36
Evangelische Kirchengemeinde Konradshöhe-Tegelort Festschrift anläßlich des 70jährigen Kirchweihfestes der Jesus-Christus-Kirche und des 60jährigen ’Unabhängigkeitstages‘ der Kirchengemeinde

Festschrift Konradshoehe

Embed Size (px)

DESCRIPTION

70 Jahre Kirche; 60 Jahre Unabhängigkeit

Citation preview

Page 1: Festschrift Konradshoehe

1

Evangelische Kirchengemeinde Konradshöhe-Tegelort

Festschrift anläßlich des 70jährigen Kirchweihfestes

der Jesus-Christus-Kirche

und des 60jährigen ’Unabhängigkeitstages‘

der Kirchengemeinde

Page 2: Festschrift Konradshoehe

2

Page 3: Festschrift Konradshoehe

3

Grußwort 5

Alles hat seine Zeit 6

Leitbild 7

Zur Geschichte der Kirchengemeinde 8

Baugeschichte 10 Faksimilie der ersten Predigt in der Jesus-Christus-Kirche 14

Das Lied von der Moldau 16

Hochzeitstag 17

Der Augenblick 18

Unser Labyrinth 19

Das Altarfresko von Rudolf Schäfer 21

Die neuen Paramente 25

Kindertagesstätte und Gemeindezentrum 26

Verein der Freunde und Förderer der Ev. Kirchengemeinde Konradshöhe-Tegelort e.V. 28

Frau Sorge 29

Quiz: Wie gut wissen Sie Bescheid über Ihre Gemeinde 30

Leitbild der Jugendarbeit 31

Zeit und Ewigkeit bedenken 32 Tears in heaven 33

Angelus Silesius aus dem Cherubinischen Wandersmann 34

Impressum 35

Inhalt

Page 4: Festschrift Konradshoehe

4

Gemeindewoche zum 60. Unabhängigkeitstag der Kirchengemeinde Konradshöhe-Tegelort

Sonntag, 31. August11 Uhr: Familiengottesdienstanschließend Sommerfest

Dienstag, 2. September17 Uhr: „Meine Worte sind wie Sterne am Himmel“(Die Erde gehört nicht den Menschen – der Mensch gehört zur Erde)Die Rede von Häuptling SeattleLesung und Gespräch mit Karl-Heinz Barthelmeus

Mittwoch, 3. September19.30: „Bruder Sonne, Schwester Mond“ein Film über den Heiligen Franz von Assisi von Franco Zefirelli

Donnerstag, 4. September19.30 Uhr: „Die Geburtsstunde der Evolution“Vortrag und Diskussion mit Prof. Dr. Stefan Richter(Zoologisches Institut Rostock)

Sonnabend, 6. September11 Uhr: Bibelfrühstück „Geschichten vom Paradies“mit Ingrid Schmidt und Helmut Ruppel

19.30 Uhr: Konzert „SCHALOM-CHOR“(Christlich-Jüdische Chorgemeinschaft)Folklore und Liturgische Gesängemit Kantor Isaac Sheffer

Sonntag, 7. SeptemberFestgottesdienst mit Konfirmationsjubiläum (Anmeldungen ab sofort im Gemeindebüro: 436 717 86)unter Mitwirkung des „Schalom-Chores“anschließend: „Ehemaligentreffen“

Page 5: Festschrift Konradshoehe

5

Liebe Leserin, lieber Leser,

zur Feier der 60jährigen ‚Unabhängigkeit‘ von der ‚Muttergemeinde‘ Heiligensee und des 70jährigen Kirchweihjubiläums unserer Gemeinde ist diese Festschrift erschienen.Beim Blättern darin finden Sie unterschiedliche Beiträge zur Geschichte und Gegenwart, die mal heiter, mal besinnlich, jedoch immer interessant den Blick auf bemerkenswerte Stationen in der Entwicklung dieser Gemeinde richten – wie bunte Tupfer in einem farbigen Blumenstrauß mutet das an! Um beim Beispiel des Blumenstraußes zu bleiben: Andere Menschen hätten diesen Strauß vielleicht anders gebunden, hätten andere Blumen in anderen Farben gewählt, andere Gräser geschnitten, alles anders kombiniert und damit andere Akzente gesetzt.

Sicherlich wäre ein solcher Strauß nicht weniger schön und gelungen, nicht weniger interessant und überzeugend – aber es wäre nicht unser Blumenstrauß!Wir alle wissen aus der Beschäftigung mit Geschichte, dass Wahrnehmung und Akzentuierung selektiv und subjektiv erfolgen, sodass damit immer eine bestimmte Interpretation und Bewertung verbunden ist.Fragen Sie doch z.B. einmal Geschwister nach gemeinsamen Erlebnissen in ihrer Kindheit – häufig werden Sie den Eindruck gewinnen, dass hierbei die Rede von ganz verschiedenen Lebensstationen ist, die unmöglich gleichzeitig und gemeinsam stattgefunden haben können.Und so ist es ja letztlich auch: wir Menschen sind alle verschieden, uns fehlt der Blick für 'das Ganze', wir nehmen nur bruchstückhaft wahr, wir sind nicht vollkommen.Allein diese Erkenntnis bietet uns jedoch die Freiheit, dem Entwurf dessen, was wir nach Gottes Plan sein dürfen und wollen, einen Schritt näher zu kommen.

Was bedeutet für uns Unabhängigkeit – speziell in einer Situation, in der wir bewusst und gezielt erste Schritte in Richtung einer Fusion odereines ‚Gemeindeverbundes‘ mit der Matthias-Claudius-Gemeindein Heiligensee unternehmen?Dies ist für uns nur vermeintlich ein Widerspruch; denn die Frage nach Abhängigkeit oder Unabhängigkeit stellt sich immer unter Berücksichtigung der aktuellen gesellschaftlichen Entwicklung.Unabhängig von allem, was ringsum geschieht, ist niemand, denn niemand lebt für sich allein, wie schon Paulus uns überzeugend dargelegt hat.Was gestern gut und sinnvoll war, bedarf heute der Überprüfung und ist morgen vielleicht nicht mehr haltbar. Somit sind wir abhängig in der Gestaltung unseres Lebens von der Entwicklung in der Zeit, wie Goethe es nennt: Ein kleiner Ring begrenzt unser Leben, und viele Geschlechter reihen sich dauernd an ihres Daseins unendliche Kette.

Unabhängig und authentisch jedoch wollen wir bleiben in unserem Bemühen um ein menschenfreundliches und liebevolles Profil unserer Gemeinde, in unserer Suche nach Spiritualität,immer auf der Reise, vertrauensvoll unterwegs zur Begegnung mit dem, der Zeit und Ewigkeit in seinen Händen hält.

Herzlich grüßtMarianne Felde für den Gemeindekirchenrat

Grußwort

Page 6: Festschrift Konradshoehe

6

Alles hat seine Z eitEin jegliches hat seine Zeit, und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde:

geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit; pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit;töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit; abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit;weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit; klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit;Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit; herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit;suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit; behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit;zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit;schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit;lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit; Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.

Man mühe sich ab, wie man will, so hat man keinen Gewinn davon.Ich sah die Arbeit, die Gott den Menschen gegeben hat, daß sie sich damit plagen.

Er hat alles schön gemacht zu seiner Zeit, auch hat er die Ewigkeit in ihr Herz gelegt; nur daß der Mensch nicht ergründen kann das Werk, das Gott tut, weder Anfang noch Ende.

Da merkte ich, daß es nichts Besseres dabei gibt als fröhlich sein und sich gütlich tun in seinem Leben.Denn ein Mensch, der da ißt und trinkt und hat guten Mut bei all seinem Mühen, das ist eine Gabe Gottes.

Ich merkte, daß alles, was Gott tut, das besteht für ewig; man kann nichts dazutun noch wegtun. Das alles tut Gott, daß man ihn achten soll.

Was geschieht, das ist schon längst gewesen, und was sein wird, ist auch schon längst gewesen; und Gott holt wieder hervor, was vergangen ist.

Prediger Salomo Kapitel 3 Verse 1-15

Page 7: Festschrift Konradshoehe

7

Die Kirchengemeinde Konradshöhe-Tegelort ist eine kleine, dabei selbstbewusste, lebendige und offene Gemeinde, die die Tradition zu bewahren sucht und gleichzeitig Neues wagt.

Im Zentrum unseres gemeindlichen Lebens steht die persön-liche Begegnung mit Gott. Diese zu eröffnen wollen wir Men-schen aller Generationen Raum geben für ein eigenverantwort-liches Miteinander. Gleichzeitig schaffen wir Räume für Stille, Gebet und das seelsorgliche Gespräch.

Wir gestalten theologisch reflektierte und liturgisch durchdach-te Gottesdienste. Es ist uns wichtig, die Gottesdienstbesucher und – besucherinnen durch Kirchenmusik, Raumgestaltung und eine zielgruppengerechte Sprache anzusprechen.

Wir lassen uns leiten von den Glaubenserfahrungen der „Müt-ter und Väter“, wie sie in der Bibel bezeugt sind. Dabei ist uns die unlösbare Verbindung des christlichen Glaubens mit dem Judentum grundlegend, denn wir sind uns als Christen unserer gemeinsamen Wurzeln mit dem Judentum bewusst.

Unser Menschenbild orientiert sich an der Gottesebenbildlich-keit aller Menschen. Deshalb ist uns die Achtung vor Menschen aller Religionen und Weltanschauungen wichtig. Wir suchen auch das Gespräch mit Menschen ohne Religion.Totalitäre Weltbilder und Menschen verachtende Ideologien lehnen wir ab.

Unsere besondere Aufmerksamkeit gilt Menschen in persönlichen Krisen und Notlagen und solchen, die aufgrund von Krankheit oder durch soziale Probleme gesellschaftlich benachteiligt sind.

Ein Schwerpunkt unserer Gemeindearbeit ist die Arbeit mit Kin-dern und Jugendlichen.

Wir bauen auf die wachsende Beteiligung Ehrenamtlicher in allen Bereichen des Gemeindelebens, da wir davon überzeugt sind, dass Gemeinde vom Engagement aller lebt.

Bei der Leitung der Gemeinde wünschen wir uns, dass mög-lichst viele Gemeindeglieder mit Interesse mitarbeiten und die Arbeit des Gemeindekirchenrates kritisch begleiten.Über unsere Überlegungen und Entscheidungen kommen wir gerne ins Gespräch.

Der Gemeindekirchenrat3. Mai 2007

Leitbild

Page 8: Festschrift Konradshoehe

8

Ich möchte Sie zu einer Zeitreise durch die Geschichte Konradshöhes und seiner Kirchen- gemeinde einladen. Keine Angst, wir werden nicht lange unterwegs sein; wir müssen das Rad der Geschichte lediglich um 143 Jahre ins Jahr 1865 zurückdrehen.Das, was wir heute als dicht bebaute Wohngegend zwischen Havel und Tegeler See kennen, war damals eine unbesiedelte Ackerbaulandschaft, fern vom Verkehr der Großstadt Berlin.

In diesem Jahr 1865 also, erwirbt der Berliner Kupferschmied Theodor Rohmann ein Grundstück ungefähr auf der Höhe des heutigen Steinadlerpfads 15 und nennt die neue Heimat nach seinem Sohn „Conrads

Höh“. Etwas später siedeln sich auch die ersten Großstädter in Tegelort an und gründen drei neue „Villen-vororte“: Konradshöhe, Tegelort und Jörsfelde. Politisch und auch kirchenrechtlich zuständig für die neuen Siedlungen ist Heiligensee.

Als die Siedlungen immer größer werden, wird eine Außenstelle der Heiligenseer Schule in Tegelort einge-richtet, die auch als Gottesdienstraum genutzt wird. Sehr praktisch, denn der Lehrer fungiert gleichzeitig als Küster und Vorsänger. Von nun an finden vier Gottesdienste im Jahr in der Tegelorter Schule statt, mit jeweils ungefähr 22 Gottesdienstbesuchern, so vermerkt es die Chronik. Fast so wie heute! 1897 zieht die Schule in das Eckgebäude Beatestrasse/Jörsstrasse um. Ein Harmonium und ein von einem Sommergast gespendetes

Taufbecken komplettieren die Einrichtung und so beginnt das 20. Jahrhundert in Konradshöhe-Tegelort! In den Jahren vor dem 1. Weltkrieg erfreut sich der Ort großer Beliebtheit als Sommerfrische; allmählich werden die auch heute noch bekannten Straßenverbindungen nach Tegel und Heiligensee angelegt. Während Tegelort und Jörsfelde schon recht dicht besiedelt sind, geht es in Konradshöhe sehr viel geruhsamer vor sich: 31 Einwohner und sechs massive Wohnhäuser zählt man um 1900.

Das Schöne an einer Zeitreise ist, dass man schwere Zeiten einfach überspringen kann und so lassen wir den 1. Weltkrieg hinter uns und landen erst wieder 1918 in Konradshöhe-Tegelort. Die Weimarer Verfassung trennt streng zwischen Schule und Kirche und so muss sich die Kirchengemeinde, die immer noch in der Schule be-heimatet ist, nach neuen Räumen umsehen. Ein Kostenvoranschlag für eine „Kapelle mit 100 Sitzplätzen“ ist schnell gemacht (42.900 Mark), fehlt „nur“ noch der geeignete Bauplatz. Und die Suche danach dauert...

In der Zwischenzeit wächst die Kirchengemeinde rasant, was dazu führt, dass 1925 ein Diakon eingestellt wird, der Andachten, Kindergottesdienst und Bibelstunden anbietet.Die Suche nach einem Platz für die Kirche geht weiter und was ewig währt, wird endlich gut:Im Sommer 1929 verkauft der Bauer Erdmann Lemcke der Kirchengemeinde ein 5000 m2 großes Grundstück am Schwarzspechtweg für 30.433 Feingoldmark. Viel Geld, vor allem in Weltwirt-schaftskrisenzeiten. Um den Kauf finanzieren zu können, muss die Gemeinde anderes Land ver-kaufen. Der erste Schritt ist nun getan, aber der Weg zu dem Gotteshaus, in dem wir sonntags gemeinsam feiern, ist noch sehr weit! Wie gut, dass wir ihn auf unserer Zeitreise nur kurz strei-fen müssen. Eine ausführlichere Beschreibung des Kirchbaus finden Sie übrigens im Aufsatz von Jörg Müller. Nur kurz: die wirtschaftlichen Verhältnisse sind zu Beginn der 30iger Jahre so schlecht, dass sogar überlegt wird, das Baugelände wieder zu verkaufen. Dabei sind die räumlichen Bedin-gungen, unter denen das Gemeindeleben stattfindet, wirklich prekär oder wie es der damali-ge Pfarrer Haack ausdrückt …“wie in einer brasilianischen Auslandsgemeinde“. Gottesdienste, Kinder- und Jugendgruppen, Konfirmandenunterricht….alles muss in der Schule stattfinden, in der die Gemeinde ein zwar zahlender, aber dennoch ungern gesehener Gast ist. Mit großen Augen beobachtet die Gemeinde wie eine stattliche katholische Kirche im Anschluss an das Mädchenheim (heute Haus Conradshöhe) gebaut wird, dabei gibt’s doch viel weniger Katholiken in Konradshöhe!

Beate- Ecke Jörsstraße (Aufnahme von 1978)

Zur Geschichte der KirchengemeindeDr. Ursula Ganzer

Page 9: Festschrift Konradshoehe

9

Der Kirchbau fällt in eine politisch düstere Zeit; viel geben die Quellen nicht her, aber es scheint so gewe-sen zu sein, dass sich in der Kirchengemeinde Konradshöhe-Tegelort sowohl Deutsche Christen, als auch Mitglieder, die der staatsgelenkten Kirche kritisch gegenüberstanden, versammelt haben. Hätten wir auf unserer Zeitreise ein Fernglas zur Hand, um die Ereignisse in dieser Zeit besser verfolgen zu können, dann wäre der Blick auf die Jahre unmittelbar vor dem 2. Weltkrieg eher unscharf. Zumindest das kann gesagt werden: Der große Kirchenkampf hat in Konradshöhe nicht statt gefunden.1939 ist die Kirche dann fertig und wird am 26. Februar des Jahres geweiht. Sie ist die letzte vor dem Ende des Krieges fertig gestellte Kirche in Berlin!Der Krieg trifft auch das idyllische Konradshöhe: 1942 werden die drei Glocken eingeschmolzen, der Pfarrer wird kriegsbedingt versetzt, die Kirche durch eine Luftmine und einen Bomberabsturz beschädigt. Die Schä-den können nicht sofort behoben werden: Orgel und Altargemälde werden durch das eindringende Wasser stark in Mitleidenschaft gezogen.

1945 ist der Krieg zu Ende, Reinickendorf gehört zum französischen Sektor, das Leben normalisiert sich. Allerdings dauert es noch gute drei Jahre bis die Schäden an der Kirche beseitigt sind: Das Altargemälde und der Innenraum werden sogar erst in den 60iger Jahren wieder hergestellt sein.1947 wird die Kirchengemeinde Heiligensee neu aufgegliedert: am 1. September 1948 ist der Zeitpunkt für die Selbständigkeit der Gemeinde Konradshöhe-Tegelort gekommen. Innerhalb von knapp 50 Jahren hat sich die Kolonie mit 123 Einwohnern zu einem Ort mit 5000 Einwohnern gemausert.Die 50iger und 60iger Jahre stehen ganz im Zeichen des Wiederaufbaus und des Wachstums: Das Kirchengelände am Schwarzspechtweg wird ausgebaut, Hausmeisterwohnung, Jugendzentrum, Mini-club und neuer Bürotrakt entstehen. Außerdem wird ein neues Gemeindezentrum in Tegelort geplant, um die Tegelorter Bevölkerung besser betreuen zu können. Es entsteht schließlich in der Beatestr. 29 und umfasst neben Kirchsaal und Gemeinderäumen eine Schwesternstation, sowie Hausmeister- und Pfarrwohnung.

In den 70iger Jahren kündigt sich bereits das an, was heute permanente Realität ist: es muss gespart wer-den; die Tegelorter Pfarrstelle fällt weg. Zunächst werden beide Gottesdienststätten beibehalten bis dann doch nach einiger Zeit keine Gottesdienste mehr in Tegelort stattfinden.

Nun stellt sich die Frage, was aus dem Tegelorter Gemeindezentrum werden soll? Das (noch gar nicht so) alte Gebäude ist schwer renovierungsbedürftig, warum es nicht abreißen und etwas ganz Neues, in die Zukunft gerichtetes wagen?Auf einer Zeitreise stellen sich Entscheidungsfindungen und ihre Umsetzung naturgemäß als sehr schnell dar; in Wirklichkeit dauert es über 10 Jahre bis aus der Vision eines Projekts generationenübergreifenden Wohnens mit altersgerechten Wohnungen, Kita und Begegnungszentrum das wird, was wir heute als den „Altenhof“ kennen. Die Schwierigkeiten, Probleme und Sorgen, die vielen Nächte geraubten Schlafs über-springen wir getrost. Im Juni 2005 ist Einweihung des neuen Schmuckstücks!Der Beginn des 21. Jhd. wird durch große Geldsorgen überschattet. Die Gemeinde verfügt nur über geringe Rücklagen. Eine Personalstelle nach der anderen erhält den „kw“ („kann wegfallen“) Vermerk, zuletzt trifft es die Kirchenmusikerin. Ein rühriger Förderverein wird gegründet, der es ermöglicht, dass die Aktivitäten auf dem Grundstück, im Sekretariat, in der Kinder- und Jugendarbeit weitergehen. 2007 tauchen dann die ersten Gedanken an eine Fusion mit der Heiligenseer Matthias-Claudius-Gemeinde auf. Also 60 Jahre nach der Unabhängigkeit von Heiligensee ein „back to the roots“? Diese Frage katapultiert uns wieder in die Gegenwart; unsere Zeitreise ist zu Ende.Was wird die Zukunft bringen? Können wir unser buntes Gemeindeleben bewahren? Wie wird sich die Personalsituation entwickeln? Werden wir genügend Menschen finden, die sich mit Herz und Hand für die Gemeinde engagieren? Wie lassen sich die Gebäude mit bescheidenem Budget erhalten? ...Fragen, auf die es im Moment noch keine Antwort gibt und die manche Ängste hervorrufen können.

Aber die eine Antwort gilt:So spricht der Herr, der dich geschaffen hat: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen; du bist mein. Jesaja 43.1

Page 10: Festschrift Konradshoehe

10

Die rasche Siedlungstätigkeit während der Gründerjahre führte bei der Landgemeinde Heiligensee zu dem Entschluss, eine „Außenschule“ in Tegelort einzurichten, deren feierliche Eröffnung 1895 in einem

inzwischen abgerissenen Wohngebäude in der heutigen Beatestraße 7 stattfand. Durch die damals noch vor-handene Verbindung zwischen Schule und Kirche wurde der Klassenraum (für 17 Schulkinder – alle evangelisch – der 123 Einwohner gab es nur einen) für den Aufbau einer „Kirchengemeinde Tegelort“ genutzt.Als Gründungstag kann der 22. Dezember 1895 gelten, an dem zum ersten Mal ein evangelischer Gottesdienst in Konradshöhe-Tegelort abgehalten wurde. Zunächst mußte sich die neue Gemeinde mit dem rein für schu-lische Zwecke eingerichteten Klassenraum zufrieden geben. Erst später konnte dem Raum durch die Spende einer schwarzen Altardecke, eines Kruzifixes, zwei vergoldeten Kerzenhaltern, eines silbernen Taufbeckens und eines Harmoniums eine sakrale Ausstattung gegeben werden. 1897 zog die Schule und damit auch der Gottesdienst in das Wohngebäude Beatestraße 40 Ecke Jörsstraße um, bevor am 15. Juni 1905 das Gemeindeschulhaus (mit Predigtstätte) in der Luisenstr. 21/23 eingeweiht wurde.

Erste BauabsichtenKurz nach dem Ende des Ersten Weltkrieges (1918/19) gab es erstmalig Überlegungen, eine Kirche oder Kapelle mit 100 Sitzplätzen in Tegelort zu errichten. Da sich die Kirchengemeinde Heiligensee, zu der Konradshöhe-Tegelort kirchenrechtlich bis 1948 gehörte, über einen geeig-neten Kirchbauplatz nicht einigen konnte, wurde der bereits vorliegende Entwurf einer Hennigs-dorfer Baufirma nicht ausgeführt. Die nachfolgende Inflationszeit machte weitere Überlegungen zunächst überflüssig.Der nächste Anlauf wurde erst 1925 unternommen. Doch der Antrag an den Forstfiskus auf un-entgeltliche Überlassung eines zwei Morgen großen Grundstücks am Ortseingang von Tegelort scheiterte. Fast 50 Jahre später wurde an der gleichen Stelle die „Grundschule am Tegelschen Ort“ errichtet.

Grundstückserwerb und BauplanungErst 1929 konnte das heutige etwa 5100 qm große Kirchengrundstück am Schwarzspechtweg 1-3 Ecke Eichelhäherstraße erworben werden. Die einer Gemeindeversammlung angebotene Al-ternative eines Kirchbauplatzes am Goetheplatz (heute: Pumpwerk der Berliner Wasser-Betriebe an der Buntspechtstraße) wurde aus verkehrstechnischen Gründen abgelehnt.Die Kirchengemeinde war willig, den Kirchbau so schnell wie möglich nach Abschluss der Grund-stückssuche in die Tat umsetzen zu lassen, doch es haperte damals wie in vielen Fällen an dem nötigen „Kleingeld“. Nur zögernd gingen deshalb die Planungen voran. Erst 1933 beauftragte die Kirchengemeinde den Architekten Ulrich mit der Erstellung von vier Vorentwürfen, deren Verwirklichung aus Kostengründen nicht höher als 30.000 Reichsmark liegen durften.Auf Grundlage der vorgelegten Vorentwürfe sollte 1935/36 ein Kirchbau-Wettbewerb ausge-schrieben werden. Ob dieser tatsächlich stattgefunden hat, lässt sich aus den Quellen nicht mehr bestätigen. Jedoch ist es nicht ausgeschlossen, dass aufgrund dieses Bauwettbewerbs der Architekt und Geheime Hofbaurat Prof. Otto Kuhlmann im Juni 1937 mit der Ausführung seines im Juni 1936 vorgelegten Entwurfes (Kirchenschiff, Turm und Pfarrhaus) beauftragt wurde. Der Architekt hatte bereits 1907-10 die städtebauliche Gesamtanlage des Spandauer Johannesstiftes entworfen.

BaurealisierungNachdem im Oktober 1937 nach fast zwanzigjähriger Planungsphase mit dem Bau begonnen worden war, konnte am 7. November 1937 die offizielle Grundsteinlegung erfolgen, bei der der Name des entstehenden Gebäudes mit „Jesus-Christus-Kirche“ festgelegt wurde.Durch die großzügige Stiftung des Heiligenseer Landwirts Erdmann Lemcke konnte ein acht mal vier Meter großes farbiges Fresko in Auftrag gegeben werden, welches die gesamte Wandfläche hinter dem Altar in Anspruch nimmt und dem Kirchsaal seine Ausstrahlung verleiht. Das Fresko,

BaugeschichteDr. Jörg Müller

Page 11: Festschrift Konradshoehe

11

das der Oldenburger Kirchen- und Bibelmaler Prof. Dr. Rudolf Schäfer gestaltete, zeigt Jesus Christus als den Herrn seiner Gemeinde, wie ihn der Seher der Offenbarung des Johannes schildert. Auch die übrige Inneneinrichtung geht auf Schäfer zurück.Der ursprüngliche Einweihungstermin der neuen Kirche am Reformationstag 1938 „platzte“, da die In-neneinrichtung zu diesem Zeitpunkt noch nicht fertig war. Die Kirchweih fand daraufhin am 26. Februar 1939 statt (und war damit der letzte fertiggestellte Kirchbau vor Ende des Zweiten Weltkrieges in Ber-lin). Die gesamten Baukosten des im Heimatstil der dreißiger Jahre erbauten Kirchengebäudes beliefen sich auf über 160.000 Reichsmark und waren damit doppelt so hoch wie bei Auftragsvergabe vereinbart worden war.Die Freude unter den Gemeindegliedern war groß, endlich nicht mehr die Gastfreundschaft der Schule in Anspruch nehmen zu müssen. Doch sie sollte nicht lange währen! Im Verlauf des kurz darauf beginnen-den Zweiten Weltkrieges wurden alle drei Kirchenglocken „auf Befehl des Führers“ zum Einschmelzen abgeholt. Durch Luftminen und den Absturz eines kanadischen Bombers in unmittelbarer Nähe wurden dem Kirchbau Schäden am Dach und an den Fenstern zugefügt, die nicht sofort behoben werden konn-ten und zu bleibenden Schäden an der Orgel und am Fresko führten.

Wiederaufbau und SelbstständigkeitIn der Zeit des Wiederaufbaus wurde die Jesus-Christus-Kirche von der Kirchengemeinde Heiligensee ab-getrennt. Seit 1. September 1948 ist sie als Ev. Kirchengemeinde Konradshöhe-Tegelort selbstständig. Zu-nächst wurde für die Kirche ein neues Geläut angeschafft. Nachdem im Kirchturm 1958 wieder drei Glocken läuteten, wurde 1961 der Altarraum nach „modernen“ Gesichtspunkten durch den Architekten Dietrich Rö-mer umgestaltet: Steinaltar und Schäferkanzel verschwanden! (Die Altarsteine des Hochaltars befinden sich heute eingemauert rechts und links neben dem neuen Altartisch aus Holz.) Das damals verhängte Fresko ist nach Protesten 1967 durch den Kirchenmaler Siegmund Hahn wiederhergestellt worden und prägt seitdem wieder den ansonsten schichten Kirchsaal. Eine neue Orgel konnte 1970 eingeweiht werden, die wegen ihrer Größe nicht mehr auf der Empore, sondern an der Rückseite des Kirchenschiffes ihren Platz gefunden hat. Zum 50jährigen Bestehen 1989 wurde der Kirchsaal nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten durch den Architekten Jörg Müller erneuert. 1995 folgte aus Denkmalmitteln des Landes Berlin die Dach- und Fassade-nerneuerung. Seitdem steht der Gebäudekomplex unter Denkmalschutz. Im Jahr 2001 konnte als krönender Abschluss die fachgerechte Restaurierung des Altarfreskos mit Mitteln der Deutschen Stiftung Denkmal-schutz und des Landes Berlin durch die Restauratoren Annett Schulz und Thoralf Herschel erfolgen.

ErweiterungenBereits 1955 wurde die Errichtung des noch von Prof. Otto Kuhlmann entworfenen Erweiterungsbaus (Pfarrhaus-Doppel an der Südseite der Kirche) angestrengt, doch eine Realisierung scheiterte an den feh-lenden finanziellen Mitteln.Die bestehende Gebäudegruppe wurde einige Jahre später nach einem Entwurf des Architekten Dietrich Rö-mer aus dem Jahr 1960 mit einem zweigeschossigen Bau für Jugendräume und eine Hausmeisterwohnung erweitert, der nach Grundsteinlegung (3.4.1961) und Richtfest (14.7.1961) am 10. Dezember 1961 seiner Bestimmung übergeben werden konnte (rund 118.000 DM). 1970/71 fügte der Architekt Wolfgang Kamisch zwischen Kirche und Jugendzentrum einen eingeschossigen Verbindungstrakt mit Büroräumen ein, der am 20. Juni 1971 eingeweiht wurde (rund 143.000 DM).

Page 12: Festschrift Konradshoehe

12

Gemeindezentrum TegelortUm eine noch bessere kirchliche Betreuung der Tegelorter Bevölkerung zu gewährleisten, kam Anfang der sechziger Jahre die Idee zum Bau eines evangelischen Gemeindezentrums auf. Zu dieser Zeit (seit 1951) hatte auch die evange-lisch-methodistische Gemeinde zu Tegel in der Jörsstraße 24 eine kleine Versammlungsstätte („Friedenskapelle“), die allerdings 1965 entwidmet und kurze Zeit später abgerissen wurde.Nach vielen Recherchen wurden die Grundstücke Theresenweg 9 b und 9 c für den geplanten Bau als geeignet emp-fohlen. Da die Gemeinde jedoch aufgrund fehlender finanzieller Mittel nicht selbst tätig werden konnte, erwarb 1961 der Berliner Stadtsynodalverband (Landeskirche) diese beiden Grundstücke. Doch erst als 1963 auch das Grundstück Beatestraße 29 und als „Verbindung“ das Hinterland vom Grundstück Theresenweg 8 angekauft werden konnten, wurde mit den Bauplanungen für das Gemeindezentrum begonnen.Im März 1965 wurde der Architekt Ewald Bubner mit der Realisierung seiner 1964 vorgelegten Planung (Kirchsaal, Gemeinderäume, Schwesternstation, Hausmeister- und Pfarrdienstwohnung) beauftragt. Bubner baute zeitgleich noch drei weitere Gemeindezentren in Berlin, die sich im Aussehen alle sehr ähnelten. Die Kirchenbehörde hatte in Tegelort für eine Holzkonstruktion mit Flachdächern plädiert und setzte sich damit gegen den Willen der Gemeinde durch, die einen massiven Steinbau bevorzugte.Der Grundsteinlegung am 23. Mai 1965 und dem Richtfest am 15. Oktober 1965 folgte die Einweihung der einge-schossigen Anlage am 18. Dezember 1965. Die Bauarbeiten konnten infolge vielerlei Baumängel offiziell erst 1969 abgeschlossen werden. Die Baukosten beliefen sich letztlich auf rund 640.000 DM.Aufgrund der Tatsache, dass es sich um ein landeskirchliches Grundstück handelte, wurde mit der Gemeinde lediglich ein auf 25 Jahre laufender Nutzungsvertrag abgeschlossen, der im November 1990 um weitere zehn Jahre verlängert wurde (bis 2000). Das Gemeindezentrum verfügte in den ersten Jahren lediglich über ein Harmonium, das die wö-chentlichen Gottesdienste begleitete. Erst nach Anschaffung der neuen Konradshöher Orgel 1970 erhielt der Tegelor-ter Kirchsaal die 1964 gekaufte Schuke-Kleinorgel, die bis zu diesem Zeitpunkt im Altarraum der Jesus-Christus-Kirche stand. Die Pfarrdienstwohnung des Gemeindezentrums wurde nach ersten Skizzen vom Architekten Klaus Diemert 1974/75 durch die Architekten Dieter Günther und Friedemann Snigula für rund 83.000 DM um ein Zimmer erweitert. 1984 wurde die bisherige Schwesternstation (Diakonissenwohnung) zugunsten zusätzlicher Gemeinderäumlichkeiten entwidmet.

Zukunft des Tegelorter KirchengrundstücksBereits 1976 kam erstmals der Gedanke auf, den vorderen Teil des Tegelorter Kirchengrundstückes zu bebauen. Das dort stehende kleine Gartenhäuschen sollte dafür abgerissen werden, was Ende 1977 geschah. Erst gut zehn Jahre später, 1989, fand sich mit der Hilfswerk-Siedlung GmbH ein kirchlicher Interessent für die vordere Grundstückshälfte - allerdings zur Errichtung von zwei Doppelhäusern. Die Gemeinde lehnte diese Lösung ab, um dem Gemeindezentrum ein „Hinterhof-Dasein“ zu ersparen. Mit Abschaffung der Tegelorter Pfarrstelle fanden im Gemeindezentrum nach einer Übergangszeit immer seltener Gottesdienste statt. Der seit langem verfolgte Plan zum Bau eines freistehenden Glockenturms wurde fallengelassen. Die bereits vorhandene Glocke wurde über das Berliner Missionswerk an die Ev.-Luth. Kirche in Tansania verschenkt.Seit 1986 beschäftigte sich der Gemeindekirchenrat immer wieder sporadisch mit der langfristigen Zukunft des Gemeindezentrums. Ein Gutachten des Kirchlichen Bauamtes stellte im April 1987 vielfache Undichtigkei-ten an der Außenhaut des Gebäudes fest und veranschlagte eine Behebung auf mindestens 250.000 DM. Das Gutachten eröffnete eine Reihe von Gedankenspielen, deren Höhepunkt 1989/90 erreicht wurde mit dem vom Kirchlichen Bauamt unterstützten Vorschlag, das Gemeindezentrum aufzugeben und dafür zusätzliche Räum-lichkeiten in Konradshöhe zu errichten. Aufgrund der im August 1990 vorgestellten Entwürfe des Architekten Jochen Langeheinecke entschied sich eine Gemeindeversammlung zum Erhalt der damaligen Situation. Die Zeit war noch nicht reif für neue Visionen!

Jesus-Christus-Kirche (1940)

Page 13: Festschrift Konradshoehe

13

Projekt Altenhof TegelortNachdem der Gemeinde 1995 das Tegelorter Kirchengrundstück grundbuchrechtlich übertragen wurde, entstand unter Federführung des damaligen Vorsitzenden des Gemeindekirchenrates 1997 zusammen mit der Diakonie Reinickendorf ein neuer Ansatz: ein generationenübergreifendes Projekt mit altengerechten Wohnungen, Begegnungszentrum und Kindertagesstätte, zu dem die Architektengemeinschaft Juschkus, Hansen und Wiegner die Entwürfe lieferte.Das Bezirksamt Reinickendorf unterstützte das Vorhaben u.a. mit der Aufstellung eines speziellen Bebauungsplans (1999). Als Partner wurde von der Gemeinde am 6.11.1999 eine christlich orientierte „Ev. Wohnungsgenossenschaft Altenhof Tegelort“ gegründet. Bereits 1997 war die Tegelorter Orgel als „Dauerleihgabe“ der Dorfkirche Dahlewitz (Teltow) übergeben worden.Nach innerkirchlichen Klärungen konnte am 18. Mai 2000 der erste Spatenstich für die Kindertagesstätte (als 1. Bau-abschnitt) durchgeführt werden; Grundsteinlegung (15.7.2000) und Richtfest (10.8.2000) folgten, so dass bereits am 6. Januar 2001 die Einweihung der eingeschossigen Evangelischen Kindertagesstätte (30 Plätze) mit dem ökologischen Tonnendach gefeiert werden konnte (783.000 DM). Für den anstelle des (im Sommer 2000 abgerissenen) Gemeindezentrums geplanten Altenhof mit gemeindlichem Begegnungszentrum und 23 seniorengerechten Wohnungen bedurfte es noch zahlreicher grundstücksrechtlicher und finanzieller Klärungen mit der Kirchenbehörde und den Banken, ehe auch für diesen zweiten Bauabschnitt der erste Spatenstich (21.6.2003), der Baubeginn (1.5.2004), das Richtfest (22.10.2004) und die Einweihung am 11. Juni 2005 ge-feiert werden konnten. Der hintere Grundstücksteil bildet seitdem eine Eigentümergemeinschaft, wobei die Gemeinde ihr Grundstück gegen das Sondereigentum am Begegnungszentrum „eingetauscht“ hat. Das Gesamtgelände hat damit 40 Jahre nach Einweihung als gemeindlicher Stützpunkt eine neue kirchlich-orientierte Zukunft erhalten.

Gemeindezentrum ‚Altenhof‘

Vorsitzende des Gemeindekirchenrates1895-1918 Friedrich August Baack 1918-1919 Herr Lauterbach (Vakanzvertretung) 1920-1948 Paul Haack 1948-1951 Johannes Krinke 1951-1956 Hans Latkowski 1956-1959 Klaus Harms 1959-1972 Dietrich Hillebrand 1973-1976 Einar Elmer 1976-1977 Heinz Ohme 1978-1989 Christian Börner 1989-1990 Christian Grober 1990-1995 Christian Börner 1995-2001 Dr. Jörg Müller 2001-2004 Werner Kesten 2004-heute Andrea Richter Pfarrer an der Gemeindeschule Tegelort 1895-1918 Friedrich August Baack 1918-1919 Herr Lauterbach (Vakanzvertretung) 1920-1936 Paul Johannes Haack 1936-1937 Herr Dr. Schwank (Bezirkspfarrer) 1937-1939 Herbert Thiele (Hilfsprediger)

Pfarrer an der Jesus-Christus-Kirche1939-1943 Herbert Thiele (Hilfsprediger) 1943-1945 Dr. Karl Schwarzlose (Vakanzvertretung) 1945-1951 Johannes Krinke 1951-1956 Hans Latkowski 1956-1959 Klaus Harms 1959-1972 Dietrich Hillebrand 1973-1977 Einar Ellmer 1977-1998 Christian Börner 1998-heute Andrea Richter

Pastorinnen am Gemeindezentrum Tegelort 1964-1973 Elma Waubke(-Berendts) 1974 Dr. Marion Schwarze(-Nordmann) 1974-1977 Renate Maria Heydenreich

Page 14: Festschrift Konradshoehe

14Die erste Predigt in der Jesus-Christus-Kirche am 26. 2. 1939

Page 15: Festschrift Konradshoehe

15

Page 16: Festschrift Konradshoehe

16

Am Grunde der Moldau wandern die Steine,es liegen drei Kaiser begraben in Prag.Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine.Die Nacht hat zwölf Stundendann kommt schon der Tag.

Es wechseln die Zeiten.Die riesigen Pläne der MächtigenKommen am Ende zum Halt.Und gehen sie einher auchwie blutige Hähne,es wechseln die Zeiten, da hilft kein Gewalt.

Am Grunde der Moldau wandern die Steine,es liegen drei Kaiser begraben in Prag.Das Große bleibt groß nicht und klein nicht das Kleine.Die Nacht hat zwölf Stundendann kommt schon der Tag.

Bertold Brecht

Das Lied von der Moldau

Weihnachtstransparent von Siegfried Kühl

und Scharfenberger SchülerInnen

Page 17: Festschrift Konradshoehe

17

24. Dezember 1993Heute ist Heiligabend. Unzählige Menschen wachen wie ich morgens auf und reagieren ganz unterschiedlich auf diese Tatsache: mit Erleichte rung, weil die endlosen Vorbereitungen nun zu Ende sind; mit Angst vor der in diesen Tagen besonders drückend empfundenen Einsamkeit; und die Kinder, die gespannt auf die Erfüllung ihrer Wünsche warten. Nicht viele werden aber an das denken, was uns in den frühen Morgen-stunden bewegt: Heiligabend ist unser Hochzeitstag, und der liegt heute 45 Jahre zurück. Daran denken wir gern zurück.Vor mir liegen die Hochzeitsbilder, schwarzweiß, und eine selbst hand geschriebene und gezeichnete Hochzeitszeitung. Auf dem einen Foto: Das junge Paar, beide Lehrerlehrlinge im Weddinger Schuldienst, sie mit einem Mantel, den eine Modistin aus zwei Decken geschneidert hat, und einer braunen Plüschmütze, denn es ist unangenehm nasskalt; er in einem schwarzgefärbten amerikanischen Militärmantel, auf dessen Ärmeln die Buchstaben PW (Prisoner of War) noch nicht ganz verblasst sind. So kom men die Jungvermählten aus dem Standesamt Wedding.In seinen Lebenserinnerungen schreibt mein Vater über seine Hoch zeit 1922: „Heute muss ich nur staunen, woher wir den Mut nahmen, eine Familie zu gründen. Es war schon beinahe tollkühn, denn seit 1920 war die Infla tion immer größer geworden und lähmte auch alle Unternehmen. . .“ Nun stand der Sohn wieder vor einem politischen Scherbenhaufen, noch schrecklicher und riesiger als 1918.

24. Dezember 1948Unsere Gäste, meine Braut und ich warten auf der Treppe zur Empore in der Konradshöher Jesus-Christus-Kirche auf das Ende der Christves per. Dann soll unsere kirchliche Trauung beginnen. Wir wissen nicht, ob wir vor Kälte im ungeheizten Vorraum zittern oder vor Aufregung. Die meisten Gemeindemitglieder bleiben noch zu unserer Trauung, da meine Schwiegereltern im Dienste der Kirche stehen: Schwiegermutter als Kü sterin, Schwiegervater als Diakon.Ein Fotograf hat die Erlaubnis erhalten, Fotos von der Trauungszere monie zu machen.Für jüngere Leser will ich aber noch ein wenig auf die Vorbereitungs arbeiten eingehen. Beileibe nicht mit dem weit verbreiteten Spruch: zu meiner Zeit, da. Nein, wenn es heute jungen Paaren Spaß macht, zu ihrer Trauung im Rolls-Royce vorzufahren, sind wir kein bisschen nei disch. Wir freuen uns mit ihnen.Weihnachten 1948 war das dritte Fest nach Kriegsende. (Kurz vor dem ersten 1946 war ich aus amerikanischer Gefangenschaft entlassen wor den.) Es gibt große Schwierigkeiten beim Kauf eines Blumenstraußes. In einem der wenigen, zu dieser Zeit fast leeren Blumenläden in der Müller straße finde ich schließlich Alpenveilchen.Meine Braut hat durch eine Anzeige ein Brautkleid für 80 RM erwor ben. Brautkranz, Schleier und Schuhe kann sie von der Mutter eines Schü lers bekommen. Ich kaufe aus dem Nachlass eines verstorbenen Tegelor ters einen Anzug, der zwar dunkel, aber zu eng ist.Außer einem Geschenk hat das Kollegium der 37. Volksschule in der Ofener Straße 100 RM gesammelt, für die wir einen Zentner Kartoffeln kaufen können. Schwiegermutter, eine Frau vom Lande und den Realitä ten des Lebens und Überlebens zugewandte Frau, ist zwar nicht ganz mit der Wahl ihrer Tochter einverstanden – welche Mutter ist das schon? – , aber die meist von weither angereisten Gäste sollen auf keinen Fall frie ren und hungern. Auch für die Übernachtung müssen wir Vorsorge tref fen, denn die Straßenbahn 28 fährt nicht die ganze Nacht. Aber in den oberen Gemächern des Pfarrhauses, in dem meine Schwiegereltern auch ihre Wohnung haben, gibt es genug Schlafplätze: Betten für die Damen, Liegen für die Herren.

Hochzeitstag

Page 18: Festschrift Konradshoehe

18

Am Vorabend der Hochzeit putzen wir Gemüse und schälen Kartoffeln anstelle des sonst üblichen Polterabends. (Unserer Meinung nach ist schon genug Porzellan zerschlagen worden.) So gibt es am Hochzeitstag im mollig warmen Wohnzimmer der Braut eltern einen deftigen Hühnersuppeneintopf. Wegen chronischen Unter gewichts hat man dem Bräutigam den größten Teller, der aufzutreiben war, hingestellt und anstelle eines normalen Suppenlöffels einen Servier löffel. Am Nachmittag sorgt ein buntes Programm für Stimmung: Lieder und Gedichte und die Verlesung der Hochzeitszeitung, deren Anzeigenteil heutigen Lesern einiges Kopfzerbrechen bereiten dürfte. Da steht zum Beispiel eine Anzeige vom Schwiegervater:

„Wer hat freie Stromspitzen zwecks Abhörens des Landfunks? Brauche neue Legerezepte für meine Hühner.“ (Es war die Zeit, als die West-Berliner wegen der russischen Blockade aus der Luft versorgt werden mussten und der elektrische Strom nur stun denweise geliefert wurde.)

Oder eine Anzeige für meinen Vater, der als erster der Familie die Be kanntschaft seiner zukünftigen Schwiegertochter gemacht hatte und von deren Liebreiz überwältigt worden war: „Suche dunkelblaue Brille zur Blendung meiner strahlenden Augen bei Begegnung mit meiner Schwiegertochter.“

Oder eine Anzeige von Schwiegermutter:„Wer hat noch Raum, wer hat noch Platz für meinen letzten Hamsterschatz. Ein Kürbis ist‘s, ich lüg‘ nicht sehr, wohl an die 50 Tonnen schwer, gefüllt mit feinster Tafelbutter und noch ein bisschen - Hühnerfutter.“

Während die älteren Gäste nach dem Abendessen das gemütliche Wohn zimmer vorziehen, treibt es die jüngere Generation in den uns zur Verfü gung gestellten Gemeindesaal zu Tanz und Musik. Spät endet der Tag mit der unter viel Gelächter und Witzen vorgenommenen Verteilung der Gä ste auf die diversen Schlafgelegenheiten. Am nächsten Tag begibt sich das junge Paar auf die „Hochzeitsreise“: mit der Straßenbahn 28 in den Wedding, wo die Braut in der Edinburgher Straße schon längere Zeit ein Zimmer zur Untermiete bewohnt. Unser Nest ist schon weihnachtlich geschmückt mit einem Bäumchen aus..., aber da ich nicht weiß, wann solche Straftaten verjähren, will ich das lieber verschweigen.

Mein sind die Jahre nicht,die mir die Zeit genommen.

Mein sind die Jahre nicht,die etwa möchten kommen.

Der Augenblick ist mein!

Und nehm ich den in acht,so ist der mein,der Zeit und Ewigkeit gemacht.

Andreas Gryphius

Der Augenblick

Page 19: Festschrift Konradshoehe

19

Im Sommer 2007 ist auf Initiative des Familienkreises auf dem Vorplatz unserer Kirche ein Labyrinth entstanden. Das Labyrinth ist ein uraltes Symbol. Wir erinnern uns an

Kreta, an Theseus und den Minotaurus und an Ariadne mit ihrem roten Faden. Im christli-chen Abendland gilt das Labyrinth als ein Symbol für den Lebensweg des Menschen in einer unvollkommenen und erlösungsbedürftigen Welt.

Ein Labyrinth hat eine Mitte, ein Zentrum, auf das hin sein Weg läuft. Ein Labyrinth ist kein Irrgarten, es gibt nur EINEN, einzigen Weg. Zwar gibt es auf diesem Weg zahlreiche Wendepunkte, in denen man seine Richtung um 180° verändern muss, und es den Anschein hat, als ginge man gerade wieder zurück von wo man kam, aber egal: man kommt dennoch auf dem Weg voran, kontinuierlich der Mitte näher. Wenn ich nur unterwegs bleibe, kann ich die Mitte nicht verfehlen. Vom Labyrinth kann ich GELASSENHEIT lernen: auch die Umwege, die mich vom Ziel scheinbar weit abbringen, auch sie führen zum Ziel. Auch, wenn es so aussieht, als stünde ich immer wieder am Anfang, einmal erreiche ich die Mitte doch.

Die jüdischen Mystiker erzählen sich die Geschichte vom frommen Rabbi Eisik aus Krakau, dem im Traum befohlen wurde, weit nach Prag zu reisen und unter der Brücke, die zum Schloss des böhmischen Königs führt, nach einem Schatz zu graben. Der Rabbi gehorchte der Eingebung, machte sich auf die Reise und gelangte schließlich zur Schlossbrücke, wo er des Nachts zu gra-ben begann. Kaum begonnen wurde er von der Schildwache beim Graben ertappt und gefangen genommen. In der Hoffnung, die Freiheit wieder zu erlangen, erzählte er die Geschichte seines Traumes. „Du Narr“, antwortete ihm der Soldat, „auch ich habe in der Nacht geträumt, ich müsse nach Krakau reisen, das Haus eines Rabbi namens Eisik im Ghetto aufsuchen und im Garten un-ter einer rotblühenden Kastanie graben, um einen großen Schatz zu heben, aber denkst du, ich mache mich deshalb gleich auf den Weg? Was würde aus der Welt, wenn ein jeder nach seinen wirren Träumen handelte? Weil du aber nur ein Dummkopf bist und nichts Arges im Schilde führst, so will ich Dich laufen lassen!“ Der Rabbi konnte sein Erstaunen nicht verbergen, aber er hatte genau zugehört. Unter tiefen Verneigungen bedankte er sich und kehrte schleunigst nach Hause zurück, wo er unter der rotblühenden Kastanie in seinem Garten den Schatz entdeckte.

Das ist die Geschichte von einem, der seinem Traum folgte, dem tief verwurzelten Glauben, dass es im Innersten des Menschen eine Stimme gibt, die uns den Weg zum Schatz unseres Lebens zeigt. Aber ach, an dem vermuteten Ort scheint es nicht weiterzugehen. Er landet im Gefängnis. Nie schien das Ziel ferner. Doch dann: genau an diesem Punkt im Leben, als alles so komplett aussichtslos erschien, erfährt er das Entscheidende, den Ort, an welchem der Schatz wirklich zu finden ist. Der vermeidliche Irrweg ist vielmehr der einzig richtige.

Unser LabyrinthAndrea Richter

Chartres, 12. Jh. Labyrinth

Page 20: Festschrift Konradshoehe

20

Auch das Labyrinth versinnbildlicht solche „Wendepunke“, die dem äußeren Anschein nach vom Ziel weg füh-ren und uns dennoch letztlich auf dasselbe hin leiten. Wenn Du meinst, Dein Weg könne ohne Windungen verlaufen,dann täuschst Du Dich.Wenn Du meinst, der Weg verliere sich, weil so viele Dinge Dich nicht sehen lassen, wohin er führt, dann täuschst Du Dich noch mehr.Wenn Du meinst, der Weg sei nun lange genug gewesen, Du könntest Dich hinsetzen, ausruhen und schlafen, dann täuschst Du Dich.Wenn Du meinst, Du seiest in einer Sackgasse und es erwarte Dich niemand am Ende des Weges,dann täuschst Du Dich erst recht.Wenn Du meinst, die anderen müssten einen weniger holperigen und mit Steinen besäten Weg gehen als Du,dann täuschst Du Dich noch mehr.Geh, lass Dich von Gott führen auf den Wegen, die er will.Folge Deinem Weg, pfeif und sing, wenn Du kannst.Einer erwartet Dich. Arsene Garnier

Immer wieder nutzen wir unser Labyrinth in den unterschiedlichen Bereichen der Gemeindearbeit. Kinder – Jugendliche und Erwachsene machen dabei ganz ähnliche Erfahrungen: Immer wieder begegnet man einander, wenn man ein solches Labyrinth begeht. Manchmal scheint es, als sei eine, die viel später los ging, bereits dichter dran an der Mitte als man selbst. Wie auch im wirklichen Leben, hat manchmal gerade ein Mensch, der sich zeitlich und entwicklungsbedingt auf einem von uns sehr weit entfernten Stück befindet, ein jüngerer Mensch zum Beispiel, der später losgegangen ist, den Einblick in unseren nächsten Wegabschnitt, den wir selbst aber noch nicht er-kennen können, weil unser eigener Blick noch auf das Ziel davor gerichtet ist. So lernen Erwachsene von ihren Kindern und Enkeln.

Immer aber kommt man in der Mitte an!

Auf manch altem Labyrinth ist in der Mitte ein Turm, ein Leuchtturm, der einem den Weg leuchtet und auf den hin man steuert zu sehen. Der TURM ist eine alte Gottesmetapher, ein Bild für Gott. Auf ihn hin steuern wir, er steht fest und wankt nicht, er ist das Zuhause, die Mitte, die uns erwartet und von der her wir gestärkt und getrost wieder in unser Leben zurückkehren können.

Mich erinnert das an das berühmte Gedicht von Rainer Maria Rilke:

Ich lebe mein Leben in wachsenden Ringen,die sich über die Dinge ziehn.Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,aber versuchen will ich ihn.

Ich kreise um Gott, um den uralten Turm,und ich kreise jahrtausendelang;und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturmoder ein großer Gesang.

Es ist eine alte österliche Tradition, ein Bodenlabyrinth tanzend und singend wie ein Kind zu durchlaufen; gewissermaßen einen Ostertanz aufführend, einen Tanz voller Hoffnung, dass unsere Wege durch alle Anfech-tung, durch alle Schwierigkeiten und durch alle Abschiede hindurch immer zum Leben führen, zu Gott selbst, der das Leben ist.

Page 21: Festschrift Konradshoehe

21

Das Altarfresko von Rudolf Schäfer Betrachtung eines Bildes · Andrea Richter

Das Wandfresko in unserer Jesus-Christus-Kirche ist schon etwas Besonderes! Seit 70 Jahren sitzen Men-schen ihm Sonntag für Sonntag gegenüber. Viele lieben es – für sie ist es nicht wegzudenken. Für ande-

re ist es nicht mehr als eine „Theaterkulisse“, oder gar eine „Anfechtung“, die sich aufgrund der Tatsache, dass das Bild unter Denkmalschutz steht, leider nicht entfernen lässt. Ich selbst bin wie viele andere in der Gemeinde mit dem Bild von Rudolf Schäfer groß geworden, seit ich im Alter von fast 3 Jahren am 8. 7. 1962 vor diesem Bild in unserer Konradshöher Kirche von Pfarrer Hillebrand getauft wurde. Meine Beziehung zu Rudolf Schäfers Fresko hat verschiedene Stadien durchlaufen – von kindlicher Vertrautheit über eine lange Phase der Ablehnung hin zu einer neuen Wertschätzung. Nachdem das Bild durch die Restaurierung im Jahr 2003 farblich wieder zu neuem Leben erwacht ist, bin ich mit ihm „befreundet“, betrachte und meditiere es gerne und mit Gewinn. Ich lese das Bild als Predigt aus dem Jahre 1938 für die Gemeinde damals und heute.Der Künstler selbst hat in einem Brief vom 5. April 1938 an den damals amtierenden Pfarrer Haack seine eigene Deutung des Bildes wie folgt formuliert:

„Christus, den Herrn der Kirche wollte ich darstellen als den großen Hirten inmitten einer unüberseh-baren Herde zwischen den zwölf Aposteln thronend, wie in der alten Kirche der Bischof in der Mitte der Presbyter und Diakonen, zugleich ein Hinweis darauf, dass die Kirche sich aufbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist. Unten im Bilde die Christenheit auf Erden, links unten im Bilde zwischen den Gräbern wartend, dargestellt durch die klugen Jungfrauen mit den Lampen, rechts dem Herrn entgegenfahrend über den Strom der Zeit. Das Ganze aber e i n e Kirche, nicht getrennt in eine sichtbare und unsichtbare, sondern alles ist sichtbar, in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in alle Ewigkeit. Amen.“

Es ist bemerkenswert und von politischer Relevanz, dass in der Zeit der Selbstermächtigung der Nationalso-zialisten als „Herren der Welt“ ein Künstler so deutlich Position bezieht und Jesus Christus als Weltenrichter und „Eckstein“ der Kirche profiliert! Die „Theologische Erklärung der Bekenntnissynode von Barmen“ (29. – 31. Mai 1934) dürfte dem Gründungspfarrer der Jesus-Christus-Kirche und seinem Künstler Rudolf Schäfer bekannt gewesen sein. Zwar vermissen heute kritische Gemeindeglieder eine deutliche Stellungnahme der Gemeinde damals gegen das Naziregime und einen klare Solidarisierung mit den verfolgten Juden Deutsch-lands zu Recht, und doch scheinen bei Betrachtung des Altarbildes die Worte der Barmer Erklärung mitzu-schwingen: „Wir verwerfen die falsche Lehre, als gebe es Bereiche unseres Lebens, in denen wir nicht Jesus Christus, sondern anderen Herren zu eigen wären...“ (These 2). Oder: „Wir verwerfen die falsche Lehre, als dürfe die Kirche die Gestalt ihrer Botschaft und ihrer Ordnung ihrem Belieben oder dem Wechsel der jeweils herrschenden weltanschaulichen und politischen Überzeugungen überlassen.“ (These 3)1

1: Fußnote: In dem im Jahr 2007 verfassten Leitbild unserer Kirchengemeinde positioniert sich der Gemeindekirchenrat deutlich: „Totalitäre Weltbilder und Men-schen verachtende Ideologien lehnen wir ab. (...) Wir lassen uns leiten von den Glaubenserfahrungen der „Mütter und Väter“, wie sie in der Bibel bezeugt sind. Dabei ist uns die unlösbare Verbindung des christlichen Glaubens mit dem Judentum grundlegend, denn wir sind uns als Christen unserer gemeinsamen Wurzeln mit dem Judentum bewusst.“ Auch das Leitbild der Jugendlichen spricht diesbezüglich eine klare Sprache: „Als christliche Jugendarbeit in Deutschland sind wir uns unserer besonderen Verantwortung unserer Vergangenheit und dem Versagen der Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus gegenüber sehr bewusst. Daher gehört die Teilnahme an und die Vorbereitung und Durchführung von Gedenkveranstaltungen zu unseren grundlegenden Aufgaben. Es ist unsere feste Überzeugung, dass reflektierte „Erinnerungskultur“ notwendig ist für verantwortungsvolles Handeln der Kirche in der Welt.“

Page 22: Festschrift Konradshoehe

22

Der Begriff „Bildbetrachtung“ macht deutlich, dass Bild und Betrachter einander gegenüber stehen. Ein Bild „spricht“ zu unterschiedlichen Betrachtern verschieden; denn Kunst ist verdichtete Wirklichkeit und tritt mit der jeweiligen Realität und Wahrnehmung des anschauenden Gegenübers in Beziehung. Was spricht mich, die gegenwärtige Betrach-terin des Bildes an? Sollte ich dem Fresko eine Überschrift geben, hieße es „Von Zeit und Ewigkeit“. Das Bild verbindet Szenen aus verschiedenen biblischen Texten, die den beiden letzten Sonntagen des Kirchenjahres Volkstrauertag und Ewigkeitssonntag zugeordnet sind, mit einer Darstellung der Familie Lemcke aus Heiligensee. Es war dies der Wunsch und das Anliegen des Heilgenseer Bauern Lemcke, der mit seiner Spende von 4000 RM die Fertigstellung des Bildes ermöglichte, „dass in geeigneter Form diese Stiftung zur Ehre Gottes im Gedenken an meine beiden im Weltkrieg gefallenen Söhne Friedrich und Albert Lemcke und an meine heimgegangene Frau Elise geborene Kluckert auf dem Altargebilde durch eine Inschrift obigen Sinnes zum Ausdruck kommt“

Der Fresko öffnet der Betrachterin den Blick für eine „Zusammenschau“ von Zeit und Ewigkeit. Diesseits und Jenseits sind beziehungsvoll miteinander verknüpft. Sie gehören zur Einen Welt des Schöpfers. Die verborgene Gegenwart Gottes ragt herein in die Zeit. Die Kräfte der Ewigkeit sind spürbar. Die musi-zierenden Engel versinnbildlichen den „vollen Klang der Welt, die unsichtbar sich um uns weitet – all deiner Kinder hohen Lobgesang“ (Dietrich Bonhoeffer).

Zwei Augen hat die Seel’:Eins schauet in die Zeit,Das andre rich’t sich hin

Zur Ewigkeit.

Johannes Scheffler

Ein Horizont in der Mitte des Bildes scheidet die Szene deutlich in ein Oben und Unten. Da er jedoch „durch-lässig“ zu sein scheint ist Beides ineinander verwoben. Dem oberen Bereich ist die Ewigkeit zugeordnet, dem unteren die Zeit. Oben ist zu sehen, was einmal kom-men wird. Unten, das, was ist: Sterblichkeit, aber auch sehnsuchtsvolle Erwartung dessen, was verheißen ist. Dazwischen das Abendrot im unteren, das Morgen-rot der anbrechenden Ewigkeit am oberen Horizont.

Unten rechts im Bild: ein einfacher Holznachen setzt über das Wasser. Auf dem Schiff, das wohl auch als ein Moment der „Heimatverbundenheit“ an die Tegelorter Fähre erinnern soll, die Familie Lemcke aus Heiligensee. Vorne stehen die beiden im 1. Weltkrieg gefallenen Söhne Friedrich und Albert; in der Mitte sitzt Elise Lemcke mit einem Säugling auf dem Arm, neben ihr ein Kleinkind, hinter ihr eine alte Frau mit gefalteten Händen, hinten der Fährmann, der das Boot mit einer Stange lenkt. Eine Engelsgestalt weist mit schützender Geste den Weg übers „Meer der Zeit“ (s. u.) Bereits im ersten Buch der Bibel, gleich zu Beginn im Schöpfungsbericht, wird erzählt, dass der Geist Gottes „über den Wassern“, über der „Urflut“ schwebte. Das Wasser, das Urelement des Lebens, das Fruchtwasser des Anfangs, ist ein weit verbreitetes Motiv der Mythen, Märchen und Religionen der Welt. Im letzten Buch der Bibel, der Offenbarung, wird das Ende der Weltzeit mit dem Gedanken an eine Auferstehung der Toten zum Weltgericht mit dem Motiv des Wassers verbunden: „Und ich sah die Toten, groß und klein, stehen vor dem Thron (....). Und das Meer gab die Toten heraus, die darin waren; und sie wurden gerichtet, ein jeder nach seinen Werken.“ (Offenbarung 20, 12a.13a)

Page 23: Festschrift Konradshoehe

23

Oben: Christus als Weltenrichter in einer Lichtglo-riole, zwei Engelsgestalten zur Rechten und zur Lin-ken, dazu die Apostel. Der Hirtenstab in der linken Hand Jesu verbindet den Gedanken vom „Welten-richter“ mit dem des „Guten Hirten“, der sein Leben lässt für die Schafe. Der Richter ist kein Kriegsherr, sondern Hirte.

Jesus sprach zu seinen Jüngern: „Wenn der Menschensohn kommen wird in seiner Herrlichkeit, und alle Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit, und ale Völker werden vor ihm ver-sammelt werden. Und er wird sie voneinander scheiden, wie ein Hirt die Schafe von den Böcken scheidet, und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen und die Böcke zur Linken.“ Gemessen an ihren guten oder aber gleichgültigen Taten werden nach Matthäus dann die Einen eingehen in das Reich Gottes, des Vaters „in das ewige Leben“, die Anderen jedoch „zur ewigen Strafe“. (Mt. 25).

Wohl ist auf dem Fresko zu erkennen, dass die Schafe zur rechten sich deutlich „erhobenen Hauptes“ zum Guten Hirten drängen, die Böcke zur Linken aber mit gesenktem Kopf. Interessanterweise jedoch fehlt jegliche Andeutung des „ewi-gen Feuers“, eines Bereiches gerichtlicher Verdammung und Strafe! Vielmehr bergen sich am Ende der Zeit alle, Schafe und Böcke, Sünder und Gerechte „im Bausch seines Gewandes“! Es mag meiner eigenen theologischen Vorstellung bzw. meinem Glauben an einen Gott unendlicher Gnade geschuldet sein, vielleicht aber entspricht es auch der Intention des Malers: das auf unserem Altarfresko dargestellte „Weltgericht“ kennt keine Verdammnis.

GERICHTLICHES NACHSPIELWenn Gott dereinst mich nach dem Leben fragt, werde ich weinen. Er wird sein Angesicht mir zuwenden. Kein scheidendes Wort wird über mich herfallen.Keine Rechnung. Kein strafender Blick. Kein Vorwurf.Er wird mich ansehen in bergendem Schweigen.Seine Liebe wird brennen.Und alle meine Wunden werden verglühen.Die erlittenen. Die zugefügten.„Ich bin es gewesen, Herr.All das bin ‚ich’ gewesen“,werde ich stottern mit zittriger Stimme,beschämt und frei. Ich werde abermals weinen.Und Gott wird meineTränen trocknen,er wird sagen „Komm!“und mich hineinbitten in sein Herz,wo ich immer schon war- und glaubte es nicht.

Werner Kallen

Unten links im Bild das biblische Motiv der „Klugen Jungfrauen“ (Mt 25). Sie stehen für Wachsamkeit und Aufmerksamkeit gegenüber dem in der Zeit anbrechenden Gottesreich. Sie verkörpern den „spirituellen Menschen“, der mit der Fähigkeit begabt ist, das Reich Gottes zu vermissen und sich auf den Weg macht, es zu suchen – mitten in der dunklen Nacht. Die „Hochzeit“, zu der sie geladen sind, ist in der Gedankenwelt der spirituellen Bibelauslegung ein Sinnbild für die Vereinigung der Seele mit Gott bzw. mit Christus. Das Ziel der Zeit ist die immerwährende Vereinigung von Gott und Mensch. Die klugen Jungfrauen zeigen nach dem Willen des Malers den Betrachtenden den mystischen Weg (Mystik ist das, was hinter geschlossenen Augen geschieht, das innere Zusammensein mit Gott), der auch von uns betreten werden will.

Page 24: Festschrift Konradshoehe

24

„Wachet auf“ ruft uns die Stimmeder Wächter sehr hoch auf der Zinne,„wach auf, du Stadt Jerusalem! Mitternacht heißt diese Stunde“,sie rufen uns mit hellem Munde:„Wo seid ihr klugen Jungfrauen? Wohlauf, der Bräut’gam kömmt, steht auf, die Lampen nehmt! Halleluja! Macht euch bereit zu der Hochzeit,ihr müsset ihm entgegen gehn.“

Philipp Nicolai 1599

Rudolf Schäfer hat das Motiv der Klugen Jungfrauen szenisch auf einem Totenacker mit Grabsteinen ge-staltet. Vermutlich wollte er auf die Auferstehung im doppelten Sinne hinweisen: die Auferstehung der Toten am Ende der Zeit und die Auferstehung der Lebenden von der Gottesferne in die Gottesfreund-schaft. Dies ist eine alte Deutungstradition, die auf den Kirchenvater Augustin und seine Lehre von den „due ressurectionis“ zurück geht. 2

Die kompakte Gegenständlichkeit des Bildes wirkt heute auf manchen Betrachter / auf manche Be-trachterin eher erschlagend als erbaulich. Sollten Sie, lieber Leser / liebe Leserin dieser Zeilen zu denen gehören, die dies so empfinden, rate ich Ihnen, sich beim Anschauen des Bildes auf den „Zwischenraum“ zu konzentrieren. In den unterschiedlichsten Farbtönen zwischen Grün, Grau und Blau hat der Maler ihn gestaltet. Dieser Raum ist meines Erachtens viel mehr als einfach nur der Hintergrund des Bildes. Hier hat der Maler die Sphäre der verborgenen Gegenwart Gottes gestaltet, die „Luft, die alles füllet“, als Luft des Himmels, aber auch als Himmel über der Erde, als Wolken und Abendrot (mit dem Abendstern) im Zentrum des Bildes.

„Luft, die alles füllet,drin wir immer schweben,

aller Dinge Grund und Leben,Meer ohn Grund und Ende,

Wunder aller Wunder:Ich senk mich in dich hinunter.

Ich in dir, du in mir,lass mich ganz verschwinden,

dich nur sehn und finden.

Gerhard Tersteegen

2: Leider gibt es eine lange antijüdische Auslegungsgeschichte des biblischen Gleichnisses „Von den klugen und törichten Jungfrauen“ (Mt. 25, 1- 13). Sie alle sind unterwegs zu einer Hochzeit, dem Bräutigam entgegen. „Die törichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen kein Öl mit. Die klugen aber nahmen Öl mit in ihren Gefäßen, samt ihren Lampen.“ Man identifizierte die 5 Törichten mit der Synagoge und die 5 Klugen mit der Kirche, welche Jesus als Messias erkannte. Eine solche Lesart ist allerdings in der Darstellung Schäfers nicht zu vermuten.

Page 25: Festschrift Konradshoehe

25

Am Ostersonntag 2008 wurde das neue Parament (von lat. parare mensam - den Tisch bereiten) auf dem Altar und das weiße Antependium auf der Kanzel eingeweiht. Die Künstler-in Christina Utsch hat sie in ihrem „Atelier für Paramentik“ im Paul-Gerhardt-Stift mit der Hand gewebt. Aus finanziellen Gründen hat sich der GKR für ein „Alljahresparament“ zum Schmuck des Altares entschieden, lediglich die Antependien auf der Kanzel variieren in den verschiedenen Farben des Kirchenjahres.

In Form und Inhalt korrespondieren die Paramente mit dem Altarfresko. Das Fresko stellt die Ewigkeit als Ziel und Ende der Zeit dar, die Antependien handeln motivisch vom Beginn der Zeit. Von zwei Versen aus dem ersten Buch der Hebräischen Bibel (Genesis) hat sich Christina Utsch inspirieren lassen: "So lange die Erde steht soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht." (1. Mose 8,22) "Meinen Bogen habe ich in die Wolken gesetzt; der soll das Zeichen sein des Bundes zwischen mir und der Erde." (1. Mose 9,13).

Deutlich ist die Lichtglorie in der Rundung aus dem Wandbild im Parament aufgenommen. Ganz zart sind die ersten Worte der Bibel in der hebräischen Ursprache „bereschit bara elohim“ eingewebt. Die deutsche Übersetzung ist vorsichtig aufgestickt „Im Anfang schuf Gott“. Der Schöpfer vom Anfang ist identisch mit dem Vater Jesu Christi. Ohne beständige Vergegenwärtigung der Herkunft unseres Christentums aus dem Glauben Israels gibt eine Gemeinde ihre Wurzeln preis.

Zu Beginn eines jeden Gottesdienstes erinnern wir in der liturgischen Begrüßung an diese nun auch in unserem Parament zum Ausdruck gebrachten theologischen Zusammenhänge: „In Namen des Einen und Ewigen Gottes – des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.

Amen! Unsere Hilfe steht im Namen des HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat; der Bund und Treue hält ewiglich und der nicht fallen lässt, das Werk seiner Hände!“

Das weiße Antependium nimmt mit der Sonne ein zentrales Christussymbol auf. Das grüne Antependium, das in den langen Wochen nach Epiphanias bzw. Trinitatis die Kanzel schmückt symbolisiert die Farbe der wachsenden Saat, die nach den Festen aufgehen möge. Zum Zeichen dafür wird das Farbsymbol des Regenbogens auf dem Antependium sozusagen „zitiert“. Zum roten Antependium schreibt Christina Utsch: „Ich hatte mir dazu folgende Gedanken gemacht: Das Thema "bren-nender Dornbusch" kam mir in Bezug auf den Schöpfungsbericht aus dem Alten Testament (Hauptantependium) in den Sinn. Bei dem Er-eignis (in 2.Mose 3) erscheint Gott in einem Feuer: eine Begegnung mit dem unsichtbaren Gott. Der Heilige Geist kam auch in Form von Wind und Flammen und lebt unsichtbar in uns. So wie sich die Schöpfung (alte und neue Schöpfung) in 2 Bildern in Ihrem Kirchenraum zeigen, wollte ich dieses Flammen-Ereignis aus AT und NT auch in diesem roten Para-ment vereinen. Die 3 gelblichen Striche sollen die Flammen des Heiligen Geistes aufgreifen, im angedeuteten Dornbusch ist die Flamme Gottes (symbolisiert durch den orangenen Strich). "Und plötzlich geschah aus dem Himmel ein Brausen, als führe ein gewaltiger Wind daher..." Apg 2, 2) Gestalterisch wollte ich mit den von der Seite her kommenden "Flam-menstrichen" die Form des rotbraunen Kreises hinter dem Christus im Altarbild aufgreifen.“

Die neuen ParamenteAndrea Richter

Page 26: Festschrift Konradshoehe

26

Auf dem Kirchengelände zwischen der Beatestraße und dem Theresienweg gab es seit den 60iger Jahren ein Gemeindezentrum mit einem großen Saal und zwei Wohnungen für einen

Pfarrer und einen Hausmeister. Dort wurde regelmäßig Gottesdienst gefeiert, vormittags nutzte eine Eltern-Kind-Gruppe die Räume, abends trafen sich Jugendgruppen zum Tischtennis, und es fanden Veranstaltungen, Feiern und Basare statt.Nach dreißig Jahren musste man erkennen, dass dieser Bau nicht mehr sanierungsfähig war. Ein neues Nutzungskonzept sah vor, im vorderen Bereich an der Beatestraße eine Kita zu errichten und im hinteren Bereich seniorengerechte Wohnungen nach einen Genossenschaftsmodell zu bauen und darin integriert ein neues Gemeindezentrum zu schaffen. Am 1. Januar 2001 wurde die neue Kita eingeweiht. Mit ihrer modernen Glasfassade und dem gewölbten Gründach ist sie ein architektonischer Blickfang in unserer von Eigenheimhäusern geprägten Gegend.

Die modernen Räume mit dem anschließenden Buddelplatz und Freigelände sind als Kita von Anfang an sehr begehrt, so dass die Zahl der betreuten Kinder gleich von zunächst 25 auf 30 erhöht werden musste. Zusammen mit den vier Erzieherinnen und zwei Hilfskräften hat der Gemeindekirchenrat eine pädagogische Konzeption gemeinsam erarbeitet und in Kraft gesetzt. Unsere Kita beteiligt sich auch an den vom Kirchenkreis betriebenen Quali-fizierungsmaßnahmen. Zwei Vertreterinnen des GKR als des Trägers der Einrichtung arbeiten eng mit dem Kita-Team zusammen. Frau Pfarrerin Richter ist regelmäßig einmal wöchentlich zu Gast, um den Kindern die biblischen Geschichten näher zu bringen.

So sind nicht nur die äußeren, sondern auch die inneren Voraussetzungen für die Kinder gegeben, um ihnen einen angenehmen Aufenthalt zu schaffen und die christlichen Werte zu vermitteln. Es dauerte noch drei weitere Jahre, bis der andere Teil des Generationen übergreifenden Projekts auf diesem Kirchengelände verwirklicht werden konnte: die Schaffung von seniorengerechtem Wohnraum auf genossenschaftlicher Basis zusammen mit dem neuen Gemeindezentrum. Als im Jahr 1999 die „Evangelische Wohnungsgenossenschaft Altenhof Tegelort e. G.“ gegründet wurde, waren an dieser neuen Idee viele interessiert, aber nur wenige bereit, sich an der Finanzierung zu beteiligen. Nach unglaublich schwierigen Verhandlungen mit der Kirchenleitung, dem Kreiskirchenrat, dem Gemeindekirchenrat, den Banken und den Planern und Architekten, die einen spannenden abendfüllenden Film ergeben könnten, ist es hauptsächlich dem Vorstand der Genossenschaft, Herrn Lüpnitz, zu verdanken, dass das Projekt verwirklicht werden konnte. Am 1. Juni 2005 stand das neue schmucke Gebäude mit 23 seniorengerechten Wohnungen und dem Gemeindezentrum bezugsfertig da.

Das Gemeindezentrum umfasst einen großen Saal für bis zu 75 Personen. Dazu gehören eine voll eingerichtete Küche und ein Nebenraum. Im Tiefgeschoss befinden sich ein großer Gymnastikraum, zwei kleinere Räume und weitere Nebenräume. Dies schafft vielfältige Nutzungsmöglichkeiten, nicht nur für die Gemeinde und die Bewohner des „Altenhofes“, sondern auch für Außenstehende, die dafür eine Kostenbeteiligung entrichten.Im großen Saal findet an jedem zweiten Donnerstag das Tegelorter Weltcafé statt, wo für Tegelorter und den Rest der Welt Kaffee und Kuchen sowie Weltladenartikel und ein kleines kulturelles Highlight angeboten werden. Einmal monatlich ist „Plausch im Haus“ mit Pfarrerin Andrea Richter. Der „Mütterkreis“ trifft sich regelmäßig und im Winter ist jeden Sonntag Gottesdienst, um Heizkosten in der Kirche zu sparen. Auch eine Tanz-und eine Jogagruppe sind jede Woche aktiv.

Kindertagesstätte & GemeindezentrumWerner Kesten

Evangelische Kindertagesstätte

Page 27: Festschrift Konradshoehe

27

Der Gymnastikraum ist mehrmals wöchentlich belegt. Auch die Kinder der Kita turnen dort. In den weiteren Räumen gibt es Musikunterricht, einen Englischkurs und Computerkurse in Zusammenarbeit mit der Initiative „Freiräume e.V.“.

Für die Gemeinde, für die Bewohner des „Altenhofes“ und für den ganzen Ortsteil ist das Gemeindezentrum eine Bereicherung; keineswegs nur für die ältere Generation, wie es der Name „Altenhof“ vielleicht suggeriert!

„Altenhof“ ist eine Initiative aus dem ländlichen Umland, bei der an zentraler Stelle des Dorfes altersgerechter Wohnraum für die ältere Generation geschaffen wird, wenn sie Haus und Hof den Kindern überlässt, um sich auf das Altenteil zurückzuziehen, d. h. Last und Verantwortung abzugeben, aber trotzdem in der Nähe der Familie zu bleiben. Durch die Pflege der gleichgerichteten Interessen kann man dort seinen dritten Lebensabschnitt sinnvoll gestalten. Diesem Ideal entsprechen die meisten Bewohner unseres „Altenhofes“. Gefragt sagen alle: „Im Altenhof wohnt man gut und gerne!“

Verständlicherweise fällt es im Alter umso schwerer, sich rechtzeitig auf eine grundlegende Veränderung seiner Lebensumstände einzulassen. Aber schon Seneca hatte erkannt: „Es ist zu spät, erst dann anzufangen zu leben, wenn es schon wieder aufhören heißt.“

Gemeindezentrum Tegelort

Page 28: Festschrift Konradshoehe

28

Im Jahr 1990 zeichnete sich deutlich ab, dass das Kirchensteuersystem nicht mehr lange die Ausgaben der Kirche decken konnte. Unser damaliger Pfarrer Börner hatte, wie andere Gemeinden auch, die

Notwendigkeit erkannt, weitere Einnahmequellen zu erschließen, die den eng gewordenen finanziellen Spielraum der Gemeinde erweitern. Für eine kleine Gemeinde, die praktisch keine Nebeneinnahmen aus Grundstücksverpachtung oder Friedhofsverwaltung hat, ist dies besonders wichtig. So gründete er den Kreis der Freunde und Förderer der Ev. Kirchengemeinde Konradshöhe-Tegelort. Am 25. April 1990 kamen 19 Gründungsmitglieder zusammen, die bereit waren, die Gemeinde regelmäßig finanziell zu unterstützen. Eine kleine Schar im Vergleich zu etwa 3 500 Gemeindegliedern, aber wichtig und wirksam. Außer diesen regelmäßigen gab es auch gelegentliche Spender, mit durchaus ansehnlichen Beiträgen.

Was konnte durch den Förderkreis erreicht werden?Größere Beträge gingen 1991 und 1997 in die Bauunterhaltung unseres Gemeindezentrums in Tegelort (17.000.- DM), der Aufgang zum Turm und zwei Zimmer wurden 1994 renoviert und für Ausstellungszwecke hergerichtet (10.000.- DM). Möbel und Musikinstrumente wurden angeschafft: 1991 Posaunen und ein Notenschrank (2.000.- DM); 1999 Holzklappstühle und eine Kaffeemaschine (1.350.- DM); 1993 wurde ein Videorecorder (600.- DM), und 2001 wurden ein Keyboard und ein Diaprojektor (5.000.- DM), ein Schaukasten für die Kita (3 300.- DM) angeschafft und die Rollos am Gemeindehaus für 2.000.- DM repariert. 2004 wurde für unsere geerbte theologische Bibliothek ein Raum für über 1.000.- ! mit Regalen ausgestattet.Neben diesen Investitionen mussten die Haushaltsmittel 1994 bei der allgemeinen Gemeindearbeit mit 3.000.- DM und 1996 bei der Jugend-, Kinder- und Konfirmandenarbeit mit 2.400.- DM ausgeglichen werden.Es wurden ferner Konzerte gesponsert, Ausflüge und Jugendfahrten unterstützt, Bücher und Unterrichts- und anderes Material beschafft. Insgesamt wurden für diese Sachausgaben bisher etwa umgerechnet 50.000.- ! ausgegeben, also 2.000.- bis 3.000.- ! pro Jahr.

In gleicher Höhe lagen die Personalausgaben. Diese haben ihren Grund in dem rigorosen Personalabbau, um den auch die Kirche nicht herumkommt: Bis zur Gründung des Förderkreises standen bis zu 10 Mitarbeiter auf der Gehaltsliste als hauptamtliche Angestellte der Gemeinde. Inzwischen gibt es noch zwei Stellen: Eine für unsere Pfarrerin und die zweite teilen sich unser Kirchwart, Herr Runge und unser Gemeindesekretär, Herr Knoop.Es ist klar, dass unsere Pfarrerin die ganze Arbeit nicht allein bewältigen kann. Ehrenamtliche Hilfe ist hier dringend geboten. Diese wird natürlich fast ausschließlich ohne Bezahlung geleistet; aber in einigen Fällen kann der Förderkreis einspringen, wenn Studenten oder Kleinrentner eine Unterstützung nötig haben. So wurde von Anfang an ein relativ kleines Honorar unterhalb der Steuer- und Versicherungsgrenze überwiegend an jugendliche Helfer gezahlt, die neben ihrem Studium mit großem Engagement unsere Jugend- und Kinder- und Konfirmandenarbeit unterstützt haben. Diese Bereiche sind dadurch blühende Zweige am Baum unserer Gemeinde. Zeitweise wurde auch ein Zivildienstleistender für Hausmeisterarbeiten in Konradshöhe und in der Kita beschäftigt. Das hat sich aber nicht so bewährt und wurde deshalb wieder aufgegeben.Aus den oben genannten Gründen haben sich jetzt die Ausgaben von den Sachkosten mehr auf die Personalkosten verlagert.

Im Jahre 2005 spitzte sich die Situation zu: Unsere Gemeindesekretärin, Frau Helbig, die sich als Krankheitsvertretung außerordentlich bewährt hatte, durfte wegen des Einstellungsstopps der Kirche nicht als hauptamtliche Kraft auf die am 1. April frei werdende halbe Stelle gesetzt werden. Es wurde uns aber in Aussicht gestellt, dass sie vertretungsweise weiterbeschäftigt werden könnte, wenn der Förderkreis die Hälfte der Kosten, also eine viertel Stelle übernehmen würde. Diese Regelung kam aber nicht gleich, sondern erst zum 1. Januar 2006 zustande, so dass der Förderkreis für 2005 zunächst die gesamten Kosten tragen musste. Frau Helbig und die Gemeinde hätten dies befristete Beschäftigungsverhältnis gerne noch längere Zeit fortgesetzt, und der Förderkreis hätte das aus seinen Rücklagen auch finanzieren können; aber zum 1. Juli 2006 kam das endgültige Aus mit der

Verein der Freunde und Förderer der Ev. Kirchengemeinde Konradshöhe–Tegelort e.V.Werner Kesten

Page 29: Festschrift Konradshoehe

29

bürokratischen Begründung: eine Verlängerung ihres Zeitvertrages hätte ihr das Recht gegeben, auf eine hauptamtliche Einstellung zu klagen. So zog sie die Konsequenzen, verkaufte ihr Haus in Frohnau und zog nach Hamburg. So hatte die Kirche nur aus formalen arbeitsrechtlichen Gründen eine tüchtige Kraft verloren, die sie nur wenig Geld gekostet hatte.

Dieser traurige Fall ist leider kein Einzelfall, zu dem Arbeitgeber gezwungen werden, „sozial“ gemeinte gesetzliche Regelungen durch einen Einstellungsstopp zu umgehen. Hätte sich die Kirche hier anders verhalten können? Der Förderkreis hätte es gekonnt, wenn er in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins selbständig und unabhängig gewesen wäre.

So lag es nahe, diesen schon öfter diskutierten Gedanken in die Tat umzusetzen: Am 28. Juli 2006 fanden sich 27 Mitglieder des Förderkreises zusammen, um den Verein der Freunde und Förderer der Ev. Kirchengemeinde Konradshöhe–Tegelort e.V. zu gründen. Die Satzung blieb im Wesentlichen unverändert. Sie regelt, dass jeder seinen Beitrag selbst festsetzt, und dass er ihn auch jederzeit ohne Fristsetzung ändern oder aus dem Verein austreten kann. So ist gesichert, dass niemand durch seine Mitgliedschaft in finanziellen Druck geraten kann. Es hat sich für die Mitglieder eigentlich nichts geändert, nur der Vorstand, Herr Kesten und Herr Reßmer haben etwas mehr Arbeit mit Buchführung und Steuererklärung zur Erlangung der Steuerfreiheit und Anerkennung der Gemeinnützigkeit beim Finanzamt. Trotzdem mochten einige dem Verein nicht formell beitreten, sind uns aber als regelmäßige Spender treu geblieben. Auch sie werden wie Mitglieder behandelt, d. h. informiert und zu Veranstaltungen eingeladen. Nur können sie nicht in der jährlichen Mitgliederversammlung über die Belange des Vereins und die Verwendung der Mittel mitbestimmen.

Unser Verein hat derzeit 49 Mitglieder und 11 regelmäßige Spender. Eine immer noch kleine Gruppe; aber sie garantiert, dass viel Arbeit zum Wohl der Gemeinde getan werden kann, und dass die mittel- und langfristig sicher nicht zu umgehende Fusion mit Nachbargemeinden in Ruhe und Zuversicht im gegenseitigen Interesse angegangen werden kann.

Frau SorgeIn meines Glückes Sonnenglanz,da gaukelte fröhlich der Mückentanz.Die lieben Freunde liebten michUnd teilten mit mir brüderlichWohl meinen besten BratenUnd meinen letzten Dukaten.

Das Glück ist fort, der Beutel leer,und hab auch keine Freunde mehr;erloschen ist der Sonnenglanz,zerstoben ist der Mückentanz,die Freunde, so wie die Mücke,verschwinden mit dem Glücke.

An meinem Bett in der WinternachtAls Wärterin die Sorge wacht.Sie trägt eine weisse Unterjack,ein schwarzes Mützchen, und schnupft Taback.Die Dose knarrt so grässlich,die Alte nickt so hässlich.

Mir träumt manchmal, gekommen seiZurück das Glück und der junge Mai.Und die Freundschaft und der Mückenschwarm – Da knarrt die Dose – das Gott erbarm,es platzt die Seifenblase -die Alte schneuzt die Nase.

Heinrich Heine

Page 30: Festschrift Konradshoehe

30

Quiz Wie gut wissen Sie Bescheid über Ihre Gemeinde?

Bitte geben Sie Ihre Antworten bis zum Kirchweihfest am 26. Februar 2009 im Gemeindebüro ab. Sie nehmen dann teil an der Verlosung der Preise:

Viel Spaß beim Raten!

Nach wem ist Konradshöhe benannt?1. nach dem Begründer der a.

Freiwilligen Feuerwehr Konradshöhenach dem Sohn von Theodor Rohmannb. nach Konrad Adenauer c.

Wo liegt das zweite Konradshöhe in Deutschland?2. an der Isara. an der Ruhrb. an der Weser c.

Wie viele GKR- Mitglieder hat unsere Gemeinde?3. 11a. 7b. 9 c.

Wann wurde die Kirche gebaut?4. 1925a. 1939b. 1948 c.

Wieviele Gemeindemitglieder hat die Gemeinde?5. ca. 10.000 Mitgliedera. ca. 2.000 Mitgliederb. ca. 5.000 Mitglieder c.

Wie hieß der erste Pfarrer der Gemeinde?6. Pastor Herbert Quandta. Pastor Willy Brandtb. Pastor Herbert Thiele c.

Wie viele Glocken wurden bei der Erbauung 7. aufgehängt?

1a. 2b. 3 c.

Welchen Namen trägt unsere ev. Kita?8. Kirchenmäusea. Kirchenzwergeb. Kirchenschlingel c.

Wie heißt die Jugendseite des RUF?9. Mülla. Brüllb. Schrill c.

Wer hat unsere neue Altarparament gewebt?10. Christiane Utscha. Christiane Rutschb. Christina Utsch c.

Was stellt das Altarparament dar?11. Sonnenuntergang am Meera. Die Sintflutb. Ein Symbol für die Schöpfung c.

Wer sind die älteren Herren auf dem Altarbild, 12. die zu beiden Seiten Christi abgebildet sind?

12 Apostela. Schäferb. Die 12 Geschworenen c.

Wer hat das Altarbild gemalt?13. Rudolf Schäfera. Anselm Kieferb. Roy Lichtenstein c.

Wie viele Umgänge hat das Labyrinth 14. vor der Kirche?

7a. 5b. 6 c.

Welcher Baum wächst in der Rundbank 15. vor der Kirche?

Apfela. Lindeb. Gingko c.

Name:Anschrift:

Telefon:

Page 31: Festschrift Konradshoehe

31

Wir machen eine Jugendarbeit, die offen ist für alle Leute bis 25, egal ob sie einen kirchlichen Hintergrund haben oder nicht.

Im Zentrum unserer Arbeit stehen die Jugendlichen mit ihren ganz individuellen Fragen und Bedürfnis-sen. Als relativ kleine Jugendarbeit, die sich nichtsdestoweniger durch „charakterliche Vielfalt“ auszeich-net, haben wir die Möglichkeit, mit jeder und jedem Interessierten ins Gespräch zu kommen und sie in allen Bereichen ihres Lebens zu unterstützen, in denen sie Hilfe möchten.Wir legen großen Wert darauf, neben unseren inhaltlich anspruchsvollen Sommerreisen, das ganze Jahr hindurch an Wochenenden und auf kürzeren Fahrten Gedanken und Fragen anzusprechen, die nicht alltäglich sind.Über Jahre hinweg hat sich der christlich-jüdische Dialog als großer und fruchtbarer Schwerpunkt unse-rer inhaltlichen Arbeit herausgebildet.Wir verstehen uns als eine Jugendarbeit „mitten in der Gemeinde“. Durch die Teilnahme an Gemeinde-festen und anderen Veranstaltungen (nicht zuletzt durch den Gottesdienstbesuch) stehen wir in regem Kontakt zu anderen Mitgliedern der Gemeinde. Wir sind froh, dass wir sowohl vom Gemeindekirchenrat als auch von der Pfarrerin in unserer Arbeit freundlich begleitet und tatkräftig unterstützt werden.Uns ist besonders wichtig, Jugendlichen die Begegnung mit Gott zu ermöglichen, ihnen einen vermeint-lichen „Glauben“ jedoch nicht aufzuzwingen. Regelmäßige Andachten, die jedem und jeder Einzelnen den Raum zur persönlichen Auseinandersetzung mit sich selbst und dem Glauben geben, sind ein grundlegender Bestandteil unserer spirituellen Arbeit. Darüber hinaus vertreten wir die Auffassung, dass christlicher Glaube niemals im Gegensatz zur Vernunft stehen darf. Daher verstehen wir unseren Bildungsauftrag vor allem darin, Jugendliche auskunftsfähig werden zu lassen und ihre Urteilskraft ge-genüber Theologie und Kirche zu schärfen.Als christliche Jugendarbeit in Deutschland sind wir uns unserer besonderen Verantwortung unserer Vergangenheit und dem Versagen der Kirche in der Zeit des Nationalsozialismus gegenüber sehr be-wusst. Daher gehört die Teilnahme an und die Vorbereitung und Durchführung von Gedenkveranstal-tungen zu unseren grundlegenden Aufgaben. Es ist unsere feste Überzeugung, dass reflektierte „Erinne-rungskultur“ notwendig ist für verantwortungsvolles Handeln der Kirche „in der Welt“.Wir sind der Meinung, dass Jugendlichen in einer Gesellschaft, die sich maßgeblich über Konsum defi-niert, immer auch die Möglichkeit gegeben werden muss, zum „Wesentlichen“ in ihrem Leben zurück-zukehren. Daher gestalten wir unsere Reisen und Veranstaltungen bewusst einfach und verzichten auf übermäßigen Luxus.

Und… kaum zu glauben… wir haben Spaß. Und das nicht zu knapp!

Leitbild der Jugendarbeit

Die Jugendarbeit in unserer Kirchengemeinde wird nach den notwendig gewordenen „Stelleneinsparungen“ im Gemeinde-pädagogischen Bereich ausschließlich von Ehrenamtlichen in Zusammenarbeit mit der Pfarrerin gestaltet. Cornelia Steckel, Steffen Gentsch und Sebastian Huck haben in den vergan-genen Jahren als Honorarkräfte mit viel Einsatz und Engage-ment eine lebendige Jugendarbeit aufgebaut. Nachdem Con-ny Steckel und Steffen Gentsch aus beruflichen Gründen die Stadt Berlin und damit die KG verlassen haben, ist zur Zeit Sebastian Huck der maßgeblich verantwortliche Ansprechpartner für die Jugendlichen unserer Kirchengemeinde. Während einer Fortbildung für Teamerinnen und Teamer hat Herr Huck gemeinsam mit den Jugendlichen das „Leitbild der Jugendarbeit“ entwickelt.

Page 32: Festschrift Konradshoehe

32

„Einmal Jenseits und zurück - Ein Koffer für die letzte Reise“ ist der Titel eines Buches von Fritz Roth. Es basiert auf der Idee, „mitten im Leben stehende Menschen mit dem Gedanken an die eigene Endlichkeit vertraut zu machen“. Aus der Idee ist letztlich ein Kunstprojekt geworden, in dessen Rahmen Menschen aufgefordert wurden, sich zu besinnen: auf die Endlichkeit des Lebens, auf das Wesentliche im Leben. 103 Bürger aus allen Teilen der Bevölkerung beteiligten sich – Männer, Frauen, Alte und Junge, Handwerker, Künstler, Prominente und Nicht-Prominente packten ihren Koffer für die Reise ins Jenseits und schrieben dazu einen Begleitbrief. Das Buch von Fritz Roth (Gütersloher Verlagshaus 2006) enthält eine gedankenreiche und anrührende Dokumentation der gepackten Koffer. Die Koffer sind gefüllt mit Erinnerungen, Symbolen, aber auch mit ganz handfesten Dingen, wie warme Socken. Manch einer kam auf die Idee, dass der Koffer am Ende leer bleiben müsse.

Im Konfirmandenunterricht unserer Gemeinde ist die Beschäftigung mit dem Thema „Leben und Tod – Zeit und Ewigkeit bedenken“ obligatorisch.

Einen Koffer für die letzte Reise zu packen, zwingt mich, darüber nachzudenken, was mir wirklich wichtig ist. Was kann ich überhaupt mitnehmen, wenn ich mich von dieser Welt verabschieden muss. Worum sollte ich mich lieber vorher kümmern; um welche Menschen, um welche Angelegenheiten? Welche Prioritäten setze ich in meinem Leben?

Die Konfirmandinnen und Konfirmanden des Jahrganges 2006-2008 haben sich das Projekt von Fritz Roth zu eigen gemacht. In mehreren Sitzungen haben wir gemeinsam überlegt, was im Leben wirklich zählt und auch, welche Hoffnung wir als Christen haben im Blick auf das, was nach dem Tod kommt. Und dann packten die Jugendlichen „ihre“ Koffer.Am Ewigkeitssonntag 2007 wurde die Ausstellung feierlich im Gottesdienst eröffnet. Sie hat viele Menschen sehr bewegt.

Zeit und Ewigkeit bedenken Ein Koffer für die letzte Reise – ein Projekt im KonfirmandenunterrichtAndrea Richter

Page 33: Festschrift Konradshoehe

33

Would you know my name if I saw you in heaven? Would it be the same if I saw you in heaven? I must be strong and carry on ‘cause I know I don‘t belong here in heaven Would you hold my hand if I saw you in heaven? Would you help me stand if I saw you in heaven? I‘ll find my way through night and day ‘cause I know I just can‘t stay here in heaven Time can bring you down time can bend your knees time can break your heart have your beggin‘ please beggin‘ please Beyond the door there‘s peace I‘m sure and I know there‘ll be no more tears in heaven Would you know my name if I saw you in heaven? Would it be the same if I saw you in heaven? I must be strong and carry on ’cause I know I don‘t belong here in heaven ’cause I know I don‘t belong here in heaven.

Eric Clapton

Tears in heaven

Page 34: Festschrift Konradshoehe

34

Ich selbst bin Ewigkeit,wann ich die Zeit verlasseund mich in Gott und Gottin mich zusammenfasse. Zeit ist wie Ewigkeitund Ewigkeit wie Zeit,so du nur selber nichtmachst einen Unterscheid. Freund, so du etwas bist,so bleib doch ja nicht stehn.Man muß aus einem Lichtfort in das andre gehn. Hier fließ' ich nochin Gott als Bach der Zeit. Dort bin ich selbst das Meer der ew'gen Seligkeit. Soll ich mein letztes End'und ersten Anfang finden,so muß ich mich in Gottund Gott in mir ergründen. Gott gründ't sich ohne Grundund mißt sich ohne Maß:Bist du ein Geist mit ihm,Mensch, so verstehst du das... Wer ist, als wär' er nichtund wär er nie geworden:der ist - o Seligkeit! -zu lauter Gott geworden. Die Rose, welche hierdein äußeres Auge sieht,die hat in Ewigkeitin Gott allso geblüht.

Die zarte Gottheit istein Nichts und Übernichts.Wer nichts in allem sieht,- Mensch glaube, - dieser sieht's. Mensch, wenn du noch nach GottBegehr' hast und Verlangen,so bist du noch von ihm nicht ganz und gar umfangen. Man red't von Zeit und Ort,von Nun und Ewigkeit.Was ist dann Zeit und Ort,und Nun und Ewigkeit? Gott ist das, was er ist;ich, was ich durch ihn bin.Doch kennst du einen wohl,so kennst du mich und ihn. In Gott wird nichts erkannt:Er ist ein Einig-Ein.Was man in ihm erkennt, das muss man selber sein. Geh hin, wo du nicht kannst!Sieh, wo du siehest nicht!Hör, wo nichts schallt und klingt: so bist du, wo Gott spricht. Nicht du bist, der da lebt,denn das Geschöpf ist tot!Das Leben, das in dirdich leben macht, ist Gott. Was Gott ist, weiß man nicht!Er ist nicht Licht, nicht Geist,nicht Wahrheit, Einheit, Eins,nicht was man Gottheit heißt.

Nicht Weisheit, nicht Verstand, nicht Liebe, Wille, Güte, kein Ding, kein Unding auch, kein Wesen, kein Gemüte.

Er ist, was ich und du und keine Kreatur, eh wir geworden sind, was er ist, nie erfuhr.

Angelus Silesius (1624 – 1677) aus dem Cherubinischen Wandersmann

Page 35: Festschrift Konradshoehe

35

ImpressumEv. Kirchengemeinde Konradshöhe-TegelortSchwarzspechtweg 1 · 13505 Berlinwww.ekg-konradshoehe-tegelort.de

Herausgeber: Gemeindekirchenrat Konradshöhe-TegelortRedaktion: Marianne Felde, Andrea RichterGestaltung: WuppermannGraphic © 2008

Fotos: A. Hoppe (S. 16), M. Fiolka (S. 19, 21, 22, 23, 24, 25, 32, 33)Archiv der Grundschule am Tegelschen Ort (S. 8), W. Kesten (Titel, S. 26, 27), © Maren Beßler / PIXELIO (S. 31)

Page 36: Festschrift Konradshoehe

36

Jesus-Christus spricht: Darum sollt ihr nicht sorgen und sagen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden? Nach dem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, dass ihr all dessen bedürft. Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das alles zufallen. Darum sorgt nicht für morgen, denn der morgige Tag wird für das Seine sorgen. (Matthäus 6, 31-34a)