F Friedrich Wilhelm W Nietzsche N (1844 1900) - uni-ulm.de · kriegerisch.“ (Ecce homo) Was ist „unzeitgemäß“? Prof. Dr. Renate Breuninger ⃒Sommersemester 2017 ⃒Einführung

Friedrich

Wilhelm

Nietzsche

(1844 – 1900)

2. Frühwerk und

Historienschrift Überblick

F

W

N

Prof. Dr. Renate Breuninger ⃒ Sommersemester 2017

• Autarker Bereich

• Gliederung des FWs

• Geprägt von Bewunderung großer Vorbilder,

Verehrung als Kennzeichen (Schopenhauer,

Wagner, Burckhardt)

• Einwände gegen das FW

Das Frühwerk in seiner

Gesamtheit der Werke

Prof. Dr. Renate Breuninger ⃒ Sommersemester 2017 ⃒ Einführung in die Philosophie – Nietzsche: Frühwerk

Der Ort des Frühwerks

Ort und Inhalt des Frühwerks:

• Der philosophische Charakter ist „unzeitgemäß“ und Zeitkritik.

• Geschichtskritik = Gegenwartskritik

Sachliche Intention:

1. Ns Eigenschaft als Altphilologe: Einsicht in den Pessimismus der Antike

2. Äußerung als Zeitgenosse gegen den Historismus

dadurch 2 Themen mit jeweils anderem Schwergewicht:

A Antike /Vergangenheit

B Gegenwart /Aktualität


1. Kritik am damals anerkannten Werten

= Abkehr von Zeitgeschehen

2. Nicht außer- und überzeitlich, bleibt auf Zeit

bezogen

3. Gefahr der eignen Zeit erkennen

4. „Die vier Unzeitgemäßen sind durchaus

kriegerisch.“ (Ecce homo)

Was ist „unzeitgemäß“?


1) Polemik gegen die Zeit:

„Unzeitgemäß ist auch diese Betrachtung, weil ich etwas,

worauf die Zeit mit Recht stolz ist, ihre historische Bildung

erst einmal als Schaden, Geberste und Mangel der Zeit zu

verstehen versuche, weil ich sogar glaube, dass wir alle an

einem verzehrenden historischen Fieber leiden, und

mindestens erkennen sollten, dass wir daran leiden.“

(I, 246)

„Unzeitgemäß“ in der Historienschrift


2) Woher Maßstab nehmen?

Aus der Kenntnis der Antike

„ (...) und, dass ich nur, sofern ich Zögling älterer Zeiten,

zumal der griechischen, bin, über mich als ein Kind dieser

jetzigen Zeit zu so unzeitgemäßen Erfahrungen komme.“

(I, 247)



3) zugunsten einer kommenden Zeit

****Vorwort in der HS;

Gegen die Zeit, auf die Zeit, zugunsten einer

kommenden Zeit

„Soviel muss ich mir aber selbst on Berufswegen als

klassischer Philologe zugestehen dürfen: denn ich wüsste

nicht, was die klassische Philologie in unserer Zeit für einen

Sinn hätte, wenn ich den in ihr unzeitgemäß – das heißt gegen

die Zeit und dadurch auf die Zeit und hoffentlich zugunsten

einer kommenden Zeit – zu wirken.“

(I, 247)



• Was soll Geschichte?

• Keine Kampfschrift gegen das Studium der

Geschichte

• Historie kontra Leben: Belehrung kontra Belebung

• Bezug der Theorie zur Praxis

„Übrigens ist mir alles verhasst, was mich bloß belehrt ohne meine Tätigkeit zu vermehren oder

unmittelbar zu beleben.“

Das sind Worte Goethes... über den Wert und Unwert der Historie. In derselben soll nämlich

dargestellt werden, warum Belehrung ohne Belebung, warum Wissen, bei dem die Tätigkeit

erschlafft, warum Historie als kostbarer Erkenntnis-Überfluss und Luxus uns ernstlich, nach

Goethes Worten verhasst sein muss – deshalb, weil es uns noch am Notwendigsten fehlt, und

weil das Überflüssige der Feind des Notwendigen ist.“

(I, 245)

Titel der zweiten unzeitgemäßen Betrachtung:

Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben


Maßstab ist der Leben

„Das heißt, wir brauchen sie (die Historie) zum Leben und zur

Tat, nicht zur bequemen Abkehr vom Leben und von der Tat,

oder arg zu Beschönigung des Selbstsüchtigen Lebens und

der feigen und schlechten Tat. Nur soweit die Historie dem

Leben dient wollen wir ihr dienen: Denn es gibt einen Grad,

Historie zu treiben, und eine Schätzung derselben, bei der

das Leben verkümmert und entartet: ein Phänomen, welches

an merkwürdigen Symptomen unserer Zeit sich zur Erfahrung

zu bringen jetzt ebenso notwendig ist, als es schmerzlich sein

mag.“(I, 245)

Titel der zweiten unzeitgemäßen Betrachtung:

Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben


1) Res gestae (= Taten)

2) Historia rerum gestarum (= Kunde)

1. Antike: Herodot (Geschichten) und Thukydides (Beginn der

kritischen Geschichtsschreibung)

2. Christentum als große Zäsur

3. 18. Jhd: Beginn der Geschichtsphilosophie. Voltaire- Niebuhr

Ranke

4. 19. Jhd: historische Forschung (historisch-kritische Methode)

5. Ns eigene Zeit: der Historismus

Was heißt Historie?


• Historismus: Was ist das?

= Sammlug = Archiv

= permanente Veränderung = nichts Bleibendes und

Verbindliches = Theorie von der durchgängigen

Relativiät

• Kritik am Historismus:

Zurichtung auf Wirkungsprinzip

„Folgenlose Erkenntnis und gleichgültige Wahrheit“

„objektive Fakten“

Was heißt Historismus?


Gliederung der HS

Thema ist Bewusstsein des Vergangenen im

Menschen

• Unhistorisch – das Kind – Erinnerung -

Gedächtnis

• Überhistorisch – Plastische Kraft als Mittelbegriff,

der Horizont

• Was ist notwendig zum Handeln?


Die 3 Arten des wissenschaftlichen

Bewusstseins und ihr Zusammenhang

1. die monumentalische Geschichtsbetrachtung

2. die antiquarische Geschichtsbetrachtung

3. die kritische Geschichtsbetrachtung

• Zusammenhang der 3 Arten der positiven

Geschichtsschreibung - Begriff des Maßes


Wissenschaftskritik

Dadurch:

„dass die Wissenschaft durch die Forderung, dass die

Historie Wissenschaft sein soll“ (...) habe sich die

Konstellation von Leben und Historie von Grund auf

verändert. (HS 127)

• Historisierung = Theoretisierung = Neutralisierung

• „Objektivität

• Unbehaustsein des Menschen


Kulturkritik

Riss zwischen Innen und Außen:

“Unsere Zeit ist gekennzeichnet durch den

Merkwürdigen Gegensatz eines Inneren, dem kein

Äußeres, eines äußeren, dem kein Inneres entspricht,

einen Gegensatz, den die alten Völker nicht kennen“

• Außen = Verkleidung

• Keine Tiefe mehr

• Wir sind Schauspieler


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