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Exakte Mimikryforschung und angewandte Entomologie Von Franz Eeikertinger, Wien Die biologischen Wissenschaften greifen innig ineinander. Sie bilden cin Netz, an dessen verbindenden Paden sich die E'orschung im Einzelfalle Schritt um Schritt weitertastet. Je mehr Faden sie zu erfassen weiils, desto weiter wird ihr Blick, desto kritischer und treffender wird sie ihr Urteil gestalten konnen. Ich mochte im folgenden die fruchtbare Verbindung zweier viel- besprochener okologischer Teilgebiete kurz beleuchten : der Lehre von der Y i m i k r y einerseits und der angewandt-zoologischen Frage nach Nutzen oder Schaden der Visgel anderseits. Dennoch wird immer wieder ubersehen, daB das Wort in drei verschiedenen Bedeutungen ganngbar und damit zu einer Quelle dauernder Unklarheit und Verwirrung geworden ist. Die drei Bedeutungen sind: 1. Die meisten - wohl alle Laien - sprechen schon von ,,Mimikry", wenn zwei einander ahnliche Tiere vorliegen. Urn das etwaige Tor- handensein okologischer Beeiehungen zwischen beiden kiimmern sie sich nicht. Hier ist das Wort verfehlt. Einfache beziehungslose Ahnlichlieit ist klar und eindeutig als ,, Ah n li c h k e i t zu bezeichnen, nicht aber ds Mimikry. 2. Viele definieren: Mimikry ist nachgeahmte Warntracht. Ein ge- nieilsbares Tier ahmt ein warnfarbiges ungeniefibares nach und nimmt hier- durch an dessen Geschutztsein teil. Das ist die wissenschaftliche Alltags- fassung. 3. Wenige nur uberschauen das Mimikryproblem in seiner Ganee, mit seinen historischen Wurzeln und seiner iiberragenden Bedeutung, die ihm einst zugemessen wurde und die allein dem Streit urn diese an sich spielerisch-kleinlichen Dinge eine wissenschaftliche Berechtigung gibt. Nur diese Wenigen behalten stets im Auge, da13 die Mimikryhypothese zu nichts Geringerem bestimmt war ds eines der Fundamentalprobleme der organischen Naturwissenschaften losen zu helfen, das Problem : Wie sind Was Mimikry ist, weiB jeder Biologe. Mirnikry ist ein okologischer Begriff.

Exakte Mimikryforschung und angewandte Entomologie

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Exakte Mimikryforschung und angewandte Entomologie Von

Franz Eeikertinger, Wien

Die biologischen Wissenschaften greifen innig ineinander. Sie bilden cin Netz, an dessen verbindenden Paden sich die E'orschung im Einzelfalle Schritt um Schritt weitertastet. J e mehr Faden sie zu erfassen weiils, desto weiter wird ihr Blick, desto kritischer und treffender wird sie ihr Urteil gestalten konnen.

Ich mochte im folgenden die fruchtbare Verbindung zweier viel- besprochener okologischer Teilgebiete kurz beleuchten : der Lehre von der Y i m i k r y einerseits und der angewandt-zoologischen Frage nach N u t z e n o d e r S c h a d e n d e r Visgel anderseits.

Dennoch wird immer wieder ubersehen, daB das Wort in drei verschiedenen Bedeutungen ganngbar und damit zu einer Quelle dauernder Unklarheit und Verwirrung geworden ist.

Die drei Bedeutungen sind: 1. Die meisten - wohl alle Laien - sprechen schon von ,,Mimikry",

wenn zwei einander ahnliche Tiere vorliegen. Urn das etwaige Tor- handensein okologischer Beeiehungen zwischen beiden kiimmern sie sich nicht. Hier ist das Wort verfehlt. Einfache beziehungslose Ahnlichlieit ist klar und eindeutig als ,, A h n l i c h k e i t zu bezeichnen, nicht aber d s Mimikry.

2. Viele definieren: Mimikry ist nachgeahmte Warntracht. Ein ge- nieilsbares Tier ahmt ein warnfarbiges ungeniefibares nach und nimmt hier- durch an dessen Geschutztsein teil. Das ist die wissenschaftliche Alltags- fassung.

3. Wenige nur uberschauen das Mimikryproblem in seiner Ganee, mit seinen historischen Wurzeln und seiner iiberragenden Bedeutung, die ihm einst zugemessen wurde und die allein dem Streit urn diese an sich spielerisch-kleinlichen Dinge eine wissenschaftliche Berechtigung gibt. Nur diese Wenigen behalten stets im Auge, da13 die Mimikryhypothese zu nichts Geringerem bestimmt war d s eines der Fundamentalprobleme der organischen Naturwissenschaften losen zu helfen, das Problem : Wie sind

Was Mimikry ist, weiB jeder Biologe.

Mirnikry ist ein okologischer Begriff.

the Artkleider der Tiere entstanden? Oder - da diese Frage j losbar ist -: Vie ist das Entstehen der oft ~ I J ~rundersarn miiGigkeit', der ~~rhaltuagsm~iRiglreit ini Baa der Tiere niechiiiii Zuhilfenahnie einer bewullt schaffenden Intelligenz, zu erklaren? I)ah \\-ollte D a 1- w i n s Susleseh~-pothese leisten und lrierzu schien die Miniikr? r ~ l , eine der wenigen Stiitzen geeigiiet zu sein. Sach dieser Hypothest. -- die das E n t s t e h c n erlillren mollte - wiire der Vorgang so n J r -

zustellen gewesen: Ton der geuieRbaren Art blieben stets nur jene Indj- t iduen an1 Lehen, die dem ungeniefibaren Modcll am iihnlichsten waren. .Ilk iibrigen wurden allmiihlich von den Peinden ausgerottet, bis schlieR- lich nur die ahnlichsten allein ubrig blieben. Es ist hier nicht der Raum, iiuf die uniiberbriickbaren Widerspriiche hinzuweisen, die sich dieser Werdehypothese entgegenstellen. Ich niuR den Leser bitten, in fruhere rrieiner Arbeiten Ejnsicht zu nehmenl). Auf keinen Fall kann dime Hy- pothese aufrechterhalten werden.

Sie wiirde darum auch fallen gelassen und man zog sich auf die tikologische Miiiiikry (Punkt 2) zuruck. Als auch deren Unhaltbarkeit aufgezeigt wurde, gingen viele bis auf die einfache, beziehungslose .$ hn- lichkeit zuruck und erklarten uiiter Hinweis auf diese das Dasein der ,,MiniikryLL fiir erwiesen. Ob sie niitzlich sei, das sei eine Frage fur sich, die sie offen lassen niochten.

Es leuchtet ein, da13 dieses Festhalten an einem Wort von dreierlei Bedeutung nie zur Klarheit fiihren konnte. Wenn keiner genau wu13te. wovon die Rede war, m d t e einer am andern vorbeireden. Es muR daruni festgelegt sein :

hihnlichkeit allein ist nicht Mirnikry. Mimikry ist zumindest ein isko- logischer Begriff. Aber auch als solcher ist sie wissenschaftlich von ganz untergeordncter Redeutung. Denii ob ein Tier gefressen wird oder nicht, und ob ein anderes gelegentlich einmal aus der Bhnlichkeit mit einem verschmlihten Xutzen ziehen konnte, das reicht kauni iiber den engsten Interessenkreis hinaus. Schon darum kann der Xutzen keine Rolle spielen, aei l die Arten, die ihn nicht genieBen, in vieltausendfacher Uberzahl da sind und ohne ihn gedeihen. Nur durch hypothetische Credankenkonstruk-

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2. ang. Ent. Bd. XXVI Heft 4 40

ti10 H t ) i k e r t i n g e I'

tionen kijnnen die seltenen dnsnahniefiille tluschender .$ hnlichkeiten & Wichtigkeiteii aufgefafit werden. diich die iikologische Mimi kr.v ist he- deutungslos. snfern dainit nicht eiiie weitergeheiide, allgermine Prage dei. Zoologic beriihrt wird. Diese allgemeine Frage aber ware das Zustande- kommen dclr .$hnlichkrit. Aber artch das Zustandekommen einiger wenigcbr besserer dhnlichkr~itsfiille wiirde. sofern es sich nur um JGnzd- dinge handelt, die u-issenschaftliche Zoulogie noch nicht ernsthaft h- schtiftigen. Erst wenn die Einzelfllle ein allgerneines Werdeprinzip auf- helleii, dann erst trctcw 4 t h heraw in dab I,icht wisuenschaftlicher -\ 11- pemeinbedeutung.

Das war der Ball. ds die Mimikryhypothese aufgerichtet M urde. I II

dem Augenblick aber? da diese Hypothese nicht mehr als Sclilussel all- genieinen ('restaltenwerdens gelten konnte. war der Stern der Mimikry er- loschen. Sie sank zuriick in die Belanglosigkeit spielerischer Einzelfalle. Und selbst diese lassen sich mit dem Pixigang exakter Einzelforschung nicht mehr aufrechterhalten. Nur so lange iiber der ganzen Frage der Schleier begrifflicher Unklarheiten hangt, nur so lange kann die Mimikrv noch Gegenstand eines wissenschaftlichen Streites sein.

Eines glaube ich zur Vermeidung von MiBversthndnissen betonen zit miissen : Die der Ximikrylehre zugrunde liegende Buslesehypothese ist klai- von D a r w i n s Abstammungslehre zu trennen. liritik an ersterer hat keinerlei EinfluB auf die Giiltigkeit der letzteren. Wir wissen heute nichtz. daruber, w i e die Organismen und mit ihnen ihre ErhaltungsmlBigkeiten entstanden sind. Hier ist meines Erachtens - wenigstens heute noch - otfener Agnostizismus der einzige husweg.

miissen. Das glaubte ich zur festen UmreiBung der Grundlagen darlegen zii

Wenden wir uus mit den1 Blicke des zeitgemaB experimentell ein- gestellten Biologen der Mimikryfrage zu, so fdlt uns unmittelbar cine- auf: Fast der ganze alte Bau, wie ihn A. B. W a l l a c e , H. W. B a t e s iind ihre nachsten Nachfolger aufgerjchtet haben, ruht auf dem Wortchen : ,,Wenn . . .=. (Belege hiefur an anderer Stellel)).

W e n n grellfarbige Tiere schlecht schmeckten, d a n n miiBte 8s fur andere Tiere von Vorteil sein, sich ihr ICleid annaueignen. Der Biologe von heute greift nach diesem ,,Wennu in der unmittelbaren Erkenntnis. daB hier der eigentliche Angelpunkt des ganzen Problems liegt. daB dic nls erstes zu kliirende Orundfrage lautet:

Welohen Quelleu entsysingsn die biologischen Trachthypothesen? 1. 8. W. Bates, Zool. Anzeiger LIII, 1921, S. 287-298. - IT. A. R. Wallace. a. aO., LIV, 1922, S. 31-39. - 111. Die Warntrachthypotbese, a.a. 0 , LIV, 1922. S. 39-47. - I\-. Roland Trimen. a.a.O,, LIV, 1922, S. 177-1184. - VII. Ch. Darwin. Die Sexunlselelition. a. it. f.)., LV, 1922. 8. 141-154.

Sii id d i e g r e l l f a r b i g e n , M o d e l l e u w i r k l i c h V O I .

P e i n d e n g e s c h i i t z t ? Fie1 das Ergehnis verneiuend BUS, daun war die Uimikryhypothe~c.

alh der Grundlage entbehreiid aufzugeben. Ich habe andernorts darpelegt. \vie die alte Jlimikryliteratur an dieser Fuudamentalfrage theoretisierend \ orbeigegangeu ist, ohne ihrer Wiehtigkeit Rechnung zii tragen.

Drei Wege exakter Forschung kSnnen uns Aufkliirung dariiber gebeu. oh ein Tier von Feinden gefresseii oder rerschinlht wird. Zwei davon S i n d zur Gauze ntttiirlicli. der dritte enthiilt ininier ein unnatiirliches Element, das seinen Wert verringert. zuweilen sogar ganz in Frage stellt.

Es ist klar, dal; dieser Weg nur im Ausnahmsfall reichere Miiglichkeiten bietet. Im all- gemeinen werden solche Beobachtungen seltenen Zufallen uberlassen bleibeii.

2. M a g e n i n h a 1 t s a n a 1 y s e n iiii Freiland erlegter Tiere. Hierher ziihlen auch Analysen von Kropfinhalten. GewLillen (Auswiirfen), Exkre- inenten. von den Altvogeln angetragener Futterballen usw. Es leuchtet pin, daB dieser Weg an Batiirlichkeit der unmittelharen FraBbeobachtune vollig gleichwertig ist. Hier wie dort wird ermittelt, was das Tier - fur die Mimikry kommen fast nur Vogel in Betracht - im E'reileben, unter uatiirlichen Verhaltnissen, ohne jeden Zwang freiwillig erjagt und gefressen hat. Rndet sich ein lnsekt niehrfach vor, so ist damit einwandfrei er- wiesen, daB es vor dem Feinde nicht geschuht ist.

Die naturlichen Wege sind: 1. F r a R b e o b a c h t u n g e n am freilebenden Tier.

Der unnatiirliche Weg ist der 3. F u t t e r u n g s v e r s u c h. Oleichgiiltig ob er mit eingezwingerten

oder mit freilebenden Tieren durchgefiihrt wird, nie entspricht er restlos den naturlichen fieilandbedingungen, nie ist das, was ein Versuchsvogel tut, bindend fiir das, was ein jagender Preilandrogel tun wiirde. Am un- iiatiirlichsten sind naturgemaB Versuche mit zahmen, an gutes Gefangen- schaftsfutter gewohnten Kafigtieren 1). Aber auch bei Freilandversuchen

l ) Niiheres hieriiber in: Die metoke Myrmekoidie. Biol. Zhl. XXXIX, 1919. S. 92-93. - Zur Lbsung des Trutzfarbungsproblems. Der Fall Yprhoeori~ npterus und das Prinzip der Ungeaohntfarbung, Wien. Ent. Zeitung XXXVII, 1919. S. 179- 196. - Die Wespenmimikry oder S p hekoidie. Verhandl. Zoo1.-bot. Ges. Wien LXX. 1921, 8. 371-379. - Methoden d e r Er forschung d e s Mimikry- problems e i n s c h l i e l l i c h d e r Probleme d e r iibrigen s c h u t z e n d e n Tier- t rachten . Abderhldens Bandbuch der biol. Arbeitsmethoden Abt. IX, 4, 1922, s. 116 bis 118. - Einige V e r s u c h e mi t d e r ,,warnfarbigen' R a u p e von Euchelia juw- baeae L. Zeitschr. wiss. Ins.-Biol. XXIV (XXXIII), 1929, d. 38-43. - D i e Frage d e r Schutzanpassungen im Tierreich. Karlsruhe 1929, S. 50-52. - Die C o c - cinel l iden, i h r ,,Ekelblut". i h r e W a r n t r a c h t und i h r e Feinde. Biol. Zbl. LII. 1932, S. 386-392. - W e r d e n ubel r iechende und g i f t i g e R a f e r von I n - sek tenf ressern gemieden? Ent. Blatter =I, 1935, s. 87-89. -- Noch e i a W o r t u b e r Wespenmimikry. Zeitschr. Moiph. okol. Tiere XXXI, 1936, S. 272 bis 293. - Zur F r a g e d e s Ekelgeschmacks d e r Euchelia-Raupe. A. a. O., XXXV. 1939. 8. 586-593. - C b e r e in ige F u t t e r u n g s v e r s u c h e m i t Vogeln u n d Z y -

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gaen en. Eutom. Rnndsrhao LVI, 1939. X. 220424 . 337-340. 355456. 40

622 H e i Ir e r t i n o'e I

besteht ein fundanientaler [Tnterschied z~visclicti einem tot und reglos au t eillelll Brett licgendea iiiid eiiieni fliicbtig clurcti ditb Liifte schiefienden [nsekt. Ein Vogel. der erdereb aufnimnit, wird m;iglicherweise auf da4 .Jagen des letzteren daueriid verzichten. Unigekehrt kann das tote Tier roni Yogel verschmiiht werden. wiihrend cr das sich bewegcnde. lebendige d o r t ergreift. Jedem Versuclisteller sind Erfahrungen dieser Art geliiutig. [ch darf niir. nach zwanzigjiihriger eigener Versuchspraxis. ein sactiliches Crteil iiber den Wert dieses Forschungsniittelb zumuten. Ich liahe es erst nach Einsicht in seine Blinderwertigkeit zuriickgestellt.

Die Mimikryforschung von einst hat sich die Sache nach Moglichkeit einfach und bequeni gemacht und geriet daniit naturgemafi an den Piitterungsversuch init Kafigtieren. Auch heute gibt es noch Forschei.. die diesem Wege eifrig das Wort reden. Die Mageninhaltsanalyse wurde nur in ganz geringem Ma13e herangezogen. Sie lieferte in ihrer unerbitt- lichen Eindeutigkeit jm Regelfalle keine Bestatignngen der Hypothese und wurde darum von den Verfechtern dieser zurtickgesetzt. ja energisch br- kampft.

Ich darf erwahnen, daB ich vor rund zwei Jahrzehnten in Erkenntnih der uberragenden Bedeutung dieses esaktesten aller Hilfsmittel die Aus- wertung von Mageninhaltsuntersuchungen in ausgedehntem AusmaB zur Losung des Mimikryproblenis herangezogen habe. Hierbei geriet ich natur- gemtill an das reiche Material, das die angewandte Ornithologie im Vereiii mit der angewandten Entomologie aufgehauft hatte. Dieses Material be- saB uberdies einen gro13en Vorzug: Die Forscher, die es muhsam zusammen- getragen, hatten nicht an Mimikry gedacht. Es waren in voller Objektiri- tiit aufgezeichnete Daten von unanfechtharer Beweiskraft. So konnte mit Hilfe der angewandten Zoologie die Gruudfrage der Mimikryhypothese endlich tatsachengemat3 mit Sicherheit beantwortet werden.

Wie diese Antwort lautet? In keiner Hinsicht giinstig fur die Mi- mikryhypothese.

Es lie13 sich mit Tatsachen belegen, daB die als ,,geschutztu, als ,, widerwilrtig" schmeckend oder als wehrhaft geltenden Insekten von jenen Vogelarten, die normd Insekten dieser Gro13e und Bewegungsart jagten, nicht verschont werden, sondern durchschnittlich ebenso haufig gejagt und gefressen werden wie die als ,,wohlschmeckend" und wehrlos geltenden Fomen. Arten aus den angeblich bestgeschutzten Modellgruppen fanden sich oft zu vielen Dutzeliden, ja Hunderten in einem Vogelmagen. Dieses Gefressenwerden der angeblich ,,widerwartigen" Arten war so auffallig, daB die Forscher sich vielfach sogar veranlaRt sahen, auf diese Tatsachen besonders hinzuweisen.

Ich gebe im folgenden einen kurzen Uberblick uber einige der wichtigsten dieser Arbeiten uber Vogelmageninhalte, wobei ich mid i wesentlich auf solche beschranke, die vom angewandt-zoologischen Stand- punkt der Bodenkultur aus durchgefuhrt sind und nach Moglichkeit g e

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iiaue Arthestimninngen der nachgewiesenen Beuteinsekten bringen. Dei. Saclilage nacli koniwen in erstel. Rei he typiscll insektenfressende Vijgel in Ketrticht. Typische liiirnedresser und GroHraubviigel (7iTrirbeltierfressei.) spielen eine geringe Rolle und bleiben unerwiihnt.

In dentsclier Spraclie: L: a e I , . W. (l.'orstiilindemie Tb~rrandt). I' 11 t e L ' S I I ~ : Ir 11 ngse i .ge l ~ n isse v o n Yage II-

i iilialteit v e r s c h i e d e n e i ~ Vogelarten. Ornith. Yonatsschr. SSVIII, 1903, S. 2@2 his 26s. - silc h s i s c h e I' Viigel. A. a. 0.. SSXIV. 1909. S. 33-44. - 0rtiitliologisc:lie l\liszellen. A.a 0.. XSXV. S. 3illff. - Die Kedeutung d r r insektenf ressenden Viigel fiir d ie Y o rs t w i r t sc haft. C h a <a k t e r i s t i k d e 1' e i n z e 1 n e 11 V o ge 1 a r t e n h in s ic h t 1 i c 11

i h r e r Redentung fiir d i e Fors twir t schaf t . Die Bedeutung cler Spechte und des Knckncks f i i r d ie Fors twir t schaf t . Ins der Natur ZX-XI, Selit. 1915, 24 S.

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V i e t i n g h o f f v o n R i e s c h , A., Das V e r h a l t e n ya laark t i scher Vogei gegenuber d e n wicht igeren fors t schadl ichen Insekten. Zeitschr. f. angew. Ent. X, 1924, S. 1-55; XI, 1925, R. 247-254; XIII, 1928, S. 483-512. - Magen- ana lysen he imischer Vogel a l s Bans te ine zur E r k e n n t n i s d e s Verha l t - nisses zwischen Vogel u n d Insekt. A. a. 0.. XI, 1925, S. 309ff.; x.11, 1927. 8. 504ff., XV, 1929, S. 646ff.

meinere Arbeiten finden sich mehrfach veistreut. Griindlich zusammenfassend und mit reichen Literaturnachweisen ist das Thema Togelnahrung behandelt in dem Eandbuch :

G r o e h b e l s , F., Der Vogel. Bau, Fnnktion. Lebenseischeinung, Einpassung 1. Eerlin, Gebr. Borntraeger 1932.

I- n t e t-sn c 11 II n gs e rge h n i s se v o n 11 a g e n i n b a 1 t en

Verhandl. Ornith. Ges. Bayern T', 1904, S. 436-443.

Ornith. Monatsschr. XXXIV, 1909, S. 25/26.

614 H e i k e r I i t i g ti r

\'ou antlersq #rat: Iiigw Irbeiteii iiher euriqiiischt~ Yugel xei Iiurvcii~geliol~e~i :

Klnijveu. H. S.. 1Sijdrage t o t d o I3iolo:ie e n de .Eoologir vat1 4 l ~ i 1

s 1, reeu \r f A'/furnus vu1,yuris L.) getlure I I d t, z i j II J- iuo r t 11 Ian t ings t i j il. \ersl. 1'11

Mededeel. Planteri9iekterikuticl. Dienst Wageningeii. Ro. 69. 19311. - Dieser hrbeit liegt t4ne ntwe. gat erdai:hte ~nterstit.liutigsinetliode dei- Xestlingsnahning zugrunde. Star- .l'estlingcn \ \ - i i i ~ I c ~ zeitneisth - I J ~ S ZII viw Stuiitleii tm Tag - ein .~ lumini~i~nl~a ls r i~ i~ iibergelegt. iler sie nicht hinderte, tlas von tleii -\Iten zugetrag.oiw I'utter zu iiberilehmet~. wohl al)er, t:s zu verschlucken. Sie muflten die Futterlinllen answerfeu. c l i t i nun zur br- qemeti h a l y s t ~ vorlagen. niese \lethode hat d ~ t t groRe11 Vorzug, dafi grofle Material- mengen beigehracht \vurden. olnie dal; eiu ' f i t ,? getiitet zu widen brauchte - deli ?;PSI - lingen schadete die eeitweise ISeriiigung uiclrt - iind dal3 die Futtertiere viillig intakr und nicht zerbrochen und schon halls verdant xur Bestimmung ~-orlageu. Die i'ntrr- ~iicliutigsergebnissc siiid derneiitslirec.liend reicli iind 'r~edentiunpsvull.

cber die Mageuinhalte italienisc.lier Yogel liegt. eine Arlbeit vor: t'asserii1.i K.. c) Ceoconi. (;.? Osservaaioni s o p r a I'alimeiitaeiorii: degli

tiucelli.

Behr reich ist die Literatur uber lfageninhaltsuntersuchungeti nordamerikanischrr Viigel. Hier hat das .[I. S. D e p a r t m e n t of A g r i c u l t u r e , Biological Survey . Washington D. C.. in einer Reihe von Bulletins die Ergebnisse der Untersuchung voii lond 80000 Yogelmagen verofientlicht. Kine lheisicht uber das llis 1913 fubliziei-te gah :

UcAtee TIT. L.: l n d e s to p a p e r s re la t ing t o t h e food o f birds. 1'. S. Degt. Agr. Riol. Surv. Bull. 43, 1913. 69 S.

Eiuige der helangreichsten hrbeiten: Barrows, W. B., The English spar row (Passer domesticus) i n Nor th

A m e r i c a , espec ia l ly i n i t s re la t ions to agr icu l ture . Beal , F. E. L.? Cuckoos and shr ikes i n t h e i r re la t ion t o agr icu l ture .

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Hist. XLV. 1922. S. 271-331. - Diese Arbeit, nicht eigentlich auf agrikulturellem Ge- hiete erstanden. faIt die Erfahrungen uber die ameisenfressenden Tiere der ganzen Erde zusammen. Nach Kenntnisnahme der dort niedergelegten Daten vermag mohl liein rin- parteiisoher Beurteiler noch an ein Geschutztsein der Ameisen zii glauhen.

Kritisch zusammenfassend hat das Material ausgemertet : M c A t e e . W. L., E f f e c t i v e n e s s in n a t u r e of t h e so-cal led p r o t e c t i v r

a d a p t a t i o n s i n t h e an imal kingdom. c h i e f l y as i l l u s t r a t e d by t h e food habi t s of n e a r c t i c birds. Smithson. Misc. Coll. LXXXV, No. 7, 1932. 201 S. - Diese uberans bedeiitsame Arbeit gibt auf 57 Seiten auch ein sehr eingehmdes Schriften- verzeichnis.

An Hand eines erdriickenden Beweismaterials von l'ausenden von Breilanddaten konnte ich feststellen:

Ekelgeruch - nur ein solcher ist, und auch er nur mit Menschen- sinnen, erwiesen - wirkt nicht abwehrend auf die geruchsstumpfen Vogel. (Der immer wieder behauptete ,,Ekelgeschmack" ist in keiner Weise, aucli nicht menschlich, erwiesen, denn niemand hat die betreffenden Insekten wirklich gekostet.) Die sezernierenden Carabiden und Dytisciden, Staphy- liniden, Silphiden, Elateriden,Tenebrioniden, Coccinelliden, Chrysomeliden usw. unter den Kiifern finden sich ebenso zahlreich in den Magen vor wie die Vertreter anderer, als ungeschutzt geltender Gruppen. Das gleiche gilt fur Stinkwanzen und die anderen angeblich geruchsgeschiitzten Insekten. Erdvogel fressen mit Vorliebe Carabiden, Wasservogel Dytisciden, manche Buschvogel bevorzugen geradezu gewurzte Insekten (2. B. Pirole Rtink-

h l 6

1% anZen, die nurdamei.ikanizclien Vireo* Cocc.inelliden US\\ .). Hinsichtlicti Xinzelheiten mull k l i anf friihere meinel. Arbeiten ver\wisen 1).

Ebenso\venig n ie iler ,,EkelgeruchLL wehrt der ,, ITeh~~stachel” dei nkiileaten Hpinopteren, der Bienen, TVespen usw. die jagenden Togel ab‘) : ~hensowenig ist auch hohe Giftigkeit (fur den Menschen) ein PraRhindei-- iiis fur Viige13). Uiid \vodurcli die kleinen, harmlosen dmeiei i . die in1 ;dlgemeinen weder ernsthaft stechen kiinnen noch richtig ,,ekelhaft” riechen. eigeiitlich geschiitzt seiii sollen und als Uimikrymodelle bo hoclt geschiitzt werden . weiC wohl tiiemand stichhaltig zu begriinden. Sii-

hilden denn auch einen standigcn Bestandteil der Insektenfres.;ernahrung 4).

Ankniipfend an einen kiirzlich in dieser Zeitschrift erschieneiieti Artikel von F. 8 t e i n i g e r 5 ) mochte ich nuf die Frage der Wespen- mimikry etmas nahei. eingehen, um an einem konkreten Sonderfall die

tl 1. i 1, v i t i II 2 i. I

I ) Zur Lbsnug d e s Trntzfarbungsproblems. D e r Fal l I’yrrhoeoris apterus Wien. Ent. Zeitung. YSXVIL 1919. S. 179-196. - U b e r d ie angebl iche Gif t - wi rkung des Coccinel l idenblutes . Wien. Ent. Zeitnng. XXXVIII, 1921, s. 109 bis 113. - Sind die Wanzen (Hemiptera heteroptera) d n r c h Ekelgeruch ge- s c h u t z t ? Biol. Zentralbl. SLII, 1922, S. 441-464. - Die St inkdri isen d e i Wanzen i n i h r e r Bedeutung als Schutzmi t te l . Natnrm. Wochenxhr. N. F. SXI. 1922, S. 558-562. - c b e r , , t ransformative S c h u t z f l r b u n g U u n d i h r e misseii- w h a f t l i c h e Begrundnng. Biol. Zentralbl. L, 1!)30, S. 193-219. - D i e F r a g r d e r Schutzanpassungen im Tierreich. Karlsnihe 1929, S. 59-75. - Die Cocci- ne l l iden , ihr ,,Ekelblut‘. i h r e W a r n t r a c h t u n d i h r e Feinde. Biolog. Zentral- blatt LII, 1932, 8. 65-102, 385-412. - Werdei i t ibelr iechende und gif t ige Kafer von I n s e k t e n f r e s s e r n gemieden? Ent. Blatter XXXT. 1935, S. 81-94. - Die Mimikrymodel le d e r Tagfa l te r Afr ikas u n d i h r ,Ekelgeschmacku. Biol. Zentralbl. LVI, 1936, S. 151-166.

Zeitschr. wiss. Ins.-Biol. XIV (XXIII). 1918, S. 1-5, 73-79. - D i e Wespenmimikrg d e r Lepidopteren. Verh. Zo01.- hot. Ges. Wien LSVIII, 1918, S. 164-194. - Die I n s e k t e n n a h r u n g d e s G r a u e n Fliegenf a n g e r s (Musoicapa grisola) im L i c h t e d e r Schntzmi t te lhypothese . Deutsohiisterr. Monatsschr. f. naturw. Foi-tbildung XV, 1919, S. 67-72. - Akuleate H y m e n o p t e r e n a l s Spinnenbeute . Biol. Zentralbl. XXXIX, 1919, S. 352-363. - Die Wespenmimikry o d e r Sphekoidie. Verh. Zool.-bot. Ges. Wien LXX, 1921. S. 316-385. - Noch e i n W o r t i iber Wenpenmimikry. Zeitschr. Morph. okol. ‘ l h e XXXI, 1936, S. 26E4-293.

$) U h e r e in ige V e r s u c h e m i t Lytta vesicutwiu L. z u r se lek t ion is t i schen Schutzmi t te l f rage . Biol. Zentralbl. XXXVII, 1917, S. 446-460.

Die metoke Myrmekoidie. Biol. Zentralbl. XMIX, 1919, S. 65-102. - Taus c h end e h nl ic h kei t m i t Am ei s e n (My r m e ko idie). Naturwiss. Wochenschr. N. F. XX, 1921, S. 709-713. - Zur metoken Myrmekoidie. Zeitschr. wiss. Ins.- Biol. XVIII, 1923, S. 1163)-(178). - Die F r a g e d e r S c h u t z a n p a s s u n g e n i m Tier - reich. Earlsiuhe, 1929, s. 75-88. - TJber d a s Yimikryproblem u n d s e i n e Schwesterprobleme. Iv. Intern. Gong. Entom. Ithaca N. Y. 11, 1929, S. 827/828. - W e r d e n die Tagfal ter von Vogeln ge jag t? 11. Mageninhaltsuntersuchnngen. Biol. Zentralbl. LVII, 1937, S. 7-21 (Fanoten).

5, Die genet i sche , t i e rpsychologische uiid Bkologische Se i te d e r M i - mikry. XXV. 1938. S. 461-471.

*) Die Bienenmimikry von Eristalis.

Verschiedenwertigkeit der Magenin haltsu ntersuchungen einersei ts it l i d

t l ~ r Fiitterungsversuclte andwseits darzulegen. Hierzu tnan ich idl~dingh einige TYo~z~ . ii den Stand dei. \T.'espenniiniilrryfrage vorau- senden.

Ich habe andernorb gezeigt. daG die weitgehenden Ahnlichkeiteii zswischen Insckten verschicdener T'er~~nndtscliaftsgruppen iiberhaupt keiti t'i*oblein bilden. Wenn \rip heide ~linlichk~~itspartner als Kettenglieder in den langen Reihen ihrer Vermandten ins Auge fassen. so zeigt sich. tlaR die lihnlichkeiten offenkundig nichts anderes sind als zufallige Koni- hinationen von Farbzeichnungselementen , die in jeder der beiden Vw- wndtschaftsreihen als Stammeseigenschaften vorhanden sind. Diese Ele- mente treten hundertfach in vwschiedenen Kombinationen znsammen. sitid iiberall fliefiend durch cbergiinge verkniipft. Die ,,Nachahmer" stehen mitten in dieser Kette. mit ihren Xachbargliedern eng verbunden. genetisch gleichwertig niit ihnen. Niche berechtigt uns. sie aus deni natiirlichen Zusammenhaug cler Variationskette zu reiBen. fiir 4. eine grundsatzlich andere Ertstehungsursache - eben die ,,Nimikry" - Auslese - anzunehmen als fiir alle iibrigen Kettenglieder. Wer rnit diesen Augen zu sehen gelernt hat, fiir den ist der gesamte Problemen- komples gelost.

duf die Frage der Wespenmimikry angewandt fiihrt uns dieser Weg zur Einsicht : Schwarzgelbe Segmentringelung ist ein angestammtesFarbzeich- nungselement sowohl in der Ordnung der Hymenopteren - und zwar in den verschiedensten Gruppen dieser - wie auch in der Ordnung der Diptereti, wieder in fast allen Gruppen auftretend. Auch bei den Lepidopteren ist sie nachznweisen. Tausendfach varriiert ist sie vorhanden; in den ver- schiedensten Verwandtschaftsreihen finden wir uberraschende Parallelismen. ,,homologe Reihen" und als natiirliche Polge davon in Einzelfallen hier und da weitgehende Detaililhnlichkeiten. Diese als Sonderratsel zu be- trachten, haben wir keinen Anla13.

Damit ist das Problem der Wespenmimikry morphologisch-stammes- geschichtlich gelost. S t e i n i g e r hat sich dieser von mir gegebenen Problemlbsung vollinhaltlich angeschlossen und hat sie mit Fachausdriicken der genetischen Terminologie bekrilftigt.

Damit ist die Hypothese von der Wespenmimikry, die bestimmt war, das E n t s t e h e n der Wespenahnlichkeit zu erklaren, uberfliissig geworden. Nan kann nun noch die Frage beleuchten, ob diese Hypothese, falls sir nicht iiberflussig geworden tviire, das Problem mit ihren Mitteln gelost hatte. Die Hypothese ist auf der Annahme aufgebaut, daB die Wesperi infolge ihres Wehrstachels vor den Vogeln geschutzt seien. Nun erweisen aber die in erdruckender Zahl vorliegenden Mageninhaltsanalysen, daB von einem solchen Geschutztsein keine Rede ist. Vbgel von hinreichender St5rke fressen Wespen und Bienen ebensogut wie Fliegen. Das gleichr erweisen Kafigversuche.

H e i k e r r I I I 'L. 1. r ($18

s t e i n i g 6' 1' l w i n nicht umhin. diesr hundertfaclt eruieseneii 'Pat- .;achen zu bestatigenl). l'rotzdcni will er sich nicht gaiiz von der reiz- vollen Hypnthese trennen. Er \ciiiischt zit zeigen, dall es wenigstens ver- einzelte dusnahmef!ille gibt. in denen die .\hnlichkeit niitzlicli wirksarn werden kiinntc.

kk besteht niin kein Hindertiis, die JILigliclikeit solclirr husnahmefiil If , a hne weiteis zuzugeben. Jede Erscheinung kann irgendwann einnial niite- lich seiu. Xiemand aber diirfte ernsthaft der dnschauung sein. daR mit solclien i\usnatinic~Mlen die Hj-lwthesc von der Hcrausbildung Piner aus- gefeilten Wespenahnlichkeit durch stete Busnierzung aller niinder ahnlichen Lndividuen - das ist daa klar geqehenc Miniikryprinzip - wieder auf- pc~ichtet n erden kiinnte.

Man hat oft versuclit. dieses klarc dusleseprinzip durch unbestimnittb Vorstellungen zu ersetzen. Kein Schuiz sei allgemein ; die Ahnlichkeit kijnnte immerhin einmal gegen ,,einige Feinde" schiitzend wirksam sein. nnd das geniige.

Selbstverstandlich ist nicht jeder Vogel verptlichtet. Wespen zu fressett . Ximmt ein Vogel aber Wespen nicht an. so ist er nicht ohne weiters jenen ,,einigen Feinden" zuzuzahlen, so ist noch keineswegs auf Abwehr- mittelwirksamkeit zu schliel3en. sondern zuzusehn, ob nicht offensichtlich aiidere Bewegqriinde vorliegen. Handelt es sich um einen kleineren. zarten, schwachschnabeligen, angstlichen Vogel. so werden wir es ohnr weiters verstandlich finden, wenn er die ziemlich groBen, kraftigen. fahrigen. hartleibigen Wespen von vornherein unbeachtet la&. Und wenn wir dann die Magenanalpen dieser Vogelart zu Rate ziehen, so werden wir finden, daB ihre Normalnahrung in der Tat vie1 kleiner. zarter, weicher ist. Mit dieser einaandfreien Prufung konnen wir fast alle die Rille, die uns als vermeintliche Schutzwirkung des Wespenstachels gegen ,,einige andere Feinde" gefuhrt werden, als nicht stichhaltig erweisen. Iin Versuch sind diese Falle leicht daran kenntlich, daB dime Visgel die Wespen von vorn- herein ablehnen, ohne irgendwelche bbse Erfahrungen mit ihnen gemacht zu haben. Nur kraftige, starkschnabelige, an die Bewaltigung groflerer, harterer Beutetiere gewbhnte Vijgel konnen als wirkliche Wespenfeinde an- gesprochen werden. Und diese scheuen sich. wie erwiesen, in der Tat nicht vor Wespen.

Wenden wir uns. mit diesen Einsichten ausgeriistet. S t e i n i g e r s Vexsuchen zu.

l) Seine eigenen Veisuchsergebnisse sind: ,,bgelmaSig gefressen wurden vorge- worfene Bienenarbeiterinnen und Wespenweibchen von den beiden Elstern, der Nebel- kriihe, und vor allem von dem grauen Fliegenschnapper. Letzterer zog Bienen und Wespen sogar gleichzeitig gebotenen Nehhiirmern vor. Im Laufe cines Tages (10 Stunden) verzehrte ex 18 Apis mellifica (Arbeiterinnen) ohne Schaden zu nehmen . . . Die Sing- drossel pickte mit gestraubten Federn vorgeworfene Bienen und Wespen sofort tot, lie8 sie dam einige Zeit liegen und zerpickte sie dann, urn sie teilweise zu fressen (Versuche an sechs verschiedenen Tagen mit insgesamt 14 Vespa vulgaris. 8 Apis mellifioa).u

Hierzu fiihrt er rinige \*ersuclisergebnisse vor.

-

I cli zitierc aus seincni Ver>uchhbvricht 1). .,ICotkehlchen. Blaukehlchen . . . wgriflen die erstnialig gereichte \Vespe.

tin1 diese sofort wieder fortzuwerfen. ohne sie v6llig getotet zu haben. A m Tage darauf gereichte Rienen wurden allein nocli von Rotkehlchen in d m Schnabel genoninien, jedoch auch vcm diesem nicht gefressen.U

'I'atbestand: Dich genannten \%gel versc.lrniiihten die 1Vesi)en. (>line sie gekostet zu Iiaben. ohne voii ihntw gestochen worden zii sein. also o h n (1 i r g e n d e i n e E r f a l i r i i n g , g u t o d e r h i i s ( & . n i i t i h n e n g e - m a c 11 t z u ti H b e 11. .\lageninh~ltsanal!-heii dieser sehr zarten Vogelchen mveisen eine riel geringere Beutetiergrtjfle. I ) w Fall liegt somit klar.

Sun aber fahrt S t e i ii i g e r fort: ,,Rotkehlchen und Hlaukehlchen frallen c or der Piitterung mit Wespeji

die Syrphiden ohne Ausnahme. Etwa eine Stunde nach der ersten Futteiung mit Wespen wurden Schwebfliegen jedoch abgelehnt . . . A m Tag darauf wurden je funf Syrphiden . . . nicht angenomiiien.K

,,Das Blaukehlchen frall in den darauf folgenden fiinf Monaten Syr- phiden.. . iiberhaupt nicht mehr. Das Rotkehlchen jedoch fral3 zwblf 'l'age nacli der ersten Wespenfiitterung vier gebotene Syrphiden . . . In weiteren Shnlichen Versuchen wurden Syrphiden teils verweigert, ganz so, wie M o s t 1 e r dies fur seine Versuche darstellt . . .u

Fehlt hier nicht die logische Begrundung? Wenn die %gel mit den Wespen g a r l i e i n e E r f a h r u n g e n gemacht hatten. wieso sollten die Wespen dann an dem Verhalten der Vogel gegen die Fliegen schuld- tragend sein? Um das Benehnien der Vogel gegen die Syrphiden im Sinne der Mimikryhypothese logisch zii begrunden, miifiten die Vbgel doch von den Wespen gestochen worden sein. Rur dann ware eine Anderung des Verhaltens der Vogel versiandlich. Bei dem Fehlen jeglicher schlechter Erfahrung mit den Wespen aber besagt der Fall gar nichts und fallt nur unter die vom Versuchsteller selbst erwahnte Erfahrung, daB die Syrphiden ,,teils genommen. teils verweigertK werden, wie es den Vogeln eben gerade zusagt.

Sehmen wir den anderen, \ion S t e i n i g e r hoch bewerteten Fall vor. Fin zahmer grauer Fliegenschnlpper fraB ein Jahr lang ungestraft

jede ihm dargebotene Wespe oder Biene, wie es ja auch nachmeislich seine Artgenossen in1 Freiland tun. Ja, er zog sie sogar den sonst so be- gehrten Mehlwurmern vor. Eines Tages jedoch, bei einer Vorfuhrung vor fremden Besuchern, versah es der Vogel und wurde von einer Cerewi.~, die er, von anderen Vorgangen im Zimmer abgelenkt, zu lange und zu ungeschickt im Schnabel hielt, anscheinend gestochen 2). Von da nb lehnte

z E k e l g e s c h m a c k u u n d v i s u e l l e d n p a s s u u g e i n i g e r Insekten.

2) R e o b a c h t u n g e n und B e m e r k u n g e n zui' Mirnikryfrage. Biolog. (Fiitterungsveirjuche an Vogeln.) Zeitschr. wiss. Zool. A. CXLIX, 1937, S. 228-230.

Ze itralbl. 1937, S. 51 ff.

620 11 e i k e r t i n g e r

er auger Wespen aucli niaiiche aiidere Iiihekteii , uucli \t espenuiiiihnlicht .. In den weiteren T'ersnchen glaubt S t e i i i i g e r fehtgestcllt zu haben.

da13 ,eine schwvarz-gelhe Zeichnung an hich schon au-reiche, um die Ah- lehnung des Insekts zu reranlassen ; ein unterschiedliches Verhalten ent- sprechend der griineren oder geringeren Wespeniihnliclikei t lien sich nicht feststelleii". Es machte deiii Togel iiiclitb aus, ob das Tnsekt (pier- ode] liingsgestreift war. Aber aucli die ganz ungezeichneten Bienen lehnte ( - 1

ah. Dafiir aber fraR er bereit-willig den beriihmtesteii aller genaueir Wespennachalimer, den Hoi~issenschwBrnier Trochili!inm qifornze.

Sehen wir auclr diesen Pall etwas naher an. Zunachst besteht - tier- psychologisch - ein wesentlicher Unterschied zwischen einem rertrauens- vollen, daueriid mit liarmlosen Jlehlwuriiiern erniihrten zahmen liafigvogel und einem auf seine Jagd gestellten wilden Freilandtier, dessen Spezid- nahrung eben bestachelte Hautflugler sind. Wurde der Rafigvogel erst nach einem Jahr gestochen, und zwar durch eigene Unaufnierlisainkeit, st) wird dies dem Freilandtier mit seinen wachen Sinnen vielleicht iiacli einigen Jahren einmal, vielleicht auch nie widei-fahren. Wurde es aber gestochen, dann kann es sich nicht mie der Kafigvogel gekrankt auf einen Napf mit Mehlwurmern zuruckziehen, sondern es muB weiter jagen wie fruher, um nicht zu verhungern. Bei der Jagd auf fliegende Insekteii aber, a i e sie der Fliegenschnapper betreibt, kaiin er unmirglich auf mi- metische Ahnlichkeiten achten, sondern mu13 bedenkenlos zufahren. Des- halb hat ihn auch die Natur zum typischen Wespenjager ausgerustet.

Zudem wurde ihm das Merkmal ,,gelb-schwarz" hierbei gar nichts nutzen, denn ein GroSteil der bestachelten Hautflugler entbehrt dieser Zeichnung. Viele Wespengruppen und die Nehrheit der Bienen sind un- ansehnlich grau oder braunlich gefarbt, geben aber an Stechfahigkeit den Wespen nichts nach. S t e i n i g e r erwahnt, sein Vogel habe fortab auch Bienen verschmaht, obwohl er mit diesen keinerlei bose Erfahrungen ge- rnacht habe. Er nieint, nicht so sehr die Farbung, als vielmehr ,,der all- gemeine Habitus der Hymenopteren, vielleicht auch Bewegungsart und Flugton, mussen dem Vogel kenntlich gewesen sein".

Wenn es das ist, wenn der Vogel einen bestachelten Hautflugler auch crkennt, wenn er schutzfarbig brilunlichgrau ist, dann ist die Annahme, eine genaue schwarz-gelbe Wespennachahmung sei ntitig, offenkundig un- begriindet. Erkennt er ungeachtet der Farbung die Hymenopteren an ,,Ha- bitus, Bewegungsart und Plugtonu, dann wird er niemals eine harmlose, sich ganz anders benehmende Fliege mit ihnen venvechseln.

Aber auch schon die Feststellung S t e i n ig e r s , daS der Vogel auf Beinerlei Detailtihnlichkeit achtet, daPv es ihm gleich ist, ob Langs- oder Querstreifung vorliegt, zerstort die Annahme der Wespenmimikry. Diese Hypothese wollte ja nichts anderes als eben die Herausbildung der ganz fejnen, verbluffenden Detailahnlichkeiten mit Wespen erklaren, der Parade- stticke. DaB eine Schwarz-Gelb-Zeichnung ganz allgemein in Variation so-

wuhl in der Ordnnng der Hynienopteren als auch der Dipteren als a i l -

gestamnites Farbzeichnungselenient vorhanden ist - uni das ver4indlidi zu niachen bedarf es Beiner Illiiiiilir~ti?p~these.

Betrachten wir den Fall niit den Augen des Unbefangenen, so selieii wir nichts als eineii Kafigrogel, der tiiglich \-on seinem Herrn mit Xehl- wiirniern. Anwisenpuppeii und iihnliclien unbedingt ~erliifilichen Dingeti reichlich versorgt wird, der nebenbei aucli eiiie Wespe oder aiideres sehi Kern nahm. der aber auf derlei Zngaben niiRtranisch verzichtete, als er rinmal - als Folge seiner kiifigvogelhaften Vertrauensseligkeit - von einem solchen Tier einen Stich erhielt. Wozu sollte er sich dem unntitig aussetzeii. wem er bekanntes, harmloses Futter genug erhielt? Er blieb von da ab fur einige Zeit mifitrauisch. DaR dieses MiIJtraueii niit schwarz- gelber Wespenfarbung gar nichts zu tun hat, wird schlagend durch seiu Verhalten gegen den weltberuhmten Wespenmimetiker !Frochiliurn apifornw erwiesen. Diesen Falter hat der Vogel SOfcJrt als solchen angesprocheri und gefressen, sehr zum Erstaunen des Beobachters, der auf anderes \-or- bereitet war.

Daniit ist erschiipft, was 8 t e i n i g e r zur Rettung des schwindendeu Schattens der Wespenminiikryhypothese an Versuchsergebnissen vorfiihrt. Tch iiberlasse den1 Leser das Urteil dariiber, ob es zur Wiederaufrichtung dieser Hypothese ausreicht.

Klar und eindeutig g e g e n diese Hypothese aber spricht das Ergebnis seiner Versuche mit dem erwahnten Hornissenschwarmer Trochilium api- fornie. In jedem Lehrbuch wird dieser Falter als Paradestuck der Wespen- mimikry vorgefuhrt. S t e i n i g e r verfutterte 32 Stuck davon an Rot- kehlchen, Blaukehlchen, Singdrossel und Grauen Fliegenschniipper und alle 32 wurden ohne weiters von den Vogeln verzehrt, gleichgiiltig, ob gleichzeitig Wespen angeboten wurden oder nicht. S t e i n i g e r sagt selbst : ,,Eine mimetische Wirkung der Wespenzkichnung von Tr. upi- forme konnte also nicht festgestellt werdeau

Wollen wir auf all diese Erfahrungen hin nicht doch auch die letzten, armseligen Reste der Hypothese von der Wespenmimikry fallen lassen? Sie sind wirklich nicht mehr aufrecht zu halten.

Im ubrigen laBt sich dem Einzelfall des gestochenen Fliegenschnappers ein anderer Einzelfall eines gestochenen Vogels gegeniiberstellen, der klar das Gegenteil bemeist.

W i 1 h e 1 m W i n d e c k e r 1) lierj Huhnchen (Kucken) von Wespen in die Gegend des Schnabelgrundes stechen. Die gestochenen Huhnchen pickten nach wie vor nach den Wespen, zeigten keine Scheu vor diesen. Eines dieser Biihnchen wurde .in 9 Einzelversuchen an funf aufeinander- folgenden Tagen gestochen, ohne sich dadurch vom Anpicken abhalten zu Iassenu. Ja, nach einigen Tagen murde es ,,ein leidenschaftlicher Wespen-

I) Zeitschr. f . Yorphol. 11. &ol. der Tiere 3& 1939, S. 132.

ti.e.qser. Jilanchmd fralS es 10 Wespen hintereinander und hatte KloCh Appetit auf mehr." \V i ii d ( 1 c k e r Getzte &is ' l ' i ~ ~ c h e ~ ~ ,,in den Kasten. tier das Wespennest enthielt. wohei e.: eine zieniliche ,lnzahl Stiche ah- bekam. Aber seine Neigung. TTespen zu fressen, blieb unverniindert" .

Es wiire zu miinschen. dall iiherall dort. i rn der Fall des einmal gestochenen Ingstlichen Kiifigfliegenscliiidppt:1s wziihlt n-ird. auch der dicsw vielmals gestochenen Huhncheiis vorgetragen wurde. Dabei ist clas Hiihn- chen gar kein Wildvogel und krin geborrner H,vmenoptei*en jagvpr. wivp (1-

die freileben den E"liegenschniippc.1. s ind. AbschlieRend miich te ich noch einen kurzen, werknden Hick auf

andere, fur die Fragen der Mimikry in Retracht komniendr DisxiplineJi werfen. Wenn S t e i n i g e r meint, dald die Rliniikryfrage nicht mehr a h morphologisches Problem auftritt, sondern von dieser Seite her als gelost xu betrachten ist, so stirnme ich ihm restlos bei. War es niir doch rer- gonnt, an dieser Losung mit eigener hrbeit teilzuhaben.

Wenn aber S t e i u i g e r meint, daB auBer den1 niorphologisch ge- liisten Miniikryproblem nunmehr noch ein gesondert zu losendes ijkolo- gisches Mimikryproblem dastehe, so muS ich diese Anschauung ablehneii. Erinnern wir uns nochmals an die Herkunft der Mimikryhypothese Sit- war bestimmt, das E n t R t e h e ii der Ahnlichkeiten zu erklaren. Der Weg hiezn war ein okologischer: die Anslesehypothese. Yachdem dieser Ljkologische Weg versagt hat, nachdem das Entstehen der A hnlichkeiten auf anderem Wege, dem morphologisch-stammesgeschichtlichen, restlos und befriedigend erklart worden ist - und dieser Erklarung schlieBt sich auch d t e i n i g e r bedingungslos an - j s t i i b e r h a u p t k e i n P r o b l e n i m e h r da.

Die grol3en Werdefragen der Organismen sind versunken. Wen I I

sich auch eine Ahnlichkeit in einem seltenen Ausnahmefall einmal se- kundar als nutzlich wirksam erweisen sollte - es gibt keine Erscheinung, die nicht fallweise einmal niitzlich sein konnte, - ein Entstehen oder anch nur ein Feinausfeilen der Ahnlichkeit wird nicht damit aufgekliirt. Wer solche Ausnahmefalle aufsuchen will, den1 bleibt es unbenommer;. Dir Theorien von einst ruft er nicht damit zuriick. Ein Problem, das - gleich der urspriinglichen Mimikryhypothese - die Wissenschaft auf- wuhlend beschaftigt, ist nicht mehr da.

Im iibrigen glaube ich auch die Hypothese VOII der wissenschaftlich ijkologischen Seite her in meinen Arbeiten endgultig widerlegt zu habeu. Daruber mSgen kom mende Forschergenerationen entscheiden. l m Gegensatze zu S t e i n i g e r sehe ich auch fur die Genetik hier kein entscheidendes Arbeitsfeld mehr. Sie kann die Tatsachen der Wiederkehr gewisser E"orm- und Farbzsichnungselemente in verschiedenen Organismenreihen, wie icti sie dargelegt habe, auf ihrem Arbeitsgebiete bestiitigen, kann sie in ihrtb Terminologie fassen, mit ihren Erfahrungen belegen und aufklarend be-

Iruchteu. I h kann sehr wertvoll sein : c4ne tiefergeliende, uisiivhlic.hl+ Erklffruiig kann auch sie nicht geben.

Ebensowenig kann die l’ierpsycliolugie tiocli irgend etwas ent - wheidcndes Seues in hlimikrydingen beitragen. 8ie ruht ja fast restlus ijuf dem Tierversuch, dessen bedingtc Redeutung fur unser Thema ich in clieseni Aufsatz aufgexeigt habe. Deu wertvollsten, entscheidenden Beitrag hat uns die angewandtc? Zoologie mit ihren Freilanduntersuchungen det- Tierernahrung gegeben. 8ie mar - mittelbar -- an der Problemliisung tatig.

Es ist heute nicht mehr angiingig, sich anzustellen als ware das Jli- tnikryproblem noch da und m u s e durch Disziplinen, die auch friiher nur in losem Zusammenhang niit seineii eigentlichen. feldiikologischen Kern- fragen standen. erst gelost werden.

Das muR ihr gutgesclirieben werden.

Es i s t geliist.