s t eh 1 ich in der transzendentalen Interpretation des reinen

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364 Anhang

Denkens bei aller Spontaneität sich gerade c in e r c 1 n e Rezeptivität herausstellen muß? Offenbar.

116 1 de e geht über die Erfahrung hinaus - cf. Bleistift-Bemerkung auf S. 146] In Cassirers Exemplar von KPM (University of Illinois, Chicago, Daley Library, Special Collections; Library of Ernst Cassirer, Call Number: B2799. M5 H4) findet sich auf S. 146 unten folgende Bleistift-Notiz von Cassirers Hd.: Die >Idee< blickt aber gerade über die „Mögl[ichkeit] der Erfahrung" hinaus - ihr kann in der Erfahrung (,Erscheinung') nichts , k o n g r u i er e n'. Der nebenstehende Text Heideggers lautet: Um den wesenhaften Anschau­ungscharakter des reinen Denkens zu sehen, muß nur das echte Wesen des end 1 ich e n Anschauens als eines Hinnehmens von Sichgebendem begrif­fen und festgehalten werden. Nun ergab sich aber als Grundcharakter der „Einheit" der transzendentalen Apperzeption, daß sie, im vorhinein ständig einigend, wider alles Geratewohl ist. Im vorstellenden Sich-Zuwenden­zu ... wird daher dieses Dawider und nichts anderes entge­gengenommen. Das frei bildende Entwerfen der Affinität ist in sich ein vorstellend hinnehmendes Sich-unterwerfen unter sie. Die Regeln, die im Verstand als dem Vermögen der Regeln vorgestellt werden, sind nicht als etwas „im Bewußtsein" Vorhandenes erfaßt, sondern die Regeln des Verbindens(Synthesis)werdengerade als bindende in ihrer Ver­bind 1 ich k e i t vorgestellt. Wenn dergleichen wie eine regelnde Regel nur da ist im hinnehmenden Sich-regeln-lassen, dann kann die „Idee" als Vorstel­lung der Regeln nur vorstellen in der Weise eines Hinnehmens (HGA 3, S. 154).

117 weil er den empirisch-phaenomenalen Gegenstand tr an sc enden tal nennt.] Cassirer bezieht sich womöglich auf KPM, § 25: Die Transzendenz und die Grundlegung der Metaphysica generalis, wo H eidegger Kants Begriff des transzendentalen Gegenstandes referiert und interpretiert. In KPM, S. 111 heißt es außerdem (HGA 3, S. 117): Möglichkeit der Erfahrung ist demnach gleichbedeutend mit Transzendenz.

118 Vgl. KPM, S. 57 (HGA 3, S. 62f.). Heidegger zitiert KrV A 78. 11

' HGA 3, S. 63. 120 HGA 3, S. 62. 121 HGA 3, S. 66. 122 Das hat auch Cohen ... (Einheit der Grundsätze als Grundbedingung

der m a th ema ti sehen Natur-Wissenschaft).] Vgl. Cohen: Kants Theorie der Erfahrung, 3. Aufl., 1918, S. 753: Vor allem galt und galt es ihm [Kant], die Einheit der Erfahrung als die Einheit der mathematischen Naturwissenschaft zu konstitutieren [ ... ].Die Einheit des Bewusstseins, als Einheit der Grundsätze, gipfelt in dem Satze: „Die Bedingungen der Möglichkeit der Erfahrung sind zugleich die Bedingungen der Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung."

123 HGA 3, S. 66f. 124 Vgl. KPM, S. 79-82: § 18. Die äußere Form der transzendentalen Deduk­

tion (HGA 3, S. 85-88), mit Bezug aufKrV A 669 (B 697), A 703 (B 703), A 85 (B 117). Vgl. KPM, S. 79f. (HGA 3, S. 85): Kant gebraucht „Deduktion"

Anmerkungen der Herausgeber 365

nicht in der philosophischen Bedeutung von deductio im Unterschied von intuitus, sondern so wie die „Rechtslehrer" den Ausdruck verstehen. Bei einem Rechtshandel werden „Befugnisse" geltend gemacht, bzw. „Anma­ßungen" zurückgewiesen. Hierzu ist ein Doppeltes notwendig: einmal die Feststellung des Tatbestandes und des Streitobjektes (quid facti), sodann aber die Aufweisung dessen, was als begründete Befugnis zu Recht besteht (quid juris). Die Aufweisung der rechtlichen Möglichkeit einer Befugnis nennen die Juristen „Deduktion" ./Warum bringt nun Kant das Problem der Möglichkeit einer Metaphysik in die Form der Aufgabe einer solchen juristischen Deduktion? Liegt dem Problem der inneren Möglichkeit der Ontologie ein „ Rechtshandel" zugrunde?

1" HGA 3, S. 68.

"" HGA 3, S. 80. 127 HGA 3, S. 81. 12

' HGA 3, s. 82. m I-IGA 3, S. 84. 130 I-IGA 3, S. 84. 131 HGA3, S. 91. 132 HGA 3, S. 117. m I-IGA 3, S. 111. 134 HGA 3, S. 113. 135 HGA 3, S. 128. \Jb HGA 3, S. 129. u 7 Die Spontaneität behält doch den Ans eh au u n g s charakter „. nicht

so schöpferisch wie der intuitus originarius.] Vgl. KPM, S. 122 f. (HGA 3, s. 130).

1" HGA 3, S. 130.

1" HGA 3, S. 133.

140 die transzendentale Einbildungskraft ist die W u r z e 1 der bei den Stämme ... auf die transzendentale Einbildungskraft zurück zuführen. (131)] Vgl. KPM, S. 13 lf. unter dem Tz'tel Die transzendentale Einbildungs­kraft als Wurzel der beiden Stämme (HGA 3, S. 138 f.): Allein, wenn der Ursprung von reiner Anschauung und reinem Denken als transzendentaler Vermögen aus der transzendentalen Einbildungskraft a 1 s Ver m ö g c n gezeigt werden soll, dann heißt das doch nicht, den Nachweis geben wollen, reine Anschauung und reines Denken seien ein Produkt der Einbildung und als solche nur etwas Eingebildetes. Die gekennzeichnete Ursprungs­enthüllung bedeutet vielmehr: die Struktur dieser Vermögen ist in der St ru k tu r der transzendentalen Einbildungskraft gewurzelt, so zwar, daß diese erst in der strukturalen Einheit mit jenen beiden etwas „einbilden" kann. [ ... ]Niemals jedoch werden reine Anschauung und reines Denken dadurch für etwas Eingebildetes erklärt, daß ihre Wesensmöglichkeit eine Rückführung auf die Wesensstruktur der transzendentalen Einbildungskraft erfährt. Die transzendentale Einbildungskraft bildet sich dergleichen wie reine Anschauung nicht ein, sondern ermöglicht sie gerade in dem, was sie „wirklich" sein kann.

Page 97: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

Anhang

Aber Problem ... in einen Schein auflöst?] Vgl. KPM, S. 131(HGA3, 39). HGA 3, S. 139. HGA3,S.14lff. HGA3,S.145. HGA 3, S. 151. HGA 3, S. 151. HGA 3, S. 160. HGA 3, S. 161. HGA 3, S. 166. HGA 3, S. 168. er war immer >Newtonianer< und immer >objektiver< Ethiker!]

'. Hermann Cohen: Kants Theorie der Erfahrung, 2., neubearb. Aufl. 5, s. 406. HGA 3, S. 170. HGA 3, S. 132ff. siehe auch Philosophie der symbolischen Formen III] Zur transzenden­n produktiven Einbildungskraft vgl. PSF III, S. 155 f. u. 185f. doch bewegt sich seine Interpretation freilich gleichsam in entgegen­~tzter Richtung wie die des deutschen Idealismus, cf. 130 Anmerkung] ~ KPM, S. 130 (HGA 3, S. 137), Anm. 1: Die folgende Interpretation ist einer anderen Fragestellung erwachsen und bewegt sich gleichsam in ~egengesetzter Richtung wie die des deutschen Idealismus. HGA 3, S. 137. HGA 3, S. 145. gegen die Marburger 137f.] Vgl. KPM, S. 137f. (HGA 3, S. 145f.): So taltbar der Versuch der Marburger Kantinterpretation ist, Raum und Zeit „ Kategorien" im logischen Sinne zu fassen und die transzendentale hetik in die Logik aufzulösen, so echt ist doch ein Motiv, das diesen such nahegelegt hat: die, freilich nicht geklärte, Einsicht, daß die trans­dentale Ästhetik für sich gen o m m e n nicht das Ganze selbst sein .n, das in ihr der Möglichkeit nach beschlossen liegt. Aber aus dem ~ntümlichen „Syn"-Charakter der reinen Anschauung folgt nicht die ;ehörigkeit der reinen Anschauung zur Synthesis des Verstandes, dem die Auslegung dieses „Syn" -Charakters führt auf den Ursprung reinen Anschauung aus der transzendentalen Ein b i 1 dun g s kraft. Auflösung der transzendentalen Ästhetik in die Logik wird aber noch gwürdi ger, wenn sich zeigt, daß auch der spezifische Gegenstand der 1szendentalen Logik, das reine Denken, in der transzendentalen Einbil­tgskraft verwurzelt ist. HGA 3, S. 148. denn nur der empirische Mensch (Mensch als >Phaenomcnon<) stirbt -der 1menale Mensch, der Mensch der Freiheit ist >unsterblich<.] Zur prinzi­'len Unterscheidung vgl. Kant: KrV, A 235-260/B 294-315: Von dem mde der Unterscheidung aller Gegenstände überhaupt in Phaenomena l Noumena; bes. A 248 f.: Erscheinungen, so fern sie als Gegenstände

Anmerkungen der Herausgeber

nach der Einheit der Kategorien gedacht werden, heißen Phaenomena. W ich aber Dinge annehme, die bloß Gegenstände des Verstandes sind, 1

gleichwohl, als solche, einer Anschauung, obgleich nicht der sinnlichen coram intuitu intellectuali), gegeben werden können; so würden dergleic Dinge Noumena (intclligibilia) heißen.

161 Platon-Philosophieren ist sterben lernen] Vgl. Hrsg.-Anm. 75. 162 Spinoza: homo liber de nihilo minus quam de morte cogitat] Vgl. Hr

Anm. 78. "·' HGA 3, S.147. 164 cf. 139: Sinnlichkeit hiesse soviel wie „endliche Anschauung" vgl. S. 2

Vgl. KPM, S. 139 (T-IGA 3, S. 147) sowie KPM S. 23f. (HGA 3, S. 26): ~ menschliche Anschauung als endliche hinnimmt, die Möglichkeit des t nehmenden „Bekommens" aber Affektion verlangt, deshalb sind tatsä lieh Werkzeuge der Affektion, die „Sinne", notwendig. Die menschli Anschauung ist nicht deshalb „sinnlich", weil ihre Affektion durch „Sinn< Werkzeuge geschieht, sondern umgekehrt: weil unser Dasein ein endlic ist - inmitten des schon Seienden existierend, an dieses ausgeliefert - des!· muß es notwendig das schon Seiende hinnehmen, d. h. dem Seienden Möglichkeit bieten, sich zu melden. Das Wesen der Sinnlichkeit besteh der Endlichkeit der Anschauung.

165 Transzendenz als solche a priori sinnlich ist (Heidcggcr 164 )] Vgl. KI S. 164 (HGA 3, S. 172): Vielmehr kann umgekehrt der Mensch als endlic Vernunftwesen nur deshalb in einem transzendentalen, d. h. metaphysisc Sinne seinen Leib „haben", weil die Transzendenz als solche a priori sinn ist.

'"das echte >Selbst< ist noumenales Selbst.] Vgl. Hrsg.-Anm. j

''"' HGA 3, S. 21. 168 „Erkennen ist primär Anschauen." ... Dienststellung zur Anschauu

Vgl. KPM,S.20(HGA3,S.22): Erkennen ist primär Anschau• Hieraus wird schon klar, daß die Umdeutung der Erkenntnis in das Ur Jen (Denken) wider den entscheidenden Sinn des kantischen Problt verstößt. Denn alles Denken hat 1edig1 ich eine Diensts t e 11 u n g Anschauung.

169 HGA 3, S. 23. 170 Durch die Bindung an die Anschauung ... oder einem andern hö

ren Geiste).] Vgl. KPM, S. 21(HGA3, S. 24): Dem gegenüber muß a festgehalten werden, daß die Anschauung das e i gen t 1 ich e Wc der Erkenntnis ausmacht[.„]. [„.] nur bei dieser Interpretati der Erkenntnis istesauchmöglich,das Wesentliche indieserD nition zu begreifen, nämlich die Endlichkeit der Erkenntnis. [„ .] „\ dagegen (im Unterschied von „Gott oder einem anderen höheren Geist den Menschen betrifft, so besteht ein jedes Erkenntnis desselben aus Beg und Anschauung". Heidegger zitiert Kant: Preisschrift über die Fortschr der Metaphysik seit Leibniz und Wolff. In: Werke Bd. 8, 1922, S. 312: 1 obige Aufgabe läßt sich nicht anders auflösen, als so: daß wir sie vorhe1 Beziehung auf die Vermögen des Menschen, dadurch er der Erweitcn

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368 Anhang

seiner Erkenntnis a priori fähig ist, betrachten, und welche dasselbe in ihm ausmachen, was man spezifisch seine reine Vernunft nennen kann. Denn, wenn unter einer reinen Vernunft eines Wesens überhaupt das Vermögen, unabhängig von Erfahrung, mithin von Sinnesvorstellungen Dinge zu erken­nen, verstanden wird, so wird dadurch gar nicht bestimmt, auf welche Art überhaupt in ihm (z.B. in Gott oder einem andern höhern Geiste) derglei­chen Erkenntnis möglich sei, und die Aufgabe ist alsdenn unbestimmt. Was dagegen den Menschen betrifft, so besteht ein jedes Erkenntnis desselben aus Begriff und Anschauung.

171 Abhebung gegen >intuitus originarius< 21] Vgl. KPM, S. 21(HGA3, S. 24): Das Wesen der endlichen menschlichen Erkenntnis wird durch eine Abhebung derselben gegen die Idee der unendlichen göttlichen Erkenntnis, des „intuitus originarius" erläutert. Heideggerverweist aufKrV B 72. Vgl. Hrsg.-Anm. 90.

172 HGA 3, S. 24. 173 Endliche Erkenntnis als nicht-schöpferische, sondern hinnehmende

Erkenntnis (23)] Vgl. KPM, S. 23 (HGA 3, S. 25): die endliche Erkenntnis ist nicht-schöpferische Anschauung.[ ... ] Nicht jede Anschau­ung als solche, sondern nur die endliche ist hinnehmend.

174 intuitus derivativus] Vgl. Hrsg.-Anm. 90. 175 „Charakter der Endlichkeit ... >uns Menschen wenigstens< (23).] Siehe

KPM, S. 23 (HGA 3, S. 25f.). Heidegger zitiert KrV A 19/B 33. 17

• Vgl. KPM, S. 24 (HGA 3, S. 27). 177 HGA 3, S. 30. 178 Vgl. HGA 3, S. 31-34. 179 HGA3,S.38f. 180 cf. Brief an Herz! 1772] Vgl. den Beginn der Rezension Cassirers: Kant

und das Problem der Metaphysik. Bemerkungen zu Martin Heideggers Kant-Interpretation. In: Kant-Studien 36 (1931), S. 1 (ECW 17, S. 221): Im Februar 1772 berichtet Kant in einem Brief an Markus Herz, daß seine Untersuchungen über die Form und die Prinzipien der sinnlichen und der intelligiblen Welt eine neue entscheidende Wendung genommen hätten - eine Wendung, durch die er nunmehr, nach langem Suchen und Schwanken, erst „den Schlüssel zu dem ganzen Geheimnisse der bis dahin sich selbst noch verborgenen Metaphysik" in Händen zu haben glaube. Als das Kernstück der Metaphysik hat er jetzt das Problem des "trans­zendentalen Gegenstandes" erfaßt. Die Frage: „auf welchem Grunde beru­het die Beziehung desienigen, was man in uns Vorstellung nennt, auf den Gegenstand?" wird zum Angelpunkt der Philosophie: sie schafft die neue gedankliche 0 r i e n t i er u n g, aus der heraus der Plan der »Kritik der reinen Vernunft« erwächst und im Hinblick auf die er durchgeführt wird. Vgl. Kants Brief an Markus Herz vom 21.2.1772 in Werke Bd. 9, Teil 1, 1918, S. 103 (vgl. AA Bd. 10, S. 130).

181 HGA 3, S. 42. 182 HGA 3, S. 42. 18; Vgl. KPM, S. 39 (HGA 3, S. 42).

Anmerkungen der Herausgeber 369

184 Raum als „gebendes Anschauen" S. 40] Paraphrase von KPM, S. 40 (HGA 3, S. 47).

185 HGA 3, S. 47. 1"' HGA 3, S. 52.

187 HGA 3, S. 54. '" HGA 3, S. 58. 189 Vgl. KPM, S. 65 (HGA 3, S. 71). 1'0 HGA 3, S. 73.

191 HGA 3, S. 75. 192 HGA 3, S. 75. 193 HGA 3, S. 116. 19' mein Feld ist das fruchtbare Bathos der Erfahrung] Vgl. Hrsg.­

Anm.100. 195 blosse Grille: das Innere der Dinge; ganz unvernünftig etc.] Vgl. Kr V

B 333: Allein, das schlechthin, dem reinen Verstande nach, Innerliche der Materie ist auch eine bloße Grille; denn diese ist überall kein Gegenstand für den reinen Verstand, das transzendentale Objekt aber, welches der Grund dieser Erscheinung sein mag, die wir Materie nennen, ist ein bloßes Etwas, wovon wir nicht einmal verstehen würden, was es sei, wenn es uns auch jemand sagen könnte. Denn wir können nichts verstehen, als was ein unsern Worten Korrespondierendes in der Anschauung mit steh führet. Wenn die Klagen: Wir sehen das Innere der Dinge gar nicht ein, soviel bedeuten sollen, als, wir begreifen nicht durch den reinen Verstand, was die Dinge, die uns erscheinen, an sich sein mögen; so sind sie ganz unbillig und unvernünftig; denn sie wollen, daß man ohne Sinne doch Dinge erkennen, mithin anschauen könne, folglich daß wir ein von dem menschlichen nicht bloß dem Grade, sondern sogar der Anschauung und Art nach, gänzlich unterschiedenes Erkenntnisvermögen haben, also nicht Menschen, sondern Wesen sein sollen, von denen wir selbst nicht angeben können, ob sie einmal möglich, vielweniger, wie sie beschaffen seien.

196 HGA3, S.117. 197 >intuitus originarius<] Vgl. Hrsg.-Anm. 90. 19

' HGA 3, S. 120ff. 199 HGA3, S. 124. HeideggerverweistaufKrV A 247/B 303. 200 HGA 3, S. 216f. 201 HGA3,S.217. 202 HGA 3, S. 221 f. 203 Wesensbeziehung zur Endlichkeit im Menschen. (215)] Vgl. KPM,

S. 215 (HGA 3; S. 225): Wie soll jedoch die Seinsfra ge, und garnoch in ihrer jetzt entwickelten Gestalt als Frage nach der Möglichkeit des Begreifens von Sein überhaupt, eine Wesensbeziehung zur Endlichkeit im Menschen haben?

204 HGA 3, S. 226. 20

' HGA 3, S. 229. 20

' HGA 3, S. 160.

Page 99: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

370 Anhang

207 die phi 1o1 o g i s c h e Erklärung 153 (Unterschied der ersten und zwei­ten Auflage!)] Vgl. KPM, S. 153 (HGA 3, S. 161): In der zweiten Auflage der Kritik d. r. V. wird die transzendentale Einbildungskraft, so wie sie im leidenschaftlichen Zuge des ersten Entwurfs ans Licht kam, abgedrängt und umgedeutet- zu Gunsten des Verstandes. Dabei mußte freilich all das erhalten beiben, was nach der ersten Auflage ihre transzendentale Begründungs 1 eist u n g war, wenn nicht die ganze Grundlegung in sich zusammenbrechen sollte.[ ... ] Zunächst hat Kant in der zweiten Auflage die beiden Hauptstellen gestrichen, andenenerfrüher ausdrück­lich die Einbildungskraft als ein drittes Grundvermögen neben Sittlichkeit und Verstand aufführte. Die erste Stelle wird durch eine kriti­sche Erörterung über Locke's und Hume's Analyse des Verstandes ersetzt, gleich als sähe Kant sein eigenes Verfahren in der ersten Auflage - obzwar zu Unrecht - noch in der Nähe des Empirismus. Die zweite Stelle aber fällt weg durch die Umarbeitung der transzendentalen Deduktion im ganzen. Heideggerbeziehtsich aufKrV A 94 u. 115.

20' cf. 15 4 Heidegger selbst] Vgl. KPM, S. 154 (HGA 3, S. 162): Die reine

Einbildungskraft ist als eigenes Vermögen entbehr 1 ich geworden und so die Möglichkeit scheinbar abgeschnitten, daß gerade sie der Wesensgrund der ontologischen Erkenntnis sein könnte, was doch das Schematismuska­pitel, das auch in der zweiten Auflage u n verändert geblieben ist, deutlich genug zeigt.

209 HGA 3, S. 161 ff. 210 HGA 3, S. 167ff. 211 es handelte sich für Kant nicht darum, den Primat der >ratio<, den Primat

der Logik aufrechtzuerhalten.] Vgl. KPM, S. 159 (HGA 3, S. 167): Und wie soll auch das niedere Vermögender Sinnlichkeit das Wesen der Vernunft ausmachen können? Gerät nicht alles in Verwirrung, wenn das unterste zu oberst gestellt wird? Was soll mit der ehrwürdigen Tradition geschehen, nach der die Ratio und der Logos in der Geschichte der Metaphysik die zentrale Funktion beanspruchen? Kann der Primat der Logik fallen?

212 Denn das schlechthin Innere ist eine „blosse Grille".] Vgl. Hrsg.­Anm. 195.

m In der praktischen Sphaere aber sieht erdie Vernunft= Freiheits­idee über die Endlichkeit erhoben . „ also eine ,Verlegenheits-Lösung'] Paraphrase von KPM, S. 160 (HGA 3, S. 168).

m HGA 3, S. 170. 215 HGA 3, S. 171. 216 HGA 3, S. 214. 217 HGA 3, S. 214. "" HGA 3, S. 205. 219 Die meta p hysis ehe Frage .„ nicht mit seiner in telli gi blen

Natur zu thun.] Vgl. Kant: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht (AA Bd. 7, S. 117-332).

220 „übersinnlichen Substrat der Menschheit"] Vgl. KU§ 57, B 237. 221 HGA 3, S. 1.

Anmerkungen der Herausgeber 371

222 HGA 3, S. 205. 223 HGA 3, S. 206. Zu den vier kantischen Fragen vgl. Immanuel Kant's

Logik. Ein Handbuch zu Vorlesungen, AA Bd. 9, S. 25: Das Feld der Phi­losophie in dieser weltbürgerlichen Bedeutung läßt sich auf folgende Fragen bringen: 1) Was kann ich wissen?/2) Was soll ich thun?/3) Was darf ich hof­fen?/4) Was ist der Mensch?/Die erste Frage beantwortet die Metaphysik, die zweite die Moral, die dritte die Religion und die vierte die Anthropologie. Im Grunde könnte man aber alles dieses zur Anthropologie rechnen, weil sich die drei ersten Fragen auf die letzte beziehen.

224 HGA 3, S. 209. 225 HGA 3, S. 212. 226 HGA 3, S. 215. 227 HGA 3, S. 231. 22

• HGA 3, S. 232. 229 Wieder-Erinnerung cf. 224.] Vgl. KPM, S. 223f. (HGA 3, S. 233): Die

fundamental ontologische Konstruktion hat ihr Auszeichnendes darin, daß sie die innere Möglichkeit von etwas freilegen soll, was gerade als das Bekann­teste alles Dasein durchherrscht, aber gleichwohl unbestimmt, ja sogar allzu selbstverständlich ist.[ ... ] Die Endlichkeit des Daseins - das Seinsverständ­nis - liegt in der Vergessenheit. [.„]Derfundamentalontologische Grundakt der Metaphysik des Daseins als der Grundlegung der Metaphysik ist daher eine „Wiedererinnerung".

230 HGA 3, S. 234. 231 Riehls Freiburger Antrittsrede „über wissenschaftliche und nichtwis­

senschaftliche Philosophie"] Vgl. Alois Riehl: Ueber wissenschaftliche und nichtwissenschaftliche Philosophie. Eine akademische Antrittsrede, 1883.

232 Heute wird ein ähnlicher Standpunkt z.B. von Schlick und der „ Wiener Schule" vertreten, die dem >Positivismus< noch ganz nahe steht.] Anspielung auf den später sogenannten Wiener Kreis um Moritz Schlick.

m Vgl. KPM,S.11 (HGA3,S.12)sowieS.16:DieAbsichtderKritikd.r.V. bleibt demnach grundsätzlich verkannt, wenn dieses Werk als „ Theorie der Erfahrung" oder gar als Theorie der positiven Wissenschaften ausgelegt wird (HGA 3, S. 17).

234 Cohen- „Nur ein Newtonianer konnte als Kant aufstehen"] Vgl. Cohen: Kants Theorie der Erfahrung, 2., neubearb. Aufl. 1885, S. 406.

235 „ Wissenschaft, die in gedruckten Büchern vorliegt",] Im Ausgang von Kant ist für Cohen alle Philosophie auf das Faktum von Wissenschaften angewiesen (Cohen: Ethik des reinen Willens, 1904, S. 62). Bei Cohen: Kants Theorie der Erfahrung, 2„ neubearb. Aufl. 1885, S. 476 heißt es: indessen die Möglichkeit der Erfahrung ist nicht ein Specialfall der Möglichkeit, denn die Möglichkeit ist nicht eine analytische, sondern die synthetische, mithin auf die Erfahrung, welche in gedruckten Büchern vorliegt, bezogene. Vgl. auch Cohen: Kants Begründung der Ethik, 2„ verb. u. erw. Aufl. 1910, S. 35:Jene etwaigen letzten Formelemente unseres Denkens sucht die transzendentale

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372 Anhang

Methode nicht; dafür aber die "obersten Grundsätze" einer in gedruckten Büchern gegebenen und in einer Geschichte wirklich gewordenen Erfahrung.

236 Einleitung zu Lange!] Vgl. Cohen: Einleitung mit kritischem Nachtrag zur neunten Auflage der Geschichte des Materialismus von Friedrich Albert Lange, 3., erw. Aufl. 1914, dort zum Begriff der Wissenschaft in seiner Ver­bindung mit dem Begriff der Grundlegung v. a. S. 15-18.

237 Unterschied von Schulbegriff und Weltbegriff] Vgl. KrV B 866f. 238 „the proper study of mankind is man"] Vgl. Hrsg.-Anm.12. 239 Ich lerne den Menschen kennen (Rousseau)] Vgl. Rousseau: Emile, ou

de l' education, Tome second, 1762, S. 62: Rapproche ces contrastes, aime la Nature, meprise l' opinion, & connois l'homme.

240 Nachricht von der Einrichtung seiner Vorlesungen: „ ... rohen und weisen Einfalt „. "] Vgl. Kant: Nachricht von der Einrichtung seiner Vorlesungen indem Winterhalbjahre von 1765-1766. In: Werke Bd. 2, S. 326: indem ich in der Tugendlehre jederzeit dasjenige historisch und philosophisch erwäge, was geschieht, ehe ich anzeige, was geschehen soll, so werde ich die Methode deutlich machen, nach welcher man den Menschen studiren muß, nicht allein denjenigen, der durch die veränderliche Gestalt, welche ihm sein zufälliger Zustand eindrückt, entstellt und als ein solcher selbst von Philosophen fast jederzeit verkannt worden; sondern die Natur des Menschen, die immer bleibt, und deren eigenthümliche Stelle in der Schöpfung, damit man wisse, welche Vollkommenheit ihm im Stande der rohen und welche im Stande der weisen Einfalt angemessen sei, was dagegen die Vorschrift seines Ver­haltens sei, wenn er, indem er aus beiderlei Grenzen herausgeht, die höchste Stufe der physischen oder moralischen Vortrefflichkeit zu berühren trachtet, aber von beiden mehr oder weniger abweicht. Diese Methode der sittlichen Untersuchung ist eine schöne Entdeckung unserer Zeiten und ist, wenn man sie in ihrem völligen Plane erwägt, den Alten gänzlich unbekannt gewesen (vgl. AA Bd. 2, S. 311 f.).

241 ,nur ein Newtonianer konnte als Kant aufstehen' (Cohen).] Vgl. Hrsg.­Anm. 234.

242 Vgl. Kant: Reflexionen zur Metaphysik, AA Bd. 17, S. 447, Nr. 4182. 243 Heautonomie, Kritik der Urteilskraft] Gesetzgebung für sich selbst,

Prinzip der reflektierenden Urteilskraft, vgl. KU Einleitung B XXXVII. 244 capere formae] Über den Begriff der Idee als Form dessen, was unmittel­

bar vom Geist erfaßt wird, vgl. Descartes: Objectiones tertire. Cum respon­sionibus authoris. In: Oeuvres Bd. 7: Meditationes de Prima Philosophia, 1904, S. 181 (Objectio V, Responsio ): Hie nomine idere vult tant:Um intelligi imagines rerum materialium in phantasia corporea depictas; quo posito facile illi est probare, nullam Angeli nec Dei propriam ideam esse posse. Atqui ego passim ubique, ac pn:ecipue hoc ipso in loco, ostendo me nomen idea: sumere pro omni eo quod immediate a mente percipitur, adeo ut, cum volo &: timeo, quia simul percipio me velle & timere, ipsa volitio & timor inter ideas a me numerentur. Ususque sum hoc nomine, quia jam tritum erat a Philosophis ad formas perceptionum mentis divina: significandas, quamvis nullam in Deo phantasiam agnoscamus; & nullum aptius habebam. In der Übersetzung von

Anmerkungen der Herausgeber 373

Artur Buchenau: Unter dem Namen „Idee" möchte Hobbes nur die Bilder der in der körperlichen Einbildungskraft sich abmalenden materiellen Dinge verstehen; dies vorausgesetzt, ist es ihm dann ein Leichtes nachzuweisen, daß es keine endliche Idee weder eines Engels noch von Gott geben kann. Nun habe ich aber meinerseits wirklich überall und vor allem an eben dem Orte gezeigt, daß ich unter dem Namen „Idee" all das zusammenfasse, was unmittelbar vom Geist erfaßt wird, so daß, wenn ich z.B. will oder etwas fürchte, dieses Wollen und Fürchten, da ich ja zugleich das Wollen und Fürch­ten vorstelle, zu den Ideen zu zählen sind. Bedient aber habe ich mich dieses Namens, weil das Wort ja allgemein gebräulich war bei den Philosophen, um die Formen der Vorstellungen (perceptiones) des göttlichen Geistes zu bezeichnen„ wenngleich wir in Gott keine (körperliche) Einbildungskraft gelten lassen; jedenfalls war mir kein Geeigneteres bekannt. (Descartes: Dritte Einwände und Erwiderungen. Inders.: Meditationen über die Grundlagen der Philosophie mit den sämtlichen Einwänden und Erwiderungen. Zum erstenmal vollständig übers. u. hrsg. v. Artur Buchenau, 4. Aufl., 1915, S. 164 (Fünfter Einwand, Antwort).)

245 „der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir ... "] Vgl. Kp V, II. Teil, Beschluß: Zwei Dinge erfüllen das Gemüth mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht, je öfter und anhal­tender sich das Nachdenken damit beschäftigt: der bestirnte Himmel über mir und das moralische Gesetz in mir.

246 „Wissenschaft ... die enge Pforte"] Vgl. Kp V, II Teil, Beschluß: Wissen­schaft (kritisch gesucht und methodisch eingeleitet) ist die enge Pforte, die zur Weisheitslehre führt[. „].

247 Diese beiden Pole darf man nicht von einander trennen, ohne damit die Einheit des Kantischen Systems und die der Kantischen Pers ö n 1 ich k e i t zu sprengen!] Vgl. die programmatischen Äußerungen Cassirers in ders: Kants Leben und Lehre, 1918 (Werke Bd. 11, Ergänzungsband), S. V-VII: Der Wert der Detailarbeit, die von der „Kantphilologie" der letzten Jahrzehnte geleistet worden ist, soll nicht unterschätzt werden: und die Ergebnisse, zu denen sie im geschichtlichen und systematischen Sinne geführt hat, mußten natürlich auch in der hier vorliegenden Darstellung genaue Berücksichtigung finden. Dennoch scheint mir, als habe diese Richtung der Detailforschung die lebendige Anschauung von dem, was Kants Philosophie als Einheit und als Ganzes bedeutet, häufig eher gehemmt als gefördert. Wir müssen und dürfen einer Forschungs- und Arbeitsrichtung gegenüber, die sich vor allem in der Aufdeckung der" Widersprüche« Kants zu gefallen scheint und die zuletzt das gesamte kritische System zu einem Aggregat solcher Widersprüche zu machen droht, wieder zu einer Gesamtansicht von Kant und seiner Lehre zurückstreben,wie Schiller oder Wilhelm von Humboldt sie besessen haben. In dieser Absicht bemüht sich die folgende Betrachtung überall, von der Vielheit und der fast unübersehbaren Verwicklung der beson­deren Fragen zu der Schlichtheit und Geschlossenheit, zu der erhabenen Einfachheit und Allgemeinheit des Kantischen Systems zurückzugehen. Dieses Ziel konnte - bei den äußeren Grenzen, die der Darstellung durch

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374 Anhang

den Gesamtplan der Ausgabe gezogen waren - freilich nur dann erreicht wer­den, wenn darauf verzichtet wurde, den bloßen Umfang der Kantischen Gedankenarbeit vollständig darzulegen und im Einzelnen vor dem Leser zu entfalten. Und die gleiche Beschränkung wie für den systematischen Teil der Schrift mußte ich mir auch für den biographischen Teil auferlegen. Auch hier habe ich von der Fülle der Einzelzüge und des anekdotischen Beiwerks, das von den ersten Biographen Kants überliefert worden ist, und das seitdem in alle Lebensbeschreibungen übergegangen ist, im Bewiißtsein abgesehen. Nur die großen und durchgehenden Züge der Kantischen Lebensführung und das, was als der einheitliche »Sinn« dieser Lebensführung im Laufe der menschlichen und philosophischen Entwicklung Kants immer bestimmter heraustritt, habe ich aufzuzeigen gesucht. Die Erkenntnis der Individualität Kants hat dadurch, wie ich hoffe, nichts verloren. Denn die eigentliche und wahrhafte Individualität Kants kann nur in jenen Grundzügen seiner Geis­tesart und seines Charakters gesucht werden, auf denen auch seine sachliche, seine philosophisch schöpferische Originalität beruht. Sie besteht nicht in irgendwelchen Besonderheiten und Absonderlichkeiten seines persönlichen Wesens und seiner äußeren Lebenshaltung, sondern in der Richtung und Tendenz zum A 11 gemeinen, die in gleicher Weise in der Gestaltung des Lebens wie in der der Lehre hervortritt. Wie beide Momente sich wechsel­seitig bedingen und ergänzen, wie sie auf denselben Ursprung zurückweisen und sich zuletzt zu einem einheitlichen Resultat zusammenschließen und wie somit die Persönlichkeit und das Werk Kants in der Tat aus einem Gusse sind, habe ich zu zeigen versucht; - was dagegen den äußeren Umriß von Kants Leben betrifft, so sollte er hier nur insoweit zur Darstellung kommen, als in ihm der eigentlich entscheidende Gehalt des Kantischen Daseins: das Wesen und Wachstum der Kantischen Grundgedanken sich offenbart und äußert. In den Folgeauflagen ist dieser Passus stark gekürzt.

248 (Fortschritte der Metaphysik seit Leibniz und Wolff (Cassirer: Kant­ausgabe Bd. 8), S. 238) = Heidegger S. 8] Vgl. KPM, S. 8 (HGA 3, S. 9). Heidegger zitiert Kant: Preisschrift über die Fortschritte der Metaphysik seit Leibniz und Wolff. In: Werke Bd. 8, 1922, S. 238 (vgl. AA Bd. 20, S. 260).

249 HGA 3, S. 10. 250 Heidegger beruft sich auf Kants Wort ... endgültig nieder­

schlage.) Vgl. Hrsg.-Anm. 111 sowie HGA 3, S. 320. Heidegger zitiert Kr V nach Cassirers Ausgabe.

251 HGA 3, S. 231. 252 192 f. Interpretation darf nicht lediglich . . . Ge w a 1 t brauchen 192] Vgl.

KPM, S. 192f. (HGA 3, S. 201 f.): Gibt nun eine Interpretation lediglich das wieder, was Kant ausdrücklich gesagt hat, dann ist sie von vornherein keine Auslegung, sofern einer solchen die Aufgabe gestellt bleibt, dasjenige eigens sichtbar zu machen, was Kant über die ausdrückliche Formulierung hinaus in seiner Grundlegung ans Licht gebracht hat. Dieses aber vermochte Kant selbst nicht mehr zu sagen, wie denn überhaupt in jeder philosophischen Erkenntnis nicht das entscheidend werden muß, was sie in den ausgesproche­nen Sätzen sagt, sondern was sie als noch Ungesagtes durch das Gesagte vor

Anmerkungen der Herausgeber 375

Augen legt./U nd so war es die Grundabsicht der vorliegenden Interpretation der Kritik d.r. V., den entscheidenden Gehalt dieses Werkes dadurch sichtbar zu machen, daß dasjenige herauszustellen versucht wurde, was Kant „hat sagen wollen". Bei diesem Verfahren macht sich die Auslegung eine Maxime zu eigen, die Kant selbst auf die Interpretation philosophischer Untersu­chungen angewandt wissen wollte und die er am Schluß seiner Entgegnung auf die Kritik des Leibnizianers Eberhard in folgenden Worten festgelegt hat:/„So möchte denn wohl die Kritik d. r. V. die eigentliche Apologie für Leibniz, selbst wider seine, ihn mit nicht ehrenden Lobsprüchen erhebende, Anhänger sein; wie sie es denn auch für verschiedene ältere Philosophen sein kann, die mancher Geschichtsschreiber der Philosophie, bei allem ihnen erteilten Lobe, doch lauter Unsinn reden läßt, dessen Absicht er nicht errät, indem er den Schlüssel aller Auslegungen reiner Vernunftprodukte aus bloßen Begriffen, die Kritik der Vernunft selbst, (als die gemeinschaftliche Quelle für alle,) vernachlässigt und, über dem Wort forschen dessen, was jene gesagthaben,dasjenigenichtsehenkann, was sie haben sagen wol-1 en" ./Um freilich dem, was die Worte sagen, dasjenige abzubringen, was sie sagen wo 11 e n, muß j~de Interpretation notwendig Ge w a 1 t brauchen. Heidegger zitiert Kant: Uber eine Entdeckung, nach der alle neue Kritik der reinen Vernunft durch eine ältere entbehrlich gemacht werden soll. In: Werke Bd. 6, 1914, S. 71 (vgl. AA Bd. 8, S. 250).

253 HGA 3, S. 204ff. 254 HGA 3, S. 214. 255 Siehe KPM, S. 20 (HGA 3, S. 22). Heideggerverweist aufKrV A 320/B

376f. 256 HGA 3, S. 22. 257 Vgl. KPM, S. 190 (HGA 3, S. 198). 258 Ja gerade diese Verweisung ... (von Heidegger selbst citiert 191)] Vgl

KrV B 291: Noch merkwürdiger aber ist, daß wir, um die Möglichkeit der Dinge, zu Folge der Kategorien, zu verstehen, und also die objektive Re a 1 i t ä t der letzteren darzutun, nicht bloß Anschauungen, sondern sogar immer äußere Anschauungen bedürfen.HeideggerzitiertdiesePas-sage in KPM, S. 191 (HG~ 3, S. 1 '.9~. . .

259 hier enthüllt sich das Uber-Ze1thche des Begriffs - der Begnff der Idee im Platonischen Sinne als aEi öv ... >nunc Stans<] Zum stets Seienden (aEi öv) vgl. Platon: Symposion 211 B. Cassirer setzt sich mit KPM, S. 230 f. (HGA 3, S. 240) auseinander: Was liegt darin, daß die antike Metaphysik das [ o Jrroc; öv - das Seinde, das so seiend ist, wie Seiendes nur seiend sein kann - als aei öv bestimmt? Das Sein des Seienden wird hier offenbar als Bes tändi gkei t und Ständigkei t verstanden. ~eiche~ Entwurf liegt indiesemSeinsverständnis?Der Entwurf auf die Zelt; denn auch die „Ewigkeit", etwa als das „nunc stans" genommen, ist als das „ständige" Jetzt" durch und durch nur aus der Zeit begreiflich.

"2oo Aus diesem Grunde sagt schon Galilei ... Intellekt besteht;] Vgl. Galileo Galilei: Dialog über die beiden hauptsächlichsten Weltsysteme, übers. v. Emil Strauss, 1891, S. 108: so behaupte ich, daß der menschliche Intellekt

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376 Anhang

einige Wahrheiten so vollkommen begreift und ihrer so unbedingt gewiß ist, wie es nur die Natur selbst sein kann. Dahin gehören die rein mathematischen Erkenntnisse, nämlich die Geometrie und die Arithmetik. Freilich erkennt der göttliche Geist unendlich viel mehr mathematische Wahrheiten, denn er erkennt sie alle. Die Erkenntnis der wenigen aber, welche der menschli­che Geist begriffen, kommt meiner Meinung an objektiver Gewißheit der göttlichen Erkenntnis gleich; denn sie gelangt bis zur Einsicht ihrer Not­wendigkeit, und eine hörere Stufe der Gewißheit kann es wohl nicht geben.

261 der Anthropologismus hat hier seine Schranke (Busserl!!).] Vgl. gegen jeden Versu.ch, den unteilbaren Begriff der Wahrheit relativistisch auf den Sinn einer bloßen Wahrheit für den Menschen (oder einer anderen Spezies) zu verkürzen, Busserl: Logische Untersuchungen, 1. Theil, 1900, § 36: Kritik des specifischen Relativismus und im Besonderen des Anthro­pologismus, S. 116f„ bes. S. 117: Was wahr ist, ist absolut, ist „an sich" wahr; die Wahrheit ist identisch Eine, ob sie Menschen oder Unmenschen, Engel oder Götter urtheilend erfassen.

262 Vgl. HGA 3, S. 184ff. '" Kant: „das Wort Be griff konnte uns schon hierauf führen."] Vgl.

KrV A 103. 264 ,Ja meme raison subsiste toujours"] Vgl. Leibniz: Nouveaux essais sur

I' entendement. In: Die philosophischen Schriften Bd. 5, 1882, 2. Abt„ Buch 2, Kap.14, §27, S.141.

2'' Vgl. HGA 3, S. 182.

266 Zeit aus dem Satz des Widerspruchs ausgeschlossen, cf. 175.] Vgl. KPM, S. 175f. (HGA 3, S. 184): Und zeigt Kant nicht unmittelbar im Anschluß an das Schematismuskapitel zur Einleitung der Bestimmung des obersten Grundsatzes aller synthetischen Urteile, daß aus dem „obersten Grundsatze alle analytischen Urteile", dem Satz vom Widerspruch, der das Wesen des bloßen Denkens umgrenzt, der Zeitcharakter aus geschlossen bleiben müsse?

267 Hegel „wesentlich itzt"] Vgl. Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte. In: Sämtliche Werke Bd. 11, 1928, S. 120: die Idee ist prä­sent, der Geist unsterblich d. h. er ist nicht vorbei und ist nicht noch nicht, sondern ist wesentlich itzt.

268 dies die Parusie der Idee (Platon)] Zur Gegenwart bzw. Anwesenheit der 1 deen in den Dingen, welche dadurch an den 1 deen teilhaben, vgl. Platon: Phaidon 1 OOc-d.

269 In dieser ganz "zeitabgewandten" Analyse Kants „. primär aus der Zukunft zeitigt?] Vgl. KPM, S. 178 (HGA 3, S. 187): Wenn in dieser schein­bar ganz zei ta bgewand ten Kantischen Analyse der reinen Synthesis im Begriffe gerade das ur s p rü n g 1 ich s t e Wesen der Zeit zum Vorschein käme: daß sie sich primär aus der Zukunft zeitigt?

270 „Ja rneme raison subsiste toujours."] Vgl. Hrsg.-Anm. 264. 271 HGA 3, S. 187 u. 197. 272 Urteilskraft/vonHeidegger ausgeschaltet (cf. S. 153!)] Vgl.

KPM, S. 153 (HGA 3, S. 161 ): In welchem Sinne die reine Einbildungskraft

Anmerkungen der Herausgeber 377

in der Kritik der U rt e i 1 s kraft wiederkehrt, ob vor allem noch in der aufgezeigten aus d rü ckl i ehe n Bezogenheit auf die Grund! e gun g der Metaphysik als solche, kann hier nicht erörtert werden.

273 In teile ctu s archetypu s] Zum urbildlichen Verstand vgl. KrV B 723.

274 Mensch 1 ich er Verstand ... cf. Fortschritte der Metaphysik seit Leib­niz und Wolff;Heidegger163] Vgl. KPM,S.163 (HGA 3,S. 172).Heidegger zitiert Kant: Preisschrift über die Fortschritte der Metaphysik seit Leibniz und Wolff. In: Werke Bd. 8, 1922, S. 312 (vgl. AA Bd. 20, S. 324). Vgl. Hrsg.­Anm. 110.

275 Daran ändert auch Kants Lehre von der Achtung als „Gefühl" nichts (cf. S. 148ff.).] Vgl. KPM, S. 148ff. (HGA 3,S.156ff.), mit Bezug auf Kp V, I. Teil, 1. Buch, 3. Hauptstück.

276 cf. Cohen -Achtung als Prob 1 e m der „Anwendung" - von Heideg­ger selbst 150 betont.] Vgl. Cohen: Kants Begründung der Ethik, 2„ verb. u. erw. Aufl„ 1910, S. 324 u. 332: In dem subjektiven Gefühle der Achtung wurzelt das subjektive Bewusstsein der Pflicht. Die Pflicht ist entweder die einzelne Handlung, oder sie bezeichnet unser menschliches Verhältnis zum Sittengesetze. Das Verhältnis der Pflicht zu der Achtung ist somit das des subjektiven Gefühls zu einem bald als Sache, bald als Vorgang gedach­ten Objektiven. [„.] Pflicht ist das Gefühl der Achtung des Erhabenen unserer moralischen Bestimmung. -SowieKPM, S. 150 (HGA 3, S. 158): Die Achtung ist als solche Achtung für „. das mora­lische Gesetz. Sie dient nicht zur Beurteilung der Handlungen und stellt sich nicht erst nach der sittlichen Tat ein, etwa als die Art und Weise, in der wir zur vollzogenen Handlung Stellung nehmen. Die Achtung für das Gesetz konstituiert vielmehr erst die M ö g 1 ich k e i t der Handlung.

277 zum Gefühl der Achtung cf. 151 (Bleistift-Notiz!)] In Cassirers Exemplar von KPM (University of Illinois, Chicago, Daley Library, Special Collec­tions, Library of Ernst Cassirer, Call Number: 82799. M 5 H4) findet sich auf S. 151 unten folgende Bleistift-Notiz von Cassirers Hd.: Das Gefühl der A[chtung) konstituiert nicht die prakt[ische]Vern[unft], sondern ist die Weisederpsycholog[ischen] Repraesen ta tion des sittl[ichen] Gesetzes. Der nebenstehende Text H eideggers lautet: Die vorstehende Interpretation des Gefühls der Achtung zeigt nicht nur, inwiefern diese die praktische Vernunft konstituiert, sondern macht zugleich deutlich, daß der Begriff des Gefühls im Sinne eines empirisch gemeinten Seelenvermögens ver­schwunden undanseineStelleeine transzendentale Grundstruk­tur der Transzendenz desmoralischenSelbstgetretenist(HGA3, S. 159). Auf S.152 Mitte findet sich außerdem die Notiz Cassirers: N[ota] b[ene]: Das Sittengesetz als solches lässt sich nicht ,schematisieren', sondern nur noch ,symbolisieren'[.] ,Typik' der r[ einen] pr[ aktischen] Vern[ unft ]. Der nebenstehende Text H eideggers lautet: Es bedarf jetzt gar keines weiteren Schrittes mehr, um zu sehen, daß diese Wesensstruktur der Achtung in sich die ursprüngliche Verfassung der transzendentalen Ein­b i] dun g s kraft hervortreten läßt. Die sich unterwerfende unmittelbare

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378 Anhang

Hingabe an ... ist die reine Rezeptivität, das freie sich Vorgeben des Gesetzes aber ist die reine Spontaneität; beide sind in sich ursprünglich einig. Und wiederum läßt nur dieser Ursprung der praktischen Vernunft aus der transzendentalen Einbildungskraft verstehen, warum in der Ach­tung das Gesetz sowohl wie das handelnde Selbst nicht g e gen s t ä n d 1 ich erfaßt, aber gerade in einer ursprünglicheren, u n gegen s t ä n d 1 ich e n und un thematischen Weise als Sollen und Handeln offenbar sind und das unreflektierte, handelnde Selbst-sein bilden (HGA 3, S. 159).

278 Heidegger behauptet, daß die Ewigkeit als nunc stans ... ro n ~v dvm heißt auch nicht: was immer schon war im Sinne des - > Imperfectums< sondern im Sinn der (Form) Vo 11- Endung!] Cassirer setzt sich mit KPM, S. 230f. (HGA 3, S. 240) auseinander: Das Sein des Seienden wird hier offenbar als Beständigkeit und Ständigkeit verstanden. Welcher EntwurfliegtindiesemSeinsverständnis?Der Entwurf auf die Zeit; denn auch die „Ewigkeit", etwa als das „nunc stans" genommen, ist als das „ständige" „Jetzt" durch und durch nur aus der Zeit begreiflich. [ ... ]Ist es dann zu verwundern, wenn die ontologische Auslegung des Was­seins des Seienden sich im ro tt ~v elvcu ausspricht? Liegt in diesem „was immer schon war" nicht das Moment der ständigen Anwesenheit, und zwar jetzt sogar im Charakter der Vo rgän gi gkei t, beschlossen? Vgl. Hrsg.-Anm. 27.

2'9 Vgl. KrV A 551/B 579, zitiert in KPM, S. 175 (HGA 3, S. 184).

"0 Ebenso aus der Form des Denkens (Satz vom Widerspruch) Zeitcharakter

zu tilgen. (cf. 175)]Vgl. Hrsg.-Anm. 266. 281 Vgl KrV B 430f. 282 Schiller: „ Wollt Ihr frei auf ihren Flügeln schweben"] Vgl. Schiller: Das

Ideal und das Leben. In: Sämtliche Werke Bd. 1, S. 192: Nur der Körper eignet jenen Mächten/Die das dunkle Schicksal flechten;/ Aber frei von jeder Zeitgewalt/Die Gespielin seliger Naturen,/Wandelt oben in des Lichtes Fluren/Göttlich unter Göttern die Ge stal t./Wollt Ihr hoch auf ihren Flügeln schweben,/Werft die Angst des Irdischen von euch,/Fliehet aus dem engen dumpfen Leben/In des Ideales Reich!

283 Frage des Schülers in Davos] Die Fragen eines stud. phil. S. (nicht ermit­telt) an Cassirer lauteten anläßlich des Gesprächs zwischen Cassirer und Heidegger am 26. März 1929: 1. Welchen Weg hat der Mensch zur Unend­lichkeit? Wie ist die Art, in der der Mensch an der Unendlichkeit teilhaben kann? 2. Ist die Unendlichkeit als private Bestimmung der Endlichkeit zu gewinnen, oder ist sie ein eigener Bereich? 3. Wieweit hat die Philosophie die Aufgabe, frei werden zu lassen von der Angst? Oder hat sie die Aufgabe, den Menschen gerade radikal der Angst auszuliefern? Die Autorschaft dieser Fragen ist nur in der an die Teilnehmer verteilten Fassung des Diskussions~ protokolls im Umfang von 8. Bl. über die Arbeitsgemeinschaft Cassirer­Heidegger überliefert (abgedruckt in Guido Schneeberger: Ergänzungen zu einer Heidegger-Bibliographie. Mit vier Beilagen u. einer Bildtafel. Bern 1960, S. 17-27, hier S. 21). Die Fassung von Bollnow und Ritter (21 Bl.) enthält lediglich die im Wortlaut leicht abweichenden Fragen. Vgl. Davoser

Anmerkungen der Herausgeber 379

Disputation zwischen Ernst Cassirer und Martin Heidegger. In: Martin Heidegger: Kant und das Problem der Metaphysik. Frankfurt a. M. 1991 (Martin Heidegger Gesamtausgabe. Abt. I Bd. 3), S. 274-296, hier S. 285 f Weiss u. Märchen überliefern in ihren Aufzeichnungen (siehe S. 108-119 im vorliegenden Bd.) keine näheren Anhaltspunkte.

284 „helles Zimmer"] Vgl. Hrsg.-Anm. 101. 285 „gegen die Dunkelheit" des Heidegger-Stils - c i t i er e n ! S. 112 und

S. 6 7 ! ] Folgende Textpassagen könnten gemeint sein KPM, S. 112 (HGA 3, S. 118f.): Welche abschließende Formulierung gibt Kant diesem „obersten Grundsatz alle synthetischen Urteile"? Er lautet: „Die Bedingungen der Möglichkeit der E rf ahru n g überhaupt sind zugleich die Bedin­gungen der Möglichkeit der Gegenstände der Erfahrung". Der entscheidende Gehalt dieses Satzes liegt nicht so sehr in dem, was Kant im Druck gesperrt hat, sondern in dem „ sind zu g 1 eich" . Denn was heißt dieses „zugleich sein"? Es bringt die Wesenseinheit der vollen Transzen­denz s t ru kt ur zum Ausdruck. Diese liegt darin, daß das sichzuwendende Gegenstehenlassen a 1 s so 1 c h es den Horizont der Gegenständlichkeit überhaupt b i 1 de t. Das im endlichen Erkennen vorgängig und jederzeit notwendige Hinausgehen zu ... ist demnach ein s t ä n d i g es Hin au s s t e -h e n zu .„ (Ekstasis). Aber dieser wesenhafte Hinausstand zu „. b i 1 de t gerade im Stehen undhältsich darin vor: einen Horizont. Die Tran­szendenz ist in sich ekstatisch-horizontal. Diese Gliede­rung der in sich einigen Transzendenz bringt der oberste Grundsatz zum Ausdruck.-Sowie KPM, S. 67 (HGA 3, S. 72): A 11 ein in einem Vermögen des Gegenstehenlassens von „, in der eine reine Korrespondenz allererst bil­denden Zuwendung zu „, kann sich ein hinnehmendes Anschauen vollziehen. Und was ist es, was wir da von uns aus entgegenstehen lassen? Seiendes kann es nicht sein. Wenn aber nicht Seiendes, dann eben ein Nichts. Nur wenn das Gegenstehenlassen von „. ein Si chhineinhal ten in das Nichts ist, kann das Vorstellen anstatt des Nichts und innerhalb seiner ein nicht Nichts, d. h. so etwas wie Seiendes begegnen lassen, f a 11 s solches sich gerade empirisch zeigt. Allerdings ist dieses Nichts nicht das nihil absolutum. Welche Bewandtnis es mit diesem Gegenstehenlassen von „. hat, gilt es erörtern. An der entsprechenden Stelle seiner späteren Rezension zitiert Cassirer diese Textpassagen Heideggers jedoch nicht, vgl. Cassirer: Kant und das Problem der Metaphysik. Bemerkungen zu Martin Heideggers Kant-Interpretation. In: Kant-Studien 36 (1931 ), S. 24 (ECW 17, S. 247).

286 die Platonische Höhle ... an Hals und Schenkeln gefesselt- die Schatten] Vgl. die Beschreibung der Lage der Gefangenen in Platons Höhlengleichnis (Politeia 514a-521b).

287 zum fruchtbaren Bat h o s der Erfahrung] Vgl. Hrsg. -Anm. 100. 288 die ,noumenale' Welt] Vgl. Hrsg.-Anm. 160. 28' schweben wir frei auf den Flügeln der Idee] Vgl. Hrsg.-Anm. 282. 290 >capere infinite<] Über das Problem für einen endlichen Verstand, das

Unendliche zu erfassen, siehe Descartes: Responsio Authoris ad primas Objectiones. In: Oeuvres Bd. 7: Meditationes de Prima Philosophia, 1904,

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380 Anhang

S. 106f. im Zusammenhang des Beweises vom Daseins Gottes: Primo itaque, non desumpsi meum argumentum ex eo quod viderem in sensibilius esse ordinem sive sucessionem quandam causarum efficientium; turn qiua Deum existere multo evidentius esse putavi, quam ullas res sensibiles; turn etiam quia per istam causarum successionem non videbar alio posse devenire, quam ad imperfectionem mei intellectus agnoscendam, quod nempe non possim comprehendere quomodo infinita: tales causa: sibi mutuo ab a:terno ita successerint, ut nulla fuerit prima. Nam certe, ex eo quod istud non possim comprehendere, non sequitur aliquam primam esse debere, ut neque ex eo quod non possim etiam comprehendere infinitas divitiones in quantitate finita, sequitur aliquam dari ultimam, ita ut ulterius dividi non possit; sed tantum sequitur intellectum meum, qui est finitus, non capere infinitum. Itaque malui uti pro fundamento mea: rationis existentia meiipsius, qua: a nullä causarum serie dependet, mihique tarn nota est ut nihil notius esse possit; & de me non tarn qua:sivi a qua causa olim essem productus, quam a qua tempore pra:senti conserver, ut ita me ab omni causarum successione liberarem. In der ÜbersetzungvonArtur Buchenau: Erstens habe ich nicht meinen Beweis aus der sichtbaren Ordnung der Sinnenwelt oder aus einer Aufeinanderfolge von wirkenden Ursachen geführt, und zwar einmal, weil ich das Dasein Gottes für viel evidenter hielt als das von irgendwelchen sinnlichen Dingen, und dann auch, weil es mir schien, daß ich durch jene Aufeinanderfolge von Ursachen höchstens zu der Erkenntnis von der Unvoll­kommenheit meines Verstandes gelangen könnte, denn ich könnte ja nicht begreifen, wie unendlich viele solcher Ursachen einander von Ewigkeit her in der Weise gefolgt sind, daß keine die erste gewesen ist. Denn daraus, daß ich das nicht begreifen kann, folgt ganz gewiß nicht, daß irgendeine die erste sein muß, ebensowenig wie daraus, daß ich die unendlichen Teilungen in der endlichen Quantität nicht begreifen kann, folgt, daß es irgendeine letzte Teilung gibt derart, daß man nicht weiter teilen könnte; sondern es folgt nur, daß mein Verstand, der endlich ist, das Unendliche nicht faßt. Daher wollte ich zum Ausgangspunkt meines Beweisgangs lieber das Dasein meiner selbst machen, das von keiner Kette von Ursachen abhängt und mir so bekannt ist, daß nichts bekannter sein könnte; und an mir habe ich weniger untersucht, aus welcher Ursache ich ehemals hervorgegangen war, als vielmehr, aus welcher Ursache ich im gegenwärtigen Zeitpunkt erhalten werde, um mich so von jeglicher Aufeinanderfolge von Ursachen zu befreien. (Descartes: Antwort des Verfassers auf die ersten Einwände. Inders.: Meditationen über die Grundlagen der Philosophie mit den sämtlichen Einwänden und Erwiderungen. Zum erstenmal vollständig übers. u. hrsg. v. Artur Buchenau, 4. Aufl., 1915, S. 96.)

291 Vgl. HGA 3, S. 140. 292 wir begreifen zwar nicht, aber doch ... Beide brauchen wir nicht-etc.]

Vgl. Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (2. Aufl. 1786). In: Werke Bd. 4, 1913, S. 323 f.: Es ist also kein Tadel für unsere Deduktion des obersten Prinzips der Moralität, sondern ein Vorwurf, den man der menschlichen Vernunft überhaupt machen müßte, daß sie ein unbedingtes praktisches

Anmerkungen der Herausgeber 381

Gesetz, (dergleichen der kategorische Imperativ sein muß), seiner absoluten N othwendigkeit nach nicht begreiflich machen kann; denn, daß sie dieses nicht durch eine Bedingung, nämlich vermittelst irgendeines zum Grunde gelegten Interesse, tun will, kann ihr nicht verdacht werden, weil es als­dann kein moralisches, d. i. oberstes Gesetz der Freiheit sein würde. Und so begreifen wir zwar nicht die praktische unbedingte Notwendigkeit des moralischen Imperativs, wir begreifen aber doch seine U n begreif 1 ich­k e i t, welches alles ist, was billigermaßen von einer Philosophie, die bis zur Grenze der menschlichen Vernunft in Prinzipien strebt, gefodert werden kann (vgl. AA Bd. 4, S. 463).

293 HGA 3, S. 155. 294 (phaenomenale) Dingwelt „. Welt des reinen Nournenon] Vgl. Hrsg.-

Anm. !GO. 2

" HGA 3, S. 154: 296 HGA 3, S. 155. 297 Der >Idee< entspricht kein Schema ... Idee als >focus imaginarius<.) Vgl.

K.rV B 672. 298 Du sollst Dir kein Bildnis machen.] Vgl. 2. Mose 20, 4. 299 noch mehr gilt dies von der praktischen Vernunft „. cf. Kants Leben

und Lehre] Vgl. Cassirer: Kants Leben und Lehre, 1918 (Werke Bd. 11, Ergänzungsband), S. 277f.: So ist es erlaubt, die Natur der Sinnenwelt als Typus einer intelligiblen Natur zu brauchen, »solange ich nur nicht die Anschauungen, und was davon abhängig ist, auf diese übertrage, sondern bloß die Form der Gesetzmäßigkeit üb er hau p t darauf beziehe« [Kritik der praktischen Vernunft, Von der Typik der reAnen praktischen Vernunft ([Werke Bd.] V, [S.] 78)]. Geschieht aber diese Ubertragung, las­sen wir die Grenzen des Sinnlichen und des Übersinnlichen unmerklich ineinander überfließen - so ergibt sich mit innerer Notwendigkeit wieder jene Form der Mystik, die Kant seit den »Träumen eines Geistersehers« unablässig bekämpft hatte. Indem das Sollen in ein Bild verwandelt wird, verliert es seine produktive, seine »regulative« Kraft. Wir gelangen auf die­sem Wege zum »Mystizism der praktischen Vernunft«, welcher das, was nurzum Symbol diente, zum Schema macht, d.i.wirklicheund doch nicht sinnliche Anschauungen (eines unsichtbaren Reiches Gottes) der Anwendung der moralischen Begriffe unterlegt und ins überschwengliche hinausschweift. Und es ist hierbei wichtig und methodisch bezeichnend, daß zu solcher mystischen Schwärmerei nicht etwa die reine Aprioritätslehre, sondern umgekehrt die rein empiristische Begründung der Ethik, die Auf­fassung der Moral als Glückseligkeitslehre, am ehesten verführt. Weil diese Ansicht keine andern als sinnliche Motive kennt, darum kann sie auch in allem scheinbaren Überschwang über die Erfahrung und in aller Ausmalung eines »Jenseits« der Sinne über sinnliche Beschreibungen niemals wahrhaft hinauskommen. Sofern praktische Vernunft als pathologisch bedingt, d. i. das Interesse der Neigungen unter dem sinnlichen Prinzip der Glückse­ligkeit bloß verwaltend, zum Grunde gelegt würde, so würden Mahomets Paradies oder der Theosophen und Mystiker schmelzende Vereinigung mit

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382 Anhang

der Gottheit, so wie jedem sein Sinn steht, der Vernunft ihre Ungeheuer aufdrängen; und es wäre alsdann ebenso gut, gar keine zu haben, als sie auf solche Weise allen Träumereien preiszugeben [Kritik der praktischen Vernunft, Von dem Primat der reinen praktischen Vernunft, [Werke Bd.] V, [S.] 131]. Und man befürchte nicht etwa, daß, wenn wir auf solche sinn­liche Stützen und Hülfen verzichten, der reine ethische Imperativ abstrakt und formell und somit unwirksam bleiben könnte. »Es ist eine ganz irrige Besorgnis,« so betont die »Kritik der Urteilskraft« -und in Worten dieser Art besitzt man den ganzen Kant - »daß, wenn man sie [die Moralität] alles dessen beraubt, was sie den Sinnen empfehlen kann, sie alsdann keine andere als kalte leblose Billigung und keine bewegende Kraft oder Rührung bei sich führen würde. Es ist gerade umgekehrt, denn da, wo nun die Sinne nichts mehr vor sich sehen, und die unverkennliche und unauslöschliche Idee der Sittlichkeit dennoch übrig bleibt, würde es eher nötig sein, den Schwung einer unbegrenzten Einbildungskraft zu mäßigen, um ihn nicht bis zum Enthusiasm steigen zu lassen, als, aus Furcht vor Kraftlosigkeit dieser Ideen, für sie in Bildern und kindischem Apparat Hilfe zu suchen ... Die reine„seelenerhebende, bloß negative Darstellung der Sittlichkeit bringt „. keine Gefahr der Schwärmerei, welche ein Wahn ist, über a 11 e Grenze der Sinnlichkeit hinaus etwas sehen, d. i. nach Grundsätzen träumen (mit Vernunft rasen) zu wollen; eben darum, weil die Darstel­lung bei jener bloß negativ ist. Denn die Une rfo r s chli chkei t der Idee der Freiheit schneidet aller positiven Darstellung gänzlich den Weg ab: das moralische Gesetz aber ist an sich selbst in uns hinreichend und ursprünglich bestimmend, so daß es nicht einmal erlaubt, uns nach einem Bestimmungsgrunde außer demselben umzusehen« [Kritik der Urteilskraft, Analytik des Erhabenen,§ 29, [Werke Bd.] V, [S.] 347]./So endet auch hier die Lehre Kants in einem »Unerforschlichen«; aber es ist dennoch ein ganz anderes Verhältnis als dasjenige, das uns innerhalb der Kritik der bloßen theoretischen Vernunft entgegentrat.

300 ,uns Menschen wenigstens'] Vgl. Kr VB 33. 301 siehe das Wort aus den Fortschritten der Metaphysik 163,] Vgl. KPM,

S. 163 (HGA 3, S. 172). Heidegger zitiert Kant: Preisschrift über die Fort­schritte der Metaphysik seit Leibniz und Wolff. In: Werke Bd. 8, 1922, S. 312: Die obige Aufgabe läßt sich nicht anders auflösen, als so: daß wir sie vorher in Beziehung auf die Vermögen des Menschen, dadurch er der Erweiterung seiner Erkenntnis a priori fähig ist, betrachten, und welche dasselbe in ihm ausmachen, was man spezifisch seine reine Vernunft nennen kann. Denn, wenn unter einer reinen Vernunft eines Wesens über­haupt das Vermögen, unabhängig von Erfahrung, mithin von Sinnesvor­stellungen Dinge zu erkennen, verstanden wird, so wird dadurch gar nicht bestimmt, auf welche Art überhaupt in ihm (z.B. in Gott oder einem andern höhern Geiste) dergleichen Erkenntnis möglich sei, und die Aufgabe ist alsdenn unbestimmt. Was dagegen den Menschen betrifft, so besteht ein jedes Erkenntnis desselben aus Begriff und Anschauung (vgl. AA Bd. 20, s. 324).

Anmerkungen der Herausgeber 383

302 allen Freiheit, für alle Vernunftwesen überhaupt (cf. Cohen, Kants Begründung der Ethik).] Vgl. Cohen: Kants Begründung der Ethik, 2„ verb. u. erw. Aufl. 1910, S. 160f.: Anderseits aber soll die Aufstellung der besonderen Art einer ethischen Realität gerade zur Anwendung auf die Menschheit, und damit zu einer Erhöhung des Menschenbegriffs führen. Denn wenn die regulative Bedeutung des Noumenon für den Menschen in Kraft tritt; wenn die noumenale Erweiterung der Kausalität, welche in der Freiheitsidee eine ethische Realität gründet, sich bewähren kann in Beziehung auf den praktischen Vernunftgebrauch, in Beziehung auf ein Wollen, welches, ohne abstrahiert zu sein vom empirischen Wollen, anwendbar wird und werden muss auf das Wollen des Menschen, als eines vernünftigen Wesens, - so ist damit eben der Begriff des Menschen zu dem des vernünftigen Wesens erhöht; die Tierheit in ihm ist eliminiert: die Freiheit ist zu seinem Gattungscharakter geworden.

3o3 HGA 3, S. 148ff. Vgl. Hrsg.-Anm. 275-277. 304 cf. hierzu Cohen, Kants Begründung der Ethik.] Vgl. Cohen: Kants

Begründung der Ethik, 2„ verb. u. erw. Aufl. 1910, S. 323 f. 305 HGA 3, S. 49. 306 HGA 3, S. 77. 307 HGA 3, S. 81. 308 „Das reine Bild aller Gegenstände der Sinne überhaupt ist die Zeit. "

(97)] Vgl. KrV A 142,zitiertin KPM,S. 97(HGA3,S.103). 30

' HGA 3, S. 106ff. 310 HGA 3, S. 172. 311 HGA 3, S. 173ff. 31

' HGA 3, S. 175. 313 innerer Zeitcharakter der transzendentalen Einbildungskraft 167] Vgl.

KPM, S. 167 (HGA 3, S. 175 f.): Die transzendentale Einbildungskraft viel­mehr läßt die Zeit als J etztfolge entspringen und ist deshalb - a 1 s dies e en ts pringenl as sende - die ursprü n gli ehe Zeit.

314 KPM, S. 169 (HGA 3, S. 178). "' HGA 3, S. 180. 316 Rekognition= Zukunft (175)] Vgl. KPM, S. 175 (HGA 3, S. 183 f.): Wenn

nun aber die Zeit das dreifach - einige Ganze von Gegenwart, Gewesen:heit und Zukunft ist, Kant aber den beiden jetzt als zeitbildend nachgewie­senen Modi der Synthesis einen dritten Modus anfügt, wenn überdies a 11 es Vorstellen, somit auch das Denken, der Zeit unterworfen sein soll, dann muß dieser dritte Modus der Synthesis die Zukunft „bilden". [ ... ] Die Synthesis der reinen Rekongnition soll das dritte Element der reinen Erkenntnis, das reine Denken konstituieren. Was hat aber Re k o g n i t i o n mit der Zukunft zu schaffen?

317 das ad öv ist nicht= in alle Zukunft Seiendes!] Zum stets Seienden siehe Platon: Symposion 211 B; zum sachlichen Zusammenhang vgl. Hrsg.­Anm. 259, 278 u. 337.

318 HGA 3, S. 186. 319 HGA 3, S. 187.

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384

320 HGA3,S.189f. 321 HGA3,S.189. "

2 HGA 3, S. 191. 323 HGA 3, S. 107. 324 HGA 3, S. 196.

Anhang

325 Daten nach den Stundenplänen in [Gottfried Salomon/Celestin Bougie (Hrsg.):] Davoser Hochschulkurse. 17. März bis 6. April. Les Ilmes Cours Universitaires de Davos du 17 Mars au 6 Avril 1929. Davos: Heintz, Neu & Zahn [1929], S. 90-95.

326 Arbeitsgemeinschaft!Cassirer- Heidegger] Vgl. die Aufzeichnungen von M örchen und Weiss mit der ausführlicheren Fassung, die auf eine überarbei­tete Nachschrift von Otto Friedrich Bollnow und Joachim Ritter zurückgeht: Davos er Disputation zwischen Ernst Cassirer und Martin Heidegger. In: HGA 3, S. 274-296. Diese bzw. eine leicht gekürzte Fassung wurde an die Teilnehmer der Davoser Hochschulkurse verteilt (abgedruckt bei Schnee­berger, vgl. Hrsg.-Anm. 283).

327 Stein] In den Aufzeichnungen von Weiss Dr. Stein; nicht ermittelt. In der Bollnow!Ritterschen oder der bei Schneeberger abgedruckten Fassung der hektographisch verbreiteten Nachschrift (siehe Hrsg.-Anm. 283) sind die Fragen Steins und die Antworten Heideggers nicht überliefert.

328 Kant als Metaphysiker Gemeinplatz. Aber selbst Heimsoeth und Max Wundt (rein historisch gearbeitet) sehen nur metaphysische Einflüsse Kants als „daneben".] Womöglich ein Verweis auf das Kapitel über Kant in Heinz Heimsoeth: Metaphysik der Neuzeit. In: Handbuch der Philosophie. Hrsg. v. Alfred Baeumler u. Manfred Schröter. Abt. 1. Die Grunddisziplinen. F. München u. Berlin 1927 [1929 auch separat erschienen J sowie auf Max Wundt: Kant als Metaphysiker. Ein Beitrag zur Geschichte der deutschen Philosophie im 18.Jahrhundert. Stuttgart 1924.

329 Vorrede zur 1. Auflage: „Ich kenne keine Untersuchungen, ... "] Vgl. die Aufzeichnungen von Weiss. Verwiesen wird auf Kr VA XVI: Ich kenne keine Untersuchungen, die zu Ergründung des Vermögens, welches wir Verstand nennen, und zugleich zu Bestimmung der Regeln und Grenzen seines Gebrauchs, wichtiger wären, als die, welche ich in dem zweiten Haupt­stücke der transzendentalen Analytik, unter dem Titel der Deduktion der reinen Verstandesbegriffe, angestellt habe; auch haben sie mir die meiste, aber, wie ich hoffe, nicht unvergoltene Mühe gekostet. Diese Betrachtung, die etwas tief angelegt ist, hat aber zwei Seiten. Die eine bezieht sich auf die Gegenstände des reinen Verstandes, und soll die objektive Gül­tigkeit seiner Begriffe a priori dartun und begreiflich machen; eben darum ist sie auch wesentlich zu meinen Zwecken gehörig. "° Synthesis speciosa.J Figürliche bzw. produktive Synthesis der Einbil­

dungskraft, vgl KrV B 151 f. Vgl. die Aufzeichnungen von Weiss. 331 „Wie ist Freiheit möglich?~ „Wir können sie nicht begreifen, begreifen

nur ihre Unbegreiflichkeit."] Vgl. Hrsg.-Anm. 292. 332 Vgl. Heidegger: Sein und Zeit, 1927, § 44 c), S. 227.

_i

Anmerkungen der Herausgeber 385

333 ·Vgl. Kr VB 873: Alle reine Erkenntnis a priori macht also vermöge des besonderen Erkenntnisvermögens, darin es allein seinen Sitz haben kann, eine besondere Einheit aus, und Metaphysik ist diejenige Philosophie, wel­che jene Erkenntnis in dieser systematischen Einheit darstellen soll. Der spekulative Teil derselben, der sich diesen Namen vorzüglich zugeeignet hat, nämlich die, welche wir Metaphysik der Natur nennen, und alles, so fern es ist (nicht das, was sein soll), aus Begriffen a priori erwägt, wird nun auf folgende Art eingeteilt.

334 Vgl. Kant: Preisschrift über die Fortschritte der Metaphysik seit Leibniz und Wolff. In: Werke Bd. 8, 1922, S. 238 f. bezüglich der Ontologie: In ihr ist seit Ar ist o t e 1 es' Zeiten nicht viel Fortschreitens gewesen. Denn sie ist, so wie eine Grammatik die Auflösung einer Sprachform in ihre Ele­mentarregeln, oder die Logik eine solche von der Denkform ist, eine Auf­lösung der Erkenntnis in die Begriffe, die a priori im Verstand liegen, und in der Erfahrung ihren Gebrauch haben; - ein System, dessen mühsamer Bearbeitung man gar wohl überhoben sein kann, wenn man nur die Regeln des richtigen Gebrauchs dieser Begriffe und Grundsätze zum Behuf der Erfahrungserkenntnis beabsichtigt, weil die Erfahrung ihn immer bestätigt oder berichtigt, welches nicht geschieht, wenn man vom Sinnlichen zum übersinnlichen fortzuschreiten vorhabens ist, zu welcher Absicht dann freilich die Ausmessung des Verstandesvermögens und seiner Prinzipien mit Ausführlichkeit und Sorgfalt geschehen muß, um zu wissen, von wo an die Vernunft, und mit welchem Stecken und Stabe sie von den Erfahrungs­gegenständen zu denen, die es nicht sind, ihren Überschritt wagen könne (vgl. AA Bd. 20, S. 260).

335 Kant bezeichnet in der Anthropologie ... Gottes intuitus originarius.] Vgl. Kant: Anthropologie in pragmatischer Hinsicht. In: Werke Bd. 8, 1922, S. 54 (§ 28): Die Einbildungskraft ( f a c u 1 t a s im a g inan d i), als ein Vermögen der Anschauungen auch ohne Gegenwart des Gegenstandes, ist entweder produktiv, d.i. ein Vermögen der ursprünglichen Darstellung des letzteren ( ex h i b i t i o o r i g in a r i a), welche also vor der Erfahrung vorhergeht; oder reproduktiv, der abgeleiteten ( exhi bi tio deriva tiva), welche eine vor­her gehabte empirische Anschauung ins Gemüt zurückbringt (vgl. AA Bd. 7, S.167). Zur ursprünglichen Anschauungsart (intuitus originarius) vgl KrV B 72.

336 Vernunft des Menschen „Selbsthalterin"] Als Kant-Zitat nicht nachge­wiesen. Kant äußert sich in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten zum mißlichen Standpunkt der Philosophie als Selbsthalterin ihrer Gesetze, vgl. Kant: Grundlegung zur Metaphysik der Sitten (2. Aufl. 1786). In: Werke Bd. 4, 1913, S. 184 (vgl. AA Bd. 4, S. 425).

337 aei öv, w n ~v dvm, oucria] Zum stets Seienden (aei öv) vgl. Platon: Symposion 211 B. Zu oucrict (Wesen) und dem in der Philosophiegeschichte umstrittenen Passus TO n ~v elvat vgl. Aristoteles: Metaphysik V, 1017b 21-25. Vgl. Cohen: Logik der reinen Erkenntnis, 2. Aufl., 1914, S. 30f.: Vielleicht läßt sich nun von hier aus das Rätselwort einigermaßen klären, mit dem Ar ist o t e 1 es den Grund des Seins bezeichnet. Das unüber­setzbare Wort w n ~v dvm bezieht sich vielleicht auf das Fragewort des

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386 Anhang

Sokratischen Begriffs; nur wird aus dem „Was ist" bei ihm „Was war"; und auf dieses Fragewort „Was war?" wird das Sein nunmehr begründet. [ ... ]Was war? Die Frage bedeutet: der Grund des Seins muß jenseits seiner Gegenwart gelegt werden. Es genügt nicht, das Sein durch das wahrhafte Sein, das seiend Seiende zu bestimmen; ein Vor - S ein wird gesucht, und in ihm das Sein gegründet und gesichert. Vgl. die Aufzeich­nungen von Mörchen.

338 Abends:] Vgl. die zeitgenössischen Berichte über den zeitlichen Ablauf der Veranstaltung: Hermann Herrigel: Denken dieser Zeit. Fakultäten und Nationen treffen sich in Davos [Teil 1]. In: Frankfurter Zeitung, Nr. 297 vom 22.4.1929,Abendblatt, Beilage: Für Hochschule und Jugend, S. 4: Das wichtigste wissenschaftliche Ereignis der Davoser Hochschulkurse war die Auseinandersetzungvon Cassirer und Heidegger. [ ... ]NachAbschluß der Vorträge wurde die Auseinandersetzung in einem großen öffentlichen Z wiege s prä c h fortgesetzt, das zuerst zwei Vormittagsstunden dauerte und am Abend zu Ende geführt wurde. Mit etwas zeitlichem Abstand berich­tet ähnlich, aber unter irrtümlichem Datum Eduard Wechssler: Die Davoser Hochschulvorträge (vom 17. März bis 6. April 1929) und das Problem der Generation in der Geistesgeschichte. In: Zeitschrift für französischen und englischen Unterricht 28 (1929), S. 436 von den Höhepunkten: Das war einmal am 25. [!] März, vormittags und abends, die Auseinandersetzung zwischen Ernst Cassirer (Hamburg)undMartin Heidegger (Frei­burg)[ ... ].

339 Vgl. das Programm der II. Davoser Hochschulkurse in [Gottfried Salo­mon/Celestin Bougie (Hrsg.):] Davoser Hochschulkurse. 17. März bis 6. April. Les Ilmes Cours Universitaires de Davos du 17 Mars au 6 Avril 1929, [1929], S. 93: Mittwoch, 27. März 1929, Vormittag: 1015-11/E. C ass i rer/ Der Gegensatz von Geist und Leben in Schelers Philosophie. "° Für den hier wiedergegebenen wesentlichen Gehalt von Cassirers zuerst

am 3.10.1928 in Frankfurt a. M. gehaltenen und in Davos wiederholten Vor­trag vgl. Cassirers späteren Aufsatz „ Geist" und „Leben" in der Philosophie der Gegenwart. In: Die Neue Rundschau. 41. Jahrgang der freien Bühne (1930), S. 244-264 (abgedruckt in ECW 17); so aber erst der redaktionelle Titel des Beitrags, der ursprünglich lautete: Die Po 1 a r i t ä t von " G eist" und "Leben" in Max Schelers philosophischer Anthro­p ol o gi e (Ernst Cassirer Papers, Gen Mss 98, Box 40, folder 784, BI. lr, dort auch die redaktionellen Änderungen).

341 erste Begegnung mit FranzRosenzweigimJahre 1917 ... Franz Rosen­zweig hatte im Winter 1913/14 bei Cohen gehört.-] In seinen Erinnerungen an Hermann Cohen berichtet Franz Rosenzweig, daß er im November 1913 die erste Vorlesung bei Cohen an der Lehranstalt für die Wissenschaft des Judentums in Berlin gehört habe, vgl. Rosenzweig: Der Dozent. Eine per­sönliche Erinnerung. In: Neue jüdische Monatshefte 2 (1918), Heft 15/16 (Sonderheft Hermann Cohen) vom 10./25.5.1918, S. 376-378.

342 Vom Felde aus ... veröffentlichte.] Vgl. Franz Rosenzweig: Zeit ists ... Ps. 119, 126. Gedanken über das jüdische Bildungsproblem des Augenblicks.

Anmerkungen der Herausgeber 387

An Hermann Cohen. Von Franz Rosenzweig, im Felde. In: Neue Jüdi­sche Monatshefte2 (1917), Heft 6, 25. 12.1917, S. 133-135; dass. separat: Zeit ists ... [!] Ps. 119, 126. Gedanken über das jüdische Bildungsproblem des Augenblicks. An Hermann Cohen, 1918. Vgl. den Nachruf auf Franz Rosenzweig von Martin Buher in Kant-Studien 35 (1930), S. 517-522, hier S. 522: Vom Felde aus richtete er an Cohen einen unter dem Titel „Zeit ists. Gedanken über das jüdische Bildungsproblem des Augenblicks" 1917 veröf­fentlichten Brief, der die Anregung zur späteren Gründung der „Akademie für die Wissenschaft des Judentums" gab.

343 Die Logik als Logik der reinen Erkenntnis und demgemäß als Logik des Ursprungs] Vgl. Cohen: Logik der reinen Erkenntnis, 2., verb. Aufl., 1914, S. 36.

344 Kantische Copernikanische Wendung] Vgl. KrV B XVI. 34; „Alle reinen Erkenntnisse ... reinen Wert."] Cohen: Logik der reinen

Erkenntnis. 2„ verb. Aufl., 1914, S. 36. 346 der Verstand ist der „Urheber der Natur"] Vgl. Kp V, 1. Teil, 2. Buch,

2. Hauptstück, V: Also ist die oberste Ursache der Natur, so fern sie zum höchsten Gute vorausgesetzt werden muß, ein Wesen, das durch Verstand und Willen die Ursache (folglich der Urheber) der Naturist, d.i. Gott.

347 in seinen Grundlegungen, in seiner uno0foeti;,] Zur Hypothesis, verstan­den im Anschluß an Platon als Grundlegung und in diesem Sinne ein Begriff der Philosophie Cohens, vgl. ausführlich Cohen: Einleitung mit kritischem Nachtrag zur neunten Auflage der Geschichte des Materialismus von Fried­rich Albert Lange, 3., erw. Aufl. 1914, S. 17f.: Der Grundsatz ist vielmehr nur dadurch Grundlage, daß er in einer Grundlegung und kraft derselben vollzogen wird.[.„] So wird das reine Denken das legitime Mittel zur Erzeugung der Idee. Die Idee selbst ist daher in ihrem tiefsten Grunde nichts Anderes als Grundlegung. Vgl dort auch S. 25 f sowie ders.: Logik der reinen Erkenntnis, 2., verb. Aufl., 1914, S. 94. Für weitere Belege siehe Hrsg.-Anm. 352.

348 •Natur< aber ist nach Kant ... bestimmt ist.] Vgl. Kant: Prolegomena zu einer jeden künftigen Metaphysik. In: Werke Bd. 4, § 14, S. 44 (vgl. AA Bd. 4, S. 294).

349 Ethik des reinen Willens.] Vgl. Cohen: Ethik des reinen Wil­lens, 1904.

;;o Schiller ... das Kantische „Bestimme Dich aus Dir selbst."] Vgl. Schiller an Christian Gottfried Körner, 18. Februar 1793. In: Schillers Briefwechsel mit Körner, hrsg. v. Karl Goedeke, 2. Theil, 2., verm. Aufl. 1878, S. 19: Es ist gewiß von einem sterblichen Menschen kein größeres Wort noch gesprochen worden, als dieses Kantsche, was zugleich der Inhalt seiner ganzen Philoso­phie ist: Bestimme Dich aus Dir selbst[ ... ].

m Schiller: Die Worte des Wahns. In: Sämtliche Werke Bd. 1, S. 165. 352 Auch das Sittliche ist Grundlegung, H ypothes is „. to acnpu.Mi; TI'is

un:o8foews (Platon)] Bei Platon: Phaidon 101d heißt es: toii aa<pa/..oii<; ti'j<; un:o0foewi; (sichere Vorraussetzung, gesicherte Grundlage). Hier jedoch zitiert nach Cohen: Kants Theorie der Erfahrung, 3. Aufl., 1918, S. 22 f.:

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388 Anhang

Mit einem der von ihm [Platon] für die Geometrie erfundenen analytischen Methode entlehnten Nainen hat er die Idee selbst als Grundlage, vielmehr als Grundlegung (i:nt69ecr~) bezeichnet.[ ... ] Der Grieche mochte nach seiner Art fragen: In welchen "ungeschriebenen Gesetzen" werden diese Ideen verbürgt? Auf solche Frage, welche schon die Alten ärgerte - den Menschen sehe ich, die Menschheit nicht - verantwortet sich die Idee, als Hypothesis: als die „Sicherheit der H ypothesis" ( acrrpa.1a<; tfj<; uiro9fosro.;). Nicht eine etwaige Vermutung ist die Idee, sondern solche Grundlage, welche als Grundlegung eine methodische Basis sichert, und wie in der Geometrie, zu Ergebnissen führt, die von der Voraussetzung geprüft worden, die daher nichtsdestoweniger in der H ypothesis allein gesichert sind.

353 Myov cStMvm] Rechenschaft ablegen, als logische Rechtfertigung der Argumente bzw. der Voraussetzungen, von denen das Denken ausgeht, vgl. Platon: Politeia, 510c 8f.

354 der Protestantismus, in dem Hegel das reine Freiheitsprinzip verkörpert fand,] VgL Hegel: Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte, Sämtli­che Werke Bd. 11, S. 524: Dies ist der wesentliche Inhalt der Reformation; der Mensch ist durch sich selbst bestimmt frei zu seyn. Sowie ders.: Encyclopädie der philosophischen Wissenschaften im Grundrisse, hrsg. v. Georg Lasson, 1905, S. 473: So wird zuletzt das Prinzip des religiösen und des sittlichen Gewissens ein und dasselbe in dem protestantischen Gewissen, -der freie Geist in seiner Vernünftigkeit und Wahrheit sich wissend.

355 Schleiermacher ... erklärt die Religion aus dem Gefühl der „ s c h 1 echt -hi nig en A bh än gi g kei t" .] Vgl. Schleiermacher: Der christliche Glaube nach den Grundsäzen [!] der evangelischen Kirche im Zusammenhange darge­stellt, Bd. 1, 1821, S. 33: Das gemeinsame aller frommen Erregungen, also das Wesen der Frömmigkeit ist dieses, daß wir uns unsrer selbst als schlechthin abhängig bewußt sind, das heißt, daß wir uns abhängig fühlen von Gott.

356 einzelne Führer der protestantischen Theologie gehörten zu seinen nächsten Freunden, insbesondere Wilhelm Herrmann in Marburg.] Wil­helm Herrmann (1846-1922), war von 1879-1917 ordentlicher Professor für systematische Theologie in Marburg (WBIS; PersMarburg). Herrmann war einer der hauptsächlichsten Diskussionspartner Cohens, was sich bei beiden auch literarisch niederschlug, vgl. z.B. Cohen in seiner Vorrede zur 2. Aufl. der Ethik des reinen Willens, 1907, S. XIII: Herzlichen Dank möchte ich auch W i 1he1 m Herrmann aussprechen dürfen, der, in philosophischer Gesin­nung beharrend, für den ethischen Lebensgrund des Protestantismus eintritt. Bei aller Schärfe der Differenz, die er nicht verschweigt, noch abstumpft, hat er es doch für seine Aufgabe gehalten, in der „Christlichen Welt" (Nr. 3. vom 17. Januar 1907 und Nr. 10 vom 7. März 1907) dieser Ethik eingehende Würdigung zu widmen.

357 Auf dem Weltkongress für freies Christentum und religiösen Fort­schritt ... bedeutsamsten Kundgebungen.] Vgl. Cohen: Die Bedeutung des Judentums für den religiösen Fortschritt. In: Fünfter Weltkongress für freies Christentum und religiösen Fortschritt. Berlin 5. bis 10. August 1910. Pro­tokoll der Verhandlungen, 1910, S. 563-577. Auch separat erschienen u. d. T.

Anmerkungen der Herausgeber 389

Die Bedeutung des Judentums für den religiösen Fortschritt der Menschheit, 1910; unter diesem Titel auch in Jüdische Schriften I, S. 18-35.

358 In seiner „Charakteristik der Ethik Maimunis" hat er Maimonides ein schönes Denkmal gesetzt.] Vgl. Cohen: Charakteristik der Ethik Maimunis. In: Moses ben Maimon. Sein Leben, seine Werke und sein Einfluss Bd. 1, 1908, S. 63-134. 1908 auch separat erschienen; außerdem in Jüdische Schriften III, S. 221-289.

359 Bachja ibn Pakudas Buch ... daß man der Pflege der Vernunft nicht bedürfe."] Vgl. Cohen: Innere Beziehungen der Kantischen Philosophie zum Judentum. In: Jüdische Schriften I, S. 289. Cohen paraphrasiert Bachja ibn Pakuda laut eigenen Angaben nach dem hebräischen Text in „Choboth ha-l'baboth." Lehrbuch der Herzenspflichten. Zur Veredlung der religiösen und sittlichen Denk- und Handlungsweise. Von Rabbi Bechaiji Ben Josef. Mit einer, nachJehuda Ebn Tibbons ebräischer Uebertragung des arabischen Originals, wortgetreuen neuen deutschen Uebersetzung, nebst exegetischen Anmerkungen über schwierige Bibel-Citata und einer metrisch-gereimten Uebersetzung der „Mahnrede" von M.E. Stern. 2., verb. Aufl. Wien 1856, s. 389f.

360 „Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums" ... Haupt~ werk genannt] Vgl. Cohen: Religion der Vernunft aus den Quellen des Juden­tums, 2. Aufl., neu durchgearbeitetv. Bruno Strauß, 1929. Die 1. Aufl. erschien 1919 noch unter dem Titel Die Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums. Über die Gründe dieser Änderung u. die Editionsgeschichte siehe Bruno Strauß: Nachwort des Herausgebers. In: Cohen: Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums, 2. Aufl., 1929, S. 625.

361 Goethe: Noten und Abhandlungen zu besserem Verständniß des West­östlichen Divans. Mahmud von Gasna. In: WA Abt. I Bd. 7, S. 42. '" Aus der Idee des Einzigen Gottes ... die Einheit der Menschheit

entdeckt.] Vgl. Cohen: Religion und Sittlichkeit. In: Jüdische Schriften III, s. 126 u. 139f.

'"3 „Ich werde sein, der ich bin; sage etwa der „Ich bin" hat mich zu Euch

gesandt."] Vgl. 2. Mose 3, 14. Bei Cohen: Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums, 2. Aufl., 1929, S. 49f. heißt es: Mose fragt nach dem Namen des Gottes, den er den Israeliten nennen soll, und Gott antwortet: ich bin der Seiende. Ich bin der, der nicht anders benannt werden kann als durch „ich bin". Darin ist schon ausgedrückt, daß kein anderes Sein diese Verbindung des Seins mit sich behaupten darf. Fahren wir fort in dem Texte, der unmittelbar weiter lautet: und Gott sagte: „So sollst du den Israeliten sagen, der ,ich bin' hat mich zu euch gesandt."

364 So begründet alle Religion eine reine W e c h s e 1 bezieh u n g, eine , Kor­relation<, wie Cohen sagt, zwischen Gott und dem Individuum, der sittlichen „Persönlichkeit".] Korrelation zwischen Gott und Mensch ist ein Begriff der Religionsphilosophie Cohens. Neben dem mehrfachen Vorkommen in Die Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums, 1919/Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentilms, 1929 vgl. Cohen: Der Begriff der Religion im System der Philosophie, 1915, S. 32: Gehen wirnunmehr auf den

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LITERATURVERZEICHNIS

Im Manuskript Cassirers nachgewiesene Literaturangaben und Zitate wurden in den entsprechenden Ausgaben ermittelt. Auch die von den Herausgebern hinzugefügten Zitat- und Belegstellenangaben folgen nach Möglichkeit den von Cassirer (hier oder in anderen Schriften) zitierten oder in seiner Privatbibliothek befindlichen Ausgaben. Das Zeichen () weist auf Werke hin, von denen bekannt ist, daß Cassirer sie besessen hat.

Übersetzungen originalsprachlicher Zitationen und Belegstellen sind anhand verläßlicher zweisprachiger oder deutscher Ausgaben hinzuge­fügt, bzw. nachgewiesen und zitiert. Auch hier wurden nach Möglichkeit Cassirer zugängliche Ausgaben herangezogen. Die nur von den Heraus­gebern in Anmerkungen u. Briefkommentaren erwähnten Schriften sind nicht verzeichnet.

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Page 110: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

404 Anhang

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- „Geist" und „Leben" in der Philosophie der Gegenwart. In: Die Neue Rundschau. 41. Jahrgang der freien Bühne (1930), S. 244-264.

- Hermann Cohen, 1842-1918. In: Social Research 10 (1943), S. 219-232. - Individuum und Kosmos in der Philosophie der Renaissance. Mit fol-

g_endem Anhang: Nicolai Cusani liber de mente. Hrsg. v. Joachim Ritter. Ubers. v. Heinz Cassirer. Caroli Bovili liber de sapiente. Hrsg. v. Raymond Klibansky. Leipzig u. Berlin 1927 (Studien der Bibliothek Warburg. Hrsg. v. F. Sax!. Bd. 10).

- Kants Leben und Lehre. Berlin 1918 (Immanuel Kants Werke. In Gemein­schaft mit Hermann Cohen, Artur Buchenau, Otto Buek, Albert Görland, B. Kellermann, 0. Schöndörfer hrsg. v. Ernst Cassirer. Bd. 11. Ergän­zungsband).

- Kant und das Problem der Metaphysik. Bemerkungen zu Martin Hcideg­gers Kant-Interpretation. In: Kant-Studien 36 (1931), S. 1-26.

- Leibniz' System in seinen wissenschaftlichen Grundlagen. Marburg 1902. - Neo-Kantianism. In: The Encyclopa:dia Britannica. A New Survey of

Universal Knowledge. Vol. 16. Mushroom to Ozonides. 14. Aufl. London/ NewYork 1929,S.215-216.

Cicero, Marcus Tullius: <> Opera quae supersunt omnia ac deperditorum fragmenta recognovit et singulis libris ad optimam quamque recensionem castigatis cum varietate Lambiniana MD LXVI, Graevio-Garatoniana, Ernestiana, Beckiana, Schuetziana, ac praestantissimarum cuiusque libri editionum integra, reliquae vero accurato delectu brevique adnota­tione critica. Ed. lo. Casp. Orellius. Vol. IV, Pars 1. Turici [Zürich] 1828 (Opera IV).

- Academicorum Posteriorum liber primus ad M. Terentium Varronem. In: Opera IV, S. 61-75.

- Tusculanarum Disputationum libri quinque. In: Opera IV, S. 222-391. Cohen, Hermann: <> Hermann Cohens Jüdische Schriften. Mit einer Ein­

leitung v. Franz Rosenzweig hrsg. v. Bruno Strauß. 3 Bde. Berlin 1924 (Veröffentlichungen der Akademie für die Wissenschaft des Judentums).

- Charakteristik der Ethik Maimunis. In: Moses ben Maimon. Sein Leben, seine Werke und sein Einfluss. Zur Erinnerung an den siebenhunderts­ten Todestag des Maimonides. Hrsg. v. d. Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums durch Wilhelm Bacher, Marcus Brann, David Simonsen unter Mitwirkung v. Jakob Guttmann. Bd. 1. Leipzig 1908, S. 63-134. Dass. separat Leipzig 1908.

- Charakteristik der Ethik Maimunis. In: Jüdische Schriften III, S. 221-289. - <> Der Begriff der Religion im System der Philosophie. Gießen 1915

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1. Teil). - Logik der reinen Erkenntnis. 2., verb. Aufl. Berlin 1914 (System der Phi­

losophie 1. 'feil). - Religion der Vernunft aus den Quellen des Judentums. 2. Aufl. Nach dem

Manuskript des Verfassers neu durchgearbeitet u. mit einem Nachwort versehen v. Bruno Strauß. Frankfurt a. M. 1929 (Grundriß der Gesamt­wissenschaft des Judentums. Hrsg. v. d. Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaft des Judentums).

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Page 111: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

406 Anhang

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1

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Page 112: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

Anhang

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Page 113: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

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Page 114: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

(,'

PERSONENREGISTER

Das Register berücksichtigt nur ausdrückliche Erwähnungen von Perso­nen. Formen wie Kantisch usw. sind unter dem jeweiligen Namen mit­vermerkt; Nicht berücksichtigt sind Herausgeber und Übersetzer sowie Namen, die nur in den Titeln der zitierten Literatur enthalten sind.

Ach, Narziß 188f., 209, 211, 226, 228, 261-263, 281

Adickes, Erich 274-276, 294 Althoff, Friedrich Theodor 181, . 183, 207

Aristoteles 7, 63, 111, 122, 198 f., 217, 385, 399f.

Augustinus, Aurelius 8f., 63, 119, 261, 263, 347f.

Bachja ihn Pakuda 129, 161, 389, 396

Baeck, Leo 227 Barlach, Ernst 296 Bauch,Bruno 219f„231,239,

241,274,277,279~282,327

Baumann,Julius 172, 175f„ 211, 263

Baumeister, Karl August 258 Beattie,James 211 Becher, Erich 263 Beethoven, Ludwig van 177,

229,232 Bergson, Henri · 265, 341 Berkeley, George 48f., 355, 357 Berlin, Isaiah 339 Boeckh, August 168 Bollnow, Otto Friedrich 333,

384 Bondy,Julie, geb. Cassirer 178,

203, 244, 273 Bondy, Otto 178, 201, 203, 244,

292

Bondy, Toni s. Cassirer, Toni, geb. Bondy

Bondy, Walter 261 Bonitz, Hermann 217 Bossuet, Jacques-Benigne 134,

390 Bradt, Gustav 293, 295 Brahms, Johannes 229, 232 Brange~Erhard 328,361 Braniß, Christlieb Julius 163,

399f. Brann,Marcus 208,235 Braun, Wilhelm 187 Brunbacher, Fritz 250 Brünn, Siegfried 262, 264, 288 Bruno, Giordano 220f., 225,

227 Buher, Martin 336, 387 Buchenau, Artur 191f., 195, 231,

245,267,275,373,380 Buek, Otto 181-185, 195, 221f.,

239, 241, 249-251, 256f., 273, 275

Burg,Johanna 202 Burg, Mathilde 201f.,208, 229f.,

287f. Byron, George Gordon

Noel 121 Calonder, J. 205 Cantor, Georg 256 f. Cassirer, Anna Elisabeth 260,

267 f., 283 f., 293, 295

Page 115: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

414 Anhang

Cassirer, Bruno 190, 194, 196, 203, 212, 215, 218-220, 230, 232,252,267,275,284,289

Cassirer, Clara 172, 224 Cassirer, Eduard 167, 192, 198,

203 Cassirer, Erich 203, 210, 214,

221, 223, 234f., 238, 240, 246f., 249, 251, 254, 256f., 258-260, 266f., 286

Cassirer, Erich Eduard 289 Cassirer, Friedrich Wilhelm (Fritz)

210,214 Cassirer, Georg Eugen 204,

232 f., 239, 241, 244, 284 Cassirer,Hedwig 172, 179, 197,

200 Cassirer, Heinrich Walter 200f.,

232f., 244, 284 Cassirer, Isidor 203, 214 Cassirer, J enny (Eugenie ), geb.

Cassirer 167, 201 Cassirer, Louis 198 Cassirer, Margarete 172 Cassirer, Martin 289 Cassirer, Paul 232, 292 Cassirer, Paulas. Gotthelf, Paula,

geb. Cassirer Cassirer, Richard 197 f„ 283 f. Cassirer, Suzanne Aimee (Suse)

290-292 Cassirer, Toni 172, 224 Cassirer, Toni, geb. Bondy IX,

167, 170, 172-174, 176, 178f., 183, 186,241,256,261,268, 273,289,292,313,315

Chamberlain, Houston Stew­ard 174, 197, 199,225,227

Cicero, Marcus Tullius 5, 347 Cohen, Eduard 260 f.

Cohen, Gersi:m 396 Cohen, Hermann IX, 83, 96,

100, 104, 108-111, 113, 125f., 128-157, 161-163, 165-301, 313-315, 326-328, 336-340, 342-344, 364, 371 f., 377, 386-389, 391-394, 396-401

Cohen, Martha IX, 183, 186, 207f., 288, 291, 293, 296, 298, 300f., 313, 315, 326-328

Cohn,FerdinandJulius 197, 199 Cohn, Heinrich Meyer 174 Cohn,Jonas 186, 191, 194 Cohn, Pauline, geb. Reichen-

bach 197, 199 Collin, Paul Heinrich 186 Comte, Auguste 281 Copernicus s. Kopernikus, Niko-

laus Couturat, Louis 229-231 Cusanus (Cusa, Cusaner) s.

Nikolaus von Kues Cushing, Frank Hamilton 349 Deißmann, Gustav

Adolf 298-'300 Delbrück, Hans 226-228 Descartes, Rene 59, 70f., 187,

195, 199,205,225,243,255,257 Dilthey, Wilhelm 68f., 108f„

168-170, 191, 195,234f.,276, 360

Donatello 198, 200 Driesch, Hans 294 Durkheim, Etnile 24 Dürr, Alphons Emil Fried-

rich 196 Dürr, Johannes Friedrich 196,

238, 240, 242, 244f. Duschka, Johannes IX Dyroff, Adolf . 187

Personenregister 415

Eberhard, Johann August 375 Eisner, Elisabeth 186 Eisner, Kurt 186, 250 Elbogen, Ismar 177, 255 Elster, Ernst 252, 278, 283 Empedokles 4f., 347 Enneccerus, Ludwig 175, 177 Erdmann, Benno 108f. Falckenberg, Richard 141, 238,

391 Falter, Gustav 210f., 224 Faraday, Michael 221 f. Fechner, GustavTheodor 395 Fichte,Johann Gottlieb 135, 144 Fink, Eugen 333 Fischer, Kuno 144, 184, 397 Foerster, Wilhelm 193 Fränkel, Fritz 191, 195, 221, 223,

234f. Franke!, Zacharias 161, 396 Freytag, Willy 261, 263 Friedeberg, Raphael 250 Fries, Jakob Friedrich 211, 213,

228 Frischeisen-Köhler, Max 276 Fritzsche, Robert Arnold 194,

203,288 Fromer,Jakob 245 Galilei, Galileo 99, 185f., 225,

375 Gawronsky, Dimitry 186,

205,212,266,268-272,274, 278-280, 326

Gawronsky, Maria 267 f., 280 Gelb, Adhemar 34 f. Geldner, Karl Friedrich 282 Gernsheim, Friedrich 248, 250 Gernsheim, Henriette, geb.

Hernsheim (!) 250 Gideon, Abram 167, 185f., 191,

195 Gideon, Henry 167

Gideon, Samuel Edward 167 Gizycki, Georg von 193 Gizycki, Hugo von 193 Glogau, Gustav 193 Goedeckemeyer, Albert 261, 263 Goethe, Johann Wolfgang

von 29-31, 42, 46, 52, 60f., 122, 130, 137, 349, 352, 356f., 360,363

Goldschmidt, Clara, geb. Schott­laender 252

Goldschmidt, Hugo 252 Goldschmidt, Victor Hermann

Franz 249,252 Goldstein, Kurt 34f., 351 Görland, Albert 169, 173, 179,

182f„ 190, 192f„ 195, 197, 202f„ 205f., 208-212, 214-220, 233-235, 238, 245, 260-262, 270, 272f., 275f„ 282, 290f„ 293-296, 298

Gotthelf, Paula, geb. Cassi-rer 254, 257

Graetz, Heinrich 398 Greiling, Kurt 231 Grisebach, Eberhard 335 Gross, Otto 250 Grünbaum, Anton Abraham 35 Gründer, Karlfried IX, 322, 333 Harnack, Adolf von 210 f. Harris, Valerie IX Hartmann, Eduard von 231 Hartmann, Nicolai 249, 251 f.,

260-262, 266-268, 277, 296 Head, Henry 34f., 38f., 351 Hegel, Georg Wilhelm Fried­

rich 20f., 99, 121, 128, 144, 193,281,348,376,388

Heidegger, Martin IX, 2, 11-17, 26f., 29, 51, 55, 57, 60-62, 65, 70-73, 77-106, 108-110, 112f., 116, 118, 313f., 319,

Page 116: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

416 Anhang

322f., 329, 332-335, 341 f., 348f., 356, 360-364, 367-370, 374-379,382,384,386

Heilbronner, Karl 34 Heimsoeth, Heinz 109, 249, 252,

262, 267 f., 277, 296, 384 Heine, Heinrich 198 f. Heinemann, Fritz 275, 279 Hellinger, Ernst David 274,

278f. Hensel, Kurt 231 Hensel, Paul 182, 184, 229,

230f., 238 Hensel, Wilhelm 228 Herakleitos 5, 347 Herbart, Johann Friedrich 197 f. Herder,Johann Gottfried 189 Herrigel, Hermann 331f. Herrmann,11ax 252 Herrmann, Wilhelm 129, 192,

239, 242, 249, 252f„ 274, 276f., 299,388

Herz,11arkus 90,363,368 Hess, Carl von 285 f. Hessenberg, Gerhard 231, 246 Heyne, 11oritz 189, 252 Hilbert, David 189, 263, 278 Hobbes, Thomas 373 Hoffmann, Ernst 196 Hoffmann, Heinrich 183 Holzhey, Helmut IX Holzmann, Johannes (Senna Hoy)

250 Horovitz,Jakob 253 Horovitz,Josef 250, 253 Horst, Anna 174 Horst, Carl 197 -199, 202 f. Humboldt, Wilhelm von 33,

36f., 44f„ 51f„ 276, 354f., 358, 373

Hume, David 144f., 370, 395f.

Humperdinck, Engelbert 248, 250

Humperdinck, Hedwig, geb. Taxer 250

Husse.rl, Edmund 2, 99, 108 f., 178f., 189, 209, 218, 226, 228, 262f., 276, 278, 376

Jackson,John Hughlings 34f. Jacobsohn, Hermann 275, 279 Jaensch, Erich Rudolf 277, 281 f. Jaspers, Karl 319 Jerusalem, Wilhelm 216, 218 Jodl,Friedrich 185f„ 193f.,249,

253 Joel, Karl 204f., 250, 266, 268 Kabitz, Willy 186 Kaegi, Dominik 315 Kaim, Franz 177 Kant, Immanuel lOf., 34, 66f.,

72, 77-106, 108-113, 115-117, 119, 122, 126f., 130, 135, 141f., 144f., 150f., 153, 161, 163, 169, 178, 186, 193f., 197, 199,211, 213,216,218,222,226,231,234, 238, 240-243, 250, 253-257, 259, 266, 268, 273, 275f., 281, 293-295, 297, 314, 319, 330, 334f., 341-344, 361-368, 370-377, 379, 381-385, 387, 391, 393, 395-397, 401

Karpeles, Gustav 239f., 242, 244f.

Keins, Paul 251, 278 Kellermann, Benzion 223,

226-228, 238, 240, 275, 286, 293

Kellermann, Thekla 293 Kepler,Johannes 225 Kiefer, Friedrich 259 Kiefer, 11arie 25 8 f. Kierkegaard, Sören 119

Personenregister 417

Kinkel, Walter 184, 194, 211, 224, 229, 231, 293 f., 296, 299

Klages, Ludwig 121, 331 Klebs, Elimar 282 Klein, Felix 189, 230, 278 f. Kleist, Heinrich von 121 Klemm, Otto 277, 281 Knittermeyer, Hinrich 291 Köhnke, Klaus Christian IX Königsberger, David 224 Kopernikus, Nikolaus 126, 387 Koschwitz, Eduard 195 Kowalewski, Arnold 274, 277,

279, 281f„294 Krois, John 11ichael IX Krueger, Felix 261, 263 Kuenen, Abraham 299 Kühnemann, Eugen 181, 183,

188f., 293-295 Külpe, Oswald 262f. Laas, Ernst 259 Laisant, Charles-Ange 230 Lampe, Emil 229 Lange, Friedrich Albert 96, 161,

163, 170f., 175, 178, 180, 182, 193,372,397,401

Lassalle, Ferdinand 212 Lazarus, 11oritz 398 Leder, Hermann 191, 194, 209,

211 Leibniz, Gottfried Wilhelm 99,

168f., 180f., 186-189, 192, 194-196, 206, 208, 217, 220f., 226, 231, 234 f., 243, 257, 259, 375

Lejeune Dirichlet, Peter Gustav 228

Lenz, Max 168-170 Leo, Friedrich 228 Leonardo da Vinci 40, 351, 353 Levy, Heinrich 297

Lewandowski, Abraham 208, 238

Lewandowski, Alfred 186, 208, 244

Lewandowski, Georg 294 Lewandowski, Max 237f. Lewandowsky, Hermann 200 Lewandowsky, Max 198, 200,

270,272 Leyen, Friedrich von der 252 Liebermann,Max 219f.,229,

232,239,242,284 Liebert, Arthur 294 f. Lipps, Gottlob Friedrich 261,

263-265, 277, 280-282 Locke, John 99, 144, 370 Loewi, Otto 247-250 Lotze, Rudolf Hermann 278 Löwenstamm, Arthur L. 299 Lucas, Leopold 208 Luther, 11artin 55, 57, 64f., 183,

263, 293f., 331 Maass, Ernst 282 Maier, Heinrich 179, 262 f., 274,

276 Maimonides, Moses 129, 131,

149-151, 155, 161f., 206, 208, 234 f., 253 f., 389, 396, 399

Malebranche, Nicolas 225 Marchand, Eckart IX 11arie, Pierre 34 f. Marx, Karl 212 Mason, 11ortimer Phillips 292 Mauthner, Fritz 49, 355 Meiner, Felix 196 Meinong, Alexius 280 Melchior, Carl 336 Mendelssohn, 11oses 66f., 230f.,

360,399 Mendelssohn-Bartholdy,

Fanny 228, 230

Page 117: Ernst Cassirer Davoser Vortrage

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418 Anhang

Mendelssohn-Bartholdy, Rebecca 228

Menzer, Paul 261-263, 265, 294 Meunier, Constantin 229, 232 Meyer, Richard M. 252 Meyer-Benfey, Heinrich 188 f. Meyerhof, Otto 231, 246 Meyerson, Emile 270 Michels, Robert 250 Minkowski, Hermann 189 Misch, Georg 263, 274,

276-282, 335 Möckcl, Christian IX Mörchen, Hermann IX, 314,

322f„ 333, 341 Moses, Adolf 398 Moutier, Frarn;ois 35 Mozart, Wolfgang Ama-

deus 219 f„ 284 Mühsam, Erich 250 Müller, Friedrich von 297 Müller, Georg Elias 188 f„ 226,

228 Müller, Paul 328, 361 Münsterberg, Hermann 224 Natorp, Annemarie 252 Natorp, Gertrud Helene 252,

290,292 Natorp, Grete 233, 252 Natorp,Hans 290,292 Natorp, Helene 198 f„ 252, 284,

286, 290-293 Natorp,Paul 108, 111, 165f„

168-173, 176, 178, 179-183, 188-193, 195-199, 202 f., 205, 208-214, 216, 219-223, 226-231, 233, 237-241, 243, 246, 248-253, 255-260, 262-265, 267f., 270-274, 276-279, 282, 285f„ 290-294, 299, 315

Nelson, Leonard 210f„ 213-220, 226, 228-231, 246, 264f.

Neumann, Ernst 278, 281 Newton, Isaac 57, 86, 96f„ 366,

371 f. Nikolaus von Kues 138, 192,

196-202, 225, 227, 248, 250, 261, 263, 391

Nobel, Nehemia Anton 287 f. Nöldeke, Theodor 244f. Odebrecht, Rudolf 237f„ 248,

250 Ortega y Gasset,Josc 249, 251,

274, 278 Ortega y Gasset, Miguel Ger­

m.in 278 Pascal, Blaise 57, 59, 70f„ 225,

361 Pasch, Gertrud 197, 199 Pasch, Moritz 199 Paulsen, Friedrich 161, 168f„

226f., 256f„ 394-396 Paulsen, Johannes 234 f„ 249,

251 Peters, Robert 252 Petersen, Julius 252 Petrarca, Francesco 8f„ 347 Pfleiderer, Edmund von 178 f„

276 Philipp, Hermann 335 f. Philippson, Ludwig 280, 283,

398 Pines, Boris 295 f„ 298-300 Pines-Wisser, Annemarie 296 Platon 7, 48, 53, 59, 63, 66f., 69,

71,87,99, 102, 127, 130, 142, 154, 161, 163, 203, 213, 222, 241, 249, 251, 267f„ 331, 343f„ 355-357, 360, 367, 375 f„ 379, 387f„ 399-401

Personenregister 419

Pollak, Annemarie 289 Pollak, Martha Maria, geb.

Bondy 289 Pope, Alexander 9 Portu,Enricode 165f„ 171, 174,

185f„ 191, 195, 198f„248-250 Pos, HendrikJosephus 34, 314,

323,349 Rade, Martin 181, 183, 192 Rathke, Frida 206, 208, 290-294 Rathke, Heinrich Bernhard 208,

254 f., 290 f. Rcid, Thomas 211 Renner, Hugo 231, 239, 241 Reuter, Fritz 256 Richard, Julcs 230 Rickert, Heinrich 108 f„ 111, 220 Riehl, Alois 77, 96, 108, 193,

234 f„ 256 f„ 361, 3 71 Rios y Urruti, Fernando de

los 274, 278 Ritter, Joachim 329, 384 Roethe, Gustav 189,266f„276 Rogers, A. K. 187 Ropp, Goswin Freiherr von

der 282 Rosenzweig, Adele 288 Rosenzweig, Edith, geb.

Hahn 294 Rosenzweig, Franz 125,

136-138, 140, 288, 293 f„ 299, 31~33~335-338,343,386f.

Rothacker, Erich 334 f. Rousseau, Jean-Jacques 96, 372 Russell, Bertrand 186, 229-231 Saenger,Jakob 247 Salomon(-Delatour), Gott-

fried 328, 361 Sauerbruch, Ferdinand 297 Saxl, Friedrich 325, 339 Seheier, Laura 253

Seheier, Max 2f„ 13, 27, 117, 121f„331

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph 144,281

Schemann, Elisabeth 230 Schiele, Friedrich Michael 192,

196 Schiller, Friedrich 59, 68f„ 71,

101, 122,127,341,361,363, 373,378,387

Schilpp, Paul Arthur 315 Schleiermacher, Friedrich 102,

128, 146f„388,392 Schlick, Moritz 96, 371 Schmalenbach, Hermann 323 Scholz, Heinrich 294 Schöndörffcr, Otto 275, 294 Schopenhauer, Arthur 86, 94,

274,277 Schröder, Ed ward 188 f., 252,

276 Schwarz, Hermann 262, 264f„

282 Sigwart, Christoph von 274, 276 Simmel, Georg 29, 60, 141 f„

161,349,360,391,394 Simon, Max 229f„ 233 f„ 249,

251f„258f. Singer, Paul 212 Slonimsky, Henry 270, 272, 392,

394 Spahn, Martin 17 4 Spencer, Herbert 395 Spinoza, Benedictus (Baruch)

de 46,59,68f.,87, 153, 185, 239, 242, 298f„ 341, 355, 360, 363,399

Spottorno Topete, Rosa 251 Spranger, Eduard 276 Stadthagen, Arthur 212 Stammler, Rudolf 190, 239, 242

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420 Anhang

Staudinger, Franz 191-193, 216, 218

Steed, Wickham 396 Stein, Ludwig 191, 195, 210, 213,

229,231 Steinthal, Heymann 163, 193,

397f„ 401 Stern, Paul 210, 213, 231 Stern, William 291 Sternberger, Dolf 319 Stoltenberg, Hans Lorenz 284f. Strauß, Abraham 267 Strauß, Albrecht 301 Strauß, Bruno 161, 172, 208,

266f„ 288, 295f., 301, 339 Strauss, Richard 232 Stumpf, Carl 168-170, 191, 195,

226f. Sybel, Heinrich von Sybel, Ludwig von

242 Tobler, Max 250 Tolstoj, Lcv N. 250

181, 183 182, 205, 239,

Tönnies, Ferdinand 193 Töpelmann, Alfred 211f., 214f.,

218-221,239,241,245,249,251 Treitschke, Heinrich von 161,

397,401 Trendelenburg, Friedrich

Adolf 161, 163, 397, 401 Troeltsch,Ernst 181-183,289 Tröltsch, Walter 252 Turgenjew, Iwan 195 Uexküll, Johann Jakob

von 16-19,330,348

Vaihinger, Hans 185 f„ 218, 229f„ 238, 277, 294f.

Vailati, Giovanni 248, 250 Varrentrapp, Conrad 181 f., 249,

252 Volkelt, Hans 35, 351 Vorländer, Karl 197, 199, 274,

278,400 Vosslcr, Karl 52 f„ 356,

358 Walter, Ferdinand 263 Walter,Julius 261, 263 Wedepohl, Claudia IX Weingarrner, Felix 175, 177 Weiss, Helene IX, 314, 316, 323,

333,341 Weller, Ann C. IX Wellhausen,Julius 175, 177, 192,

250,253,299 Wellhausen, Marie, geb. Lim­

pricht 253 Wildhagen, Kurt 191, 195f., 198,

200, 248, 250, 258 f. Wilke, Marie IX Willstätter, Richard 296f. Windelband, Wilhelm 108 f„

111, 172-174 Witasek, Stephan 280-282 Wocrkom, Willem van 35 Woldt, Antje IX Wundt, Max 109, 268, 296f., 384 Wundt, Wilhelm 263 Zeller, Eduard 144 Ziegler, Theobald 173

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Ernst Cassirer FELIX MEINER VERLAG

Nachgelassene Manuskripte und Texte Die Ernst Cassirer Nachlaßausgabe (ECN) wird auf der Grundlage der Bestände

der Beinecke Rare Book and Manuscript Library und unter Hinzuziehung weite­

rer Manuskripte aus den Beständen anderer Bibliotheken sowie aus Privatbesitz eine

umfassende, nach thematischen Gesichtspunkten in 18 Bände gc:gliederte kritische

Edition aller wissenschaftlich relevanten Texte und sämtliche ca. 1.400 bislang aufge­

fundenen Briefe aus dem Nachlaß Ernst Cassirers vorlegen. Sie macht neue und bis­

lang unzugängliche Texte Cassirers zur theoretischen Begründung und Ausarbeirung

der Philosophie der symbolischen Formen, zur Geistesgeschichte und zur Geschichte

der Philosophie zugänglich.

Sämtliche Manuskripte und Texte werden nach Maßgabe ihres Ausarbeitungszu­

standes grnndsätzlich diplomatisch wiedergegeben, d.h. ohne Eingriffe in die Ortho­

graphie, Interpunktion oder Textgesralr des transkribierten Originals. Zusätze der

Herausgeber werden stets ausgewiesen, Besonderheiten der Origirialmanuskripte, die

im Druck nicht abgebildet werden können, sind im zugeordneten Apparat unter den

Seiten beschrieben und. ausgewiesen. Ein Sachkommentar gibt Nachweise verdeckter

oder nnrichtiger Zitate sowie Hinweise zu den genannten Personen. Jeder Band ent­

hält einen editorischen Bericht, der zu Fragen der Textüberlieferung und -erschlie­

ßung Auskunft gibt.

Neben den Forschungs- und Vorlesungsmanuskripten, die zwar nicht unmittelbar

zum Zwecke der Pnblikation ausgearbeitet wurden, aber gleichwohl zum materialen

Grundbestand seines Werkes gehören, sind es vor allem die nach der im Jahre 1933 erzwungenen Emigration Cassirers unter den erschwerten Bedingungen des Exils in

England, Schweden und den USA entstandenen unveröffentlichten Au!Zeichnun­

gen, Vonräge und Schriften, die für clie Beurteilung der systematischen Konzeption

und Forrenrwicklnng seiner Philosophie von Bedeutung sind.

Zur Metaphysik der symbolischen Formen (1) - Ziele und Wege der Wirklich­

keitserkenntnis (2) - Geschichte. Mythos (3) - Symbolische Prägnanz, Ausdruck­

sphänomen und •Wiener KreiS< (4) - Knlturphilosophie. Vorlesungen und Vorträge

1929-1941 (5)- Vorlesungen und Studien zur philosophischen Anthropologie (6)­

Mythos, Sprache und Knnst (7)- Vorlesnngen und Vorträge zu philosophischen Pro­

blemen der Wissenschaften (8) - Zu Philosophie und Politik (9) - Kleinere Schriften

zu Goethe.und zur Geistesgeschichte (10)- Goethe-Vorlesungen 1940-1941 (II)

- Schillers philosophische Welransicht (12)-Zur Philosophie der Renaissance (13)

- Descartes, Leibniz, Spinoza (14)- Vorlesungen und Vorträge zu Kant (15) - Vor-

lesungen zu Hegels Philosophie der Moral, des Staates und der Geschichte (16) -

Davoser Vorträge. Vorträge über Hermann Cohen (17) - Briefe (18)