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Forstw. Cbl. 1.07 (1988), 197-202 .'e) ',988 VerlagParey, Hamburg und Berlin ISSN 0015-8003 Fledermausschutz und -ansiedlung im Wald; Erfolge und Probleme Von \vg. SCH\VEN~:r 1 Einleitung Es unterliegt keinem Zweifel, dat~ unsere einzigen fliegenden S~iugetiere, die Flederm;iuse, als niichtliche Insektenjiiger eine 6kologisch und wirtschaftlich gleichermaften bedeutende Rolle spielen. Es besteht abet auch kein Zweifel &ran, dag sie dieser Rot.le infolge der fortschreiten- den Abnahme ihrer Arten- und IndividuenzahI immer weniger gerecht werden k6nnen. Alie 21 mitteleurop~iischen Fledermausarten stehen auf der Roten Liste der gef~ihrdeten Tierarten. in dieser Situation ist auch und besonders die Forstwirtschaft aufgerufen, in ihrem Bereich alles zu tun, um den Abwiirtstrend bei den Flederm~iusen zu stoppen und in einen Aufw~irts- trend umzuwandeln. Einige Gesichtspunkte hierzu seien im folgenden unter Verwendung yon Ergebnissen der in den vergangenen Jahren gemeinsam vom Lehrstuhl Rir angewandte Zoolo- gie und yon der Forstlichen Forschungs- und Versuchsanstalt Mi.inchen durchgeffihrten Unter- suchungen zum Schutz und zur Ansiedlung yon Fledermiiusen in W~.ldern kurz dargestellt. Dabei sollen drei besonders wichtige Fragenkomplexe herausgegriffen werden: - die Steigerung der Dichte, - die Sommer- und Winterquartiere sowie - die Waldbindung yon Flederm~,usen. 2 Steigerung der Dichte Die Dichte einer Tierart oder -gruppe, also ihre Anzahl pro Bezugseinheit, ist stets so hoch wie die jeweilige Struktur des Okosystems dies zul~il~t. Wenn also die Fledermausdichte in unseren W~ildern heute sehr gering ist, so mug das auf fledermausfeindlichen Faktoren der Wald6kosv- sterne beruhen. Allgemein f/2r unsere Flederm~use werden in der Literatur immer wieder zwei Faktoren als die ffir den Fledermausrfickgang wichtigsten herausgestellt: Wohnraummangel und Nahrungsmangel (BLA~ 1980; RIcH,~.sz 1981; GEt~ttA~D 1985; Ht~.~s~ 1985 u. a.). Dag es in unseren Wirtschaftsw~ildern an ~bhnraum fiir die Baumh~Shlenbewohner, darun- ter die Flederm~iuse, mangelt, liegt auf der Hand. Nicht so eindeutig dagegen ist eln Nahrungs- marigel fi~r die Flederm~iuse zu begr/3nden. Die Argumente Iauten bier, dag durch die Monoto- nlsierung der Felder und W~ilder some dutch grogfl~ichigen Pestizideinsatz sowohl die Menge als auch die Artenvielfalt an Insekten stark verringert women seien, was wesentlich zum Riick- gang der Flederm2iuse beigetragen babe. Dem ist jedoch hinsichtlich der [nsektenmenge entge- genzuhalteri, daf~ deren Abnahme durch die genannten Magnab.men rficht nachweisbar ist. Im Gegenteil: die chemische Bek~impfung der vergangenen Jahrzehnte hat die Schadinsekten, die ja die Hauptmasse der Insekten stellen, nicht dezlmiert, sondern vermehrt und zwar vor allem dadurch, daft sie mit der "v~rnichtung von Wildkr~iutern zur Verarmung des Artenspektrums der Ins&ten fi~hrte und damit den Sch~idlingsfeinden, besonders Parasiten, die Existenzgrund- lage nahm. Nicht zu bezweifeln ist somit die Verringerung der Artenvielfak an Insekten. Ihre Mitwi> kung am Fledermausrfickgang erscheint einleuchtend, denn es l~if~tsich vorstellen, dai~ nur eine U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0015-8003/88/10703-000197 $ 0.2.50/0

Fledermausschutz und-ansiedlung im Wald; Erfolge und Probleme

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Forstw. Cbl. 1.07 (1988), 197-202 .'e) ',988 Verlag Parey, Hamburg und Berlin ISSN 0015-8003

Fledermausschutz und -ansiedlung im Wald; Erfolge und Probleme

Von \vg. SCH\VEN~:r

1 Einleitung Es unterliegt keinem Zweifel, dat~ unsere einzigen fliegenden S~iugetiere, die Flederm;iuse, als niichtliche Insektenjiiger eine 6kologisch und wirtschaftlich gleichermaften bedeutende Rolle spielen. Es besteht abet auch kein Zweifel &ran, dag sie dieser Rot.le infolge der fortschreiten- den Abnahme ihrer Arten- und IndividuenzahI immer weniger gerecht werden k6nnen. Alie 21 mitteleurop~iischen Fledermausarten stehen auf der Roten Liste der gef~ihrdeten Tierarten.

in dieser Situation ist auch und besonders die Forstwirtschaft aufgerufen, in ihrem Bereich alles zu tun, um den Abwiirtstrend bei den Flederm~iusen zu stoppen und in einen Aufw~irts- trend umzuwandeln. Einige Gesichtspunkte hierzu seien im folgenden unter Verwendung yon Ergebnissen der in den vergangenen Jahren gemeinsam vom Lehrstuhl Rir angewandte Zoolo- gie und yon der Forstlichen Forschungs- und Versuchsanstalt Mi.inchen durchgeffihrten Unter- suchungen zum Schutz und zur Ansiedlung yon Fledermiiusen in W~.ldern kurz dargestellt. Dabei sollen drei besonders wichtige Fragenkomplexe herausgegriffen werden:

- die Steigerung der Dichte, - die Sommer- und Winterquartiere sowie - die Waldbindung yon Flederm~,usen.

2 Steigerung der Dichte

Die Dichte einer Tierart oder -gruppe, also ihre Anzahl pro Bezugseinheit, ist stets so hoch wie die jeweilige Struktur des Okosystems dies zul~il~t. Wenn also die Fledermausdichte in unseren W~ildern heute sehr gering ist, so mug das auf fledermausfeindlichen Faktoren der Wald6kosv- sterne beruhen. Allgemein f/2r unsere Flederm~use werden in der Literatur immer wieder zwei Faktoren als die ffir den Fledermausrfickgang wichtigsten herausgestellt: Wohnraummangel und Nahrungsmangel (BLA~ 1980; RIcH,~.sz 1981; GEt~ttA~D 1985; Ht~.~s~ 1985 u. a.).

Dag es in unseren Wirtschaftsw~ildern an ~bhnraum fiir die Baumh~Shlenbewohner, darun- ter die Flederm~iuse, mangelt, liegt auf der Hand. Nicht so eindeutig dagegen ist eln Nahrungs- marigel fi~r die Flederm~iuse zu begr/3nden. Die Argumente Iauten bier, dag durch die Monoto- nlsierung der Felder und W~ilder some dutch grogfl~ichigen Pestizideinsatz sowohl die Menge als auch die Artenvielfalt an Insekten stark verringert women seien, was wesentlich zum Riick- gang der Flederm2iuse beigetragen babe. Dem ist jedoch hinsichtlich der [nsektenmenge entge- genzuhalteri, daf~ deren Abnahme durch die genannten Magnab.men rficht nachweisbar ist. Im Gegenteil: die chemische Bek~impfung der vergangenen Jahrzehnte hat die Schadinsekten, die ja die Hauptmasse der Insekten stellen, nicht dezlmiert, sondern vermehrt und zwar vor allem dadurch, daft sie mit der "v~rnichtung von Wildkr~iutern zur Verarmung des Artenspektrums der Ins&ten fi~hrte und damit den Sch~idlingsfeinden, besonders Parasiten, die Existenzgrund- lage nahm.

Nicht zu bezweifeln ist somit die Verringerung der Artenvielfak an Insekten. Ihre Mitwi> kung am Fledermausrfickgang erscheint einleuchtend, denn es l~if~t sich vorstellen, dai~ nur eine

U.S. Copyright Clearance Center Code Statement: 0015-8003/88/10703-000197 $ 0.2.50/0

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relcbe Vietfalt an n~ichtlich fliegenden Insektenarten einen liickenlosen Spelseplan for die Fle- derm~use vom FrOhjahr bis zum Herbst gew~.hrleistet.

Doch: wieweit sind Flederm~iuse Oberbaupt yon einer lOckenlosen Folge fliegender lnsek- tenarten abh~ingig? Diese Frage l~gt sich for die einzelnen Fledermausarten heute noch nicht sicher beantworten. Neuere Beobachtungen welsen darauf bin, dag zumindest ein Tell der Fle- dermausarten nicht auf fliegende Beutetiere angewiesen ist. So sucht das Mausohr seine Nah- rung vorzugsweise am Waldboden, und die drei in unseren W~ildern h~iuflgsten Arten, das Langohr, die Bechstein- und die Fransenfledermaus, wurden beobacbtet, wie sle yon den Zwei- gen ihre Nahrung, also Raupen, Blattwespenlarven, Spinnen u. a., absuchten (G~B~-t.xSD 1985, 1987).

Wie dem auch sei, kurzfristig verbessern k6nnen wir die Ern~ihrungsbedingunge,n for die waldbewohnenden Flederml/use nicht, wohl aber die ~bhnraumbedingungen, seitdem fest- steht, dal'~ Flederm~use auch Kunsth{Shlen annehmen. Und yon dieser M~Sglichkeit wlrd ja auch bereits seit Jahrzehnten in zunehmendem MalT, Gebrauch gemacht, ganz iiberwiegend im Rah- men des forstlichen Vogdschutzes, also mittels der Ausbringung yon Vogeinistger~iten. In jOn- gerer Zelt werden auch immer h~.ufiger Fledermausspezialh~Shlen eingesetzt (s. u . ) .

Was man auf diesem Wege bei Anwendung einer gr6fleren Zahl yon Kunsth6hlen auf grSge- rer Fl~iche erre{chen kann, zeigt unser 2400 ha grofles Versuchsgebiet im Forstamt Geisen- feld/Obb. (Tabelle I). Zu Versuchsbeginn, 1982, hingen dort - schon yon fr6heren Untersu- chungen her - rund 1450 Kunsth6hlen, davon 1350 Vogel- und 1C0 Fledermaush~Shlen. Die yon Flederm~iusen nut sehr wenig angeno,nmenen Baumlauferhalbh6hlen seien bier ausge- klammert.

Tabdle 1. Kunsth6hlenzahlcn und Kontrollergcbnisse 1982 bis 1986 im Versucbswald Geisenfeld/Obb.

Table 1. Number of artificial holes, and control r~.'sults on the experimental 'forest Geisenfe]d, 1982-1986

Vo.ge[- Ausge Fledcr. F!eder-I Ficdcr- Kuntro[Ic n:sr- flogene maus- maus- i maul- September h6hien' Brutea [ndiv~d. Kt,t '"' I h~:,hien

1952 1345 9C8 265 18,0 96 1983 1335 887 162 21,0 256 1984-' 1533 786 97 27,7 266 1985 1558 787 263 32.0 287 1986 1685 739 . 374 44,9 257

i Ohne Bauml~iufer-Haibh6hlen : Kontrolle his 22. 1C.

i i Fleder- Flcder- Kun$t-,Fleder.n.-!F;edenn.- maus- maul- h/4hlen , lndivld Kot

[ndlvld. I Km % ,geaamt gcsamt ges. %

14 Ig,g 1441 279 19,4 57 . 33,6 1591 2 ' 9 22,9 60 1 53,4 1799 157 33,2 98 ; 45,3 1845 361 34,1 70 ! 50,0_ 1940 I 4-14 45,1

Die Zahl der H~Shlen wurde nun bis 1986 (unserem letzten attsgewerteten Kontrolliahr) stu- fenweise auf rund 1950 Sttick erh6ht, 1700 Vogel- und 250 Fledermaush6hlen. Was zun~ichst die Vogeldichte be:rifft, ergab sich, dag sie zwischen etwa 740 und 900 (i. M. um 820) ausgefloge- hen Bruten jiihrlich pendelte, ohne Beziehung zur Zahl der H6hlen, die ohnehin in allen 5Jah- ,'en im Oberflui~ zur Verfiigung standen. Man kann daraus vorlaufig - mit gebotener Vorsicht - ableiten, dag in diesem Waldgebiet gegenwiirtig die ~Skosystemgerechte mittlere Dichte der die Kunsth6hlen bewohnenden Singv6gel (ohne Baumi.~iufer) etwa 800 ausgetlogene Bruten j~ihr- lich betr.~gt. An Bauml~iufern kommen noch etwa l0 % dieser Zahl j~ihrlich hinzu.

W~ihrend somit die Vogelgruppe im Versuchsgebiet yon Anfang an eine im Prinzip gldch- bleibende Populationsdichte zeigte, verhielt die Fledermausgruppe sich anders: ihre Dichte stieg - mit Schwankungen - yon 279 Individuen im September 1982 auf 444 Individuen im September 1986, nahm also mit der Erh6hung der H6hlenzahl k/'5ftig zu.

~ n n 1986 in 1950 Kunsth6hlen 444 Flederm~iuse angetroffen wurden, so heiflt dies, dat~ die Fledermaus indiv iduenzahl 23 % der H6blenzahl betrug. Das ist eine erstaunliche Fledermaus- dichte, die man in mitteleurop~iischen Wiildern - auf mehreren tausend Hektar - nicht erwartet

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h~itte und auch noch nicht erzielte. Allerdings bilden diese 23 % eine rechnerische Gr6ge, denn da jede der von Flederm~iusen besetzten H6hlen im Durchschnitt 4 Tiere enthiek (die Zahl variierte zwiscben 1 und 22), betrug somit der Anteil der von Fledermausindividuen besetzten H6hlen nut 74 yon 23, also 5,8 %.

Eine Anhebung der Fledermauspopulation yon 279 auf 444 Tiere h6rt sich gut an. Doch schon beginnen die Zweifel. Zwar wurden in 4 der 5 Jahre (auger 1984) die Kontrollen stets im September durchgef6hrt, sind sie abet deshalb vergleichbar? Die Maximalzahl yon 444 Indivi- duen wurde in dem besonders warmen September 1986 geziihlt, in wdchem die Tiere sicher erst sp/iter abzuwandern begannen als es bei k/,ihlerem Wetter der Fall gewesen wiire.

Den Einflug der Kontrollzeit bzw. der zugrundeliegenden Temperatur auf die lndividuen- zabl zeigen unsere Kontrollergebnisse 1984. Die Kontrollzek war in jenem Jahr verspiitet und vert~ingert und zog sicb vom 18. September bis 22. Oktober bin, mit dem Ergebnis, dag nut noch 157 Flederm~iuse gefunden wurden, obgleich die Zahl der H6hien gegen/iber dem Vor- jahr, das 219 Tiere erbrachte, um etwa 200 erh6ht worden war ('lhbelle 1).

Einen weiteren Unsicherheitsfaktor bei der Zugrundelegung yon Fledermausindlviduen zur Dicbtebestimmung bildetdie m6gliche Mehrfachz~ihlung. Zu den wichtigstenErkennmissen der ji~ngeren Forschung geh6rt, daf~ die Flederm~iuse ihr Tagesschlafquartier h/iufig wechseln (ST~:XrM,\~X 1978; Wol.z t986; GEBHARD 1987 u. a.). Jedes Tier ben6tigt offenbar einen Vorrat an Quartieren, der in seinem Ortsgediichmis verankert ist.

Ffir die Praxis des Vogel- und Fledermausschutzes bedeutet der obligatorische Quartier- wechset der Ftedermiiuse, dag die Kunsth6hlen m6glichst gleichm~igig fiber den Bestand ver- teilt werden sollten und nicht, wie oft gehandhabt, in Gruppen.

Um fiber die Gefahr der Mehrfachz?ihlung infolge Quartierwechsels erste Erfahrungen zu gewinnen, wurden yon uns gegen Ende der diesj~ihrigen Kontrolle etwa 40 Tiere, 6berwiegend Langohren, markiert. Doch fand sich keines davon in den restlichen Kontrolltagen wieder. Das spr~iche gegen einen kurfristigen Quartierwecbsel, zumindest zu dieser Zeit, Ende September. Doch ist nicht ausgeschlossen, daf~ die Tiere diese Manipulation iibelnabmen und den Standort verliegen. Flederm;iuse haben sich als extrem st6ranf~illig erwiesen, und man muff bei St6run- gen stets mit Verhaltens~inderungen rechnen.

Angesichts der soeben genannten Unsicherheitsfaktoren bei der Erfassung yon Fledermaus- individuen: Wltterungsabh~.ngigkeit und Mehrfachziiblung, erscheint es zweckmiigig, nicht die Fledermiiuse selbst, sondern ihren Kot der Konrrolle zugrundezulegen. Die Kotverteilung ver- mitteh den besten Einblick in das Fledermausgeschehen ohne die Tiere dabei zu st6ren, auch wenn es z. Z. noch nicht m6gtich ist, aus den Kotpartikeln die Fledermausarten zu bestimmen.

Wenn somit das Auffinden yon FledermSusen fi.ir die Kontrolle ohne Bedeutung ist, sollte man im praktischen 'vbget- und Fledermausschutz an eine Verlagerung der KontroHzeit vom September in den Oktober hinein denken. Denn dann kann man sicher sein, nur noch Reste der Gesamtpopulation in den Sommerquartieren anzutreffen. Unsere 1986er Ergebnisse machen dies deutlich. Teilen wir die damals 20tiigige Kontrollzeit in zwei H~ilften: vom 9. bis 19. und 20. bis 29. September, so fanden wir yon den insgesamt 444 Individuen in den ersten 10 Tagen 309, das sind 70 % und in den zweiten 10 Tagen - bei sogar etwas gr6gerer H6hlenzahl -nu r noch 135 Tiere, also 30 %. Ober 2/; der Population waren somit nach dem 19. September bereits abgewandert.

Man mug bei diesen Oberlegungensich die Prozedur der Nistkastenkontrolle vor Augen haken: Das Get,it wird ge6ffnet und yon "vbgel- und Fledermauskot sowie dem meist vorhan- denen alten Nistmaterial gereinigt, auch wenn Flederm;iuse sich im Giebel des Kastens herin- den. Bei etwas h6heren Temperaturen flfichten die Tiere, entweder w~ihrend der Reinigung oder kurz danach. Bleiben sie w~ihrend der Reinigung im Nistkasten, muff nati~rlich das ab- schlie~ende Aussprfihen mit einem [nsektizid unterbleiben. Das heigt, daiS: dann der Nist- kasten mit Parasiten, vor allem Fl6hen, besetzt bleibt.

Betrachten wir nun die Fledermauskotverteilung in unserem Versuchsgebiet, zeigt sich eine starke, yon Jahr zu Jahr stetige Aufwiirtsbewegung der Kotbetagsquote yon 19 % (1982) auf

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45 % (1986) der Gesamth6hlenzahl (Tabelle 1). Was besagt dleses Ergebnis? Zunfichst ist es eine Best~itigung des Quartierwechsels der Fledermfiuse. Die H6hlen waren 1986 zu 5,8 % mit Fle- derm~.usen, aber zu 45 % mit Fledermauskot besetzt. G~ibe es eine Quartierstetigkeit, m~ii~te irgendwann im Sommer 1986 eine 8mal so starke Hedermauspopulation wie im September vorhanden gewesen sein, was unm6glich ist.

Was also bedeutet die Steigerung der Kotbelagsquote auf fast das 2L/2fache im Verlauf von 5Jahren? Entspricht sie einer 2V2fachen Steigerung der Fledermausdichte? Odor zeigt sle nut eine dem steigenden H6hlenangebot entsprechende Vergr61]erung der Zahl der Wechselquar- tiere pro Individuum? Wit wissen es noch nicht. Zur Kl~irung dieser Frage bietet sich an, den Kot nicht nur zu registrieren, sondern auch zu wiegen. Denn wenn z. B. die Kotmenge yon Jahr zu Jahr gr61ger w~rde, k6nnte nicht eine gleichbieibende Population sie produziert haben. Mit . dieser Aufgabe wotlen wit uns in den kommenden Jahren besch~iftigen.

Im Augenblick ist als am wahrscheinlichsten anzunehmen, dai~ die starke Zunahme der Kot- belagsquote im Untersuchungsgebiet einen kombinierten Vorgang widerspiegelt: mit zuneh- mender H6hlenzahl stiegen sowohl die Populationsdichte der Flederm3use als auch die ZahI der Wechselquartiere pro [ndividuum.

Abschlieflend zum Dichteproblem sei darauf hingewiesen, daf~ es sich bei den bier betrach- teten Populationen von H6hlenbewohnern, seien es Singv6gel oder Flederm3use, nat/~rlich nut um jene Teilpopulationen handelt, die die Kunsth6hlen besiedeln. Diese Kunsth6hlenpopula- tion di~rfte bei den V6geln sehr viel gr6f~er sein als die gleichzeitig am Standort vorhandene Naturh6hlenpopulation, nicht nut wegen des Mangels an Naturh6hlen, sondern auch wegen der geringen Anforderungen, die gerade die Meisen, die die Hauptgruppe dieser V6gel bilden, an ihre H6hlen stellen. Dagegen wissen wir 0bet die Anspr/~che der verschiedenen Fledermaus- arten an ihre H6hlen und fiber ihre Anpassungsf~ihigkeit an Kunsth6hlen noch kaum etwas. Die in W~ldern h~iufigste Art. das Langohr, scheint keine hohen Anforderungen zu stellen, w3hrend der seltenere Abendsegler offenbar viel heikler ist, worauf auch folgende Beobachtung hin- weist: wir fanden im September 1986 im Ebersberger Forst in einem 700 ha gro~en Versuchsge- bier nut in 6 von 430 Nistger~iten insgesamt 18 Abendsegler, w~ihrend gleichzeitig in 3 Natur- h6hlen 42 Tiere dieser Art festgestellt wurden. Diese Naturh6hlen waren telemetrisch entdeckt worden.

3 S o m m e r - und W i n t e r q u a r t i e r e

Die Sommerquartiere dienen den Flederm3usen als Wochenstuben- und Tagesschlafst~itten. Um den Konkurrenzdruck der V6gel auszuschalten, experimentiert man seit l~ngerem mit zahlreichen Formen von Fledermausspezialh6hlen, die - vor allem durch Gestaltung der Off- nung als Schlitz im unteren H6hlenbereich -das Eindringen yon V6geln verhindern sollen. Die Entwicklung ist hler in vollem Gange. Es ist noch nicht m6glich, aus den vielen Einzelergebnis- sen, die auf unterschiedlichen Ger~iteformen und ~Skologischen Bedingungen beruhen, veratlge- meinernde Schliisse abzuleiten.

In unserem Geisenfelder Versuchsgebiet waren in allen 5 Jahren die Fledermaush6hlen pro- zentual deutlich mehr mit Fledermauskot belegt a!s die Vogelh6hlen, doch war die Differenz zwischen beiden H6hlengruppen in den einzelnen Jahren recht verschieden (Tabelle 1). 1982 zeigten sich die Vogelh6hlen zu fund 18 %, die Fledermausb6hlen zu 20 % mit Fledermauskot belegt. 1986 lauteten die beiden Zahlen 40 und 45 %. In den Jahren dazwischen klafften beide Werte weiter auseinander, am st~irksten 1984, wo die Vogelh6hlen zu 28 %, die Fleder- maush6hlen zu 53 % Fledermauskot enthielten.

Bei der Deutung dieser Ergebnisse ist zu ber/~cksichtigen, daft die Vogelh6hlen s~imtlich aus Beton, die Fledermaush6hlen dagegen zum geringeren l~il aus Beton, zum gr6fleren Tell aus Holz gefertigt waren. Wir stellten lest, dal~ die Flederm~iuse im atlgemeinen Holz dem Beton vorzogen, was ja auch der Konsistenz der Naturh6hlen entspr~iche. Doch gait diese Pr~iferenz nur bei bestimmten Witterungsbedingungen. Die Holzh6hlen wurden gemieden, wenn in Re-

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genperioden das Holz zu nail geworden war, aber auch in Trockenzeiten, wenn die Luftfeuchte in ihnen zu stark absank.

Aufgrund dieser Erkenntnisse mfil~te es m6glich sein, die Vorteile beider Materialien zu vereinen, indem man Betonger~ite mit Holz auskleidet. Solche H6hlen wollen wir vom n~ich- sten Jahr ab erproben.

Bei der Auswahl von Vogehfisth6hlen sollte man in gr6fgerer Zahl als bisher solche mit klei- nero Flugloch w~ihlen,, die der robusten und ffir die Flederm~use besonders konkurrenzstarken Kohlmeise den Zugang verwehren. Nach unseren Ergebnissen wurden solche Kiisten deutlich h~iufiger yon Flederm~iusen benutzt als jene mit gr6f~erer (~ffnung.

Was die L~berwinterung betrifft, so ben6tigen die zu den Winterscht~ifern z~ihlenden Fleder- m~iuse frostsichere Quartiere, die sie sich gr6i~tenteils auflerhalb des Waldes in H6hlen, Stollen oder Geb~iuden suchen. In B~iumen wurden bisher Angeh6rige yon 6 einheimischen Fleder- mausarten fiberwJnternd gefunden. Das sind weniger als die H~ilfte der 15 aus Sommerquartie- ren in W~ildern bekannten Arten (G~H~X~D 1985).

In Anbetracht, dat~ die oft weitr~iumige Suche nach einem geeigneten Uberwinterungsquar- tier for die Flederm~use einen zunehmend grof~en Risikofaktor bildet, ist es n6tig, ihnen im Wald ki~nstliche lDberwinterungsstiitten zu schaffen. F/ir die bislang vorzugsweise oder gar aus- schliefllich in Stotlen, Kellern u. dgl. fiberwinternden Arten gilt es im Wald ad~iquate Quartiere bereitzustellen. Man hat damit in letzter Zeit auch schon begonnen und einige Uberwinte- rungsbunker aus Beton gebaut, die - v o n Erde iiberw61bt und Pflanzen bewachsen, etwa in alten Sandgruben - sich in die [,andschaft einpassen. F~ir ihre Bewertung scheint es noch zu frfih. Man k6nnte abet auch an das Eingraben von Uberwinterungsk~isten mit Zug~ingen von B6schungsr~indern oder Steilh;ingen aus, denken. In dieser Richtung wurden yon uns Versuche aufgenommen. Weiterhin sollten alle Naturh6hlen in s~arken Bhumen gereinigt und notfalls winterdicht gemacht werden. Und slcher gibt es auch noch weitere M6glichkeiten zur F6rde- rung der Fledermausi~berwinterung in unseren Wiildern. Der Phantasie und Initiative sind hler keine Grenzen gesetzt.

4 W a l d b i n d u n g von Flederm~iusen

Oblicherweise wird zwischen Holz- bzw. Waldflederm~usen einerseits sowie Stein- bzw. Sied- lungsflederm~iusen andererseits unterschieden, und man meint damit, daf~ sich unsere Fleder- mausarten in zwei Gruppen mit unterschiedlichen Priiferenzen in bezug auf die Quartiere und Jagdgebiete gliedern lassen. Die n~here Betrachtung zeigt aber, daf~ diese Zweiteilung nicht hattbar ist.

Zu Zeiten als der blensch noch nicht existierte und es in unseren Breiten noch keine Winter- k~ilte gab, waren die Flederm~iuse reine \Valdtiere wie es sie heute noch zahlreich in den grof~en tropischen Urwiildern gibt. Mit der Abkfihlung des Klimas erwarben sie die. F~ihigkeit des Win- terschlafs, um die kalte und nahrungslose Zeit zu iiberdauern. Frostfreie Uberwinterungsst~it- ten fanden sie zum geringeren Tell in dicken Biiumen, zum gr6fleren Tell in den besser ge o schfitzten H6hlen und Spalten der Mittel- und Hochgeblrge. Mit der Entstehung menschlicher Bauten boten sich den Flederm~iusen neue und n~iher an ihren Jagdgriinden und Sommerquar- tieren liegenden (.)berwinterungsstfitten, und es spricht ffir ihre Anpassungsf~.higkeit, dal~ sie davon Besitz ergriffen.

Diese Hinwendung zu menschlichen Siedlungen ist jedoch in neuerer und zumal ji~ngster Zeit in eine Abwendung umgeschlagen, seit niimlich die Lebensgrundlagen dieser hoch- empfindlichen Flugs~iuger durch Industriallslerung, Betonisierung, L~rm und Intensivwirt- sch.~ft immer sfiirker beeintr~chtigt wurden. Auch die Gebirgsh6hlen als LTberwinterungsstiit- ten sind durch den Tourismus in diese fledermausfeindliche Entwicklung einbezogen.

Fast ein Drittel der Bundesrepubllk ist mit Wald bedeckt. Hier liegt die Zukunft der einhei- mischen Flederm~iuse. In unseren W?ildern wurden bisher 15 der 21 mitteleuropiiischen Fie- dermausarten in Sommerquartieren festgestellt. Ihre Arten- und Individuenzahl werden rich in

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gleichem Mage e rh6hen wie die yon der Forstwir tschaft in Angri f f g e n o m m e n e Verbesserung der 6kologischen Struktur unserer W~.lder vorankommt. Wir sol]ten abet nicht auf deren voile Verwirklichung warten, sondern schon jetzt tun was getan werden kann.

Von der Bereicherung der W~.lder mit Flederm~usen werden nlcht nur die Fors twir tschaf t sonclern auch die Landwirtschaft und der Gar tenbau profit ieren (SC'~tWENK~: 1985). Es ist ja nicht so, dal~ wa ldbewohnende Flederm~.use nur dem Waid zugute k~men. Die oft ausgedehn- ten n~.chtlichen Jagdfl{ige yon Fledermiiusen sind bekannt. Erst jiingst haben wit z. B. beobach- tet wie ein Tell der Abendseglerpopulat ion des Ebersberger Forstes sich in und nahe der Stadt Ebersberg an st~irkeren Lichtquellen, z, B. am S-Bahnhof, zum Fang der dort angelockten In- sekten versammelten. Und zu diesen [nsekten geh,Sren die Falter der Kohleule ebenso wie die des Nonnensp inne r s .

Ho len wir also unsere Flederm~iuse in die W{ilder zurhck, in denen sie ihren Ursprung haben und beweisen wir damit zugleich, dal~ Naturschutz, Ar tenschutz und Waldschutz eng miteln- ander verbunden sindl

Z u s a m m e n f a s s u n g

Mit der Schafiung k{instlicher H6hlen in den an Naturh6hlen armen Wirtschaftswaldern I~il~t sich die Fle- dermauadichte erheblich steigern. In einem 24.20 Hektar grogen ~ersuchswald bei Geisenfeld/Obb. stieg die Zahl der Fledermausindividuen yon 279 ill laSO Kunsth6hlen im Jahre 1982 auf 444 in 1950 Kunsth6hlen im jahre 1986. C-leichzeitig stieg die Quote der mit Fledermauskot belegten Kunsth6hlen yon 19 % auf 45 %. Aufgrund der Abh~ingigkeit der Fledermausindividuenzahl vom Konuollzeitpunkt bzw. der g~:mperatur so- wie yore obligatorischen Schlafquartierwechsel (MehrfachTiihlung), bildet der lqedermausknt die bessere Kontrollgrundlage. Spezielle Fledermauskunsth6hlen wurden zwischen !0 und 50 % mehr yon Fledermiiusen besucht als Vogelnisth6h[en. ,.vobei die Witterung auf die Bevorzugung einer der beiden Gerfitetypen starken Einflul~ nahm. Um die Flederm~iuse fester an die W~ilder zu blnden und ihnen die oft erheblichen "v~rluste bei der Suche nach Winterschlafquartieren zu ersparen, sollten k.[instliche Oberwinterungsst~itten im Walde ge- schaffen werden. Die zunehmende Fledermausfeindlichkeit der menschlichen Siedlungen und Gebirgs- h/3blen fiihrt zu einer verstiirkten Hinwendung der Flederm~iuse zum Waldbereich. Alle 21 mitteleuro- p~.ischen Fledermausarten sind yon ihrem Ursprung her Waldtiere. Wir soliten sic in die W~ilder zur/ickholen.

Bull]mary

Bat protection a*td sett/eme~rt it~ Jbrcsts; successes a~l problems

The main reason for the decrease of bat density in Central Europe is the lack of natural summer- and winter- quarters, caused by modern forestry, as ,.vel} as by the deterioration of the llfe quality of bats in settlcments of man. In an experimental forest of 24~G ha near Geisen feld, Upper Bavaria, the number of artificial cavities was increased from 1450 to 1950 between 1982 and 1986. During these 5 years tile number of bats rose from 279 to 44C individuals, and the quota of boxes with feces increased from 19 to 45 %. Because the actual aurnber of bats depends on the controll date, and because of the frequent change of overnight quarters, incidence of bat feces is the better control criterion. The bats came to the special bat boxes about lC,-- 5C, % more often than to bird boxes, depending on the weather. For the purpose of attracting bats to forests, arzificial overwintering quarters must be provided. The bats have their origin in woodlands. We should pave the way for their return.

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/ins&rift des Verfassers: Prof. Dr. g: Sc~ iwl.x~L, I chrstuhl f~r angewandte Zoologic der Universit-it. Amalien- stral~e 52, D-8000 .'vliinchen 40