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MANAGEMENT 22 7-2015 Ehrlich währt länger Ist Compliance nur ein Thema für Konzerne? Nein. Auch kleine Unternehmen sichern durch Einhalten von Vorschriften ihre Existenz und grenzen sich im Wettbewerb ab. Noch vor einigen Jahren dachte man beim Stichwort „Compliance“ an große, internationale Unternehmen. Inzwi- schen ist das Thema auch im Mittelstand angekommen, der sich professionell da- mit auseinandersetzt und dies auch muss. Denn ethisch und juristisch kor- rektes Verhalten ist wichtig für den wirt- schaftlichen Erfolg. Es gilt mehr denn je die Sorgfalt eines ordentlichen Kauf- mannes zu wahren – im eigenen Unter- nehmen, aber auch bei der Zusammen- arbeit mit Geschäftspartnern. Und dies betrifft auch die Möbellogistik-Branche. ZIEL: KONSEQUENZEN VERHINDERN Vielen Unternehmern ist die Bedeutung des neudeutschen Begriffs „Compli- ance“ unklar. Gemeint ist die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien, aber auch von Verträgen oder Regelungen, zu de- nen sich ein Unternehmen selbst ver- pflichtet hat. Dies durch geeignete Maß- nahmen sicherzustellen, ist Aufgabe der Geschäftsleitung. Sie kann und darf sich also nicht zurücklehnen und hoffen, dass alles richtig läuft. Vielmehr muss sie durch aktives Compliance-Management dafür Sorge tragen, dass Mitarbeiter Vor- schriften und Gesetze kennen und ein- halten. Hierzu zählt auch die Kommuni- kation von Regeln und die Schulung der Mitarbeiter, damit jeder weiß, wie er oder sie sich in kritischen Situationen verhalten muss. Ziel von Compliance ist es somit, negative Konsequenzen für Mitarbeiter, Geschäftsführung und Un- ternehmen zu verhindern. Ein Compliance-Verstoß hat für ein Un- ternehmen, neben Rechtsberatungskos- ten, oft weitere Folgen. Dies können empfindliche Geldbußen oder Scha- densersatzforderungen von Kunden und Wettbewerbern sein. Verträge können unwirksam werden, wenn sie auf illegale Weise zustande gekommen sind – und auch der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen ist möglich. Darüber hinaus droht ein meist erheblicher Image-Schaden, der mit dem Verlust von Aufträgen und Kunden einhergehen kann. Auch Mitarbeiter haben bei Compliance- Verstößen mit gravierenden Folgen zu rechnen, insbesondere wenn sie im Vor- feld nachweislich geschult wurden. Ihnen Compliance ist zu allererst Sache der Geschäftsleitung Bestechung von Entscheidern bei Kunden und Behörden: für ein Unternehmen ein enormes Risiko Foto: Alexander Raths /fotolia.com

Fachartikel: „Ehrlich währt länger“ - Compliance in der Möbellogistik

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Erschienen in MöbelLogistik Das Magazin für Umzugsspedition, Neumöbellogistik und Handling sensibler Güter - 7/2015

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Page 1: Fachartikel: „Ehrlich währt länger“ - Compliance in der Möbellogistik

MANAGEMENT

22 7-2015

Ehrlich währt längerIst Compliance nur ein Thema für Konzerne? Nein. Auch kleine Unternehmen sichern durch Einhalten von Vorschriften ihre Existenz und grenzen sich im Wettbewerb ab.

Noch vor einigen Jahren dachte man beim Stichwort „Compliance“ an große, internationale Unternehmen. Inzwi-schen ist das Thema auch im Mittelstand angekommen, der sich professionell da-mit auseinandersetzt und dies auch muss. Denn ethisch und juristisch kor-rektes Verhalten ist wichtig für den wirt-schaftlichen Erfolg. Es gilt mehr denn je die Sorgfalt eines ordentlichen Kauf-mannes zu wahren – im eigenen Unter-nehmen, aber auch bei der Zusammen-arbeit mit Geschäftspartnern. Und dies betrifft auch die Möbellogistik-Branche.

ZIEL: KONSEQUENZEN VERHINDERN

Vielen Unternehmern ist die Bedeutung des neudeutschen Begriffs „Compli-ance“ unklar. Gemeint ist die Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien, aber auch von Verträgen oder Regelungen, zu de-

nen sich ein Unternehmen selbst ver-pflichtet hat. Dies durch geeignete Maß-nahmen sicherzustellen, ist Aufgabe der Geschäftsleitung. Sie kann und darf sich also nicht zurücklehnen und hoffen,

dass alles richtig läuft. Vielmehr muss sie durch aktives Compliance-Management dafür Sorge tragen, dass Mitarbeiter Vor-schriften und Gesetze kennen und ein-halten. Hierzu zählt auch die Kommuni-kation von Regeln und die Schulung der Mitarbeiter, damit jeder weiß, wie er oder sie sich in kritischen Situationen verhalten muss. Ziel von Compliance ist

es somit, negative Konsequenzen für Mitarbeiter, Geschäftsführung und Un-ternehmen zu verhindern.Ein Compliance-Verstoß hat für ein Un-ternehmen, neben Rechtsberatungskos-ten, oft weitere Folgen. Dies können empfindliche Geldbußen oder Scha-densersatzforderungen von Kunden und Wettbewerbern sein. Verträge können unwirksam werden, wenn sie auf illegale Weise zustande gekommen sind – und auch der Ausschluss von öffentlichen Ausschreibungen ist möglich. Darüber hinaus droht ein meist erheblicher Image-Schaden, der mit dem Verlust von Aufträgen und Kunden einhergehen kann.Auch Mitarbeiter haben bei Compliance-Verstößen mit gravierenden Folgen zu rechnen, insbesondere wenn sie im Vor-feld nachweislich geschult wurden. Ihnen

Compliance ist zu

allererst Sache der

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Bestechung von

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MANAGEMENT

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DER AUTORJürgen Krisor ist Compliance Partner bei der digital spirit GmbH in Berlin. Dort berät er mittelgroße und größere Unternehmen bei der Einführung und der Optimierung von Compliance-Management-Systemen. Er führt regelmäßig Compliance-Risikoanalysen, Workshops und Schulungen durch.

Die Compliance-Pyramide: Ohne das Eintreten und das Vorbild der Unternehmensführung für

eine Compliance-Kultur läuft nichts: Wichtig sind auch die Vermittlung von Regeln an die

Mitarbeiter und stringente Kontrollen.

drohen arbeitsrechtliche Maßnahmen, die fristlose Kündigung, Geldbußen sowie Freiheitsstrafen. Je nach Vorfall können auch Schadensersatzforderungen geltend gemacht werden.

RISKANTE KUMPANEI

Welche Compliance-Risiken gibt es in der Möbellogistik-Branche? Grundsätz-lich stellt das Thema Kartellrecht ein Ri-siko dar. Bei einer Ausschreibung für ei-nen Speditionsauftrag dürfen Wettbe-werber beispielsweise keine Preise ab-sprechen oder bewusst ein höheres An-gebot abgeben, damit ein befreundeter Spediteur den Zuschlag erhält. Solche Absprachen sind gemäß Kartell- und Ausschreibungsrecht verboten, genauso wie die Marktaufteilung zwischen Wett-bewerbern oder der Austausch von in-ternen Informationen. Ein weiteres Risiko ist Korruption wie zum Beispiel eine „Sonderzahlung“ (Speed Money) an einen Zöllner, um die Abfertigung des Lkw an der Grenze zu beschleunigen. Dies ist gleichbedeutend mit einer Schmiergeldzahlung und kann gleich mehrfach belangt werden, näm-lich nach deutschem Recht und zusätz-lich nach der Gesetzgebung des jeweili-gen Landes. Abgesehen davon würde hier für eine Amtshandlung gezahlt, die dem Spediteur ohnehin zusteht. In ei-nem prominenten Fall wurde ein Trans-portunternehmer vor einigen Jahren we-gen Bestechung, Urkundenfälschung und Sozialversicherungsbetrug zu fünf Jahren Haft und zur Zahlung von 2,16 Mio. Euro verurteilt.

COMPLIANCE-KULTUR ETABLIEREN

Neben Kartellrecht und Korruption gilt es weitere Compliance-Risikobereiche zu beachten wie Arbeitsschutz und Ar-beitsrecht. Für exportierende Unterneh-men sind auch Zollrecht, Exportkontrol-len, Embargos und Gefahrgüter rele-vante Themen. Jedes Unternehmen sollte für sich analysieren, welche Com-pliance-Risiken eine Gefahr darstellen und entsprechende Maßnahmen ablei-ten.Unternehmen können sich vor Folgen von Compliance-Verstößen durch die Einführung eines Compliance-Manage-ment-Systems (CMS) schützen. Ein CMS

ist die Gesamtheit aller Compliance-Ein-zelmaßnahmen, um die Regelkonformi-tät sicherzustellen und so das Unterneh-men vor Gefahren zu schützen. Bevor konkrete Schritte eingeleitet werden, sollten, zum Beispiel im Rahmen eines Workshops, die individuellen Compli-ance-Risiken definiert werden. Darauf aufbauend lassen sich entsprechende Regeln in Form von Verhaltensregeln oder weiteren vertiefenden Richtlinien erstellen, um zentralen Risiken entge-genzuwirken. Ergänzt und vertieft wer-den diese identifizierten Themen durch Schulungen und Prozesse, die wiederum von Kommunikationsmaßnahmen be-gleitet werden. Dabei sollte bei der Ein-führung und Umsetzung von Maßnah-men nie vergessen werden, dass Compli-ance ganz klar Chefsache ist und von der Geschäftsführung vorgelebt werden muss. Nur so kann sich eine Compliance-Kultur im Unternehmen etablieren.Fazit: Selbst für kleinere Unternehmen gibt es gute Gründe, sich mit dem Thema Compliance zu befassen, die eigenen Ri-siken zu erkennen und darauf abge-stimmte Maßnahmen oder gar ein kom-plettes Compliance-Management-Sys-tem umzusetzen. Einerseits dient dies dem Unternehmen selbst. Korrektes und ethisches Verhalten fördert den wirt-schaftlichen Erfolg und sichert die Exis-tenz eines Unternehmens und damit die Arbeitsplätze der Mitarbeiter. Anderer-

seits bringt es eine starke Signalwirkung nach außen mit sich und vermittelt, dass man ein integres Unternehmen ist. Auf Compliance zu setzen, kann so durchaus auch ein Abgrenzungsmerkmal gegen-über Wettbewerbern sein.

MIT KLEINEM BUDGET MACHBAR

Die Auseinandersetzung mit dem Thema ist daher nicht nur empfehlens-wert, sondern auch mit wenig Budget machbar. So könnte auf Verbandsebene beispielsweise eine Verhaltensrichtlinie eingeführt werden, die alle Mitgliedsun-ternehmen für sich adaptieren. Darüber hinaus ließen sich über den Verband Trainings bereitstellen, mit deren Hilfe auch kleine Unternehmen ihre Mitarbei-ter mit professionellen Inhalten schulen und somit wichtiges Know-how und kor-rektes Verhalten vermitteln können. Sol-che Maßnahmen, die Verstöße vermei-den und das Unternehmen schützen, funktionieren jedoch nur, wenn Compli-ance im Unternehmen von allen gelebt wird und nicht nur als Feigenblatt dient.

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