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it6 Fortsehritte der Kieferorthopi~die Bd. 19H. 1 u. 2 (1958) regelrecht einstellen kann, und beide oder nut der letzte Milchmolar einen Platz: tibersehuB erwar~en lassen, der vom Eckz~fin nicht ausgenutzt werden k~nn, d~ der Zghnwechsel der Milchmol~ren rel~tiv zu sp~t erfolgg. DaM Bestreben beim Zahnwechsel der S~/itzzone mug dahingehen, den ptatzfordernden Z~hnen im reehten Moment den Weg freizugeben, und unter Umst~nden die Motare~ an ihrer physiologisehen Mesialwanderung zu hindern ()/bb. 17 his 24~. Yolgen die bleibende~ Z~hne beim Durehbruch nicht dem Wurzelverlauf ihrer Milchz~hne, so werden wit" den Milchzahn ebenfalls exgrahieren (Abb. 25 bis 27). Der abirrende Zahnkeim wird den Weg des geringsten Widersfandes folgen und sich in der Alveole einste]len, so da g eine vSllige oder teilweise Einordnung geling~. Zusammenfasslmg Zusa.mmenfassend 1M3tsich sagen, dai3 die StellungsanomMienim Seitenzahngebiet einer sorgf~l~igen genetisehen Kl~rmlg bed~'fen. Neben tier h~ufigs~en Ursaehe. dem vorzei~igen Milehzahnverlusf; sind weitere Momente ffir die Fehteinstellung im Seitenzahngebieg in einer S~Srung des Dm'ehbruehsrhythmus, der Keimlage und in einer numerisehen Diskrepanz in der mesio-distalen Breite der Stiitzzone zn ihren nachfolgenden Zs zu suchen. In allen F~llen wird dm'eh eine im riehtigen Z~itpunkt erfolgte Extraktion eines oder mehrerer Milchzghne eine Besserung oder Ausheilung erzielt. Dabei kann die Extraktion eines Milch- zahnes als alleinige kieferorthops Magnahme ausreichen, wenn der eingeengte Zahn sich im Durchbruch befindet and damit soviel Waehstnmsenergie besitzt, um dutch ver- dr~ngendcs Waehstum den i/am etwas entfernt zur Verfiigung gestellten Platz anszunfitzcn. Sehrilttum Jr aura e, L. J., ~ehweiz. Mschr. Zahnhk. 1948. tt.4.- Bese d a, V.. Fortschr. Orthodon- tik 1911o,. It. 4, 19~3, I{. 1. -- Korkh~us, G., und F. Nenm~nn. Fortschr. Or~hodontik 1981. H. 1. Korkhaus, G., ~us: Bruhn. t{~ndbueh der Zahnheilkunde. Band IV. Miinehen 1939. N e u m a n n , D., Dtseh. Zatm-lVlund-Kieferhk. -~0, I77~und 285 (1954): - - Salzmann. J. A., Principles of Orthodontics. Philadelphia 1950. -- Schwarz. A, M., Zschr. Stomat. 19~1, It. 7. Ders., Lehrgang der Gebil3regelung, Band I. ~rien-Innsbruek (1951). -- Ders,. aus: Die Zahn-. Mtmd- und Kieferheilkunde, Lieferung 17. Mfinchen- BeNin 1955. Wezel, G., Lehrbueh der Anatomic fiir ZahnArzte. ~lena 1933. Ansehrift d. Verf. : ~ammvcr, Wilhelmstr. r4 AUS der UniVersitg~sklinik nnd Polfldinik fiir Zahn=, Mund, und Kieferkrankheiten (Direktor: Prof. Dr. Dr. K. S e h u c h a r d t ), ]~amburg Folgen yon vorzeitigem Zahnverlust und ihre diagnostische Feststellung t) Yon Prof. Dr. Erich Bausser, Bamburg Mit 20 Abbildungen Nine leider immer noch auBerordentlich hs Ursache ftir die Entstehung yon Zahnstellungsa,nomMien stellt der vorzeitige Verlust yon Milchz/~hnen und der Verlust yon bleibenden Z~hnen vor Beendigung der En~wicldung des Kau- organs dar, obwohl die Folgen yon vorzeitigem Zahnverlus~ auf verh/~ltnismgBig einfaehe Weise zu vermeiden sind. 1) Yortr~g, gehaI~en anf der ~issenschaftlieben '~agung der Deu~schen GeselIschlaf~ f~r K~eferorthol3~flie in I3iisseldorf am 13. 6. 1957.

Folgen von vorzeitigem Zahnverlust und ihre diagnostische Feststellung

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Page 1: Folgen von vorzeitigem Zahnverlust und ihre diagnostische Feststellung

it6 Fortsehritte der Kieferorthopi~die Bd. 19H. 1 u. 2 (1958)

regelrecht einstellen kann , und beide oder n u t der letzte Milchmolar e inen Platz: tibersehuB erwar~en lassen, der vom Eckz~fin n ich t ausgenutz t werden k~nn, d~ der Zghnwechsel der Milchmol~ren rel~tiv zu sp~t erfolgg. DaM Bes t reben be im Zahnwechsel der S~/itzzone mug dahingehen, den ptatzfordernden Z~hnen im reehten Moment den Weg freizugeben, und un te r U m s t ~ n d e n die Motare~ an ihrer physiologisehen Mesia lwanderung zu h inde rn ()/bb. 17 his 24~.

Yolgen die bleibende~ Z~hne beim Durehbruch n ich t dem Wurzelver lauf ihrer Milchz~hne, so werden wit" den Milchzahn ebenfalls exgrahieren (Abb. 25 bis 27). Der abirrende Zahnke im wird den Weg des ger ingsten Widersfandes folgen u n d sich in der Alveole einste]len, so da g eine vSllige oder teilweise E i n o r d n u n g geling~.

Zusammenfasslmg Zusa.mmenfassend 1M3t sich sagen, dai3 die StellungsanomMien im Seitenzahngebiet einer

sorgf~l~igen genetisehen Kl~rmlg bed~'fen. Neben tier h~ufigs~en Ursaehe. dem vorzei~igen Milehzahnverlusf; sind weitere Momente ffir die Fehteinstellung im Seitenzahngebieg in einer S~Srung des Dm'ehbruehsrhythmus, der Keimlage und in einer numerisehen Diskrepanz in der mesio-distalen Breite der Stiitzzone zn ihren nachfolgenden Zs zu suchen. In allen F~llen wird dm'eh eine im riehtigen Z~itpunkt erfolgte Extraktion eines oder mehrerer Milchzghne eine Besserung oder Ausheilung erzielt. Dabei kann die Extraktion eines Milch- zahnes als alleinige kieferorthops Magnahme ausreichen, wenn der eingeengte Zahn sich im Durchbruch befindet and damit soviel Waehstnmsenergie besitzt, um dutch ver- dr~ngendcs Waehstum den i/am etwas entfernt zur Verfiigung gestellten Platz anszunfitzcn.

Sehrilttum Jr aura e, L. J., ~ehweiz. Mschr. Zahnhk. 1948. t t . 4 . - Bese d a, V.. Fortschr. Orthodon-

tik 1911o,. It. 4, 19~3, I{. 1. - - Korkh~us , G., und F. N e n m ~ n n . Fortschr. Or~hodontik 1981. H. 1. Korkhaus , G., ~us: Bruhn . t{~ndbueh der Zahnheilkunde. Band IV. Miinehen 1939. N e u m a n n , D., Dtseh. Zatm-lVlund-Kieferhk. -~0, I77~und 285 (1954): - - Sa lzmann . J. A., Principles of Orthodontics. Philadelphia 1950. - - Schwarz. A, M., Zschr. Stomat. 19~1, It. 7. Ders., Lehrgang der Gebil3regelung, Band I. ~rien-Innsbruek (1951). - - Ders,. aus: Die Zahn-. Mtmd- und Kieferheilkunde, Lieferung 17. Mfinchen- BeNin 1955. Wezel, G., Lehrbueh der Anatomic fiir ZahnArzte. ~lena 1933.

A n s e h r i f t d. V e r f . : ~ a m m v c r , W i l h e l m s t r . r 4

AUS der UniVersitg~sklinik nnd Polfldinik fiir Zahn=, Mund, und Kieferkrankheiten (Direktor: Prof. Dr. Dr. K. S e h u c h a r d t ), ]~amburg

Folgen yon vorzeitigem Zahnverlust und ihre diagnostische Feststellung t)

Yon Prof. Dr. Erich Bausser, Bamburg Mit 20 Abbildungen

Nine leider immer noch auBerordent l i ch hs Ursache ftir die E n t s t e h u n g yon Zahnstellungsa,nomMien stell t der vorzeitige Verlust y o n Milchz/~hnen u n d der Verlust yon ble ibenden Z~hnen vor Beendigung der En~wicldung des Kau- organs d a r , obwohl die Folgen yon vorzeit igem Zahnverlus~ a u f verh/~ltnismgBig einfaehe Weise zu vermeiden sind.

1) Yortr~g, gehaI~en anf der ~issenschaftlieben '~agung der Deu~schen GeselIschlaf~ f~r K~eferorthol3~flie in I3iisseldorf am 13. 6. 1957.

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Erich Ha,nsser, Folgen yon Vorzeitigem Zahnveriust und ihre diagn0stische Feststellung 137

Bekanntlich kann jede Unterbrechung der geschlossenen Zahnreihe zu Zahn- sgellungsgnderungen fiihren, u n d vor allen Dingen im waehsenden Kauorgan zeigen auf Grund der "Wanderungsgesetze sogleieh die bena.ehburgen Z~hne eine Tendenz zur Wanderung in die durch den Zahnverlust entstandene Liieke. Zur Entstehung yon derartigen Wandernngen ist es n icht einmal erforderlich, daf~ ein komplet ter Zahnverlust eintritt ; es genfigt vielmehr sch0n, welm dutch Karies eine Verkleinerung des mesioclistglen Durchmessers einzelner Z~hne erfolgt (Abb. 1 bis 3). Bet dem Verlust yon ganzen Zahneinheiten sind i m allgemeinen die Folgen natiirlich besonders .weitreichend.

Ab'b. 2

Abb. I

Abb. 1 his 3. 3'[ilchgebil~ eines 5j~ihrigen l;2indes mi t weitestgehe~~d zerst6rten ~lilchz~hnen Abb. 3

Eine der wichtigsten Aufgaben der Milchz~hne ist ohne Zweifel die einer Pl~tz- halt erfunktion fiir die bleibenden Zghne. Eine kari6se Verkleinerung der Mflch- z~hne hat somit stets eine Verkleinerung des Pl~tzes fiir die nachfolgenden Ersatz- z~hne zur Folge. Diese Verkleinerung des Raumes betrifft insbesondere das sagittale Ausm~l? des Platzes ftir den bleibenden Zahn im Zahnbogen. sm beein- fluBt aber auch die transversalen Verh/~ltnisse und kann in best immten F~llen aueh die vertik~le Entwicklung beeintrgehtigen. Die Raumverkleinerung besteht im allgemeinen ~us einer 1VIesialwanderung der distal der Liieke stehenden Z~hne (Zahmwnderung) und einem Rfickstand der vor der Liieke stehenden Z~hne (Kieferverkfirzung) im Vergleieh zu den Z~hnen der anderen, nicht betroffenen Seite.

Bet ether k~ri6sen Verkleinerung der yon I ~ o r k h a u s ats Sttitzzone bezeieh- neten Milchseitenzahnreihe k6nnen sieh bereits die am distalen Ende der Milch-

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138' l%rts6hrit~6 der ~6fe~'or~hopadie Bd 1~ K: 1 u 2: (~958)

zahrire~edUrchbreohenden ersten ~olaren zu wells mesial eh~s~e~en, i~dem sie ~en: durch die MilchzahnverMemerung en~Standenen sagit~alen Ranm zur ~esial, wanderung ansnn~zen:: :(Abb:~): ~hnlicher Weise .Mesiati e ~ e l l u n g : d:er :zu :siarKe~ AUfl'iCh~m~g aus ihrer Keiml~ge eintre~en/ cler:erste: Molar: ~e diStMe

~weiten Zur Res0~tion; w0dnrch es d~nn ~uch: ineisf6~s Zu 5es zwei~en :~ilchm61~ren selbst komm~ (Abb: 5 Mee6]~re iSIeSiM. steliUn~ des ers%n

~i!b~ah~verius~ bei :N6~tt~:~!~glage: . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

Abb. 5. V e r h a k t m g dot 1. oberea 3 io laren bei ih rem Abb. 6. ]~in ~ a h r sp~i ter l~at s ich 4er l inke obere Durchbruch 1. ~,~ol~r u m eine l~r~molarenbreite zll wel t mesiM ein

gestell t

es erfolgt vielmehr gleiehzeitig.auch eine Unterbreohung des sagittMen Mveolgren Wachsgums und dainit eine Vr Odei" KieferverkLirznng; da sieh der bei der Entwi6kllingdes~Mo]aren entstehende WaehStumMmpuls nicht mebr nach mesiM auf die ganze Zahnreihe hat ~uswirken kSnnen

In der 6rSten Etappe des Zahr~weohsels 'besteh~ jedoch nich~ nur im Seiten- zahngebiet d i e Gef~h~: either Er~Stehnng v0n ~'olgen vorzeifigen Milchzahnver: lusteS.~ Sondern esMnd i~uch.im Frontzahngeblet bei einem ungfinstigen Ablanf des Schneidezahnwechsets iitinliche Vorg~nge mSglich, dieals t;olgen vorzeitigen Milchz~hnVerlus~es ~nzusehen sind: Insbesondere k6nnen sich bei einer m~ngel- haften Brei~enentwicklung des Miichz~hnbogens im Zusammenh~ng mit dem Wechsel der Schneideziihne insofern ungiinstige Verh~ltnisse anb~hnen, Ms" beim l)urchbruch des mittleren SchneidezMmes auch der seit]iche Mflchschneidezahn zum Ansfa]l kommt. Bei de~' Einstelhmg des seitlichen Schneidezwhnes wh'cl

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l~Jrich ttausser, ~o]gen .yon v0rzeitigem zahnverlust und ihre diagnostische Festste]lung 139

dann auch der Platz des Milcheekzahnes beansprucht (Abb. 7 bis 9). Schon viele Jahre vor dem Dm'chbruch des Eekzahnes wird damit die Grundlage ftir einen Sps Eekzalmhochstand gelegt. ES kann sieh aber auch, wenn der Eckzahn vor dem zweiten Pri~molaren zum Dlu'ehbruch komm~, daraus eine palatinale Verdri~ngung des zweiten Pr~molaren ergeben. Im Verlauf des Front- z~hnwechse]s kSmlen somit weitreichende Gefahren liegen, zumal im allgemeinen dieser vorzeitige Ansfall der Milehsehneidez~hne Zun~chsf zu einer, regelm~Bigen Einstellung der Vier Frontz~hne ffihr~ und damit ein stgrungsfreier Vertauf des Zahnwechsels vorget~usch$ wird: Ers~ Viel sparer werden dann die Auswirkungen des ungfinstigen Ablaufs des SehneidezahnweehselS offensichtlieh. Die Behebung

kbb , 8

ASb: 7

Abb. 9 Abb. 7 his 9. Voltkommener Zusammeubruch der fror~talea W~chst~lmszone. N-aeh Eins te l lung des tinkeit oberen

J seitlichen Selmeidczahncs ist, der 1 la~z [tir den l~ckz~drm vo l lkommen verloren

dieser ]~olgen yon vorzeitigem ~Iilchschneidezahnverlust ist stets nur unter grBl~eren Sehwierigkeiten m6glich; es bedarf hierzu meist umfangreicher n n d langwieriger BehandlungsmaBnahmen, um einen Ausgleieh herzus~ellen (Abb. 10 his 12).

Inwieweit sieh ein Wachstumsdruck durchbreehender Zghne auswirkt, zeigen in besonders eindruelcsvo]ler Weise die F~lle, bei denen es friihzeitig zu einer Verwachsung zwisehen dem Zahn und der knSehernen Alveole gekommen ist (Abb. 13 und I4). Mit Hilfe des Symmetrievergleiehs l~Bt sieh bei diesen Fgllen das Ausmag der alveol~tren Waehstumshemmung auf Grund: der Fixierung des durehbreehenden Zahnes in tier Alveole leieht feststellen.

Zur diagnostisehen Klgrung der Folgen eines vorzeitigen Zahnverlustes beda.rf es einer sorgf/ittigen Untersuehung der Stellung der Zi~lme im Zahnbogen und des Zusammenbisses der Zahm'eihen z ueinander. Diese diagnostische Untersuchmlg

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140 Fortschritte der Kieferoi'th0p~die Bd. 19 H. 1 u. 2 (i958)

s~ll fiber die dureh den vorzeitigen Z~hnver!nst bedingten Abweichungen Auf- sehluf~ geben; es k6nnen daher: die Besonderheiten um besten dutch einen Ver- gleich der dutch den Z~hnverlust geschgdigten Seite mit der gesnnden Seite

Abb, i:i0

Abb. l i Abb~ I2

Abb. i0 his 12. Pala:tinale Verdr~ngung des 2, linken 0beren Pr's --- er wurde extrahlert - - , S:~arke Kiefer- �9 %~erkttrz!iiig, pr0gene "~'erzah~iang bei geringem Meslalbil~

Abb. 13 Abb. 14

Abb. 13 und I4 . Wachs~umshemmung im Oberkiefer rechts iufolge Halbretenti0r~ des rechtcn oberen Molarel~

ermitt, elt werden, indem zungchst mit~ I-Iilfe des intr~maxill~ren Svmmetrie- vergleiChs die symmetrische bzw. ~symmetrisChe Stellung der einzelnen Z~hne zueinander ermittelt wird. Im Oberkiefer kSmlen d iese Feststellungen in sa,-

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Erich Hausser; Folgen yon vorzeitigem Zahnverlust und ihre diagnostische Feststellung 141

gittMer und ~ransversMer ]~ichtung ohne Schwierigkeiten durch den intra- ma.xill~ren Symmetrievergleich zur P~aphe-I~fedi~nebene: die durch drei Punkte der unver~nderlichen gaphe-Mediana bes t immt wird, erfolgen. Im Unterkiefer bereitet diese diagnostische Untersuchung jedoeh gewisse Sehwierigkeiten, ds die l~aphe-NIedianebene hierftir nieht verwendbar ist. Es ist vielmehr notwendig, um Fehldeutungen zu vermeiden, such ftir den Unterkiefer eine eigene Mittellinie zu bestimmen. A.M. S c h w a r z hat vorgeschlagen, den vorderen Bezugspunkt fiir die Mitre des Unterkiefers r6ntgenologisch mit I-IiIfe der Spinaaufnahme fest- zu!egen und als distalen Bezugspunkt fiir die Unterkiefereigene Mittellinie das Ende der gaphe-NIedianebene, das yore Ober- kiefer ~uf den Unterkiefer fiber~ragen wird, zu benfitzen. Nach den Angaben yon K o r k h a u s kann die ungerkiefereigene Mittellinie aus drei Punkten des Lippen. und Zungenb~ndchens best immt werden (Abb. 15). J0ieses Verfahren zur Bestim- mung der unterkiefereigenen Mittellinie h~t sieh zur Untersuclmng der Symmetrie des unteren Zahnbogens als ste~s brauch- bar mid ausreichend erwiesen, sofern die Punkte zur Festlegung dieser Linie nicht zu nahe am Ansatz der B~inder am Alveo. larfortsatz gewghtt werden und damit eine Beeinflussung der Ansatzstellen dutch alveolgre Versehiebungen vermieden ist. Bei. der Abdruekuahme ist daher auf eine

T" " gute, unverzerrte V~ ledergabe yon Lllopen- und Zungenbgndehen besonderer Weft zu legen.

I s t ein vorzeitiger Zahnverlust nut in einer Kieferhglfte einge~rete~t, so bereitet es im Mlgemeinen keine grot~en Schwierig- keiten, mit Hilfe des intramaxillgren Sym- metrievergleichs die dadureh bedingten alveol~ren Stelhmgsabweichungen festzu- at,b. 15. O b e r - n n d g n t e r k i e f e r m o d e l l mlt , e i n -

g e z e i c h n e t e n }~ezllgst) t l l t lktel l z t l r B e s g i m m u ~ g stellen und damit das AusmaB yon Kie- dcr kiefereigeneu ivlit~etiinien ferverkfirzung und Zahnwanderung zu be- stimmen. Der intermaxilli~re Symmetrievergleieh der okklusalen Beziehungen der Z~ime der reehten und linken Seite wird dann dutch das AusmaB der Abweiehungen beim Zusammenbig der einzelnen Z~hne eine Best~tigung der intramaxillEr festgestellcen Zahnstellungsfehler ergeben, indem die Okklusion fix gleicher Weise Abweichungen aufweist, wie sie Kieferverkfirzung und Zahn- w~ncIerung sis alveoli~re Abweichungen deutlich gemacht h~ben. Zur Feststellung der wirkliehen okklusMen :Beziehungen der Zahnreihen zueinander, also der BiB- lage, empfiehlt es sich naeh dem u yon G r i i n b erg, die Folgen des Zahn- vertustes in Gedanken rtickg/~ngig zu machen, also i n der Weise mnzudenken, dab der durch KieferverMirzung und Zahnwanderung bedingte F~lsehstand der Z~hne ~usgeglichen wird. Aus dieser ,,I~ekonstruktion" ergeben sich dunn die ~bsoluten Beziehungen der Z~hnreihen zueinander, und der LTnterschied zwisehen

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142 Fo~%sch~5%te der Kieferorthop/~die Bd. 19 It. 1 u. 2 (1958)

relativer und abso]ut.er Okklusion zeigt eine Ubereinstimmung mit dem Ausma8 des sagitta]en Pta~zvertustes im Zahnbogen.

Bei alveol:gren Z:~hnsteilungsanomaliert als F0lgen von Zahnverlust im Ober; und Unterkiefer auf der gleichen 8eite kaml die Klgrung der Ar~ der dadurch bedinggen alveotgren und okklusalen Abwelohungeil in gleicher Weise erfolgen. Auch bei diesen Fgl]en wird mi~ Hi!fe des in~ramaxillgren Symmetrievergteiehs und der Rek0nstruktion zungehs~ eh! gedanklicher Ausgleieh der'alveoliiren Zahn- S~e!lungsan0malie " n ~ "" . . . . . . . . . . . . . . . . m d e Zahnbogen dutch efiihr~ und ~nsd~hei3end konnen dann . . . . . . g , ,

Abb: 1~ . . . . . . Abb :i7 Abb, ~6bis !g, KieferkomP~easiOn mit !~ekigel":Pr6~'m~sion bei Nelltr~0kklusigi~ de:r'lVl01aren. Im UnterMefer

fehl~ tier t)Ia~z fiir den reei~ten ~3c~zai)n und den iinken -2.:s "

Abb. 18

Abb. 19. Das Profilbild ~e~t, ~uf da~ Vorliegen einer tR.iicldage des Unterkiefers hin

aus dem in~erm~xill~ren S.ymmetrievergleich und dem Okklusionsvergleieh unter Berficksichtigung der alVe0lgren Abweichungen die wlr~!chen okldusalen Beziehungen der Z~hareihen zueinander bestimm~ werden. D i e Ktgrung der Folgen vorzeitigen ZahnverluS~es kann, sol~nge wenigstens in: einer Kieferhglfte eine geSoh]oSsene Zahnreihe ohne :s S~ellm~gsabw4iehung einzelner Zghne Vorhanden ist, dutch eine eingehende Un~ersuchung d e r ZahnbSgen und der Okldnsion der Zahm'eihen mit Hilfe des intra- und interm~xi]l~ren Symmetrie- vergleichs erfoIgen, da, claim die eine Kieferhglf~e als Ausgangsbasis fiir die Be- urteilung der in den ZahnbSgen and bei der Okldusion eingetretenen Yergnde- rungen zu dienen verm~g und dami~ noch eh~e :~usreichende Untersuchungs- m6glichkeit innerhalb des Kau0rganes gegeben ist,.

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Erich Hausser, Fotgen von vorzeitigemZahnverlust und ihre diagnostische Feststellung 143

Sind jedoch sowohl im Ober- als auch im Un~erkiefer, ,~uf der rechten wie auf der linken Seite Zahnstellungsfehler vorhanden, so ist eine eindeutige K1/~rung des kieferorthop//disehen Kmnkheitsbildes und aller Besonderheiten mit tIflfe der Gebil~analyse altein nicht mehr zu erreichen, da kein Anhaltspunk~ innerhalb des Kauorgans fiir eine eindeutige Bestimmung des AusmN3es yon Kieferver- Mirzung und Zahnwanderung sowie der Art der Biglage infolge der alveol/~ren Verschiebungen in Mien vier Kieferh/~lften mehr zu finden ist. Bei diesen F/illen kann daher nur dutch eine zus~tzliehe Untersuehung der Kiefergesichtsbezielmn-

Abb. 20. Aus der Ferar6ntgenaus gr hervor, da~ das Kinn gttt attsgebildet ist, aber infolge des vor- zeitigen Zahnverlustes eine Mveol~re Entwicklungshemmung eintrat. Untere al~eol~re l~etrusion

gen weiterer AufschluB fiber die Natur der Abweichunge~l erlangt werden. So ist es mSghch, aus den Besonderheiten des Profilver]aufs AnhMtspunkte ffir die Erkennung der Art der Abweiehungen in den Z~tmbSgen und aueh einer etw~t verborgenen BiBanomalie zu gewinnen (Abb. 16 bis 20). Zu dieser Untersuchung wie auch zur gsthetischen Beurteilung ist daher mit Vorteil die Profilpho~ographie zu verwenden. Einen umfassenden Einblick in die ulveolgren Verhgltnisse in sagi~taler Riehtung, das Verhg]tnis der Zghne zur Kieferbasis und deren Aus- bildung sowie in die Besonderheiten des Aufbaus des Kauorgans und ihren Zu- sammenhang mit dem Schgdelaufbau ergibt jedoch in fibersicht]icherer Weise das Ferm'Sntgenprofilbfld. Es soilte daher bei diesen komplizierten Fgllen stets zur diagnostischen Untersuehtmg herangezogen werden. Insbesondere erscheint es

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144 Fort,sch~Jtte der Kieferorthop~die Bd. 19 H. I u. 2 (1958)

aber bei den F~llen mit einem Riiekstand der oberen Sehneidez~hne und emem umgekehrten FrontzahnfiberbiB oder beiderseitiger Platzeinengung im unveren Seitenzahngebiet als ~o]gen vorzeitigen Zahnverlustes zur Kl~rung der mor- pho]ogisehen Auswirkungen unen~behrlieh. Der Auswertnngsbefund der Fern- rSntgenprofilaufnahme und die dadurch gewonnenen Erkenntnisse fiber die be- sonderen Verh~tltnisse im Aufbau des Kauorgans sind jedoeh nieht nur ffir die diagnostisehe Kl~rung und die Feststellnng der dureh den Zahnver]ust ein- getretenen Abweiehungen yon Bedeutung, sie geben vielmehr auch wiehtige tIin- weise ffir die ]3eseitigung der Abweiehungen durch therapeutisehe Maftnahmen. Auf Grund der ~odellanalyse und der Untersuehung der Kiefergesiehtsbeziehun- gen k~innen in bester ~Veise das AusmaB der erforder]iehen Umformungen gekl~rt. die Grenze der therapeutisehen BeeinflussungsmSgliehkeit fibersehen und damit die zweekm~Bigste Behandtungsart bes t immt werden.

Die diagnostische Untersuehung der Fo]gen yon vorzeitigem Zahnverlust naeh einem Zusammenbrueh der Stiitzzone und aueh der fronta]en Waehstnms- zentren im Ober- und Unterkiefer ste]lt somis erhebliehe Anforderungen, und es wJrd hierzu das ganze Rfistzeag kieferorthop~diseher Un~ersuehungsmittel be- nStigt, nm hinreichenden Aufschlut~ fiber die versehiedenen morphologisehen Abweieh~ngen im Zusammenhang mit der Gebiganomalie zu erhalten. Dagegen ist die Kl~rung der Auswirkungen eines Zahnverlustes innerhalb des Kauorgans im Rahmen der Gebii]analyse bei wenigstens einer als Ausgangsbasis verwend- baren, nieht geseh~digten Seite dutch den intramaxill~ren Symmetrievergleieh verh~tltnism~ftig einfaeh durehzuffihren. Als Hilfsmittel hierfiir kann ein ein- laches mib Millimetereinteilnng versehenes Zelluloidblatt, ein sog. Or~hokrenz, oder eines der bekannten Symme~roskope dienen. Diese Hilfsmittel haben a]ler- dings den Naehteil, dalt die einzelnen Feststellungen nur durcb Anvisieren ge- troffen werden und die Befunde nieht dh'ekt auf dem --~[odell fixiert sind. Zur Vermeidung dieses :Naehteils kann jedoeh der Befund auf ein durchsiehtiges Untersuehungsblatt durehgezeiehnet werden, wozu bei dem Symmetroskop yon X o r k h a u s entsprechende Scheiben vorgesehen sind. Wesentlieh einfaeher er- scheint allerdings die Verwendung yon UntersnehnngsgerS, ten, bei denen der Befund auf 'dem Mode]l sogleieh festgehalten werden kann, indem mit I-Ii]fe eines StifLes die Mittellinie und die transversa]en Verbindungstinien in das ~[odel] ein- geritzt werden. Bei diesen als Symme~rographen bezeiehneten Ge t , t en kann aueh das Untersuehungsergebnis dureh Visierfehler nicht beeinflul~t werden, da zwisehen Modell und Zeiehenstift eine feste Yfihrung gegeben is~. Als m~iversell verwendbares Hilfsmittel ha t sich der yon K o r k h a u s nnd P h i l i p s entwiekelte Symmetrograph bew~hr~, da es mit ibm aueh mSglieh ist, horizontale, sagittale und transversale Gaumenkurven sowie Okklusionskurven zu zeichnen.

Aus den diagnostisehen Feststellungen und der biogegetisehen Beurteilung ergeben sich bei den Folgen vorzeitigen Zahnverlustes die therapeutisehen Er- fordernisse weitgehend zwangs]~ufig. F fir die Beurteilnng der MSgliehkeiten und Grenzen der alveoli~ren Zahnbewegungen sind jedoch die Lage der noeh nicht durehgebrochenen Zahnkeime yon grol~er Bede~tung, wobei besonders die Keim- lage der Molaren und vor allen Dingen der Weisheitszghne ffir die Best immung der Behandlungsart entscheidenden Ei, nflnl~ haben. Bei der Behandlungsptanung ist weiterhin zu berfieksichtigen, da~ alveol~re Zahnbewegungen umfangreicher Art hgufig niebt einfach durehzuffihren sind nnd besonders Zahnbewegungen m distaler g ichtung nieht selten gro~e Sehwierigkeiten bereiten kSnnen. Die zum Ausgleich yon Kieferverkfirzung mad Zahnwandernng notwendigen 'alveo]~ren

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Ingeborg Sehenderlein, Folgen yon Z~hnvcrlust whhrend der Gebil3entwicklung ]45

Z~hnverschiebungen sollten gleieh am Anfang der kieferorthopgdisehen Behand- lung vorgesehen werden, so daft bei den folgenden Naftnahmen die asymmetri- schen Verhi~ltnisse bereits ausgesehMtet sind.

Bei der Beh~ndlung yon Folgen vorzeitigen Zahnverlustes ist mit besonderer Sorgfalt zu fiberlegen, ob nieht dutch die Entfernung yon einzelnen Z/ihnen und damiI einer Vermeidung ungfinstig erseheinender Zahnbewegungen ehle Verein- faehung der Beha.ndlung erreieht werden karm, tIierbei ist jedoch zu beachten, daft bei einer Zahnentfernung nut in einer Kieferh~tlfte auch eine Versehie- bung der okklusMen Beziehungen auf dieser Seite eintritt und damit die Okklusion der Zahnreihen, da die Biftlage dadureh keine Beeinflussung erf~hrt. nicht mit der.llift~age tibereinst, imm~. Aueh bei diesen FSllen kann die wirkliche BiBlage ers~ nacti einem gedanldichen Ausmerzen des Zahnverlustes eindeutig best immt werden.

Die auf Grund yon vorzeitigem Ve.rhst yon Z~hnen entstehenden Zahn- s~ellungsfehler und oMdusalen Abweiehungen sind hinsichtlieh ihrer _~tiologie weitgehend bekannt, da die Gesetzmi~Bigkeiten der alveol~ren Zahnverschie- bnngen wi~hrend der Gebiftentwieklung eine weitgehende Kli~rung erfahren haben. Zur Fes~stellung der Abweichungen, die Ms Folgen vorzeitigen Zahnverlus~es entstanden sind. bedarf es stets auBerordentlieh sorgf~ltiger m~d umfangreicher Untersuehungen, um die auf Grund des vorzeitigen Zahnverlustes eingetretenen Abweichungen in zweckmi~Bigster Weise beseitigen z u k6nnen. Da die kari6se Erkrankung der Z~hne, insbesondere der Milehseitenz~hne die wiehtigste und h~ufigs~e Ursaehe fib" die Engstehung yon vorzei~igem Zahnverlust is~. sollte der GesunderhMtung der gi lchz~hne bis zu ihrem zeitgereehter/AustMlen grN3te Beaehtung gesehenkt werden. Nut dann kann durch verhi~ltnism~ftig einfaehe 3/[agnahmen die ]3ildung zahh'eieher schwerer kieferorthop~diseher Krankheits- bilder in groBem Umfange verhfitev werden.

Ansehrit% d. Yerf. : Haml )u rg 2(;. Lenhar tzs t r , 9

Aus der Ab~eilung ftir Kieferort.hop~die und I)rothetik (Direkior: Prof. Dr. 1%. Kleeberg) der Klinik und Poliklinik ffir Z~hn-, ~vIund- und Kieferkra.nkheiten

der t(arl-Marx-Universitat LeiFzig

F.lgen von Zahnverlust w~hrend der GebiBentwieklung Diagnostik und Therapie ~)

Von 0beriirztin Dr. Ingeborg 8chenderlein, Leipzig

Mit 22 Abbildungen

I)er Zahnverlust wi~hrend der Gebiftentwicklung geh6rt bekannt]ich mit zu den h/~ufigs~en Ursachen der Entstehung yon GebiSum'egelm/il3igkeiten: Seine Folgen sind Wachstumshemmung und Z~hnwanderung Folgen, die sieh oft nur durCh eine langwierige kieferorthop~dische Behandlung beseitigen lassen.

Als I-Iauptursache fiir den vorzeitigen Verlust yon Z~hnen ist die K a r i e s ver- antwortlieh zu machen. Schon eine ~usgedelmte Kontaktka, ries rui% dnrch die Verringerung des mesio-distMen Durchmessers eines Milehzal~es naehteilige Folgen hervor, ~hnliche wie bei dam v511igen Verlust des ZMmes.

1) Vortrag, gehal~en am 13.6, 1957 a.uf der Tugung der Deutsehen Gesellsehaft fiir K iefer- or~hop~die in Diisseldorf,

]~'ortsehritte der Kieferor tbol~die ;Bd. 19 n . 1 uud 2 10