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BIM und seine Perspektiven 19 Ernst & Sohn Special 2013 · BIM – Building Information Modeling Informationsmanagement im Wandel Die Anforderungen an die Planung werden kontinuierlich umfas- sender und komplexer – anspruchsvolle technische Ausstattung von Gebäuden, kürzere Zeitvorgaben, kleinere Budgets sowie zunehmende Forderungen von Nachweisen unterschiedlicher Art während des laufenden Prozesses können hier beispielhaft genannt werden. So sind speziell bei größeren Projekten die heutigen Planungsabläufe von der Koordination einer großen so- wie stetig wachsenden Informationsmenge auf Projekt- und Un- ternehmensebene gekennzeichnet. Vor diesem Hintergrund soll nun die Arbeitsmethode BIM die gewünschte Transparenz und Kommunikationsqualität bieten, um auch den kommenden Anfor- derungen gerecht zu werden und Planungs- wie Kostenrisiken zu minimieren. Um Projektziele unter der Anwendung von BIM effizient erreichen zu können, ist jedoch eine Reihe von Zwischen- schritten notwendig. Es stellen sich die berechtigten Fra- gen, welche Veränderungen BIM mit sich bringt, wie diese einzuordnen sind und an welcher Stelle die Maßnahmen einer BIM-Einführung angesetzt werden sollten. Um auf diese Fragen eingehen zu können, soll zunächst der ent- scheidende Unterschied zwischen der Methode einer her- kömmlichen Projektabwicklung und der mittels BIM be- leuchtet werden. Fokus auf zentrale Verwaltung und Kommunikation Eine eminente Differenz besteht in der Weise der Verwal- tung und Koordination von projektrelevanten Informatio- nen, dem Informationsmanagement. Traditionell erstellt und verwaltet jede Fachdisziplin die notwendigen Infor- mationen weitestgehend selbst. Hierbei handelt es sich um abstrakte, zweidimensionale Darstellungen, Tabellen u. a. Der Informationsaustausch erfolgt mittels Weiterleitung von Dateien und mündlicher Weitergabe bei Koordinati- onsgesprächen. Die Darstellung der konkreten planeri- schen Konzepte ist auf diese Weise sehr beschränkt und bedingt eindeutig. Die Übertragung von Informationen von einer Disziplin in eine andere lässt damit viele Miss- verständnisse sowie Fehler zu, die meist erst zu einem spä- teren Zeitpunkt identifiziert und aufwendig korrigiert wer- den müssen. BIM hingegen legt den Fokus auf die zentrale Verwal- tung und Kommunikation von Informationen. Ein Bau- werksmodell fungiert primär als eine transparente Verwal- tungsplattform. Dabei können viele Informationen einer einzelnen Disziplin in einem Fachmodell bzw. die Infor- mationen möglichst vieler Disziplinen in einem Gesamt- modell zentral koordiniert werden. Dieser „zentrale Cha- rakter“ ist einer der entscheidenden Faktoren und Unter- schiede. Er erzwingt ein konsequent gemeinschaftliches, integratives Arbeiten, begleitet von einem hohen Kommu- nikationsniveau. Dabei führt BIM zu einer neuen Methode des Informationsma- nagements. Durch die detailliertere, modell- basierte Darstellungs- form ist nun eine sehr hohe Anzahl an Pro- jektinformationen ver- fügbar. Somit werden strategische Spezifikationen erforderlich und zu Projektbe- ginn durch den Bauherrn verbindlich getroffen. Dazu zäh- len Vorgaben, welche Informationen wann und in welcher Qualität für welchen Nutzer notwendig sind. Die Planer und alle anderen Baubeteiligten erstellen und koordinie- ren nachfolgend ihre Modelle, um die definierten Informa- tionen qualitativ und quantitativ liefern zu können. Herausforderung auf vielen Ebenen Was das für wenig BIM-erfahrene Planer tatsächlich be- deutet, lässt sich immer wieder an den Anforderungen für Planungsaufträge in den USA, England, dem Nahen Osten Der „zentrale Charakter“ ist einer der ent- scheidenden Faktoren und Unterschiede. Er erzwingt ein konsequent gemeinschaft- liches, integratives Arbeiten, begleitet von einem hohen Kommunikationsniveau. www.sofistik.de · info@sofistik.de Fragen Sie uns nach dem für Sie passenden SOFiSTiK-FEM-Paket! Eurocodes: z. B. DIN EN 1992-1-1/NA, ÖNORM B 1992-1-1 Heiße Bemessung nach DIN EN 1992-1-2 Nachrechnungsrichtlinie für Straßenbrücken BIM-Workflow bis zur Bewehrungsplanung BiMTOOLS zur Planerstellung mit Autodesk ® Revit ® Structure Finite Elemente Software Projekt: Sparkassenakademie, Stuttgart Tragwerksplanung: Boll und Partner, Stuttgart Architekt: wma, Wöhr Mieslinger Architekten, Stuttgart

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BIM und seine Perspektiven

19Ernst & Sohn Special 2013 · BIM – Building Information Modeling

Informationsmanagement im Wandel

Die Anforderungen an die Planung werden kontinuierlich umfas-sender und komplexer – anspruchsvolle technische Ausstattung von Gebäuden, kürzere Zeitvorgaben, kleinere Budgets sowie zunehmende Forderungen von Nachweisen unterschiedlicher Art während des laufenden Prozesses können hier beispielhaft genannt werden. So sind speziell bei größeren Projekten die heutigen Planungsabläufe von der Koordination einer großen so-wie stetig wachsenden Informationsmenge auf Projekt- und Un-ternehmensebene gekennzeichnet. Vor diesem Hintergrund soll nun die Arbeitsmethode BIM die gewünschte Transparenz und Kommunikationsqualität bieten, um auch den kommenden Anfor-derungen gerecht zu werden und Planungs- wie Kostenrisiken zu minimieren.

Um Projektziele unter der Anwendung von BIM effizient erreichen zu können, ist jedoch eine Reihe von Zwischen-schritten notwendig. Es stellen sich die berechtigten Fra-gen, welche Veränderungen BIM mit sich bringt, wie diese einzuordnen sind und an welcher Stelle die Maßnahmen einer BIM-Einführung angesetzt werden sollten. Um auf diese Fragen eingehen zu können, soll zunächst der ent-scheidende Unterschied zwischen der Methode einer her-kömmlichen Projektabwicklung und der mittels BIM be-leuchtet werden.

Fokus auf zentrale Verwaltung und Kommunikation

Eine eminente Differenz besteht in der Weise der Verwal-tung und Koordination von projektrelevanten Informatio-nen, dem Informationsmanagement. Traditionell erstellt und verwaltet jede Fachdisziplin die notwendigen Infor-mationen weitestgehend selbst. Hierbei handelt es sich um abstrakte, zweidimensionale Darstellungen, Tabellen u. a. Der Informationsaustausch erfolgt mittels Weiterleitung von Dateien und mündlicher Weitergabe bei Koordinati-onsgesprächen. Die Darstellung der konkreten planeri-schen Konzepte ist auf diese Weise sehr beschränkt und

bedingt eindeutig. Die Übertragung von Informationen von einer Disziplin in eine andere lässt damit viele Miss-verständnisse sowie Fehler zu, die meist erst zu einem spä-teren Zeitpunkt identifiziert und aufwendig korrigiert wer-den müssen.

BIM hingegen legt den Fokus auf die zentrale Verwal-tung und Kommunikation von Informationen. Ein Bau-werksmodell fungiert primär als eine transparente Verwal-tungsplattform. Dabei können viele Informationen einer einzelnen Disziplin in einem Fachmodell bzw. die Infor-mationen möglichst vieler Disziplinen in einem Gesamt-modell zentral koordiniert werden. Dieser „zentrale Cha-rakter“ ist einer der entscheidenden Faktoren und Unter-schiede. Er erzwingt ein konsequent gemeinschaftliches, integratives Arbeiten, begleitet von einem hohen Kommu-nikationsniveau. Dabei führt BIM zu einer neuen Methode des Informationsma-nagements. Durch die detailliertere, modell-basierte Darstellungs-form ist nun eine sehr hohe Anzahl an Pro-jektinformationen ver-fügbar. Somit werden strategische Spezifikationen erforderlich und zu Projektbe-ginn durch den Bauherrn verbindlich getroffen. Dazu zäh-len Vorgaben, welche Informationen wann und in welcher Qualität für welchen Nutzer notwendig sind. Die Planer und alle anderen Baubeteiligten erstellen und koordinie-ren nachfolgend ihre Modelle, um die definierten Informa-tionen qualitativ und quantitativ liefern zu können.

Herausforderung auf vielen Ebenen

Was das für wenig BIM-erfahrene Planer tatsächlich be-deutet, lässt sich immer wieder an den Anforderungen für Planungsaufträge in den USA, England, dem Nahen Osten

Der „zentrale Charakter“ ist einer der ent-scheidenden Faktoren und Unterschiede. Er erzwingt ein konsequent gemeinschaft-liches, integratives Arbeiten, begleitet von einem hohen Kommunika tionsniveau.

www.sofi stik.de · info@sofi stik.de

Fragen Sie uns nach dem für Sie passenden SOFiSTiK-FEM-Paket!

• Eurocodes: z. B. DIN EN 1992-1-1/NA, ÖNORM B 1992-1-1

• Heiße Bemessung nach DIN EN 1992-1-2• Nachrechnungsrichtlinie für Straßenbrücken• BIM-Workfl ow bis zur Bewehrungsplanung• BiMTOOLS zur Planerstellung

mit Autodesk® Revit® Structure

Finite Elemente Software

Projekt: Sparkassenakademie, StuttgartTragwerksplanung: Boll und Partner, StuttgartArchitekt: wma, Wöhr Mieslinger Architekten, Stuttgart

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Bild 1a+b. Mit BIM geplant: Krankenhaus Al Ain, Abu Dhabi, VAE Visualisierung (links) und Gesamtmodell (rechts)

oder den skandinavischen Ländern erkennen, wo sich BIM bereits als Standardmethode in der Planung etabliert hat. Deutsche, international agierende Unternehmen wer-den dort mit den entsprechenden BIM-Projektspezifikati-onen für die Projektabwicklung konfrontiert wie z. B. Mo-dellierungsbeschreibungen, Definitionen für Informations-grade oder Koordinationszyklen. Unvorbereitet und ohne professionelle Unterstützung sind die Betroffenen nicht in der Lage, diese Vorgaben kor-rekt zu interpretieren, den Aufwand zu kalkulieren oder umzusetzen. Dies gilt nicht nur für Planer, sondern in ähnli-chem Maße auch für Bauunternehmen, Produkthersteller oder andere Disziplinen im Bauwesen. Alle Gruppen sind betroffen.

Aufgrund dieser Erfahrung wird allen Beteiligten schnell bewusst, dass sich BIM, wenn es effizient genutzt

werden soll, nicht auf einige wenige (internationale) Pla-nungsaufträge innerhalb der eigenen Bürostruktur be-schränken lässt. Denn BIM bedeutet eine Herausforde-rung auf vielen Ebenen.

Eine sinnvolle Anwendung setzt voraus, dass über viele Jahre angeeignete, alte Arbeitsweisen und Kommuni-

kationswege sowie -zyklen aufgegeben bzw. an die neue Methode angepasst werden. Während der Bauherr bereits vor Projektbeginn gefordert ist, kon-krete BIM-Ziele verbindlich vorzuge-ben, verpflichten sich die Planer, ent-sprechende Strukturen modellbasiert

aufzustellen und konsequent zu pflegen. Ein Korsett von kontinuierlichen, digitalen Prüfungen sichert die Zielvor-gaben. Dabei wird eine strikte Einhaltung und Koordina-tion einer definierten Informationsqualität im Modell ver-langt und eine durchgängige, sehr disziplinierte Arbeits-

Bild 2 a+b. Bei BIM-Projekten wird eine hohe Zahl an Informationen generiert und koordiniert, wie der Ausschnitt aus dem Gesamtmodell zeigt (links). Hierfür sind enge Abstimmungszyklen und eine transparente Verwaltung der Kollisionen z. B. mittels einer sogenannten Clash-Matrix (Ausschnitt) (rechts) im Laufe der Planung notwendig.

Den Mehrwert bilden zum Beispiel eine kollisionsarme Planung oder ein tages-aktueller Stand der Kosten- und Mengen-angaben.

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weise vom Projektteam gefordert. Den Mehrwert bilden dann zum Beispiel eine kollisionsarme Planung oder ein tagesaktueller Stand der Kosten- und Mengenangaben.

Anpassungen

Veränderungen durch BIM ergeben sich zudem für Struk-turen und Verträge. Um integriert agieren zu können, sind die Projektteams auf fachlicher aber auch auf digitaler Ebene hierarchisch organisiert und verlangen eine lineare, fachübergreifende Team- und Entscheidungsordnung. Auch die unterstützenden Prozesse im Unternehmen, wie z. B. die EDV, sind nun verstärkt am Projekterfolg oder Misserfolg beteiligt.

Zudem sind im Zusammenspiel mit allen Projektbe-teiligten Haftung und Besitz von gemeinschaftlich genutz-ten Informationen im Projekt vertraglich zu berücksichti-gen. Das betrifft beispielsweise Festlegungen bei einer Wei-tergabe von fehlerhaften, nicht standardgemäßen Modellen innerhalb des Projektteams.

Eine weitere Anpassung werden viele Rollenbilder im Bauwesen erfahren. Gruppen, die im Entstehungsprozess von Bauwerken bislang keine unmittelbare Rolle spielten, werden nun stärker in den Ablauf einbezogen und erwei-tern ihr klassisches Aufgabengebiet. So liefern beispielswiese Produkthersteller Objekte mit einer Vielzahl an Attribu-ten, die einen umfassenden Informati-onsstand für bestimmte Projektstufen widerspiegeln können: Massen, energe-tische Kenngrößen etc. Softwareherstel-ler hingegen werden nun aufgefordert, nicht nur die Umsetzung von fachbezogenen Funktionen anzubieten, sondern neue Prozesse in der interdisziplinä-ren Kommunikation sowie in der integrativen Zusammen-arbeit zu ermöglichen und abzubilden.

Im Rahmen dieses Beitrags können nur einige Bei-spiele für anstehende Veränderungen aufgezeigt werden. Der Großteil kann nicht kurzfristig umgesetzt werden, sondern ist als Teil eines kontinuierlichen Optimierungs-prozesses im Unternehmen und als gleichzeitiger Kultur-wandel im Bauwesen über einen Zeitraum von vielen Jah-ren zu verstehen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass BIM eine Herausforderung für jedes Unternehmen bedeutet, die über die bloße Anschaffung von Soft- und Hardware weit hin-ausgeht. Wie zahlreiche Projekterfahrungen zeigen, können die projektbedingten Anforderungen nur durch die Anpas-

sung interner Prozesse und Strukturen langfristig gestützt und dadurch die erhofften Mehrwerte erzielt werden.

Auch in Deutschland wird die Anwendung von BIM-Methoden kurz- bis mittelfristig gefordert werden. Die in-tegrativen und gemeinschaftlichen Aspekte verlangen nach

neuen Ausbildungsinhalten, Strukturen und Richtlinien. Davon profitieren ins-besondere kleinere Unternehmen, die diese Vorgaben anwenden und dadurch Fehler in der Projektabwicklung ver-meiden und somit ihr Risiko minimie-ren können.

Auch wenn die Entscheidung über die Einführung von BIM bei der jewei-

ligen Unternehmensführung liegt, sind die wichtigsten Fak-toren für eine erfolgreiche Nutzung das Verständnis und die Akzeptanz der Anwender. Sie sind der Schlüssel für eine erfolgreiche BIM-Einführung und müssen durch Fort-bildungen und eine professionelle Unterstützung auf die neue Methode vorbereitet werden. Hier setzt die Einfüh-rung von BIM an: bei den Mitarbeitern.

Jakob Przybylo, Dipl. Ing. MAS CAAD (ETH), Arch., Fachbereichsleiter BIM + Digital Optimization,

OBERMEYER Planen + Beraten GmbH

Weitere Informationen:www.opb.de

Bild 3. Das REP-Diagramm (Ressourcen-Entwicklung-Prozess Diagramm) verweist auf einen stufenweisen BIM-Einführungs-Prozess. Die Entwicklung umfasst mehrere Ebenen, wobei die Ressourcen den Schlüsselfaktor darstel-len. Generell ist anzunehmen, dass das höchste Niveau derzeit im techni-schen Sektor angesiedelt ist. (Abb.: Obermeyer)

Auch in Deutschland wird die Anwendung von BIM-Methoden kurz- bis mittelfristig gefordert werden. Die integrativen und ge-meinschaftlichen Aspekte verlangen nach neuen Ausbildungsinhalten, Strukturen und Richtlinien.

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