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Fakultät für Physik Theorie der kondensierten Materie Exakte und approximative Untersuchung kleiner Systeme im Hubbard-Modell Diplomarbeit vorgelegt von Martin Höck im Dezember 2008 betreut von Prof. Dr. Jürgen Schnack

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  • Fakultät für Physik

    Theorie der kondensierten Materie

    Exakte und approximative

    Untersuchung kleiner Systeme

    im Hubbard-Modell

    Diplomarbeit

    vorgelegt von

    Martin Höck

    im

    Dezember 2008

    betreut von

    Prof. Dr. Jürgen Schnack

  • Don’t be afraid of this spectr{eum :).

    Gutachter: Prof. Dr. Friederike SchmidProf. Dr. Jürgen Schnack

  • Inhaltsverzeichnis

    Danksagung vii

    1 Einleitung 1

    2 Das Hubbard-Modell 4

    2.1 Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42.2 Hamilton-Operator und Hilbert-Raum . . . . . . . . . . . . . . . . 72.3 Symmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14

    2.3.1 Teilchenzahlerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142.3.2 Spinsymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152.3.3 Translationssymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162.3.4 Spinflip-Symmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172.3.5 Satz kommutierender Observabler . . . . . . . . . . . . . . 182.3.6 Ausnutzen der Spinflip-Symmetrie . . . . . . . . . . . . . . 192.3.7 Effekt eines zusätzlichen Zeeman-Terms . . . . . . . . . . . 19

    2.4 Elektromagnetische Kopplung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202.4.1 Einteilchen-Hamiltonian im äußeren Feld . . . . . . . . . . 202.4.2 Herleitung der Peierls-Substitution . . . . . . . . . . . . . . 222.4.3 Betrag der Hopping-Parameter im äußeren Feld . . . . . . . 252.4.4 Peierls-Phasen bei eindimensionalen Systemen . . . . . . . 282.4.5 Fazit zur Peierls-Substitution . . . . . . . . . . . . . . . . . 30

    3 Der strong coupling -Grenzfall 32

    3.1 U−1-Entwicklung des Hubbard-Modells . . . . . . . . . . . . . . . 323.2 Kanonische Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33

    3.2.1 Vereinfachungen der Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . 373.2.2 Effektiver Hamiltonian in der Ordnung O(U−3) . . . . . . . 383.2.3 Zeeman-Term und Kanonische Transformation . . . . . . . 38

    3.3 Umschreiben auf ein Spinmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 393.3.1 Definition der Hubbard-X-Operatoren . . . . . . . . . . . . 403.3.2 Hubbard-X-Operatoren für das Hubbard-Modell . . . . . . 41

    4 Kette mit nearest und next nearest neighbour-Hopping 43

    4.1 Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434.2 Energiespektrum der Kette für verschiedene Hubbard-U -Werte . . 454.3 Effektives Spinmodell in der Ordnung O(U−3) . . . . . . . . . . . 47

    4.3.1 Vereinfachungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49

    iii

  • Inhaltsverzeichnis

    4.3.2 Alternative Herleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524.3.3 Art der magnetischen Wechselwirkungen . . . . . . . . . . . 554.3.4 Vergleich mit dem Spektrum des Hubbard-Modells . . . . . 56

    4.4 Magnetisierung als Funktion des äußeren Magnetfeldes . . . . . . . 674.5 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69

    5 Das magnetische Molekül {Ni4Mo12} 725.1 Chemische Struktur und Magnetisierungskurve . . . . . . . . . . . 725.2 Spinmodell mit feldabhängigen Parametern . . . . . . . . . . . . . 735.3 Kostyuchenkos Spinmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 755.4 Fragestellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 805.5 Ionenspins als gute Quantenzahlen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 815.6 Spektren der Modelle HK,1/2 und HK,1 . . . . . . . . . . . . . . . . 825.7 Fit der Magnetisierungskurve mit einem Hubbard-Modell . . . . . 845.8 Vergleich von Kostyuchenkos Spinmodell und Hubbard-Modell . . 875.9 Berechnung des effektiven Spinmodells in der Ordnung O(U−3) . . 90

    5.9.1 Struktur des Systems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 915.9.2 Benötigte Summen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 925.9.3 Effektives Spinmodell in der Ordnung O(U−3) . . . . . . . 935.9.4 Vereinfachung des Spinmodells . . . . . . . . . . . . . . . . 935.9.5 Vergleich von effektivem Spinmodell und Hubbard-Modell . 955.9.6 Effektives Spinmodell ausgedrückt über die Ionenspins . . . 95

    5.10 Effekt eines zusätzlichen intra-Ionen-Hoppings . . . . . . . . . . . 1025.11 Fit mit einem zusätzlichen intra-Ionen-Hopping . . . . . . . . . . . 1045.12 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

    6 Zusammenfassung 107

    A Vollständige, numerisch exakte Diagonalisierung 109

    A.1 Idee und Teilschritte der Methode . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109A.2 Zwang zur Ausnutzung von Symmetrien . . . . . . . . . . . . . . . 110A.3 Aufstellen einer Wannier-Basis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111A.4 Aufstellen einer Translationsbasis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113A.5 Matrixdarstellung des Hamilton-Operators . . . . . . . . . . . . . . 119A.6 Diagonalisierung der Hamilton-Matrix . . . . . . . . . . . . . . . . 128A.7 Test des Programms . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129A.8 Berechnung thermodynamischer Observabler . . . . . . . . . . . . 130A.9 Dimensionen der Unterräume H (N,M) . . . . . . . . . . . . . . . 131

    B Erweiterte Darstellung der Symmetrien 137

    B.1 Teilchenzahlerhaltung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137B.2 Spinsymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138B.3 Translationssymmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140B.4 Spinflip-Symmetrie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142B.5 Zusammenfassung der Symmetrien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

    iv

  • Inhaltsverzeichnis

    C U−1-Entwicklung des Hubbard-Modells 144C.1 Spin-Hamiltonian in der Ordnung O(U−1) . . . . . . . . . . . . . . 144C.2 Detaillierte Ergebnisse für die Entwicklungsordnung O(U−3) . . . 148

    D Sonstiges 160

    D.1 Ursprung der Peierls-Phasen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160D.2 Vereinfachte Form für HK,1/2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163

    Literaturverzeichnis 164

    v

  • An dieser Stelle kann die Leserin/der Leser ein Zitat ihrer/seiner Wahl eintragen:

    vi

  • Danksagung

    An dieser Stelle möchte ich allen danken, die mich während meines Studiums undbei der Anfertigung der Diplomarbeit unterstützt haben. Mein besonderer Dankgeht an

    meine Eltern, die mir mein Studium ermöglicht und mich stets dabeiunterstützt haben.

    Jürgen Schnack für sein großes Engagement bei der Betreuung dieserArbeit und die viele Zeit, die er sich für Gespräche genommen hat.

    Johannes Taktikos für die tolle Zusammenarbeit während unseresgesamten gemeinsamen Studiums. Ohne ihn hätte ich wahrscheinlichdie ersten Semester nicht überstanden. Er war immer ein Vorbild fürmich.

    meinen Bürokollegen Sebastian Meinhardt. Wenn ich irgendeinetechnische Frage hatte, hat er sie mir beantwortet.

    Jörg Ummethum, der die Arbeit Korrektur gelesen, die Aussagenin Abschnitt 5.9.1 überprüft und viele gute Verbesserungsvorschlägegemacht hat.

    Beate West, die mir beim Einstieg in das Programmieren mit C ge-holfen hat.

    Nicolas Oevermann, der mir die „Bausteine“ gegeben hat, mit denenich die Graphiken in Anhang C.2 erzeugt habe.

    vii

  • viii

  • 1 Einleitung

    In dieser Arbeit werden anhand zweier Beispiele die magnetischen Eigenschaf-ten des sogenannten Hubbard-Modells untersucht. Dieses wurde 1963 von JohnHubbard [Hub63] und Martin Gutzwiller [Gut63] unabhängig voneinander als einquantenmechanisches Modell für die (effektive) Beschreibung von Elektronen inschmalen Energiebändern eines Festkörpers vorgeschlagen. Benannt wurde dasModell nach John Hubbard, der in einer Serie von Artikeln ([Hub63], [Hub64a],[Hub64b], [Hub65], [Hub67a] und [Hub67b]) verschiedene Methoden zur appro-ximativen Behandlung des zugehörigen Vielteilchenproblems vorgestellt hat. DasHubbard-Modell geht aus der quantenmechanischen Beschreibung eines Systemsvon Elektronen hervor, die sich unter dem Einfluss des periodischen Potentialseines Kristallgitters befinden und durch die gegenseitige Coulomb-Abstoßung kor-reliert sind. Eine Herleitung des Modells ist im Formalismus der zweiten Quan-tisierung möglich, indem in einer Näherung verschiedene Terme des Vielteilchen-Hamiltonians vernachlässigt werden. Schmale Energiebänder, wie sie John Hub-bard mit seinem Modell approximativ beschreiben wollte, treten z.B. in Form derd- und f -Bänder von Übergangsmetallen bzw. Seltenen Erden auf ([Nol86b], S.203 und [EFG+05], S. 4).

    Das Hubbard-Modell ist auf einem Gitter definiert, dessen Plätze mit Orbita-len der Kristallionen identifiziert werden. Anschaulich beschreibt es Elektronen,die zwischen den verschiedenen Gitterplätzen hüpfen können und deren Coulomb-Abstoßung so weit abgeschirmt ist, dass sie nur dann relevant wird, wenn sich zweiElektronen auf demselben Gitterplatz befinden. Gegenüber der Band-Theorie, diedarauf abzielt, das quantenmechanische Vielteilchenproblem der Elektronen in ei-nem Festkörper auf eine effektive Einteilchentheorie zu reduzieren, stellt das Hub-bard-Modell in einem gewissen Sinn die einfachste Erweiterung dar: Die Coulomb-Abstoßung der Elektronen wird berücksichtigt, jedoch als eine lokale Wechselwir-kung behandelt. Die Hinzunahme der Coulomb-Wechselwirkung ergibt ein echtesquantenmechanisches Vielteilchenproblem, das sich nicht länger auf eine Einteil-chentheorie reduzieren lässt und bei dem man trotz der vielen Näherungen beider Herleitung hofft, dass es die grundsätzlichen Eigenschaften eines korreliertenElektronensystems wiedergeben wird. Das Hubbard-Modell wurde u.a. zur Un-tersuchung des Bandmagnetismus von Übergangsmetallen, des Mottschen Metall-Isolator-Übergangs und der elektronischen Eigenschaften gewisser Hochtempera-tur-Supraleiter eingesetzt (vgl. z.B. [EFG+05]).

    Für das Hubbard-Modell existieren nur eingeschränkt analytische Lösungen. Ins-besondere ist keine exakte Lösung bekannt, wenn das Modell auf einem Gitterder (endlichen) Dimension zwei oder größer definiert ist. Im Rahmen der ma-thematischen Physik ist die eindimensionale Variante des Hubbard-Modells von

    1

  • 1 Einleitung

    besonderem Interesse, da es sich hierbei um ein sogenanntes integrables Modellhandelt. Dies bedeutet im Wesentlichen, dass viele seiner physikalischen Eigen-schaften exakt berechnet werden können, ohne dass man auf Approximationenzurückgreifen muss oder auf den Bereich beschränkt ist, in dem eine Störungsrech-nung möglich ist [EFG+05]. Zu einer der wichtigsten Veröffentlichungen in dernun über 40-jährigen Geschichte des Hubbard-Modells zählt der Artikel [LW68]von Elliot H. Lieb und F. Y. Wu aus dem Jahre 1968. In diesem wird der 1931von Hans Bethe vorgestellte Ansatz zur Lösung der Spin-1/2-Heisenberg-Ketteauf das eindimensionale Hubbard-Modell verallgemeinert (Bethe ansatz solutiondes Hubbard-Modells). Lieb und Wu konnten die Berechnung des Spektrums desHubbard-Modells auf die Lösung eines Systems algebraischer Gleichungen zurück-führen. Ihnen gelang es insbesondere, die Grundzustandsenergie des Modells zuberechnen. Eine ausführliche Darstellung der Geschichte des (eindimensionalen)Hubbard-Modells findet man z.B. in dem Buch [EFG+05].

    In dieser Arbeit berechnen wir das Energiespektrum des Hubbard-Modells mitder Methode der vollständigen, numerisch exakten Diagonalisierung. Wir betrach-ten also kleine Systeme bzw. kleine Ausschnitte eines Systems, stellen die Hamilton-Matrix in einer bestimmten Basis auf und diagonalisieren sie anschließend vollstän-dig und numerisch exakt. Mit den erhaltenen Energieeigenwerten können dann(auch für endliche Temperaturen) einfach thermodynamische Observablen wie dieMagnetisierung oder die Suszeptibilität berechnet werden.

    Falls die Coulomb-Abstoßung der Elektronen zum dominanten Energiebeitragwird, ist eine Behandlung des Hubbard-Modells auch mit Methoden der Störungs-rechnung möglich. Wie im Verlauf dieser Arbeit noch genauer beschrieben wird,kann das Hubbard-Modell unter bestimmten Voraussetzungen durch ein Spin-1/2-Modell approximiert werden. Damit ist gemeint, dass das energetisch tiefliegendeSpektrum näherungsweise mit dem eines gewissen Spinmodells übereinstimmt. DasSpinmodell hat dabei den entscheidenden Vorteil, dass die Dimension des zuge-hörigen Hilbert-Raums bedeutend kleiner ist und daher größere Systeme betrach-tet werden können. Alternativ kann für kleine Systeme das Spektrum wesentlichschneller berechnet werden. Unter Umständen ist es sogar möglich, das Spinmodellanalytisch zu lösen. Die sich ergebenden Vereinfachungen machen die Ableitungvon effektiven Spinmodellen, mit denen das Hubbard-Modell approximiert werdenkann, interessant.

    Als erstes Beispiel untersuchen wir in Kapitel 4 das Hubbard-Modell auf einerKette mit nearest und next nearest neighbour -Hopping, d.h. wir betrachten eineKette, bei der ein Elektron von einem Gitterplatz zum nächsten bzw. übernächs-ten hüpfen kann. Ein derartiges System könnte für die Beschreibung der magneti-schen Eigenschaften bestimmter Kupfer-Oxide relevant sein. Unsere Untersuchun-gen sind speziell durch die Familie der Kuprate Sr14-xCaxCu24O41 motiviert, dieaus Cu2O3-Leitern und CuO2-Ketten aufgebaut sind und deren magnetisches Ver-halten bei tiefen Temperaturen durch die Ketten dominiert wird. Am Anfang vonKapitel 4 werden wir eine ausführliche Einleitung und Motivation geben. Für dieKette mit nearest und next nearest neighbour -Hopping betrachten wir den Grenz-fall einer energetisch dominierenden Coulomb-Abstoßung und leiten ein effektives

    2

  • Spinmodell her, mit dem das Hubbard-Modell approximiert werden kann. Unsinteressiert einerseits, welchen Einfluss das next nearest neighbour -Hopping aufdie im Spinmodell auftretenden Wechselwirkungen hat und andererseits möchtenwir wissen, wie gut die Spektren von effektivem Spinmodell und Hubbard-Modelltatsächlich übereinstimmen.

    Als zweite Anwendung werden wir uns dann motiviert durch den Artikel [Kos07]mit dem magnetischen Molekül {Ni4Mo12} beschäftigen

    1. Existierende Messungenbei tiefen Temperaturen zeigen für {Ni4Mo12} vier nicht äquidistante Sprünge derMagnetisierung als Funktion eines äußeren Magnetfeldes. Diese können z.B. nichtdurch ein Heisenberg-Modell beschrieben werden. Wir werden in Kapitel 5 un-tersuchen, ob ein Hubbard-Modell die Magnetfelder voraussagen kann, bei denendie Sprünge in der Magnetisierung auftreten. Dies wäre ein interessantes Ergeb-nis, da im Moment vergleichsweise komplizierte Spinmodelle zur Beschreibung derMagnetisierungskurve eingesetzt werden müssen [SBL+06]. Wie im Fall der Ket-te werden wir eine ausführlichere Einleitung und Motivation im entsprechendenKapitel geben.

    In Kapitel 2 wird nun zunächst das Hubbard-Modell genauer vorgestellt. Wirführen den Hubbard-Hamiltonian über die übliche Herleitung ein und diskutie-ren anschließend seine Symmetrieeigenschaften, die für die numerische Umsetzungausgesprochen wichtig sind. Wir werden außerdem auf die Frage eingehen, wieder Hubbard-Hamiltonian angepasst werden muss, wenn zusätzlich die Wirkungeines äußeren Magnetfeldes berücksichtigt werden soll. Dieser Punkt sollte geklärtwerden, um die Magnetfeldabhängigkeit thermodynamischer Observabler wie z.B.der Magnetisierung untersuchen zu können. Als Abschluss unserer Diskussion derallgemeinen Eigenschaften des Modells stellen wir dann in Kapitel 3 eine der Me-thoden vor, mit denen bei dominierender Coulomb-Abstoßung ein effektives Spin-modell abgeleitet werden kann.

    1Die chemische Struktur des Moleküls wird in Kapitel 5 noch genauer beschrieben.

    3

  • 2 Das Hubbard-Modell

    2.1 Herleitung des Hubbard-Modells imFormalismus der zweiten Quantisierung

    Wir betrachten einen Festkörper und unterteilen die Elektronen des Systems inzwei Gruppen: die stark an den jeweiligen Atomkern gebundenen Rumpfelektro-nen und die schwächer gebundenen und damit beweglichen Valenzelektronen. Denpositiv geladenen Atomkern fassen wir mit den Rumpfelektronen zum positiv gela-denen Ionenrumpf (im Folgenden einfach „Ion“) zusammen. Ein Festkörper besitzteine dreidimensionale Kristallstruktur, bei der die Ionen auf einem regelmäßigenGitter angeordnet sind, das wir als starr annehmen wollen. Wir vernachlässigendamit die Bewegungsfreiheitsgrade der im Vergleich zu den Elektronen wesentlichschwereren Ionen. Die Valenzelektronen bewegen sich im Festkörper unter demEinfluss der elektrostatischen Potentiale aller Ionen, dem periodischen Kristallpo-tential V (~x), und wechselwirken aufgrund ihrer elektrischen Ladung untereinanderüber die Coulomb-Abstoßung. Der Hamilton-Operator für das System mit N Elek-tronen ist unter diesen Voraussetzungen approximativ durch

    H∼ N

    ≡N∑

    i=1

    (~p∼

    2i

    2m+ V (~x

    ∼i)

    )+

    1≤i

  • 2.1 Herleitung

    indiziert die verschiedenen Energiebänder und der Wellenvektor ~k soll in der erstenBrillouin-Zone liegen. Sie lösen die Eigenwertgleichung h

    ∼ϕα~k(~x) = εα~k ϕα~k(~x) mit

    den Bloch-Energien εα~k ([Nol86b], S. 205, (8.1.6)).

    Für ein System mit L Ionen an den Plätzen ~Ri erhält man durch eine dis-krete Fouriertransformation aus den Bloch-Funktionen die sogenannten Wannier-Zustände ([Nol86b], S. 205, (8.1.5)),

    φα(~x− ~Ri) ≡1√L

    ~k

    e−i~k·~Riϕα~k(~x) , (2.3)

    die für verschiedene Band- und Gitterplatzindizes α und i orthogonal zueinandersind. Umgekehrt kann man die Bloch-Funktionen durch eine inverse Fouriertrans-formation über die Wannier-Zustände ausdrücken:

    ϕα~k(~x) =1√L

    i

    ei~k·~Riφα(~x− ~Ri) . (2.4)

    Der Zusammenhang (2.3) überträgt sich unmittelbar auf die zugehörigen Erzeu-gungsoperatoren c

    †αi,σ und c̃∼

    α~k,σfür ein Elektron mit Spin σ 3 in einem Wannier-

    bzw. Bloch-Zustand,

    c∼

    †αi,σ =

    1√L

    ~k

    e−i~k·~Ri c̃

    α~k,σ, (2.5)

    und wir haben die beiden folgenden Darstellungen für den Feldoperator Ψ∼†σ(~x),

    der an der Stelle ~x ein Elektron mit Spin σ erzeugt 4 ([EFG+05], S. 3, (1.11)):

    Ψ∼†σ(~x) =

    α~k; τ

    〈ϕα~k; τ |~x;σ〉 c̃∼†

    α~k,τ=∑

    α~k

    〈ϕα~k|~x 〉 c̃∼†

    α~k,σ=∑

    α~k

    ϕ∗α~k

    (~x) c̃∼

    α~k,σ(2.6)

    =∑

    αi

    φ∗α(~x− ~Ri)c∼†αi,σ . (2.7)

    Wir benutzen nun die Wannier-Zustände, um den zu (2.1) gehörenden Fock-Raum-Hamiltonian im Formalismus der zweiten Quantisierung 5 ([AS06], S. 50,(2.17)),

    3Aus Gründen der sprachlichen Einfachheit und da die Spinquantenzahl s des Elektrons mits = 1

    2fest ist, sprechen wir im Folgenden von der z-Komponente des Spins, also der Projektion

    auf die z-Achse, als dem „Spin“ des Elektrons.4Ein Sternchen zeigt wie üblich komplexe Konjugation an.5Wir erinnern daran, dass H

    ∼2im Fock-Raum wirkt, dessen Zustände keine definierte Teilchen-

    zahl haben.

    5

  • 2 Das Hubbard-Modell

    H∼ 2

    ≡∑

    σ,τ=↑,↓

    ∫∫d3xd3y Ψ

    ∼†σ(~x) 〈~x;σ|h∼|~y; τ〉Ψ∼τ (~y)

    +1

    2

    σ,τ=↑,↓

    ∫∫d3xd3y Ψ

    ∼†σ(~x)Ψ∼

    †τ (~y)U(~x− ~y)Ψ∼τ (~y)Ψ∼σ(~x) , (2.8)

    umzuformen 6 und erhalten unter Verwendung von (2.7) für den Hamiltonian denAusdruck

    H∼ 2

    =∑

    α,β; i,j; σ

    tαβij c∼†αi,σ c∼βj,σ +

    1

    2

    σ,τ

    α,β,γ,δi,j,k,l

    Uαβγδijkl c∼†αi,σ c∼

    †βj,τ c∼γk,τ c∼δl,σ (2.9)

    mit den Hopping-Matrixelementen bzw. -Parametern 7

    tαβij ≡∫

    d3xφ∗α(~x− ~Ri) h∼φβ(~x− ~Rj) (2.10)

    und den „Überlapp-Integralen“ 8 ([EFG+05], S. 4)

    Uαβγδijkl ≡∫∫

    d3xd3y φ∗α(~x− ~Ri)φ∗β(~y − ~Rj)U(~x− ~y)φγ(~y − ~Rk)φδ(~x− ~Rl) .(2.11)

    Die zentrale Annahme, die nun zunächst zum Multiband-Hubbard-Modell führt,wird als tight binding-Approximation bezeichnet. Bei dieser geht man davon aus,dass aufgrund eines starken Kristallpotentials in der Nähe eines Ions ein atom-artiger Hamiltonoperator noch eine sinnvolle Beschreibung liefern kann und diezugehörigen atomartigen Wellenfunktionen an verschiedenen Gitterplätzen nureinen geringen Überlapp aufweisen ([Nol86b], S. 204). In diesem Fall sind dieWannier-Funktionen φα(~x− ~Ri), die formal immer als Fouriertransformierte (2.3)der Bloch-Zustände definiert werden können, scharf um die Gitterplätze ~Ri lo-kalisiert und stellen Analoga zu atomaren Wellenfunktionen dar ([EFG+05], S.3). Aufgrund des geringen Überlapps sollte die intra-atomare Coulomb-Abstoßung(i = j = k = l) dominant sein, so dass alle Überlapp-Integrale, die nicht vier gleicheGitterplatzindizes aufweisen, als zunächst vernachlässigbar erscheinen ([Hub63], S.243). Die Approximation dürfte als erste Näherung sinnvoll sein für Seltene Erdenund Übergangsmetalle ([EFG+05], S. 4) und führt auf den Hamilton-Operator fürdas Multiband-Hubbard-Modell :6Im Verlauf dieser Arbeit werden wir für den Spinindex σ verschiedene Notationen verwenden:

    σ = ± 12≡ ± ≡↑, ↓.

    7An dieser Stelle meinen wir mit h∼

    natürlich die Ortsdarstellung des Hamilton-Operators. Wirwerden dies in der Notation nicht unterscheiden.

    8Weder tαβij noch Uαβγδijkl tragen einen Spinindex, da h∼ und U(~x − ~y) nicht vom Spin der Elek-

    tronen abhängen.

    6

  • 2.2 Hamilton-Operator und Hilbert-Raum

    H∼M

    ≡∑

    α,β; i,j; σ

    tαβij c∼†αi,σ c∼βj,σ +

    1

    2

    σ,τ

    α,β,γ,δ; i

    Uαβγδiiii c∼†αi,σ c∼

    †βi,τ c∼γi,τ c∼δi,σ . (2.12)

    Wenn die Fermi-Fläche innerhalb eines einzigen Bandes liegt, das gut von denrestlichen Bändern getrennt ist, kann es weiterhin zulässig sein, nur dieses ei-ne Band zu betrachten, also das Multiband-Hubbard-Modell auf ein Einband-Hubbard-Modell (im Folgenden einfach Hubbard-Modell) mit effektiven Parame-tern tij und U („Hubbard-U “) zu reduzieren ([EFG+05], S. 4, (1.16)), sofern mannur an niedrigen Anregungsenergien interessiert ist 9:

    H∼

    ≡∑

    i,j; σ

    tij c∼†i,σ c∼jσ +

    U

    2

    i; σ,τ

    c∼

    †i,σ c∼

    †i,τ c∼i,τ c∼i,σ . (2.13)

    Aufgrund der angenommenen starken Lokalisierung der Wellenfunktionen wer-den oft die Hopping-Matrixelemente auf nächste oder übernächste Nachbarn be-schränkt, man setzt also alle anderen gleich Null ([EFG+05], S. 4). Die Parameterdes Hubbard-Modells können entweder aus first principle-Rechnungen bestimmtoder durch einen Fit an experimentelle Daten angepasst werden.

    J. Hubbard hat für den Fall von 3d-Elektronen in Übergangsmetallen die Grö-ßenordnung der in (2.12) vernachlässigten Überlapp-Integrale für nächste Nach-barn i, j und k abgeschätzt ([Hub63], S. 243/244; [Nol86b], S. 209):

    Uiiii ≈ 20 eV , Uijij ≈ 6 eV , Uiiij ≈ 0.5 eV , (2.14)Uijik ≈ 0.1 eV , Uiijj ≈ 25 meV .

    Alle nicht aufgeführten Matrixelemente sind sicherlich vernachlässigbar. Zu beach-ten ist, dass Abschirmungseffekte unter Umständen noch zu deutlichen Verände-rungen führen können. Insgesamt scheinen die gemachten Näherungen nicht ganzunproblematisch zu sein ([Nol86b], S. 210).

    2.2 Übliche Formulierung des Hubbard-Modells

    Als quantenmechanisches Modell ist das Hubbard-Modell durch einen Hamilton-Operator und die Festlegung des Hilbert-Raums, in dem dieser wirken soll, be-stimmt.

    Hamilton-Operator

    Die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren für Elektronen mit Spin σ in einemWannier-Zustand am Gitterplatz i, c

    †i,σ und c∼i,σ, müssen die für Fermionen cha-

    9Wir verzichten im Folgenden darauf, den Index des betrachteten Bandes, z.B. α = 1, bei denErzeugern c

    †i,σ und Vernichtern c∼i,σ anzugeben.

    7

  • 2 Das Hubbard-Modell

    rakteristischen Antivertauschungsrelationen erfüllen 10 ([EFG+05], S. 21, (2.2))

    {c∼j,σ

    , c∼k,τ

    } = {c∼

    †j,σ, c∼

    †k,τ} = 0 und (2.15)

    {c∼j,σ

    , c∼

    †k,τ} = δjkδστ , (2.16)

    aus denen insbesondere(c∼

    (†)i,σ

    )2= 0 folgt 11. Mit den Erzeugern und Vernichtern

    definieren wir den lokalen Teilchenzahloperator n∼iσ

    ≡ c∼

    †i,σ c∼i,σ, der die Elektronen

    mit Spin σ am Gitterplatz i zählt, und können damit den Hubbard-Hamiltonian(2.13) unter Beachtung von (2.15) als

    (Hubbard-Modell) H∼

    =∑

    i,j; σ

    tij c∼†i,σ c∼j,σ + U

    i

    n∼i↑

    n∼i↓

    (2.17)

    schreiben. Dies ist die übliche Formulierung des Hubbard-Modells ([Nol86b], S.209, (8.1.22)). Der Parameter U ist entsprechend der Definition (2.11) reell undwird als positiv angenommen. Die durch Gleichung (2.10) bestimmten Hopping-Matrixelemente tij stellen dagegen im Allgemeinen komplexe Zahlen dar und müs-sen der Bedingung tij = t∗ji genügen, damit H∼ hermitesch ist. Da der Hamilton-Operator die Dimension einer Energie hat, sind auch die Parameter tij und Udimensionsbehaftet. Oft setzt man tii = 0, da sich bei fester Elektronenzahl N ausden diagonalen Hopping-Matrixelementen nur eine konstante Energieverschiebungergibt, sofern sie als gleich für alle Gitterplätze angenommen werden, das Systemalso homogen ist ([EFG+05], S. 5).

    Für die Diskussion der physikalischen Bedeutung der einzelnen Terme im Hub-bard-Hamiltonian schreiben wir Gleichung (2.17) als

    H∼

    = T∼

    + V∼, (2.18)

    (tight binding-Hamiltonian) T∼≡∑

    i,j; σ

    tij c∼†i,σ c∼j,σ , (2.19)

    (on site-Wechselwirkung) V∼≡ U

    i

    n∼i↑

    n∼i↓

    . (2.20)

    Ein einzelner Summand tij c∼†i,σ c∼j,σ im Operator T∼ , der als tight binding-Ha-

    miltonian bezeichnet wird 12 ([EFG+05], S. 23), beschreibt die Vernichtung einesElektrons mit Spin σ am Gitterplatz j und die anschließende Erzeugung eines

    10Wir bezeichnen mit {A∼

    , B∼} ≡ A

    ∼B∼

    + B∼

    A∼

    den Antikommutator der Operatoren A∼

    und B∼

    .11Dies entspricht gerade dem Pauli-Prinzip, das durch die Antivertauschungsrelationen (2.15)

    und (2.16) berücksichtigt ist.12Diese Benennung ergibt sich aus der Annahme, dass das Kristallpotential so stark ist, dass im

    Vergleich dazu die Coulomb-Abstoßung der Elektronen vernachlässigt werden kann.

    8

  • 2.2 Hamilton-Operator und Hilbert-Raum

    neuen Elektrons mit gleichem Spin an einem anderen Gitterplatz i, also das quan-tenmechanische Tunneln eines Elektrons zwischen den Orbitalen zweier verschie-dener Ionen des Kristallgitters ([AS06], S. 60). Ein anschauliches physikalischesBild, das man mit T

    ∼verbinden kann, ist daher das eines Systems von Elektronen,

    die sich im Feld der Ionen (abgesehen vom Pauli-Prinzip) unabhängig vonein-ander durch Sprünge zwischen den einzelnen Gitterplätzen fortbewegen können.Der tight binding-Hamiltonian allein modelliert also die kinetische Energie nicht-wechselwirkender, schwach gebundener Elektronen und kann diagonal sein in einerBasis aus Bloch-Zuständen, die delokalisierte Elektronen beschreiben (vgl. (2.28)auf S. 13 und [EFG+05], S. 24). Dies führt zu der Interpretation, dass der Opera-tor T

    ∼der Teil des Hubbard-Hamiltonians (2.17) ist, der eine Delokalisierung der

    Elektronen begünstigt ([EFG+05], S. 24).In dem als atomic limit bezeichneten Grenzfall tij → 0 ∀ i, j bleibt vom Ha-

    milton-Operator H∼

    nur die on site-Wechselwirkung V∼

    übrig. Man kann sich un-ter diesem Limes den Grenzfall eines Gitters vorstellen, bei dem der Abstandzweier benachbarter Plätze gegen unendlich strebt. Der Überlapp der Wellenfunk-tionen und damit die Wahrscheinlichkeit eines Tunnelns zwischen den Orbitalengeht dann gegen null. Wie wir noch sehen werden (vgl. (2.25) auf S. 11), ist derOperator V

    ∼diagonal in einer Basis aus Wannier-Zuständen, die im Rahmen der

    angenommenen tight binding-Approximation auf dem Gitter lokalisierte Elektro-nen beschreiben ([EFG+05], S. 22). Er wird daher physikalisch als der Teil desHubbard-Hamilton-Operators (2.17) gedeutet, der eine Lokalisierung von Elektro-nen fördert ([EFG+05], S. 24).

    Da T∼

    und V∼

    nicht miteinander kommutieren ([EFG+05], S. 24), kann der Hub-bard-Hamiltonian (2.17) weder in einer Basis aus Bloch-Zuständen noch in einerBasis aus Wannier-Zuständen diagonal sein. Er mag in seiner Form zwar einfacherscheinen, stellt jedoch ein echtes Vielteilchenproblem dar, welches nicht auf eineEinteilchentheorie reduziert werden kann und für welches bei beliebigen Hopping-Parametern tij , d.h. speziell im Fall eines zwei- oder dreidimensionalen Gitters,keine exakte Lösung bekannt ist ([EFG+05], S. 5 und S. 20).

    Hilbert-Raum

    Wannier-Basis

    Die bei der Herleitung des Hubbard-Modells eingeführten Wannier-Funktionenφ(~x− ~Ri) (2.3) sind Einteilchen-Wellenfunktionen für den i. Gitterplatz bzw. dasi. Ion. Da das Einband-Hubbard-Modell (2.17) auf je einen Wannier-Zustand bzw.ein „Orbital“ für Elektronen mit Spin up und Spin down pro Gitterplatz reduziertist, sind bei Beachtung des Pauli-Prinzips für einen einzelnen Platz die folgendenvier Konfigurationen möglich:

    1. Der Gitterplatz ist leer.

    2. Der Gitterplatz ist mit einem Elektron mit Spin down besetzt.

    9

  • 2 Das Hubbard-Modell

    3. Der Gitterplatz ist mit einem Elektron mit Spin up besetzt.

    4. Auf dem Gitterplatz befinden sich zwei Elektronen mit unterschiedlichemSpin.

    Demnach gibt es für ein Gitter mit L Plätzen 13 insgesamt 2L Wannier-Orbitaleφ(~x − ~Ri), die zusammen den Einteilchen-Hilbertraum H1 aufspannen. An denmöglichen Konfigurationen erkennen wir weiterhin, dass die Zahl der Elektronen,die das Gitter aufnehmen kann, zwischen 0 und 2L liegt. Befinden sich auf demGitter N Elektronen (0 ≤ N ≤ 2L), so ist die Wannier-Basis 14 des zugehörigenN -Teilchen-Hilbert-Raumes H (N) durch die aus den Einteilchen-Zuständen gebil-deten und dann antisymmetrisierten Produktzustände gegeben, da die Elektronenununterscheidbare Fermionen sind. Diese Produktzustände entsprechen anschau-lich gerade den Möglichkeiten, die man bei Beachtung des Pauli-Prinzips hat, NElektronen auf L Gitterplätze zu verteilen.

    Formal handelt es sich bei dem Raum H (N) um das antisymmetrisierte Ten-

    sorprodukt der Einteilchen-Hilbert-Räume H1: H (N) ≡(⊗N

    n=1 H1

    )(asym). Der

    Gesamt-Hilbert-Raum H des Hubbard-Modells ist dann die orthogonale Summeder Unterräume H (N) für die möglichen Elektronenzahlen zwischen 0 und 2L,H ≡⊕2LN=0 H (N), d.h. der fermionische Fock-Raum für das Gitter.

    Wir werden nun zeigen, wie man die Wannier-Basis für den Hilbert-Raum Hausgehend vom Vakuumzustand |0〉 mit Hilfe der Erzeugungsoperatoren c

    †j,σ for-

    mal konstruieren kann. |0〉 bezeichnet den Zustand, bei dem das Gitter leer, alsodie Anzahl N der Elektronen gleich null ist und wird durch die 2L Bedingungen

    c∼j,σ

    |0〉 = 0 , j ∈ {1, 2, ..., L} , σ ∈ {↑, ↓} , (2.21)

    definiert ([EFG+05], S. 21, (2.3)). Durch Anwendung der Erzeugungsoperatorenc∼

    †j,σ auf das Vakuum entstehen dann dieN -Teilchen-Wannier-Zustände ([EFG

    +05],S. 21, (2.4)),

    c∼

    †jN ,σN

    c∼

    †jN−1,σN−1

    ...c∼

    †j1,σ1

    |0〉 ≡ |j1, j2, ..., jN ;σ1, σ2, ..., σN 〉 ≡ |~j;~σ〉 , (2.22)

    die den Hilbert-Raum H (N) aufspannen. Aufgrund der Antivertauschungsrela-tionen (2.15) ist die gewählte Anordnung der Operatoren auf der linken Seite vonGleichung (2.22) zu beachten. Entsprechend der bei der Herleitung des Hubbard-Modells angenommenen tight binding-Approximation wird ein Wannier-Zustand|~j;~σ〉 mit einer Gitterkonfiguration identifiziert, bei der die Elektronen mit Spinσjn , n = 1, 2, ..., N , in Orbitalen an Gitterplätzen j1, j2, ..., jN lokalisiert sind.

    13Wir werden im Folgenden stets voraussetzen, dass die Anzahl der Gitterplätze L vorgegeben,endlich und fest ist und dass die Plätze j = 1, 2, ..., L angeordnet sind.

    14Wir sind an dieser Stelle sprachlich unpräzise, da wir sowohl die Einteilchen-Zustände φ(~x− ~Ri)als auch die daraus gebildeten Mehrteilchen-Zustände als „Wannier-Zustände“ bezeichnen,obwohl wir vollkommen verschiedene Dinge meinen.

    10

  • 2.2 Hamilton-Operator und Hilbert-Raum

    Für das Aufstellen einer Basis B von H müssen wir noch die Forderung nachlinearer Unabhängigkeit der Elemente beachten, d.h. es dürfen insbesondere keineZustände auftreten, die die gleiche Gitterkonfiguration beschreiben. Um ausgehendvon (2.22) eine Basis zu konstruieren, müssen deshalb die Erzeugungsoperatorenangeordnet werden. Wir übernehmen die Vorschrift für die Anordnung der Ope-ratoren aus ([EFG+05], S. 21, (2.5)) und erhalten so die folgende Wannier-BasisB:

    (Wannier-Basis) B ≡{|~j;~σ〉

    ∣∣∣∣N = 0, 1, ..., 2L ;ji+1 ≥ ji, σi+1 > σi falls ji+1 = ji

    }. (2.23)

    Nach Definition entspricht N = 0 dem Vakuumzustand |0〉 und, was unbedingtzu beachten ist, ↓>↑. Weicht man von der in (2.23) gewählten Konvention ab,so entspricht dies aufgrund der antikommutierenden Operatoren im Allgemeineneinem Basiswechsel für den Hilbert-Raum.

    Für die Anzahl der Elemente der Wannier-Basis B, also die Dimension desHilbert-Raums H , findet man aufgrund der vier möglichen Konfigurationen proPlatz sofort dimH = 4L. Dieses Ergebnis kann man auch auf anderem Wegeerhalten: Die Anzahl der Elemente von B, die eine Gitterkonfiguration mit einerbestimmten Teilchenzahl N beschreiben, ist gleich der Anzahl der Möglichkeiten,N Elektronen auf 2L Orbitale zu verteilen, d.h.

    (2LN

    ). Da B Zustände mit einer

    Elektronenzahl zwischen 0 und 2L enthält, ergibt sich daher mit dem binomischenSatz ([BSMM05], S. 12, (1.36c)) (a+b)n =

    ∑nk=0

    (nk

    )an−kbk für die Dimension des

    Hilbert-Raumes H ebenfalls ([EFG+05], S. 21, (2.6))

    (Dimension von H ) dimH =2L∑

    N=0

    dimH (N) =

    2L∑

    N=0

    (2L

    N

    )= 22L = 4L .

    (2.24)

    Wendet man den Operator V∼

    (2.20) der on site-Coulomb-Wechselwirkung auf

    einen Wannier-Zustand |~j;~σ〉 (2.22) an, so reproduziert er den Zustand, d.h. V∼

    istin der Wannierbasis diagonal ([EFG+05], S. 22, (2.11)):

    V∼|~j;~σ〉 =

    (U∑

    i

    n∼i↑

    n∼i↓

    )|~j;~σ〉 = DU |~j;~σ〉 . (2.25)

    Entsprechend der Wirkungsweise eines fermionischen Teilchenzahloperators n∼iσ

    mit seinen beiden möglichen Eigenwerten 0 und 1 15 gibt der Operator V∼

    für je-

    den der D doppelt besetzten Gitterplätze im Zustand |~j;~σ〉 einen EnergiebeitragU . Der Parameter U legt somit im Fall U > 0 fest, wie groß der Energie-Malus15Die Wirkungsweise von n

    ∼iσfolgt bekanntlich aus den Antivertauschungsrelationen (2.15) und

    (2.16) sowie der Definition der Wannierzustände (2.22), indem man den Vernichtungsoperatornach rechts durchzieht, um ihn nach (2.21) auf das Vakuum anzuwenden.

    11

  • 2 Das Hubbard-Modell

    ist, der durch die doppelte Besetzung eines Gitterplatzes in Folge der Coulomb-Abstoßung der Elektronen entsteht. Die möglichen Eigenwerte von V

    ∼sind enthal-

    ten in {0, U, 2U, ..., LU}, wobei Dmin ≥ 0 und Dmax ≤ LU von der Gittergröße Lund der Anzahl der Elektronen N abhängen.

    Bloch-Basis

    Bei der Herleitung des Hubbard-Modells wurden die Einteilchen-Wannier-Zustän-de als Fouriertransformierte der Einteilchen-Bloch-Zustände eingeführt (2.3). Wirgehen nun am Beispiel eines eindimensionalen Systems auf den sich daraus erge-benden Zusammenhang zwischen den zugehörigen N -Teilchen-Zuständen ein undwerden sehen, dass der tight binding-Hamiltonian T

    ∼(2.19) unter bestimmten Vor-

    aussetzungen in einer Bloch-Basis des Hilbert-Raumes H diagonal ist.Für ein eindimensionales System mit periodischen Randbedingungen c

    (†)L+1,σ ≡

    c∼

    (†)1,σ definieren wir die Erzeugungsoperatoren c̃∼

    †k,σ für Elektronen mit Spin σ und

    Shift-Quantenzahl k in einem Bloch-Zustand analog zu (2.4) durch die diskreteFouriertransformation ([EFG+05], S. 23, (2.13))

    c̃∼

    †k,σ ≡

    1√L

    L∑

    j=1

    eiφkj c∼

    †j,σ , k ∈ {0, 1, ..., L− 1} , (2.26)

    bei der φ ≡ 2πL gilt. Man kann sich mit der Darstellung des Kroneckersymbolsδmn =

    1L

    ∑L−1k=0 e

    iφk(m−n) davon überzeugen, dass die inverse Fouriertransformati-on durch

    c∼

    †j,σ =

    1√L

    L−1∑

    k=0

    e−iφjk c̃∼

    †k,σ , j ∈ {1, 2, ..., L} , (2.27)

    gegeben ist ([EFG+05], S. 23, (2.14)). Wegen eiφ(k+L)j = eiφkjei2πj = eiφkj erfül-len auch die neuen Erzeuger periodische Randbedingungen: c̃

    †k+L,σ = c̃∼

    †k,σ. Mit

    der alternativen Darstellung des Kroneckersymbols δkl = 1L∑L

    j=1 eiφj(k−l) kann

    man leicht zeigen, dass die Transformation (2.26) die Antivertauschungsrelatio-nen (2.15) und (2.16) invariant lässt ([EFG+05], S. 23, (2.16)). Völlig analog zurWannier-Basis kann dann die Bloch-Basis mit Hilfe der Erzeuger formal konstru-iert werden ([EFG+05], S. 23).

    An der Form der Transformation (2.26) wird deutlich, dass Elektronen in einemBloch-Zustand anders als in einem Wannier-Zustand delokalisiert sind, also nichteinem bestimmten Gitterplatz zugeordnet werden können. Im Rahmen der Diskus-sion des Translationsoperators werden wir noch zeigen, dass die Bloch-Zuständeeine Eigenbasis dieses Operators bilden (vgl. Abschnitt 2.3.3, (2.45)). In diesemSinne befindet sich ein Elektron in einem Bloch-Zustand zwar nicht an einembestimmten Gitterplatz i, kann aber einer Mode k mit einem Gitterimpuls φkzugeordnet werden ([EFG+05], S. 23; S. 27, (2.45); S. 29, (2.55)).

    12

  • 2.2 Hamilton-Operator und Hilbert-Raum

    Besitzt die Matrix der Hopping-Parameter eine passende Struktur, was allge-mein dann der Fall ist, wenn der Wert eines Hopping-Parameters tij unter Berück-sichtigung periodischer Randbedingungen nur von der Differenz i− j abhängt, soist der tight binding- Hamiltonian T

    ∼in der Bloch-Basis diagonal 16. Durch Einset-

    zen der Transformation (2.26) in den Ausdruck für T∼

    (2.19) findet man zunächst

    T∼≡∑

    m,n; σ

    tmn c∼†m,σ c∼n,σ =

    k,l; σ

    c̃∼

    †k,σ c̃∼l,σ

    (1

    L

    m,n

    tmn e−iφkmeiφln

    ). (2.28)

    Für z.B. nearest neighbour -Hopping tmn ≡ t (δm,n+1 + δm,n−1) vereinfacht sich(2.28) mit Hilfe des Kroneckersymbols δkl = 1L

    ∑Lm=1 e

    iφm(k−l) und der Defi-nitionen ñ

    ∼kσ≡ c̃

    †k,σ c̃∼k,σ sowie ñ∼k ≡ ñ∼k↑ + ñ∼k↓ der Teilchenzahloperatoren für

    Bloch-Elektronen zu

    T∼

    = 2t∑

    k; σ

    cos (φk)ñ∼kσ

    = 2t∑

    k

    cos (φk)ñ∼k

    . (2.29)

    Unter der genannten Voraussetzung sind die Bloch-Zustände also die gemeinsa-men Eigenzustände des Translationsoperators und des tight binding-HamiltoniansT∼

    . Bei der numerischen Behandlung des Hubbard-Modells werden wir auch Ei-genzustände des Translationsoperators verwenden, um die Translationssymmetriedes Modells (vgl. Abschnitt 2.3.3) auszunutzen, allerdings aus praktischen Grün-den nicht auf die Bloch-Zustände zurückgreifen, sondern von den Eigenzuständenvon V

    ∼, den Wannier-Zuständen, ausgehen und so eine gemeinsame Eigenbasis des

    Translationsoperators und der on site-Wechselwirkung V∼

    konstruieren (vgl. imAnhang Abschnitt A.4). In dieser Basis, die nicht mit der Bloch-Basis verwechseltwerden sollte, ist T

    ∼nicht diagonal.

    16Es geht hier eigentlich um die Frage, ob T∼

    mit dem Translationsoperator vertauscht (s. Ab-

    schnitt 2.3.3).

    13

  • 2 Das Hubbard-Modell

    2.3 Symmetrien des Hubbard-Modells

    Für die numerische Behandlung des Hubbard-Modells, z.B. mit der Methode dernumerisch exakten vollständigen Diagonalisierung (vgl. Abschnitt A), sind Sym-metrien von außerordentlicher Bedeutung, da sie Rechnungen beschleunigen oderüberhaupt erst möglich machen können. Daher stellen wir in diesem Abschnittdie in dieser Arbeit verwendeten Symmetrien des Hubbard-Modells (2.17) vor.Dabei werden wir die entsprechende Erhaltungsgröße einführen, teilweise aberdie Symmetrieeigenschaft zunächst nur anschaulich begründen und eine genauereRechnung auf den Abschnitt B des Anhangs verschieben. Dort werden auch alleErhaltungsgrößen noch einmal zusammengefasst. Einige Operatoren werden wirfür den Moment nur über ihre Wirkung definieren und für die Darstellung überErzeuger und Vernichter wieder auf den Anhang verweisen. Den Effekt eines zu-sätzlichen Zeeman-Terms zur Berücksichtigung eines äußeren Magnetfeldes (vgl.(2.59)) diskutieren wir am Ende dieses Abschnitts.

    Neben den hier beschriebenen Erhaltungsgrößen besitzt das Hubbard-Modellnoch weitere, in dieser Arbeit jedoch nicht berücksichtigte Symmetrien. Zu die-sen zählen die Paritätstransformation bzw. Reflexionssymmetrie, die sogenannteShiba-Transformation (eine Art Teilchen-Loch-Transformation) sowie eine zwei-te SU(2)-Invarianz, die als Pseudospinsymmetrie bezeichnet wird. Die Gültigkeitdieser Symmetrien hängt zum Teil von der Formulierung des Modells („symmetri-sches“ Hubbard-Modell) und seiner Parameter (z.B. L) ab. Wir werden auf diesezusätzlichen Erhaltungsgrößen nicht weiter eingehen und verweisen stattdessen aufdie hervorragende Darstellung in ([EFG+05], Kap. 2.2).

    2.3.1 Teilchenzahlerhaltung

    Es wurde bereits der lokale Teilchenzahloperator für Elektronen in Wannier-Zu-ständen, n

    ∼iσ≡ c

    †i,σ c∼i,σ, eingeführt. Wir definieren nun weiter den Teilchenzahl-

    operator N∼ σ

    für Elektronen mit Spin σ,

    N∼ σ

    ≡∑

    i

    n∼iσ

    , (2.30)

    und den (Gesamt-)Teilchenzahloperator N∼

    ([EFG+05], S. 24, (2.24)):

    N∼

    ≡∑

    i

    (n∼i↑

    + n∼i↓

    )= N

    ∼ ↑+ N

    ∼ ↓. (2.31)

    Die Teilchenzahloperatoren für Spin up und Spin down, N∼ ↑

    und N∼ ↓

    , und da-mit auch der Teilchenzahloperator N

    ∼sind Erhaltungsgrößen des Hubbard-Modells

    ([EFG+05], S. 25, (2.30)):

    [H∼,N∼ ↑

    ] = [H∼,N∼ ↓

    ] = [H∼,N∼

    ] = 0 . (2.32)

    14

  • 2.3 Symmetrien

    Da die on site-Wechselwirkung V∼

    (2.20) in der Wannier-Basis diagonal ist, al-so bei Anwendung Gitterkonfigurationen nicht verändert, und der tight binding-Hamiltonian T

    ∼(2.19) Elektronen mit festem Spin zwischen verschiedenen Gitter-

    plätzen springen lässt, ist dieses Ergebnis leicht einzusehen.

    2.3.2 Spinsymmetrie

    Aus der Formulierung eines Vielteilchensystems im Rahmen der zweiten Quanti-sierung ist bekannt (vgl. z.B. [AS06], S. 47, (2.11)), dass sich der zu einem beliebi-gen Einteilchenoperator A

    ∼1gehörende Fock-Raum-Operator A

    ∼mittels einer Basis

    {|ϕn〉} des Einteilchen-Hilbertraumes H1 und der zugehörigen Erzeuger a∼†(ϕn)

    und Vernichter a∼(ϕn) folgendermaßen darstellen lässt:

    A∼

    =∑

    n,m

    |ϕn〉〈ϕn|A∼1|ϕm〉〈ϕm| =∑

    n,m

    a∼†(ϕn) 〈ϕn|A∼1|ϕm〉 a∼(ϕm) . (2.33)

    Dieses Ergebnis werden wir nun verwenden, um für den Gesamtspinoperator~S∼N

    ≡ ∑Ni=1 ~s∼i17 die Fock-Raum-Darstellung zu finden. Mit (2.33) und der Or-

    thonormalität der Wannier-Zustände erhalten wir (vgl. [AS06], S. 48, (2.13) und[EFG+05], S. 32, (2.66))

    ~S∼

    ≡∑

    i,j

    α,β

    〈i;α|~s∼|j;β〉 c

    †i,α c∼j,β =

    i,j

    δij∑

    α,β

    〈α|~s∼|β〉 c

    †i,α c∼j,β (2.34)

    =1

    2

    i

    α,β

    c∼

    †i,α (~σ)αβ c∼i,β , (2.35)

    wobei ~σ den Matrixvektor der Pauli-Matrizen

    σx ≡(

    0 11 0

    ), σy ≡

    (0 −ii 0

    ), σz ≡

    (1 00 −1

    )(2.36)

    bezeichnet 18. Mit (2.35) findet man für die z-Komponente leicht den äquivalentenAusdruck

    S∼

    z =1

    2

    i

    (n∼i↑

    − n∼i↓

    )=

    1

    2

    (N∼ ↑

    −N∼ ↓

    ), (2.37)

    der aufgrund der Spinquantenzahl s = 12 der Elektronen plausibel erscheint. An-stelle direkt mit den x- und y-Komponenten zu arbeiten, verwendet man wie üblich

    17~s∼i

    ist der Spin- 12-Operator für das i. Elektron.

    18Wir verwenden hier und im Folgenden dimensionslose Spinoperatoren, d.h. wir extrahieren ausden Spinoperatoren den Faktor ~.

    15

  • 2 Das Hubbard-Modell

    die Leiteroperatoren S∼± ≡ S

    ∼x ± iS

    ∼y 19, für die man mit der Darstellung (2.35)

    ebenfalls leicht den Ausdruck in zweiter Quantisierung findet ([EFG+05], S. 33,(2.78)):

    S∼

    + =∑

    i

    c∼

    †i,↑ c∼i,↓ , (2.38)

    S∼− = (S

    ∼+)† =

    i

    c∼

    †i,↓ c∼i,↑ . (2.39)

    Die beiden fehlenden Komponenten des Gesamtspins erhält man dann über diebekannten Beziehungen S

    ∼x = 12

    (S∼

    + + S∼−)

    und S∼

    y = 12i(S∼

    + − S∼−).

    Der Gesamtspin ~S∼

    stellt eine weitere Erhaltungsgröße des Hubbard-Modells dar([EFG+05], S. 32, (2.70)):

    [H∼,S∼

    α] = 0 für α = x, y, z . (2.40)

    Für die z-Komponente S∼

    z = 12(N∼ ↑

    −N∼ ↓

    )folgt die Symmetrieeigenschaft unmit-

    telbar daraus, dass die Anzahl der Elektronen mit Spin up und Spin down separaterhalten ist (vgl. (2.32)).

    2.3.3 Translationssymmetrie

    Für ein System mit periodischen Randbedingungen c∼

    (†)L+1,σ ≡ c∼

    (†)1,σ definieren wir

    den (Links-)Translations- bzw. (left) Shift-Operator U∼

    durch seine Wirkung aufdie Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren:

    U∼c∼

    (†)i,σ ≡

    {c∼

    (†)i−1,σ U∼ für i = 2, 3, ..., L ,c∼

    (†)L,σ U∼ für i = 1

    . (2.41)

    Wendet man U∼

    auf einen Wannier-Zustand (2.22) an, so bewirkt der Operatorwegen der Translationsinvarianz des Vakuums (B.33), U

    ∼|0〉 = |0〉, in der Gitter-

    konfiguration einen Shift um einen Gitterplatz nach links 20. Mit dem Transfor-mationsverhalten (2.41) folgt unmittelbar

    U∼V∼

    = V∼U∼

    ⇐⇒ [U∼,V∼] = 0 . (2.42)

    Im Fall des tight binding-Hamiltonians T∼

    hängt die Invarianz dagegen von derStruktur der Hopping-Matrix (tij) ab:

    19Wir erinnern daran, dass sich die Interpretation der Leiteroperatoren aus der Vertauschungs-relation [S

    ∼z ,S

    ∼±] = ±S

    ∼± ergibt.

    20Wir betrachten hier der Einfachheit halber den Fall, dass um nur einen Gitterplatz geschobenwird. Eine Verallgemeinerung ist ohne Weiteres möglich.

    16

  • 2.3 Symmetrien

    U∼T∼

    =∑

    i,j; σ

    tij︸︷︷︸?= ti−1,j−1

    c∼

    †i−1,σ c∼j−1,σ U∼ =

    i,j; σ

    ti−1j−1 c∼†i−1,σ c∼j−1,σ U∼

    = T∼U∼

    ⇐⇒ [U∼, T∼

    ] = 0 . (2.43)

    Nur wenn die Hopping-Parameter tij nicht von den absoluten Werten i und j,sondern ausschließlich von der Differenz i− j abhängen, ist also auch der OperatorT∼

    und damit der gesamte Hubbard-Hamiltonian H∼

    translationsinvariant: [U∼,H∼

    ] =

    0. Der Translationsoperator U∼

    kann als Produkt zweier Translationsoperatoren U∼↑

    und U∼↓

    geschrieben werden, die analog zu (2.41) nur auf Elektronen mit passendemSpin wirken (vgl. (B.36)): U

    ∼= U

    ∼↑U∼↓

    .Wie im Abschnitt 2.2 angekündigt, zeigen wir nun, dass die Bloch-Zustände

    Eigenzustände des Translationsoperators U∼

    sind. Aus der Transformation (2.26),

    über die die Operatoren c̃∼

    †k,σ definiert sind, folgt mit der Wirkungsweise (2.41)

    des Shift-Operators unmittelbar ([EFG+05], S. 27, (2.44))

    U∼c̃∼

    †k,σ = e

    iφk c̃∼

    †k,σ U∼ , (2.44)

    woran wir wieder unter Ausnutzung von U∼|0〉 = |0〉 erkennen, dass ein Bloch-

    Zustand |~k;~σ〉 21 tatsächlich ein Eigenzustand von U∼

    ist:

    U∼|~k;~σ〉 = eiφ(k1+k2+...+kN)|~k;~σ〉 . (2.45)

    2.3.4 Spinflip-Symmetrie

    Wie zuvor schon den Translationsoperator definieren wir auch den Spinflip-Ope-rator J

    ∼über seine Wirkung auf die Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren:

    J∼c∼

    (†)j,σ ≡ c∼

    (†)j,−σ J∼ . (2.46)

    Eine Spinflip-Transformation wandelt also auf dem Gitter jedes Elektron mit Spinup in ein Elektron mit Spin down um und umgekehrt. Die Invarianz des Hubbard-Hamiltonians unter einem Spinflip lässt sich mit der Definition (2.46) sehr einfachzeigen:

    J∼H∼

    =∑

    i,j

    tij J∼

    [c∼

    †i,↑ c∼j,↑ + c∼

    †i,↓ c∼j,↓

    ]+ U

    i

    J∼n∼i↑

    n∼i↓

    =∑

    i,j

    tij[c∼

    †i,↓ c∼j,↓ + c∼

    †i,↑ c∼j,↑

    ]J∼

    + U∑

    i

    n∼i↓

    n∼i↑

    J∼

    = H∼J∼

    ⇐⇒ [J∼,H∼

    ] = 0 . (2.47)

    21Die Bloch-Zustände werden völlig analog zu den Wannier-Zuständen (2.22) definiert.

    17

  • 2 Das Hubbard-Modell

    2.3.5 Satz kommutierender Observabler

    Wir haben in den vorigen Abschnitten gezeigt, dass der Teilchenzahloperator N∼

    ,

    der Gesamtspinoperator ~S∼, der Translationsoperator U

    ∼und die Spinflip-Transfor-

    mation J∼

    Erhaltungsgrößen des Hubbard-Modells (2.17) darstellen. Nun werdenwir der Frage nachgehen, ob sie auch einen Satz kommutierender Observablerbilden, also zusätzlich untereinander vertauschen.

    Mit Ausnahme von [N∼,S∼

    α], womit wir uns im Anhang beschäftigen werden (vgl.(B.22)), sind alle nötigen Kommutatoren sehr einfach zu berechnen, so dass wir hiernicht näher auf die Rechnungen eingehen werden. Abgesehen von einigen Kommu-tatoren von Spinflip-Transformation J

    ∼und Gesamtspinoperator ~S

    ∼verschwinden

    alle:

    J∼S∼

    + = S∼− J

    ∼, J

    ∼S∼− = S

    ∼+J

    ∼, (2.48)

    [J∼,S∼

    x] = 0 , {J∼,S∼

    y} = 0 , {J∼,S∼

    z} = 0 . (2.49)

    Damit vertauscht J∼

    allerdings zumindest mit ~S∼

    2:

    J∼~S∼

    2 = J∼

    (S∼

    z)2

    +1

    2J∼

    [S∼

    +S∼− + S

    ∼−S∼

    +]

    = ~S∼

    2 J∼. (2.50)

    Wir können nun zwei Sätze kommutierender Observabler (im Folgenden SKO)für das Hubbard-Modell (2.17) angeben, davon einen mit der Spinflip-Transforma-tion J

    ∼und einen ohne:

    SKO I ≡ {H∼,N∼,S∼

    z, ~S∼

    2,U∼} , (2.51)

    SKO II ≡ {H∼,N∼,S∼

    x, ~S∼

    2,U∼,J∼} . (2.52)

    Wie in der Einleitung von Abschnitt 2.3 bereits erwähnt, können wir nicht davonausgehen, dass diese Sätze vollständig sind.

    In dieser Arbeit werden wir zur Vereinfachung der numerischen Umsetzung denSKO I ohne den Operator ~S

    ∼2 verwenden, da die einfachste Basis für den Hilbert-

    Raum H , die Wannier-Basis (2.23), bereits eine Eigenbasis von N∼

    und S∼

    z ist, dennsie beschreibt Gitterkonfigurationen mit einer definierten Anzahl von Elektronenmit Spin up N↑ und Spin down N↓. Wie im Anhang dargestellt ist (vgl. AbschnittA.4), kann man dann durch die Bildung geeigneter Linearkombinationen aus denWannier-Zuständen Eigenzustände des Translationsoperators U

    ∼erzeugen und so

    die gemeinsame Eigenbasis von N∼

    , S∼

    z und U∼

    aufstellen. In dieser wird schließlichder Hamilton-Operator H

    ∼diagonalisiert. Bei dieser Vorgehensweise stellt sich die

    Frage, ob nicht doch noch die Spinflip-Transformation J∼

    , die nicht zum SKO Igehört, ausgenutzt werden kann.

    18

  • 2.3 Symmetrien

    2.3.6 Ausnutzen der Spinflip-Symmetrie

    Da [H∼,N∼

    ] = 0 und [H∼,S∼

    z] = 0 gilt, gibt es Eigenzustände des Hubbard-Hamil-tonians H

    ∼mit definierter Teilchenzahl N sowie definierter Zahl von Elektronen

    mit Spin up N↑ bzw. Spin down N↓. Sei |N↑, N↓; ~α〉 ein solcher Eigenzustandmit Energie E, wobei im Vektor ~α die restlichen Quantenzahlen, die notwendigsind, um den Zustand eindeutig festzulegen, zusammengefasst sein sollen. Vondiesen nehmen wir hier o.B.d.A. an, dass sie unter einer Spinflip-TransformationJ∼

    invariant sind. Ausgehend von der Eigenwertgleichung

    H∼|N↑, N↓; ~α〉 = E |N↑, N↓; ~α〉 (2.53)

    findet man dann unter Verwendung von J∼

    2 = 1 (vgl. (2.46) und (B.40))J∼H∼J∼︸ ︷︷ ︸

    =H∼

    J∼|N↑, N↓; ~α〉

    ︸ ︷︷ ︸= |N↓,N↑;~α〉

    = E J∼|N↑, N↓; ~α〉

    ︸ ︷︷ ︸= |N↓,N↑;~α〉

    . (2.54)

    Wir erkennen an Gleichung (2.54), dass der Zustand |N↓, N↑; ~α〉 = J∼|N↑, N↓; ~α〉,

    in dem die Elektronen mit Spin up und Spin down gegeneinander ausgetauscht sindund der daher gerade die negative magnetische Quantenzahl M 22 des Ausgangszu-standes hat, aufgrund der Invarianz von H

    ∼unter der Spinflip-Transformation eben-

    falls ein Eigenzustand und zwar mit dem gleichen Eigenwert E ist. Die Spinflip-Transformation J

    ∼stellt also einen eindeutigen Zusammenhang her zwischen den

    Energieeigenzuständen in den Unterräumen H (M) und H (−M). Bei der Dia-gonalisierung von H

    ∼, d.h. bei der Berechnung der Eigenwerte und Eigenzustände

    des Hamilton-Operators, kann man sich daher auf den Fall beschränken, dass diemagnetische Quantenzahl M des Gesamtspins größer oder gleich Null ist.

    2.3.7 Effekt eines zusätzlichen Zeeman-Terms

    Der Zeeman-Term gsµBBS∼z, um den wir in dieser Arbeit den Hubbard-Hamil-

    tonian ergänzen werden, wenn die Wirkung eines äußeren Magnetfeldes berück-sichtigt werden soll (vgl. (2.60)), bricht aufgrund der su(2)-Vertauschungsrelation[S∼

    α, S∼

    β ] = i εαβγS∼

    γ die volle SU(2)-Spinsymmetrie des Hubbard-Modells. Er kom-mutiert nach (2.49) außerdem nicht mit der Spinflip-Transformation J

    ∼, was jedoch

    kein Problem darstellt, wenn wir mit dem SKO I (2.51) arbeiten, der J∼

    nicht ent-hält.

    Da der Zeeman-Term proportional zu S∼

    z ist, ist er in der gemeinsamen Ei-genbasis der Observablen im SKO I ebenfalls diagonal, führt also nur zu einerM -abhängigen Energieverschiebung der Niveaus. Beim Ausnutzen der Spinflip-Symmetrie muss dann natürlich beachtet werden, dass zwar die Energieniveaus desreinen Hubbard-Modells unter einem Spinflip invariant sind, sich aber die magne-tische Quantenzahl M und damit die Energieverschiebung in Folge des Zeeman-Terms bei der Transformation ändert.22Die Quantenzahl M indiziert wie üblich die Eigenzustände der Komponente S

    ∼z des Gesamt-

    spins.

    19

  • 2 Das Hubbard-Modell

    2.4 Elektromagnetische Kopplung imHubbard-Modell

    In der bisherigen Formulierung des Hubbard-Hamiltonians H∼

    (2.17) ist die Wir-

    kung eines äußeren elektrischen ( ~E) oder magnetischen Feldes ( ~B) noch nicht be-rücksichtigt 23. Da aber für den Vergleich mit Messergebnissen neben der Tempe-raturabhängigkeit thermodynamischer (magnetischer) Observabler vor allem auchdie Abhängigkeit von einem angelegten Magnetfeld wichtig ist, stellt sich die Fra-ge, wie die Wechselwirkung der Elektronen mit einem äußeren elektromagnetischenFeld in das Hubbard-Modell integriert werden kann.

    2.4.1 Einteilchen-Hamiltonian im äußeren Feld

    Da der Hubbard-Hamiltonian (2.17) im Rahmen des Formalismus der zweitenQuantisierung aus dem Einteilchen-Hamilton-Operator (2.2), h

    ∼= ~p

    2/(2m)+V (~x∼),

    abgeleitet wird (vgl. Abschnitt 2.1), sollte sich die Form der elektromagnetischenKopplung im Hubbard-Modell aus der bekannten Anpassung des Einteilchenope-rators h

    ∼in einem elektromagnetischen Feld ergeben: Aufgrund ihres Spins ~s

    ∼be-

    sitzen Elektronen ein intrinsisches magnetisches Moment, das durch den Moment-Operator ~µ

    ∼≡ −gSµB~s∼ repräsentiert wird und dessen Wechselwirkung mit einem

    Magnetfeld ~B (gemessen in Tesla) durch die Hinzunahme eines Zeeman-Terms

    h∼Z

    ≡ −~µ∼· ~B = +gSµB ~B · ~s∼ (2.55)

    zum Einteilchen-Hamiltonian (2.2) berücksichtigt wird 24 ([Nol86a], S. 23, Kap.1.2). Der Operator h

    ∼wird weiterhin um die Kopplung qΦ(~x

    ∼, t) zwischen der

    Ladung des Elektrons q = −e (e > 0) und dem skalaren Potential Φ(~x, t) er-gänzt und schließlich ist noch der Impulsoperator ~p

    ∼durch ~p

    ∼− q ~A(~x

    ∼, t) = ~p

    ∼+

    e ~A(~x∼, t) mit dem Vektorpotential ~A(~x, t) zu ersetzen 25 ([CTDL99a], S. 303, (3.469)

    und [CTDL99b], S. 659, (III.68)). Insgesamt erhält man so für den Einteilchen-Hamilton-Operator im elektromagnetischen Feld den bekannten Ausdruck (vgl.[EFG+05], S. 11, (1.18)):

    h∼A,Φ

    ≡ 12m

    (~p∼

    + e ~A(~x∼, t))2

    + V (~x∼) − eΦ(~x

    ∼, t) + gSµB ~B(~x∼, t) · ~s∼ . (2.56)

    Bei der in Abschnitt 2.1 dargestellten Herleitung des Hubbard-Modells spielte derSpinanteil der Wellenfunktionen keine Rolle, da h

    ∼nicht vom Spin der Elektronen

    23An dieser Stelle sollte man bedenken, dass das Hubbard-Modell ursprünglich von J. Hubbardeingeführt wurde [Hub63], um völlig unabhängig von äußeren Feldern Korrelationseffekte inÜbergangsmetallen zu untersuchen.

    24Hier bezeichnet gS den Landé-Faktor des Elektrons und µB das Bohrsche Magneton.25Wir verwenden an dieser Stelle SI-Einheiten.

    20

  • 2.4 Elektromagnetische Kopplung

    abhängt. Beim Übergang von h∼

    zu h∼A,Φ

    erlangt der Einteilchenoperator allerdingseine explizite Spinabhängigkeit, die wir im Folgenden berücksichtigen müssen.

    Ersetzen wir in den Hopping-Matrixelementen tij (vgl. (2.10)) h∼ durch den mo-difizierten Hamiltonian h

    ∼A,Φ, sollten wir die Form der elektromagnetischen Kopp-

    lung im Hubbard-Modell finden 26:

    tij →〈i;α∣∣∣[ 12m

    (~p∼

    + e ~A(~x∼, t))2

    + V (~x∼) − eΦ(~x

    ∼, t)]∣∣∣j;β

    〉+ (2.57)

    〈i;α∣∣ gSµB ~B(~x∼, t) · ~s∼

    ∣∣j;β〉.

    Unter der Annahme eines räumlich homogenen (und statischen) Magnetfeldes ~B ≡~B(~x, t) führt der letzte Summand im Matrixelement (2.57) im tight binding-Ha-miltonian T

    ∼(2.19) zu folgendem Beitrag (vgl. Abschnitt 2.3.2 für die Darstellung

    der Spinoperatoren):

    i,j; α,β

    〈i;α∣∣ gSµB ~B · ~s∼

    ∣∣j;β〉c∼

    †i,α c∼j,β = (2.58)

    gSµB ~B ·∑

    i,j; α,β

    〈i;α∣∣ ~s∼

    ∣∣j;β〉c∼

    †i,α c∼j,β = gSµB

    ~B · ~S∼. (2.59)

    Die Annahme eines homogenen Magnetfeldes führt somit nach Gleichung (2.59)dazu, dass sich der Zeeman-Term (2.55) im Einteilchen-Hamilton-Operator unmit-telbar auf den Hubbard-Hamiltonian überträgt.

    Da wir vor allem an der Wirkung eines statischen äußeren Magnetfeldes interes-siert sind, nehmen wir nun weiter an, dass das externe elektrische Feld verschwindetund setzen entsprechend ~A(~x, t) ≡ ~A(~x) und Φ(~x, t) ≡ const. Man erhält dann fürden Hamilton-Operator des Hubbard-Modells im äußeren, homogenen und stati-schen Magnetfeld ~B die Form

    (Hubbard-Modell im Feld) H∼B

    ≡∑

    i,j; σ

    tAij c∼†i,σ c∼j,σ + U

    i

    n∼i↑

    n∼i↓

    + gSµB ~B · ~S∼ ,

    (2.60)

    26An dieser Stelle sind zwei Dinge anzumerken:

    1. Wir nehmen an, dass die äußeren Felder nicht so stark sind, als dass das KristallpotentialV (~x) angepasst werden müsste.

    2. Wir arbeiten auch bei Vorhandensein eines äußeren Feldes weiterhin mit den ursprüng-lichen Wannier-Zuständen, d.h. den Fouriertransformierten der Bloch-Zustände ohne äu-ßeres Feld (vgl. Abschnitt 2.1). Im äußeren Feld werden diese Zustände im Allgemeinenihre physikalische Bedeutung verlieren.

    21

  • 2 Das Hubbard-Modell

    wobei die angepassten Hopping-Matrixelemente (vgl. (2.10) und (2.57)) zu ver-wenden sind 27:

    tAij ≡〈i∣∣∣[ 12m

    (~p∼

    + e ~A(~x∼))2

    + V (~x∼)]∣∣∣ j〉

    (2.61)

    =

    ∫d3x φ∗(~x− ~Ri)

    [ 12m

    (~p∼

    + e ~A(~x))2

    + V (~x)]φ(~x− ~Rj) . (2.62)

    Wie bei der Herleitung des Hubbard-Modells in Abschnitt 2.2 beschrieben wurde,werden die diagonalen Terme tii in der Regel unterdrückt. Nach (2.62) sollte dieAnwesenheit eines äußeren Magnetfeldes dazu führen, dass die DiagonalelementetAii nicht mehr vom Gitterplatzindex i unabhängig sind, da das Vektorpotentialeine im Allgemeinen nicht gitterperiodische Ortsabhängigkeit aufweist. Dies hatzur Folge, dass der diagonale Anteil des tight binding-Hamiltonians T

    ∼nicht län-

    ger proportional zum Teilchenzahloperator N∼

    ist, der eine Erhaltungsgröße desHubbard-Modells darstellt (vgl. Abschnitt 2.3.1), und daher keiner globalen Ener-gieverschiebung mehr entspricht. Somit sollte es im äußeren Feld im Allgemeinennicht zulässig sein, die Diagonalelemente wie bisher zu vernachlässigen 28.

    Die Hopping-Parameter tAij hängen nach Gleichung (2.62) vom Vektorpotential~A bzw. dem sich daraus ergebenden Magnetfeld ~B = ~∇ × ~A ab und man könnteim Fall, dass eine Form für die Wannier-Funktionen φ(~x − ~Ri) bekannt ist, dieIntegrale (2.62) mit einer dem äußeren Magnetfeld entsprechenden Wahl des Vek-torpotentials auswerten und so die Hopping-Matrixelemente tAij (unter Umständenfür jede Magnetfeldstärke B einzeln) bestimmen. Dies ginge allerdings weit hin-aus über den eigentlichen Rahmen des Hubbard-Modells, das ja ein vereinfachteseffektives Modell darstellen soll. Es wäre daher wünschenswert und für empirischeAnwendungen des Hubbard-Modells, bei denen die Werte der Parameter nicht abinitio berechnet, sondern durch einen Fit bestimmt werden, vorteilhaft, wenn sichdie Hopping-Matrixelemente tAij im Magnetfeld in Abhängigkeit der ursprünglichen

    Parameter tij ausdrücken ließen und dabei das Vektorpotential ~A bzw. das Ma-gnetfeld ~B als Variable aufträte. Dieses Ziel erreicht die nach R. Peierls benanntePeierls-Substitution [Pei33], die wir im nächsten Abschnitt diskutieren werden.

    2.4.2 Herleitung der Peierls-Substitution

    Ausgangspunkt für die folgenden Betrachtungen sind die Hopping-Parameter tAijim äußeren Magnetfeld nach Gleichung (2.62). Ein Versuch, das im vorigen Ab-schnitt formulierte Ziel zu erreichen, diese über die Parameter tij ohne Magnetfeld

    27Das konstante skalare Potential trägt aufgrund der Orthonormalität der Wannier-Zuständenur für i = j bei und führt dann zu einem Beitrag ∝ N

    ∼, der nicht berücksichtigt werden muss

    (vgl. Abschnitt 2.3.1).28Im Rahmen der Peierls-Substitution (vgl. den nächsten Abschnitt) verlieren die Diagonalterme

    tAii allerdings ihre Abhängigkeit vom Vektorpotential~A und damit vom Gitterplatzindex i, so

    dass es wieder möglich ist, sie zu unterdrücken.

    22

  • 2.4 Elektromagnetische Kopplung

    auszudrücken, basiert auf der Beobachtung, dass mit ~p∼

    = −i~~∇ für eine beliebi-ge Wellenfunktion ψ(~x, t) und eine beliebige differenzierbare Funktion λ(~x, t) dieIdentität

    e−ie~

    λ(~p∼

    + e[~A(~x, t) − ~∇λ

    ])2ei

    e~

    λ ψ =(~p∼

    + e ~A(~x, t))2ψ (2.63)

    erfüllt ist und sich die Hopping-Parameter im Feld so als

    tAij =

    ∫d3x φ∗(~x− ~Ri) e−i

    e~

    λ

    [1

    2m

    (~p∼

    + e[~A(~x) − ~∇λ

    ])2+

    + V (~x)

    ]ei

    e~

    λ φ(~x − ~Rj) (2.64)

    schreiben lassen 29.Einige Autoren (z.B. [EFG+05], S. 11 und [GBS+97], S. 5) argumentieren nun,

    dass durch die spezielle Wahl

    λ(~x) ≡∫ ~x

    ~x0

    ~A(~y) · d~y , (2.65)

    wobei ~x0 ein beliebiger aber fester Punkt ist, die Abhängigkeit des Hamilton-Operators von ~A im Integral (2.64) eliminiert werden kann. Dies kann aber zu-mindest nicht dadurch geschehen, dass die Differenz ~A − ~∇λ verschwindet. Da~A

    = ~A − ~∇λ gerade einer Eichtransformation des Vektorpotentials ~A mit einerEichfunktion −λ entspricht (vgl. [CTDL99a], S. 296, Kap. 3.13), würde dies näm-lich bedeuten, dass man durch eine Eichtransformation das Vektorpotential über-all auf Null setzen und so ein vorhandenes Magnetfeld wegtransformieren könnte.Dies kann allerdings nur dann funktionieren, wenn tatsächlich ~B = ~∇× ~A = ~0 gilt,da sich in diesem Fall das Vektorpotential als Gradient eines skalaren Potentialsschreiben lässt, ~A = ~∇χ, bzw. die Gleichung ~A− ~∇λ != ~0 eine Lösung besitzt (vgl.hierzu auch [BY61]).

    Eine Rechnung nach Appendix I von [Lut51] ergibt für den Fall, dass in (2.65) dieIntegration auf der geraden Linie von ~x0 nach ~x erfolgt 30, mit der Parametrisierung

    λ(~x) ≡∫ 1

    0

    ~A(~x0 + τ [~x − ~x0]

    )· (~x− ~x0)dτ (2.66)

    den folgenden Ausdruck für den Gradienten von λ:

    29Wir nehmen das Magnetfeld und daher auch die Funktion λ wieder als zeitunabhängig an.30Die Wahl des Integrationsweges ist zunächst willkürlich. Bei alternativen Herleitungen der

    Peierls-Substitution (vgl. das Ende des Abschnitts) werden physikalische Argumente für dieVerwendung dieses Integrationsweges gegeben.

    23

  • 2 Das Hubbard-Modell

    ~∇λ(~x) = ~A(~x) +∫ 1

    0

    dτ τ[(~x− ~x0) × ~B(~x0 + τ [~x − ~x0])

    ]. (2.67)

    Für ein homogenes Magnetfeld, wie es zuvor schon angenommen wurde, werdenmit diesem Ergebnis die Hopping-Parameter im Feld (2.64) zu

    tAij =

    ∫d3x φ∗(~x− ~Ri) e−i

    e~

    λ

    [1

    2m

    (~p∼− e

    2(~x− ~x0) × ~B

    )2+

    + V (~x)

    ]ei

    e~

    λ φ(~x− ~Rj) . (2.68)

    Wie nach dem vorigen Argument mit der Eichinvarianz nicht anders zu erwar-ten war, verbleibt in den eckigen Klammern eine Abhängigkeit vom Magnetfeldbzw. vom Vektorpotential. Uns ist kein Argument bekannt, warum diese Abhän-gigkeit vom Magnetfeld, d.h. der Term − e2 (~x − ~x0) × ~B, für beliebige Wannier-Funktionen wegfallen sollte. Unserer Meinung nach kann der Term nur im Rahmeneiner weiteren (unkontrollierten) Approximation verschwinden, die auf der einzigenim Rahmen des Hubbard-Modells greifbaren Eigenschaft der Wannier-Funktionenbasieren müsste: ihrer angenommenen starken Lokalisierung um die Gitterplätze.

    Wir kommen nun zu der Argumentation zurück, die von einigen Autoren (z.B.[EFG+05] und [GBS+97]) verwendet wird, um die Peierls-Substitution herzulei-ten. Nachdem durch die Wahl (2.65) für die Funktion λ(~x) die Abhängigkeit desHamiltonians von ~A im Integral (2.64) eliminiert worden ist (dies bleibt für unsunverständlich), wird auf die bei der tight binding-Approximation angenommenestarke Lokalisierung der Wannier-Zustände um die Gitterplätze verwiesen und un-ter der zusätzlichen Annahme eines nur schwach ortsabhängigen Vektorpotentials,d.h. eines nicht zu starken Magnetfeldes, in den beiden verbleibenden Phasenfak-toren die Variable ~x durch die Position ~Ri bzw. ~Rj des jeweiligen Ions ersetzt 31

    ([EFG+05], S. 12; vgl. (2.10)):

    tAij?=

    ∫d3x φ∗(~x− ~Ri) e−i

    e~

    λ(~Ri) h∼ei

    e~

    λ(~Rj)φ(~x − ~Rj) (2.69)

    = e−ie~

    [λ(~Ri)−λ(~Rj)

    ] ∫d3x φ∗(~x− ~Ri) h∼φ(~x − ~Rj)

    = e−i e

    ~

    R ~Ri~Rj

    ~A(~y)·d~ytij ≡ ei αij tij . (2.70)

    Mit Gleichung (2.70) ist das Ziel, die Hopping-Parameter mit Feld durch dieHopping-Parameter ohne Feld auszudrücken, erreicht und unter Verweis auf [Pei33]

    werden die Phasenfaktoren exp[−i e

    ~

    ∫ ~Ri~Rj

    ~A(~y) · d~y]

    als Peierls-Phasen bezeichnet.

    31Die Einwände, die man an dieser Stelle haben könnte, finden sich in der Behauptung aus denArtikeln [AC91a] und [AC91b] wieder, dass es sich bei der Peierls-Substitution um eine „ratheruncontrolled approximation“ handelt.

    24

  • 2.4 Elektromagnetische Kopplung

    Da fast immer, wenn die Peierls-Phasenfaktoren verwendet werden, auch dieVeröffentlichung [Pei33] zitiert wird und zudem die physikalische Bedeutung derPhasen im Moment noch etwas im Dunkeln liegt, werden wir im Anhang (vgl.Abschnitt D.1) noch einmal den Inhalt des relevanten Teils des Artikels wieder-geben. Dabei wird sich herausstellen, dass die Herangehensweise von Peierls andas Problem von der hier vorgestellten abweicht und dass auch bei Peierls eineAbhängigkeit vom Magnetfeld in den Hopping-Parametern bleibt, die über diePhasenfaktoren hinausgeht.

    Die Frage nach der Kopplung mit einem äußeren elektromagnetischen Feld trittauch im Rahmen allgemeiner tight binding-Modelle auf 32. Wie in [GBH97] an-gemerkt wird, hat das Problem allerdings in der Vergangenheit nur wenig Beach-tung gefunden. Erst seit etwa zehn Jahren werden vermehrt Artikel veröffentlicht(z.B. [GV95], [BBK01], [BV01], [IBCL01], [PPK01] und [For02]), die sich mit demThema der Wechselwirkung der gebundenen Elektronen mit einem äußeren Feldbeschäftigen und dabei mit unterschiedlichen Methoden zu zeigen versuchen, dassdie Peierls-Substitution die richtige elektromagnetische Kopplung darstellt. Alsein wesentliches Argument dient dabei stets das Konzept der Eichinvarianz in derQuantenmechanik. Aus Platzgründen können wir an dieser Stelle nicht auf diese al-ternativen Ansätze eingehen und verweisen daher direkt auf die zuvor angegebeneLiteratur.

    2.4.3 Betrag der Hopping-Parameter im äußeren Feld

    Wir haben im vorigen Abschnitt die Vermutung geäußert, dass die Hopping-Parameter durch ein äußeres Magnetfeld im Allgemeinen nicht allein in ihrer Phasemodifiziert werden (vgl. (2.70)), sondern sich durch eine zusätzliche Abhängigkeitvom Magnetfeld auch in ihrem Betrag verändern (vgl. (2.68)). Dies entsprichtdem Ergebnis aus dem ursprünglichen Artikel von Peierls, wo ebenfalls neben denPhasenfaktoren im Integral eine weitere Feldabhängigkeit auftritt (vgl. (D.5) und(D.7)). Um die Größenordnung dieser Abhängigkeit abzuschätzen, betrachten wirnun ein Beispiel aus dem Artikel [AC91a].

    In [AC91a], wo mit einem zu Peierls Artikel [Pei33] analogen Vorgehen die Ener-gie von Elektronen in einem zweidimensionalen Kristallpotential unter dem Ein-fluss eines starken, homogenen Magnetfeldes untersucht wird, wird die Schrödin-gergleichung für ein einzelnes Ion unter der Annahme eines harmonischen Oszil-latorpotentials für den Grundzustand gelöst. Mit der so erhaltenen Eigenfunktionψ0(~x) können dann nach Gleichung (D.5) und (D.7) 33,

    32In dem Review-Artikel [GBH97] wird ein ausführlicher Überblick über die tight binding-Approximation gegeben.

    33Die Vektoren ~m etc. geben die Position der Ionen an, d ist ihr Abstand, U~m(~x) die Kristall-feldstörung und U(~x) das atomare (Pseudo)-Potential.

    25

  • 2 Das Hubbard-Modell

    〈ψ~m|U∼ ~m|ψ~n〉 = ei e

    ~

    R ~nd~md

    ~A(~y)·d~y t̃~m,~n mit

    t̃~m,~n =

    ∫d3x ei

    ed2~ [

    ~B×(~n−~m)]·~x ψ∗0(~x− [~m− ~n]d)U(~x)ψ0(~x) ,

    die Hopping-Parameter berechnet werden, so dass eine quantitative Untersuchungder Abhängigkeit ihres Betrages vom Magnetfeld möglich ist.

    Es zeigt sich, dass die Hopping-Matrixelemente im Magnetfeld vom Betrag herkleiner sind und bei großen Feldstärken (siehe unten) exponentiell gedämpft wer-den [AC91a]. Die Reduzierung der Hopping-Parameter ist dabei einerseits aufeine Abnahme der radialen Ausdehnung der Wellenfunktion ψ0(~x) mit stärkerwerdendem Magnetfeld zurückzuführen, in Folge derer der Überlapp zwischenden Wellenfunktionen an verschiedenen Gitterplätzen geringer wird, und ande-rerseits tritt nach (D.7) eine mit dem Magnetfeld immer stärker werdende Os-zillation des Integranden auf. Als Fazit stellen die Autoren fest, dass die Peierls-Phasenfaktoren (2.70) im Allgemeinen nicht ausreichen, um die Veränderung derHopping-Matrixelemente durch ein äußeres Magnetfeld korrekt zu beschreiben.

    Eine Abhängigkeit des Betrages vom Feld wird den Aufwand von Berechnun-gen beträchtlich erhöhen, so dass es sinnvoll erscheint, der Frage nachzugehen, wiesignifikant die zuvor beschriebene Veränderung der Hopping-Parameter bei Feld-stärken, wie sie in Experimenten erreicht werden können, tatsächlich ist. Dabeiist zu bedenken, dass heutzutage statische Magnetfelder in der Größenordnungvon 50 T und gepulste Felder mit nicht-destruktiven Aufbauten in der Größenord-nung von 100 T erzeugt werden können [hig08]. Um die Bedeutung der Feldab-hängigkeit des Parameterbetrages abzuschätzen, verwenden wir Gleichung (12b)aus [AC91a], die für das angenommene Oszillatorpotential das Verhältnis t̃/t alsFunktion von φ und α ≡ a0a angibt. t bezeichnet den Betrag des nearest neigh-bour -Hopping-Matrixelements ohne Magnetfeld, t̃ den Betrag mit Magnetfeld, φist der magnetische Fluss durch eine Einheitszelle des Gitters in Einheiten desFlussquants Φ0 ≡ he , a0 die radiale Ausdehnung der Wellenfunktion ohne Magnet-feld und a die Gitterkonstante. Abbildung 2.1 zeigt einen 3D-Plot des Quotientent̃/t als Funktion von α und φ. Wie man erkennt, tritt die exponentielle Dämpfungdes Matrixelementes mit zunehmender radialer Ausdehnung a0, d.h. größerem α,schon bei geringerem magnetischen Fluss φ auf.

    Um die Größenordnung dieser Abnahme für realistische Magnetfeldstärken ein-ordnen zu können, schätzen wir nun anhand des Kontour-Plots 2.2 den magne-tischen Fluss ab, der einem Quotienten t̃/t von 0.99 bzw. 0.90 und damit einerReduzierung des Hopping-Parameters um 1 % bzw. um 10 % entspricht. Für denWert α = 1.0, d.h. für den Fall, dass die radiale Ausdehnung der Wellenfunkti-on ohne Magnetfeld gerade gleich dem Gitterabstand ist, gehört zum Verhältnist̃/t = 0.90 ein magnetischer Fluss φ ≈ 110Φ0 und zum Verhältnis t̃/t = 0.99ein Fluss φ ≈ 140Φ0. Um hieraus die Stärke des Magnetfeldes abzuleiten, bedarfes eines Wertes für die Gitterkonstante a. Wir verwenden an dieser Stelle einen

    26

  • 2.4 Elektromagnetische Kopplung

    0.00.5

    1.01.5

    2.0Φ

    0.0

    0.5

    1.0

    Α

    0.0

    0.5

    1.0

    t

    t

    Abbildung 2.1: Veränderung des Betrages des nearest neighbour -Hopping-Parameters (t: ohne Feld, t̃: mit Feld) in Abhängigkeit des magnetischen Flussesφ (in Einheiten des Flussquants Φ0) und des Verhältnisses α ≡ a0a (a0: radialeAusdehnung der Wellenfunktion ohne Feld, a: Gitterkonstante) nach Gleichung(12b) aus [AC91a].

    Wert von 5 Å, der z.B. in der Größenordnung des Kupfer-Kupfer-Abstandes ineiner Einheitszelle der Cu2O3-Leitern des Kuprates Sr14-xCaxCu24O41 liegt (ca.3.9 Å [Ouc06]). Bei diesem Gitterabstand entspricht ein magnetischer Fluss vonφ = 110Φ0 einem Magnetfeld von ca. 1600 T und ein Fluss von φ =

    140Φ0 immer

    noch einem Magnetfeld von etwa 400 T. Bei dem in [AC91a] betrachteten Beispielwäre also ein Magnetfeld von mehreren hundert Tesla notwendig, um bei einemVerhältnis α = 1.0 ⇔ a0 = a und einer realistischen Gitterkonstanten den Be-trag des Hopping-Parameters um 1 % zu verringern. Für einen kleineren Überlappder Wellenfunktionen an den verschiedenen Gitterplätzen, d.h. a0 < a, wären dienotwendigen Magnetfelder noch größer, da mit sinkendem α die Abhängigkeit desQuotienten t̃/t von φ schwächer wird (vgl. noch einmal Abbildung 2.2). Wie manan Abbildung 2.2 ebenfalls erkennt, wird die Steigung der Höhenlinien als Funk-tion von φ für φ → 0 sehr groß, so dass sich die zuvor getroffenen Aussagen auchfür einen Wert 1.0 ≤ α ≤ 1.5, bei dem man die Möglichkeit eines next nearestneighbour -Hoppings erwarten könnte, nicht wesentlich ändern.

    Als Fazit halten wir fest, dass das in diesem Abschnitt nach [AC91a] disku-tierte Beispiel die Schlussfolgerung stützt, dass die Veränderung des Hopping-Parameterbetrages für Magnetfeldstärken, wie sie in Experimenten erreicht wer-den können, nur einen kleinen Effekt darstellt, der zunächst vernachlässigt werdenkann.

    27

  • 2 Das Hubbard-Modell

    0.1

    0.30.5

    0.7

    0.9

    0.920.94

    0.96

    0.98

    0.99

    0.0 0.5 1.0 1.5 2.00.0

    0.2

    0.4

    0.6

    0.8

    1.0

    Φ

    Α

    Abbildung 2.2: Darstellung von Abbildung 2.1 in Form eines Kontour-Plots. DieZahlen an den Höhenlinien geben den Quotienten t̃/t an. Der Plot ist gegenüberAbbildung 2.1 gedreht.

    2.4.4 Peierls-Phasen bei eindimensionalen Systemen

    Nachdem wir im vorigen Abschnitt betrachtet haben, wie sich ein äußeres Ma-gnetfeld auf den Betrag der Hopping-Parameter auswirkt, untersuchen wir nundie Bedeutung der Phasenfaktoren selbst für eindimensionale Systeme, d.h. fürKetten und Ringe. Wir gehen dazu vom Hubbard-Hamiltonian im Magnetfeld~B ≡ (0, 0, B) mit Peierls-Phasen nach Gleichung (2.70) und Zeeman-Term aus(vgl. (2.60)),

    H∼B,α

    ≡∑

    i,j; σ

    eiαij tij c∼†i,σ c∼j,σ + U

    i

    n∼i↑

    n∼i↓

    + gSµBBS∼z , (2.71)

    und versuchen, die Argumente αij auf die einzelnen Gitterplätze zu verteilen, d.h.wir suchen für vorgegebenes Magnetfeld B bzw. Vektorpotential ~A eine Zerlegungder Art

    αij = γi − γj ⇒ eiαij = eiγie−iγj mit γi, γj ∈ R . (2.72)Gelingt eine solche Zerlegung, dann lässt sich im Hubbard-Hamiltonian

    28

  • 2.4 Elektromagnetische Kopplung

    H∼B,α

    =∑

    i,j; σ

    tij(e−iγi c

    ∼i,σ

    )†(e−iγj c

    ∼j,σ

    )+ U

    i

    c∼

    †i,↑ c∼i,↑ c∼

    †i,↓ c∼i,↓

    +gSµBB

    2

    i

    (c∼

    †i,↑ c∼i,↑ − c∼

    †i,↓ c∼i,↓

    )(2.73)

    die Abhängigkeit von den Peierls-Phasen durch die Transformation

    c∼i,σ

    → c̄∼i,σ

    ≡ e−iγi c∼i,σ

    (2.74)

    der Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren formal eliminieren 34.Wir beschränken uns zunächst auf ein Hopping zwischen nächsten Nachbarn und

    diskutieren im Anschluss die Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse. Eine Untersu-chung des Gleichungssystems (2.72) zeigt, dass im Fall offener Randbedingungen(lineare Kette) die Zerlegung der αij zwar nicht eindeutig ist, aber immer gelingenwird. Dies sieht im Fall von periodischen Randbedingungen (Ring) anders aus.Dort findet man als Bedingung für die Lösbarkeit des Gleichungssystems, dass dieSumme über die Argumente αii+1 (modulo 2π 35) verschwinden muss,

    (L∑

    i=1

    αii+1

    )mod 2π = 0 , (2.75)

    da die Koeffizientenmatrix singulär ist und das Gleichungssystem daher im Allge-meinen keine Lösung besitzt. Die Zerlegung wird dann aber wieder nicht eindeutigsein. Setzt man in die Bedingung (2.75) den Ausdruck (2.70) für die αij ein, so wirdder physikalische Inhalt der Bedingung transparenter. Die Summe über die αii+1entspricht gerade einem geschlossenen Integral

    ∮∂F

    ~A(~y) · d~y =∫

    F (~∇× ~A) · d ~F

    längs des Ringes (d~F bezeichnet das Flächenelement) und somit dem magneti-schen Fluss durch den Ring.

    Wir können damit für den Fall des nearest neighbour -Hoppings zusammenfassen:Bei offenen Randbedingungen können die Phasenfaktoren immer in einer Neude-finition der Erzeuger und Vernichter absorbiert werden. Dies erscheint insofernphysikalisch plausibel, als dass bei offenen Randbedingungen kein magnetischerFluss durch das betrachtete System vorhanden ist. Im Fall des Ringes, d.h. fürperiodische Randbedingungen ist eine Absorption der Peierls-Phasen nach Be-dingung (2.75) nur dann möglich, wenn der magnetische Fluss durch den Ring(modulo 2π) verschwindet.

    Gelten die vorigen Überlegungen immer noch, wenn ein längerreichweitiges Hop-ping wie z.B. ein next nearest neighbour (nnn)-Hopping zugelassen wird? Das Glei-chungssystem (2.72) für die Kette mit offenen Randbedingungen und zusätzlichem

    34Die ursprünglich feldunabhängigen Wannier-Zustände erhalten so natürlich eine Abhängigkeitvom Magnetfeld.

    35Denn die Phasen sind selbst nur modulo 2π festgelegt.

    29

  • 2 Das Hubbard-Modell

    nnn-Hopping ist überbestimmt und damit im Allgemeinen nicht lösbar. Als Be-dingung für die Lösbarkeit findet man, dass der magnetische Fluss durch beliebigeFlächen, die durch ein Hopping zwischen Gitterpunkten aufgespannt werden kön-nen, verschwinden muss 36. Für das Modell der linearen Kette, bei der die Punkteauf einer Geraden liegen, ist dies der Fall, da durch ein Hopping keine Flächenumrandet werden können. Im Bild der Zickzack-Kette (t − t′-Kette), die oft zurVisualisierung eines nnn-Hoppings verwendet wird (vgl. Abbildung 4.3 auf Seite47), trifft dies aber nicht zu. Die Phasenfaktoren können bei längerreichweitigemHopping also nur dann mit Sicherheit in den Erzeugern und Vernichtern absorbiertwerden, wenn alle Gitterplätze der Kette auf einer Geraden liegen.

    Wir gehen nun auf die Bedeutung der Transformation (2.74) ein. Diese entsprichteinem Basiswechsel, bei dem jeder der ursprünglichen Basiszustände mit einem(feldabhängigen) Phasenfaktor multipliziert wird. Dieser wird anschließend in ei-ner Neudefinition der Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren absorbiert, wobeidie charakteristischen Antivertauschungsrelationen (2.15) und (2.16) erhalten blei-ben 37. Die Transformation (2.74) ist unitär, da sich die Entwicklungskoeffizientenfür beliebige Zustände in der alten und neuen Basis nur um einen Phasenfaktorunterscheiden, so dass Skalarprodukte aufgrund der unveränderten Antivertau-schungsrelationen invariant sind. Mit einem Wechsel der Basiszustände geht ei-ne Transformation von Observablen einher, die im Fall des Hamilton-Operatorsgerade einer Elimination der Peierls-Phasen entspricht (vgl. (2.73)). Unter einerunitären Transformation ist das Eigenwertspektrum eines Operators invariant, sodass die Phasenfaktoren unter den zuvor genannten Bedingungen aus der Formu-lierung des Problems verschwinden, ohne dass das Energiespektrum des Systemsbeeinflusst würde. Zu beachten ist aber natürlich die Feldabhängigkeit, die die Ba-siszustände durch die Transformation (2.74) erhalten und die sich auf Observablenauswirken kann, für deren Berechnung die Eigenzustände des Hamilton-Operatorsbenötigt werden (z.B. Korrelationsfunktionen).

    2.4.5 Fazit zur Peierls-Substitution

    Mit den Betrachtungen aus den vorangegangenen Abschnitten können wir nun zu-mindest für eindimensionale Systeme die Frage, wie eine Kopplung mit einem äuße-ren, homogenen und statischen Magnetfeld in das Hubbard-Modell (2.17) integriertwerden sollte, beantworten: Nach dem in Abschnitt 2.4.3 diskutierten Beispielist die Veränderung des Betrages der Hopping-Parameter für unsere Zwecke ver-nachlässigbar, da sie erst bei (konstanten) Magnetfeldstärken relevant zu werdenscheint, die um annähernd eine Größenordnung über den zur Zeit im Experimenterreichbaren Feldstärken liegen. Bei linearen Ketten ist zudem eine Berücksichti-gung der Peierls-Phasenfaktoren (2.70) nicht erforderlich, da die Phasen durch eineunitäre Transformation eliminiert werden können. Für Systeme mit periodischen

    36Eventuell wieder modulo 2π, sofern es eine Wahl der Phasen αij gibt, mit der für alle Flächendie jeweilige Summe auf Null gesetzt werden kann.

    37Dies liegt daran, dass Antikommutatoren mit verschiedenen Gitterplatzindizes i und j ver-schwinden bzw. die Wannier-Basis orthogonal ist.

    30

  • 2.4 Elektromagnetische Kopplung

    Randbedingungen, also Ringe, können die Phasenfaktoren dann eine Rolle spie-len, wenn das Magnetfeld eine Komponente senkrecht zur Ringebene besitzt undes einen nicht-verschwindenden magnetischen Fluss durch das System oder Tei-le davon gibt (modulo 2π). Dienen periodische Randbedingungen allerdings nurals Rechenhilfsmittel und sollen eigentlich lange lineare Ketten modelliert werden,bei denen es (zumindest in der vereinfachenden Modellierung) keine geschlosse-nen, eine Fläche aufspannenden Hopping-Pfade gibt, so würde die Hinzunahmeder Peierls-Phasen einen Effekt in das Modell einführen, der so in dem zu mo-dellierenden System gar nicht auftreten kann. Aus diesem Grund erscheint es ineinem solchen Fall sinnvoll, trotz der Ringgestalt des Modellsystems, die ja nurdem Konzept der periodischen Randbedingungen eine anschauliche Interpretationgibt, auf die Phasenfaktoren zu verzichten. Wir werden daher im Folgenden denHubbard-Hamiltonian (2.17) nur um einen Zeeman-Term ergänzen (vgl. (2.60)),wenn für Ketten der Einfluss eines äußeren Magnetfeldes untersucht werden soll.

    31

  • 3 Der strong coupling-Grenzfall

    3.1 U−1-Entwicklung des Hubbard-Modells

    In einem physikalischen System, das durch das Hubbard-Modell (2.17) beschrie-ben wird, kann der Fall auftreten, dass die Coulomb-Abstoßung zwischen denElektronen gegenüber dem Energiebeitrag durch die Hopping-Parameter domi-niert. Der Grund dafür kann z.B. in reduzierten Abschirmungseffekten für dieCoulomb-Wechselwirkung oder einer verringerten Hopping-Wahrscheinlichkeit inFolge eines geringen Überlapps der Wellenfunktionen liegen. Ein geringer Überlappkann beispielsweise durch einen großen Abstand der Ionen oder ungünstige Winkelzwischen den Orbitalen zustande kommen (s. z.B. [GL05b], S. 34). Man bezeichnetden Grenzfall einer dominanten Coulomb-Abstoßung, der der Annahme U ≫|tij |für die Parameter des Hubbard-Modells entspricht, als strong coupling limit.

    Für die approximative Beschreibung des tiefliegenden Energiespektrums desHubbard-Modells (vgl. Abbildung 3.1) kann es in diesem Grenzfall zulässig sein,vom Eigenwertproblem für die on site-Wechselwirkung V

    ∼(2.20) auszugehen und

    den Hopping-Term T∼

    (2.19) als (kleine) Störung zu interpretieren, die dann mitMethoden der Störungsrechnung zu behandeln ist. Wie im Abschnitt 2.2 darge-stellt, sind die Eigenzustände von V

    ∼gerade die Wannier-Zustände und das Spek-

    trum besteht aus entarteten Niveaus mit Energien E ∈ {0, U, 2U, ..., LU}. Durchdie Störung T

    ∼spalten diese Niveaus auf und es bilden sich im Spektrum Blöcke, die

    aufgrund der Annahme U ≫|tij | weiterhin gut voneinander getrennt sein sollten(vgl. noch einmal Abbildung 3.1).

    Die Störungsrechnung zielt nun darauf ab, für den zur niedrigsten möglichenEnergie E = 0 gehörenden Eigenraum H0 des Operators V∼ die Aufspaltung derAusgangsniveaus näherungsweise zu beschreiben. Es soll ein effektiver Hamilton-Operator H

    ∼angegeben werden, der im strong coupling-Grenzfall im Unterraum

    H0, in dem der Grundzustand und die niedrigen Anregungen liegen werden, dasvolle Hubbard-Modell H

    ∼approximiert [MGY88]. Dieser effektive Hamiltonian kann

    als Entwicklung in den als hinreichend klein angenommenen Störungsparametern|tij |/U dargestellt werden [MGY88]. Man ist am Fall N ≤ L interessiert, da esnur dann Zustände ohne doppelt besetzte