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46 Straßen- & Tiefbau 02/2017 A ufgrund der tem- peraturbedingten Bewegungen von Brückenbauwer- ken, aber auch wegen der Bewegungen aus Kriechen und Schwinden müssen zwischen Bauwerken und den angren- zenden Streckenbelägen Fugen angeordnet werden. Zur Über- brückung und zum Abdichten dieser Fugen sind unterschied- liche Fahrbahnübergangskons- truktionen möglich. Die Aus- wahl der Fahrbahnübergangs- konstruktion ist abhängig von der Art und Größe der aufzu- nehmenden Bewegungen, den direkten und indirekten Bean- spruchungen aus Verkehr sowie den konstruktiven Bedingungen des Bauteils bzw. Bauwerks und der erwarteten Lebensdauer der Fahrbahnübergangskons- truktion. Während bei Brücken mit großen Spannweiten und daraus resultierenden großen Bewegungen ausschließlich Fahrbahnübergangskonstrukti- onen aus Stahl zur Anwendung kommen, können für Brücken mit Dehnlängen bis ca. 50 m seit den 1980ern auch Fahr- bahnübergänge aus Asphalt eingesetzt werden, die seit 1998 in den „Zusätzlichen Techni- schen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieur- bauwerke“ (ZTV-ING) im Teil 8, Abschnitt 2 geregelt sind. Neben den geringen Kosten liegen die Vorteile dieser Bauweise vor allen Dingen in der Schnelligkeit beim Einbau, der Möglichkeit des fahrstreifenweisen Einbaus sowie in der geringen Geräusch- entwicklung und dem Fahr- komfort bei den Überrollun- gen durch die Kraftfahrzeuge. Bei ordnungsgemäßem Einbau wird der Fahrbahnübergang in der Regel nicht als solcher wahrgenommen. Nachteilig ist die begrenzte Standfestigkeit des Fahrbahnübergangssys- Foto: BASt Herstellen einer gleichmäßigen Höhe der Fugenmulde durch Aufbringen eines Polymerbetons. Standfest und geräuscharm Für Fahrbahnübergänge aus Polyurea oder Polyurethan liegen nun erste Erfahrungen vor. Die Autoren von der BASt wissen, unter welchen Voraussetzungen sie eingebaut werden können. DIPL.-ING. MANFRED EILERS, TRHS MICHAEL STAECK

Foto: BASt - Baunetzwerk · bauwerke“ (ZTV-ING) im Teil 8, Abschnitt 2 geregelt sind. Neben den geringen Kosten liegen die Vorteile dieser Bauweise vor allen Dingen in der Schnelligkeit

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46 Straßen- & Tiefbau 02/2017

Aufgrund der tem-peraturbedingten Bewegungen von Brückenbauwer-

ken, aber auch wegen der Bewegungen aus Kriechen und Schwinden müssen zwischen Bauwerken und den angren-zenden Streckenbelägen Fugen angeordnet werden. Zur Über-brückung und zum Abdichten dieser Fugen sind unterschied-liche Fahrbahnübergangskons-truktionen möglich. Die Aus -

wahl der Fahrbahnübergangs-konstruktion ist abhängig von der Art und Größe der aufzu-nehmenden Bewegungen, den direkten und indirekten Bean-spruchungen aus Verkehr sowie den konstruktiven Bedingungen des Bauteils bzw. Bauwerks und der erwarteten Lebensdauer der Fahrbahnübergangskons-truktion.

Während bei Brücken mit großen Spannweiten und daraus resultierenden großen

Bewegungen ausschließlich Fahrbahnübergangskonstrukti-onen aus Stahl zur Anwendung kommen, können für Brücken mit Dehnlängen bis ca. 50 m seit den 1980ern auch Fahr-bahnübergänge aus Asphalt eingesetzt werden, die seit 1998 in den „Zusätzlichen Techni-schen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Ingenieur-bauwerke“ (ZTV-ING) im Teil 8, Abschnitt 2 geregelt sind. Neben den geringen Kosten liegen die

Vorteile dieser Bauweise vor allen Dingen in der Schnelligkeit beim Einbau, der Möglichkeit des fahrstreifenweisen Einbaus sowie in der geringen Geräusch-entwicklung und dem Fahr-komfort bei den Überrollun-gen durch die Kraftfahrzeuge. Bei ordnungsgemäßem Einbau wird der Fahrbahnübergang in der Regel nicht als solcher wahrgenommen. Nachteilig ist die begrenzte Standfestigkeit des Fahrbahnübergangssys-

Foto: BASt

Herstellen einer gleichmäßigen

Höhe der Fugenmulde durch

Aufbringen eines Polymerbetons.

Standfest und geräuscharmFür Fahrbahnübergänge aus Polyurea oder Polyurethan liegen nun erste Erfahrungen vor. Die Autoren von der BASt wissen, unter welchen Voraussetzungen sie eingebaut werden können.

DIPL.-ING. MANFRED EILERS, TRHS MICHAEL STAECK

Brückenbau & Betonbau

tems, weshalb diese Fahrbahn-übergänge nur in Grenzen für Lkw-Fahrspuren in hoch belas-teten Strecken geeignet sind.

Um diesen Nachteil auszu-gleichen wurden daher in den letzten Jahren Fahrbahnüber-gänge in der Bauart aus Polyu-rea oder Polyurethan entwi-ckelt. Bei Fahrbahnübergängen aus Polyurea oder Polyurethan handelt es sich um elastische Belagsfugen, die in ihrer Funk-tionsweise weitgehend den in den ZTV-ING Teil 8 Abschnitt 2 geregelten Fahrbahnüber-gängen aus Asphalt entspre-chen. Anstatt bitumenhaltiger Massen werden jedoch elas-tische Polymere auf der Basis von Polyurea oder Polyurethan verwendet. Auf diese Weise wird bei einer hohen Elastizität eine gute Standfestigkeit erreicht, die, im Gegensatz zu Fahr-bahnübergängen aus Asphalt, weitgehend unabhängig von der Temperatur ist.

Systemaufbau und EinbauWie bei den Fahrbahnübergän-gen aus Asphalt wird zunächst der Asphaltbelag in einem Zuge über die Fuge hinweg

Feuchtigkeitsaustritt aus einer Walzasphaltschicht.

Foto: BASt

eingebaut. Im Vergleich zu Fahrbahnübergängen aus Stahl sind also keine Ansätze not-wendig, und somit können die Ebenheitsanforderungen für Asphaltdeckschichten einge-halten werden. Im Bereich des späteren Fahrbahnübergangs

wird unter dem Asphaltbelag eine Trennlage eingelegt, um das Entfernen des Belages zur Herstellung der Fugenmulde durch Schneiden und Heraus-brechen zu erleichtern.

Nach dem Herstellen der Fugenmulde (die Breite der

Fugenmulde hängt von dem jeweils verwendeten System ab) muss diese sorgfältig gerei-nigt und getrocknet werden. In Abhängigkeit von der sys-temspezifi schen Einbaudicke ist gegebenenfalls ein Höhen-ausgleich .

der Betonunterlage mittels eines Betonersatzsys tems herzustellen (in der Re -gel mit Polymerbeton). Die notwendige Einbauhöhe ergibt sich aus dem individuellen Auf-bau entsprechend der Ausfüh-rungsanweisung. In den meisten Fällen ist es sinnvoll, auch im Kappenbereich eine gleichmä-ßige Einbaudicke sicherzustel-len, hierzu muss die Unterlage mittels Polymerbeton angepasst werden.

Die Fuge wird proviso-risch abgedichtet, um eine Ablaufen der Muldenfüllung in den Fugenspalt während

des Einbaus zu verhindern. Das Abdeckblech wird mit den systembedingten Zusatzteilen (z.B. Elastomerstreifen, Gleit-elemente, Trennlagen) über dem Fugenspalt eingebaut. Auf ein gleichmäßiges Aufl iegen des Abdeckblechs ist dabei beson-ders zu achten. Das Abdeck-blech muss durch Zentrierein-richtungen oder Anschrauben überbauseitig lagegesichert angebracht werden.

In der Regel werden die Kontaktfl ächen der Fugenmulde mit einem Haftvermittler grun-diert, um den Haftverbund zwi-schen der Muldenfüllung und

dem Beton bzw. dem Asphalt zu verbessern. Anschließend wird die Muldenfüllung aus Polyu-rea oder Polyurethan sorgfältig gemischt und, eventuell mehr-lagig, in die Fugenmulde einge-bracht. Bei den meisten Anwen-dungen werden systembedingt parallel zu den Muldenfl anken der vorhandenen Asphalt-schichten gelochte Stahlwinkel eingebaut, die bei dem Einbau der Muldenfüllung in das Sys-tem eingebettet werden. Durch diese Stahlwinkel werden die Flanken des Fahrbahnübergangs zum anschließenden Belag weit-gehend von Rückstellkräften

entlastet und somit die Gefahr der Flankenablösung minimiert. Im Gegensatz zu Fahrbahnüber-gängen aus Asphalt erfolgt bei Fahrbahnübergängen aus Polyu-rea oder Polyurethan kein Span-nungsabbau im Material, daher sind bei diesen Systemen bei großer Fugenöff nung aufgrund einer niedrigen Bauwerkstem-peratur hohe Rückstellkräfte zu erwarten, die zum überwiegen-den Teil durch die Stahlwinkel aufgenommen werden müssen.

Trotzdem hat sich im Rah-men der u.a. Erfahrungssamm-lung der Übergang zwischen dem Fahrbahnübergang und den

Foto: BASt

Ausbrüche an den Fugenfl anken.

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Straßen- & Tiefbau 02/2017 49

angrenzenden Asphaltbelägen, insbesondere bei Belägen aus Walzasphalt, als grundsätzlich kritischer Punkt herausgestellt. Mit großer Wahrscheinlichkeit spielt dabei auch eine nicht ausreichende Festigkeit der vorhandenen Asphaltbeläge eine entscheidende Rolle. Der Anbau des Fahrbahnübergangs sollte daher nur an einen neuen Belag aus Gussasphalt erfolgen. Ist im Streckenbereich oder auf der Brücke keine Belagserneue-rung geplant, sollte zumindest im Bereich neben dem Fahr-bahnübergang ein mindestens 1 m breiter Streifen des vorhan-denen Belags durch Gussasphalt ersetzt werden. Bei hohen Ver-kehrsbelastungen ist es eventu-ell sinnvoll, in die angrenzenden Belagsfl ächen Stützrippen ein-zulassen, um Spurrinnen zu vermeiden.

Die Erfahrungen mit den Baustoff en Polyurea oder Polyu-rethan, auch im Rahmen ande-rer Anwendungsbereiche, haben gezeigt, dass diese empfi ndlich auf die teilweise ungünsti-gen Einbaubedingungen auf Brückenbaustellen reagieren können. Bei der Durchführung der Baumaßnahmen ist daher besondere Sorgfalt auf die Ein-

haltung der notwendigen Ein-baubedingungen, insbesondere hinsichtlich der Einbautempe-ratur und der Luftfeuchte, zu achten. Feuchtigkeit auf der Unterlage, auch durch Tau-punktunterschreitungen bzw. Feuchtigkeitsbelastung während des Einbaus, ist auf jeden Fall zu vermeiden. Außerdem muss auf eine gute Vorbereitung und Sauberkeit der Muldenfl anken sowie der Unterlage geachtet werden.

Je nach Aufbau und Ein-baubreite sind Fahrbahn-übergänge aus Polyurea oder Polyurethan theoretisch für nominelle Dehnwege zwischen 15 mm und 135 mm geeignet, in der Regel beschränkt sich aber zurzeit die Anwendung noch auf Brücken mit einer wirksamen Dehnlänge von bis zu 50 m. Bei Brücken mit gro-ßen Dehnwegen kann es not-wendig werden, zwischen den Stahlwinkeln längsverschieb-lich angeordnete Stabilisatoren einzubauen, um ein Aufwölben der elastischen Muldenfüllung zu verhindern. In Einzelfällen werden auch Federsysteme eingespannt, um eine gleich-mäßige Spannungsverteilung in der Muldenfüllung sicher-

zustellen. Über eine endgültige Erweiterung des Anwendungs-bereiches sollte aber erst nach Vorliegen weiterer Erfahrungen entschieden werden.

ErfahrungssammlungDa die Verwendung von Fahr-bahnübergängen auf der Basis von Polyurea oder Polyurethan in Deutschland noch nicht gere-gelt ist, kommen diese zurzeit nur mit Zustimmung im Einzel-fall zur Anwendung. Seit 2012 wurden auf einer Reihe von Brü-cken solche Fahrbahnübergänge, hauptsächlich aus Polyurethan, im Rahmen von Pilotprojekten eingebaut, die teilweise von der BASt im Rahmen des Projektes F1100.2213021 .

Die Autoren

DIPL.-ING. MANFRED

EILERS

Bundesanstalt für Stra-

ßenwesen (BASt)

Referat B2 „Stahlbau und

Korrosionsschutz“

Tel.: 02204/43 824

E-Mail: [email protected]

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Vermeiden von Spurrinnen durch den Einbau von Verstärkungsrippen im

Bereich des Fahrbahnübergangs.

Foto: BASt

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„Fahrbahnübergänge aus Polyu-rethan“ begleitet wurden. Zu den begangenen Brückenbau-werken gehören u.a. folgende Bauwerke:

! Grüne Brücke in Hamburg. An der Brücke über die Bille wurden im Jahr 2013 vier Fahrbahnübergänge aus

Polyurethan eingebaut, bei einem Fahrbahnübergang wurde der Asphaltbelag durch Stützrippen verstärkt. Die Fahrbahnübergänge weisen trotz des hohen Anteils an Lkw-Verkehr kei-nerlei Beschädigungen auf.

! Die Überführung einer

Bahnstrecke bei Kulmbach in Bayern. Während der Erneuerung eines 7,6 km langen Abschnittes der A 70 kamen im Jahr 2013/2014 Fahrbahnübergänge aus Polyurethan zum Einsatz. Diese wurden abschnitts-weise eingebaut und der angrenzende Asphaltbelag mit Stützrippen verstärkt. Nach Ausbrüchen im angrenzenden Asphaltbelag wurden nachträglich Stütz-balken eingebaut. Infolge weiterer Schäden (u.a. Klappern der Abdeckble-che) wurden im Jahr 2016 die Fahrbahnübergänge in Fahrt richtung Bamberg erneuert. Die Fahrbahn-

übergänge in Fahrtrichtung Hof wurden provisorisch mittels Epoxid verpresst und sollen in 2017 erneuert werden.

! Straßenbahnüberführung im Zuge der Rudolf-Diesel-Straße in Schwerin. Hier wurden in 2014 Fahrbahn-übergänge aus Polyurethan eingebaut, die bis heute schadensfrei sind.

! Dilltalbrücke im Zuge der A 45 in Hessen. Bei dem Brückenabschnitt über die Bahngleise in Fahrtrichtung Gießen wurden im Jahr 2012 Fahrbahnübergänge aus Polyurethan über drei Fahrstreifen ohne Stütz-rippen oder Stützbalken

Maschineller Einbau der Mulden-

füllung.

Fahrbahnübergang bei schwierigen geometrischen Verhältnissen.

Foto: BASt

Hochziehen des Fahrbahnübergangs im Schrammbordbereich, Vorberei-

tung der Unterlage.

Foto: BASt

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Brückenbau & Betonbau

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eingebaut. Der vorherige Fahrbahnübergang aus Stahl war defekt und musste ersetzt werden. Auch bei dieser Maßnahme kam es zu Schäden in Form von Ausbrüchen zwischen Fahrbahnübergang und Straßenbelag, die instandge-setzt werden mussten. Eine komplette Erneuerung des Fahrbahnübergangs ist für 2017 vorgesehen.

! Brücke über die Ohm im Zuge der A 5 in Hessen. Auf der Brücke über die Ohm wurde eine defekte Stahl-Übergangskons-truktion in 2015 durch einen Fahrbahnübergang aus Polyurethan ersetzt. Ausschlaggebend für die Auswahl war die wesentlich schnellere Bauzeit von drei Tagen je Bauabschnitt bei Aufrechterhaltung des Ver-kehrsfl usses anstatt einer 14-tägigen Vollsperrung. Zwischenzeitlich sind im Bereich der Anschlussnähte zwischen den Bauabschnit-ten Schäden aufgetreten, und es ist, wie bei der Brücke bei Kulmbach, ein Klappern der Abdeckbleche wahrzunehmen, so dass hier eine Erneuerung der Fahrbahnübergänge im April 2017 vorgesehen ist.

! Hattenbacher Dreieck in Hessen. Das Hattenbacher Dreieck verbindet die A 7, A 5 und A 4. Besonders

auff ällig sind hier die ungewöhnlichen Fugen-verläufe mit einer Vielzahl von Abzweigungen sowie die senkrechte Ausführung an den Schrammborden. Die Fahrbahnübergänge aus Polyurethan aus dem Jahr 2015 zeigen hier Poren an der Oberfl äche, die weiter beobachtet wer-den. Ansonsten sind die Fahrbahnübergänge bisher schadensfrei trotz höchster Verkehrsbelastung.

! Moorbrücke Waren Müritz im Zuge der B 192. Im Jahr 2012 wurden die vorhan-denen Stahl-Übergangs-konstruktionen durch Fahrbahnübergänge aus Asphalt ersetzt. Da diese nach kurzer Zeit Schäden aufwiesen, wurden dort in 2014 Fahrbahnübergänge aus Polyurethan eingebaut. Von diesen vier Fahrbahn-übergängen weist zwischen-zeitlich einer Ausbrüche zwischen Muldenfüllung und Asphaltbelag auf. Ursächlich ist vermutlich der Verbleib des alten vorgeschädigten Belages, der nicht in der Lage ist, die Rückstellkräfte der Mulden-füllung aufzunehmen.

! In Freiburg kamen an der innerstädtischen Schwal-bentorgarage und der Rad- und Fußgängerbrücke am Untereren Mühlenweg Fahrbahnübergänge aus

Polyurethan zum Einsatz. Bisher sind keine Schäden zu verzeichnen.

! Brücke im Zuge der B 27 in Neckarsulm, Baden-Würt-temberg. Hier musste die vorhandene Stahl-Über-gangskonstruktion erneuert werden, welche innerhalb . F

oto

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Systemskizze für Fahrbahnübergänge aus Polyurea oder Polyurethan.

Grafi k: BASt

Die Autoren

TRHS MICHAEL

STAECK

BUNDESANSTALT für

Straßenwesen (BASt)

REFERAT B2 „Stahlbau

und Korrosionsschutz“

TEL.: 02204/43 825

E-MAIL: [email protected]

Brückenbau & Betonbau

� von wenigen Jahren bereits drei Mal gebrochen war. Da die Instandsetzung in einem engen zeitlichen Rahmen vollzogen werden musste, um die Behinderung der ansässigen Industrie zu minimieren, war der Einsatz einer herkömmlichen Stahl-Übergangskonstruk-tion nicht möglich. Der Fahrbahnübergang aus Polyurethan liegt seit 2014 schadensfrei.

� Erneuerung des Fried-rich-Engels-Ringes in Neu-brandenburg. Da es sich um einen Straßenring um die historische Altstadt handelt, ist eine Minimierung der Lärmbelastung durch einen leisen Fahrbahnübergang erstrebenswert. Im Septem-ber 2015 erfolgte der Einbau von fünf Fahrbahnübergän-gen aus Polyurethan mit Stützbalken aus Polymerbe-ton. Im Jahr 2016 wurde die entgegengesetzte Fahrtrich-

tung ebenfalls mit Fahr-bahnübergängen aus Polyu-rethan fertiggestellt, bisher ohne Schadensmeldung.

Es ist vorgesehen, die benannten Brücken im Laufe dieses Jahres abschließend zu begehen und die Ergebnisse zusammen mit den Erfahrungen aus anderen Baumaßnahmen in einem Bericht zusammenzufas-sen. Die Erfahrungen aus den Pilotprojekten wurden kontinu-ierlich in den Entwurf des u.a. Regelwerkes eingearbeitet und sollten bei weiteren Pilotprojek-ten berücksichtigt werden. Fahr-bahnübergänge aus Polyurea oder Polyurethan können eine vielver-sprechende Alternative zu den bisher verwendeten Fahrbahn-übergangssystemen darstellen, wenn eine anwendungsgerechte Ausführung unter Baustellenbe-dingungen sichergestellt wird.

RegelwerkDie Verwendung von Fahr-bahnübergängen auf der Basis

von Polyurea oder Polyurethan ist in Deutschland bisher noch nicht geregelt. Der Arbeitskreis 7.7.4 „Fahrbahnübergänge aus Asphalt“ der Forschungsge-sellschaft für Straßen- und Ver-kehrswesen (FGSV) erarbeitet jedoch zurzeit einen Entwurf für ein Regelwerk „Hinweise für die Herstellung von Fahr-bahnübergängen aus Polyurea oder Polyurethan für Inge-nieurbauten“ (H FÜPP). Die Einführung des Regelwerkes wird in Abhängigkeit von den endgültigen Ergebnissen der o.a. Erfahrungssammlung erfolgen.

FazitDie Vorteile von Fahrbahn-übergängen aus Polyurea oder Polyurethan gegenüber her-kömmlichen Stahl-Übergangs-konstruktionen liegen bei den geringeren Kosten sowie einer wesentlich kürzeren Einbau-zeit. Je nach Größe und Rand-bedingungen kann der Fahr-bahnübergang aus Polyurea

oder Polyurethan bei kleinen Brücken theoretisch innerhalb eines Wochenendes eingebaut werden.

Ein weiterer Vorteil liegt in der Möglichkeit, den Fahr-bahnübergang fahrstreifen-weise einzubauen. Somit kann der Verkehr während des Ein-baus aufrechterhalten werden. Der Anschluss erfolgt in der Regel durch Ausarbeitung eines Schwalbenschwanzes an der späteren Anschlussstelle oder mittels eines Aktivators.

Mit Fahrbahnübergängen aus Polyurea oder Polyure than lassen sich außerdem auch außergewöhnliche Geometrien wie z.B. schräge bzw. spitzwink-lige Fugenverläufe realisieren. Die sich daraus ergebenden grö-ßeren Überrolllängen haben auf-grund der Materialeigenschaften keinen relevanten Einfl uss auf die Standfestigkeit der Systeme. Selbst eine senkrechte Ausbil-dung des Fahrbahnübergangs im Bereich des Schrammbordes ist

Einbau der Muldenfüllung:

Foto: BASt

Einbau in senkrechter Fläche:

Foto: BASt

Brückenbau & Betonbau

Straßen- & Tiefbau 02/2017 53

ZusammenfassungGestiegene Anforderungen aus den zunehmenden Ver-

kehrsbelastungen aber auch aus dem Umweltschutz – Stich-

wort Lärmminderung – fordern neue, innovative Bauweisen.

Fahrbahnübergänge stellen einen besonders stark bean-

spruchten Bereich auf unseren Brücken dar. Hier kann eine

neue Entwicklung, die Fahrbahnübergänge aus Polyurea oder

Polyurethan, eine Lücke zwischen den Einsatzbereichen der

Fahrbahnübergänge aus Asphalt und den Fahrbahnübergängen

aus Stahl schließen. Fahrbahnübergänge aus Polyurea oder

Polyurethan sind standfest, lärmmindernd und lassen kurze

Einbauzeiten zu. Die grundsätzliche Funktionsfähigkeit dieser

Fahrbahnübergänge wurde anhand einer Grundprüfung (ETA)

nachgewiesen und durch Pilotprojekte bestätigt. Nun gilt es,

die Regelungen für einen zielsicheren und baustellengerechten

Einbau zu optimieren.

ohne Schrammbordersatzbleche möglich. Es ist lediglich eine temporäre Einschalung für den Einbau notwendig.

Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist die Minimierung von Überfahrgeräuschen, wie sie bei herkömmlichen Stahl-Über-gangskonstruktionen auftre-ten. Diese Geräusche werden von Anwohnern als besonders störend empfunden.

Im Vergleich zu Fahrbahn-übergängen aus Asphalt sind Fahrbahnübergänge aus Polyu-rea oder Polyurethan standfes-ter und unterliegen so gut wie keiner plastischen Verformung. Dem stehen allerdings deutlich höhere Kosten und ein deutlich höherer Aufwand beim Einbau gegenüber.

Anhand der Ergebnisse der Erfahrungssammlung lassen sich für Fahrbahnübergänge aus Polyurea oder Polyurethan drei wesentliche Anwendungsberei-che kennzeichnen:1 als Alternative für Fahr-

bahnübergänge aus Asphalt bei Brücken mit hoher Verkehrsbelastung bzw. ruhendem Verkehr,

2 als schnelles Ersatzsystem für kleine, nicht mehr funk-tionstüchtige Stahl-Über-gangskonstruktionen,

3 bei Brücken in Bereichen, in denen eine Lärmminderung gefordert ist.

Jede der drei Ausführungs-arten von Fahrbahnübergängen (Stahl, Asphalt und Polyurea oder Polyurethan) zeichnet sich durch Vor- und Nachteile aus. In Abhängigkeit von dem jeweiligen Bauwerk und den örtlichen Randbedingungen sowie unter Berücksichtigung der entstehenden Kosten für den Einbau und die Instand-haltung muss daher das jeweils am besten geeignete System ausgewählt werden. Fahrbahn-übergänge aus Polyurea oder Polyurethan können dabei auf-grund ihrer hohen Standfestig-keit und der relativ kurzen Ein-bauzeiten eine Lücke zwischen den Anwendungsbereichen der Fahrbahnübergänge aus Stahl und der Fahrbahnübergänge aus Asphalt schließen, wenn durch die fachkundige Pla-nung, einen baustellengerech-ten Systemaufbau sowie eine detaillierte Ausführungsanwei-sung auch unter Baustellen-bedingungen ein zielsicherer Einbau gewährleistet werden kann. W

Web-Wegweiser

www.bast.de

Einbau der Stabilisatoren zur Verhinderung von Aufwölbungen.

Foto: BASt