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I3. JANUAR 1934 KLINiSCHE WOCHENSCH Eigentfimlichkeiten 8trukturanatomisch auszudeuten, t. Trans- plantierte und dutch Einleitung eines fremden Nerven wieder innervierte fiberz~hlige Muskeln funktionieren frfiheren Experi- menten des Vortr. gem~B (Resonanzprinzip) mit den gleichen Intensit~tsabstufungen wie die normal innervierten gleichnamigen Muskeln. Die mikroskopische Schnittuntersuchung der transplan- tierten Muskeln zeigte v611ig regellose Aufsplitterung der Nerven- fasern im Muskel und kbwesenheit yon Endplatten. Trotzdem qualitativ und quantitativ normale Funktion [ 2. Zur Entscheidung der Frage, ob bei dem funktionellen In-Beziehung-Treten yon Nerv und Endorgan Selekfivit~t herrscht, war in .vorhergegangenen Versuchen an parabiosierten Kr6tenpaaren der motorische N. isehiadicus des einen Partners mit seinem peripheren Ende in das R~vkenmark des anderen Partners eingeleitet worden und es halle sich eine leitende Verbindung zwischen motorischem Nerv und Rfickenmark hergestellt. In einer reziproken Versuchsreihe wurden nunmehr die zentralen Sctmittenden yon im Zusammenhang mit den Spinalganglien belassenen sensiblen Hinterwurzeln in Muskeln eingeleitet. Auch diese Verbindung erwies sich far elektrisch aus- gel6ste Erregungen durchghngig und der Muskel konnte yon der eingeleiteten Hinterwurzel aus erregt werden. Es besteht also keinerlei SpezifitXt der Verbindung. 3. Auf Grund der Annahme, dab viele strukturelle Besonderheiten des Nervensystems nicht auf funkfionsphysiologischer, sondern ant entwieklungsphysio- logischer Grundlage erkl~rt zu werden haben, wurden neue Unter- RIFT. 13. JAHRGANG. Nr. 2 79 suchungen fiber die ffir die Orienfierung und Verteilung der peri- pheren Nerven maBgebenden Entwicklungsfaktoren in Angriif genommen. Dazu wurde wie sehou frfiher yore Vortr. die Methode der Gewebezflchtung herangezogen. Knlturen yon Hirngewebe wurden in vitro den verschieclenartigsten mechanischen, ehemischen und elektrischen Einwirkungen unterworfen, um orientierende und strukturierende W'irkungen an den auswachsenden Nervenfasern erzlelen zu k6nnen. Als gemeinsames Resultat ergab sich, dag der mXchtigste Faktor, der den Nervenfasern eine bestimmte Richtung aufzuzwingen vermag, die mechanisehe Organisation der kolloiden Grundsubstanz, in welcher das Wachstum vor sich geht, ist: Be- stimmt gerichtete Micellenorientierung bedingt gleichgerichtetes Nervenfaserwachstum. Str6mungen, chemische Aktivit~t, wahr- scheinlich auch elektrische Felder wirken auf das Nervenwachstum aui dem Umweg fiber eine entsprechende Organisierung der Grnnd- substanz. Die Bildung yon ausgesprochenen Nervenplexus, yon Faserverbindungen zwischen momentan in erh6hter Aktivitgt stehenden Zentren, die Ablenkung der Fasern dutch mechaniseh abweichende Umgebung u. dgl. konnte in der Gewebekultur erzielt werden. Der Modellversuch am lebenden Material hat sieh in diesen Versuchen ausgezeichnet bew~hrt. Es zeigt sich, dal3 zahlreiche spgtere Eigent~mlichkeiten des entwickelten Nervensystems ein- fach aus den e~nbryologischen Verh~ltnissen zur Zeit der Entwieklnng der Nervenbahnen erkl~rt werden k6nnen, ohne dug eine Notwen- digkeit bestfinde, sie ]unktlonell auszudeuten. A. FR6HLIC~. ERNST VON Am 18. Dezember 1933 wurde uns im eben vollendeten 68.Lebens- jahre ERNST YON ROMBERG, der Direktor der I. Medizinischen Klinik in Mt~nchen, entrissen. Er geh6rte der Zahl jener bedeuten- den Kliniker an, die seit der Jahrhundertwende den Namen der deutschen Medizin in der ganzen Welt zu Ehren gebracht haben. Als Schfilerder groBen deutschen Physiologen des 19. Jahrhuncterts haben diese unsere klinischen Lehrer physiologische Denkweise Und Methodik ant das Geschehen am Krankenbett angewendet Und dadarch die klinisehe Medizin aui die Stufe eines exakten natur- wissenschaftlichen Faches gehoben. Wenn die deutsche Klinik in den vergangenen 30 Jahren ein yon Grund auf neues Gesicht er- halten hat, so verdanken wir dies ihrem Wirken. Geboren zu Berlin Ms Sohn des sparer als Rechtsanwalt am Reichsgericht in Leipzig t~tigen Geheimen Justizrats Dr. E. RO.~- BERG, als Enkel des Berliner Neurologen M. H. ROMBERG ist 2. ROMBXRG hervorgegangen aus der besten, aufopferungsvollen deutschen Familientradifion. Er kannte nur eine Riehtschnur seines Handelns, strengste Pflichterffillung unter Einsatz der ganzen Person, bis zum Tode. Nie war er damit zufrieden, nur gute Leistun- gen zu vollbringen. Was mit seiner Person und seiner Arbeit irgend- wie zusammenhing, mul3te ohne den geringsten Fehl und Tadel voll- endet dastehen. Mit solchem h6chsten Streben hat er sich nnd seinen Mitarbeitern das Leben nieht immer leicht gemacht. Aber es entsprach nicht seiner ganzen Einstellung, das Leben yon der leichten Seite zu nehmen. Und doch haben es alle, die ihm n~her- stehen duriten, erlebt, dab in diesem korrekten, die gesellschaft- lichen Formen virtuos beherrschenden, repr~sentativen Manne ein welches, allem Sch6nen und Erhabenen aufgeschlossenes Herz schhg, das warmen Anteil nahm an dem pers6niichen Ergehen tier Mitarbeiter, ein Herz, das sich besonders sch6n entfaltete in seinem mitder hohen Kultur gepflegter Tradition erffillten, den Musen ge6ffneten Hause. Der hehre Eid des HIPPOKRATES, der den Schiller verpflichtet, seinen Lehrer in seiner Kunst gleich zu achten den leiblichen Eltern, ist uns, seinen Schfilern, nicht nut Ausdruck eines allgemeingfiltigen sittlichen Gebotes, er ist uns diesem seltenen Manne gegenfiber Ausdruck engster pers6nlicher Bindung. Die wissenschaffliche Entwicklung ROMBERGS stand unter dem Stern CARL Luowms, dessen nachhaltigen EinfluB er uns oft ge- rfihmt hat. Bei L. WAGNEr, self 1888 bei HEINR. CURSCHMANN in Leipzig, empfing er seine klinische Schule, I891 erhielt er die Lehr- erlaubnis. Es mug eine ungemein anregende Zeit gewesen sein in dem groBen Leipziger Krankenhause, in dem damals M&nner wie L. KRlgHL, W. HIS, C, HIRSCH, P~.SSLER und ED. ST&DL]Et~ t~itig waren. I9OX wurde ROMB~RG als Nachfolger yon KREHL Direktor der Medizinischen Poliklinik in Marburg, 19o4 folgte er I~REHL als Direktor der Medizinischen Klinik in Ttibingen, I912 wurde er Naehfolger yon Jos. BAUER in Mfinchen. Seine u durch die Durehsichtigkeit des Aufbaus auch dem Anf~nger gut ver- st~ndlich, boten dem Fortgeschrittenen durch die Tiefe der Be- handlung, durch den Reichtum pers6nlieher Stellungnahme framer neue, fruchtbare Anregungen. Wir bewunderten an ihm die Klar- heft der Formulierung, die stets das Wesentliche mit knappen, treffenden Worten herausstellte, wir bewnnderten die form- ROMBERG t. vollendete, verbindliche Art, in der er abweiellende Meinung olme Verletzung des Gegners doch charaktervoll zum Ausdruck zu bringen wuBte. ROMB~RGS Hauptarbeitsgebiet waren die Erkrankungen des tterzens und der BlutgefXBe. Schon in Leipzig befal3te er sich mit der Reservekraft des hypertrophischen Herzens, mit dem Ver- halten des t-Ierzens und vor allem mitder Kreislaufschw~che bet Infektionskrankheiten, als deren wesentliche Ursaehe er zusammen mit P);SSLER die toxische Vasomotorenl~hmung nachweisen konnte. Die Bearbeitung der I~rankheiten der Kreislauforgane in EBSTEIN- SCHWALB~S Handbuch der praktischen Medizin (1899) erschien spXter in erweiterter Form Ms selbst~ndiges Lehrbuch der Krank- heiten des Herzens und der Blutgef~Be, das I9o6 in erster, 1925 in 4- und 5. Auflage erschien und durch die Vollst~ndigkeit und die vorsichtig abgewogene Zusammenfassnng tier klinisehen Darstel- lung den Namen t~OMBERGS in der ganzen Welt bekannt machte. Zahlreiche Schfiler haben bis heute wertvollste BeitrXge zur Klinik der llreislauferkrankungen geliefert. Meisterhaft war das Referat fiber die Dekompensation der erworbenen Herzklappenfehler und ihre Behandlung, das ROMB~RG 1929 vor dem Deutschen KongreB ffir inhere Medizin erstattete. Der kritisehe Uberblick fiber das gesamte Schrifttum bestimmte die Forsehungsrichtnng der letzten Jahre entscheidend. Schon seit der Marburger Zeit war ROMBERGS Interesse der Tuberkulose gewidmet, deren AbhXngigkeit yon Erbeinflfissen schon damals untersucht wurde. Besonders fruchtbar war in den Tfibinger Jahren die Zusammenarbeit mitder Landesversicherungsanstalt -Wfirttemberg, ffir die die Klinik als Beobachtungsstation diente. Zu der Frage der akutett Verlaufsformen der Lungentuberkulose, des Frahinfiltrats und der Streuformen hat die Mfinchner Klinik wertvolle Beitr~ge geliefert. Ffihrend war ROMBERG beteiligt an der Organisation des Kampfes gegen diese h~ufigste Volksseuche Ms Mitglied des Presidiums des Deutschen Zentralkomitees und als Vorsitzender des Bayrischen Landesverbandes zur Bek~mpfung der Tuberkulose. Ffirsorge- und Heilst~ttenwesen verdanken seiner Arbeit besonders in Bayern entscheidende F6rderung. Am 20. April i914 er6ffnete ROMBeRG den KongreB der Dent- schen Gesellschaft ffir innere Medizin als deren Vorsitzender mit programmatischen Worten fiber die Aufgahen der wissenschaft- lichen Medizin, die er in organischer Verbindung der 13eobachtung und Behandlung am Krankenbett mit wissenschaitlicher Er- forschung der Zusammenh~nge erblickte. Das Arzttum im besten Sinne hat er an seiner Klinik stets gepflegt. Liebevolles Eingehen auf die Individualit~t des Kranken, auf die Besonderheit des einzelnen, Behandlung des ganzen Menschen ebensosehr wie der geringsten Einzelerscheinungen seiner Krankheit war ihm immer eine Selbstverst~ndlichkeit. Von ihm haben wir gelernt, dab nur der ein wahrer Arzt ist, der iiber der groBen Linie krankhaften Ge- schehens den Sinn ffir die Wichtigkeit scheinbar unerheblicher Kleinigkeiten, ffir Episode und Arabeske, nicht verliert. Die ab- gekl~rte Weisheit des Alters, die in unserem Lehrer lebendig war, werden wir in diesen bewegten Zeiten noch oft vermissen. H. STRAUB, G6ttingen.

Ernst von Romberg

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I3. JANUAR 1934 K L I N i S C H E W O C H E N S C H

Eigentfimlichkeiten 8trukturanatomisch auszudeuten, t. Trans- plantierte und dutch Einleitung eines fremden Nerven wieder innervierte fiberz~hlige Muskeln funktionieren frfiheren Experi- menten des Vortr. gem~B (Resonanzprinzip) mit den gleichen Intensit~tsabstufungen wie die normal innervierten gleichnamigen Muskeln. Die mikroskopische Schnittuntersuchung der transplan- t ierten Muskeln zeigte v611ig regellose Aufsplitterung der Nerven- fasern im Muskel und kbwesenheit yon Endplatten. Trotzdem qualitativ und quanti tat iv normale Funktion [ 2. Zur Entscheidung der Frage, ob bei dem funktionellen In-Beziehung-Treten yon Nerv und Endorgan Selekfivit~t herrscht, war in .vorhergegangenen Versuchen an parabiosierten Kr6tenpaaren der motorische N. isehiadicus des einen Partners mit seinem peripheren Ende in das R~vkenmark des anderen Partners eingeleitet worden und es hal le sich eine leitende Verbindung zwischen motorischem Nerv und Rfickenmark hergestellt. In einer reziproken Versuchsreihe wurden nunmehr die zentralen Sctmittenden yon im Zusammenhang mit den Spinalganglien belassenen sensiblen Hinterwurzeln in Muskeln eingeleitet. Auch diese Verbindung erwies sich far elektrisch aus- gel6ste Erregungen durchghngig und der Muskel konnte yon der eingeleiteten Hinterwurzel aus erregt werden. Es besteht also keinerlei SpezifitXt der Verbindung. 3. Auf Grund der Annahme, dab viele strukturelle Besonderheiten des Nervensystems nicht auf funkfionsphysiologischer, sondern ant entwieklungsphysio- logischer Grundlage erkl~rt zu werden haben, wurden neue Unter-

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suchungen fiber die ffir die Orienfierung und Verteilung der peri- pheren Nerven maBgebenden Entwicklungsfaktoren in Angriif genomme n. Dazu wurde wie sehou frfiher yore Vortr. die Methode der Gewebezflchtung herangezogen. Knlturen yon Hirngewebe wurden in vitro den verschieclenartigsten mechanischen, ehemischen und elektrischen Einwirkungen unterworfen, um orientierende und strukturierende W'irkungen an den auswachsenden Nervenfasern erzlelen zu k6nnen. Als gemeinsames Resultat ergab sich, dag der mXchtigste Faktor, der den Nervenfasern eine bestimmte Richtung aufzuzwingen vermag, die mechanisehe Organisation der kolloiden Grundsubstanz, in welcher das Wachstum vor sich geht, ist: Be- st immt gerichtete Micellenorientierung bedingt gleichgerichtetes Nervenfaserwachstum. Str6mungen, chemische Aktivit~t, wahr- scheinlich auch elektrische Felder wirken auf das Nervenwachstum aui dem Umweg fiber eine entsprechende Organisierung der Grnnd- substanz. Die Bildung yon ausgesprochenen Nervenplexus, yon Faserverbindungen zwischen momentan in erh6hter Aktivitgt stehenden Zentren, die Ablenkung der Fase rn dutch mechaniseh abweichende Umgebung u. dgl. konnte in der Gewebekultur erzielt werden. Der Modellversuch am lebenden Material hat sieh in diesen Versuchen ausgezeichnet bew~hrt. Es zeigt sich, dal3 zahlreiche spgtere Eigent~mlichkeiten des entwickelten Nervensystems ein- fach aus den e~nbryologischen Verh~ltnissen zur Zeit der Entwieklnng der Nervenbahnen erkl~rt werden k6nnen, ohne dug eine Notwen- digkeit bestfinde, sie ]unktlonell auszudeuten. A. FR6HLIC~.

ERNST VON

Am 18. Dezember 1933 wurde uns im eben vollendeten 68.Lebens- jahre ERNST YON ROMBERG, der Direktor der I. Medizinischen Klinik in Mt~nchen, entrissen. Er geh6rte der Zahl jener bedeuten- den Kliniker an, die seit der Jahrhundertwende den Namen der deutschen Medizin in der ganzen Welt zu Ehren gebracht haben. Als Schfilerder groBen deutschen Physiologen des 19. Jahrhuncterts haben diese unsere klinischen Lehrer physiologische Denkweise Und Methodik a n t das Geschehen am Krankenbet t angewendet Und dadarch die klinisehe Medizin aui die Stufe eines exakten natur- wissenschaftlichen Faches gehoben. Wenn die deutsche Klinik in den vergangenen 30 Jahren ein yon Grund auf neues Gesicht er- hal ten hat, so verdanken wir dies ihrem Wirken.

Geboren zu Berlin Ms Sohn des sparer als Rechtsanwalt am Reichsgericht in Leipzig t~tigen Geheimen Justizrats Dr. E. RO.~- BERG, als Enkel des Berliner Neurologen M. H. ROMBERG ist 2. ROMBXRG hervorgegangen aus der besten, aufopferungsvollen deutschen Familientradifion. Er kannte nur eine Riehtschnur seines Handelns, strengste Pflichterffillung unter Einsatz der ganzen Person, bis zum Tode. Nie war er damit zufrieden, nur gute Leistun- gen zu vollbringen. Was mit seiner Person und seiner Arbeit irgend- wie zusammenhing, mul3te ohne den geringsten Fehl und Tadel voll- endet dastehen. Mit solchem h6chsten Streben hat er sich nnd seinen Mitarbeitern das Leben nieht immer leicht gemacht. Aber es entsprach nicht seiner ganzen Einstellung, das Leben yon der leichten Seite zu nehmen. Und doch haben es alle, die ihm n~her- stehen duriten, erlebt, dab in diesem korrekten, die gesellschaft- lichen Formen virtuos beherrschenden, repr~sentativen Manne ein welches, allem Sch6nen und Erhabenen aufgeschlossenes Herz schhg, das warmen Anteil nahm an dem pers6niichen Ergehen tier Mitarbeiter, ein Herz, das sich besonders sch6n entfaltete in seinem m i t d e r hohen Kultur gepflegter Tradition erffillten, den Musen ge6ffneten Hause. Der hehre Eid des HIPPOKRATES, der den Schiller verpflichtet, seinen Lehrer in seiner Kunst gleich zu achten den leiblichen Eltern, ist uns, seinen Schfilern, nicht nut Ausdruck eines allgemeingfiltigen sittlichen Gebotes, er ist uns diesem seltenen Manne gegenfiber Ausdruck engster pers6nlicher Bindung.

Die wissenschaffliche Entwicklung ROMBERGS stand unter dem Stern CARL Luowms, dessen nachhaltigen EinfluB er uns oft ge- rfihmt hat. Bei L. WAGNEr, self 1888 bei HEINR. CURSCHMANN in Leipzig, empfing er seine klinische Schule, I891 erhielt er die Lehr- erlaubnis. Es mug eine ungemein anregende Zeit gewesen sein in dem groBen Leipziger Krankenhause, in dem damals M&nner wie L. KRlgHL, W. HIS, C, HIRSCH, P~.SSLER und ED. ST&DL]Et~ t~itig waren. I9OX wurde ROMB~RG als Nachfolger yon KREHL Direktor der Medizinischen Poliklinik in Marburg, 19o4 folgte er I~REHL als Direktor der Medizinischen Klinik in Ttibingen, I912 wurde er Naehfolger yon Jos. BAUER in Mfinchen. Seine u durch die Durehsichtigkeit des Aufbaus auch dem Anf~nger gut ver- st~ndlich, boten dem Fortgeschrittenen durch die Tiefe der Be- handlung, durch den Reichtum pers6nlieher Stellungnahme framer neue, fruchtbare Anregungen. Wir bewunderten an ihm die Klar- heft der Formulierung, die stets das Wesentliche mit knappen, treffenden Worten herausstellte, wir bewnnderten die form-

ROMBERG t.

vollendete, verbindliche Art, in der er abweiellende Meinung olme Verletzung des Gegners doch charaktervoll zum Ausdruck zu bringen wuBte.

ROMB~RGS Hauptarbeitsgebiet waren die Erkrankungen des tterzens und der BlutgefXBe. Schon in Leipzig befal3te er sich mit der Reservekraft des hypertrophischen Herzens, mit dem Ver- halten des t-Ierzens und vor allem m i t d e r Kreislaufschw~che bet Infektionskrankheiten, als deren wesentliche Ursaehe er zusammen mit P);SSLER die toxische Vasomotorenl~hmung nachweisen konnte. Die Bearbeitung der I~rankheiten der Kreislauforgane in EBSTEIN- SCHWALB~S Handbuch der praktischen Medizin (1899) erschien spXter in erweiterter Form Ms selbst~ndiges Lehrbuch der Krank- heiten des Herzens und der Blutgef~Be, das I9o6 in erster, 1925 in 4- und 5. Auflage erschien und durch die Vollst~ndigkeit und die vorsichtig abgewogene Zusammenfassnng tier klinisehen Darstel- lung den Namen t~OMBERGS in der ganzen Welt bekannt machte. Zahlreiche Schfiler haben bis heute wertvollste BeitrXge zur Klinik der llreislauferkrankungen geliefert. Meisterhaft war das Referat fiber die Dekompensation der erworbenen Herzklappenfehler und ihre Behandlung, das ROMB~RG 1929 vor dem Deutschen KongreB ffir inhere Medizin erstattete. Der kritisehe Uberblick fiber das gesamte Schrift tum bestimmte die Forsehungsrichtnng der letzten Jahre entscheidend.

Schon seit der Marburger Zeit war ROMBERGS Interesse der Tuberkulose gewidmet, deren AbhXngigkeit yon Erbeinflfissen schon damals untersucht wurde. Besonders fruchtbar war in den Tfibinger Jahren die Zusammenarbeit m i t d e r Landesversicherungsanstalt -Wfirttemberg, ffir die die Klinik als Beobachtungsstation diente. Zu der Frage der akutett Verlaufsformen der Lungentuberkulose, des Frahinfiltrats und der Streuformen hat die Mfinchner Klinik wertvolle Beitr~ge geliefert. Ffihrend w a r ROMBERG beteiligt an der Organisation des Kampfes gegen diese h~ufigste Volksseuche Ms Mitglied des Presidiums des Deutschen Zentralkomitees und als Vorsitzender des Bayrischen Landesverbandes zur Bek~mpfung der Tuberkulose. Ffirsorge- und Heilst~ttenwesen verdanken seiner Arbeit besonders in Bayern entscheidende F6rderung.

Am 20. April i914 er6ffnete ROMBeRG den KongreB der Dent- schen Gesellschaft ffir innere Medizin als deren Vorsitzender mit programmatischen Worten fiber die Aufgahen der wissenschaft- lichen Medizin, die er in organischer Verbindung der 13eobachtung und Behandlung am Krankenbet t mit wissenschaitlicher Er- forschung der Zusammenh~nge erblickte. Das Arzt tum im besten Sinne hat er an seiner Klinik stets gepflegt. Liebevolles Eingehen auf die Individualit~t des Kranken, auf die Besonderheit des einzelnen, Behandlung des ganzen Menschen ebensosehr wie der geringsten Einzelerscheinungen seiner Krankheit war ihm immer eine Selbstverst~ndlichkeit. Von ihm haben wir gelernt, dab nur der ein wahrer Arzt ist, der iiber der groBen Linie krankhaften Ge- schehens den Sinn ffir die Wichtigkeit scheinbar unerheblicher Kleinigkeiten, ffir Episode und Arabeske, nicht verliert. Die ab- gekl~rte Weisheit des Alters, die in unserem Lehrer lebendig war, werden wir in diesen bewegten Zeiten noch oft vermissen.

H. STRAUB, G6ttingen.