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[Zeitsehr. f. Untersgchung 1106 20. Jahres~-ersammlung der Freien Vereinigung. [d. Iqahr.- u. Genussmittel. wir nur im Anschluss an die Mittheilung B ujards noch bemerken, dass diese Alkohol-Kali~Methode es auch ermSglicht, in kiirzester Zeit den qualimtiven Nachweis yon Glykogen in Fleischwaaren zu ftihren, indem man den nach Be- handlung mit der alkoholischen Kalilauge verbleibenden Riickstand mehrmMs mit etwas heissem, starkem Alkohol auswitscht, das etwa vorhandene Glykogen in Wasser i(~st und die L(isung mit Jodl6sung auf Glykogen priiffl Diskussion. Dr. B 5m e r fragt, wie viel Glykogen iu Dauerwiirsten enthalten sei und ob in Eiweisspraparaten wie Roborat u. s. w. die St/4rke naeh dem Verfahren bestimmt werden kOnne. Prof. M a y r h o f e r erwidert, dass Fleischwfirste 0,1--0,2 ~ Glykogen enthielten. Die Zersetzliehkeit des letzteren sei nicht so gross, wie gewShnlich angenommen werde, da man sonst nach den bisher tibliehen Bestimmungsverfahren z. B. nach K iilz, wo- nach stundenlang mit Kalilauge u. s. w. erhitzt wird, tiberhaupt kein Glykogen linden kSnne. Beziiglich der Eiwei~pr/~parate fehle ihm die Erfahrung. Dr. M. Wintgen hat in Eiweisspr/iparaten die St~rke in der Weise bestimmt, <lass die Substanz mit alkoholisehem Kali behandelt und der Filterrilckstand nfit Salz- s~are invertirt wurde. Dr. B6m e r f/ihrt welter aus, dass der Glykogengehalt in Wfirsten verschieden sein werde, je nachdem letztere gekoeht worden seien, oder nieht. Prof. W. Fresenius best/itigt, nach dem Verfahren des Vortragenden befrie- digende Ergebnisse bei der Glykogenbestimmung in Leberwfirsten erhalten zu haben. Prof. Beckmann maeht darauf aufmerksam, dass der anh/ingende Alkohol die Ursaehe der stark hygroskopischen ]~igensehaften der Filterrfiekst~nde sein kSnne und dass diese vielleicht zu beseitigen seien, wenn der Alkohol dureh indifferente Mitte], wie Petrol/ither oder Chloroform entfernt wtirde. Prof. Mayrhofer betont, dass beim Abfiltriren des St~irke-Glykogenrfickstandes mit der Saugpmnpe das Filter stets mit Alkohol geffillt gehalten werden miisse, da sich sonst der Filterinhalt in die Poren festsauge. Es folgt der Vortrag yon Oberinspektor Dr. Sendtner: Ueber die Bedeutung der ambulanten Th~itigkeit bei der Ausiibung der Lebensmittelkontrolle. Von R. Sendtner in Miinchen. Verehrte Anwesende! Wenn ich versuche, Ihnen heute in m5glichst gedr~ngter Ktirze einen Ueberblick tiber die Entwickelung und Bedeutung der ausw~rtigen, d. h. der sog. ambulanten Lebensmittelkontrolle in Bayern zu geben, so erffille ich damit gerne einen Wunsch unseres verehrten Vorsitzenden, des Herrn Obermedicinalrathes Professor Dr. ttilger. Wer im Jahre 1884, als in Bayern die Untersuchungsanstalten in's Leben traten, der Meinung war, dass mit dieser SchSpflmg auch die Lebensmittelpblizei,

Es folgt der Vortrag von Oberinspektor Dr. Sendtner: Ueber die Bedeutung der ambulanten Thätigkeit bei der Ausübung der Lebensmittelkontrolle

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[Zeitsehr. f. Untersgchung 1106 20. J ah re s~ -e r sammlung der F re i en Vere in igung . [d. Iqahr.- u. Genussmittel.

wir nur im Anschluss an die Mittheilung B u j a r d s noch bemerken , dass diese Alkohol-Kali~Methode es auch ermSglicht, in kiirzester Zeit den qualimtiven Nachweis yon Glykogen in Fleischwaaren zu ftihren, indem m a n den nach Be- handlung mit der alkoholischen Kalilauge verbleibenden Riickstand mehrmMs mit etwas heissem, starkem Alkohol auswitscht, das etwa vorhandene Glykogen in Wasser i(~st und die L(isung mit Jodl6sung auf Glykogen priiffl

D i s k u s s i o n .

Dr. B 5m e r fragt, wie viel Glykogen iu Dauerwiirsten enthalten sei und ob in Eiweisspraparaten wie Roborat u. s. w. die St/4rke naeh dem Verfahren bestimmt werden kOnne.

Prof. M a y r h o f e r erwidert, dass Fleischwfirste 0,1--0,2 ~ Glykogen enthielten. Die Zersetzliehkeit des letzteren sei nicht so gross, wie gewShnlich angenommen werde, da man sonst nach den bisher tibliehen Bestimmungsverfahren z. B. nach K iilz, wo- nach stundenlang mit Kalilauge u. s. w. erhitzt wird, tiberhaupt kein Glykogen linden kSnne. Beziiglich der Eiwei~pr/~parate fehle ihm die Erfahrung.

Dr. M. W i n t g e n hat in Eiweisspr/iparaten die St~rke in der Weise bestimmt, <lass die Substanz mit alkoholisehem Kali behandelt und der Filterrilckstand nfit Salz- s~are invertirt wurde.

Dr. B6m e r f/ihrt welter aus, dass der Glykogengehalt in Wfirsten verschieden sein werde, je nachdem letztere gekoeht worden seien, oder nieht.

Prof. W. F r e s e n i u s best/itigt, nach dem Verfahren des Vortragenden befrie- digende Ergebnisse bei der Glykogenbestimmung in Leberwfirsten erhalten zu haben.

Prof. B e c k m a n n maeht darauf aufmerksam, dass der anh/ingende Alkohol die Ursaehe der stark hygroskopischen ]~igensehaften der Filterrfiekst~nde sein kSnne und dass diese vielleicht zu beseitigen seien, wenn der Alkohol dureh indifferente Mitte], wie Petrol/ither oder Chloroform entfernt wtirde.

Prof. M a y r h o f e r betont, dass beim Abfiltriren des St~irke-Glykogenrfickstandes mit der Saugpmnpe das Filter stets mit Alkohol geffillt gehalten werden miisse, da sich sonst der Filterinhalt in die Poren festsauge.

Es folgt der Vortrag yon Oberinspektor Dr. S e n d t n e r :

Ueber die Bedeutung der ambulanten Th~itigkeit bei der Ausiibung der Lebensmittelkontrolle.

Von

R. Sendtner in Miinchen.

V e r e h r t e A n w e s e n d e ! Wenn ich versuche, Ihnen heute in m5glichst gedr~ngter Ktirze einen Ueberblick tiber die Entwickelung und Bedeutung der ausw~rtigen, d. h. der sog. ambulanten Lebensmittelkontrolle in B a y e r n zu geben, so erffille ich damit gerne einen Wunsch unseres verehrten Vorsitzenden, des Herrn Obermedicinalrathes Professor Dr. t t i l g e r .

Wer im Jahre 1884, als in Bayern die Untersuchungsanstalten in's Leben traten, der Meinung war, dass mit dieser SchSpflmg auch die Lebensmittelpblizei,

4. Jahrgang. ] 15. Dezember Ig01.J l~. Send,net, Ambulante Lebensmi~elkontrol le . 1107

namentlich auf dem Lande, sich riihriger zeigen werde, der hat sich ziemlich bald entt~uscht gesehen. Draussen auf dem Lande, wie auch in vielen St~tdten, w/ire Alles seinen alten Gang gegangen~ h/itten nicht die Untersuchungsanstalten selbsf~ die Sache in die Hand genommen.

Der Weg, der hier einzuschlagen war, war schon vorgezeichnet durch die Kgl. AllerhSchste Verordnung yore Jahre 1884 Untersuchungsanstalten betr., ~velche in w 11 bestimmt, dass es den Untersuchungsanstalten unbenommen bleibt, mit einzelnen Gemeinden fiber die Vornahme yon Untersuchungen und die Abgabe yon Gutachten gegen Leistung einer j~ihrlichen Pausehvergiitung, vorbehaltlich der Genehmigung dutch das Kgl. Staatsministerium des Innern, Vereinbarungen zu treffen.

Ferner in Ziff. 2 tier hierzu erlassenen Ausftihrungsbestimmungen (Bekannt- machung vom 2. Februar 1884), welche es den Untersuchungsanstalten anheim- geben, innerhalb des ihnen in der Kgl. AllerhSchsten Verordnung zugewiesenen Gesch.~ftskreises, insoweit es ihre dienstlichen und geschaftlichen Yerh~ltnisse gestatten, hin und wieder auf Ersuchen einzelner Gemeinden und auf deren Kosten Beamte der Untersuchungsanstalt dorthin abzuordnen, um gemeindlichen Polizeibediensteten bei Vornahme ~'on Visitationen der Nahrungsmittel etc. als Sachverst~tndige berathend zur Seite zu stehen.

Zun~tehst mussten nun freilich die Untersuchungsanstalten selbst die Sache in Angriff nehmen und dutch pers5nliche Belehrung Gemeinde- und Verwaltungs- behSrden davon ~iberzeugen, dass es in ihrem eigenen Interesse liege, wenn sie Vereinbarungen mit den Untersuchungsanstalten gegen Leistung einer geringen Pauschalvergtitung abschliessen warden.

Man mSchte glauben, dass die Wichtigkeit der Sache yon den Betheiligten sofort begriffen wurde, abet das war nur in wenigen Gemeinden der Fall.

Es ist das Verdienst unseres verehrten Herrn Vorsitzenden, damals Vor- stand der Kgl. Untersuchungsanstalt zu E r l a n g e n , die Abschliisse yon Verein- barungen mit Distriktsgemeinden und Stadtgemeinden dutch rastlos fortgesetzte Bemiihungen in Gang gebracht zu haben. Sein praktischer Blick ersah abet ,a'eiter in diesen Vereinbarungen eine sehr passende Gelegenheit, die Lebens- mittetkontrolle so kr~ftig wie nur mSgl[ch selbst zu heben; e r f i i h r t e d ie sog. a m b u l a n t e Th: ,~ t igke i t ein.

Die Ueberwachung des Verkehrs mit Lebensmitteln, die Lebensmittel-Polizei, liegt bei uns bekanntlich in den H~inden der Ortspolizei. Dass deren Organe, vielfach ohne sachverstg.ndige Unterweisung, nicht h~ tier Lage sind, die richtige Auswahl bei der Probeentnahme zu treffen und auf die richtige Weise bei deren Yerpackung m~d Versendung vorzugehen, brauche ich Ilmen woh! nicht erst des hT/iheren auseinanderzusetzen. We~m dabei die mannig~achsten Ungeschicklich- keiten vorgekommen sind, so war dies nicht zu verwundern. Andererseits fehlte es da lind dort auch an der Beth~tigtmg der Kontrolle iiberhaupt, wenn auch nicht geleugnet werden kann, dass in manchen grSsseren St~dten ganz gut ausgear- beitete Instruktionen fiir die Handhabung der Lebensmittelpolizei vorhanden waren.

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~-gei~schr. f. Un~ersuv/~ung 1108 20. 5 a h r e s v e r s a m m l u n g der Fre ien Vere in igung. I.d. Nahr.-u. Genussmittel.

Wie selten kamen doch im Beginne der achtziger Jahre Proben yon Gegen- st~nden des Lebensmittelmarktes zur Untersuchung. Wenn ich ein Beispiel aus meiner Dienstthatigkeit herausgreifen daft, so sei auf die Th~tigkeit der am 1. Januar 1880 bei dem Hygienischen Institute zu M f i n c h e n erSffneten Unter- suchungsstation hingewiesen. Zwar hatte auf Betreiben des damaligen u des Hygienischen Institutes, des verstorbenen Geheimrathes yon P e t t e n k o f e r der Stadtmagistrat Mii n c h e n alsbald eine Vereinbarung beziiglich der Untersuchung und Begutachtung yon Nahrungs-, Genussmitteln nnd Gebrauchsgegenst~nden abge- schlossen~ in Folge dessert - - ffir die damaligen Verh~ltnisse - - zahlreiche Gegen- stiinde zur Untersuehung gelangten, auch war in der genannten u die Hinzuziehung eines Saehverst~ndigen bei Augenscheinnahme, so namentlich bei Brtmnenverunreinigungen vorgesehen, wovon in der Folge nicht selten Gebrauch gemacht wurde, aber yon seiten anderer Gemeinden des Landes wurde diese Untersuchungsstation nur selten mit Uhtersuehungsantr~gen beehrt.

So trafen im Jahre 1880 yon gemeindlicherseits eingeschiekten 183 Proben 161 auf den Stadtmagistrat Miinchen und nur 22 auf ausw~rtige Gemeinden. Im Jahre 1881 yon 174 Proben 136 auf Mfinohen und 38 auf andere Gemeinden; 1882 yon 212 Proben 139 auf Mfinchen und 73 auf andere Gemeinden; 1883 yon 318 Proben 213 auf Miinchen und 105 auf andere Gemeinden.

Als dann im darauffolgenden Jahre die Umwandlung dieser Untersuchungs- station in eine staatliche Untersuchungsanstalt erfolgte, betrug die Gesammt- zahl der yon Gemeinden /iberhaupt - - also einschl. Miinchen - - eingeschickten Proben kaum fiber 500 und 1886 kaum fiber 600. Und diese geringe Zabl bei einem Gesch~ftskreise, der 21 unmittelbare Sts worunter die Haupt- und Residenzstadt Miinohen, und 65 Bezirks~mter mit einer BevSlkerung yon rund 2U~ Millionen Einwohnern umfasste.

Da kann freilich die Th~itigkeit der mit der Handhabung der Lebens- mittelpolizei betrauten Organe der OrtspolizeibebSrden keine sehr thatkr~iftige und erspriessliche gewesen sein. Denn der Vertrieb verf~ilschter Lebensmittel war damals kein geringerer wie heute; ich brauche nur zu erw~hnen, dass ben spielsweise an der Miinchener Anstalt die in den achtziger Jahren beobachteten Yerf~lschungen des Butterschmalzes sich auf 50 und 60~ beliefen, wogegen solebe heute kaum 4O/o betragen, obwohl heute die Kontrolle eine umfassendere ist, wie damals.

Wie schon bemerkt, konnten die Besuche ausw~rtiger Gemeinden durch Sachverst~ndige der Untersuchungsanstalten nur allm~hlich eingerichtet werden. Zumeist war es eine irrige u yon dem Wesen dieser Art Kontrolle, welehe die meisten u der Gemeinden gefasst batten und zu einer ab- ]ehnenden Haltung bei diesbeziigliehen Vorschl~igen seitens der u im Distriktsrathe bewogen. Man beffirehtete n~mlich eine zu scharfe polizeiliche Ueberwaehung und spitzfindige Beaufsiehtigung und seheute zu grosse tt~ufung yon Anzeigen.

Diese irrige Auffassung gal~ es nun z~m~chs~ im persSnlichen Verkehr zu

4. Jahrgang. ] 15, Dezember 190LJ R. Sendtner, AmbulanCe Lebensmi~elkon~rolle. 1109

zerstreuen. Als es um die Mitre der achtziger Jahre gelungen war, wenigstens einige Gemeinden zu Abschliissen yon Vereinbarungen zu bewegen, war in erster Linie auf diesem Gebiete aufkl/irend zu wirken.

D i e B e a m t e n d e r b a y e r i s c h e n U n t e r s u c h u n g s a n s t a l t e n h a b e n k e i n e p o l i z e i l i c h e n B e f u g n i s s e , a u c h s t e h t i h n e n k e i n e r l e i A n - z e i g e p f l i c h t be i d e r S t a a t s a n w a l t s c h a f t zu.

In maassgebenden Kreisen ging man bei der Organisation der Unter- suchungsanstalten yon dem Grundsatze aus, dass sich in der Mehrzahl der F/ille durch Belehrung, Aufkl/irung und Yerwarnung mehr erreichen liesse als durch Anzeigen.

Thats/ichlich zeigten sich auch bei den ersten Bereisungen ausw/irtiger Gemeinden durch Vertreter tier Untersuchungsanstalten die schSnsten Erfolge nach dieser Richtung bin. Die Gewerbetreibenden, insbesondere die Kleinh~ndler, ferner die den Sachverst/indigen begleitenden Gemeindevertreter und Amtsvor- st~nde gewannen Zutrauen zu der Sache; ja sie /iusserten vielfach ihre Be- friedigung iiber die Art und Weise der Ffihrung derartiger Kontrollen, die sie sich anfangs ganz anders vorgestellt hatten. Damals, bis zum Beginn der neun- ziger Jahre, kamen die grSbsten Verf/~lschungsarten auf dem Gebiete des Gewiirz- handels, des Handels mit Butterschmalz u. dgl. zur Beobachtung seitensder Sach- verst~ndigen, Verfs die ohne Zuthun der Sachverst.gndigen sich der Kenntniss der Kleinh/indler wie OrtspolizeibehSrden entzogen h~tten. Der Sach- verst/indige entnahm auf Grund der an Ort und Stelle ausgefiihrten Vorproben und angestellten Beobachtungen die ihm erforderlich erscheinenden Proben, diese wurden sodann im Amtslaboratorium einer eingehenden Priifung unterzogen und dann ging der amtliche Bericht fiber die Ergebnisse der Untersuchung an die zust//ndige VerwaltungsbehSrde hinaus. Iqach Thunlichkeit wurde hierbei davon abgesehen, sofort mit Strafanzeigen oder Strafandrohungen gegen unerfahrene Kleinh//ndler vorzugehen; die VerwaltungsbehSrden befanden sich hierbei volN kommen im Einklange mit den Absichten der Kgl. Staatsregierung.

Dies erkannten auch die Gewerbetreibenden und die Vertreter der Orts- polizeibehSrden alsbald dankbarst an. Die Folge war dann, dass sich die Erkennt- hiss yon der Zweckm~ssigkeit derartig betriebener Kontrollen auch bei den in den Distriktsverhandlungen massgebenden PersSnlichkeiten Bahn brach und Ab- schliisse yon Vereinbarungen da und dort erfolgen konnten, wo anfangs auch nicht die geringste Aussicht hierffir bestanden hatte.

Bis Ende der achtziger Jahre ging es nun freilich immer noch sehr langsam damit, bToch im Jahre 1.889 beispielsweise hatte die MiinchenerAnstalt Verein- barungen im angedeuteten Sinne erst mit 8 unmittelbaren St~idten und mit 13 Distrikten abgeschlossen. Heute steht sie mit den 21 unmittelbaren St~dten bis auf ffmf in Vertragsverh/iltniss; yon den letzteren besitzt die Mehrzahl dieser St/~dte ihren eigenen st~dtischen Chemiker. u den rund 100 Distriktsgemeinden im Wirkungskreise der Mfinchener Anstalt fehlen heute nur mehr 18, die sich bisher noch nicht entschliessen konnten, eine Vereinbarung mit der Unter-

[Zeitscbr. f. Unfersnch~mg 1 l f0 20. Jahresversammlung der Freien Vere~nigung. Ld.Nahr.- u. Genussmittel.

suchungsanstalt abzuschliessen. Soviel mir bekannt ist, liegen die Yerh/iltnisse bei den anderen Untersuchungsanstalten im rechtsrheinischen Bayern ganz ~hnlich 1).

Die Vereinbarnngen mit S t ad t -und Distriktsgemeinden werden in der Regel derart eingegangen~ dass die Untersuchungsanstalt, insoweit es ihre dienst- lichen und geschgftlichen Verh~ltnisse gestatten, allj~hrlich einen ihrer Beamten als Kommissar zur Vornahme einer Kontrolle abordnet. Im Anschlusse daran iibernimmt die Untersuchungsanstalt die erforderlichen eingehenden Untersuch- ungen yon Gegenst~nden, welche in den Rahmen des Nahrungsmittelgesetzes und der hierzu erlassenen Sondergesetze fallen, einsch]iesslich der chemischen Unter- suchung des Trinkwassers.

S~mmtliche im Interesse dieser Kontrolle nothwendigen Massnahmen er- folgen im Yorherigen Einvernehmen mit dem Vertreter der betreffenden Stadt- oder Distriktsgemeinde.

Diesen Leistungen gegen[iber verpflichtet sich die Gemeinde zur Zahlung einer j/ihrlichen Pauschalverg[itung, die sich nat~irlich auch nach der Leistungs- f/~higkeit der einzelnen Gemeinden, sowie nach der Ausdehnung des zu bereisenden Bezirkes richter.

Die Vornahme der Kontrolle, ihre Ausdehnung auf bestimmte Geschgfls- zweige, auf bestimmte 0rtlichkeiten erfolgt nach Einvernehmen mit dem zustgn- digen Gemeinde- bezw. Bezirksamtsvorstand. Der betreffende Saehverst~indige ist stets yon einem Vertreter der OrtspolizeibehSrde begleitet, weleher ersterem bei Ausiibung seiner Thgtigkeit Beistand zu leisten hat. Es ist hierbei nicht zu fibersehen, d a s s d ie B e a m t e n d e r U n t e r s u e h u n g s a n s t ~ l t e n zn- n g e h s t n u r d i e A u f g a b e h a b e n , d e n P o l i z e i b e h S r d e n b e i V o r n a h m e yon u b e r a t h e n d als S a c h v e r s t ~ n d i g e z u r S e i t e zu s t ehen , w g h r e n d die H a n d h a b u n g de r L e b e n s m i t t e l p o l i z e i naeh wie vor zu d e n O b l i e g e n h e i t e n der O r t s p o l i z e i b e h S r d e n gehSrt .

Bei dieser ambulanten T-h/itigkeit erledigt sich selbstverst~ndlich ein grosser, ja der grSsste Theil yon Untersuchtmgen oft schon an Ort und Stelle. Es bleibt dadurch viel unnSthige Bel~stigung und Arbeit. auf beiden Seiten erspart, denn die Auswahl der Proben erfolgt unter anderen Gesiehtspunkten, als sie dort obwalten, wo ein Sachverst~ndiger nicht zur Seite steht. Dies zeigen auch jene F~lle, wo - - was allerdings zu den Ausnahmen gehSrt - - Vereinbarungen mit den Untersuchungsanstalten abgeschlossen werden, ohne dass man sich der Mit- wirkung eines Beamten der letzteren versichert. Da kommt dann in ziemlich regelmgssigen AbstKnden ein Durcheinander yon Gegenst~nden in das Amt herein ohne jede Auswahl , welche ein praktisches Ergebniss herbeifiihren kSnnte.

Die Th~tigkeit der Beamten der Untersuchungsanstalten beschr~nkt sich

~) Die Kg.1. Untersuchungs-Ans~;M~ E r 1 a n g e n s~eh~ mi~ 84 bezw. 18 yon den 96 Dis~rik~en und 16 unmit~elbaren St/td~en ihres Bezirkes und die Kgl. Untersuchungs-Ansfal~ W ii r z b u r g mi t 32 bezw. 3 v0n den 38 Dis t r ik ten und 4 unmi t te lbaren StKdten ihres Bezirkes im Ver- ~ragsvertr~ltniss.

4. Jahrgang. ] �9 15. Dezember 1901.J R. S e n d ~ n e r , A m b u l a n t e L e b e n s m i f i t e l k 0 n t r o l l e . 1 1 1 1

indess keineswegs auf die vorl~ufigen Untersuchungen sowie auf die Probeent- nahme bei den Gewerbetreibenden des zu bereisenden Distriktes, sie dehnt sich vielmehr auch auf Belehrung und auf Abstellung yon Missst~inden in hygieni - scher Hinsicht aus. Insbesondere betrachten sie es als eine ihnen zufallende Aufgabe, was Reinlichkeit in Backstuben, Schlachtr~iumen, Brauereien, Wirth- schaftsbetrieben~ Flaschenbierniederlagen, Kr~mereien, Mineralwasser- bezw. Brauselimonadenfabriken anlangt, die PolizeibehSrden auf das Wirksamste auf diesem Gebiete zu unterstfitzen.

Ferner bietet sich bei der ambulanten Th~tigkeit vielfach Gelegenheit, die Polizeiorgane in der Handhabung der Laktodensimeter bei der Milchprfifung zu unterweisen. Selbstverstiindlich kommen hierbei zun~ichst diejenigen PersSnlich, keiten in Betracht~ welchen die Aufsicht fiber die Lebensmittelpolizei in Stadt- gemeinden grSsseren Umfanges zustel~t.

Eine weitere Th~tigkeit entfalten die Beamten der Untersuchungsanstalten gelegentlich der Ambulanz bei Besichtigung yon Brunnen und Wasserleitungen, Untersuchung des Wassers, kurz Augenscheinnahme und Priifung an Ort und Stelle.

Ueber alle wichtigeren Beobachtungen, Erhebungen, Erinnerungen und Be- anstandungen ffihren die Beamten ~Totizen, welche den an die zusts Magistrate~ bezw. Bezirksi~mter erstatteten Berichten fiber die Kommissionen zu Grunde gelegt werden.

In diesen~ meist in tabellarischer Form angelegten BerichterstattungeR werden alle F~lle, wo etwas zu rfigen, zu beanstanden~ wo zu verwarnen oder zu belehren war~ aufgefiihrt.

Alles Weitere, Anordnung zum Abstellen der seitens der Beamten der Untersuchungsanstalten beobachteten Missst~nde, Einleitung ~'on Anzeigen und Erhebungen h~ngen vom zust~tndigen Stadtmagistrat bezw. Bezirksamte ab.

Die Th~tigkeit der Untersuchungsanstalten ist auf dem besprochenen Ge- biete lahmgelegt, wenn sie nicht yon diesen BehSrden auf das Wirksamste unter- stfitzt wird. Wie ich schon erwiihnt babe, wird~ wenn irgend thunlich, seitens dieser BehSrden bei erstmaligen Beanstandungen Nachsicht geiibt, bei Wieder- holungen solcher ist allerdings strenges Vorgehen angezeigt - - denn nur dann kann die ambulante Th~tigkeit Erfolg haben.

Die E r f o l g e zeigten sich schon bald nach Einffihrung der ersten der~ artigen Kontrollen. Es sei mir gestattet, hierbei aus dem Betriebe der Miin- c h e n e r Anstalt einiges herauszugreifen.

Dort konnte die ausw~rtige Lebensmittelkontrolle, die sog. Ambulanz erst im Jahre 1887 beginnen. In jenen Stadt- und Distriktsgemeinden, welche damals und auch in den folgenden ffinf Jahren zum ersten Male besucht wurden, fanden sich vielfach verf~tlschte Gewiirze, verf~lschtes Butter- und Schweineschmalz~ gesundheitssch~idliche Gebrauchsgegenst~nde (Buntpapiere, Spielwaaren, Kosme- tika, Ess-, Trink- und Kochgeschirre) vor. Eine grosse Zahl yon Verf~Ischungen stellten damals die gemahlenen Gewiirze, namentlich mit Palmkern- und Mais-

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mehl verf~lsehter P f e f f e r , welcher damals in den Landkr~imereien nahezu vor- herrschte. Heute treffen wir derartige Verfiilschungen, wenigstens in dem groben, verhiiltnissm~issig leicht erkennbaren Masse kaum mehr an. Die in der Saturn- lung der Miinehener Anstalt aus jenen Jahren noch aufbewahrten Muster dieser Art bilden heute Seltenheiten, um die uns besuehende Fachgenossen beneiden.

Aehnliche Erfolge sind bei den Speisefetten, B u t t e r s c h m a I z und S c h w e i n e- s c h m M z zu verzeichnen. Ich babe beziiglich des ersteren schon erw~ihnt, dass die beobachteten Verfiilsehungen des B u t t e r s e h m a l z e s bis gegen das Ende der achtziger Jahre zwischen 50 und 60 ~ schwankten. Die WJrkung der ambulanten ThStigkeit ~iusserte sieh eben um diese Zeit namentlich nach der Richtung der Zahl der beobaehteten Verfiilschungen. Von da an gehen aber die Beanstan- dungen ganz bedeutend zuriick. So betrug die Zahl der zur Beobachtung ge- langten u yon Buttersehmalz im Jahre 1890: 23~ 1891: 13,6~ und 1892 nur mehr 6,3~ tteute bewegt sie sieh nur mehr um 2--4~ Dabei nmss man aber noeh bedenken, dass sich das Arbeitsfeld bezw. das Gebiet der Kontrolle seit den achtziger Jahren um das Zwanzigfache vergrSssert hat. Selbstver- st~ndlich daft diesen Erfolg die ambulante Thiitigkeit nicht allein fiir sich in Anspruch nehmen, hierbei hat das Eingreifen der Verwaltungs- und Geriehts- behSrden die Bemiihungen der Anstalt auf das Kr~ftigste unterstiitzt.

Gleich arg lagen Ende der achtziger Jahre und noch im Beginne der neunziger Jahre die Yerh~ltnisse beim S c h w e i n e f e t t . In den LandkrS.mereien war das mit BaumwollsamenS1 verf$1schte Schweinefett nahezu vorherrschend. So wurden im Jahre 1890, woselbst gelegentlich der ambulanten Kontrolle dem Handel mit Schweinefett besonderes Augenmerk zugewendet wurde, unter 136 Sehweinefett- proben nicht weniger als 75 in hohem Grade verf~Iseht befunden. Die Erfotge dieser Kontrollen waren schon im n~chsten Jahre (1891) ersichtlieh, indem bei 138 Proben 36 (--~-20 %) und im folgenden Jahre (1892) nur mehr 8,2 ~ Yer- f~lschungen zu beobachten waren; dann gingen sie herunter auf 7, ja auf 4 % (1895). - - Heute gehSren - - wenigstens im Arbeitsgebiete der Miinchener An- stalt - - Verfalschungen des Sehweinefettes zu den Seltenheiten.

Diese Erfolge sind bei uns in B a y e r n keineswegs dem sog. M a r g a r i n e - g e se t z , sondern nur der mit der A m b u l a n z trefflich organisirten Lebensmittel- kontrolle und dem energischen Eingreifen der Verwaltungs- und GeriehtsbehSrden zu danken. Denn das Margarinegesetz kam erst viel sp~iter. Ich glaube es bier often aussprechen zu diirfen: W/~re die L e b e n s m i t t e l k o n t r o l l e in d'.en i ibr igen B u n d e s s t a a t e n des R e i c h e s g l e i e h z e i t i g mit j e n e r in B a y e r n und e i n h e i t l i c h g e s t a l t e t w o r d e n , so wiire d i e s e s G e s e t z i i b e r f l i i s s i g gewesen .

Auch bei den G e b r a u e h s g e g e n s t ~ n d e n waren es nicht in erster Linie die im Jahre 1887 erlassenen Sondergesetze, welche eine Abnahme der Bean- standungen in Bayern bewirkten; in erster Linie war dies die ambulante Kon- trolle. A r s e n h a l t i g e B u n t p a p i e r e , F l i e g e n g i t t e r , g e s u n d h e i t s s c h i i d - l i t h e S p i e l w a a r e n , H a a r f / i r b e m i t t e l fanden wir damals trotz der gesetz-

4. Jahrgang. ] R. Sendtner, Ambulante Lebensmittelkontrolle. 1113 15. Dezember 1901.3

lichen Verbote iiberall auf dem Lande verbreitet; erst die ausgedehntere Kon- trolle durch die Beamten der Untersuchungsanstalten hat hiermit nahezu g~nz- lich aufger/iumt.

Weniger ins Auge springende Erfolge sind allerdings bei dem Handel mit T 8 p fe r g e s c h i r r e n zu verzeichnen, wohl deshalb, weil einerseits die Beschaffen- he r der Thone im Inlande keine gleichm~ssige ist, dann aber insbesondere, weil diese Verh~iltnisse in unserem Naehbarstaate (Oesterreich bezw. BShmen) erst seit kurzer Zeit besser geregelt sind. Insbesondere auf dem Wege des Hausir- handels~ we sie sich der Kontrolle mehr entziehen, sind immer noch TSpfer- geschirre im Verkehr, die zu begnstanden sind, da sie einen unverh/iltnissm/issig hohen Proeentsatz an Blei in LSsung gehen lassen.

Ich will Sie nicht aufhalten mit Aufzs weiterer Einzelheiten und nur im Allgemeinen darauf hinweisen, dass die Erfolge der A m b u l a n z sieh allent- halben geltend machen. Dem Feilhalten verfs oder nachgemachter Nahrungs- oder Genussmittel, wie FruchtsKfte~ Limonaden, Teigwaaren, Wurstwaaren u. s. w. wird iiberall auf das Wirksamste dadurch gesteuert, dass auf entsprechende Deklaration der Waare selbst, bezw. auf entsprechende~ jede Absicht der T~iu- schung ausschliessende Bekanntmachung im Verkaufsraume seitens der zust/indigen PolizeibehSrde gesehen wird.

Aber nicht bless auf dem engeren Gebiete der Verfiilschung yon Nahrungs- und Genussmitteln, sondern aueh auf dem weiter ausgedehnten Gebiete der h y g i e n i s c h e n Beurtheilung gewerblicher Einrichtungen, was insbesondere die R e i n l i c h k e i t betrifft~ hat die ambulante Th~tigkeit sch~ne Erfolge zu ver- zeiehnen, Erfolge~ die sich weniger sofort als im Laufe der Jahre deutlicher be- merkbar machen. Es ist ja einleuchtend, dass sich MissstKnde dieser Art nicht auf einmal abstellen lassen. Die Kontrolle der BKekereien, Metzgereien~ Wirth- schaften~ Flaschenbierniederlagen~ Mineralwasserfabriken bezw. Brauselimonade- fabriken~ welche allj~hrlich den Beamten der Untersuchungsanstalten viel zu thun giebt~ tr~igt aber da, we seit einer Reihe yon Jahren Vereinbarungen mit den Gemeinden bestehen, sch~ne Friichte. Die Reinlichkeit ist da vielfach eine ganz andere geworden~ als vor Einfiihrung der Ambulanz; selbstverst~ndlich daft draussen auf dem Lande nicht Alles mit dem gleichen Massstabe wie in der Stadt gemessen werden~ sondern es muss den jeweils obwaltenden u soweit thunlich~ Rechnung getragen werden.

Die u dass auf diesem Gebiete in B a y e r n am Ende nicht mehr viel zu thun sein werde, wenn es so fortgeht, w~re gleichwohl eine ganz irrige. Zu thun giebt es immer genug, schon aus dem Grunde, weil es genug Leute giebt, die sich an die gesetzlichen Vorschriften nicht binden oder an Ord- nung und Reinlichkeit nicht gewShnen mSgen. Auch sorgt eine gewisse Sorte yon Leuten stets Yon Neuem fiir iiberraschende Arten yon Verf.~lschungen und Betriigereien.

Nach dem Gesagten wird mir wohl ein Jeder zugeben, dass das Amt des

[Zeitschr. f. Unterstiehung 1114 20. Jahresversammhmg tier Freien Vereinigung. [d. Nahr:- u. (~enussmi~el.

Sachverst~ndigen bei Austibung der ambulanten Th/itigkeit kein leichtes, ja ein schweres und sehr verantwortungsvolles ist.

Mit dem Ausweis als gepr[ifter Nahrangsmittelchemiker ist bier noch lange nicht auszukommen. Auch lassen sich Anweisungen fiber das Yerhalten beim aus- w~rtigen Dienst der Beamten der Untersuchungsanstalten nicht ohns pn~ktische Einfiihrung in diese Art yon Th~tigkeit durch erfahrene ~ltere Beamte geben Die richtigen Grenzen einzuhalten, ist in vielen F~llen gar nicht so einfach, als man im ersten Augenblicke anzunehmen versucht ist.

Nimmt an der Kommissionsreise der Bezirksamtsvorstand oder dessert Ver- treter theil, was bei unserer Ambulanz erfreulicher Weise da und dort der Fall ist, so hat die Kontrolle mehr prak~ischen" Erfolg, sis wirkt aueh nach- haltiger als da, wo der Sachverst~indige nur yon einem Vertreter der Ortspolizei begleitet wird; denn die Autorit~t des Bezirksamtsvorstandes, bezw. seines Vertreters wirkt anders als jene eines Landbiirgermeisters oder des Beigeord- neten, die ja nicht selten selbst Gewerbetreibende sind. 0hne die Unterstiitzung seitens der Ortspolizei ist allerdings auch die Ambulanz zwecklos.

In Begleitung des Bezirksamtsvorstandes oder seines Stellvertreters ist der Sachverst~indige auch in der Lage seinen Reiseplan genauer einzuhalten und nicht in die unangenehme Lage versetzt, seine Zeit mit der Suche nach dem abwesenden Vertreter der Ortspolizei zu vergeuden, oder gar, wie dies ja manch- real unvermeidlich ist, einer Gemeinde einen Fehlbesuch zu machen, weil sowohl Biirgermeister wie Beigeordneter nicht zu haben sind.

Solche F~ille sind um deswillen nicht zu vermeiden, weil es wohl stets iiblich ist, den Yorstand des Bezirksamtes yon dem Eintreffen des Beamten der Untersuchungsanstalt rechtzeitig in Kenntniss zu setzen, dagegen aus Zweck- m~issigkeitsgriinden nicht wohl ang:~ingig ist, hiervon auf Tag und Stunde auch die einzelnen Landbfirgermeister zu verst~ndigen. Denn sollen die Besuche der Gemeinden durch die Sachverst/indigen der Untersuehungsanstalten ihren Zweck vollst~indig erfiillen, so mfissen diese natiirlich unvermuthet, oder wenigstens nach Thun/ichkeit um, orbereitet erfo]gen.

Meine letzten Ausf[ihrungen seien an jene maassgebenden Stellen gerichtet, welche mit dem Gedanken umgehen, in ihren Regierungsbezirken die Ambulanz nach b a y e r i s c h e m M u s t e r einzurichten. Folgen die iibrigen Bundesstaaten uns auf diesem Wege, dann wird das ganze Reich in nicht zu ferner Zeit eine ~'ohl organisirte Lebensmittelkontrolle haben.

Uns Bayern aber gebiihrt es, dankbar die Einsicht unserer Regierung an- Zuet'kennen und dankbar der grossen Verdienste des SehSpfers der Ambulanz, unseres verehrten Vorsitzenden, Herrn Obermedicinalrath Professor Dr. Hi lge r zu gedenken.

D i s k u s s i o n :

Der V o r s i t z e n d e erkl~irt, dass der Schwerpuiikt der ambulauten Thiitigkeit nicht in der Bestrafung der Fglscher, sondern in tier Aufkl~irung und Berathung der BevSlkerung liege. Die ,unbulante Th~itigkeit sei in Ba~ern durchaus pophlgr ge~orden.

4. 3ahrgang. ] J. D e i c h s t e t t e r , Keimgehalt~ der Fle ischk0nserven. 1115 15. Dezember 1901.3

Prof. H a l e n k e ftihrt aus, dass auch in der Rheinpfalz die ambulante Th/itig- keit eingeffihrt sei und dass s/immtliche Bezirks/imter mit Ausnahme yon zweien im Vertragsverh/iltniss mit der Untersuchungsansmlt in Speier st/~nden; gerade in den beiden letzteren sei ein Erfolg bisher nicht zu verzeichnen, wodurch die Zweckm~issigkeit der Ambulanz aufs Deutlichste erwiesen werde. Er h/ilt es nichL ffir unbedingt nothwendig, (lass der kontrollirende Beamte yon einem Verwaltungsbeamten begleitet werde, der Erfolg h/inge vielmehr wesentlich yon der Person des betreffenden Beamten und dessen taktvollem Auftreten ab; es sei daher yon grSsster Wichtigkeit ftir den Staat sich bew/ihrte Beamte hierfiir dauernd zu erhalten.

Ministerialrath v o n H S r m a n n bringt seine Zustimmung zu den trefflichen Darlegungen des Vortragenden zum Ausdruck und hebt hervor, dass sich auch in Erlangen und Wiirzburg die gleichen Erfolge gezeigt h/itten. Die Kgl. Staatsregierung habe jederzeit lebhaften Antheil an der Thiitigkeit der Untersuchungsanstalten genommen, deren Erfolge stets anerkannt seien, und die Distrikte naeh MSglichkeit zum Anschluss anzuregen gesucht. Der Schwerpunkt tier kmbulanz liege in ihrer richtigell Handhabung. Gerade polizeiliehes Eingreifen berge ein gewisses Odium in sich, und dies werde eben dadurch vermieden, dass die Beamten der Untersuchungsanstalten keine Polizeigewalt hfitten. Sie genSssen desha]b das Vertrauen der BevSlkerung und wirkten haupt- s~'tchlich durch Belehrung. Es werde dies yon allen Seiten, aueh seitens der Volks- vertretung anerkannt. Es bestehe kein Anlass, you den bew/ihrten Einrichtungen ab- zugehen, denen im Gcgentheil grSssere Verbreitung zu versehaffen sei. Besonders wichtig sei taktvolles Auftreten der Beamten.

Prof. Medicus erwiihnt, den Ausffihrungen Prof. H a l e n k e ' s gegentiber, dass in der Pfalz mehr Selbstverwaltung sei; ohne Mitwirkung der Verwaltungsbeamten dfirfte auf die Dauer nicht auszukommen sein.

Prof. H a l e n k e machte noch Mittheilungen betreffs der Bierdruckleimngen, bei denen die VerhSltnisse frfiher bodenlos gewesen seien, dass aber seit Einfiihrung der A.mbttlanz grosse Erfolge und Besserung in dieser Hinsicht erzielt worden seien.

D~ der von Dr. C. A. N e u f e l d angekgndigte Vortr~g: , ,Ueber Ki ih l - k r f i g e ( A l c ~ r ~ z z a s ) " wegen Nichteintreffens der Kriige t~s Bosnien yon der T~gesordnung abgesetzt werden musste, h~tte Stabsarzt Dr. D e i c h s t e t t e r die Liebenswfirdigkeit einen Yortr~g fiber den Keimgehalt der Fleischkonserven zu halten und eine Reihe yon B~kterien-Kulturen u. s. w. vorzuzeigen.

Ueber den Keimgehalt tier Fleischkonserven. Yon

Stabsarzt Dr. Josef Deiehstetter.

M i t t h e i l u n g aus der b a k t e r i o l o g i s e h e n Ab~hei lung des Kgl. Ope ra t i onsku r s : e s f a r Milit~irarzt;e in Mfinchen.

Auf dem im August v. J. in Paris st~ttgehabten, internation~len Kongress fiir Hygiene hat in der 1. Sektion V a i l l a r d 1) einen Vortrag fiber Fleischkon, serven, sogenanntes Biichsenfleisch, gehalten, worin er ausfiihrt, dass in der iran- zSsisehen Armee infolge des Genusses yon Fleischkonserven j~ihrlich etwa 200 Mann erkranken, und dass diese Erkrankungen auf das Vorhandensein entweder yon fertig gebildeten organischen Giften oder yon lebenden Bakterien zuriickzufiihren

1) Vergl. diese Zeitschrift 1901, 4, 1030.