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Finken-Gratisdownload Lese- probe Lesen und Schreiben Sprachlicher Anfangsunterricht Band 2 Unterrichtskonzepte mit abgestimmten Arbeitsmaterialien auf CD Artikel-Nr. 1812 Weitere Infos unter www.finken.de/1812 www.finken.de © Finken-Verlag ∙ www.finken.de 9 Das schließt diverse Schreib- und Lesehandlungen, aber auch das Spre- chen darüber ein. Kinder haben hier oftmals die Rolle des Beobachters, sie verfolgen, wie Erwachsene sich schriftsprachlich verhalten und greifen deren Aktivitäten im eigenen Spiel auf. Es handelt sich dabei vornehmlich um einen impliziten Erwerb, d.h. dass die Kinder Handlungen imitieren und nachspielen, jedoch noch nicht in der Lage sind darüber metasprachlich zu kommunizieren. Wie eng die Grenzen jedoch sind, zeigt sich, wenn Kinder beispielsweise nachfragen: „Was hast du da geschrieben?“ oder eigene Handlungen kommentieren „Ich les jetzt mal die Zeitung“. Damit signalisieren sie durchaus, dass sie bereits ein explizites Wissen über Schrift aufgebaut haben. Auch für spätere Literacy-Bildung gibt es sogenannte Vorläuferfähigkei- ten. Unter der Bezeichnung „emergent literacy“ werden sowohl sozial- emotionale als auch basale Wahrnehmungsfähigkeiten im visuellen, audi- tiven und phonologischen Bereich subsumiert (vgl. Blumenstock 2004, Wildemann 2010). So unterscheidet beispielsweise Dehn zwischen Lernvoraussetzungen, die Teilfertigkeiten für den Lese- und Schreibprozess beinhalten, und Lite- racy als grundlegende Erfahrungen mit Schrift. Zu den Teilfähigkeiten zählt u. a. die Feinmotorik, die visuelle und lautliche Differenzierungsfähigkeit, die Phonologische Bewusstheit, das Hörverstehen sowie das Arbeits- gedächtnis (vgl. Dehn 2008, S. 30). Die von ihr aufgeführten Teilfähigkeiten sind somit schon stärker auf den Lese- und Schreiberwerb ausgerichtet, während Literacy vor allem die Aufmerksamkeit für Schrift, Vorlese- und Hörerfahrungen, das Spiel mit Sprache und das heuristische Erproben von Schreibhandlungen (z. B. Kritzelbriefe verfassen) umfasst. Der Literacy-Erwerb der ersten Jahre ist stark an die Familie gebunden. Die Familie ist der primäre Ort, an dem grundlegende Kenntnisse, Fähig- keiten und Fertigkeiten, sowie Orientierungen und Einstellungen gegen- über Schrift weitergegeben werden. Literacy-Erfahrungen ergeben sich dabei zumeist ungesteuert als Teil des Alltags, sie werden nicht gezielt initiiert. Impliziter Erwerb Emergent Literacy Lernvoraussetzungen und Literacy Family Literacy Lea will mit ihrer Mutter zum Einkaufen in den Supermarkt. Noch in der Wohnung beobachtet sie, wie die Mutter sich einen Einkaufszettel macht. Die Mutter überlegt und spricht halblaut, dann schreibt sie etwas auf ihren kleinen Zettel. Sie liest Lea die Einkaufsliste vor und fragt: „Habe ich etwas vergessen?“ Lea erinnert an die Erdbeer- marmelade, die gerade ausgegangen ist. Schnell wird dies noch von der Mutter notiert. Im Supermarkt orientiert sich die Mutter an ihrer Einkaufsliste. Sie sucht in den Regalen, vergleicht die Preise oder sucht nach einer bestimmten Marke. An der Kasse werden die Einkäufe aufs Band gelegt, beim Durchscannen erscheint der Preis auf einem Display und am Ende ein Gesamtbetrag, der gezahlt werden muss. Zu Hause werden die Einkäufe ausgepackt und verstaut. Auch dabei hilft Lea. Die Mutter lässt sich einige Sachen von ihr anreichen „Gib mir doch mal die Kekse“ oder „Jetzt brauche ich die Papiertaschen- tücher“. 8 © Finken-Verlag ∙ www.finken.de 1.1 Literacy-Erwerb und Literacy-Bildung Das Freizeitverhalten von Vorschulkindern ist vor allem durch das Spielen geprägt (vgl. KIM 2012, S. 66). Auf diese Weise eignen sie sich einen Groß- teil ihrer Lebenswelt an. Dies geschieht, indem sie Erlebtes, Gesehenes und Gehörtes nachspielen, fortsetzen oder auch umdeuten. Dabei be- geben sie sich in eine fiktionale Welt, in der Reales und Fiktionales klar voneinander abgegrenzt werden (vgl. Wildemann 2013). Eine solche Situierung in ein Spielgeschehen erlaubt den Kindern aber auch das gefahrlose Erproben von Normen und Regeln, was sowohl ein Spiel auf emotional-sozialer als auch auf sprachlicher Ebene einschließt. Dabei sind Literacy-Aktivitäten aufgrund ihres ritualisierten Charakters oftmals fest im Spielgeschehen verankert, so z. B. bei einem Besuch in der Eisdiele, den Kinder gerne beim Sandkastenspiel inszenieren. „Was möch- ten Sie bitte?“ oder „Ich hätte gern …“ sind feste Gesprächsbausteine, die die Kinder hier richtig nutzen. Ebenso kennen sie das Notieren der Bestel- lung auf einem Block. In die fachliche Debatte um frühe Literacy-Erfahrungen hat sich vor allem die Elementarpädagogik eingebracht. Sie plädiert mehrheitlich für eine ganzheitliche und handlungsbezogene Realisierung als Teildimension der elementarpädagogischen Sprachbildung (vgl. Jampert u. a. 2006, Jampert/ Zehnbauer 2007, Ulich 2003). Die Bereitstellung von Literacy-Erfahrungen im Kindergarten bietet dabei Möglichkeiten der frühen Schriftbegegnung. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass bei Schuleintritt alle Kinder über diese Erfah- rungen verfügen. Um sich in den ersten Wochen einen Überblick über das kindliche Wissen und Können zu verschaffen, ist es daher sinnvoll, gezielt Literacy-Aktivitäten anzuregen. So können Sie feststellen, welche Fähig- keiten Ihre Kinder bereits erworben haben und wie Sie diese im Sprach- lichen Anfangsunterricht aufgreifen und weiterentwickeln können. Damit beschreiten Sie den Weg vom Literacy-Erwerb zur Literacy-Bildung, der für das Lesen- und Schreibenlernen so bedeutsam ist. Literacy-Erwerb Wie bereits angesprochen vollzieht sich der Literacy-Erwerb alltagsimma- nent, indem Kinder vielfältige Begegnungen mit Schrift machen. In der frühkindlichen Entwicklung entfaltet sie sich als soziale Praxis in der Inter- aktion zwischen Individuum und seiner Umwelt. Der Literacy-Erwerb ist folglich ein situierter Erwerb. Zu den literalen Situationen zählen sämtliche Aktivitäten, in denen Schrift eine Rolle spielt. Spiel und Literacy-Aktivitäten Literacy Der Begriff Literacy stammt aus dem anglo-amerikanischen Raum und beinhaltet dort als „Early Literacy“ die frühen schriftsprachlichen Fähigkeiten und als „Reading Literacy“ die Lese- und Schreibfähig- keiten. Im deutschen Sprachraum umfasst Literacy Erfahrungen und Kenntnisse rund um die Schrift-, Erzähl- und Lesekultur. Dies schließt den Umgang mit unterschiedlichen Medien ein (vgl. Tenta 2008, S. 26, Rathmann/Wildemann 2014, S. 14).

Finken-Gratisdownload · 2019-07-29 · aus individuelle Lernziele und -wege aufzeigen und begleiten (vgl. Dehn u. a. 2011, Wildemann 2010). Dies funktioniert jedoch nur dann, wenn

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Lese- probe

Lesen und SchreibenSprachlicher Anfangsunterricht Band 2

Unterrichtskonzepte mit abgestimmten Arbeitsmaterialien auf CD

Artikel-Nr. 1812

Weitere Infos unter www.finken.de/1812

www.finken.de

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Das schließt diverse Schreib- und Lesehandlungen, aber auch das Spre-

chen darüber ein. Kinder haben hier oftmals die Rolle des Beobachters,

sie verfolgen, wie Erwachsene sich schriftsprachlich verhalten und greifen

deren Aktivitäten im eigenen Spiel auf. Es handelt sich dabei vornehmlich

um einen impliziten Erwerb, d.h. dass die Kinder Handlungen imitieren und

nachspielen, jedoch noch nicht in der Lage sind darüber metasprachlich

zu kommunizieren. Wie eng die Grenzen jedoch sind, zeigt sich, wenn Kinder beispielsweise

nachfragen: „Was hast du da geschrieben?“ oder eigene Handlungen

kommentieren „Ich les jetzt mal die Zeitung“. Damit signalisieren sie

durchaus, dass sie bereits ein explizites Wissen über Schrift aufgebaut

haben. Auch für spätere Literacy-Bildung gibt es sogenannte Vorläuferfähigkei-

ten. Unter der Bezeichnung „emergent literacy“ werden sowohl sozial-

emotionale als auch basale Wahrnehmungsfähigkeiten im visuellen, audi-

tiven und phonologischen Bereich subsumiert (vgl. Blumenstock 2004,

Wildemann 2010). So unterscheidet beispielsweise Dehn zwischen Lernvoraussetzungen,

die Teilfertigkeiten für den Lese- und Schreibprozess beinhalten, und Lite-

racy als grundlegende Erfahrungen mit Schrift. Zu den Teilfähigkeiten zählt

u. a. die Feinmotorik, die visuelle und lautliche Differenzierungsfähigkeit,

die Phonologische Bewusstheit, das Hörverstehen sowie das Arbeits-

gedächtnis (vgl. Dehn 2008, S. 30).

Die von ihr aufgeführten Teilfähigkeiten sind somit schon stärker auf den

Lese- und Schreiberwerb ausgerichtet, während Literacy vor allem die

Aufmerksamkeit für Schrift, Vorlese- und Hörerfahrungen, das Spiel mit

Sprache und das heuristische Erproben von Schreibhandlungen (z. B.

Kritzelbriefe verfassen) umfasst. Der Literacy-Erwerb der ersten Jahre ist stark an die Familie gebunden.

Die Familie ist der primäre Ort, an dem grundlegende Kenntnisse, Fähig-

keiten und Fertigkeiten, sowie Orientierungen und Einstellungen gegen-

über Schrift weitergegeben werden. Literacy-Erfahrungen ergeben sich

dabei zumeist ungesteuert als Teil des Alltags, sie werden nicht gezielt

initiiert.

Impliziter Erwerb

Emergent Literacy

Lernvoraussetzungen und Literacy

Family LiteracyLea will mit ihrer Mutter zum Einkaufen in den Supermarkt. Noch in

der Wohnung beobachtet sie, wie die Mutter sich einen Einkaufszettel

macht. Die Mutter überlegt und spricht halblaut, dann schreibt sie

etwas auf ihren kleinen Zettel. Sie liest Lea die Einkaufsliste vor und

fragt: „Habe ich etwas vergessen?“ Lea erinnert an die Erdbeer-

marmelade, die gerade ausgegangen ist. Schnell wird dies noch von

der Mutter notiert. Im Supermarkt orientiert sich die Mutter an ihrer Einkaufsliste. Sie

sucht in den Regalen, vergleicht die Preise oder sucht nach einer

bestimmten Marke. An der Kasse werden die Einkäufe aufs Band

gelegt, beim Durchscannen erscheint der Preis auf einem Display

und am Ende ein Gesamtbetrag, der gezahlt werden muss.

Zu Hause werden die Einkäufe ausgepackt und verstaut. Auch dabei

hilft Lea. Die Mutter lässt sich einige Sachen von ihr anreichen „Gib

mir doch mal die Kekse“ oder „Jetzt brauche ich die Papiertaschen­

tücher“.

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1.1 Literacy-Erwerb und Literacy-BildungDas Freizeitverhalten von Vorschulkindern ist vor allem durch das Spielen geprägt (vgl. KIM 2012, S. 66). Auf diese Weise eignen sie sich einen Groß-teil ihrer Lebenswelt an. Dies geschieht, indem sie Erlebtes, Gesehenes und Gehörtes nachspielen, fortsetzen oder auch umdeuten. Dabei be-geben sie sich in eine fiktionale Welt, in der Reales und Fiktionales klar voneinander abgegrenzt werden (vgl. Wildemann 2013). Eine solche Situierung in ein Spielgeschehen erlaubt den Kindern aber auch das gefahrlose Erproben von Normen und Regeln, was sowohl ein Spiel auf emotional-sozialer als auch auf sprachlicher Ebene einschließt. Dabei sind Literacy-Aktivitäten ✱ aufgrund ihres ritualisierten Charakters oftmals fest im Spielgeschehen verankert, so z. B. bei einem Besuch in der Eisdiele, den Kinder gerne beim Sandkastenspiel inszenieren. „Was möch­ten Sie bitte?“ oder „Ich hätte gern …“ sind feste Gesprächsbausteine, die die Kinder hier richtig nutzen. Ebenso kennen sie das Notieren der Bestel-lung auf einem Block.

In die fachliche Debatte um frühe Literacy-Erfahrungen hat sich vor allem die Elementarpädagogik eingebracht. Sie plädiert mehrheitlich für eine ganzheitliche und handlungsbezogene Realisierung als Teildimension der elementarpädagogischen Sprachbildung (vgl. Jampert u. a. 2006, Jampert/Zehnbauer 2007, Ulich 2003). Die Bereitstellung von Literacy-Erfahrungen im Kindergarten bietet dabei Möglichkeiten der frühen Schriftbegegnung. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass bei Schuleintritt alle Kinder über diese Erfah-rungen verfügen. Um sich in den ersten Wochen einen Überblick über das kindliche Wissen und Können zu verschaffen, ist es daher sinnvoll, gezielt Literacy-Aktivitäten anzuregen. So können Sie feststellen, welche Fähig-keiten Ihre Kinder bereits erworben haben und wie Sie diese im Sprach-lichen Anfangsunterricht aufgreifen und weiterentwickeln können. Damit beschreiten Sie den Weg vom Literacy-Erwerb zur Literacy-Bildung, der für das Lesen- und Schreibenlernen so bedeutsam ist.

Literacy-Erwerb Wie bereits angesprochen vollzieht sich der Literacy-Erwerb alltagsimma-nent, indem Kinder vielfältige Begegnungen mit Schrift machen. In der frühkindlichen Entwicklung entfaltet sie sich als soziale Praxis in der Inter-aktion zwischen Individuum und seiner Umwelt. Der Literacy-Erwerb ist folglich ein situierter Erwerb. Zu den literalen Situationen zählen sämtliche Aktivitäten, in denen Schrift eine Rolle spielt.

Spiel und Literacy-Aktivitäten

✱ LiteracyDer Begriff Literacy stammt aus dem anglo-amerikanischen Raum und beinhaltet dort als „Early Literacy“ die frühen schriftsprachlichen Fähigkeiten und als „Reading Literacy“ die Lese- und Schreibfähig-keiten. Im deutschen Sprachraum umfasst Literacy Erfahrungen und Kenntnisse rund um die Schrift-, Erzähl- und Lesekultur. Dies schließt den Umgang mit unterschiedlichen Medien ein (vgl. Tenta 2008, S. 26, Rathmann/Wildemann 2014, S. 14).

Sprachlicher Anfangsunterricht

Lesen und SchreibenHandbuch und CD mit Beobachtungsbögen und vielen alltagstauglichen und erprobten Unterrichtsmaterialien

von Anja Wildemann und Claudia Rathmannillustriert von Marlit Peikert

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Sprachlicher AnfangsunterrichtBand 2: Lesen und Schreiben

Best.-Nr. 1812

Autorinnen: Claudia Rathmann, Anja Wildemann

Illustrationen: Marlit Peikert

Redaktion: Doris Fischer

Herstellung: Christina Kupka

Satz: Therese Meissner

Umschlaggestaltung: Ünsal Özbakir

Bild- und Textnachweis ∙ CD

M7 Drachen/Fußballspiel: Barbara Stachuletz; Weihnachtsmann und Osterhase: Wolfgang Slawski; Mädchen im Mond: Regine Altegoer aus: „Schreib-Fink“, © Finken-Verlag

M15 / M27 Barbara Stachuletz

M16 „Frühling“ von Janosch, aus: Janosch (1979): Die Maus hat rote Strümpfe an. Weinheim: Beltz

„Der Dachs hat …“ von Josef Guggenmos, aus: Josef Guggenmos (2006): Groß ist die Welt. Weinheim: Beltz

© 2014 Finken-Verlag GmbH, Oberursel

Der Kauf von Kopiervorlagen berechtigt die Lehrpersonen der kaufenden Schule, beliebig viele Kopien für den Einsatz an dieser Schule herzustellen.

Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Nutzung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages.

Hinweis zu § 52a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne eine solche Einwilligung eingescannt und in ein Netzwerk eingestellt werden. Das gilt auch für Intranets von Schulen und sonstigen Bildungs einrichtungen.

Anja Wildemann ist Professorin für Grundschulpädagogik mit dem Schwerpunkt Sprache an der Universität Koblenz-Landau. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind Schriftspracherwerb, Sprachlicher Anfangsunterricht, Sprachbildung und Mehrsprachigkeit.

Claudia Rathmann ist Fachleiterin für das Fach Deutsch am Seminar Grundschule im ZfsL Bonn. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Sprachlicher Anfangsunterricht, Literarisches Lesen und Medien in der Grundschule.

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Inhaltsverzeichnis · Sprachlicher Anfangsunterricht Band 2

Das Konzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .4Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .6

1. Frühe Schrifterfahrungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .7

1.1 Literacy-Erwerb und Literacy-Bildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .81.2 Mit Literacy-Boxen schriftsprachliche Kompetenzen anbahnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .11

2. Der Klassenraum als schriftorientierte Lernumgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .17

2.1 Drei-Säulen-Modell der Schriftbegegnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .172.2 Raum und Zeit für die Schrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .22

3. Schriftspracherwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .26

3.1 Erwerbsmodelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .263.2 Schreiben von Anfang an . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .303.3 Eine Handschrift entwickeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .353.4 Richtig schreiben – schon im Anfangsunterricht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .38

4. Lesen in einem medienintegrativen Anfangsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .43

4.1 Das Lesen lernen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .434.2 Das Leseverständnis unterstützen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .464.3 Lesekompetenz entwickeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .544.4 Zum Lesen motivieren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .554.5 Das literarische Lernen im Anfangsunterricht anregen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .574.6 Eine Lese- und Medienkultur schaffen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .63

5. Lesen und Schreiben: Anregungen für den Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .67

5.1 Schreibideen für zwischendurch – eine Kartei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .675.2 Lesenangebote für zwischendurch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .715.3 Den Winter erleben – Zehn Lese- und Schreibangebote zum „Winter“ . . . . . . . . . . . . . . . . . .735.4 Anton kann zaubern – Eine Unterrichtsreihe für den Schulanfang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .825.5 Mit Shaun die Welt sehen – Eine Medienfigur für den Unterricht nutzen . . . . . . . . . . . . . . . . .885.6 Strategisch Lesen lernen mit „Pauli Panzers“ kooperativen Leserätseln . . . . . . . . . . . . . . . . .92

6. Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .94

Material M auf der CD ∙ Übersicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .94 Finken-Materialien für den Sprachlichen Anfangsunterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .95 Literaturauswahl zum Thema . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .96

Zur Orientierung im Band

✔ Checklisten

Tipps und weiterführende Hinweise

✱ Erläuterungen

M Material auf der CD

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Sprachlicher Anfangsunterricht · Das KonzeptDer Sprachliche Anfangsunterricht zählt zu den anspruchsvollsten Aufgaben in der Grundschule. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass er maßgeblich von den individuellen kindlichen Fähigkeiten und Möglichkeiten abhängig ist. Wer heute in eine erste oder auch zweite Klasse hineinschaut, hat es mit einer bunten Mischung zu tun. Da sitzen Kinder, die schon selbst lesen können, neben solchen, denen noch nie vorgelesen wurde, Schülerinnen und Schüler, die fließend Russisch sprechen und Deutsch als Zweitsprache lernen, neben Muttersprachlern, die nur über einen sehr eingeschränkten Wortschatz verfügen. Die Liste der individuellen Besonderheiten ließe sich beliebig verlängern.

• Wie kann es nun gelingen, dass am Ende von Klasse zwei alle diese Kinder angemessen lesen und schreiben können? Was muss ich tun, damit jedes Kind gemäß seinen Fähigkeiten gefördert und auch gefordert wird?

• Wie kann ich die in den Bildungsstandards geforderten Kompetenzen anzielen und zugleich die Individualität des Einzelnen im Blick behalten?

Dies sind nur einige Fragen, die sich Lehrerinnen und Lehrer stellen, wenn sie ein erstes Schuljahr übernehmen. Ihr Unterricht findet statt im Spannungsfeld zwischen äußerst heterogenen Ausgangs-bedingungen der einzelnen Schülerinnen und Schüler und den für alle zu erreichenden Kompetenzen und Standards, zwischen den Forderungen der modernen Fachdidaktik, den fachspezifischen Lehr-plänen und realistischen Formen der Umsetzung im Schulalltag.

Viele wünschen sich mehr Unterstützung, insbesondere im Hinblick auf die gezielte Beobachtung und Analyse von Lernvoraussetzungen, aber auch konkrete Unterrichtsvorschläge, die sich daraus ableiten lassen.

Leitideen und Ziele der Reihe

Das Konzept der Reihe „Sprachlicher Anfangsunterricht“ setzt an diesen Bedürfnissen der Lehrerin-nen und Lehrer an. Ziel ist es, den Lehrenden eine Unterrichtshilfe an die Hand zu geben, die den vielfältigen Anforderungen des Schulalltags Rechnung trägt, indem sie verständlich aufbereitete Informationen zur Fachdidaktik mit konkreten unterrichtlichen Anregungen verbindet. Diese Vermittlung zwischen Theorie und Praxis stellt ein zentrales Anliegen der Reihe dar. Sie soll Lehrkräften Sicherheit geben für ihr pädagogisch-didaktisches Handeln im Unterricht und sie zugleich ermuntern, auch einmal neue Wege zu gehen. Darüber hinaus spielen in jedem Band die folgenden Aspekte eine besondere Rolle:

Kompetenzorientierung

Die Qualität eines Sprachlichen Anfangsunterrichts muss sich vor allem daran messen lassen, wie erfolgreich er ist, d. h. inwiefern es ihm gelingt, die individuellen sprachlichen Kompetenzen der Kinder aufzugreifen und weiterzuentwickeln.

In den landesweiten Bildungsstandards und den Lehrplänen für das Fach Deutsch werden die An-forderungen an das Lernen der Kinder in Kompetenzerwartungen konkretisiert. Diese beziehen sich auf alle Handlungsfelder des Deutschunterrichts. Dazu gehören neben dem Lesen- und Schreiben-lernen auch das mündliche Sprachhandeln (Bereich: Sprechen und Zuhören) sowie die Anbahnung eines bewussten Umgangs mit Sprache (Bereich: Sprache und Sprachgebrauch untersuchen).

Um Lehrende in ihrer Unterrichtsarbeit zu unterstützen, bieten die einzelnen Hefte der Reihe Infor-mationen und Praxisangebote zu allen Bereichen an und verknüpfen diese gezielt mit den entspre-chenden Kompetenzerwartungen.

Schülerorientierung

Sprachlicher Anfangsunterricht muss Kinder da abholen, wo sie stehen und von diesem Standort aus individuelle Lernziele und -wege aufzeigen und begleiten (vgl. Dehn u. a. 2011, Wildemann 2010). Dies funktioniert jedoch nur dann, wenn Lehrerinnen und Lehrer in regelmäßigen Abständen die Lernvoraussetzungen und Lernstände in der Klasse analysieren und darauf didaktisch reagieren.

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Diagnostizieren und Fördern sind zentrale Aufgaben im heutigen Lehrberuf. Dies umso mehr, wenn man den Inklusionsgedanken ernst nimmt. Für die Lehrenden bedeutet das: Sie müssen sich zu-nächst über geeignete Diagnoseverfahren informieren und dann versuchen, diese möglichst ökono-misch in ihren Unterricht zu integrieren.

Die Reihe greift dieses Problem auf, indem sie Vorschläge zur Erhebung von Lernvoraussetzungen für alle Handlungsfelder des Deutschunterrichts anbietet und mit entsprechenden Dokumentations-materialien (z. B. Beobachtungsbögen) verbindet. Es geht darum, eine kontinuierliche Verknüpfung von Beobachten und Unterrichten anzuregen und den Lehrerinnen und Lehrern zugleich Möglich-keiten aufzuzeigen, wie sie die Lernentwicklung des einzelnen Kindes systematisch dokumentieren und begleiten können.

Praxisorientierung

In einem guten Sprachlichen Anfangsunterricht muss es gelingen, vor dem Hintergrund der kind-lichen Lernvoraussetzungen fachlich fundierte und methodisch vielfältige Lernarrangements zu ent-wickeln, die einerseits individuelle Lernwege zulassen, andererseits aber auch die für alle verbind-lichen Kompetenzerwartungen im Blick behalten. Das bedeutet, dass die Lehrenden sich regelmäßig über den aktuellen Stand der Fachdidaktik informieren, Unterrichtsmaterialien auf ihre Effizienz hin überprüfen und gegebenenfalls alternative didaktische Zugänge ausprobieren sollten. In der schulischen Realität wird demgegenüber oft intuitiv auf bereits Vorhandenes und Vertrautes zurückgegriffen, weil sich die Lehrenden im Umgang mit den bekannten Materialien sicher fühlen und die Vorbereitung sich in einem überschaubaren zeitlichen Rahmen bewegt.

Die in der Heftreihe vorgestellten Unterrichtsideen sind zur Entlastung der Lehrenden gedacht. Sie zeigen auf, welche Kompetenzen sich mit den entsprechenden Vorhaben erzielen lassen, welche Differenzierungsmöglichkeiten sich ergeben und wie man die Unterrichtsideen ganz konkret um-setzen kann.

Struktur der Reihe

Die Heftreihe „Sprachlicher Anfangsunterricht“ umfasst fünf Themenbände. Dabei bietet jeder Band einen theoretisch fundierten Einblick in ein Schwerpunktthema sowie Anregungen, Hilfen und Mate-rialien für die Praxis.

Folgende Themen sind als Einzelbände erhältlich:

Band 1: Lernvoraussetzungen feststellen und Unterricht gestalten

Band 2: Lesen und Schreiben

Band 3: Sprechen und Zuhören

Band 4: Deutsch als Zweitsprache

Band 5: Sprachförderung und Sprachbildung

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EinleitungDas Lesen und Schreiben lernen steht im Zentrum des Sprachlichen Anfangsunterrichts. Anknüp-fend an die frühen Erfahrungen der Kinder mit Schriftsprache geht es nunmehr sowohl um die tech-nische Seite des Lesens und Schreibens als auch um das Wecken von Lese- und Schreibfreude. Beides muss zusammenkommen, damit Kinder zu habituellen Lesern und Schreibern werden.

Dabei sind die Bedingungen, unter denen der Sprachliche Anfangsunterricht startet, äußerst hetero-gen. Die Kinder kommen aus ganz unterschiedlichen familiären und vorschulischen Kontexten in die Schule und bringen daher auch eine breite Palette an Erfahrungen, Wissen und Können mit. Die Wenigsten von ihnen haben bis zum Schuleintritt gar keine Erfahrungen mit Schrift gemacht. Selbst, wenn literarische Gewohnheiten in der Familie nur in geringem Umfang oder gar nicht vorhanden sind, so begegnet ihnen Schrift doch in ihrem unmittelbaren Alltag, vor allem als Schriftzüge in ihrer Umwelt (z. B. Verpackungen, Firmenschilder, Markennamen, usw.). Schulanfänger/innen sind somit bereits in eine schriftnahe Gesellschaft hineingewachsen. An dieser Gesellschaft wollen sie nun aktiver teilnehmen, weshalb der Wunsch das Lesen und Schreiben zu lernen am Schulanfang in der Regel sehr groß ist. Schnell kann die Motivation jedoch beim einzelnen Kind ins Gegenteil umschlagen, wenn es sich über- oder unterfordert fühlt, wenn Lernvoraussetzungen und Lernangebot nicht zusammenpassen. Eine Diagnose der Lernvoraussetzungen ist daher ein unabdingbarer Start in den Sprachlichen Anfangsunterricht (siehe Band 1: Lernvoraussetzungen feststellen und Unterricht gestalten).

Welche frühen Schrifterfahrungen ein Teil der Kinder schon vor Schuleintritt sammelt und wie diese in den ersten Schulwochen festgestellt und gefördert werden können, zeigen wir in diesem Band auf. Dazu gehören zum einen überschaubare Lernsettings, wie beispielsweise die Literacy-Boxen, und zum anderen die schriftorientierte Gestaltung des Klassenraums. Es handelt sich hierbei um niedrig-schwellige Lernangebote, die eine Fortsetzung der frühkindlichen Schrifterfahrungen darstellen und die die Kinder vor allem zum impliziten Lernen auffordern.

Wer im Sprachlichen Anfangsunterricht tätig ist, benötigt Wissen über den kindlichen Schrift-spracherwerb, um das Können, aber auch die Bedürfnisse der Kinder einschätzen und entspre-chend handeln zu können. Dieser Band gibt einen Überblick über Grundlegendes zum Lesen- und Schreibenlernen und baut damit eine Brücke zwischen einem theoretischen Gerüst und praktischer Umsetzung.

In der Literatur zum Schriftspracherwerb kommt oftmals der Bereich des Lesens zu kurz, anderer-seits ist die Lesekompetenz im letzten Jahrzehnt verstärkt in den Fokus gerückt. Große Studien, wie beispielsweise PISA und IGLU haben aufgezeigt, dass eine gute Lesekompetenz richtungsweisend für den Schulerfolg ist. In den Modellen und Förderprogrammen, die daraufhin entwickelt wurden, stehen vor allem Leseverständnis als Informationsentnahme und Leseflüssigkeit im Zentrum. Beide Aspekte werden auch in diesem Band dargestellt. Darüber hinaus ist Lesen aber mehr als die Informationsentnahme aus geschriebenen Texten. Ge rade das Lesen im Medienverbund spielt in der heutigen Gesellschaft eine zunehmende Rolle. Kinder werden schon früh in diese Mediengesellschaft eingeführt (vgl. KIM-Studie 2012) und erleben das Lesen auf vielfältige Weise. Wie Lesen in einem medienintegrativen Anfangsunterricht aussehen kann, zeigen wir in Kapitel 4 auf – und bieten Ihnen auch hier wieder Unterrichtsideen für die eigene Umsetzung.

Wie bereits in unserem ersten Band versammeln wir abschließend verschiedene Unterrichts-vorschläge. Neben den kleinen Lese- und Schreibanlässen für Zwischendurch, die Sie gut in Ihren Deutschunterricht integrieren können – ob nun im Rahmen von Wochen- oder Freiarbeit oder ergän-zend zu einem thematischen Schwerpunkt – finden Sie drei Unterrichtsvorschläge zum Lesen, Schreiben und literarischen Lernen.

Ganz herzlich danken wir Tina Flecken, Viola Papenfoht und Karin Tkotz für die Unterstützung bei der Entwicklung und Erprobung dieser Unterrichtsideen.

Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Umsetzung!

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1. Frühe Schrifterfahrungen Bekannt ist, dass Kinder bereits lange vor Schuleintritt wichtige Erfahrun-gen mit Schrift machen. Sie wachsen in einer schriftnahen Umgebung auf, in der ihnen in ihrem Alltag Schrift immer wieder begegnet. Neben dem Vorlesen, dem Bilderbuchbetrachten, dem Hören von Hörgeschichten und dem Sprechen über schriftbezogene Erfahrungen, gehören dazu auch die vielen Schriftbegegnungen, die eher nebenbei stattfinden:

• Einkaufszettel, die geschrieben werden, • Beschriftungen an Lebensmitteln und Gegenständen, • Zeitungen und Zeitschriften, die gelesen werden, • Firmen- und Markenlogos, • Werbeschriftzüge, Prospekte und Flyer, • Einladungsschreiben, Rechnungen und Notizen als Merkhilfen, • Kalender, in die Termine und Geburtstage eingetragen werden, • Aufschriften auf Kleidung, Namen für Spielgegenstände

(z. B. Barbie, Playmobil) usw.

Entscheidend für die frühe schriftsprachliche Entwicklung der Kinder ist dabei nicht allein die Häufigkeit der schriftbezogenen Erlebnisse, sondern vielmehr deren Qualität. In Bezug auf das Vorlesen von Büchern hat beispielsweise Feneberg (1994) herausgefunden, dass die Art und Weise, wie Eltern mit ihrem Kind die Vorlesesituation gestalten, das kindliche Sprachverhalten beeinflusst. Auch Hurrelmann u. a. kommen in ihrer großen Studie zum „Leseklima in der Familie“ (1993) zu dem Ergebnis, dass die Leseentwicklung von Kin-dern mit dem elterlichen Interaktionsverhalten zusammenhängt. Darüber hinaus konnten sie feststellen, dass nicht nur Familien, in denen primär Bücher und andere Printmedien intensiv genutzt werden, sondern auch solche, die mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Medien und somit auch audio-visuellen Medien umgehen, zur Leseentwicklung ihrer Kinder bei-tragen (vgl. Hurrelmann u. a. 1993).

Entscheidend ist der bewusste Umgang mit den medialen Angeboten. Betrachtet man die KIM-Studien ✱ der vergangenen Jahre, so lässt sich in den Familien eindeutig ein Trend hin zu einer stärker technisch gepräg-ten Mediennutzung erkennen (vgl. KIM 2008, 2010, 2012). Die frühen Schrifterfahrungen von Kindern ereignen sich heutzutage somit in medial vielfältigen Lebenskontexten (siehe dazu auch Kap. 4.6). Dies gilt es am Schulanfang und besonders bei der Förderung schriftsprachlicher Fähig-keiten zu berücksichtigen.

Schrifterfahrungen im Alltag der Kinder

✱ Kim-Studie

Die Kim-Studie wird vom Medienpädagogischen Forschungsverbund Südwest (mpfs) online herausgegeben. Sie untersucht regelmäßig die Medienausstattung und das Mediennutzungsverhalten der 6- bis 13- Jährigen. Erstmals wurde in der aktuellen Studie auch das Medien-verhalten von Kindern im Alter zwischen zwei und fünf Jahren erfasst (mini-KIM). Dabei wurde festgestellt, dass 2- bis 3-Jährige die höchs-te Buchbindung zeigen, während bei den 4- bis 5-Jährigen bereits ein Wandel zu audio-visuellen Medien erfolgt (vgl. KIM Studie 2012: Kinder + Medien, Computer + Internet).

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1.1 Literacy-Erwerb und Literacy-Bildung

Das Freizeitverhalten von Vorschulkindern ist vor allem durch das Spielen geprägt (vgl. KIM 2012, S. 66). Auf diese Weise eignen sie sich einen Groß-teil ihrer Lebenswelt an. Dies geschieht, indem sie Erlebtes, Gesehenes und Gehörtes nachspielen, fortsetzen oder auch umdeuten. Dabei be-geben sie sich in eine fiktionale Welt, in der Reales und Fiktionales klar voneinander abgegrenzt werden (vgl. Wildemann 2013).

Eine solche Situierung in ein Spielgeschehen erlaubt den Kindern aber auch das gefahrlose Erproben von Normen und Regeln, was sowohl ein Spiel auf emotional-sozialer als auch auf sprachlicher Ebene einschließt. Dabei sind Literacy-Aktivitäten ✱ aufgrund ihres ritualisierten Charakters oftmals fest im Spielgeschehen verankert, so z. B. bei einem Besuch in der Eisdiele, den Kinder gerne beim Sandkastenspiel inszenieren. „Was möch­ten Sie bitte?“ oder „Ich hätte gern …“ sind feste Gesprächsbausteine, die die Kinder hier richtig nutzen. Ebenso kennen sie das Notieren der Bestel-lung auf einem Block.

In die fachliche Debatte um frühe Literacy-Erfahrungen hat sich vor allem die Elementarpädagogik eingebracht. Sie plädiert mehrheitlich für eine ganzheitliche und handlungsbezogene Realisierung als Teildimension der elementarpädagogischen Sprachbildung (vgl. Jampert u. a. 2006, Jampert/Zehnbauer 2007, Ulich 2003).

Die Bereitstellung von Literacy-Erfahrungen im Kindergarten bietet dabei Möglichkeiten der frühen Schriftbegegnung. Es kann jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass bei Schuleintritt alle Kinder über diese Erfah-rungen verfügen. Um sich in den ersten Wochen einen Überblick über das kindliche Wissen und Können zu verschaffen, ist es daher sinnvoll, gezielt Literacy-Aktivitäten anzuregen. So können Sie feststellen, welche Fähig-keiten Ihre Kinder bereits erworben haben und wie Sie diese im Sprach-lichen Anfangsunterricht aufgreifen und weiterentwickeln können. Damit beschreiten Sie den Weg vom Literacy-Erwerb zur Literacy-Bildung, der für das Lesen- und Schreibenlernen so bedeutsam ist.

Literacy-Erwerb

Wie bereits angesprochen vollzieht sich der Literacy-Erwerb alltagsimma-nent, indem Kinder vielfältige Begegnungen mit Schrift machen. In der frühkindlichen Entwicklung entfaltet sie sich als soziale Praxis in der Inter-aktion zwischen Individuum und seiner Umwelt. Der Literacy-Erwerb ist folglich ein situierter Erwerb. Zu den literalen Situationen zählen sämtliche Aktivitäten, in denen Schrift eine Rolle spielt.

Spiel und Literacy-Aktivitäten

✱ Literacy

Der Begriff Literacy stammt aus dem anglo-amerikanischen Raum und beinhaltet dort als „Early Literacy“ die frühen schriftsprachlichen Fähigkeiten und als „Reading Literacy“ die Lese- und Schreibfähig-keiten. Im deutschen Sprachraum umfasst Literacy Erfahrungen und Kenntnisse rund um die Schrift-, Erzähl- und Lesekultur. Dies schließt den Umgang mit unterschiedlichen Medien ein (vgl. Tenta 2008, S. 26, Rathmann/Wildemann 2014, S. 14).

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Das schließt diverse Schreib- und Lesehandlungen, aber auch das Spre-chen darüber ein. Kinder haben hier oftmals die Rolle des Beobachters, sie verfolgen, wie Erwachsene sich schriftsprachlich verhalten und greifen deren Aktivitäten im eigenen Spiel auf. Es handelt sich dabei vornehmlich um einen impliziten Erwerb, d.h. dass die Kinder Handlungen imitieren und nachspielen, jedoch noch nicht in der Lage sind darüber metasprachlich zu kommunizieren. Wie eng die Grenzen jedoch sind, zeigt sich, wenn Kinder beispielsweise nachfragen: „Was hast du da geschrieben?“ oder eigene Handlungen kommentieren „Ich les jetzt mal die Zeitung“. Damit signalisieren sie durchaus, dass sie bereits ein explizites Wissen über Schrift aufgebaut haben.

Auch für spätere Literacy-Bildung gibt es sogenannte Vorläuferfähigkei-ten. Unter der Bezeichnung „emergent literacy“ werden sowohl sozial-emotionale als auch basale Wahrnehmungsfähigkeiten im visuellen, audi-tiven und phonologischen Bereich subsumiert (vgl. Blumenstock 2004, Wildemann 2010). So unterscheidet beispielsweise Dehn zwischen Lernvoraussetzungen, die Teilfertigkeiten für den Lese- und Schreibprozess beinhalten, und Lite-racy als grundlegende Erfahrungen mit Schrift. Zu den Teilfähigkeiten zählt u. a. die Feinmotorik, die visuelle und lautliche Differenzierungsfähigkeit, die Phonologische Bewusstheit, das Hörverstehen sowie das Arbeits-gedächtnis (vgl. Dehn 2008, S. 30). Die von ihr aufgeführten Teilfähigkeiten sind somit schon stärker auf den Lese- und Schreiberwerb ausgerichtet, während Literacy vor allem die Aufmerksamkeit für Schrift, Vorlese- und Hörerfahrungen, das Spiel mit Sprache und das heuristische Erproben von Schreibhandlungen (z. B. Kritzelbriefe verfassen) umfasst.

Der Literacy-Erwerb der ersten Jahre ist stark an die Familie gebunden. Die Familie ist der primäre Ort, an dem grundlegende Kenntnisse, Fähig-keiten und Fertigkeiten, sowie Orientierungen und Einstellungen gegen-über Schrift weitergegeben werden. Literacy-Erfahrungen ergeben sich dabei zumeist ungesteuert als Teil des Alltags, sie werden nicht gezielt initiiert.

Impliziter Erwerb

Emergent Literacy

Lernvoraussetzungen und Literacy

Family Literacy

Lea will mit ihrer Mutter zum Einkaufen in den Supermarkt. Noch in der Wohnung beobachtet sie, wie die Mutter sich einen Einkaufszettel macht. Die Mutter überlegt und spricht halblaut, dann schreibt sie etwas auf ihren kleinen Zettel. Sie liest Lea die Einkaufsliste vor und fragt: „Habe ich etwas vergessen?“ Lea erinnert an die Erdbeer-marmelade, die gerade ausgegangen ist. Schnell wird dies noch von der Mutter notiert.

Im Supermarkt orientiert sich die Mutter an ihrer Einkaufsliste. Sie sucht in den Regalen, vergleicht die Preise oder sucht nach einer bestimmten Marke. An der Kasse werden die Einkäufe aufs Band gelegt, beim Durchscannen erscheint der Preis auf einem Display und am Ende ein Gesamtbetrag, der gezahlt werden muss.

Zu Hause werden die Einkäufe ausgepackt und verstaut. Auch dabei hilft Lea. Die Mutter lässt sich einige Sachen von ihr anreichen „Gib mir doch mal die Kekse“ oder „Jetzt brauche ich die Papiertaschen­tücher“.

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Eine ganz alltägliche Situation und zugleich eine wichtige Literacy-Erfah-rung für Lea. Sie erkennt dabei, die Funktionalität und Sinnhaftigkeit von Schrift. Der Einkaufszettel versammelt die Dinge, die eingekauft werden müssen, er dient aber auch als Gedächtnishilfe. Beschriftungen auf Ver-packungen zeigen, worum es sich dabei handelt. Und die Preisschilder geben Auskunft über den Wert eines Produktes. Lea lernt in dieser Situa-tion auch sprachlich zu kategorisieren, denn obwohl auf der Kekspackung vor allem der Produkt- bzw. der Markenname ins Auge fällt, weiß Lea doch, dass dieser zu der Kategorie „Kekse“ gehört, auch wenn sich da-runter ganz unterschiedliche Kekssorten einordnen lassen.

Ein weniger alltagsimmanentes Element ist das gemeinsame Bilderbuch-betrachten oder Vorlesen. Hierbei handelt es sich oft um eine heraus-gehobene, ritualisierte Situation, die z. B. vor dem Schlafengehen oder immer am Sonntagmorgen durchgeführt wird. Die Literacy-Erfahrungen sind denen aus dem Alltag aber nicht unähnlich. Kinder erfahren dabei vor allem, dass Schrift eine Bedeutung hat und dass mit Schrift etwas dar-gestellt, erzählt oder beschrieben wird.

Hinzu kommt jedoch ein weiteres wesentliches Moment, nämlich das des literarischen Lernens. Anders als in den Alltagssituationen begegnen Kin-der hier literarischer Sprache und damit konzeptioneller Schriftlichkeit (siehe dazu auch Band 1 Lernvoraussetzungen feststellen und Unterricht gestalten, S. 20 f.). Für den Literacy-Erwerb spielt außerdem der Lese- oder Hörgenuss eine Rolle. Indem Kinder erleben, dass Lesen zur Unter-haltung stattfindet, wird die Grundlage für ihre weitere Motivation beim Lesenlernen gelegt.

Deutlich wird, dass der in erster Linie implizite Literacy-Erwerb bereits zahlreiche Fähigkeiten und Fertigkeiten beinhaltet, die wiederum im Schriftspracherwerb ihre Erweiterung erfahren. In Anlehnung an Schriftspracherwerbsmodelle (siehe Kap. 3.1) lassen sich folgende frühe Literacy-Kompetenzen bei Kindern beobachten:

• Kinder erkennen Zeichen und Symbole als Verweismittel.• Sie unterscheiden Geschriebenes von Gemalten. • Sie wissen, dass Buchstaben für etwas stehen (zunächst für den Laut).• Sie haben auch schon ein Augenmerk für Besonderheiten einzelner

Buchstaben (wie z. B. für die beiden Bäuche vom B).• Sie erkennen Zusammenhänge und teilweise auch schon Unterschiede

zwischen Laut- und Schriftsprache.• Sie wissen etwas über Schreib- bzw. Leserichtung. • Sie wissen etwas über die Funktionalität von Schrift. • Sie gestalten das Lesen, Vorlesen und Hören als genussvolles

Ereignis.

Literacy-Bildung

Anders als in familiären Gefügen ist Literacy-Bildung ein fester Aufgaben-bereich in der frühkindlichen Erziehung und Bildung. Viele Praxistipps richten sich daher vor allem an die Institution Kindergarten (z. B. Kreide/Tenta 2011, Näger 2013, Tenta 2008) .

Bilderbuchbetrachten und Vorlesen

Frühe Literacy-Kompetenzen

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Literaturtipps für Literacy-Aktivitäten

Bläsius, Jutta (2010): Sprachspiele aus dem Pappkarton – Mit Alltagsgegenständen Wortschatz erweitern und Sprachanlässe schaffen. Don Bosco Verlag.

Kreide, Ingrid/ Tenta, Heike (2011): Vorlesen, Erzählen, Spielen. Als-Verlag.

Suhr, Antje (2008): Sätze rollen Wörter fliegen: Bewegte Sprachför-derung in Kita und Grundschule. Don Bosco Verlag.

Tenta, Heike (2008): Literacy in der Kita: Ideen und Spiele rund um Sprache und Schrift. Don Bosco Verlag.

Tenta, Heike (2012): Mitmach-Geschichten für Vorschulkinder. Don Bosco Verlag.

Dass Literacy-Erfahrungen und Literacy-Kompetenzen gerade am Schul-anfang bedeutsam für den Beginn des Lesen- und Schreibenlernens sind, ist zwar allgemein anerkannt, findet sich jedoch kaum in konkreten Unter-richtsvorschlägen wieder. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass nicht alle Kinder einen vollständigen Literacy-Erwerb durchlaufen konnten. Gerade sie benötigen nun gezielte Angebote, mit denen sie nachträglich grundlegende Literacy-Erfahrungen sammeln können. Hierfür beschreibt Nickel (2007) zwei mögliche Vorgehensweisen:

• Zum einen kann die Lernumgebung so gestaltet werden, dass Kinder sich eigenständig einen Zugang zur Schrift verschaffen können (siehe dazu auch Kap. 2).

• Zum anderen stellen unmittelbare Handlungsimpulse eine Lernmöglich-keit dar.

Die Kombination beider Zugangsweisen bietet den Kindern sowohl impli-zite als auch explizite Lerngelegenheiten.

Das „Literacy Center“ ist beispielsweise ein Instrument mit dem themen-bezogene Literacy-Aktivitäten angeregt und vor allem im Rollenspiel reali-siert werden (vgl. Kammermeyer/Molitor 2005). Dazu werden Teile des Klassenraumes (oder im Kindergarten des Gruppenraumes) themenspezi-fisch gestaltet (z. B. Post, Supermarkt, Tierarzt) und mit verschiedenen schriftsprachlichen Materialien (Schreibwerkzeuge, Poster, Beschriftun-gen usw.) ausgestattet. Die Kinder haben die Möglichkeit im freien Spiel miteinander zu agieren und sich dabei schriftbezogene Basiskompeten-zen anzueignen.

Nicht selten sind die räumlichen Möglichkeiten im Klassenraum aber ein-geschränkt, daher stellen wir Ihnen anschließend mit den Literacy-Boxen eine platzsparende Alternative vor.

1.2 Mit Literacy-Boxen schriftsprachliche Kompetenzen anbahnen

Die Literacy-Elemente in den Boxen initiieren Rollenspielaktivitäten in ver-schiedenen, den Kindern aus dem Alltag bekannten Kontexten, z. B. Supermarkt, Eisdiele, Zoo usw. Anknüpfend an das frühkindliche Symbol- bzw. Fiktionsspiel werden dabei schriftbezogene Handlungen in der Fiktion erprobt.

Literacy Center

Rollenspiele

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5.4 „Anton kann zaubern“ – Eine Unterrichtsreihe für den Schulanfang

Zum Inhalt

„Anton hat einen Zauberhut. Einen echten.“ So beginnt die Bilderbuchgeschichte von Ole Könnecke. Was für eine Vorstellung: Ein Hut, mit dem man zaubern kann! Anton will etwas wegzaubern: zuerst den Baum, dann einen kleinen Vogel und schließlich sogar seinen Freund Lukas. Wild fuchtelt er mit den Armen. Dabei rutscht ihm der Hut über die Augen und Anton bemerkt nicht, dass der Vogel und Lukas zwar „verschwinden“ – aber ganz ohne Zauberei. Als er den Hut lüftet, sind beide weg und Anton ist sich sicher: Ich kann zaubern! Dieses Glücksgefühl genießt er in vollen Zügen bis ihm klar wird, dass er nun seinen besten Freund verloren hat. Doch der Schreck währt nicht lange, denn plötzlich taucht Lukas wieder auf – zusammen mit „den Mädchen“. Und dann zaubert Anton doch noch …

Die Geschichte vom Zauberhut, die in dem Sammelband „Anton und seine Freunde“ (Carl Hanser Verlag) vorliegt, ist in mehrfacher Hinsicht für den Sprachlichen Anfangsunterricht attraktiv. Thema-tisch knüpft der Autor an die Interessen der Kinder an. Wer hätte nicht gerne selbst Zauberkräfte?

Zugleich eignet sich der Text für Leseanfänger gut zum Selberlesen, da er lesefreundlich in großer Schrift gestaltet ist. Es wird ein überschaubares Repertoire an Wörtern verwendet, die sich zudem häufig wiederholen, etwa „zaubern“ und „Zauberhut“. Der Satzbau folgt weitgehend dem Prinzip: Subjekt – Prädikat – Objekt bzw. nur Subjekt und Prädikat, z. B. „Anton zaubert.“ Große Bilder unterstützen das Textverständnis.

Fachliche Ziele

Die Kinder sollen

• sich über ihre (Vor-)Leseerfahrungen austauschen,• eine Vorstellung vom Geschehen entwickeln,• die Perspektive der Figuren nachvollziehen.

Übergreifende Ziele

Die Kinder sollen Methoden des handlungs- und produktionsorientierten Literaturunterricht kennen lernen.

Reihenverlauf

1. Stunde: Zaubern ist toll! Wir sammeln unsere Gedanken. (Schreiben)

2. Stunde: Schrippel Schrappel Huckebein! Wir erfinden Zaubersprüche. (Sprache untersuchen)

3. Stunde: Anton kann zaubern – oder nicht? Wir spielen den Streit zwischen Anton und Lukas. (Sprechen und Zuhören)

4. Stunde: Zaubern ist toll – aber nicht immer Wir denken über Antons Gefühle nach. (Lesen – Umgang mit Texten und Medien)

5. Stunde: Lukas staunt Wir versuchen Lukas’ Gedanken zu lesen. (Lesen – Umgang mit Texten und Medien)

Die Reihe lässt sich durch fächerübergreifende Aktionen zum Thema „Zaubern“ gut ergänzen. So könnten die Kinder im Fach Kunst einen eigenen Zauberhut gestalten, den sie dann für das Zaubererspiel oder beim Vorführen echter Zauberkünste nutzen.

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1. Stunde Zaubern ist toll! Wir sammeln unsere Gedanken.

Kompetenzbereich

Ziel/Kompetenz

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Einstieg Sitzkreis

Impuls

Orientierung/Erarbeitung

Arbeitsauftrag

Arbeitsphase

Differenzierung

Reflexion

Spiellied

Schreiben

Die Kinder schreiben und malen ihre Gedanken zum Thema auf und aktivieren so ihr Vorwissen.

Zauberstab, blaue Decke, Zauberhut, SterneM28 Zauberer Schrappelschrut (Liedtext)evtl. CD „Detlev Jöckers 40 schönste Kindergartenlieder“

Kinder kommen im Sitzkreis zusammen.In der Mitte liegen auf einer blauen Decke ein Zauberhut, ein Zauberstab und ggf. Glitzersterne.Kinder äußern sich spontan oder die Lehrerin / der Lehrer (L.) geben einen Impuls.

Heute geht es ums Zaubern. Was weißt du schon vom Zaubern?

Einzelne Kinder berichten von ihren Erfahrungen.

Schreibe oder male in deiner Tischgruppe auf, was dir beim Wort „zaubern“ einfällt.

Gruppenarbeit: Kinder erstellen ein Cluster aus Wörtern und ggf. Bildern und gestalten ein DIN-A3-Plakat.

Wer fertig ist, informiert sich an den anderen Tischen über die Ergebnisse und umkreist auf seinem Plakat die Wörter, die häufig vorkommen.

Kinder kommen in den Kreis, präsentieren ihre Plakate und diskutieren darüber, was wichtig beim Zaubern ist.Evtl. werden weitere Begriffe von der Lehrkraft umkreist.

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Zauberer Schrappelschrut · Liedtext M28

Da steht der Zauberer Schrappelschrut, mit seinem großen Zauberhut.Er überlegt, schaut ihn nur an, was er wohl wieder zaubern kann.Schrippel, Schrappel, Huckebein, du sollst eine Katze sein.

Da steht der Zauberer Schrappelschrut, mit seinem großen Zauberhut.Er überlegt, schaut ihn nur an, was er wohl wieder zaubern kann.Schrippel, Schrappel, Huckebein, du sollst eine Ente sein.

Da steht der Zauberer Schrappelschrut, mit seinem großen Zauberhut.Er überlegt, schaut ihn nur an, was er wohl wieder zaubern kann.Schrippel, Schrappel, Huckebein, du sollst jetzt ein Auto sein.

Da steht der Zauberer Schrappelschrut, mit seinem großen Zauberhut.Er überlegt, schaut ihn nur an, was er wohl wieder zaubern kann.Schrippel, Schrappel, Huckebein, du sollst jetzt ein Flugzeug sein.

Da steht der Zauberer Schrappelschrut, mit seinem großen Zauberhut.Er überlegt, schaut ihn nur an, was er wohl wieder zaubern kann.Schrippel, Schrappel, Huckebein, du sollst jetzt ein Löwe sein.

Text: Lore Kleikamp / Musik: Detlev JöckerAus: 1, 2, 3 im SauseschrittRechte: Menschenkinder Verlag, D-48157 Münster

Das Lied vom „Zauberer Schrappelschrut“ M28 wird vorgespielt und die Kinder agieren dazu.

Das Lied kann auf youtube oder von der CD „Detlev Jöckers 40 schönste Kinder gartenlieder“ angehört werden.

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Material (M) auf der CD · Sprachlicher Anfangsunterrricht Band 2M1 Symbolkarten: Sozialformen / Arbeitsformen / Reflexion · Tipp-!Topp!-KartenM2 Beobachtungsbogen · Literacy-Box „Restaurant“ / „Fußball“M3 Beschriftungen in verschiedenen SprachenM4 NachdenkwörterM5 Viele FragenM6 Anlauttabellen: farbig / nur Bilder / nur AnlauteM7 Zu Bildern schreiben · Bildkarten / SchreibvorlagenM8 Wörter lesen / Wörter mit SilbenbögenM9 BlitzlesenM10 Texte für Lautlese-Tandem · „Pause“ / „Lena und Leo“M11 Lesetagebuch · Tipps zur Gestaltung / TitelbildM12 Impulsfragen für die ReflexionM13 Schreibideen · KarteiM14 WunschzettelM15 EinladungskarteM16 FrühlingsgedichteM17 Wörter im Wort finden · Zwei Wörter / Drei WörterM18 Wortbedeutungen erforschenM19 Buchstabe · Wort · SatzM20 Lustige ArbeitsaufträgeM21 Wer findet den Zwerg? (* / **)M22 Lesepyramide · Zwei Beispiele / Wortkarten (*) / Winterwörter (**)M23 Kleine Winterkartei / Arbeitsblatt zur WinterkarteiM24 Winterbilder · Bildkarten / SchreibvorlagenM25 Winterwörter / WintersätzeM26 Ein WintergedichtM27 Wunschzettel für WeihnachtenM28 Zauberer Schrappelschrut (Liedtext)M29 Brief von Pauli PanzerM30 Placemat (Tischdeckchen)M31 Drei LeserätselM32 Hasi-FotosM33 Vollständiges Literaturverzeichnis

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© Finken-Verlag · www.finken.de Sprachlicher Anfangsunterricht · Band 2

Schreibe oder male die Dinge.

Arbeitsblatt zur Winterkartei Name: M23