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    Fakten und Interpretationen

    Als Tatsache (lat.factum, res facti) wird eine Situation bezeichnet, in der sich Dingenachweislich befinden. Der Begriff wird im Deutschen zuweilen vom BegriffSachverhalt

    unterschiedendann, wenn man einen Unterschied ausdrcken will zwischen dem, was laut

    einer Aussage der Fall sein soll (der Sachverhalt), und dem, was als Tatsache erwiesen wurde.

    Wichtig kann dies etwa in rechtlichen Angelegenheiten sein, wenn ein Zeuge einen

    Sachverhalt zu Protokoll gibt, sprich eine Aussage dazu macht, was angeblich geschah, und

    die weitere Untersuchung sich erst einmal um den Sachverhalt dreht, offenlsst, ob tatschlich

    der Fall ist, was hier behauptet wird.

    .......

    Im Alltag gibt es gegenber dem Bereich der Tatsachen noch weitere Kategorien wie die

    Bereiche der

    Irrtmer (fr Tatsachen erachtete Sachverhalte, die sich bei berprfung als nicht der

    Fall erweisen),

    Lgen (mit der Absicht zu tuschen vorgebrachte Tatsachenbehauptungen),

    Fiktionen (Aussagen, die bewusst als Modelle der Realitt gehandhabt werden),

    Fantasien (eindrckliche Vorstellungen, die ohne weitere Sinneswahrnehmungenaufkommen).

    http://de.wikipedia.org/wiki/Faktum

    Tatsache (res facti, factum, fait, matter of fact: Tatsache zuerst bei HERDER) ist das, was

    durch das Denken sicher als Erfahrungsinhalt, als Bestandteil der gesetzlichen Ordnung der

    Dinge und Ereignisse feststeht. Die Tatsachen als solche sind nicht einfach gegeben,

    sondern mssen erst auf Grund der Erfahrung methodisch-denkend gesetzt, konstatiert

    werden, daher der hufige Streit, was als Tatsache zu betrachten sei, was nicht. Der(sensualistische) Empirismus (s. d.) hlt die Tatsachen der Erfahrung fr schlechthin

    gegeben, der Kritizismus hingegen betont, dass erst das Denken (Urteilen) es ist, welches (auf

    Grund von Erlebnissen) bestimmte Tateschen als solche statuiert.

    http://www.textlog.de/5224.html

    Tatsache:

    Das was wirklich geschehen ist bzw. jetzt gerade geschieht, d.h. aktuelles Geschehen.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Faktumhttp://de.wikipedia.org/wiki/Faktumhttp://www.textlog.de/5224.htmlhttp://www.textlog.de/5224.htmlhttp://www.textlog.de/5224.htmlhttp://de.wikipedia.org/wiki/Faktum
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    Jeder Begriff entsteht durch Gleichsetzen des Nichtgleichen. So gewi nie ein Blatt einem

    andern ganz gleich ist, so gewi ist der Begriff Blatt durch beliebiges Fallenlassen dieser

    individuellen Verschiedenheiten, durch ein Vergessen des Unterscheidenden gebildet und

    erweckt nun die Vorstellung, als ob es in der Natur auer den Blttern etwas gbe, das Blatt

    wre, etwa eine Urform, nach der alle Bltter gewebt, gezeichnet, abgezirkelt, gefrbt,

    gekruselt, bemalt wren, aber von ungeschickten Hnden, so da kein Exemplar korrekt und

    zuverlssig als treues Abbild der Urform ausgefallen wre. Wir nennen einen Menschen

    ehrlich; warum hat er heute so ehrlich gehandelt? fragen wir. Unsere Antwort pflegt zu

    lauten: seiner Ehrlichkeit wegen. Die Ehrlichkeit! Das heit wieder: das Blatt ist die Ursache

    der Bltter. Wir wissen ja gar nichts von einer wesenhaften Qualitt, die die Ehrlichkeit

    hiee, wohl aber von zahlreichen individualisierten, somit ungleichen Handlungen, die wir

    durch Weglassen des Ungleichen gleichsetzen und jetzt als ehrliche Handlungen bezeichnen;

    zuletzt formulieren wir aus ihnen eine qualitas occulta mit dem Namen: die Ehrlichkeit.

    Das bersehen des Individuellen und Wirklichen gibt uns den Begriff, wie es uns auch die

    Form gibt, wohingegen die Natur keine Formen und Begriffe, also auch keine Gattungenkennt, sondern nur ein fr uns unzugngliches und undefinierbares X. Denn auch unser

    Gegensatz von Individuum und Gattung ist anthropomorphisch und entstammt nicht dem

    Wesen der Dinge, wenn wir auch nicht zu sagen wagen, da er ihm nicht entspricht: das wre

    nmlich eine dogmatische Behauptung und als solche ebenso unerweislich wie ihr Gegenteil.

    Was ist also Wahrheit? Ein bewegliches Heer von Metaphern, Metonymien,

    Anthropomorphismen, kurz eine Summe von menschlichen Relationen, die, poetisch und

    rhetorisch gesteigert, bertragen, geschmckt wurden und die nach langem Gebrauch einem

    Volke fest, kanonisch und verbindlich dnken: die Wahrheiten sind Illusionen, von denen

    man vergessen hat, da sie welche sind, Metaphern, die abgenutzt und sinnlich kraftlos

    geworden sind, Mnzen, die ihr Bild verloren haben und nun als Metall, nicht mehr als

    Mnzen, in Betracht kommen.*

    Daraus folgt:

    Fakten (Tatsachenfeststellungen, Sachverhaltsdarstellungen) sind bereits Interpretation

    des Geschehenen und niemals objektive Beschreibungenstattgehabten aktuellen

    Geschehens.

    Wahre Interpretationen von Fakten rufen diesen Sachverhalt in Erinnerung, relativieren

    und kontextualisieren objektivierte Sachverhaltsdarstellungen / Tatsachenfeststellungen.

    Aber auch Nietzsche irrte sich in seiner brillanten Sachverhaltsdarstellung, wenn man

    folgende Aussagen nher betrachtet: Das bersehen des Individuellen und Wirklichen gibt

    uns den Begriff, wie es uns auch die Form gibt, wohingegen die Natur keine Formen und

    *Friedrich Nietzsche, ber Wahrheit und Lge im auermoralischen Sinn

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    Begriffe, also auch keine Gattungen kennt, sondern nur ein fr uns unzugngliches und

    undefinierbares X. - - Dieses angeblich unzugngliche Xdie Wirklichkeit - erleben wir

    in jedem Augenblick und im Erleben ist sie uns voll und ganz zugnglich, sofern wir mit

    ungeteilter Aufmerksamkeit im Geschehen anwesend sind.

    Aus dem unmittelbaren Erleben abstrahieren wir dann Formen und Begriffe, ja, und nochmalsja, das unmittelbare Erleben selbst ist undefinierbar, sehr richtig! Ist es ja das immer neue

    Rohmaterial fr jedwede Form von Definition, welche von der Sache her ja eine

    Bewegung vonEingrenzung und Ausgrenzungistalso Grenzziehung, Abstraktion aus

    praktischer Notwendigkeiten heraus. Fokussierung auf bestimmte interessante Aspekte des

    Ganzen.

    Daher:

    Wir erleben immer mehr als wir begreifen knnen; wir wissen immer mehr, als wir sagen

    knnen. Das Leben ist begrifflich einfach unfassbar, es kann nur voll und ganz ge- und erlebtwerden. Begriffliches Denken ist Teil des Lebens. Philosophen und Wissenschaftler

    versuchen aber, vermittels Begriffsbildung das Ganze des Lebens zu begreifen. Offenbar ein

    ganz und gar paradoxer Versuch!

    Bliebe dieser Versuch nur auf diese esoterischen Disziplinen der Akademiker beschrnkt,

    dann htten wir heute weit weniger gravierende Probleme. Aber Wissenschaft hat heute, in

    unseren skularen und sogenannten aufgeklrten Gesellschaften, jenen Platz eingenommen,

    welche in der Vergangenheit die Religionen mit ihrem Monopol der Interpretation der

    Unfassbarkeiten des Lebens fr sich in Anspruch genommen haben. Heute leben wir ohne

    die groen Erzhlungen der Religion. Wir haben geglaubt - und glauben immer noch - , dasswir den unabgeltbaren berschuss des Lebens in Kunst und phantastischen Fiktionalismus,

    in Virtualisierung und Konsumismus, in technische Beherrschung des Lebens hinein

    entsorgen knnen. Heute muss alles machbar sein und gemacht werden knnen. Wir glauben

    an die Wunder der Technik, die unbegrenzte Potenz und den Fortschritt der Wissenschaften.

    Technik und Wissenschaften sind unsere neue Religionen, Produktion und Konsum unsere

    neuen Kulthandlungen.

    Kein Wunder, dass unser alltgliches Leben uns immer mehr zum Rtsel wird. Sir Karl

    Popper, dem Propagandisten des wissenschaftlich-technischen Imperialismus schlechthin, istdie Leere unserer Lebensorientierung in ruhigen Augenblicken selbst aufgefallen. Er sagt:

    Unsere Unwissenheit ist grenzenlos und ernchternd. Ja, es ist gerade der berwltigende

    Fortschritt der Naturwissenschaften, der uns immer wieder von neuem die Augen ffnet fr

    unsere Unwissenheit, gerade auf dem Gebiet der Naturwissenschaften selbst. Damit hat aber

    die Sokratische Idee des Nichtwissens eine vllig neue Wendung genommen. Mit jedem

    Schritt, den wir vorwrts machen, mit jedem Problem, das wir lsen, entdecken wir nicht nur

    neue und ungelste Probleme, sondern wir entdecken auch, dass dort, wo wir auf festem und

    sicheren Boden zu stehen glaubten, in Wahrheit alles unsicher und im Schwanken begriffen

    ist.Einleitende Worte von Karl Popper zumKarl Popper Lesebuch.