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Fischbestandserhebung an großen Gewässern: - Ziele, Möglichkeiten und Grenzen –
dargestellt am Beispiel des Edersees 2005
von
Dr. sc. agr. Uwe Koop
vom Regierungspräsidium Kassel öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für FischereiFachgebiete: 5. Fischerei, 5.1 Betrieb/ Unternehmen (Bewertungs- und Entschädigungsfragen), 5.2 Spezialgebiete, 5.2.1 See- und Flussfischerei, 5.2.2 Teichwirtschaft, 5.2.5 Fischkrankheiten und Gewässer, insbes. Fischökologie
Wie sieht es unter der Wasseroberfläche aus?
- was für Fischarten?
- Wie viele Fische pro Fläche?
- Zustand des Fischbestandes?
Unter Wasser geht die Landschaft weiter
-Fische leben einzeln oder in Gruppen-Fische wandern (Tag/Nacht - Sommer/Winter - und zwischendurch)-Fische wandern (Oberfläche/Grund)-Fische flüchten-Standplätze sind nicht erreichbar
Der Fischbestand verändert sich; Fischbestandsuntersuchungen zeigen eine Momentaufnahme
99,99993 % des Wassers sind fischleer!
im Edersee sind durchschnittlich 0,7 g Fisch pro m³ Wasser
Das entspricht etwa einem Glas Bier in einem Einfamilienhaus
Probenahmeprobleme!
Es kann nur ein Bruchteil des Volumens beprobt werden
-erfasse ich alle Fischarten repräsentativ?-kann ich aus dem Fang richtig auf den Bestand rückschließen?
Auf die richtigen Methoden der Probenahme kommt es an!
Fazit: nur alle Methoden zusammen, gleichzeitig können den Bestand richtig abschätzen!
1. Elektrobefischung der Uferzonen (DIN- Methode)
2. Netzbefischungen im Flachen und Tiefen (DIN- Methode)
3. Uferzugnetzbefischung (für Jungfische)
4. Echolotbefahrung (Schwarmverteilung, Massenabschätzung, Vornorm)
5. Fanglistenauswertung (Fluchtverhalten)
Darstellung und Grenzen der einzelnen Methoden:
-Elektrobefischung nach DIN 14011 vom Juli 2003: "Probenahme von Fisch mittels Elektrizität" DEV- 57. Lieferung 2003
Ziel: "Verfahren zur Erfassung von Fischpopulationen in Bächen, Flüssen und Uferzonen zur Bewertung des ökologischen Status… (wird normiert) … um vergleichbare Resultate zu erhalten. Diese Europäische Norm legt ein Verfahren … fest, mit dem Ziel ..., den Artenreichtum, die Zusammensetzung, die Abundanzverhältnisse und die Alterstruktur eines bestimmten Fischbestandes zu beschreiben."
Elektrobefischung nach DIN 14011Größe des Gewässers Mindestlänge der zu befischenden
Probenahmestrecke
kleiner Bach, Breite unter 5 m 20 m
kleiner Fluss, Breite 5 m bis 15 m 50 m
großer Fluss und Kanal,
Breite über 15 m
über 50 m, Uferstrecke entweder auf einer Seite oder auf beiden Seiten
große Flachwasserzonen,
Wassertiefe unter 70 cm
200 m²
große Wasserkörper (z.B. Seen) über 50 m der Uferzone
mindestens 200 Fische, mindestens 100 m²
Kommentar:Variable Handhabung möglich, Variation nach "Expertenwissen", keine Darstellung der Grenzen, insgesamt sehr unbestimmt; dennoch:als erster Ansatz brauchbar
Elektrobefischung Edersee zur Fischbestandsermittlung
Elektrofischfang im Edersee 2005• 13 x 500 m Befischungslänge Ufer (Gesamtlänge Seeufer ca. 50 km, ≡ 10%)• Geschätzte Fläche: 2 m x 6.500 m = 1,3 ha ≡ 0,2 % der Seefläche• Bootsfischerei mit DEKA 7000, Gleichstrom, Flächenanode, 400 V, 6 A, Fische
entnommen, zwischengehältert, Länge auf 0,5 cm, Gewicht auf 1 g, 4 Mann
Elektrobefischung Ufer mit Flächenanode
Ergebnisse Elektrobefischung
© Zweckverband Kellerwald- Edersee, aus: Ökobüro Gelnhausen (2006)
Gesamtmasse:
60 kg/ha
davon:88 % Raubfische12 % Friedfische
Fazit: - selektive Fischerei- nicht für den Gesamtbestand repräsentativ- Nachweis vorhandener Arten & Altersklassen
Darstellung und Grenzen der einzelnen Methoden:
DIN EN 14757:" Wasserbeschaffenheit - Probenahme von Fisch mit Gillnetzen "
Entwurf Oktober 2003
Die Europäische Norm beschreibt ein genormtes Verfahren zur Probenahme von Fischen in Seen mit einem Multi- Maschen- Kiemennetz. Die Netze sind 30 m lang und 1,5 m tief für benthische Arten mit 5 - 55 mm Maschenweite in
12 Netzblättern und 27,5 m lang und 6 m tief für pelagische Arten
Ziel: "Verfahren zur Probenahme von Fischen … liefert Daten zur Abschätzung des Artenspektrums, eine quantitative Abschätzung der relativen Artenhäufigkeit sowie der Biomasse, ausgedrückt als Einheitsfang … und der Größenverteilung von Fischbeständen in Seen."
- Im Edersee wurden 80 "Netznächte" gefischt (10 Netze, 8 Nächte)
© Finke, Ökobüro Gelnhausen
Ergebnisse Multi- Mesh- Kiemennetzbefischung analog DIN prEN 14757: 2003 (D)
© Zweckverband Kellerwald- Edersee, aus: Ökobüro Gelnhausen (2006)
Keine Bestimmung der Gesamt-Fischmasse pro Fläche möglich
Relative Verteilung der Ge-wichte (Fischbiomasse) zeigt:
34 % Raubfische66 % Friedfische
Fazit:
Aufwändige Methode (16 Manntage)
Defizite bei Hecht, Aal, Quappe
Keine Bestandsdichte ermittelt
Darstellung und Grenze der einzelnen Methode:
Ergebnisse der Uferzugnetzbefischung(keine Normierungsbestrebungen)
Methode: mit einem Netz von ca. 15 m Länge und 1,5 m Höhe, Maschenweite um 2 mm, wird vom Ufer im Flachwasser mit einem "wrap- around" eine definierte Fläche eingeschlossen und die gefangenen Fische bestimmt
© Zweckverband Kellerwald- Edersee, aus: Ökobüro Gelnhausen (2006)
Ergebnisse Uferzugnetzbefischungen
- Keine Bestimmung der Fischmasse bezogen auf die Fläche durchgeführt- Methode dient als Nachweis für die Reproduktionssituation einzelner Arten- Aussagen zum Artenspektrum werden ergänzt- (Reproduktionsbiotope werden identifiziert)
- 52 Strecken wurden befischt- 28.146 Fische wurden gefangen und bestimmt
Darstellung und Grenze der einzelnen Methode:
Hydroakustik(Normierungsbestrebungen)
Methode: vom Boot aus wird mit einem wissenschaftlichen split- beam- Echolot (Standard: Fa. Simrad), z.T. bei unterschiedlichen Frequenzen, horizontal und vertikal Echolotbilder angefertigt, die über Rechnerauswertung mit Normkörpern geeicht eine Massebestimmung von Fischen im Wasserkörper zulässt. Die Methode führt zu einer Aussage über die Fischbestände pro Wasserfläche. Einschränkungen ergeben sich hinsichtlich substratgebundener Fischarten (Aal, Quappe) Fischen unter 2 cm Körperlänge und im engen Nahbereich um das Boot. Die Methode muss anhand von Normkörpern geeicht und die Massenberechnungen mit Längen- Gewichtsbeziehungen der einzelnen Fischarten korreliert werden. Die Methode ist praxisreif hinsichtlich der technischen Komponenten und rechnerischen Auswertung der Signale; eine Normierung der Methode ist beabsichtigt. Untersuchungen in der Nacht führen wegen der besseren Verteilung der Fische im Wasserkörper zu genaueren Ergebnissen.
Schematische DarstellungHydroakustik zur Fisch-bestandserfassung
© Marc Schmidt, LFV Westfalen
© Simrad
Fischverteilung tagsüber
Fischverteilung nachts
Transekten für Echolotbefahrung
14
Ederseebefahrung Transekt 14 von Ufer zu Ufer, nachts, © Marc Schmidt, 2005
Ederseebefahrung Transekt 14, Teilbereich, © Marc Schmidt, 2005
Ergebnisse Echolotbefahrung
Mittlere Fischbiomasse der Transekten: 149 kg/ha
© Marc Schmidt, 2005
© Simrad
Darstellung und Grenze der einzelnen Methode:
Ergebnisse der Fangstatistikauswertung(leider keine Normierungsbestrebungen)
Methode: Angelfischer zahlen mit dem Fischerei- Erlaubnisschein ein Pfand, das sie bei Rückgabe der Fangliste zurückerhalten. Bis zu 80 % der Angler geben die Scheine zurück. Ohne Pfandsystem ist die Auswertung deutlich weniger aufwändig
- Teile der Angler sind in der Lage, die Fangliste korrekt auszufüllen. - der Rücklauf der Fanglisten ist zeitlich gestreckt und die Auswertung aufwändig
- Tipp: messen statt wiegen
Ergebnisse der Fanglistenauswertung
Nachweis von zwei weiteren Fischarten durch Fänge (Regenbogenforelle, Graskarpfen)
Für die Bewirtschaftung wichtige Daten:
Abschätzung des von Anglern entnommenen Ertrages 2005: 26,3 kg/ha
Berechnung des mittleren Fangertrages von 2,2 kg/ Angler und Tag
10.000 Tages- und 900 JahresscheineWochenscheine
60% ohne Fang 9% ohne Fang30% der Hechte 70% der Hechte18% der Zander 82 % der Zander© Andreas Rohn/ Axel Finke
Elektrofischerei
- teilweise genormt
- Flächenbezug abschätzbar
- fischschonend
- Nachweis etlicher Arten & Altersklassen
- selektive Fischerei
- nicht für den Gesamtbestand repräsentativ
Multi- Mesh- Gillnet
- in Normung
- Nachweis bestimmter Arten & Altersklassen
- (kein Flächenbezug)
- aufwändig - selektive Fischerei, passives Fanggerät
- Fische werden getötet
Hydroakustik
- Flächenbezug
- selektive Methode
- sehr fischschonend
- preisgünstig
- (noch) nicht genormt - keine Differenzierung der Arten- Spezialistenjob
Brutnetzbefischung
- Reproduktionsnachweis
- Flächenbezug möglich
- nur Brutfische- aufwändig - nicht genormt
Fanglistenauswertung
- Zusatzinformationen (tatsächlicher Ertrag)
- nicht genormt- selektiv, unvollständig und fehlerbelastet
Zusammenfassung
Fazit für den Sachverständigen:
Fischbestandserhebungen erfordern "Expertenwissen". Die Fehlermarge der Methoden und deren systematische Fehler müssen (irrtumsbelastet) interpretiert werden.
Methoden können nachvollziehbar und "gerichtsfest" angewandt werden, aber die gutachterlichen Aussagen hierzu bleiben eine Interpretation
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!