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Irgendwann einmal habe ich in einem Buch über die Wipfeljagd in Nordschweden gelesen. Mit Schi und Büchse wurde dem Auerhahn und Birkhahn nachgestellt. Das war für mich die optimale Kombination: Zum Anpassen an die überlebensfeindliche Winterwildnis kam der Instinkt des Jägers hinzu. Mein Traum war es, in einer Winter- zauberlandschaft nach erfolgreicher Jagd meine Jagdbeute am Lagerfeuer zu braten. In der Natur von der Natur leben Extrem oder

Extrem oder - JWW · Schi belehrte er mich, dass man bei Tempe-raturen um die minus 30 Grad sehr vorsich-tig sein muss und ich langsam gehen sollte. Dabei gingen wir die ganze Zeit

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Page 1: Extrem oder - JWW · Schi belehrte er mich, dass man bei Tempe-raturen um die minus 30 Grad sehr vorsich-tig sein muss und ich langsam gehen sollte. Dabei gingen wir die ganze Zeit

Irgendwann einmal habe ich in einem Buch

über die Wipfeljagd in Nordschweden

gelesen. Mit Schi und Büchse wurde dem

Auerhahn und Birkhahn nachgestellt.

Das war für mich die optimale Kombination:

Zum Anpassen an die überlebensfeindliche

Winterwildnis kam der Instinkt des Jägers

hinzu. Mein Traum war es, in einer Winter-

zauberlandschaft nach erfolgreicher Jagd

meine Jagdbeute am Lagerfeuer zu braten.

In der Natur von der Natur leben

Extrem oder

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Fotos: Dr. Alexander von Niessen (o) / Sven-Gunnar Bergström

komfortabelWipfeljagd in Schweden

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Dr. Alexander von Niessen

Die erste Winterjagdreise führtemich zur Studienzeit zusammenmit zwei Freunden nach Norwe-

gen. Aus Kostengründen jagten wir auf ei-gene Faust ohne Jagdführer von unseremZeltlager aus mit der Flinte auf Schneehüh-ner. Um es vorwegzunehmen: Die mühsamim Rucksack durch den Tiefschnee transpor-tierte „Tütennahrung“ blieb unsere einzigeVerpflegung. Das Naturerlebnis war herrlich– das Jagen erfolglos. Die Schneehühnerließen uns niemals auf Schussentfernungheran oder blieben im Schnee verborgen.Sehnsüchtig schauten wir unserem davonfliegenden Abendessen hinterher.

Der Erkenntnisgewinn: Auf ein Zeltwürden wir bei der kommenden Reise ausGewichtsgründen verzichten. Auch wollteich beim nächsten Mal meine morgens steifgefrorenen Lederschischuhe nicht mehr miteinem Teelicht auftauen müssen. Beimnächsten Mal würde ich Schischuhe mit In-nenschuh besitzen, die ich im Schlafsack an-gezogen lassen werde. Vor allem aber muss-te bei der nächsten Tour ein Jagdführer her!

Mein erster Birkhahn

Leider war es sehr schwierig, einen verrück-ten Jagdführer zu finden, der Wipfeljagd mit„Wintercamping“ als richtige Wildnisjagd

kombinieren wollte: Entsetztes Schweigenam anderen Ende der Telefonleitung. AlsKompromiss akzeptierten mein FreundMarkus und ich die Übernachtung in einerHütte. Weitere Aktivitäten könnten wir aufeiner zweiten Reise unternehmen, nachdemwir diese Jagdart besser kennen gelernt hat-ten.

Im winterlichen Nordschweden ange-kommen, waren wir erfreut von der schönenHütte mit Sauna (wenn schon eine Hütte,dann wenigstens eine schöne!) und entsetztvon dem physischen Zustand unseres Jagd-führers. Gleich am ersten Pirschgang aufSchi belehrte er mich, dass man bei Tempe-

raturen um die minus 30 Grad sehr vorsich-tig sein muss und ich langsam gehen sollte.Dabei gingen wir die ganze Zeit auf einemebenen Holzrückeweg! Mein Freund undich waren sehr verärgert. Unsere Anforde-rungen an eine sportliche und herausfor-dernde Jagd konnte dieser Mann sichernicht erfüllen. Wegen bloßem „Beute ma-chen“ waren wir nicht gekommen.

Zu unserem großen Glück lernten wirEmil kennen: jung, fit und sehr nett. Er warin der Verzweiflung des ursprünglichen Out-fitters als Aushilfsjagdführer engagiert wor-den. Mit Emil Niklasson teilten wir sofort al-les, was für uns die Jagd ausmacht. Ein rich-tiger Naturbursche. Mein Freund und ich

beschlossen, uns einfach abzuwechseln. Je-den Tag fuhren wir abwechselnd mit demSchneemobil mit Emil zur Jagd. So kam ichzu meinem ersten Birkhahn.

Früh morgens stieg ich hinter Emil aufden Anhängerschlitten des Schneemobils.Ich hasse diese Dinger, bei denen der Bei-fahrer immer alle Äste, die der Fahrer ele-gant durch den Windschutz des Schneemo-bils ableitet, in das Gesicht bekommt. Ganzzu schweigen von den Baumstämmen, dieirgendwie im dichten Wald immer den Wegzu meinem Knie finden. Das Fahren warschwierig. Der meterhohe Pulverschnee ver-deckte den Untergrund. Immer wieder kipp-

20 Fotos: Dr. Alexander von Niessen JAGEN WELTWEIT 5/2005

JAGEN IN SCHWEDEN

SCHWEDISCH LAPPLAND IM WINTER:

MORGENRÖTE ALS VORBOTE EINES

WETTERUMSCHWUNGS UND KALTE

TAGE MIT KALTEM, BLAUEM LICHT.

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te das Schneemobil um, und wir fielen la-chend im hohen Bogen in den Schnee. Ein-mal wieder wühlten wir uns nach einem„Schneemobilsturz“ aus dem Schnee empor.Der Anblick des schräg stehenden Schnee-mobils ließ mir den Atem stocken. Warumkippte es nicht ganz um? Zu meinem Ent-setzen sah ich, dass das Schneemobil nurvon meinem Gewehrschaft gehalten wurde,der sich an eine Kiefer drückte. Mit demLauf steckte die Waffe am Sitz des Schnee-mobils und hielt das Schneemobil inSchräglage. Mit einem Holzschaft wäre dieJagd wohl beendet gewesen.

Nach einer weiteren Höllenfahrt kamenwir am Anfangspunkt unseres heutigen

21Fotos: Michael Migos / Hansgeorg Arndt / Jürgen Schiersmann

EIN OBJEKT UNSERER BEGIERDE:

BIRKWILD. DIE ROTEN BALZROSEN

SIND ABER ERST IM FRÜHJAHR

AUSGEPRÄGT. ZU DEN JAGDZEITEN DER

WIPFELJAGD IM SPÄTHERBST UND

WINTER SIND SIE EHER UNSCHEINBAR.

LINKS DAS GELÄUF VON BIRKWILD.

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Pirschganges an. Wir schnallten unsere Schian und los ging es. Hügelauf und hügelabglitten wir durch den Winterwald.

Die Auerhähne sitzen im Januar mor-gens und abends auf den Wipfeln der Kie-fern. Vorausgesetzt es ist nicht zu kalt. Tem-peraturen von minus 15 bis 20 Grad sind op-timal, und es sollte viel Schnee auf denÄsten der Bäume liegen. Ist dies nicht derFall, sitzt der Urhahn wie die Henne auchlieber in der Mitte der Bäume im Geäst oderin seiner Schneehöhle unter der Schnee-decke und ist so gut wie gar nicht zu ent-decken.

Der Birkhahn sitzt am liebsten in denersten beiden Morgenstunden zum Äsen inden Wipfeln der Birken. Optimal sindSumpfflächen. Hier hat man weite Sicht undein gutes Schussfeld. Näher als 100 Meterkommt man aber selten an die Raufußhüh-

ner heran. In meiner Waffe führe ich das Ka-liber .308 Win mit Vollmantelmunition. Ide-al sind .222 Remington mit Vollmantelge-schossen oder, falls auch nebenbei aufElchkälber gejagt werden soll, die 6,5x55, fürdie es auch eine spezielle „Topjakt“-Voll-mantellaborierung gibt.

Topjakt ist der schwedische Begriff fürdie Wipfeljagd, bei der man ausschließlichden in den Wipfeln der Bäume sitzendenAuer- und Birkhahn mit der Kugel bejagt.Der Schuss mit der Kugel in den Himmel

kostet den deutschen Jäger anfangs einigesan Überwindung. Für den schwedischen Jä-ger ist diese Jagdart eine Tradition und inder menschleeren Wildnis auch völlig un-problematisch.

Es war kaum zu glauben: JagdführerEmil stieg mit seinen Holzschi scheinbarmühelos die Hügel und kleinen Berge hin-auf. Zuvor hatte ich mich über diese Holz-latten lustig gemacht. In den Alpen dienendiese Schi nur noch als Wandverzierung fürdie Almhütte! Meine alpinen Telemarkschi

machten es mir sehr schwer. Die Steigfälleklebten nach zweimaligem Auf- und Abzie-hen nicht mehr. Und wachsen mit Steig-wachs versagt bei diesen Temperaturen undPulverschnee völlig. Während Emil lockerstapfend die Höhen erstieg, quälte ich michim „Fischgrätschritt“ hinterher. Immer wie-der verfingen sich meine Schi während desHochsteigens rechts und links im Geäst.

Vorsichtig näherten wir uns dem Gipfel.Wir knieten uns nieder und glasten dieBaumwipfel der Umgebung ab. Leiderkonnten wir aber keinen Hahn erblicken.Egal, dachte ich mir und schaute begeistertauf den Tiefschneehang unter mir. In engenTelemarkschwüngen fuhr ich durch dentraumhaften Pulverschnee hangabwärts anEmil vorbei. Jetzt rächen sich diese Holz-Museum-Schi dachte ich und genoss die Ab-fahrt. Herrlich: Jagen und Tiefschneefahren!Im Tal angekommen, drehte ich mich um.Wo war Emil? Den habe ich wohl mit seinenMuseumslatten abgehängt, dachte ich mir.

Weit hinter mir stand er auf einem Hü-gel und winkte. Ich hätte auf halben Wegrechts abbiegen müssen! Fluchend stieg ichwieder im Fischgrätschritt auf und verab-schiedete mich von meinem Traum des alpi-nen Schifahrens und Jagens.

Weiter ging es durch den Zauberwald.

22 Fotos: Dr. Alexander von Niessen JAGEN WELTWEIT 5/2005

JAGEN IN SCHWEDEN

SEHR NIEDRIG STEHT DIE WINTER-

SONNE ÜBER DEN BÄUMEN.

AUF SCHI GLEITEN WIR DURCH DEN

„MÄRCHENWALD“

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Plötzlich sahen wir links von uns Birkwild inden Wipfeln. „Schieß schnell! Ganz links istder Hahn!“ Ich nahm meinen Rucksack vonden Schultern und ließ mich in den Schneefallen. Noch ein kurzer Blick über das Ziel-fernrohr. 150 Meter? Ich ging in Anschlag.Das Fadenkreuz erfasste den linken Hahn.Zu spät! Die Vögel strichen ab. Ohne jegli-che Deckung unsererseits hatten uns dieRaufußhühner eräugt.

Stundenlang ging es auf und ab. Dermetertiefe Pulverschnee schluckte jedesGeräusch. Man hörte nur bei jedem Schrittdas leise Knirschen des Schnees. Die tiefstehende Sonne erreicht im Januar nur zurMittagszeit die Höhe der Baumkronen.Trotzdem tauchte sie den Winterwald bei

23Fotos: Michael Breuer / Dr. Alexander von Niessen / Michael Migos

DIE FÄHRTE EINES AUERHAHNS: DIE

SCHWINGENSPITZEN SCHLEIFEN IM

SCHNEE.

HAT MAN SICH DEM WILD SO WEIT

GENÄHERT, IST DIE BEUTE IM

WIPFEL EIGENTLICH SICHER (O).

EIN AUERHAHN AM BODEN. DIE BALZ-

STIFTE VERHINDERN, DASS ER IM

SCHNEE EINSINKT. DIE STIFTFÖRMIGEN

HORNLAMELLEN STEHEN IN KEINEM

ZUSAMMENHANG MIT DER BALZ.

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wolkenlosem Himmel in ein strahlendesGlitzermeer.

Da erblickten wir durch eine Lücke imBewuchs Birkwild. „Der erste Vogel im vor-deren Wipfel ist ein Hahn.“ Vorsichtigschnallte ich die Schi ab. Sofort versank ichbis zu den Oberschenkeln im Pulverschnee.Mühsam arbeitete ich mich näher in Rich-tung der Lücke im Geäst vor. Nur noch einpaar Meter, dann war ich an der kleinen Bo-denerhebung...

Von dieser Position konnte ich nichtschießen. Der Kleine Hahn war vielleichtnoch 150 Meter von mir entfernt. Mein Herzraste. Wie ein Maulwurf wühlte ich michdurch den Schnee. Hätte ich doch die Schiangelassen! Nur noch ein paar Meter zu derkleinen Höhe. In Zeitlupe schob ich mitgrößter Anstrengung meinen weiß getarntenRucksack als Gewehrauflage auf den kleinenHügel. Immer wieder rutschte ich zurück, dameine Füße keinen Halt im Schnee fanden.

Endlich war es geschafft. Das Absehentanzte. Die Auflage war perfekt, ein 150-Me-ter-Schuss kein Problem, aber mein Pulsschlug durch das Waten im oberschenkeltie-fen Schnee derart, dass mein Herzschlag je-den Schuss unmöglich machte. Nervös rech-nete ich jeden Moment mit dem Abstrei-chen oder Überstellen der Raufußhühner.

Schnell boxte ich mir in meiner Brustge-gend eine kleine Mulde in den Schnee. Jetztging es. Das Absehen hüpfte nicht mehr beijedem Herzschlag. Ich visierte den tödlichenFleck des Kleinen Hahns an. Auch mit der.308 Winchester muss man mit Vollmantel-munition sauber treffen. Den todkrank ab-

streichenden Hahn würde man in diesemSchnee niemals wiederfinden. Der Schussbrach mit einem durch den Pulverschneedumpfen, leisen Knall, und der Birkhahnfiel wie ein Stein senkrecht vom Baum her-unter.

Überglücklich wühlte ich mich zurück zumeinen Schi. Schnell waren sie wieder an-geschnallt und wir glitten zum Anschuss.Zielstrebig behielt ich den Wipfel der Birkeim Auge, von dem der Hahn gefallen war.Wir zwängten uns durch das Geäst einerFichte und standen plötzlich vor einem

reißenden, vereisten und überschneitenFluss. Emil hatte gehofft, dass der Hahn vordem Fluss zu Boden gegangen war. Etwasskeptisch schaute ich auf das reißende Was-ser, dass zwischen einzelnen Löchern etwa1,50 Meter gurgelnd unter der Schneedeckevorbeischoss. Egal! Vorsichtig glitten wir oh-ne Probleme an das andere Ufer. Glücklichhielt ich meinen ersten Kleinen Hahn in denHänden.

Winterjagd extrem

Am Ende dieser Reise war es klar. In Emilhatte ich den perfekten Jagdführer für meinenWinterjagdtraum gefunden. Der Gedankean das Übernachten im Freien konnte ihn

24 Fotos: Dr. Alexander von Niessen JAGEN WELTWEIT 5/2005

JAGEN IN SCHWEDEN

ES IST BEUTE GEMACHT. IN SCHWEDEN

GILT DAS WILDBRET VOM AUERWILD

ALS VOLKSNAHRUNGSMITTEL.

ES GIBT SOGAR AUERWILDPIZZA.

GUT GETARNT IN SCHUSSPOSITION.

018_029_Schweden_JWW_05 10.10.2005 13:06 Uhr Seite 8 Udo Neue_Datenbanken:jww:JWW_05_2005:018_029_Schweden_JWW_05: Udo Neue_

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nicht schocken. In seinem insgesamt 12500Hektar großen Jagdrevier in Nordschwedenin der Nähe von Åsele würden wir sicher ei-ne sehr sportliche Jagd erleben können. In-sofern war nun alles klar für eine etwas zünf-tigere Wipfeljagd. Im nächsten Januar reisteich diesmal alleine und mit kompletter Aus-rüstung für das Übernachten im Freien an.Nach kurzer „Eingewöhnungszeit“ brachtenwir unser Gepäck zum Ausgangspunkt un-serer Tour. Anders als bei meiner ersten undselbst organisierten Reise nach Norwegenwürden wir dieses Mal etwas einfacher zuunserem Basislager kommen. Wir würdennicht alles im Rucksack tragen, sondern dasSchneemobil benutzen.

Nach dem üblichen Höllenritt durchWälder und über zugefrorene Sümpfe ent-deckten wir nach einiger Fahrt einen dichtenBirkenwald. Mit vereinten Kräften wurdeunser Gefährt samt Ausrüstung in demWäldchen verstaut. Schnell waren Schaufelund Axt zur Hand, und wir erstellten unsunser Heim für die nächsten Tage.

Wir gruben ein nicht zu tiefes Loch inden Schnee, bauten ein luftiges Dach ausÄsten und polsterten mit Zweigen den Bo-den aus. Dieses Gebilde hielt zwar keineWärme, aber dafür verwandelte es sich auchnicht wie ein Iglu in eine Tropfsteinhöhleund schützt vor Neuschnee!

Der nächste Tag begann mit Feuerma-chen, Schneeschmelzen, Teekochen und ei-nem schnellen Frühstück. Wieder glitten wirdurch den Winterzauberwald. Für diese Rei-se hatte ich mir auch Holzschi angeschafftund konnte nun vergleichsweise mühelosdie Hügel ersteigen.

Nach einer Weile sahen wir ganze„Schwärme“ von Auerhähnen in den Bäu-men. Ich zählte bis zu acht große Vögel ineinem Baum, die sich dort völlig untypisch,ähnlich dem Birkwild, versammelt hatten.Wir versuchten, uns diesen zu nähern, je-doch ohne Erfolg. Von einer freien Flächeaus hat man häufig keine Chance. Der Hahneräugt den Jäger sofort. Nur der Hahn, dermit eingezogenem und entspanntem Stingel

dasitzt, hat den Jäger nicht erkannt. Sobaldder Hahn den Stingel reckt, hat er etwas ent-deckt, was ihn beunruhigt. Ein solcher Hahnkann in jedem Augenblick abreiten.

Über eine Sumpffläche hinweg sahenwir eine Stunde später Birkwild. Wiedereräugte uns das Wild, bevor wir auf Schuss-entfernung herangekommen waren. Weiterging es auf und ab.

Als wir durch ein Dickicht pirschten, er-kannten wir einen Auerhahn über eineSumpffläche hinweg in etwa 200 Meter Ent-fernung. Langsam glitt ich alleine weiter. Ichwollte näher heran, aber unbedingt imWaldrand in Deckung bleiben. Ich hatteschon so viele davonstreichende Hähne ge-sehen, diesen wollte ich haben. Ganz lang-sam nahm ich im Schutze eines Baumesmeinen Rucksack von den Schultern undließ mich mit den angeschnallten Schi vor-sichtig in die liegende Schussposition glei-ten.

Zu meinem Entsetzen sah ich den em-porgereckten Stingel des Hahns. Nein, jetzt

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nur den Schuss in der Hektik nicht ver-reißen. Wenn es nicht dieser Hahn wird,dann wird es der nächste, sagte ich mir undversuchte, Ruhe zu bewahren. Langsamschaufelte ich mir einen kleinen Schneebergals Auflage für meine Ellenbogen zusam-men. Die Schussposition ist nicht optimal.Emils Laserentfernungsmesser zeigt 180Meter. Ich will den Schuss wagen. MeinenRepetierer habe ich mit der neuen Vollman-telmunition und meinem Zielfernrohr mitAbsehenschnellverstellung auf der Schieß-bahn bei meiner Ankunft in Schweden nocheinmal eingeschossen. Ich weiß genau wieviel Klicks auf 100 bis 300 Meter zu verstel-len sind, um bei bekannter Entfernung ge-nau zu treffen. Mein Absehen stand ruhig.Ich wagte es und sah den Hahn im Schusssenkrecht vom Wipfel der Kiefer fallen. AmAnschuss angekommen, war ich überglück-lich. Ein stattlicher Hahn.

WinterjagdkomfortabelIm darauf folgenden Jahr machten Jagd-freund Markus und ich zusammen mit Emileine ausgedehnte Kanutour, auf der wir aufBiber jagten und Hechte angelten. Es wareine sehr schöne und erfolgreiche Jagdreise,bei der wir die Kanus über weite Streckenüber das Eis ziehen mussten und am Flusssowie in ausgedehnten Auwäldern jagten.Abends am Lagerfeuer schmeckte dann derHecht und sogar der Biber sehr gut.

Auf dieser Jagdreise planten Emil undich unsere nächste Wintertour. Das nächsteMal wollten wir länger draußen übernachtenund wiederum auf diverse Ausrüstungsteilesowie auf das Schneemobil verzichten. Wirwürden uns einfach nur mit einer Isomattezwischen die Bäume legen. Unsere gutenSchlafsäcke würden uns trotzdem gemütlichschlafen lassen. Da waren wir sicher. Es kamaber alles ganz anders.

Im Flugzeug lerne ich Andi kennen, derkurz entschlossen auch eine Wipfeljagd beiEmil gebucht und tolle Jagdgeschichten ausNamibia, Tansania oder Schottland zu er-zählen hat. Emil holt uns am FlughafenUmea in Nordschweden ab. Am ersten Tagübernachten wir in Emils frisch renovierterJagdhütte, die er nun „Camp Lapponia“ ge-tauft hat. Beim Betreten der Jagdhütte binich begeistert. So eine gemütliche Hütte aushellen roh behauenen Stämmen habe ich

noch nicht gesehen. Drinnen lodert ingemütlicher Atmosphäre das Feuer, undman kann durch die Panoramascheibe aufden zugefrorenen See schauen. Am Seesteht ein holzbefeuerter Hotpot, aus demman angeblich bei minus 35 Grad gemütlichbadend das Polarlicht sehen kann.

Mir kommen erste Zweifel auf, ob ichwirklich die ganze Zeit mit Emil im Freienbleiben soll. Werde ich jetzt alt? Ich verste-he mich selbst nicht mehr. Ich beschließe,die ersten beiden Tage von der Hütte aus zujagen.

Am nächsten Tag begeben sich Emil undich nach einer zweistündigen Schiwande-rung auf eine Anhöhe, die ich aus meinemletzten Urlaub kenne. Auf dem Gipfel ange-kommen, glasen wir mit einem herrlichenAusblick die Umgebung ab. Auf 300 MeterEntfernung sprechen wir einen Auerhahn ineinem Wipfel an und beschließen, ihn in ei-nem großen Bogen anzugehen. Vorsichtigpirschen wir auf unseren Holzschi durch dendichten Wald. Wir haben eine ungefähreVorstellung von der Position des Hahnesund arbeiten uns langsam näher. Dann er-

gibt sich eine Lücke im Wald: Durch einschmales Loch im Geäst kann man denHahn sehen. Wir bemühen den Laserent-fernungsmesser erst gar nicht, es sind ganzklar 80 Meter und nicht mehr. Umständlichgehe ich halb stehend, halb kniend angestri-chen an einer Kiefer in Anschlag.

Ich schieße, der Hahn zeichnet undbleibt sitzen. Wir können unseren Augennicht trauen, und ich schieße noch mal. Wie-der ein Treffer mit deutlichem Zeichnen undder Hahn bleibt sitzen. Sehr seltsam. Nachden Schüssen holt Emil den Entfernungs-messer heraus. Nun zeigt der Entfernungs-messer 160 Meter an! Wie sehr man sichdoch im dichten Kieferngestrüpp täuschenkann. Sofort überkommt mich ein sehrschlechtes Gefühl. Wenn man einen Hahnnicht richtig trifft, dann streicht er sofort ab.

26 Foto: Jürgen Schiersmann JAGEN WELTWEIT 5/2005

JAGEN IN SCHWEDEN

DIE JAGD AUF DIE WEISSEN

SCHNEEHÜHNER IST NICHT EINFACH.

ERSTENS SIND SIE HERVORRAGEND

GETARNT, ZWEITENS FLÜCHTEN SIE VOR

DEM JÄGER BERGAUF. UND DANN

KOMMT MAN SCHNELL INS SCHWITZEN.

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Ein Verhalten wie dieses gibt es eigentlichnicht. Ich wäge ab und entschließe mich,nochmals zu schießen, auch wenn die Tro-phäe leiden sollte. Keinesfalls möchte ich et-was riskieren und dem Vogel unnötige Lei-den bereiten. Ich schieße nochmals und se-he wieder dieses seltsame Zeichnen.

Jetzt reicht es aber! Wir gehen zum An-schuss. Dieser Auerhahn sitzt immer nochwie versteinert im Wipfel der Kiefer. „Pan-zerhahn“, sagt Emil. Der Hahn muss veren-det sein, da sind wir sicher. Nach einigemSuchen finden wir ihn im Wipfel einer star-ken Kiefer: Der Kopf des Hahns stützt sichauf einen Ast und erklärt das Verhalten des„schussharten“ Hahnes. So positioniert siehter völlig unversehrt aus, ist aber sicherlichschon im ersten Schuss verendet.

Wie bekommen wir ihn herunter? Wirwerfen Stöcke und versuchen scherzhaft dendicken Stamm zu schütteln. Nichts hilft. Ichschlage vor, ein Seil mit einem Wurfgewichtzu holen und es am nächsten Tag damit zuversuchen. Emil ist allerdings davon über-zeugt, dass bis Morgen der Adler oder dieRaben uns zuvorkommen werden.

Emil klettert, für mich mit seinen Schi-schuhen reichlich schmerzhaft, auf meinenSchultern auf den Baum und schießt mit sei-ner Flinte auf einen Ast. Kein Erfolg. Wirwerfen weitere Stöcke. Ich lege mich auf denRücken und schieße zweimal in den klei-nen, den Hahn haltenden Ast. Auch dies er-bringt keinen Erfolg. Wir wissen unsschließlich nicht besser zu helfen und Emilschießt den Hahn mit der Flinte aus seinerAstgabel heraus. Schade, es ist ein schöneralter Hahn, aber leider ziemlich zerrupft. Erwird sicherlich in Milch eingelegt etwas vonseiner Zähigkeit verlieren und gut schme-cken.

Am Abend in der Hütte angekommen,ist es urgemütlich und mit Andi, seinemJagdführer Jimmy und Emil sehr lustig. An-

di hatte zwar viele Raufußhühner in An-blick, ist aber bislang leider nicht zu Schussauf das scheue Wild gekommen. Der Abendist so nett, dass ich beschließe noch „Zivili-sationstage“ dranzuhängen. Andi hält Emilund mich sowieso für komplett „verrückt“,bei diesen Temperaturen draußen zu blei-ben. Auf diese Weise vergehen weitere schö-ne, lustige und erfolgreiche Jagdtage, in de-nen auch Andi zwei Urhähne und einenBirkhahn schießt.

Schneehuhnjagd

Am nächsten Tag fahren wir in die Berge zurSchneehuhnjagd. Wir verlassen das bewal-dete Hügelland und es geht ein paar Stun-den mit dem Auto Richtung Nordwesten.Unterwegs besorgen wir noch einenGepäckschlitten (Pulka) und kommen in derDämmerung an unserem Ziel in den Bergenan. Wir bepacken den Schlitten mit unseremGepäck und legen auf dem Weg zu EmilsJagdhütte noch einen guten Kilometer aufSchi zurück.

27Fotos: Dr. Alexander von Niessen

BEI DER JAGD AUF SCHNEEHÜHNER

SCHREIBT DAS GESETZ .22 LFB. UND

.22WMR VOR. DA MUSS MAN SCHON

HERAN AN DAS BEGEHRTE WILD.

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JAGDZEITEN UND JAGDTIPPS

Wipfeljagd auf Auerhahn und BirkhahnJagdzeit ist vom 16. Novemberbis 20. Dezember und vom 1. bis31. Januar. Voraussetzung für dieWipfeljagd ist eine geschlosseneSchneedecke und verschneiteBäume, die den Auer- oder Birk-hahn zum Aufbaumen in die Wip-fel zwingt. In der ersten Dezem-berwoche ist die Jagd ideal. Es istnoch nicht zu kalt, und die Hah-nen bleiben länger in den Wipfeln.Im Januar ist es zum Teil so kalt,dass die Hahnen es nur kurz inden Wipfeln aushalten, was aberbei entsprechender Kondition desJägers den Jagderfolg nichtschmälert. Bei zu großer Kälteund schlechtem Wetter sitzen derGroße und der Kleine Hahn unterder geschlossenen Schneedeckein ihren Schneehöhlen.

Nur wenn die Schneedecke insolch einer Witterung verharschtist, suchen sie am Fuß eines Bau-mes Deckung. Aus diesem Grundkann es auch vorkommen, dassdie Raufußhühner beim sichnähernden Jäger plötzlich ohneVorwarnung in größerer Zahl auseiner makellosen Schneeflächeemporschießen und in einigemAbstand in den Wipfeln aufbau-men, von wo aus sie wieder gutzu bejagen sind. Im Januar kanndie Jagd auf Auer-und Birkhahnim Hügelland mit der Schnee-huhnjagd im Gebirge sowie mitEisangeln kombiniert werden.

Die Jagd auf Elchkalb ist imJanuar ebenso möglich, aber auf-grund der großen Flächen undgeringer Wilddichte sehr schwie-rig. Man muss hierzu auf eine fri-sche Fährte von Elchtier und Elch-kalb stoßen und diese ausgehen.

Herbstjagd auf Auerhahn und Birkhahn und weitereWildartenNeben der Winterjagd könnenauch im Herbst vom 15. Oktober

Diese Hütte ist trotz Berg- und Seepan-oramablick nicht mit der exklusiven Hütteim tieferen Hügelland zu vergleichen, abertraumhaft gelegen. Schnell ist ein Feuer imKamin angefacht. Nachdem wir ein paarLöcher zum Eisangeln in das meterdicke Eisgebohrt und die Köder ausgelegt haben, ma-chen wir es uns bei einem Grog gemütlich.

Wir verlassen am folgenden Tag um fünfUhr unsere Hütte und laufen mit unserenSchi in der Dunkelheit über den zugefrore-nen See zum Auto und fahren weiter in dieBerge hinein. Danach steigen wir mit unse-ren Ski zwei Stunden auf einem schmalenPfad im Dämmerlicht dem Berggipfel mitseiner hügeligen Hochebene entgegen. Esist ziemlich beschwerlich: Immer wieder rut-schen die Schi zurück.

Wir verlassen die bewaldete Zone undfinden uns in einer völlig anderen Land-schaft wieder. Oben angekommen genießenwir die herrliche Aussicht. Tief unten im Talsehen wir endlose Wälder bis zum Horizont.Nur ab und zu wird der Wald von zugefro-renen Seeflächen unterbrochen, an denenvereinzelt Jagd- und Ferienhütten stehen.

Sofort sehen wir zahlreiche Schneehüh-ner, die uns eräugt haben und davon strei-chen. Hier oben gibt es zwei verschiedeneArten Schneehühner: Das Alpenschnee-huhn und das nordische Schneehuhn. Mitetwas Glück kann man beide Arten erlegen.

Von nun an geht es bergauf, bergab. DieSchneehühner sind sehr scheu. Wenn mandie Hühner bergab angeht, ergreifen sie so-fort abstreichend die Flucht. Man muss siedaher von unten angehen. Dann bleiben siezwar meist auch nicht auf der Stelle und hof-fen auf ihre hervorragende Tarnung, son-dern flüchten dann „als Infanteristen“ berg-auf.

Gejagt wird mit der .22 lfB. Sobald dieHühner bergauf vor dem Jäger flüchten wol-len, muss man in einem „Endspurt“ aufSchussdistanz kommen. Leider gelingt diesnur sehr schwer. Die Hühner sind schnell. Indem Moment, in dem man sich liegend inAnschlag begibt, sind die Schneehühnerschon häufig wieder außerhalb der Schuss-weite.

Plötzlich sehe ich vor mir ein sichdrückendes Schneehuhn. Anscheinend ver-traut dieses Exemplar nur auf seine Tar-nung! Schnell, bevor es auch wieder auf unddavon ist, nehme ich die geliehene .22 lfBBüchse von der Schulter und erlege dasSchneehuhn.

Auf ähnliche Weise geht der Tag weiter.Die Schneehühner streichen entwederschon auf weite Entfernung ab oder „ren-nen“ hochflüchtig bergauf vor uns davon.Wir spurten dann auf unseren Schi hinter-her, lassen uns in Schussdistanz fallen undversuchen, bei dem starken Wind mit der .22lfB einen Schuss anzubringen. Nicht ein-fach. Am Ende des Tages haben wir zu zweitimmerhin sechs Schneehühner gestreckt.Andi und sein Jagdführer Jimmy habenzwei Schneehühner erlegt.

Am Tag darauf fahren wir wieder nachÅsele zurück und genießen noch einige er-folgreiche und schöne Jagdtage im Hügel-land. Wieder einmal ist eine unvergesslicheJagd zu Ende gegangen. Ich freue mich jetztschon auf das nächste Mal!

28 JAGEN WELTWEIT 5/2005

BEI DER WINTERJAGD IM JANUAR

KÖNNEN AUCH ELCHKÄLBER BEJAGT

WERDEN. DAS MUSS BEI DER WAHL

DER WAFFE ABER BERÜCKSICHTIGT

WERDEN.

Foto: Dr. Alexander von Niessen

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Page 12: Extrem oder - JWW · Schi belehrte er mich, dass man bei Tempe-raturen um die minus 30 Grad sehr vorsich-tig sein muss und ich langsam gehen sollte. Dabei gingen wir die ganze Zeit

bis 15. November Auer-und Birk-hahn bejagt werden. Bei derHerbstjagd wird die Scheinbalzdes Birkhahns zum Ansitz an denBalzplätzen genutzt.

Der Auerhahn wird vom finni-schen Spitz auf dem Baum ver-bellt, was dem gut getarnten Jä-ger die Möglichkeit des Anpir-schens bietet. Ebenso könnenmit der Lockpfeife der Haselhahnund mit dem Vorstehhund dasSchneehuhn sowie auf der Ge-meinschaftsjagd der Elch bejagtwerden.

KaliberFür die Jagd auf Raufußhühner istdas Kaliber .222 Rem. mit Voll-mantelmunition ideal. Ebensoweit verbreitet sind die Kaliber.308 Win. und 6,5x55, wobei dieletzten beiden Kaliber mit Teil-mantelmunition auch die Jagd aufElchkalb ermöglichen. Geschos-sen wird auf Entfernungen zwi-schen 100 und 150 Meter, oftauch darüber. Der Jäger muss inder Lage sein, auf diese Entfer-nungen den im Durchmesser et-wa vier Zentimeter großen „töd-lichen Fleck“ des Auerhahns(Spiegel) oder Birkhahns zu tref-fen.

Da Stürze im Tiefschnee oftnicht zu vermeiden sind, sollte derLauf stets mit Klebeband ver-schlossen sein. Der Treffpunkt derWaffe verändert sich hierdurchnicht. Die Büchse sollte robustsein. Sehr häufig fällt Schnee aufdas System und wird dann in dieWaffe hineinrepetiert. In der Folgewird Schnee in den Stoßbodendes Verschlusses gepresst, waszur Folge hat, dass keine Hülsenmehr ausgezogen werden kön-nen. Hier gilt es bei traditionellenSystemen besonders aufmerk-sam zu sein.

Für die Jagd auf Schneehuhnim Gebirge sind aus gesetzlichenGründen nur Kaliber wie .22 lfboder maximal .22 WMR zulässig.Der Schrotschuss ist im Winter imGegensatz zur Sommer- undHerbstjagd auf das Schneehuhn

nicht optimal, weil die Fluchtdis-tanz der Schneehühner im Winterzumeist über der Schrotschuss-entfernung liegt.

Ausrüstung für Jagd und BiwakDie Wipfeljagd ist körperlich sehrherausfordernd. Keinesfalls darfman sich zu warm anziehen undmuss Schwitzen in jedem Fall ver-meiden. Bewährt haben sich beiTemperaturen bis -25°C daherTelemark Schalenschischuhe

oder gut sitzende Winterstiefel mitherausnehmbaren Innenschuhen(z.B. Marke Kamik oder Baffin)sowie Gamaschen, die separatgetrocknet werden können undim Schlafsack über Nacht getra-gen werden.

Die übrige Kleidung sollte ausmoderner Funktionskleidung undkeinesfalls aus Baumwolle beste-hen: Schiunterwäsche, Fleece-weste und direkt darüber leichteGoretexbekleidung ohne Futter.Bei tieferen Temperaturen kannman je nach Bedarf eine weiteremöglichst dünne Schicht anle-gen. Am Kopf trage ich immer ei-ne Polyesterrollmütze. Geräuschezu vermeiden ist nicht wichtig,weil der Schnee die meisten ver-schluckt und sowieso die Gleit-bewegung der Schi das stärksteGeräusch produziert. Als Hand-schuhe haben sich ganz normaleweiße und eng anliegende Thin-sulate-Schihandschuhe bewährt,

29Foto: Gerhard Kalden

mit denen man auch ohneSchießfinger und Schießfinger-schlitz sehr gut schießen kann.

Desweiteren sollte ein Ruck-sack mit einer Thermojacke mitKunstfaserschlafsackfüllung so-wie eine Thermoskanne nebenden Waldläufergegenständen(Kompass, Feuerzeug, Axt, Topfusw.) mitgeführt werden.

Bei Daunenbekleidung be-steht trotz kleinem Packmaß im-mer die Gefahr, dass diese nasswird und nicht mehr wärmt. Für

Wildnistouren ist Daunenkleidungnicht geeignet. Vorteilhaft, aberkein Muss, ist Schneetarnklei-dung und ein Rucksacküberzug.

Für das Übernachten im Frei-en sollten zur Ausrüstung zusätz-lich ein zweites Paar Innenschuhe,Überhandschuhe, ein Schlafsackmit Komfortbereich bis minus 30Grad sowie eine zur Thermojackepassende Thermoüberhose, eineFleecesturmhaube und zwei guteIsomatten gehören.

Für Übernachtungen im Hü-gelland, bei denen man immerWindschutz unter den Zweigeneiner Fichte finden kann, ist diesauf jeden Fall ausreichend. EinZelt ist, außer im Gebirge, nichtnotwendig. Zur Not kann man dieThermojacke und –hose auch imSchlafsack anziehen und somitbei Temperaturen bis minus 35Grad schlafen.

Für den Jäger, der die Jagdkomfortabler wünscht, steht eine

JAGEN IN SCHWEDEN

sehr gut ausgestattete undgemütliche Jagdhütte mit Voll-pension zur Verfügung, von deraus die Jagd ebenfalls erfolgreichdurchgeführt werden kann.

Die für die Jagd optimalenHolzschi können vor Ort geliehenwerden. Da mit dieser Art derWildnisschi sowieso keine Ge-schwindigkeitsrekorde erzieltwerden können und der tiefe Pul-verschnee jeden Sturz abbremst,sind keine Vorkenntnisse im Schi-fahren nötig.

KostenHerbstjagd: 850 EUR Frühe Winterjagd: 850 EUR Winterjagd: 700 EUR

Im Preis enthalten sind:Ein Führer für zwei Jäger, wohnenmit Vollverpflegung, gesamterTransport mit Auto und Schnee-mobil, alle notwendigen Jagdge-nehmigungen, Einfuhrgenehmi-gung für Waffen, das Ausleihenvon Waffen, Versicherung.

Im Preis nicht enthalten sind:Flugreise Wohnort – VilhelminaFlughafen. Die Flugreise nachUmea oder Vilhelmina erfolgt injedem Fall mit einem Zwi-schenstopp in Stockholm, wo dieJagdwaffen zur Einreise angemel-det werden müssen.

Der Flug Deutschland-Stock-holm und Stockholm-Vilhelminakostet je nach Anbieter zwischen500 und 800 Euro.

Kombination mit Elchjagd:Zusätzlich 200 Euro pro Personund Tag, die Kombination mitBergschneehuhn-Jagd kostet zu-sätzlich 80 Euro pro Person undTag.

Trophäenabgaben:Auerhahn: 250 Euro Auerhenne: 150 Euro Birkhahn: 150 Euro Birkhenne: 100 EuroHaselhahn: 100 Euro Schneehuhn: 100 Euro

Dr. Alexander von Niessen

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