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Feld 2 FELD 1 © FernUniversität in Hagen / Horst Pierdolla Hagener Woche der Philosophie 17.11.2015 Gunnar Schumann Zum Problem des Erklärens in den historischen Wissenschaften

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© FernUniversität in Hagen / Horst Pierdolla

Hagener Woche der Philosophie

17.11.2015Gunnar Schumann

Zum Problem des Erklärens in denhistorischen Wissenschaften

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Überblick

Einleitung Histor. Überblick über die Debatte ab dem 19. Jh. DN-Modell von Carl G. Hempel Kritik am DN-Modell von Hempel

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Einleitung Problem der histor. Erklärung gehört zur Disziplin der

Geschichtsphilosophie „Geschichtsphilosophie“ mehrdeutig: Philosophie der

Geschichte vs. Philosophie der Geschichtsschreibung Philosophie der Geschichte: behandelt Geschichte direkt

ob sie notw. oder zufällig verläuft ob sie eine Richtung hat

zyklisch (Machiavelli) eschatologisch (christl. Theologen) fortschrittlich (Hegel, Marx) Verfall (Rousseau)

Prominente Figuren: christl. Eschatologen, Giambattista Vico, Johann Gottfried Herder, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Karl Marx, Oswald Spengler, Arnold Toynbee.

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Einleitung Philosophie der GeschSchr: beschäftigt sich mit den Aspekten

der Beschreibung, Wissen, Erklärung, Selektion und Narrativität der Vergangenheit

Prominente Figuren: Dilthey, Windelband, Rickert, Simmel, Weber, Croce, Collingwood, Hempel, Dray, von Wright.

Unterscheidung wurde oft nicht gemacht und alle Beiträge zur Philosophie der GeschSchr wurden auch als „Gesch-Philosophie“ bezeichnet

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Einleitung Philosophie der Geschichtsschreibung hat es mit

Methodenproblemen der GeschW zu tun, die mit dem Problem des Erklärens durchaus zusammenhängen: ob histor. Wahrheit ohnehin unentdeckbar (Skeptizismus) ob verschiedene Ansichten über die Geschichte zugleich wahr

(Perspektivismus) oder nur eine einzige wahre Sicht auf die Geschichte (Objektivismus). Selektionsproblem

hat das zu untersuchende Ereignis viele andere kausal beeinflusst (Danto, Rickert)

oder ist ein Ereignis wichtig, weil es auf zukünftige Ereignisse hinweist oder weil mit ihm etwas anfängt oder weil es ähnlich zu etwas ist, was uns heutige betrifft (von Wright 1971,

ch. IV.7) Problem, wie viel Narrativität in den Geschichtswiss. enthalten ist

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Einleitung Hier aber soll es um das Problem von Erklärungen in

den Geschichtswissenschaften gehen: Wie werden histor. Ereignisse erklärt? Setzt gewissermaßen eine Einigung darüber voraus, wie die

Sachverhalte der Geschichte beschrieben werden (Bsp. 30-jähriger Krieg: Religionskrieg, Hegemonialkrieg, …?)

Auch, ob nicht jede Beschreibung schon Erklärung beinhält (Ranke)

man kann jedenfalls nicht nur beschreiben, sondern auch erklären

was Erklärung heißt, ist aber selbst in den strengen Wissenschaften nicht einfach entschieden und klar

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Die Debatte die Frage nach der angemessenen Form von Erklärung

in den GeschW. ist eingebettet in die allgemeinere Frage nach dem Unterschied zwischen NW und GW überhaupt

darüber Debatte seit dem 19. Jh.: Früher Positivismus (Auguste Comte) Dilthey / Windelband / Rickert Wiener Kreis, Programm der „Einheitswissenschaft“,

Hempels DN-Modell Kritik an Hempels DN-Modell Kausalismus

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Die Debatte Parallel dazu gab es auf Seiten der Historiker und

Sozialwissenschaftler selbst schon immer eine eigene Methodendebatte, zu der fast alle bedeutenden Historiker auch immer beigetragen haben Trägt sei Droysen den Namen „Historik“ Max Weber (Soziologie), Ludwig von Mises, Milton

Friedman (Ökonomie) Auch heute: Sozialgeschichte, Kulturgeschichte

Debatten laufen parallel aneinander vorbei Debatte der Historiker ist eher

anwendungsorientiert

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Früher Positivismus In der Neuzeit gewaltige u. beeindruckende

Fortschritte der NW – GW fielen dem gegenüber scheinbar ab Erst im 19. Jh. wurde versucht, Bereich des Menschlichen

wissensch. zu erforschen Geschichte, Archäologie, Sprachwissenschaft, Philologien,

Ethnologie, Kunstgeschichte, Literatur usw. Grundlegung der NW durch Rationalismus, Empirismus, Kant (bspw. KrV

nichts anderes als transzendentale Grundlegung der NW (Raum, Zeit, Kausalität))

Philosophisch / wissenschaftstheoretisch wurden demgegenüber die GW nur stiefmütterlich behandelt

Als man dann im 19. Jh. anfing, sich über die Grundlagen der GW Gedanken zu machen, zunächst Paradigma der NW

Die Idee war schon älter: Descartes, Hobbes, Hume gingen von einem mechan. Modell des Menschen und menschl. Handlungen aus; bei Hobbes explizite Übertragung der mechan. Physik auf Gesellschaft

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Früher Positivismus 1. Hälfte 19. Jh.: Auguste Comte: Positivismus Empirie, Mathematik, Logik sind die Fundamente jeder

Wissenschaft – alles Übersinnliche soll ausgeschlossen werden

Idee der Soziologie als einer „sozialen Physik“ (sollte auch so heißen)

Soziologie ist laut Comte die Wissenschaft, die die Methoden der NW benutzt: nämlich Beobachtung, Experiment, Klassifikation und „die Vergleichung der geschichtlich einander folgenden Zustände der Menschheit“ (letzteres heißt bei ihm „die histor. Methode“)

„soziale Physik“legt „sozialer Mechanismus“, „social engineering“

Auch schon Vorstellung einer Einheitswissenschaft

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Wilhelm Dilthey hat auf Positivismus reagiert: es gibt

einen wesentl. Unterschied zwischen NW und GW: 1) ihren Gegenstand betreffend 2) ihre Methode betreffend

Zu 1): die GW haben es mit Resultaten und Produkten des menschl. Geistes zu tun (Ökonomie, Recht, Kultur, Sitten, Moral, Kunst, Geschichte, Sprache, usw.) Die GW haben als ihre Daten die „Objektivationen des Lebens“ = Manifestation des „objektiven Geistes“, der sich bspw. in einem

Rechtskodex ausdrückt – aber auch in einer flüchtigen Höflichkeitsformel

Begriff „objektiver Geist“ stammt von Hegel – deswegen heißen heute im Dt. diese Wissenschaften auch „Geisteswissenschaften“

Aber Dilthey verwendet den Begriff anders und er wollte nicht die spekulative Metaphysik von Hegels Geist mit einkaufen

Dilthey

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zu 2) die NW erklären, die GW verstehen; d.h. „das Verfahren des Innewerdens eines psych. Zustands in seiner

Ganzheit und sein Wiederfinden im Nacherleben“ ist Grundlage der GW

„Empathie“, Einfühlung in die Gedanken, Wünsche, Hoffnungen, Absichten anderer, um ihre Handlungen zu verstehen

übersinnliches Hineinempfinden in den Geist des anderen, ja sogar histor. Akteure

beim Verstehen: hermeneut. Zirkel: Im Verstehen gibt es eine gegenseitige Abhängigkeit: die

Wahrheiten der GW beruhen auf Erleben und Verstehen – das Verstehen setzt aber andererseits die Verwertung geisteswiss. Wahrheiten voraus:

Um Bismarck zu verstehen braucht man Quellen – aber solange der Vorgang des Verstehens dauert – solange ist auch noch nicht die Abgrenzung des Materials abgeschlossen (S. 142)

Dilthey

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Dilthey: Kritik Die Terminologie „Verstehen“ vs. „Erklären“ kann aber

nicht aufrechterhalten werden (v. Wright 1971) „Empathie“ zweifelhafte Methode – man kann sich ja

schon mitunter nicht in den Zeitgenossen einfühlen – wie erst dann in histor. Gestalten? Empathie als übersinnliche Methode: metaphysischer Ballast

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Windelband / Rickert Wilhelm Windelband / Heinrich Rickert

(„Neukantianer“) wollten dann explizit die Grundlegung der GW nachholen und damit dem Programm folgen, dass Kants KrV für die NW vorgelegt hatte Und suchten nach anderen Unterschieden zwischen NW und GW

Windelband: NW: nomothetisch; GW idiographisch Rickert: generalisierende und individualisierende Methode

Die NW haben es mit Auffinden und Erforschen allg. Gesetze zu tun; ihre Erkenntnisse gelten für alle Einzeldinge (etwa Fallgesetz)

Die GW (insbes. die GeschWiss.) haben es mit Einzeldingen zu tun, die detailliert beschrieben werden (der erste WK; die Frz. Revolution; die Mona Lisa)

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Windelband / Rickert: Kritik zweifelhaft, ob sich der Unterschied zw. GW und NW

wirklich so durchhalten lässt Auch einige NW mit Einzelgegenständen befasst (Astronomie,

Geologie), Generalisierungen gibt es auch in den GW („Für alle griech. Kolonien gilt…“, „Alle Offiziersanwärter der frz. Kriegsmarine im 18. Jh. waren Männer aus dem Milieu…“)

Sowohl Windelband als auch Rickert vermengen ihre Unterschiedsziehung mit Werten

so ist bspw. bei Rickert die Gegenstandsauswahl des Historikers (Selektion) durch kulturelle Leitwerte bestimmt

(Ablehnung der Kaiserkrone durch den preuss. Kg. ist wichtiger als welche Kleider ihm sein Schneider gemacht hat oder was er zum Frühstück aß)

Diese Werte aber existieren objektiv und metaphysisch eigenständig

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Hempel Im 20. Jh. dann Neuauflage des Positivismus in Gestalt

des „Log. Positivismus“ / „Log. Empirismus“; „Wiener Kreis“

Empirie und Logik; alle Erkenntnis ist aus diesen beiden Komponenten zusammengesetzt; Damit einher ging das Programm der Einheitswissenschaften:

alle Wissenschaften sollten durch log. Analyse auf Protokollsätze zurückführbar sein

Dadurch Ausschluss aller metaphysischen Begriffe und Sätze als sinnlos

Hegel („Das reine Sein und das reine Nichts ist also dasselbe“, „objektiver Geist“)

Heidegger: („Wie steht es um dieses Nichts?“, „Wir suchen das Nichts“, „Wir finden / kennen das Nichts“, „Das Nichts nichtet“)

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Hempel Angeblich würden sich GeschWiss. im Gegensatz zu NW eher

mit der Beschreibung von Einzelereignissen beschäftigen und nicht mit der Suche nach allg. Gesetzen, die diese Ereignisse bestimmen

Carl G. Hempel will zeigen, dass allg. Gesetze dieselbe Funktion in GeschW und NW ein unverzichtbares Instrument der Geschichtsforschung Gemeinsamkeit von Sozialwiss. und NW

„Gesetz“ = universalisiertes Konditional, das sich durch passende emp. Resultate bestätigen oder widerlegen lässt Gesetze sagen eine Regularität folgender Art aus: „In jedem Fall, in dem

ein bestimmtes Ereignis C zu einer Zeit an einem Ort auftaucht, wird ein bestimmtes Ereignis E auftauchen, welches sich zu Zeit und Ort des Auftauchen von C in einer bestimmten Weise verhält“

Hempel: Symbole C und E sollen für Ausdrücke „Ursache“ und „Wirkung“ stehen, die oft, aber nicht immer auf Ereignisse in einem solchen Gesetz angewendet werden

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Hempel Die Hauptfunktion allg. Gesetze in den NW ist es, Ereignisse zu

verbinden in Mustern, die man „Erklärung“ (explanation) und „Vorhersage“ (prediction) nennt

Die Erklärung des Auftauchens eines Ereignisses besteht darin, seine Ursachen oder bestimmende Faktoren anzugeben Zu sagen, dass eine Menge Ereignisse (C1…Cn) E verursacht haben, ist zu

sagen, dass diese Menge Ereignisse regulär von E gemäß allg. Gesetze begleitet wird

Die Erklärung eines Ereignisses besteht also in: 1. einer Menge von Aussagen, die das Auftauchen bestimmter Ereignisse

(C1…Cn) zu bestimmten Orten und Zeiten behaupten 2. eine Menge universeller Hypothesen, so dass

a) beide Prämissenmengen hinreichend gut durch emp. Beweise bestätigt sind b) aus beiden Prämissenmengen das Auftauchen von E logisch deduziert werden

kann

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Hempel Deduktiv-Nomologisches Schema („DN-Modell“) Beispiel:

1. Wasser dehnt sich immer aus, wenn seine Temperatur unter 4°C sinkt.

2. Der Tank des Autokühlers war voller Wasser, die Außentemperatur fiel in der Nacht unerwartet unter 0°C, das Wasser war nicht mit Frostschutzmittel versetzt,…

3. Also: Der Kühler zerplatzte.

allgemeine Formel der DN-Erklärung: 1. L1, L2, L3…Ln

2. C1, C2, C3...Cm 3. Also: E

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Hempel eine Erklärung besteht also aus einer Gesetzesprämisse

und einer Prämisse von Anfangs- und Randbedingungen Jeder Erklärung wiss. Charakters muss objektiv

überprüfbar sein: A) die Bedingungen müssen empirisch überprüfbar sein B) die allg. Gesetze müssen empirisch überprüfbar sein C) der Syllogismus muss gültig sein

Meistens sind Erklärungen für ein Ereignis unvollständig Wir mögen hören, dass die Scheune deswegen brannte, „weil“ eine

Zigarette ins Heu geworfen wurde Hierbei werden dann die Gesetze ausgelassen, weil sie etwa

selbstverständlich sind Also: implizite Referenz auf allg. Gesetze

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Hempel Vollständig wäre eine Erklärung dann, wenn auch

eine Vorhersage gemacht werden kann Vorhersage nun ist die Ableitung über ein zukünftiges

Ereignis (bspw. eine bestimmte Planetenkonstellation) aus den Bedingungen (der rel. Position und Impuls der Planeten) und allg. Gesetzen (der Himmelsmechanik)

Die log. Struktur einer Vorhersage ist dieselbe wie die einer Erklärung Sie unterscheiden sich nur darin: bei einer Erklärung ist das

Ergebnis bekannt und die Bedingungen werden gesucht, während bei einer Vorhersage die Bedingungen bekannt sind und das Ereignis gesucht wird

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Hempel Histor. Erklärungen nun funktionieren genau so

Sie zielen darauf, zu zeigen, dass ein histor. Ereignis nicht eine Sache des Zufalls, sondern angesichts vorhergehender oder gleichzeitiger Bedingungen zu erwarten war

Hempel: aber die meisten Historiker erklären wohl Ereignisse, ohne sich auf allg. Gesetze zu beziehen

Hempel: mitunter werden durchaus allg. Gesetze bei Erklärungen explizit mit angegeben, bspw.: Leute, die Jobs haben, wollen diese nicht verlieren Diejenigen, die bestimmte Fertigkeiten entwickelt haben,

lehnen Veränderungen ab Wer sich an Macht gewöhnt hat, will sie nicht verlieren

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Hempel Aber: die meisten Erklärungen in der Geschichte oder

Soziologie enthalten keine expliziten Gesetze Zwei Erklärungen dafür:

1) Viele Gesetze sind solche der Individual- oder Sozialpsychologie, die jedem aus dem Alltag bekannt sind und sind selbstverständlich

2) es ist oft sehr schwierig, die unterliegenden Annahmen hinreichend präzise und gleichzeitig in Übereinstimmung mit allen empirischen Beweisen korrekt zu formulieren

Bspw.: „Die Dust Bowl Farmers zogen nach Kalifornien, weil anhaltende Dürre ihre Existenz prekär machte und Kalifornien bessere Aussichten versprach“

Die Erklärung ruht auf allg. Gesetzen, wie bspw. dass Bevölkerungen die Tendenz haben, in Regionen zu wandern, die bessere Lebensbedingungen garantieren

Aber es würde sich schwierig gestalten, diese Annahme in Form eines allg. Gesetzes zu gießen, dass durch alle relevanten empirischen Beweise gut gestützt ist

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Hempel Hempel hält fest, dass er nicht „spezifisch historische“

von soziologischen oder anderen Gesetzen unterscheiden wird

Aber es mag erwähnenswert sein, dass sich Historiker im- oder explizit allg. Gesetze bedienen, die aus anderen wiss. Disziplinen stammen, wenn nicht sogar aus der Alltagserfahrung

Psychologische, wirtschaftliche, soziologische, historische, aber auch naturwissenschaftliche, wenn etwa die Niederlage einer Armee durch Nahrungsmangel erklärt wird

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Hempel einige Erklärungen in der Geschichte können anhand

von Wahrscheinlichkeitshypothesen anstatt von „deterministischen“ Gesetzen in Form universaler Konditionale gegeben werden

Viele histor. Erklärungen scheinen als Schlüsse mit probabilist. Gesetzen verstanden werden zu können, wobei die Wahrscheinlichkeitswerte auch nur grob bekannt sein werden

die Erklärungen in den Geschichtswiss. sind also eher Erklärungsskizzen, die aus einer mehr oder weniger vagen Gesetzen und Anfangsbedingungen besteht

diese müssen dann durch weitere empirische Forschung „ausgefüllt“ werden

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Hempel Kritik an Auffassung, dass die Methode der

Geschichtswiss. im empathischen Verstehen besteht der Historiker stellt sich vor, er wäre an der Stelle der Personen, die

in die Ereignisse, die er erklären will, involviert sind er versucht so vollständig wie möglich, ihre Handlungsumstände

und ihre Motive zu erkennen und durch diese imaginäre Identifikation mit seinen Helden erlangt er ein Verständnis und damit an eine angemessene Erklärung der Ereignisse

diese Methode wird zwar oft von Historikern und Laien angewendet, aber sie stellt keine Erklärung dar

sie ist eher ein heuristisches Modell: seine Funktion ist eher, psychologische Hypothesen vorzuschlagen, die als explanatorische Prinzipien fungieren können

der Historiker überlegt, wie er unter den Umständen und gegebenen Motiven gehandelt hätte und verallgemeinert dann seine Resultate in allg. Gesetze

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Hempel Hempel: diese Vorgehensweise mag ja mitunter hilfreich

sein, garantiert aber nicht die Korrektheit der histor. Erklärung (diese hängt von der faktischen Richtigkeit der allg. Gesetze ab)

Hempel: auch ist diese Methode nicht notwendig für histor. Erklären: ein Historiker mag sich in eine paranoide histor. Persönlichkeit nicht einfühlen können – aber er kann seine Handlungen nach Prinzipien der Psychologie abnormaler Charaktere erklären

Hempel: es gibt keinen Methodenunterschied zwischen GW und NW; Empathie ist als übersinnliches Hineinempfinden in die Psyche des andere ein Teil des alten sinnlosen metaphysischen Ballasts

Die Erklärungsmethoden sind ebenso kausal wie in den NW

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Kritik am DN-Modell Hempels DN-Schema wiss. Erklärungen hat die

Diskussion um die Natur histor. Erklärens stark befeuert

Es wird heute allerdings nicht mehr als ernsthafter Kandidat für ein Modell wiss. Erklärens angesehen – dafür gibt es zu viele und schwere Einwände

Diese Einwände können in drei Gruppen mit unterschiedlicher Allgemeinheit gebracht werden: vs. Hempels DN-Modell als 1. Modell wiss. Erklärens überhaupt 2. Modell von Kausalerklärungen 3. Modell für Erklärungen in den historischen Wissenschaften

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1. Kritik am DN-Modell als Modell (wiss.) Erklärens überhaupt 1.1 Ein kleinerer Punkt: Erklärungen haben nicht immer Aussagen als ihre

Konklusion, manchmal müssen auch Aufforderungen, Fragen, Wünsche, Hoffnungen etc. erklärt werden

1.2 Ein weiterer kleinerer Punkt: Hempels DN-Modell definiert Erklärungen für Ereignisse, aber wird nach der Erklärung von Gegenständen / Objekten (“Warum gibt es die Alpen?”, “Welche Rolle spielen die Insignien bei einer Krönungszeremonie?” (Scriven 1962, Donagan 1966)

1.3 Zweifelhaft, dass Gesetze immer in Erklärungen vorkommen müssen (auch nur implizit), denn, grob gesagt, zu sagen “Es ist immer so” erklärt nicht, wieso bspw. Wasser sich ausdehnt, wenn man es unter 4°C abkühlt (Dray 1957, III.4)

1.4 In Biologie und Psychologie gibt es Erklärungen, die Hempels DN-Modell überhaupt nicht entsprechen (Der Körper fängt an zu schwitzen, um seine Temperatur zu senken) (= Teleologische Erklärungen)

1.5 Es gibt eine Fülle von unterschiedlichen Formen des Erklärens und es ist absurd, sie alle auf ein Modell zu reduzieren, wie Hempel versuchte: Bspw. zu erklären, was ein unbekanntes Wort heißt, wie jemand gestern nach Hause kam, wieso ich nicht meine Pflichten erledigt habe usw. funktionieren gar nicht nach Hempels DN-Modell (Passmore 1962)

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2. Kritik am DN-Modell als Modell kausalen Erklärens 2.1 Allg. Gesetze spielen gar keine notwendige Rolle in

kausalen Erklärungen, wie Hempel anzunehmen scheint Denn wir können kausale Zusammenhänge zwischen Ereignissen

bestimmen, ohne dass wir auf die Verifikation einer unendl. Menge von Fällen warten müssten, in denen Ereignis A immer von B gefolgt wurde (Anscombe 1971)

Kein Naturgesetz ist, streng genommen, bis heute in diesem Sinne verifiziert, so dass unsere wiss. Gesetze allesamt zweifelhaft wären

Und in alltäglichen Kausalerklärungen werden allg. Gesetze gar nicht gebraucht: “Warum starb Jones?” – “Er war alt und bekam eine Grippe und hatte ein schwaches Herz” – diese Erklärung seines Todes ist, so wie sie ist, in Ordnung – obwohl wir wissen, dass nicht alle alte Männer mit einem schwachen Herz, die eine Grippe bekommen, sterben

Wir akzeptieren etwas als eine gute Erklärung, wenn wir eine Verbindung sehen und keinen Grund haben, sie zu bezweifeln (Passmore 1962)

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2. Kritik am DN-Modell als Modell kausalen Erklärens 2.2 Einwände gegen die Regularitätstheorie der

Kausalität Das so genannte Epiphänomenalismus-Problem (Gasking

1955): Sogar wenn es ein konstantes Zusammenauftreten zweier

Ereignisse gibt, heißt das nicht, dass es eine kausale Verbindung zwischen ihnen geben muss, denn immer wenn Eisenbarren beim Erhitzen gelb glühen, haben sie eine bestimmte Temperatur erreicht

Und dies mag man ein empirisches Gesetz nennen aber sicherlich ist das Gelb-Glühen des Barrens nicht die

Ursache dafür, dass der Barren eine bestimmte Temperatur erreicht hat, sondern eher umgekehrt

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3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen Historiker versuchen gar nicht, histor. Gesetze

aufzufinden, die dann in Formelsammlungen veröffentlicht werden könnten

Hempel gab das zwar von Anfang an zu und meinte, dass Historiker eher probabilistische Gesetze verwenden, die das Eintreten eines histor. Ereignisses wahrscheinlich machen

Aber: a) dann gibt Hempel seine deduktive These auf, nach der das

zu Erklärende (“Explanandum”) aus der Menge der Prämissen (“Explanans”) logisch abgeleitet werden können

b) probabilistische Gesetze erklären nicht, warum das Ereignis in einem bestimmten Fall eintrat

c) Historiker suchen auch keine Wahrscheinlichkeitsgesetze

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3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen 3.1 weitreichendster Einwand gegen Hempels

DN-Modell:

Geschichte besteht aus menschl. Handlungen und diese werden in der Regel gar nicht kausal, sondern teleologisch / intentional erklärt Erklärungen einer völlig anderen Art (Dray 1957, Melden 1961,

von Wright 1971, u.a.)

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3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen Wir erklären menschl. Handlungen

normalerweise anhand von Gründen, nicht Ursachen D.h. anhand der Ziele und Zwecke von Akteuren (und ihrer

Überzeugungen) Alltag: “Warum ist Jane in die Stadt gefahren?” – “Um einen

neuen Hut zu kaufen” oder “Sie wollte einen neuen Hut kaufen” (und sie glaubt, dass sie in der Stadt einen neuen Hut kaufen kann.)

In GeschWiss: “Warum gewann Kleopatra die beiden mächtigsten Römer ihrer Zeit, zuerst Gaius Iulius Caesar und nach dessen Ermordung Marcus Antonius, zu Geliebten?“ „Um die Machtstellung des Ptolemäerreichs zu erhöhen.“

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3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen

Oftmals müssen in GeschW kollektive Handlungen erklärt werden: “Warum sendet das österr.-ungar. Regierungskabinett das Ultimatum an die serbische Regierung?” “Um nicht an Einfluss auf dem Balkan zu verlieren”

Es geht hierbei nicht darum, ob diese Erklärungen korrekt sind oder nicht, sondern nur um Ihre Form

Solche Erklärungen sind keine Kausalerklärungen, sondern teleologische Erklärungen Diese Erklärungen involvieren gar keine Allgemeingesetze wir bestimmen keine Regularitäten zwischen zwei unabhängigen

Ereignissen, um unsere Handlungen zu erklären: Wir sagen nicht: “Hey, ich gehe gerade spazieren – und vor einer Weile hatte ich die Absicht, spazieren zu gehen – das habe ich in letzter Zeit öfter erlebt – es muss einen kausalen Zusammenhang zwischen meiner Absicht und meiner Handlung geben”

Aber selbst wenn man Kausalerklärungen anders als durch das DN-Model auffassen würde, würden sie nicht die logische Struktur von Erklärungen menschlicher Handlungen aufweisen

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3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen 3.1 Ziele und Zwecke können Dinge in der Zukunft sein (Ich

mag nach London fliegen, um die William Turner-Ausstellung zu besuchen) – aber Wirkungen können ihren Ursachen nicht vorausgehen

Zwecke mögen auch gar nicht passieren – und können dennoch als Erklärung fungieren: Ich mag bspw. letztlich daran gehindert sein, die Ausstellung zu besuchen, aber dennoch erklärt der Zweck, warum ich nach London geflogen bin

Manchmal wird hier eingewandt, dass ich ja den Wunsch, nach London zu fliegen, schon vorher hatte, so dass der Grund gar nicht in der Zukunft lag

Aber dieser Einwand schlägt fehl, denn mein Grund, nach London zu fliegen, war die Ausstellung zu sehen, nicht die Tatsache, dass ich vor Abflug in einem bestimmten mentalen Zustand war (den Wunsch hatte, die Ausstellung zu sehen)

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3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen 3.2 Ziele und Zwecke werden vom Akteur als etwas Gutes

oder als etwas zu Tuendes, als etwas Erstrebenswertes beurteilt – oder als etwas Schlechtes, zu Vermeidendes

Daher involvieren teleologische Erklärungen Wertungen, Normativität

Diese findet sich bei Ursache-Wirkungsbeziehungen gar nicht

Außerdem mögen Gründe / Zwecke Handlungen rechtfertigen – etwas was eine Kausalerklärung niemals leisten könnte

Es würde keinen Sinn machen, von guten oder schlechten, kindischen oder edlen Ursachen zu sprechen – aber von Gründen / Zwecken

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3.3 Mitunter werden menschl. Handlungen als durch Absichten

verursacht gedeutet, so dass man histor. Handlungen (kollektiv oder individuell) als durch Absichten verursacht erklärt (Gerber 2010)

Aber man erklärt eigentlich gar nichts an einer Handlung eines histor. Akteurs, wenn man sagt: “Der Akteur tat H, weil er die Absicht, H zu tun, hatte.”

Außerdem: Dass Absichten die Rolle von Ursachen für Handlungen spielen, geht von dem Bild aus, dass Absichten mentale oder neuronale Dinge / Zustände / Ereignisse im Geist oder im Gehirn des Menschen sind, die die Handlung kausal hervorrufen

Bei Kausalbeziehungen aber gilt: Ursache und Wirkung lassen sich unabhängig voneinander beschreiben und es lässt sich von der Ursache nicht auf die Wirkung schließen (Humes Einsicht) Wenn die Billardkugel A anrollt und an Billardkugel B stößt, dann folgt

nicht logisch, dass Kugel B wegrollt Wenn wir einen Menschen in die Welt stellen würden, der noch nie eine

bestimmte Ursache in Aktion gesehen hat, dann ist es ihm nicht möglich, die Wirkung vorherzusagen

3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen

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3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen und dass man sich mit „Ich habe die Absicht, H zu tun” selbst

beschreibt oder eine Feststellung über sich trifft „Ich habe die Absicht, H zu tun” ≠ Tatsachenaussage, sondern man

legt sich selbst darauf fest, H zu tun, wenn man dazu Gelegenheit hat Zu unserem Begriff von „eine Absicht haben” gehört: Wer H nicht ausführt, obwohl er Gelegenheit dazu hat, nicht daran

gehindert wird oder seine Absicht vergessen hat, dem würden wir einfach nicht glauben, dass er die Absicht, H zu tun, hat – wir würden es als Falsifikation seiner Aussage ansehen, wir würde ihn als unaufrichtig ansehen

Wir würden nicht sagen: „Interessant, hier haben wir einen Fall, in dem jemand die Absicht, H zu tun, hat – ohne dass H folgt”

Dies zeigt, dass es die Verbindung zwischen Absicht und Handlung keine kontingente und empirische ist, sondern eine begriffliche oder logische, so dass Absichten keine Hume’schen Ursachen von Handlungen sein können

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3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen Handlungen sind Ausdruck von Absichten, nicht deren Ursache Die Absichtlichkeit einer Handlung manifestiert sich in der Art

und Weise (Kontext) Ihrer Ausführung: Planung, Sorgfalt, Wiederholung, Ankündigung, Unüberraschtheit, wie sich der Akteuer vor- und nachher verhält, was er sagt, usw.

Wir erkennen Absichten bei anderen an ihren Handlungen und dem Handlungskontext

Die Frage, ob Peter Susanne absichtlich auf den Fuß trat oder es ein Versehen war, hängt von einer Reihe von Faktoren des Kontextes seiner Handlung ab, etwa: wie er die Handlung ausführt, was er dabei sagt, wie er sich im Anschluss verhält, ob es öfter vorgekommen ist oder nicht, … = Öffentl. Kriterien Und nicht: welche Dinge „in seinem Geiste“ vorlagen, oder in seinem Gehirn Inf. Regress-Argument

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3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen Meist lässt sich die Frage, welche Gründe ein Akteur

tatsächlich für sein Handeln hatte, recht bald entscheiden. Die Frage, ob Peter absichtlich X tat sich zur Armee meldete, oder doch bloß

der großzügige Sold, hängt von einer Reihe von Faktoren des Kontextes seiner Handlung ab, etwa: wie er die Handlung ausführt, was er dabei sagt und wie sich Peter bisher in Situationen verhalten hat, in denen es um Patriotismus bzw. Geld ging, und u. U. auch davon, wie er sich zukünftig verhalten wird

Wenn hingegen auch nach längerer Untersuchung des Handlungskontextes keine eindeutige Aussage möglich ist, dann gibt es eben keine Antwort auf die Frage, aus welchem Grund die Person nun genau gehandelt hat, denn es gibt nichts, was als Antwort auf sie gelten könnte

Bei Handlungen von Zeitgenossen sind wir in der komfortablen Position, dass wir die Akteure noch fragen können oder den Handlungskontext relativ unproblematisch und aus erster Hand beobachten können

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3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen Bei Handlungen der weiteren Vergangenheit wird dies

aufgrund abnehmender Qualität und Quantität der historischen Quellen zusehends schwieriger. Historiker durchsuchen das auf uns Heutige überkommene Datenmaterial, um den Kontext der Handlungen historischer Akteure zu rekonstruieren und von da aus Erklärungen für historische Handlungen zu liefern. In Fällen, in denen die Rekonstruktion des Handlungskontextes nicht über einen gewissen Grad möglich ist, müssen sich Historiker eines Urteils über die Gründe, Zwecke und Absichten der Akteure eben enthalten.

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3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen Die Erklärungen vergangener Handlungen hat zwar spezielle Probleme,

die mit der Überlieferung der Tatsachen des Handlungskontextes zusammenhängt, diese stellen aber keine Probleme sui generis dar, so dass gesagt werden kann, dass die Erklärungen historischer Handlungen wie (Alltags-) Erklärungen zeitgenössischer Handlungen funktionieren: So wie das Überschreiten einer Straße durch einen zeitgenössischen Akteur unter

bestimmten Kontextbedingungen Ausdruck seiner Absicht ist, zur Arbeit zu gehen, so war Cäsars Überschreiten des Rubikons unter den historisch überlieferten Kontextbedingungen Ausdruck seiner Absicht, nach der Macht in Rom zu greifen – nicht: die Absicht, nach der Macht zu greifen, verursachte Cäsar dazu, den Rubikon zu überschreiten.

so wie etwa ein Schimpfen Ausdruck der Unzufriedenheit einer Person ist, so ist eine politische Demonstration oder ein Aufruhr Ausdruck einer kollektiven Unzufriedenheit – nicht: der mentale Zustand der Unzufriedenheit verursacht, dass eine bestimmte Person schimpft oder Menschen demonstrieren gehen

Der in den historischen Quellen überlieferte „Stoff“ stellt das Interpretandum dar, aus dem der Historiker entsprechende Ziele und Absichten der Akteure ableitet und mithilfe dessen wiederum weitere Handlungen dieser Akteure gedeutet werden können. Eine Handlung durch einen Grund zu erklären, bedeutet also nicht, auf ein weiteres Ereignis als Hume’sche Ursache zu referieren, sondern die Handlung in einen Kontext einzubetten, so dass die Handlung und der Akteur verstanden werden können.

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3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen Ursachen kann es bestenfalls für Körperbewegungen,

aber nicht für Handlungen geben Handlungen sind aber nicht identisch mit

Körperbewegungen Es gibt Handlungen ohne Körperbewegungen (Unterlassungen,

Ignorierungen) Ein und dieselbe Körperbewegung kann verschiedene

Handlungen bedeuten Ein und dieselbe Handlung kann unterschiedlich körperlich

ausgeführt werden Handlungen sind anhand eines Kontextes gedeutete

Körperbewegungen / Verhalten

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3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen Wobei man sagen muss, dass wir nur im Zweifelsfällen

überhaupt anfangen zu deuten und zu interpretieren – im Alltag nehmen wir direkt wahr, was der andere tut

In GeschW ist das Verhalten der Akteure nicht überliefert, aber „kleine Handlungen“, die vom Historiker zu größeren Handlungen gedeutet werden Bspw.: Der Kaiser urkundete dort und dort und besuchte diesen

Ort und erließ jenes Erlass – wird interpretiert und gedeutet zu einer „großen Handlung“: „Er trieb die christl. Missionierung des Ostteils seines Reiches voran“

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3. Kritik am DN-Modell als Modell histor. Erklärungen Zurück zur Prämisse dieses gesamten Einwands: nicht alle meinen, dass Geschichte aus menschl.

Handlungen besteht, sondern eher aus „Strukturen“ polit. Geschichte („Geschichte großer Männer und Taten“) vs.

Untersuchung von soz. Strukturen („soziale Mechanismen“), Institutionen, ökonom. Notwendigkeiten und Mentalitäten; Umweltbedingungen

Aber: 1. Was sind soz. Strukturen, Institutionen, ökonom. Notwendigkeiten und Mentalitäten anderes als die intendierten (und nicht-intendierten) Folgen menschl. Handlungen? Umweltbedingungen: es geht ja um die menschl. Reaktionen auf die

Umweltbedingungen (Pompeji) 2. Außerdem: teleog. Erklärungen lassen sich auch für

kollektive Handlungen angeben 3. soz. Strukturen sind keine Akteure – nur in einem

abgeleiteten Sinne In unserem Begriffsschema gehen ihnen die paradadigmatischen Akteure

(Personen) voraus

FELD 1

Feld 2

Zusammenfassung „Pendelbewegung“ in Debatte zwischen Monisten und

Pluralisten Nach einer frühen Phase des Positivismus gab es eine Gegenreaktion

der Betoner einer Unabhängigkeit der Geisteswissenschaften Dann wieder Monismus des Wiener Kreises, Hempel Kritik daran Dray, Passmore, Donagan, von Wright Handlungstheoretischer Kausalismus bis heute Jetzt langsam so etwas wie Gegenbewegung

Lit.: Röttgers, Kurt: Einführung in die Geschichtsphilosophie, Hagener Fernstudienkurs 03341, Kurseinheit 1, Kap. 4.7 Was aber heißt „historisch erklären“?

16.-18.03. Tagung zu „Causalism & Anticausalism in historical Explanations“ in Hagen