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Dr.med. Arne Böcher Arzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin Institut und Poliklinik für Arbeitsmedizin der Universität des Saarlandes Leiter Univ.-Prof. Dr. A. Buchter Institut und Poliklinik f ür Arbeitsmedi zin der Univ ersität des Saarlandes Dr. med. Arne Böcher Juni 2005 Fallbesprechung Arbeitsmedizin

Fallbesprechung Arbeitsmedizin - uks.eu · Fallbesprechung • Ein 72 jähriger Landwirt aus dem schönen Bliesgau • leidet seit Jahren unter einem Druckgefühl im rechten Oberbauch

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Dr.med. Arne BöcherArzt für Innere Medizin

und Arbeitsmedizin Institut und Poliklinik für Arbeitsmedizin

der Universität des SaarlandesLeiter Univ.-Prof. Dr. A. Buchter

Institut und Poliklinik

f ür Arbeitsmedi

zin der Univ ersität

des SaarlandesDr. med. Arne

Böcher

Juni 2005

Fallbesprechung Arbeitsmedizin

Institut und Poliklinik für Arbeitsmedizin, Geb. 80.2

Institut und Poliklinik

f ür Arbeitsmedi

zin der Univ ersität

des SaarlandesDr. med. Arne

Böcher

Juni 2005

Fallbesprechung

• Ein 72 jähriger Landwirt aus dem schönen Bliesgau

• leidet seit Jahren unter einem Druckgefühl im rechten Oberbauch

Institut und Poliklinik

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zin der Univ ersität

des SaarlandesDr. med. Arne

Böcher

Juni 2005

Was bisher geschah:

• 1994 Polytrauma durch Bullenangriff.Erstmalige Diagnose einer „Leberzyste“

• D: „Restzustand nach Hämatom durch Trauma“

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Böcher

Juni 2005

Was bisher geschah:

• Laparoskopische Cholezystektomie 1997• Biopsie aus zystischer Struktur:

„Narbengewebe“GT 90 U/l

Was bisher geschah:

• Nach CCE keine Beschwerdebesserung

• 2003 deutlich angestiegene Werte (GT ~ 400U/l, Transaminasen und Bilirubin nicht erhöht)

Schwammartige Zyste

Fall: Landwirt

• Sono und MRT:Vielfach gekammerte und septierte Zyste re Leberlappen, Durchmesser ca 10 cm

Weiterer Verlauf:• Echinokokken-Titer: 1:16 (erhöht)• OP Juni 2003 Uniklinikum Homburg:• Explorative Laparotomie: • mehrknotige RF mit Leberkapsel-

überschreitung und peritonealer Aussaat• Th: Leberteilresektion, Exzision mehrer

Zysten, LavageInstitut und

Poliklinik f ür

Arbeitsmedizin der

Univ ersität des

SaarlandesDr. med. Arne

Böcher

Juni 2005

Histologie der Leber, Omentum und Zwerchfell:

• Jeweils Anteile einer Pseudozyste mit sklerosierender Entzündung, passend zu einer Echinokokkus-Zyste

Fall LandwirtTherapie

• Wochenlange Nachbehandlung mit Eskazole (Albendazol)

Fall Landwirt

• Liegt eine Berufskrankheit vor ?

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Böcher

Juni 2005

BK 3102 Von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten

• Zoonosen kommen sowohl beim Tier als auch beim Menschen vor

Vollbeweis für die Erkrankung

• Welche Echinokokkose liegt vor?

Erkrankung

• E. multilocularis = Fuchsbandwurm• Krankheit: alveoläre Echinokokkose

• E. granulosus = HundebandwurmKrankheit: zystische Echinokokkose

Erkrankung

• Fuchsbandwurm: schwammartiges (alveoläres), infiltrierendes sowie metastasierendes Wachstum

• Hundebandwurm in D praktisch ausgestorbenDas Metazestodengewebe wächst zur Zyste

• Letalität: FuchsBW: unbehandelt bis 90%. Hunde BW: 2-4%

Frosch M (2003): Labordiagnose der zE und aE. J Lab Med 9/10: 389ff

ErkrankungErgänzende Labordiagnostik:

• Erhöhter E-Titer differenziert nicht zwischen alveolärer und zyst. Echinokokkose

• Echinococcus multiloc.-Elisa • und E. multiloc.-rElisa positiv (aE)

• Serologischer Befund vereinbar mit alveolärer Echinokokkose

Vollbeweis für die Exposition

• Sind saarländische Füchse infiziert?

Ahlmann VP (1996): Inaugural-Dissertation

Exposition

• E. multilocularis-Durchseuchung:• Füchse im Saar-Pfalzkreis (Bliesgau)

sind zwischen 22% (11/51) (Ahlmann 1996) bis 33% (3/9) (Meine, 1995) mit E. multilocularis durchseucht

Zusammenhang?

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Böcher

Juni 2005

Exposition und Tätigkeit • [Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und

der versicherten Tätigkeit (haftungsbegründende Kausalität)]

• Saarländische Füchse sind mit Fuchsbandwurm durchseucht (20-30%) !

• besteht eine besondere, über das normale Maß hinausgehende Ansteckungsgefahr bei der beruflichen Tätigkeit als Landwirt ?

• Hat eine Landwirt mehr Fuchskontakt als die Allgemeinbevölkerung ?

• Infektionsmodus ? Institut und

Poliklinik f ür

Arbeitsmedizin der

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Juni 2005

Exposition und Tätigkeit

• Warum treiben sich Füchse gerne um und auf landwirtschaftlichen Betrieben herum?

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Böcher

Juni 2005

Was der Fuchs gerne frisst:

Was der Fuchs gerne frisst:

Was der Fuchs gerne frisst:

Was der Fuchs gerne frisst:

Was der Fuchs gerne frisst:

Was der Fuchs gerne frisst:

Was der Fuchs gerne frisst:

Was der Fuchs gerne frisst:

Und das kommt raus:

Exposition und TätigkeitFüchse bei der Arbeit?

• Füchse fressen: Fallobst, Beeren, Mäuse, Regenwürmer, Kaninchen, Fallwild, Hühner u.a. Kleintiere (Vögel)

• Anzutreffen bei Dunkelheit auf dem Hof, im Stall, Garten, Wiese, Felder

• Hinterlassen dort infektiöse Exkremente

Europäisches Echinokokkenregister: www.eurechinoreg.org

Exposition und TätigkeitEpidemiologische Hinweise für ein erhöhtes

Risiko?

• IfSG: seit 2001 Echinokokkose meldepflichtig.

• Saarland: 2001 1 Fall, 2002 2 Fälle, 2003 0und 2004 1 Fall (www.rki.de)

Europäisches Echinokokkenregister: www.eurechinoreg.org

Exposition und TätigkeitEpidemiologie

• Europäisches Echinokokkenregister: Daten 1982 –2000:• Europaweit 559 Erkrankte 24% BRD

• 22% Landwirte

• Anteil Landwirte an Allgemeinbevölkerung um 5%

Harbarth et al, 1995; Arbeitsmed.Sozialmed.Umweltmed.

30: 203-206

Exposition und TätigkeitEpidemiologie

• Schwaben:• 14 von 23 an alveolärer Echinokokkose Erkrankten (61%)

waren in Landwirtschaft beschäftigt • Anteil der Landwirte an Gesamtbevölkerung 9,6%• Oberbayern: • 6 von 14 (43%) • Anteil der Landwirte an Gesamtbevölkerung 7,8%

Exposition und Erkrankung• [Zusammenhang zwischen der schädigenden

Einwirkung und der Erkrankung, haftungsausfüllende Kausalität]

• Die Diagnose aE. Ist gesichert !• Wie wird Echinokokkose übertragen ?• Zeitlicher Zusammenhang plausibel?

Institut und Poliklinik

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Böcher

Juni 2005

Eckert J 1996: Der "gefährliche Fuchsbandwurm" ... BMTW 109:202-

210

Exposition und Erkrankung -Infektionsmodus?

• Infektion durch Inokkulation: rezidivierendes Verschlucken von erregerhaltigem Staub bei Arbeiten auf dem Felde und im Stall

• Schmierinfektion (Essen/Trinken bei der Arbeit) • Verzehr von Beeren, Fallobst, Salat, Gemüse (roh)• Direkter Kontakt zu infizierten Tieren (toter Fuchs,

„Hofhund, Hofkatze“)

Exposition und Erkrankung

• Erkrankung mit schleichendem Verlauf • Infektion auf den Erstnachweis einer

„Leberzyste“ 1994 zurückzudatieren• Wegen sehr langen Inkubationszeit sind

Infektionsquellen im Einzelfall meistens nicht mehr zu ermitteln

Berufskrankheit?

• Versicherte Tätigkeit • Sicherung der Diagnose alveoläre

Echinokkose • Infektionsquelle im Bereich der beruflichen

Tätigkeit zu finden • Kausaler Zusammenhang mit hinreichender

Wahrscheinlichkeit zu bejahen Institut und

Poliklinik f ür

Arbeitsmedizin der

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Juni 2005

Minderung der Erwerbstätigkeit ?

• E. multilocularis besitzt Eigenschaften wie ein Malignom

• Basis MdE von 50% für einen Zeitraum für 5 Jahre

• Neubewertung bei zwischenzeitlichem Rezidiv/Progression

Institut und Poliklinik

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

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