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Kapitel III 1 Erste Hilfe im Schneesport

Erste Hilfe im Schneesport apitel III

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Page 1: Erste Hilfe im Schneesport apitel III

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Erste Hilfe im Schneesport

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3 Erste Hilfe im SchneesportJoachim Sauter

3.1 Einführung

Nach § 323c StGB besteht bei einem Unfall gegen-über jedem eine Verpflichtung zur Hilfeleistung,wenn dies erforderlich und den Umständen nachzumutbar ist.Der ausgebildete Übungsleiter bzw. Ski- oderSnowboardlehrer hat in seiner Führungsrolleeine besondere Sorgfaltspflicht gegenüber derim anvertrauten Gruppe. Daraus ergibt sich diegesetzliche und moralische Pflicht zur Hilfeleis-tung bei Unfällen.So ist der Nachweis eines absolvierten Erste-Hilfe-Kurses über 8 Doppelstunden Pflicht fürden Erwerb der Übungsleiterlizenz. Eine Auffri-schung des Ersten-Hilfe-Kurses, wie in bestimm-ten Fachverbänden inzwischen Pflicht, ist in derPrüfungs- und Weiterbildungsordnung des DSVnicht vorgesehen. Das Wissen und die notwendi-ge Praxis für das Management von Unfallsitua-tionen unterliegen einer kurzen Halbwertszeit,so dass alle 3 Jahre eine Auffrischung des Erste-Hilfe-Kurses für tätige Übungsleiter dringendempfohlen wird.Schwierig ist oft die Abschätzung der Gefähr-lichkeit der Verletzung. Eine definitive Diagno-sestellung und Therapie kann jedoch vomÜbungsleiter nicht verlangt werden. Die Aufgabedes Übungsleiters besteht viel mehr darin, beieinem Unfall ruhig, möglichst sicher und ent-schlossen zu handeln. Er muss die Ersten-Hilfe-Maßnahmen beherrschen, die Unfallstelle absi-chern und weitere Maßnahmen einleiten, umSchaden vom Verletzten und/oder seiner Gruppeabzuwenden.Simuliert man bei Übungsleiter-AusbildungenUnfall-Situationen, erkennt man oft die eigeneUnsicherheit und den Wunsch nach etwas mehrSouveränität im Umgang selbst mit einfachenVerletzungen.Im Folgenden sollen die wichtigsten währendder Ausübung von Wintersport im Gebirge vor-kommenden kritischen Situationen beschriebenwerden und konkrete, vom Übungsleiter durch-führbare Erst-Maßnahmen, vorgestellt werden.

3.2 Das Erste-Hilfe-Päckchen/Die Rucksack-Apotheke

Die zwei entscheidenden Faktoren für denUmfang der mitgeführten Ersten-Hilfe-Ausrüs-tung sind:

Das eigene Wissen im Umgang mit der Ausrüs-tung (Ein Arzt wird in seiner Rucksack-Apothe-ke evtl. auch ein paar Medikamente mitführen,was vom Übungsleiter nie verlangt wird)Die voraussichtliche Dauer bis zum evtl. Ein-treffen der organisierten Rettung.So kann sich ein Übungsleiter auf der Pistesicher sein, dass in angemessener Zeit organi-sierte Rettung zur Unfallstelle kommt, aufVariantenabfahrten oder auf Ski-/Snowboard-touren ist jedoch eine organisierte Rettungunter Umständen gar nicht möglich. Deshalbmuss der Tourenführer stets mehr Erste-Hilfe-Material mitführen

Ein Übungsleiter, der im Pistenbereich tätigist, soll Folgendes in seinem Verbandspäckchenmitführen:

Alu-Rettungsdecke2 MullbindenPflasterrolle3 sterile KompressenTraubenzucker als Notration für Zuckerkranke

Zusätzlich benötigt ein Tourenführer:elastische Binde

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Sam-Splint-Schieneim Einsatz

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mindestens 1 DreieckstuchTapeidealerweise SAM-splint-Schienemehrere sterile Kompressen und PflasterSchere/TaschenmesserSchreibzeug

Wassergeschützt aufbewahren.Wer einmal mit leeren Händen bei einen Unfalldanebenstand, der wird sicher nie mehr über die„Anoraksbeule“ durch sein Verbandspäckchenschimpfen. Bei FdS komplett zu erwerben.

3.3 Organisation der Unfallhilfe

Erste Maßnahme nach einem Unfall wird immer einorientierender „first look“ auf den Verletztensein. Dann wird in Schnelle entschieden, ob mitlebensrettenden Sofortmaßnahmen begonnen wer-den muss. Lässt es die Anzahl der zu Verfügungstehenden Personen zu und macht es die Art Ver-letzung nötig (immer wenn der Verletzte nichtgleich wieder aufsteht), wird die Unfallstelle abge-sichert. Generell gilt: Eigenschutz vor Rettung.Um eine weitere Gefährdung des Verunfallten undauch der Helfer zu vermeiden, muss für die ande-ren Pistenbenutzer einsehbar ca. 10 m oberhalbder Unfallstelle (z.B. vor Kuppe) entweder einPaar Ski über Kreuz in den Schnee gesteckt wer-den oder eine Person positioniert werden. NieSnowboards versuchen in den Schnee zu stecken,sie entwickeln sich mangels Stopper selbst zuextrem gefährlichen Pistengeschossen!Machen es die Umstände erforderlich (Eis-/Stein-schlag, Lawinen-/Schneebrettabgang, Absturzge-fahr) sollte der Verletzte möglichst schnell undschonend aus dem Gefahrenbereich gebracht wer-den. Dabei Ski-/Snowboard abschnallen und Ver-letzten z.B. mit Hilfe des Rautek-Griffs aus derGefahrenzone bringen. Bei Verdacht auf eine Wir-belsäulenverletzung ist größte Vorsicht gebotenund der Verletzte sollte nur in absoluten Notfäl-len transportiert werden. Sind genügend Personen vor Ort und scheint eserforderlich, wird sofort eine zuverlässige Person(auf Touren wenn möglich zwei Versierte imGelände) zur Unfallmeldung an einen definiertenOrt geschickt.

Mobiltelefone sollten vom Führer einer Touren-gruppe stets mitgeführt werden, die gewonneneZeit bis zum Eintreffen einer evtl. benötigtenorganisierten Rettung kann dem Verletzten dasLeben retten!

3.3.1 Die korrekte Unfallmeldung:Wer meldet, wer befindet sich an der Unfall-stelle?Wo befindet sich der Unfallort?Die Informationen sollten so genau wie möglichsein, hilfreich sind Pistennummer, Liftstützen-nummer, Entfernung zu Berg-/Talstation, beson-ders markante Gelände eigenschaften oder Pis-tenabschnitte. Die organisierten Retter könnenso entscheiden, ob z.B. eine Pistenwacht auf Skivon oben oder aber eine zufällig sich in der Nähebefindende Pistenraupe schneller zum Unfallortkommen können. Aus diesem Grund sollte sichein Übungsleiter immer bestens in seinem Skige-biet auskennen und auch immer wissen, wo ersich mit seiner Gruppe befindet.Was ist passiert?Es genügt eine knappe Schilderung des Unfall-hergangs: Sturz, Zusammenstoß, Lawinenab-gang,...Wieviele Verletzte?Welcher Art sind die Verletzungen?Wann war der Unfallzeitpunkt? Die Koordinationsstelle der organisierten Ret-tung kann mit diesen Informationen nun ent-scheiden, welche Art von Rettungsmittel sieprimär zum Unfallort aussendet.Wetterbedingungen am Unfallort? Bei starkem Wind/dichtem Nebel ist z.B. eineHubschrauberrettung unmöglich, der Verletztemuss mit anderen Hilfsmitteln abtransportiertwerden (Akja, Pistenraupe).Warten auf Rückfragen bei telefonischerUnfallmeldung!

Orientierender „First look"Aufgabenverteilung:

Unfallstelle absichernEvtl. Abtransport von der UnfallstelleSofortmaßnahmen

Unfallmeldung

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3.4 Akut lebendsbedrohliche Verletzungen

Nur Soforthilfe vor Ort ist lebensrettend

3.4.1 Ziel der Sofortmaßnahmen:Oberstes Ziel ist das rasche Erkennen akutlebensbedrohlicher Situationen. Im Mittelpunktsteht daher die Überprüfung der wichtigstenVitalfunktionen: Bewusstsein, Atmung und Herz-Kreislauftätigkeit.Das Ziel dieser Sofortmaßnahmen ist die Siche-rung der Sauerstoffversorgung für das Gehirn.Akut lebensbedrohlich ist der Ausfall der Atmungund Herz-Kreislauftätigkeit. Bei einem Kreislauf-stillstand tritt durch akuten Sauerstoffmangel imGehirn innerhalb von 10–20 sec. Bewusstlosig-keit ein, nach 40–50 sec. beginnen die Pupillenweit zu werden und bereits nach 5 Min tretenirreversible Gehirnschäden ein, ab diesem Zeit-punkt droht der Tod. Dies verdeutlicht, dass gera-de innerhalb der ersten Minuten die wichtigenlebensrettenden Maßnahmen durchgeführt wer-den müssen. Da im Gebirge davon auszugehenist, dass nicht wie bei der organisierten Rettungin Stadt und Land meist sofort ein Notarzt amUnfallort ist, unterstreicht dies die Notwendig-keit des Beherrschens von Erste-Hilfe-Maßnah-men in der Rolle eines Übungsleiters.

3.4.2 Zentrale Frage: Ist die Situation akutlebensbedrohlich??

Kontrolle von Bewusstsein, Atmung und Puls(BAP- Regel)

Kontrolle von Bewusstlosigkeit durchlautes Ansprechen Kann der Verletzte die Augen öffnen?Weiß der Verletzte wer er ist, was passiert istWenn keine Reaktion > Schmerzreiz durch Kneifen

Bewusstlose verlieren den Kontakt zur Umwelt, inleichten Formen sind sie durch Ansprechen zuerwecken, bei tieferer Bewusstlosigkeit sind nurnoch schwache Reaktionen auf Schmerzreize vor-handen. Bewusstlose verlieren ihre Schutzreflexewie Husten und Schlucken. Die zurückfallendeZunge, Blut, Schnee oder Erbrochenes können die

Atemwege verlegen. Durch Atemstillstand kannso der Tod eintreten.

Kontrolle der AtmungInspektion des Mundes (evtl. Fremdkörper, Schnee ausräumen)Kopf überstrecken, Kinn anhebenOhr über Gesicht, sind Atemgeräusche hör- oder spürbarBlick auf Brustkorb, Hand fühlt nach evtl. Atembewegungen des Brustkorbs.5-10 sec. Zeit lassen!

Bei fehlender Atmung tritt durch den Sauerstoff-mangel bald Bewusstlosigkeit ein. Die Herztätig-keit setzt nach etwa 5 min ebenfalls aus.

Kontrolle des PulsesDer Puls wird einseitig am Hals getastet. Dazu zwei Finger entlang des Schildknorpels(Adamsapfel) nach hinten gleiten lassen(siehe Bild).5–10 sec. Zeit lassen!

Sind Atmung und Herz-Kreislauftätigkeit aus-gefallen:

sofortiger Beginn der kardiopulmonalen Reanimation:(ABC-Regel: Atemwege freihalten, Beat-mung, Circulation herstellen)Druckpunkt für Herz-Druckmassage: unteresDrittel Brustbein

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1. Kopf überstrecken2. Mund zu Mund (Nase verschließen)

Mund zu Nase (Mund verschließen) 3. 2 Atemspenden (ca. 500ml) > Brustkorbbewegung?4. 1+2-Helfer-Methode: 15 Herzmassagen ca. 100x/min; 2 Atemspenden ca. 500 ml

bei Kinder bis ca. 4 Jahren: 5 Herzmassagen ca. 120x/min; 1 Atemspende ca. 200 ml.5. Regelmäßige Kontrolle von Puls und evtl. Einsetzen der Eigenatmung6. Durchführung bis Eigenatmung und Herz-/Kreislauftätigkeit einsetzt

oder bis zum Eintreffen des Arztes.

Besteht Bewusstlosigkeit, Atmung und Puls sind jedoch vorhanden ?Stabile Seitenlage, um Atemwege freizuhalten!Wichtig ist die Öffnung des Mundes und eine leichte Überstreckung des Kopfes, so dass Erbrochenes ablaufen kann.Ständige Überwachung des Patienten (Kontrolle v. Atmung und Puls!) bis zur organisierten Rettung vor Ort

KardiopulmonaleReanimation

Stabile Seitenlage

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3.5 Lebendsbedrohliche Verletzungen

Nur schnelle Hilfe ist lebensrettend

3.5.1 Schock

Entstehung:Ein Schockzustand kann verschiedene Ursachenhaben. Im Gebirge sind die Ursachen meist starkeBlutungen, große Wundflächen und verminderteFlüssigkeitszufuhr bei erhöhtem Bedarf. Seltenersind akute allergische Reaktionen, starkes Erbre-chen und Durchfall. Jede größere Verletzungkann in einen Schock münden. Durch das Fehlenvon Blut/Flüssigkeit im Gefäßsystem ist eineMangelversorgung des Gehirns eingetreten, derKörper versucht dann gegenzuregulieren, dieSymptome eines Schocks folgen. Symptome:Das Herz versucht gegenzuregulieren, in dem esdas verbleibende Blut öfters durch das Gefäßsys-tem pumpt, beim Fühlen des Pulses (am Handge-lenk oder einseitig am Hals) bemerkt man diehohe Pulsfrequenz bei meist schwacher Pulsstär-ke. Die Gefäße auf der Hautoberfläche werdenenggestellt, um Flüssigkeit in den wichtigen Kör-perkern (Herz, Lunge Gehirn) zu verlagern, derVerletzte hat eine kalt-schweißige Haut. Weiter-hin atmet der Verletzte schnell. Im Rahmen einesSchockgeschehens kann sich eine Bewusstseins-eintrübung entwickeln.Maßnahmen:Um Flüssigkeit zurück in den Körperkern und dasGehirn zu verlagern, werden die Beine hochgela-gert, in dem man z.B. den Rucksack unterlegt.Besteht gleichzeitig eine Bewusstlosigkeit, mussder Verletzte in die stabile Seitenlage gebrachtund zusätzlich die Beine etwas angehoben wer-den (dabei evtl. den Kopf talwärts ausrichten).Blutungen sollten schnellstmöglich gestillt wer-

den, grossflächige Wunden steril abgedecktwerden, um zusätzlichen Flüssigkeitsverlust zuvermeiden. Bei vorhandenem Bewusstsein kannman warmen, gesüßten Tee verabreichen. BeiBewusstseinseintrübung sollte immer schnellst-möglich ärztliche Hilfe organisiert werden, daeine Flüssigkeitsgabe mit Infusionen lebensret-tend sein kann.Um den Verletzten vor Wärmeverlust zu schützen,sollte der Verletzte in eine Alu-Rettungsdeckeeingehüllt werden.

Beine hochlagern, z.B. Rucksack unterlegen Bei gleichzeitiger Bewusstlosigkeit: stabile Seitenlage + Kopf tiefBlutungen stillenBei vorhandenem Bewusstsein warmen, gesüssten Tee verabreichen. Bei Bewusstseinseintrübung immer schnellstmöglich ärztliche Hilfe

3.5.2 Schwere komplexe Verletzungen = Polytrauma

Entstehung:Bestehen gleichzeitig starke Verletzungen ver-schiedener Körperregionen, spricht man voneinem Polytrauma. So ist z.B. bei schwerenZusammenstößen mit Kopf- und Extremitäten-Verletzungen und bei Lawinenverschütteten voneinem Polytrauma auszugehen. Häufig bestehenschwere innere Verletzungen an Lunge oder (Blu-tungen) im Bauchraum, manchmal auch an derWirbelsäule, die unterschätzt werden.Symptome:Die jeweiligen zugrundeliegenden Verletzungenbestimmen die Symptomatik. Da bei diesenschweren Verletzungsmustern neben äußeren oftauch innere Blutungen vorkommen, können dieVerletzten akut bedroht sein. Häufig führt so ein

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starker Blutverlust zum Schock. Meist bestehenstärkste Schmerzen.Maßnahmen:Die erste Maßnahme sollte die Kontrolle vonBewusstsein, Atmung und Puls sein (BAP). Beivorhandenem Bewusstsein steht die Schock-bekämpfung im Vordergrund. Systematisch (vonKopf bis Fuß) wird dann der Verletzte nachSchmerzen, Gefühls- und Bewegungsstörungenbefragt. Blutstillung, schmerzarme Lagerung undWärmeisolation erfolgen noch am Ort, dann soll-te schnellstens ein Transport in das nächsteKrankenhaus organisiert werden.

Kontrolle von Bewusstsein, Atmung und Puls(BAP). SchockbekämpfungSuchen nach Schmerzen, Gefühls- und Bewe-gungsstörungenBlutstillung, schmerzarme Lagerung undWärmeisolationSchnellstens Transport in das nächste Kran-kenhaus.

3.5.3 Blutungen:

Entstehung:Man unterscheidet die äußere, sichtbare Blutungvon der Blutung nach innen. Innere Blutungensind nur schwer zu erkennen. Häufige Blutungs-quellen sind Beckenbrüche, Oberschenkelbrüche,Leber- und Milzeinrisse. Äußere Blutungen entstehen nach Stürzen oderZusammenstößen meist infolge der scharfenStahlkanten und sind unter der Sportkleidungmeist auch nicht sofort zu erkennen.Symptome und Maßnahmen:Um den Schweregrad einer blutenden Verletzungzu erkennen, sollte man kurz die verletzte Stelleinspizieren, dabei jedoch immer eine sterileKompresse bereithalten. Glücklicherweise sindBlutungen nach außen meist gut stillbar undwerden in ihrer Gefährlichkeit vom Laien vor Ortmeist überschätzt.Besonders nach schweren Stürzen oder Kollisio-nen muss man auf die Entwicklung von Schock-symptomen achten. Nicht selten bestehen keineäußeren Verletzungen, der Gestürzte blutetjedoch stark aus Leber oder Milz. Die Kennzei-

chen eines starken Blutverlustes sind die glei-chen wie beim Schockzustand. Der Patient hateinen schnellen Puls, er ist blass, kalt-schweißigund manchmal sogar bewusstseinsgetrübt. Hierist größte Eile geboten, Sofortmaßnahme ist dieSchocklagerung, dann schnellstens Abtransportin das nächste Krankenhaus.Man unterscheidet die seltene pulssynchronespritzende hellrote arterielle Blutung von derkontinuierlich fließenden dunkelroten venösenBlutung. Besonders bei arteriellen Blutungensollte schnellstmöglich ein steriler Druckverbandangelegt werden. Auf die blutende Wunde wirdeine sterile Wundauflage gelegt. Um den Druckauf die Wunde zu erhöhen werden entwedermehrere Lagen Kompressen oder ganze Verbands-päckchen, evtl. auch zusammengelegte Tüchermit kräftigem Druck aufgepresst und dann miteiner Binde unter Druck fest verbunden.An schwierig zu verbindenden Stellen (Rumpfund bestimmte Kopfregionen) sollte man sterileKompressen auf die Blutung drücken und sichdann für die Anlage des Verbandes Zeit lassen. Man kann durch Abdrücken den Blutverlust biszum Anlegen eines Druckverbandes besonders beistark spritzenden arteriellen Blutungen verrin-gern. Dabei sucht man entweder in der Achsel-höhle oder im Leistenbereich die Pulsationen derArterien auf und drückt dann die Arterien gegenden darunter liegenden Knochen. Jetzt kann inRuhe ein Druckverband angelegt werden.Nur sehr selten wird es nötig sein, Extremitätendauerhaft abzubinden. Dies sollte aus Gründender daraus entstehenden Unterversorgung derunverletzten Anteile der Extremität nur als aller-letzte Maßnahme in Betracht gezogen werden.Dabei wird mit einer Binde oder einem Dreiecks-tuch die Extremität auf einer möglichst breitenAuflagefläche umwickelt, der Knoten daraufhinlangsam zugezogen, bis die Blutung zum Still-stand kommt. Auf keinen Fall sollte man ein Seilverwenden, da es unter dem Seil zu bleibendenDruckschäden von Gefäßen und Nerven kommenkann.Eine einfache und wirksame Maßnahme istzusätzlich das Hochlagern des verletzten Körper-teils, idealerweise über Herzniveau. Damit sinktder Blutdruck in dem hochgelagerten Körperteilund die Blutung nimmt deutlich ab.

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Starker Blutverlust > Schocklagerung +schnellste ärztliche HilfeÄußere Blutungen > steriler Druckverband,evtl. Abdrücken Hochlagern

3.5.4 Gehirnverletzungen

Entstehung:Gehirnverletzungen entstehen meist durch Stür-ze oder Zusammenstöße bei großen Geschwindig-keiten. Da die Verletzung nicht einsehbar ist, istdie Beurteilung der Schwere der Verletzungschwierig. Im Gehirn sitzen die Zentren zur Rege-lung unserer lebenswichtigen Funtkionen wieAtmung, Herzschlag und Bewusstsein. So habenwir anhand der Beurteilung der Bewusstseinsstö-rung eine grobe Orientierung über die Schwereder Verletzung.

Beurteilungsmöglichkeiten einer Gehirnver-letzung

Schläfrigkeit: verlangsamte, jedoch folge-richtige Reaktion auf Ansprache

Patient beruhigen, Abtransport unter BAP-Kontrolle, ärztliche Hilfe

Bewusstseinsstörung (=Dämmerzustand):Reaktion nur auf Schmerzreize

Kontinuierliche BAP-Kontrolle, stabile Sei-tenlage, schnelle ärztliche Hilfe

Bewusstlosigkeit: durch Ansprache oderSchmerzreiz nicht erweckbar

Kontinuierliche BAP-Kontrolle, evtl. kardio-pulmonale Reanimation nötig Ansonsten stabile Seitenlage, schnellsteärztliche Hilfe.Eine weitere Möglichkeit zur Beurteilung istdas Auge. Es ist als einziges Organ am Schä-del von außen direkt einsehbar. Die Pupil-lenweite regelt den Lichteinfall auf die Netz-haut durch eine Verengung bei starkerHelligkeit und durch eine Vergrößerung beiDunkelheit.

Beide Pupillen reagieren auf den Lichtein-fall beim Öffnen der Lider mit einer Veren-gung. Die Pupillenweite beider Augen sindgleich eng. Beide Pupillen sind gleich eng.

Kontinuierliche BAP-Kontrolle

Eine oder sogar beide Pupillen reagierennicht auf Lichteinfall bei Lidöffnung. Siesind erweitert und entrundet.

Kontinuierliche BAP-Kontrolle, evtl. kardio-pulmonale Reanimation nötig, Ansonsten stabile Seitenlage, schnellsteärztliche Hilfe

Einteilung der GehirnverletzungenGehirnerschütterung (=Commotio cerebri)Es sind keine organischen Hirnschäden vorhan-den, die Bewusstlosigkeit ist kürzer als 15 min,der Dämmerzustand dauert höchstens eineStunde. Meist ist für die Zeit vor dem Unfall undfür den Unfall selber eine Erinnerungslücke vor-handen. Häufiges Fragen nach dem Unfallher-gang ist gekoppelt mit starken Kopfschmerzen,evtl. mit Übelkeit und Erbrechen.Der Verletzte muss ärztlich untersucht werden,meist folgt eine eintägige Überwachung imKrankenhaus um evtl. spätere Eintrübungüberwachen zu können und gegebenenfallssofort reagieren zu können. Bestehen offene Schädelverletzungen,Gehirnquetschungen, weite reaktionslosePupillen oder längere Bewusstlosigkeit istschnellste ärztliche Hilfe gefragt.Die Hirnfunktion ist akut gefährdet, die Ver-letztungen sind akut lebensgefährlich und derVerletzte muss schnellstmöglich in ein Kran-kenhaus gebracht werden.

3.6 Spezielle Verletzungen am Bewegungsapparat

3.6.1 Wirbelsäulenverletzungen

Entstehung:Verletzungen der Wirbelsäule entstehen meistdurch schwerste Stürze, besonders nach Stauchun-gen (Sprung in Mulde), bei schwerem Aufprall oderZusammenstoß und bei Lawinenverletzten.Die Wirbelsäule ist ein biegsamer Stab aus ein-zelnen Wirbelkörpern und stellt die Stütze desmenschlichen Skeletts dar. In einem innerhalbder Wirbelkörper verlaufenden Kanal verläuft dasRückenmark, ein dicker Nervenstrang, der dasGehirn mit den übrigen Körperabschnitten ver-bindet. Es besteht die Gefahr, dass das Rücken-mark durch gebrochene Wirbelkörper komprimiert

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oder sogar abgeschert wird. Dadurch droht eineQuerschnittslähmung unterhalb der Schädi-gungshöhe.Symptome und Maßnahmen:Da die Wirbelsäule nur sehr schlecht zu untersu-chen ist und eindeutige Anzeichen für die dro-hende Querschnittslähmung meist fehlen, ist derVerletzte mit Verdacht auf eine Wirbelsäulenver-letzung wie ein rohes Ei zu behandeln. DurchLagerungsmaßnahmen können Lähmungen entste-hen. Ist der Verletzte bei Bewusstsein und gibt Schmer-zen im Rücken/Wirbelsäulenbereich an, sollte mannach Gefühlsstörungen und evtl. Bewegungsaus-fällen an Armen und Beinen fahnden. Relativ ein-deutige Zeichen für eine Wirbelsäulenverletzungsind unkontrollierter Stuhl- und Urinabgang. Sindsolche Störungen vorhanden ist mit einer Verlet-zung des Rückenmarks zu rechnen. Es sollteschnell kompetente Hilfe organisiert werden. Inder Zwischenzeit sollte man immer wieder Gefühlund Bewegung in Armen und Beinen kontrollierenund den Patienten wärmen.Nur in absoluten Notfällen (Eis/Steinschlag) soll-ten Umlagerungsmaßnahmen durch Laien vorge-nommen werden. Dabei muss bei Verletzung derHalswirbelsäule ein ständiger leichter Längszugam Kopf bestehen, der Verletzte muss mit einemleichten Hohlkreuz, seine Rückenmuskulatur zurStabilisierung anspannend, liegend umgelagertund abtransportiert werden. Ideal ist eine stabili-sierende Unterlage (Brett, Snowboard). Erschütte-rungen sind möglichst zu vermeiden.

Erkennen der GefahrKontrolle Bewegung und Gefühl in Armen undBeinen / Stuhl-Urinabgang?Wärmen Im Notfall (Eis/Steinschlag) Umlagerung undAbtransport (3-4 Helfer!):Unterlage (Brett, Snowboard), StändigerLängszug am Kopf, liegende PositionSchnellstens ärztliche Hilfe

3.6.2 Das ausgekugelte Schultergelenk =Schulterluxation

Entstehung:Das Schultergelenk besteht aus einer Kugel amEnde des Oberarms, die in der Pfanne des Schulter-

blatts sitzt. Muskeln und Bänder schienen dasGelenk. Es besteht somit einerseits die für unsereAlltagsmotorik wichtige große Bewegungsfreiheit,andererseits auch eine Tendenz zur Instabilität.Aus diesem Grund kugelt sich das Schultergelenkauch wesentlich häufiger als die anderen Gelenkedes Körpers aus. Die Schulterluxation ist meistFolge eines Sturzes auf den ausgestreckten Arm,seltener auch einer zu starken Rotation des Armes.Symptome:Die Schulterluxation ist sehr schmerzhaft, der ver-letzte Arm wird meist leicht vom Körper weggehal-ten, ist etwas nach außen gedreht und wird vomgesunden Arm gestützt.Maßnahmen:Beim vorsichtigen Untersuchen, durch Anorak meisterschwert, ist oft eine leere Schulterpfanne zu tas-ten. Man sollte kurz die Durchblutung, das Empfin-den und die Bewegung der Finger kontrollieren. Der Arm sollte in der schmerzärmsten Positionruhiggestellt, wenn möglich geschient werden.Bei der Schulterluxation können Gefäße, Nervenund auch Knochen mitverletzt sein. Deshalb sollteder Verletzte baldmöglichst in ein Krankenhausgebracht werden. Für das Repositionsmanöver(Einrenkmanöver) ist meist eine Kurz-Narkose undRöntgen zum Ausschluss begleitender Knochenris-se erforderlich. Man sollte so wenig Zeit wie mög-lich auf Transportwegen verlieren, da die Reposi-tion um so leichter gelingt, je weniger Zeit vomUnfall bis zum Repositionsversuch vergeht. Besonders schwierig gestaltet sich die Situation beilangdauernden und schwierigen Abtransportwegen.In diesem Ausnahmefall ist ein Einrenkversuch vorOrt von geschulten Bergrettern zu vertreten. DaEinrenktechniken von diesem jedoch beherrschtwerden, unterbleibt hier eine Gebrauchsanweisungfür Ungeübte.Ruhigstellung:Zur Schienung eignet sich ein Dreieckstuch,eventuell zusätzlich zwischen Arm und KörperPullover oder SAM-Splint-Schiene legen und Ver-band locker um den Körper herum fixieren.

Kurze Untersuchung: SchultergelenkKontrolle von Empfinden, Bewegung undDurchblutung der HandKein Einrenken durch UngeübteLockere Schienung in der für Verletztenschmerzärmsten Position. (SAM-Splint) Schneller Abtransport in Krankenhaus

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3.6.3 Der Handgelenksbruch

Entstehung:Besonders im Snowboardsport kommt es durchStürze auf die angewinkelte Hand zu den typi-schen Brüchen im Handgelenk. Symptome:Dabei ist die Hand meist ähnlich einer Gabelhandgelenksnah nach oben gegenüber demUnterarm geknickt. Meist ist nach dem vorsichti-gen Entfernen des Handschuhs eine Blickdiagno-se zu stellen. Der Patient hat eine schmerzhafteBewegungseinschränkung, hält die Hand mög-lichst ruhig. Schwellung und/oder Bluterguss fol-gen häufig. Maßnahmen:Als Erstmaßnahmen empfehlen sich Ruhigstel-lung in der vom Verletzten akzeptierten Position,Kühlung und Hochlagern. Da der Bruch in derRegel eingerenkt und gegipst, selten auch ope-riert werden muss, ist unverzüglich ein Arzt auf-zusuchen. Von Nutzen ist die Kontrolle vonBeweglichkeit, Empfinden und Hautfarbe derHand.

Handschuh ausziehen und untersuchenKühlung, Ruhigstellung und eventuell Hochla-gernUnverzüglich ärztliche Abklärung

3.6.4 Die geschlossene Knieverletzung

Entstehung:Knieverletzungen zählen zu den häufigsten Ver-letzungen im Wintersport. Das Knie ist ein kom-plexes Gelenk, es besteht aus dem Oberschenkel-knochen, zwei Unterschenkelknochen, seitlichfixierenden Bänder und den im Kniegelenk ver-laufenden vorderen und hinteren Kreuzbändern.Die Kreuzbänder führen und stützen besondersbei Drehbewegungen. Knieverletzungen entste-hen meist durch einen Sturz mit Drehung desbetroffenen Beines. Meist sind Band- und Kapsel-strukturen betroffen, selten sind auch knöcherneVerletzungen vorhanden.Symptome:Die Möglichkeiten der Verletzungsmuster sindvielfältig, die gemeinsamen Symptome zu Anfangsind meist schmerzhafte Bewegungseinschrän-kung und zunehmende Schwellung.

Maßnahmen:Die Schmerzen des Verletzten bestimmen dieweitere Vorgehensweise. Kann der Verletzte nacheiner Ruhepause wieder auf seinem Bein stehenund es belasten, sind meist keine knöchernenStrukturen betroffen. Da jedoch Verletzte selbstmit komplexen Kreuzbandrupturen noch zur Tal-station abgefahren sind, sollte man nicht allzufrüh die Verletzung bagatellisieren, sondernimmer empfehlen, eine ärztliche Diagnose stellenzu lassen. Im Skisport ist bei Knieverletzungenzu über 60% das vordere Kreuzband (mit-) geris-sen. Die Diagnose kann vor Ort nur sehr schwergestellt werden, oft wird auch vom Spezialisteneine Arthroskopie benötigt, um eine definitiveAussage machen zu können.Vor Ort oder aber spätestens im Tal empfiehltsich Kühlung, eine Bandagierung und ein Hoch-lagern des betroffenen Knies.

Untersuchung von BeweglichkeitVersuch der BelastungBei Abtransport Kühlung, Bandage und Hoch-lagernÄrztliche Abklärung

3.6.5 Der Skidaumen

Entstehung:Der Skidaumen ist meist Folge eines Sturzes aufden gestreckten oder abgewinkelten Daumen.Häufig wird versucht, den Sturz auf dem Skistockabzufangen, so dass der Daumen im Daumen-grundgelenk überdehnt wird. Dabei kann dasBand reißen, das das Daumengrundgelenk innenseitlich fixiert, manchmal reißen auch knöcherneAnteile mit aus.Symptome:Oft sind die Schmerzen mit Anschwellung undBluterguss verbunden. Der feste Griff zwischenDaumen und Zeigefinger ist nicht mehr möglich.Maßnahmen:Am Unfallort sollte die Stelle gekühlt werden undder Daumen vor weiteren Überdehnungengeschützt (Tape oder Binde) werden. DurchHochlagern hält sich der meist entstehende Blut-erguss in Grenzen.Die Beurteilung, ob eine stabile oder instabileGelenksituation vorliegt, muss ein Arzt entschei-den. Therapiemöglichkeiten sind je nach Schwe-

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regrad die operative Versorgung oder bei gerin-gerem Befund die Schienung mittels Gips. Da derDaumen (besonders der dominierenden Hand)sehr wichtig für die Funktionalität der Handmo-torik im Alltag ist, sollte immer eine ärztlicheAbklärung erfolgen.

Handschuhe ausziehen und untersuchenKühlung, Fixierung und evtl. HochlagernÄrztliche Abklärung

3.7 Schädigungen durch Kälteeinwirkung

3.7.1 Erfrierungen

Entstehung:Bei Erfrierungen handelt es sich um eine lokaleSchädigung ohne Abkühlung des Körperkerns.Besonders gefährdet sind Finger, Zehen, Nase,Wangen und Ohren. Äußere Faktoren, die eineErfrierung fördern, sind hauptsächlich die einwir-kende Kälte, Wind und Feuchtigkeit.

Feuchtigkeit: Eine nasse Hautoberfläche lei-tet die Kälte weitaus besser an die Haut undUnterhaut weiter.Wind: Befinden wir uns bei sehr kaltem, aberwindstillem Wetter im Freien, bildet sich umunseren Körper eine schützende Wärmehülle,die wie eine Thermosflasche wirkt. Bestehtjedoch eine Windeinwirkung auf die Haut,wird dieser Wärmemantel weggeweht. Man hatversucht, einen Wind-Kälte-Index aufzustel-len, der die jeweilige effektive Temperatur aufder Hautoberfläche widerspiegelt. Dabei darfman nicht vergessen, dass die Eigengeschwin-digkeit auf Pisten nicht selten über 25-30km/h beträgt.

Windstill 5 m/s = 18km/h 10 m/s = 36 km/h= Windstärke 3 = Windstärke 5

0°C -8°C -15°C-10°C -21°C -30°C-20°C -34°C -44°C

Kälte: Beim Wintersport in großen Höhen istdie Temperatur oft erheblich tiefer, als bei denTalstationen vermutet. Man weiß, dass abhän-gig von der Wetterlage die Temperatur gleich-mäßig um ca. 6,5°C pro 1000 Höhenmeterabnimmt. So kann bei Kenntnis der Höhe im

Skigebiet oder des Tourenziels die Temperatur,die einen dort erwartet, errechnet werden.

Symptome:Über einen reflexartigen Schutz-Mechanismuswerden die peripheren Blutgefäße der Haut eng-gestellt, so dass Hände, Nase, Wangen, Ohrenund Füße alarmierend weiß erscheinen. Die Stel-len fühlen sich kalt, gefühllos an, Gelenke kön-nen kaum bewegt werden. Maßnahmen:

Prävention: Das Fundament für die Verhütungvon Kälteschäden stellt eine winddichte,möglichst wasserdichte und funktionelle Klei-dung dar. Eine Gesichtsmaske hält Kälte undWind unter Extrembedingungen gut ab. Sammelplätze sind im Unterricht nicht anwindexponierten Stellen zu wählen. An eisigenTagen sollten die Teilnehmer immer wiederdarauf aufmerksam gemacht werden, sichgegenseitig auf helle Wangen und Ohren zukontrollieren. Denn gerade Nase, Wangen undOhren werden beim Erfrieren oft selbst garnicht wahrgenommen.Besonders Tourengeher müssen an Wechselwä-sche und Zusatzausrüstung denken. Das Abfel-len und Umrüsten zur Abfahrt sollte auch mitHandschuhen gemeistert werden, da gerade amGipfel oft ein kalter Wind weht.Behandlung: Bei Verdacht auf eine Erfrierungkann man versuchen, die Stellen durch Hand-auflegen wieder aufzuwärmen. Am bestensollte man einen geschützten, warmen Platzaufzusuchen. Kalte Hände und Finger lassensich, unter den Achseln geschützt, gut anwär-men. Zehen kann man im warmen Wasserbadwieder anwärmen. Die Temperatur des Wasserssollte gerade so hoch sein, dass die Schmerzenbeim Anwärmen auszuhalten sind. Dabei mussdie Temperatur langsam gesteigert werden, dieEndtemperatur sollte < 38°C betragen, denndie Haut ist gefühllos und eventuelle Verbren-nungen können nicht wahrgenommen werden.Werden die Stellen gleich wieder warm undkommt das Gefühl wieder zurück, muss meistnichts weiter unternommen werden.Bleibt Gefühllosigkeit, so muss eine ärztlicheBehandlung erfolgen. Im Krankenhaus werdenErfrierungen mit blutverdünnenden undinfektbekämpfenden Medikamenten behan-delt. Eine Amputation kann so manchmal ver-mieden werden.

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Grad Körperkern-Temperatur Symptome

1 35-32°C Abwehr: Kälteschmerz, Erregung, Muskelzittern, hoher Puls2 32-28°C Erschöpfung: nachlassender Schmerz, Eintrübung, langsamer Puls3 28-24°C Lähmung: Bewusstlosigkeit, Muskelerschlaffung, Herzrhythmus-

störungen, akute Lebensgefahr4/5 <24°C Scheintod/Tod: Atem/Herz-Kreislaufstillstand

Das Auftauen einer Extremität sollte jedochnur dann erfolgen, wenn neuerlicher Kälteein-fluss ausgeschlossen ist. Ist auf Touren davonauszugehen, dass kein Abtransport erfolgenkann, so fährt der Tourengeher besser miterfrorenen Extremitäten zügig ab und beginntim Tal mit dem Wiederaufwärmen.

Prävention:Winddichte, möglichst wasserdichte und funktionelle KleidungWindexponierte Stellen meiden Gegenseitige Beobachtung von NaseWangen und Ohren

Behandlung:Handauflegen, Hände in Achselhöhle, warmes Wasserbad (<38°C)Bleibt Gefühllosigkeit, ärztliche Behand-lung im Krankenhaus

3.7.2 Unterkühlung

Entstehung:Eine Unterkühlung ist definitionsgemäß einAbsinken der Körperkerntemperatur unter 35°C.Die meisten Unterkühlten im Wintersport werdennach Lawinenunfällen und bei erschöpften oderverletzten Tourengehern beobachtet. Da derUnterkühlte einen reduzierten Sauerstoffver-brauch und einen reduzierten Stoffwechsel (aufbis zu 1/4 herabgesetzt!) hat, bestehen auch nachlängerem Herz-Kreislaufstillstand noch Überle-benschancen.Symptome:Die Unterkühlung kann entsprechend der Körper-kerntemperatur in Schweregrade eingeteilt wer-den:

Über ein Steuerzentrum im Gehirn wird die Mus-kulatur zum Kältezittern angeregt, um Wärme zuerzeugen. Diese Art der Wärmeproduktion ist sehrunwirtschaftlich und bedingt ein Mehrfaches desüblichen Sauerstoffverbrauchs. Die dadurchbedingte Anstrengung und gesteigerte Atemtä-tigkeit kühlt den Körper zusätzlich aus. Um den Körperkern so lange wie möglich warm zuhalten, werden die Blutgefäße der Extremitätenenggestellt. Die Körperperipherie wird eiskalt,das Blut im Körperkern zentralisiert (Herz,Gehirn, Lunge).Maßnahmen:Beim wachen, nicht bewusstseinsgetrübtenUnterkühlten sollte eine Wiedererwärmung ver-sucht werden. Ideal ist eine warme Hütte. Feuch-te, abschnürende Kleidung sollte gewechselt wer-den. Der Unterkühlte wird, eventuell mit einer ihnwärmenden Person, in eine Rettungsdecke einge-hüllt. Eine zu starke aktive Erwärmung (heißesBad oder heiße Tücher) ist eher schädlich. Vorsicht:Ab zweitgradigen Unterkühlungen droht der Ber-gungstod. Dabei kommt durch die Bewegung derExtremitäten das kalte Blut aus der Körperschalein den Körperkern. Diese Abkühlung kann einenplötzlichen Herz-Kreislaufstillstand verursachen.Es darf auf keinen Fall versucht werden, durchpassives Bewegen von Armen und Beinen Wärmezu erzeugen. Ein Abtransport muss sehr behut-sam erfolgen. Beim Bewusstseinsgetrübten sollte schnellst-möglich ärztliche Hilfe organisiert werden. Dabeiimmer BAP kontrollieren. Sind Wiederbelebungsmaßnahmen nötig, so ist diekardiopulmonale Reanimation bis zum Eintreffeneines Arztes fortzusetzen, da die Überlebenschan-cen bei Unterkühlung deutlich verbessert sind.

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Wach:Wiedererwärmung durch warme HütteKleidungswechselEinhüllen in Rettungsdecke, eventuell mitwärmender Person

Bewusstseinsgetrübt:Wärmeisolationschnellstmöglich ärztliche HilfeBAP KontrolleVorsicht: Bergungstod!Wiederbelebungsmaßnahmen bis zum Eintreffen eines Arztes fortsetzen

3.8 Sonnen-/Hitzeschäden

3.8.1 Sonnenbrand

Entstehung:Die Strahlungsintensität alpinen Geländes istdurch zwei Faktoren erheblich größer als in dersonst gewohnten Umgebung:Zum einen wächst die Strahlenexposition mitzunehmender Höhe (16% Zunahme pro 1000Höhenmeter!), zum anderen beträgt die Refle-xion der Strahlung bei Altschnee 60%, bei frischgefallenem Neuschnee sogar bis 90%. Nebel undWolken können durch seitliche Reflexion dieEffekte zusätzlich verstärken. Die so einwirkendeDosis kann speziell zum Sonnenhöchststand überdie Mittagszeit bis zu 40x höher sein.Die wichtigsten Probleme bei zu starker UV-Strahlung betreffen den kurzwelligen UVB-Bereich. Zu lange Einwirkdauer auf ungeschützteHaut erzeugt Verbrennungen. Symptome:Ein Sonnenbrand ist gekennzeichnet durchRötung und Blasenbildung. Eine nachgewieseneLangzeitfolge ist Hautkrebs.Maßnahmen:Jeder Sonnenbrand ist vermeidbar. Sonnen-schutzcremes sollten ausreichenden Lichtschutz-faktor (LF 15-40!) haben. Bei Sonnenbrand vorweiterer Sonne schützen, kühlen, bei Blasen ambesten steril abdecken.

Sonnenschutzcremes mit Lichtschutzfaktor15-40!Bei Sonnenbrand vor weiterer Sonne schüt-zen, kühlen, bei Blasen steril abdecken

3.8.2 Augenhornhautentzündung – Schneeblindheit

Entstehung:Die Problematik der verstärkten UVB-Strahlung istbei der Entstehung des Sonnenbrandes beschrie-ben. Beim Tourengehen ist die Kopfhaltung oftzum Boden gewandt. Dadurch trifft zusätzlichreflektierte Strahlung senkrecht auf das Auge. Symptome:Die Hornhaut und die Augenbindehaut entzün-den sich. Meist sind die Augen nach einem freienIntervall nach 4-6 Stunden äußerst schmerzhaft.Die Augen sind gerötet und meist hat man einFremdkörpergefühl. Ein starker Tränenfluss folgt.Die Verblitzten meiden jedes zu grelle Licht undschließen oft krampfhaft ihre Lider.Maßnahmen:Prävention: Eine Sonnenbrille muss über einen100%-igen UV-Schutz verfügen, Schutz vor seit-lichem Lichteinfall ist empfehlenswert.Bei vorhandenen Symptomen ist ärztliche Kon-trolle angeraten. Es sollten Augentropfen verab-reicht werden, bei starken Beschwerden emp-fiehlt sich ein Augenverband.

Sonnenbrille mit 100%-igem UV-SchutzÄrztliche Kontrolle angeratenAntibiotikahaltige Augentropfen oder -salben

3.8.3 Sonnenstich

Entstehung:Der Sonnenstich entsteht durch eine starkedirekte Einwirkung der Sonnenstrahlung auf denunbedeckten Kopf und/oder Nacken. Dies tritthäufig beim Tourengehen auf, kann jedoch auchan warmen Frühjahrstagen auf der Piste vorkom-men. Die Hirnhäute werden gereizt und zeigeneine Entzündungsreaktion.Symptome:Starke Kopfschmerzen werden von Nacken-schmerzen begleitet. Übelkeit, Erbrechen undSchwindel sind ebenfalls frühe Symptome. Inernsteren Fällen drohen Schock, Krampfanfälleund sogar Bewusstseinseintrübung. Maßnahmen:

Prävention: Beim Tourengehen und an war-men Frühjahrstagen empfiehlt sich eine Kopf-

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bedeckung, besonders anzuraten ist einSchutz für Dünnbehaarte und Glatzenträger.Behandlung: Wichtig ist eine kühle Umge-bung, frei von direkter Sonneneinstrahlung.Der Kopf wird hochgelagert, evtl. in kaltefeuchte, kalte Tücher eingehüllt. Bei starkenNackenschmerzen sollte ärztliche Hilfe orga-nisiert werden, da die akute Hirnhautentzün-dung sehr ernste Folgen haben kann.

KopfbedeckungKühle Umgebung, ohne Sonneneinstrahlung Kopf hochlagern, evtl. in feuchte, kalte TüchereinhüllenBei starken Nackenschmerzen > ärztliche Hilfe

3.8.4 Hitzschlag

Entstehung:Der Hitzschlag entsteht durch Wärmeeinwirkungbei nicht ausreichender Wärmeabgabemöglich-keit. Durch ungenügende Flüssigkeitszufuhr beistarkem Schweißverlust ist die Temperaturregu-lation des Körpers gestört. Zu warme und dichteKleidung verhindern eine ausreichende Wärmeab-gabe. Ein Hitzschlag kann z.B. bei langen Anstie-gen auf Touren vorkommen, wenn die Trinkmengenicht ausreicht.Symptome:Kopfschmerzen und Übelkeit sind Warn-Sympto-me. Die Haut ist rot, trocken und heiß, die Kör-pertemperatur ist erhöht, manchmal über 40°C.In ernsten Fällen drohen Schock, Krampfanfälleund Bewusstseinseintrübung. Maßnahmen:Wichtig ist kühle Umgebung, der Hitzeerschöpftewird in feuchte, kalte Tücher eingehüllt. Ist erbei Bewusstsein, kann man langsam Flüssigkeitzuführen. Bei Bewusstseinseintrübung sollteschnellstens ärztliche Hilfe organisiert werden,da eine Flüssigkeitsgabe über die Venen lebens-rettend sein kann.

Kühle Umgebung, evtl. in feuchte, kalteTücher einhüllenBei vorhandenem Bewusstsein langsamFlüssigkeit zuführenBei Bewusstseinseintrübung schnelle ärzt-liche Hilfe

3.9 Höhenkrankheit

Entstehung:Der Luftdruck nimmt mit zunehmender Höhe kon-tinuierlich ab, der Anteil von Sauerstoff bleibtkonstant bei ca. 21%. Der für den Organismuswichtige Teildruck von Sauerstoff in der Einatem-luft sinkt folgendermaßen mit steigender Höhe.Höhenbergsteiger benötigen deswegen in extre-men Höhen zusätzlichen Sauerstoff. Durch denverminderten Sauerstoffpartialdruck können inHöhen ab ca. 2500 m auch bei gut trainiertenMenschen Höhenbeschwerden auftreten. Beson-ders in den Höhenlagen der Gletscherskigebietemuss sich der Organismus den veränderten Be-dingungen anpassen. Diese Anpassung verläuftinnerhalb weniger Stunden. Eine Höhenakklima-tisation bei Höhenbergsteigern benötigt mehrereTage bis Wochen!

Symptome:Die Symptome reichen von Übelkeit, Erbrechen,Schwindel bis zu Kopfschmerzen. In Fällen vonsehr starken Kopfschmerzen kann ein Hirnödemvorliegen, dabei kann es zu Bewusstlosigkeit undSchock kommen.Bei besonders schweren Fällen hat der Erkrankteglasigen oder blutigen Schaum vor dem Mund,dies ist ein Zeichen für ein schweres Lungen-ödem.

Maßnahmen:Prävention: Durch ein langsames Aufsteigenin große Höhen kann der Höhenkrankheit vor-gebeugt werden, für Pistenbenutzer bedeutetdies, vor der ersten Fahrt eine kleine Höhen-anpassungspause einzulegen und eine ver-nünftige aber nicht zu anstrengende Auf-wärmphase durchzuführen. Anfangs empfiehltes sich, eher tiefere Lifte zu benützen.Therapie: Bei eingetretenen leichterenBeschwerden ist eine ausreichende Pauseeventuell ausreichend, bei Symptomen wiestarken Kopfschmerzen oder erschwerterAtmung sollte man sofort runter in das Tal!Werden die Beschwerden dadurch nicht gelin-dert, so muss ein Krankenhaus mit Druckkam-mer zur Therapie angesteuert werden.

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Prävention:langsames AufsteigenAkklimatisierenanfangs eher tiefere Lifte benützen

Behandlung:Leichte Beschwerden > ausreichende PauseStarke Kopfschmerzen, erschwerte Atmung >sofort runter ins Tal!Bleiben Symptome > Krankenhaus mit Druckkammer

Literatur

Schuster, H.P Notfallmedizin: Symptomatologieund erste Versorgung der akutlebensbedroh-lichen Zustände 1989 Stuttgart Enke-Verlag

Ellinger, K; Osswald, P.M.; Stange, K.; Fachkun-dennachweis Rettungsdienst 1998 BerlinSpringer-Verlag

Wilkerson, J.A.; Medicine for Mountaineering &Other Wilderness Avtivities 1992 Seattle, Was-hington The Mountaineers

Müller, H.; Chirurgie 1997 Breisach Med. Verlags-und Informationsdienste

Berghold, F.; Schaffert, W. Höhenakklimatisationund Höhenmedizin 1997 Balingen DemeterVerlag im Sspitta-Verlag

Doeffinger, J.; Intensivmedizinisches Notizbuch1998 Wiesbaden Wiss. Verl.-Abt. Abbott

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